Auf meine Schwächen ist wenigstens Verlass - Alexandra Reinwarth - E-Book
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Auf meine Schwächen ist wenigstens Verlass E-Book

Alexandra Reinwarth

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Beschreibung

Na, wie läuft's? Mal wieder vor Wut im Ton vergriffen? Schon wieder in den Falsche/ die Falsche verliebt? Oder beim Friseur einen Pony schneiden lassen, obwohl man damit schon die letzten drei Mal Scheiße aussah? Willkommen in der wunderbaren Welt der Fehler! Manche passieren nur einmal im Leben, andere macht man immer wieder und einige behält man – verdammt – ein Leben lang. Bestsellerautorin Alexandra Reinwarth hat ziemlich viele von ihnen gemacht, und nach unzähligen Versuchen, es irgendwie besser zu machen, hat sie gelernt: Sie machen unser Leben bunter, chaotischer, abwechslungsreicher und alle haben auch – meistens zumindest – irgendeinen Sinn … Alexandra Reinwarth erzählt witzig und hochunterhaltsam von ihren eigenen Missgeschicken und zeigt, wieviel entspannter und leichter alles wird, wenn man seine Fehler und Macken lieben lernt – ganz so, als wären es leicht verkorkste Freunde.

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Seitenzahl: 250

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Alexandra Reinwarth

AUF MEINE SCHWÄCHEN IST WENIGSTENS VERLASS

Alexandra Reinwarth

AUF MEINE SCHWÄCHEN IST WENIGSTENS VERLASS

Wie du entspannst, wenn du deine Fehler liebst

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

1. Auflage 2022

© 2022 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Iris Rinser

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/WICHIAN LEEARIYA

Satz: inpunkt[w]o, Haiger | www.inpunktwo.de

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7474-0472-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-856-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-857-8

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Es lebe der Fehler – ein Geständnis!

Wer keinen Fehler macht, macht auch sonst nicht viel

Leute, die keine Fehler haben

Fehler, die nicht wehtun – zumindest nicht sehr

Schon wieder? Das darf doch nicht wahr sein!

Große Gefühle verleiten zu genauso großen Fehlern

Autsch – das Ding mit der Verletzlichkeit

Fehler in der Werkseinstellung

Fehler, die man macht, weil man sich selbst nicht kennt

Fehler, die gar keine sind(von denen man aber selbst denkt, es seien welche)

Fehler, die gar keine sind(von denen andere denken, es seien welche)

Fehler, die wir nicht begangen haben

Fehler, bei denen einem in dem Moment, in dem man sie macht, schlagartig klar wird, dass das ein Fehler war

Jetzt habe ich schon so viel Nerven investiert – Fehler, die man durchzieht

Die Fehler der anderen

Fehlerfinale

Über die Autorin

»Unsere Mängel sind unsere besten Lehrer: Aber gegen die besten Lehrer ist man immer undankbar.«

Friedrich Nietzsche

ES LEBE DER FEHLER – EIN GESTÄNDNIS!

Auf meine Schwächen ist wenigstens Verlass. Ich möchte fast sagen: Auf nichts sonst ist so sehr Verlass wie auf meine Schwächen! Und damit meine ich nicht nur diese niedlichen kleinen Schwächen wie die für Toffifees, Riemchensandalen und süße kleine Entenbabys, die machen ja keine Probleme – zumindest keine großen. Die gehen ja sogar noch als Vorlieben durch – und Vorlieben sind maximal »liebenswerte Eigenheiten«. Dieser Begriff ist zugegeben dehnbar, und was für manche noch als liebenswerte Eigenheit durchgeht (ich nehme im Supermarkt nie das erste Produkt im Regal, sondern lange IMMER nach ganz hinten), ist für andere schon an der Grenze zur Verschrobenheit (»Was ist denn mit dir los?«).

Über diese Dinge können wir schmunzeln, sogar bei uns selbst, und das ist ja wohl mit die schönste Haltung, die man sich selbst entgegenbringen kann. Über andere Eigenheiten wiederum kann eventuell nur einer von beiden schmunzeln, während sie das Gegenüber in den Wahnsinn treiben.

