Ausweg aus dem Schmerzlabyrinth Fibromyalgie - Marcus Bennettberg, D.C. - E-Book

Ausweg aus dem Schmerzlabyrinth Fibromyalgie E-Book

Marcus Bennettberg, D.C.

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Beschreibung

Nervenzerstörung, Hormonerschöpfung, Zusammenbruch der Schmerzabwehr: Die moderne Fibromyalgieforschung erkennt voll die Dramatik der Hauptprobleme. Unter besonderem Verdacht stehen Faktoren von außen: Hormonunterbrecher, Nahrungszusätze, Umweltgifte, entzündungsfördernde Substanzen. Viel seltener sind es seelische Erschütterungen oder schwere körperliche Wunden. Und daraus ergibt sich der Ausweg aus dem Schmerzlabyrinth: Schutz der Nervenbahnen, der Serotoninproduktion und der Hormonbalance. Wiederherstellung der Schmerzabwehr durch ausgewählte Mikronährstoffe, durch die Zufuhr von Hormonvorstufen, durch eine wirksame Anti-Fibromyalgie-Ernährung und durch das Vermeiden von schädlichen Substanzen. Stets nach den Regeln der Chronobiologe – ein gutes Dutzend Morgenhelfer für Gehirn und Nerven, und ebenso viele Vertreter einer idealen Nervennahrung abends.

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Das Phytamin Prinzip für Nerven und Hormone

 

Ausweg aus dem Schmerzlabyrinth Fibromyalgie

 

Marcus Bennettberg, D.C.

Dr. med.Jan-Dirk Fauteck

Imre Kusztrich

 

Die Buchreihe phytamines.academy erscheint im IGK-Verlag mit den Schwerpunkten Mikronährstoffe und Präventionsmedizin.

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (insbesondere durch elektronisches oder mechanisches Verfahren, Fotokopie, Mikroverfilmung oder Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt oder verbreitet werden. Ausgenommen davon sind kurze Textzitate in Rezensionen.

 

Haftungsausschluss.

Die folgende Veröffentlichung dient ausschließlich Informations- und Lehrzwecken. Sie ist nicht als Ersatz für ärztlichen Rat oder medizinische Behandlung gedacht. Vor jeder gesundheitlichen Maßnahme sollte ein medizinischer Experte konsultiert werden. Die kombinierte Einnahme von Nahrungsergänzung oder pflanzlichen Substanzen und verschriebenen Medikamenten ohne Zustimmung Ihrer Ärztin oder Ihres Arztes wird nicht empfohlen. Die Autoren, der Verlag, der Vertrieb und alle jene, die in dieser Veröffentlichung namentlich genannt werden, übernehmen keinerlei Haftung oder Verantwortung für Verluste oder Schäden, die durch die Informationen, die in dieser Veröffentlichung vermittelt werden, entstanden oder angeblich entstanden sind.

 

IGK-Verlag

7100 Neusiedl am See, Österreich

Copyright © 2016

ISBN: 9783961121274

 

Inhaltsverzeichnis

Einleitung
Große Hoffnung auf Vitamin D
Was läuft unter solchen Vorgaben schief?
Nervenfasern unter dem Mikroskop
Diffamierte Patientinnen
Entdeckung im Auge
Geschädigte Nerven, gestörte Hormone
Unsichtbares sichtbar machen
Statistik
Irrweg der Diagnosen
Tender Points, Trigger Points
Ärztemarathon
Serotoninmangel und Schmerzgedächtnis
Getrennte Systeme für Gehirn und Körper
Zeiterscheinung Serotoninmangel
Schiedsrichter fehlt
Direkte Hilfe mit 5-HTP
Günstiger Effekt von Alkohol
Serotoninmangel erkennen
Serotoninbausteine in der Nahrung
Anheben der Schmerzschwelle
Energiemangel
Bodebuildingzucker Ribose
Muskelspannungsneuralsyndrom
Bestnoten für Tai Chi
Ayurveda, Akupunktur, Achtsamkeit
Das zweite Gehirn
Neurotransmitter
Warum Nervenzellen schwächeln
Der verblüffend positive Kochsalzeffekt
Schlüsselsubstanz Acetylcholin
Attacken gegen Nervenzellen durch anticholinerge Effekte
Medikamente tarnen sich als Neurotransmitter
Problem Multimorbidität
Warnung vor 83 Medikamenten
Ganz legale Gehirnzerstörer
Unter Verdacht
500 Mal pro Sekunde Vollgas
Tod von Nervenzellen
Mononatriumglutamat
Chinarestaurantsyndrom
Gehirnschädigung
Aspartam
L-Cystein
Domoinsäure
L-BOAA
Casein
Gehirnzerstörer
Mehr als 70 Erregungsauslöser
Homocystein
Nahrungsmittelunverträglichkeit
Attacken gegen das Hormonprinzip durch Endokrine Disruptoren – 800 Problemstoffe
Chaos in der Schmerzverarbeitung
Östrogendominanz
Falsche Hormone, echte Effekte
Schmerzunterdrückendes Melatonin
Noradrenalin
Neurotrophin
Substanz P
Cortisol
Cortisol und Depression
Cortisol und Fibromyalgie
Nebennierenschwäche
Schwierige Zeit für Hormone
Bagatellisiertes Leiden
Klotho
Chemische Empfindlichkeit
Asthma, Diabetes, Krebs
Effekte Jahrzehnte später
Notfallentzündung
Das Phytaminkonzept gegen Entzündungen
Anti-Fibromyalgie-Diät
Vegetarisch, vegan, anti-oxidativ
Das Phytaminprinzip gegen oxidativen Stress
Wertvolle Nervennährstoffe
Morgens, abends, rund um die Uhr
Nervennahrung und Gehirnhelfer morgens
Nervennahrung und Gehirnhelfer abends
Auf den Punkt gebracht