L., mein Ex und der Vater meines reizenden Kindes zum Beispiel, hat mal nach einem Umzug ganze drei Tage gebraucht, bis er sich für einen Namen für unser WLAN entscheiden konnte. Drei Tage, in denen wir kein Internet hatten, WEIL ER UNBEDINGT WOLLTE, DASS DIE NACHBARN SEHEN, WIE LUSTIG ER IST, WENN ES IHNEN ANGEZEIGT WIRD! Ich habe mich wohlgemerkt nicht deswegen von ihm getrennt, aber – halleluja! – wie sehr kann man lustig sein wollen? Zugegeben, es gibt auch von meiner Seite die eine oder andere Schwäche, die für meine Mitmenschen deutlich nervenzehrender ist als für mich – so wird nie ein Mann in meinem Bad einen Platz für seinen Rasierschaum finden oder was die so benutzen, denn jeder Quadratzentimeter ist vollgestellt mit Fläschchen, Sprays, Cremetiegeln, Schwämmchen und allem, was eine Drogerie in der Abteilung Körperpflege so zu bieten hat. Das läuft immer gleich: Ich gehe nur schnell in einen Drogeriemarkt, um Waschmittel zu besorgen, und finde mich mit einem dieser Einkaufskörbchen vor den verführerischen Regalen voller zauberhafter Dinge wieder. Von da an läuft es irgendwie aus dem Ruder. Ich meine, da stehen einfach immer so hervorragende Dinge drauf! »Für voluminöses, lockiges Haar« zum Beispiel oder »Für einen strahlend frischen Teint«. Ich bitte Sie – wer will denn so etwas nicht? Ich will es auf jeden Fall, und stünde auf irgendeiner Verpackung einfach nur »Macht schöner«, ich würde zugreifen. Vor L., der in seiner Verzweiflung irgendwann anfing, im Badezimmer Regale einzubauen, habe ich diese »Schwäche« sozusagen als Rechtfertigung benutzt: Ich habe eben eine Schwäche für Pflegeartikel! Er konnte doch froh sein, dass ich nicht eine Schwäche für Giftschlangen oder Plutonium habe! Rasierschaum hin oder her, diese Rechtfertigung, »eine Schwäche zu haben«, hat allerdings Grenzen, ganz klar. Der Mann meiner Freundin Ines zum Beispiel versuchte seine Affären, die irgendwann allesamt aufflogen, mit einer Schwäche für blonde Mittzwanzigerinnen zu verharmlosen. Das hat dann, Überraschung, nicht so gut geklappt. Merke: Wann immer jemand zu Schaden kommt, fällt das Argument der »Schwäche für etwas« hinten runter. Stellen Sie sich mal vor, Sie bringen das Argument vor Gericht:

»Gestehen Sie, die Nationalbank überfallen zu haben?«

»Ich habe da nun mal so eine Schwäche für Geldscheine!«

»Ach so, na dann …«

So läuft das nicht.

Wir reden also nicht über Schwächen als Vorlieben, als ein Sich-zu-etwas-hingezogen-Fühlen, dem man nur zu gerne nachgibt. Über was reden wir dann?

Das ist die Stelle, an der ich Ihnen gestehen muss, dass ich Sie hereingelegt habe. So, jetzt ist es raus. Es geht hier nämlich um Schwächen im wahrsten Sinne des Wortes – um Schwachstellen, um Unvollkommenheit, um Unzulänglichkeiten, kurz, um jede Menge wirklich unschöne Dinge, man könnte auch sagen: Fehler. Aber wenn man in einer Sitzung in einem Verlag so etwas sagt wie »Ich habe hier eine Spitzenidee für ein Buch! Es geht um etwas, das uns alle angeht, das wir alle kennen!«, dann lehnen sich erst alle so ein bisschen nach vorne und gucken ganz interessiert. Und wenn ich dann aber damit rausrücke: »Es geht um … Fehler!«, dann frieren die Gesichtszüge der Anwesenden ein bisschen ein, und alle fangen plötzlich an, ihre Schuhe zu betrachten.

Seien wir ehrlich: »Fehler« klingt nicht gut. Ich weiß das. »Fehler« klingt nach mieser Laune, nach Versagen, Ärger und Tränen. Nicht das beste Wort für ein Buchcover. Aber wo Sie jetzt schon mal hier sind, kann ich Sie hoffentlich erwärmen für Fehler, diese komplizierten Gefährten, die unser Leben chaotischer, schwieriger, anstrengender und unvorhersehbarer machen – die aber auch ganz wunderbare Seiten haben, auf die wir nicht verzichten können. Lassen Sie sich darauf ein – dafür erzähle ich Ihnen auch ein paar von meinen Fehlern, die zumindest für alle außer mich wirklich unterhaltsam sind.

Gehen wir es an!

WER KEINEN FEHLER MACHT, MACHT AUCH SONST NICHT VIEL

Kein Mensch ist perfekt – und trotzdem durch und durch großartig! Zugegeben, »durch und durch großartig« ist eventuell ein klitzekleines bisschen übertrieben – außerdem müsste ich der Vollständigkeit halber eine Liste mit Leuten anhängen, auf die diese Aussage nicht mal im Ansatz zutrifft. Eine lange Liste. Aber um die geht es hier nicht. Es geht um die anderen: um die, die sich bemühen und trotzdem Fehler machen, um die, die straucheln, manchmal verzweifeln, auch an sich selbst, um die, die versuchen, es besser zu machen und das manchmal auch schaffen, Rückschläge erleiden und es wieder probieren. Die, die von ihren Fehlern überrascht werden, und die, die sehenden Auges ins Unglück rennen und sich dabei denken: Ich bin so ein Depp.

Hallo, meine Lieben, wir haben so viel gemeinsam.

Beneidenswert, an dieser Stelle sei es gesagt, ist die Einstellung, die Kinder zu Fehlern haben:

»Fehler sind unsere Freunde!«, sagt das Kind voller Überzeugung und zieht dabei belehrend die Augenbrauen nach oben. Das hat ihm nämlich seine Klassenlehrerin gesagt. Das ist natürlich ein ebenso tiefsinniger wie reizender Ansatz, wird aber von dem Kind als Argument dafür verwendet, warum es seine Rechtschreibfehler nicht mehr korrigiert.

Vielleicht hätte die Klassenlehrerin die Bedeutung ihrer Worte etwas besser erklären sollen, denke ich, aber das hat sie sich eingebrockt, das kann sie nun selbst wieder auslöffeln. »Fehler sind unsere Freunde …?«, versuche ich dann auch prompt seine Strategie, als mir am selben Abend L. Vorhaltungen macht, ich hätte vergessen, für das Abendessen einzukaufen.1 »Ich habe fast alles!«, versuche ich es weiter, »Zwiebeln, Karotten, Weißwein, sogar an den Rosmarin habe ich gedacht! Nur weil ich EINE Zutat vergessen habe …«

Aber L. ist wenig beeindruckt. »Du hast das Huhn vergessen. Das ist enorm wichtig für Brathähnchen.«

Verteufelt schwierig, das noch irgendwie ins Positive zu drehen.

Nach einem großartigen Ofengemüse fällt es mir dann doch noch ein: »Siehst du, hätte ich nicht das Huhn vergessen, wäre uns dieses herrliche Gericht entgangen!«

Woraufhin L. mich mit diesem »Also bitte, Alex, ernsthaft?«-Blick ansieht, den er immer aufsetzt, wenn es absurd wird.

Fehler sind aber tatsächlich nicht immer automatisch etwas Schlechtes, Gemüse hin oder her, denke ich, und das gärt in mir ein bisschen vor sich hin. Der Gedanke, nicht das Gemüse. »Aber im Ernst«, bringe ich das Thema beim nächsten Meeting wieder auf den Tisch, denn es lässt mir keine Ruhe. »Meeting«, das sollte ich an dieser Stelle erklären, ist kein berufliches Treffen im Büro mit Geschäftskollegen und jeder Menge Präsentationen, sondern ein privates Damenkränzchen in einer Bar mit meinen Freundinnen Anne und Jana und jeder Menge Wein. Wir nennen es nur so, denn »Ich muss zum Meeting« klingt irgendwie eleganter als »Ich geh noch einen heben«.

»Also du meinst, dass generell Fehler, die einem so unterlaufen, nicht immer schlecht sein müssen?«, resümiert Anne, und ich nicke. »Ja, genau!«, finde ich und wir sehen zu Jana, die versonnen in die Ferne blickt und mehr zu sich selbst als zu uns sagt: »Weiß Gott, ein paar waren wirklich der Hammer …«

»Der Argentinier?«, frage ich, und Jana sieht mich an.

»Ja«, lächelt sie, und dann: »Der auch.«

Das ist übrigens ein lustiges Phänomen: Wann immer ich erwähne, dass ich mich gerade mit Fehlern beschäftige, kommt von allen weiblichen Gesprächsteilnehmern prompt wie aus der Pistole geschossen irgendein Männername – aber das nur am Rande.

Bei unserem Meeting stellten wir also fest, dass Fehler tatsächlich viel hilfreicher sind, als man denkt.

Aber wir kommen auch auf andere Begebenheiten zu sprechen:

»Wie damals, als du einen Urlaub auf Korfu gebucht hast, weil du es mit Korsika verwechselt hast? Und das dann der Urlaub des Jahrhunderts wurde?«, fragt Anne und grinst dabei in meine Richtung. »Ja, so in etwa«, murmele ich, denn das ist mir immer noch unangenehm. »Oder als du in der Mail an einen Kunden aus Versehen diesen Quatsch-Vorschlag für seinen Slogan mitgeschickt hast – und er den prompt total toll fand?«, legt Jana nach. »Wie war der noch? ›Alles beschissen – da hilft nur Klopapier Kruge!‹?«

»Hm, ja«, muss ich grinsen, das ging tatsächlich überraschend gut aus gemessen an dem Schock, den ich verspürte, als die Mail gesendet war und ich den Slogan im Anhang entdeckte. »Ich bin im Nachhinein sehr froh, dass ich bei der Aufnahmeprüfung für die Hebammenschule jede Menge Fehler gemacht habe ...«, sinniert Anne weiter, »es hat mich davor bewahrt, einen noch viel größeren Fehler zu begehen, denn das wäre echt nichts für mich gewesen. Aber das weiß ich erst jetzt.« Bei unserem Meeting stellten wir also fest, dass Fehler tatsächlich viel hilfreicher sind, als man denkt.