Einleitung

Die fortgeschrittene Krankheit Fibromyalgie geht mit beschädigten Nervenzellen einher. Ganze Faserstränge schwächeln, verlieren ihre Funktion, werden zerstört und verschwinden aus den Geweben. Im Gesicht, an Händen, Füßen, Beinen … überall.

Gleichzeitig verstärken die geschwächten Nerven normale Empfindungen ins schwer Erträgliche. Selbst leichte Berührung kann zur Qual werden.

Zerstörte Mini-Komponenten der Nervensysteme sind die ersten nachweisbaren Spuren dieser rätselhaften Krankheit. Aber sie zeigen nicht die Ursache. Im übertragenen Sinne sind sie wie der Blechschaden nach einem Unfall.

Eigentlich erwartet man einen umgekehrten Effekt. Ohne Nerven keine Reize, ohne Reize keine Schmerzen. Doch die irre vagabundierenden Schmerzen der Fibromyalgie sind Wirklichkeit und nicht Einbildung. Gleichzeitig eignen sie sich nicht für eine Einstufung der Fibromyalgie als reine Schmerzkrankheit.

Denn die moderne Fibromyalgieforschung erkennt eine sehr viel tiefere Dramatik als Hauptproblem: das Zusammentreffen von Nervenzerstörung und Hormonerschöpfung. Deshalb versagt das System der Schmerzabwehr völlig. Das gesamte Netzwerk ist defekt: die Wahrnehmung, das Empfinden, die Bewertung, das Schmerzgefühl und vor allem die Schmerzhemmung. Nur das Schmerzgedächtnis ist überwach. Die leiseste Wiederkehr ruft die volle Dosis zurück.

Nerven sterben, Hormone versagen, Schmerzkaskaden laufen Amok – was passiert da genau? Unter besonderem Verdacht stehen Faktoren von außen: Hormonunterbrecher, Nahrungszusätze, Umweltgifte, entzündungsfördernde Substanzen. Viel seltener sind es seelische Erschütterungen oder schwere körperliche Wunden.

Das Verstehen der Grundlagen ermöglicht, die Ursachen gezielt zu beseitigen.

Im gesunden Zustand federn Stresshormone körperliche und seelische Belastungen ab. Im Gehirn entscheidet das Glückshormon Serotonin im System der Schmerzabwehr.

Der Spiegel des wichtigsten Stresshormons, Cortisol, steigt, sobald bestimmte Nervenverbindungen aktiviert werden. Doch dessen Freisetzung und andere Botenstoffe schaffen unter bestimmten Belastungen und Schädigungen ihre Aufgaben nicht. Diese Ursachen werden immer deutlicher: Wenn Stressoren chronisch werden, wenn Probleme zu lange andauern, wenn toxische Belastungen zu stark werden. Hormonwerte stürzen ab oder steigen hoch, ebenso Vitamine und andere Vitalstoffe. In der Folge bauen die Immunkräfte ab und die natürlichen Abwehrpotenziale werden schwächer. Die Sensibilität nimmt zu, das Schmerzgedächtnis leistet Schwerstarbeit, und schließlich bricht die Schmerzabwehr zusammen.

Mit dem Drüsensystem der Hormone sind unsere Nervennetze eng verflochten. Im Falle eines Schadens erleiden alle das gleiche Schicksal.