Und sie sind dabei so vielseitig wie Jeans: Es gibt solche, von denen man schon im ersten Moment weiß, dass sie ein Fehler sind, bei anderen schüttelt man erst im Nachhinein über sich selbst den Kopf und fragt sich, was einen da nur geritten hat.

Manche passieren einem nur einmal, manche macht man immer wieder, und wenn es ganz arg kommt, behält man einen Fehler ein Leben lang. Es gibt lustige Fehler und schlicht dämliche, und manche macht man, obwohl man sogar zuvor gewarnt wurde. Es gibt Fehler, die kann man irgendwie ausbügeln, und andere sind fiese Psycho-Fallen aus der Kindheit – aber auch die sind zu was nutze. Also ja, Fehler sind durchaus, auf ihre eigene, verkorkste Art, unsere Freunde.

Die gute Nachricht ist: Auch Sie haben welche! Ja, ganz sicher.

Wir alle verfügen über eine schier unerschöpfliche Quelle dieses ganz wunderbaren Rohstoffs, und seien Sie froh drum, denn Ihre Fehler verleihen Ihnen eine bunte Palette an einzigartigen Fähigkeiten und Vorteilen – nehmen Sie die mit!

Die gemeine Masse an Fehlern teilt sich dabei in komplett unterschiedliche Fehlerkategorien. Nämlich in:

Fehler, die man macht,

Fehler, die man hat,

Fehler, die man macht, weil man Fehler hat,

Fehler, die gar keine sind – von denen man aber denkt, es wären welche,

und Fehler, die gar keine sind – von denen aber andere denken, es wären welche,

Fehler, die wir nicht begangen haben,

Fehler, die wir durchziehen,

und natürlich die Fehler der anderen.

Aber fangen wir doch mit denen an, die keine Fehler haben: Was ist denn mit denen los?

LEUTE, DIE KEINE FEHLER HABEN

Ich weiß nicht, ob Sie auch so einen Freund haben, der scheinbar nie Fehler macht – und auch gar keine hat! Ich habe einen Dirk, und wenn es nach Dirk geht, dann ist in Sachen Dirk alles tippi-toppi.

Also wenn sich die Gelegenheit ergibt und man in kleiner Runde über Fehler spricht, und darüber, wie diese einem das Leben schwer machen können, dann sagt Dirk so etwas wie: »Na ja, mein großer Fehler ist, dass ich zu viel Geld für richtig guten Wein ausgebe.« Wer da nicht insgeheim »Arschloch« denkt, der werfe den ersten Stein.

Aber es gibt auch subtilere Charaktere. Der Ex-Mann L. zum Beispiel, ein durchaus intelligenter und reizender Kerl, der ist auf wundersame Art und Weise niemals selbst schuld an irgendeinem Unbill. Das zieht sich durch seine gesamte berufliche und private Laufbahn. Er hat das Abitur nicht geschafft – ein Lehrer hatte ihn auf dem Kieker. Die Ausbildung wurde abgebrochen – die Bedingungen waren nun mal untragbar. Seine erste Ehe ging in die Brüche – weil? Genau, seine Angetraute war zu irgendwas. Und sein Geschäft, das er als Selbstständiger aufgezogen hatte, wurde vom hinterhältigen Finanzamt dahingerafft. Er war praktisch chancenlos, es lag am System. Und wenn das Kind bei ihm übernachtet und am Morgen während eines Wolkenbruchs als Einziges ohne Regenschirm oder Gummistiefel in die Schule latscht – »DANN HÄTTE ES DA EBEN SELBST DRAN DENKEN MÜSSEN!«, sagt L. (Für alle, die das nicht so einordnen können: Das Kind ist acht – da kann man schon froh sein, dass es nicht nur mit Raketenunterhosen bekleidet losstapft.)

Das ist ja auch so ein ganz elementares Merkmal, in dem sich Leute unterscheiden: Die einen denken, sie seien immer selbst an allem schuld, und die anderen denken, alle anderen seien an allem schuld. Ich spiele, Überraschung, in der ersten Liga mit und bin daher ungemein anziehend für die Herrschaften aus der zweiten. Wenn zu mir jemand unmöglich ist, tendiere ich naturgemäß dazu, mich zu fragen, was ich denn nur falsch gemacht habe! Oder, erst vor ein paar Tagen so passiert: L. (ansonsten ein reizender Kerl, wirklich) und ich haben einen Wochenplan, wer wann das Kind von der Schule abholt, es dort hinbringt und wo es übernachtet. Das klappt selten gut. Warum das selten gut klappt, darüber gehen die Meinungen auseinander – ein Klassiker:

L.: »Alex, wir haben da ein Problem am Freitag, da soll ich ja das Kind abholen, aber …«, und dann erzählt L., wie er am letzten Arbeitstag etwas früher Schluss gemacht und deshalb die Wochenpläne für nächste Woche nicht bekommen habe, sondern erst heute – und nun, tja. Muss er an dem Tag arbeiten, an dem er dran ist, das Kind abzuholen.

Hier die vollkommen verschiedene Herangehensweise unserer beiden Gehirne:

WAS L. DENKT

WAS ICH AN SEINER STELLE DENKEN WÜRDE

Ich kann nichts dafür, ich hatte ja die Wochenpläne nicht – die Firma muss schließlich dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter die bekommen.

Das Kind ist unser gemeinsames, also ist das Problem auch unser gemeinsames.

Und warum guckt sie so grantig?

Ich Knallerbse habe es vermasselt.

Sie verstehen das Prinzip. Ich habe erstaunlich lange gebraucht, um dieses Prinzip zu verstehen. Inzwischen frage ich nach. »Warum kannst du am Tag X nicht das Kind abholen?«, und erfreue mich dann am Seiltanz von L., das irgendwie hinzuargumentieren. »Weil da mein Zahnarzttermin ist!«

»Aber warum hast du den Termin ausgerechnet für diesen Tag ausgemacht?«

»Weil … mein Handy leer war und ich beim Terminausmachen den Kalender nicht aufmachen konnte!«

Das Handy ist schuld. Und das ist nicht mal gelogen, der meint das wirklich! Wenn man nun aus Spaß (oder weil man die Faxen dicke hat) dieses Spiel immer weitertreibt, nur um den Satz zu hören: »Da habe ich einen Fehler gemacht«, dann kann man natürlich weiterbohren:

»Warum hast du es denn nicht aufgeladen?«

»Weil ich keine Zeit hatte, ich war spät dran, ich musste in die Arbeit.«

»Warum hast du es nicht dort geladen?«

»Da war so viel los, die Kunden …«

»Da konntest du nicht das Handy einstecken nebenbei?«

»Was willst du eigentlich von mir?«

Ansonsten ist er wirklich reizend.

L. sowie das Kind und ich leben seit beträchtlicher Zeit in Spanien und die spanische Sprache kommt L. in dieser Hinsicht sehr entgegen. Im Spanischen gibt es nämlich eine ganz wunderbare Art und Weise, von Dingen zu sprechen, die man vergessen, verschludert oder sonst wie vermasselt hat: »Se me ha olvidado.« Zu Deutsch: »Es hat sich mir vergessen.« Also nicht »Ich habe etwas vergessen«, sondern irgendeine übernatürliche, heimtückische Macht hat dafür gesorgt, dass es sich mir vergessen wurde. Ich liebe das. Nur L. liebt das noch mehr. Inzwischen hat auch das Kind diesen eleganten Schlenker übernommen:

»Was ist denn mit der Vase passiert?«

»Die hat sich mir runtergefallen!«

Wenn man Leuten wie L. etwas vorwirft, also ganz persönlich, und etwas ganz Konkretes – »Du hast XY gemacht/nicht gemacht« –, und sie können es auf Teufel komm raus nicht irgendwem anders in die Schuhe schieben und auch keinen Umstand dafür verantwortlich machen, dann haben sie nur noch die Möglichkeit, vom Thema abzulenken. Das geht dann in der Regel mit einer dieser beiden Strategien:

Strategie 1: Attacke!

Eine grandiose Strategie. Man kennt das noch aus dem Kindergarten, wenn ein Dreikäsehoch den anderen »Blödmann« nennt, dann heißt es nämlich? Genau: »Selber Blödmann!« Mit fortschreitendem Alter wird dieses »Selber« dann etwas ausgereifter. Dabei ignoriert das Gegenüber den eigentlichen Vorwurf und kramt eine beliebige Begebenheit aus der Vergangenheit hervor, bei der man selbst nicht unbedingt geglänzt hat, und beackert diese. Das fängt dann zum Beispiel mit den Worten an: »Aber du hast …«, und schon ist man inmitten einer komplett anderen Diskussion! In dem einen Moment sind Sie noch dabei, den Unmut darüber zu äußern, dass Ihr Liebster SCHON WIEDER vergessen hat, das Kind von der Schule abzuholen, und ZACK!, wie durch Magie verteidigen Sie sich plötzlich, dass Sie 1987 mal kein Klopapier nachgelegt haben.

Strategie 2: Die Art und Weise des Vorwurfs kritisieren

Das funktioniert so, dass während einer Diskussion, besonders wenn sie an Fahrt gewinnt, der »Schuldi« sich darauf einschießt, wie er kritisiert wird. Zu emotional, zum Beispiel. (Was auch kein Wunder ist, denn diese Vermeidungsstrategien bringen einen recht zuverlässig auf die Palme.) Und plötzlich diskutiert man nicht mehr über den Fakt, dass er SCHON WIEDER vergessen hat, das Kind von der Schule abzuholen, sondern darüber, ob man bei der Formulierung ein falsches Wort verwendet hat, ob man sein Anliegen zu aufgebracht vorbringt, im falschen Moment oder zur falschen Tages- oder Nachtzeit.

Warum die das machen? Keine Ahnung. Ich habe aber eine Vermutung. Allem Anschein nach scheint es in der Welt der fehlerfreien Leute ja nicht in Ordnung zu sein, dass sie welche machen. Warum? Och. Das ist ja meistens so ein Kindheitsgedöns – vielleicht sind sie mit der Überzeugung aufgewachsen, sie wären weniger wert oder nicht liebenswert, wenn sie Fehler machen, die Welt würde sich dann von ihnen abwenden, irgend so etwas, das eine Therapeutin Jahre später aus ihnen herausschälen muss. Weil ihnen aber natürlich trotzdem, wie jedem Menschen, Fehler passieren, kommt es zu einer inneren Missstimmung zwischen dem, wie sie sind (fehlerhaft), und dem, wie sie auf keinen Fall sein wollen (fehlerhaft), und diese Missstimmung nennt man kognitive Dissonanz. Schon mal gehört?

Das ist eine ganz ähnliche Missstimmung, wie ich sie empfinde, wenn ich zum Beispiel Moleskine-Büchlein kaufe. Kennen Sie die? Das sind so Notizbücher mit einem Gummibändchen zum Verschließen, und innen gibt es eine Innentasche aus Papier für – ehrlich gesagt, ich weiß nicht, für was. Dieses Büchlein kostet in der Ausgabe, die mir gefällt, knapp 20 Euro, in der Ausgabe, die mir besonders gut gefällt, 45. Es steht wohlgemerkt nichts drin, nicht die zukünftigen Lottozahlen und auch sonst keine Geheimnisse – es sind leere, linierte Seiten.

Ich hatte diese Diskussion um die Notwendigkeit solcher Büchlein schon einige Male in meinem Leben, besonders zu Zeiten, in denen nicht ganz klar war, ob der Kontostand und das Monatsende harmonisch zusammen ausklingen, oder ob wieder mal mehr Monat übrig ist. Dann ist zugegeben eine Ausgabe in Moleskine-Art zu Hause schwer zu vermitteln. »Nimm irgendein anderes Notizbuch, Alex – hier, ich habe sogar noch eins, ein Werbegeschenk von der Sparkasse, ganz für umme!«, heißt es da unter Umständen. Die Missstimmung, verursacht durch die glasklare Erkenntnis, dass mein Gegenüber recht hat, und auf der anderen Seite dem dringenden Wunsch nach dem Moleskine-Buch, versucht mein Gehirn dann auch sofort zu beheben, indem es anfängt, hanebüchene Argumente zusammenzukramen: »Aber das Moleskine-Büchlein hat so ein Bändchen als Lesezeichen!«

»Das von der Sparkasse auch.«

»Und auf dem Deckblatt ist ein Hinweis ›In case of loss‹ – da kann man reinschreiben, wo es der Finder hinschicken soll!«

Das ist spätestens der Moment, in dem mein Gegenüber anfängt, mit den Augen zu rollen. »Den Hinweis kannst du selbst schreiben! Was ist der Unterschied? Es sind leere Büchlein mit weißem Papier!«

»Das Papier von Moleskine ist elfenbeinfarben …«

… und so kann das ewig hin- und hergehen.

Marken selbst helfen natürlich, wo sie nur können, und bieten jede Menge Argumente an, mit denen wir unsere Entscheidungen begründen können – so ist ein liniertes Notizbuch von Moleskine nicht einfach ein liniertes Notizbuch, sondern »… eine zeitgenössische Ikone, ein einladender leerer Raum für Ihre eigenen Worte und Skizzen, ein Symbol kontinuierlicher Kreativität …« sowie »… Erbe und Nachfolger des legendären Notizbuchs, das von Künstlern und Denkern in den letzten zwei Jahrhunderten benutzt wurde, darunter Vincent van Gogh, Pablo Picasso, Ernest Hemingway und Bruce Chatwin«.2 Sagt Moleskine.

Geil, oder? Da kommt man sich doch gleich wie eine zukünftige Nobelpreisträgerin vor! (Und nicht wie eine zukünftige Bausparerin.) Das ist doch allemal 20 Euro wert.

Man biegt sich also im Hinterhirn die Dinge immer irgendwie so zurecht, dass sie mit dem übereinstimmen, wie man sie gerne hätte. Und wer sich nun mal den Makel eines Fehlers nicht eingestehen will, wird immer eine Gedankenbiegung finden, wie das möglich ist. Im Fall dieser Büchlein ist die Diskussion allerdings nicht sehr emotional. Zum einen, weil sogar ich irgendwann ein Einsehen habe, und zum anderen, weil es sich dabei nur um etwas handelt, das ich haben möchte, nicht um etwas, das ich bin. Geht es nämlich um Dinge, die einen ausmachen, wird das Rudern mit der kognitiven Dissonanz etwas verzweifelter. Wollen Sie das einmal nachspüren? Das geht ganz einfach:

KOGNITIVE DISSONANZ

Wie schlimm finden Sie es, auf einer Skala von 1 bis 10, dass alle zehn Sekunden ein Kind an Hunger stirbt?

 

 

 

Fertig?

Gut. Und jetzt überlegen Sie, wann Sie das letzte Mal etwas dagegen getan haben.

 

Merken Sie es? Dieses unangenehme Gefühl, das ist kognitive Dissonanz.

Wir haben zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:

Möglichkeit 1: Wir ändern unser Handeln, also spenden wir jetzt zum Beispiel einer Hilfsorganisation eine Summe X.

Möglichkeit 2: Wir suchen einen anderen Ausweg. Das können in diesem Fall zum Beispiel folgende Gedanken sein:

Die Spenden fließen zum Großteil eh in die Bürokratie ...… oder in die Hände korrupter Politiker im Bestimmungsland.Finanzielle Hilfe hindert die armen Länder daran, selbst auf die Beine zu kommen.Erst mal muss man ja wohl den Obdachlosen hierzulande helfen.Man kann nicht die ganze Welt retten.Und für die ganz Hartgesottenen: Ist ja nicht mein Problem, wenn die das dort nicht auf die Reihe kriegen.

Seit Social Media kommt noch die Möglichkeit 3 hinzu: Ich teile einen emotionalen Post gegen den Hunger auf der Welt.

Das ändert zwar gar nichts an der Tatsache, dass rund um den Globus Menschen zu wenig zu essen haben, aber es fühlt sich ganz gut an. Jetzt kann man natürlich über den Sinn von Entwicklungshilfe generell durchaus diskutieren (und das wird ja auch getan), aber es ist nicht im Umkehrschluss so, dass sich jemand wegen der obigen Gründe dann Gedanken darum macht, wie er dem Obdachlosen vor Ort helfen kann. Im Gegenteil, da geht es dann weiter mit:

Wenn er wirklich wollen würde, dann hätte er Arbeit.Der ist faul/hat die falschen Entscheidungen getroffen.Der muss doch nur zum Sozialamt.Er hat es sich vielleicht so ausgesucht.Das ist eh alles eine Mafia.

Sie verstehen, was ich meine? Um das konkrete Thema geht es hier gar nicht, sondern um das Prinzip. Das Suchen von solchen Argumenten, die die eigene Welt wieder in Ordnung bringen, ist eine Möglichkeit, diese unangenehme kognitive Dissonanz zu lösen. Und wir machen das ständig! Ich will zum Abendessen Strawberry-Cheesecake-Eis von Häagen-Dazs – und ich weiß, dass Eis kein Eins-a-Abendessen ist, ergo: Mein Hirn versucht, diese Missstimmung sogleich zu lösen, und sagt so etwas wie: »Hey, es war ein langer Tag, du hast dir echt eine Belohnung verdient, ein bisschen Cheesecake-Eis hat noch keinen umgebracht. Außerdem ist Erdbeere drin, und Obst ist gesund!« Und ich kann aufatmen und den großen Löffel aus der Schublade holen. Danke, Hirn!

So geht das die ganze Zeit: Natürlich sollte niemand in der verkehrsberuhigten Zone schneller als Dingsbums fahren, und wenn das jemand tut, halten wir ihn für einen egoistischen, rücksichts- sowie verantwortungslosen Idioten. Ich hingegen hatte es gerade eilig, ich hatte praktisch keine andere Wahl! Und es war ja auch nur dieses eine Mal, und es ist eh nichts passiert.

Apropos Wahl: Da sollte man hingehen, stimmt’s? Aber die eine Stimme ändert eh nichts am System, und deswegen kann man genauso gut im Bett bleiben und einen Film streamen, ohne zu zahlen, das ist zwar illegal, aber hey – es ist doch praktisch alles illegal, was Spaß macht.

Sie verstehen den Plot? Ob Sie den Becher Eis essen oder ob Sie dem Obdachlosen nun Geld geben oder nicht, spielt keine so große Rolle (außer für den Obdachlosen) – aber das Prinzip, dass unser Hirn sich irgendeine Argumentation zusammenkratzt, um zu rechtfertigen, was wir so tun und lassen den lieben langen Tag, das schon. Das Erstaunliche an diesem Prinzip und an einigen anderen merkwürdigen Mechanismen in unserem Gehirn ist, dass wir es unfassbar oft einfach nicht bemerken, wenn sie zum Einsatz kommen (nämlich ständig), und zwar bei Dingen, die wesentlich bedeutsamer sind als Kleingeldbeträge. Tatsächlich, so sagt die moderne Hirnforschung, ist unser Hirn permanent damit beschäftigt, irgendwelche Geschichten zu erfinden, die uns und anderen erklären, warum wir irgendetwas tun oder nicht tun – und macht dabei jede Menge Fehler. Also jetzt nicht nur Ihr Gehirn, sondern Gehirne generell.

Warum es diese Fehler macht und welche anderen, lustigen Fehler es noch so draufhat, können Sie herzlich gerne in meinem Buch Glaub nicht alles, was du denkst nachlesen, aus dem ich diese Beispiele herausgesucht habe. Da geht es ausschließlich um diese Mätzchen.3

Unser Gehirn legt uns also eifrig Strategien zurecht, damit wir uns im Angesicht von Fehlern nicht schlecht fühlen müssen. Wenn man sich bei so einer Strategie selbst erwischt – oder noch blöder, wenn man dabei erwischt wird –, dann kann einem das vor sich selbst und dem oder der Beteiligten ein bisschen peinlich sein. Es gibt allerdings ganze Berufssparten, in denen das überhaupt nicht peinlich und dieses Prinzip der Nicht-Schuld oberstes Gebot ist. Im Profi-Modus betreibt das die gesamte Baubranche. Also Handwerker, Architekten und Bauunternehmen. Dort passieren Fehler grundsätzlich nur anderen. Ich weiß das so genau, weil wir hier seit einem Jahr auf einer Baustelle wohnen. Und ich meine nicht Fehler wie »Die Silikonfuge ist nicht perfekt geradlinig«. Ich meine Fehler wie »Irgendwer hat sich mit den Anschlüssen vertan und jetzt füllt sich der Spülkasten der Toilette leider stets mit Warmwasser ...«.

Es ist übrigens nicht so, dass mir bei der Arbeit keine Fehler passieren, ganz im Gegenteil. In (sowie vor und nach) der Arbeit passieren mir unfassbar viele Fehler. Die Baubranche aber spielt in einer Art Superlevel, da kommen normale Leute gar nicht hin! Wesentlicher Teil der Ausbildung in allen drei genannten Berufssparten ist die Schuldfrage beziehungsweise der Tanz um dieselbe. Der folgt einer einstudierten vierteiligen Reihenfolge, die in der Regel so geht:

1. Handwerker macht Quark

2. Handwerker schiebt Schuld auf Anweisung des Bauunternehmers (»Das wurde so angeordnet!«)

3. Bauunternehmer schiebt Schuld auf Architekten (»Das wurde so geplant!«)

4. Architekt schiebt Schuld auf die Wünsche des Kunden (»Das wollten Sie doch so haben!«)

Schuld bin also ich. Ich akzeptiere das so weit auch klaglos, denn ich denke ja eh immer, ich wäre an allem schuld. In diesem Sinn sind wir ein hervorragendes Team! Übrigens, jetzt, wo ich das erzähle, sehe ich direkt eine große Karriere des Kindes in der Baubranche vor mir.

Genauso beknackt, wie permanent alle Schuld von sich zu weisen, ist es natürlich, permanent alle Schuld auf sich zu nehmen. Das ist mein Team, und wir sind ein erbärmlicher Haufen – wir haben ja schon Schuldgefühle, wenn wir Besuch haben, der ein bisschen Urlaub machen will, und dann ist ausgerechnet schlechtes Wetter. »Es tut mir so leid« – als ob wir da irgendwas dafürkönnten. Ja wir sind so größenwahnsinnig, dass wir sogar annehmen, die miese Laune unseres Gegenübers hinge irgendwie damit zusammen, dass wir etwas Falsches gemacht oder gesagt haben – und nicht damit, dass unser Gegenüber seine Miesepetrigkeit einfach ungefiltert in die Welt schleudert.

Wenn Sie also irgendjemanden brauchen, der schuld ist: Ich bin da. Warum man so beknackt ist, beruht auf der eingepflanzten Annahme »Ich bin schlecht« – zumindest nicht gut genug, und ich muss mich höllisch anstrengen, damit das niemand mitbekommt, und noch höllischer, damit ich vielleicht doch irgendwann gut genug bin.

Ich sag’s ja. Erbärmlich.