Patienten mit Fibromyalgie schildern auch Symptome wie Depression, Reizdarm, Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Rückenschmerzen. Nähere Untersuchungen belegen eine Einschränkung der Atemfunktionen und Probleme des Herzens und des Kreislaufs. Immer sind Nervenstörungen und Hormonkomplikationen beteiligt.

Eine Fülle von wissenschaftlichen Entdeckungen aus den letzten Jahren hat das Begreifen der Entstehung einer Fibromyalgie verbessert.

Alle Erkenntnisse reichten nicht aus für die Entwicklung eines umfassend wirkenden Spezialmedikaments.

In der Zwischenzeit konzentrieren sich neue Ansätze auf beinahe jede einzelne Komponente der Schmerzsysteme. Es ist eine Sisyphusarbeit, denn sie macht die intensive Beschäftigung mit Schmerzbotenstoffen, mit Nervenwachstumsfaktoren, mit speziellen für die Schmerznerven zuständigen Gehirnzellen, mit Schmerzrezeptoren in den Gehirngeweben und sogar mit Aminosäuren in der gemeinsamen Flüssigkeit des Gehirns und des Rückenmarks erforderlich. Im Rückenmark werden Schmerzsignale der Schmerzempfänger, Nozizeptoren genannt, empfangen und dem Gehirn weitergemeldet. Über den gleichen Signalweg zurück erfolgen die Anregungen zur Schmerzvermeidung und zur Durchblutung. Nicht zuletzt steht auch jede einzelne Faser der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse im Blickpunkt.

Die Lösung: Der Schutz der Nervenbahnen, der Serotoninproduktion, der Hormonbalance und nach einem Verlust ihre Wiederherstellung durch ausgewählte Mikronährstoffe, durch die Zufuhr von Hormonvorstufen, durch eine wirksame Anti-Fibromyalgie-Ernährung und durch das Vermeiden von schädlichen Substanzen.

Auch Meditation, Hypnose, Selbsthypnose, autogenes Training und manuelle Therapien beruhigen Nerven und Hormonquellen und tragen zu fast unerklärlichen Heilerfolgen bei.

Große Hoffnung auf Vitamin D

Die auch Weichteilrheumatismus genannte Volkskrankheit Fibromyalgie ist eine chronisch auftretende Störung, gekennzeichnet durch im Körper weit verbreitete Schmerzsymptome in Kombination mit kognitiven Einschränkungen, schwerer Ermüdung und vielen typischen Begleiterkrankungen.

Seit Juni 2016 ist plötzlich die große Hoffnung berechtigt, dass eine einzige Substanz geeignet ist, alle oder fast alle Komponenten einer Fibromyalgieerkrankung auf einen Schlag zu verbessern. Womöglich ist ihr Mangel sogar der entscheidende Faktor in der Entstehung. Die Rede ist von Vitamin D.

Die Autoren hängen zwar noch ein Fragezeichen an ihre Aussage im Beitrag „Vitamin D in der Fibromyalgie: Ein ursächliches oder mitbegründendes biologisches Zusammenspiel?” in der Fachzeitschrift „Nutrition” (Quelle: „Vitamin D in Fibromyalgia: A Causative or Confounding Biological Interplay?” Nutrients 2016, 8(6), 343; doi:10.3390/nu8060343) aus der Inneren Medizin des AHEPA Krankenhauses Thessaloniki, Griechenland. Doch gleichzeitig betonen sie: „Die verfügbaren Beweise zeigen, dass Vitamin D der lebenswichtige – wörtlich vitale – Bioregulator jener Schmerzleitungsbahnen ist, die von Fibromyalgie betroffen sind.”

Die Autoren weisen nach: In zehn Bereichen des Zentralen Nervensystems befinden sich Rezeptoren, die auf einen Impuls durch Vitamin D reagieren. Das unterstreicht ihrer Auffassung nach die überragende Bedeutung dieses Sonnenvitamins. Und sie verweisen auf viele frühere Studien mit dem Ergebnis, dass die gravierende Unterversorgung mit Vitamin D bei Patienten mit Fibromyalgie sehr weit verbreitet ist. Unter einer solchen Hypovitaminose kommt es auf Grund einer mangelnden Zufuhr zu Krankheitserscheinungen, zu Stoffwechselstörungen und zur Überforderung anderer Hormone.

Umgekehrt gilt Vitamin D auch als potentestes Muskelvitamin. In einer Studie mit 310 gesunden Erwachsenen wurde mit Gaben von 4.000 IU täglich bis zu 60.000 IU pro Woche im August 2016 eine signifikante Steigerung der Muskelkraft erzielt.

Damit werden Erkenntnisse aus der Erforschung der Depression auf die Fibromyalgie ausgedehnt. Dabei wird mitbewertet, dass schwere Stimmungsschwankungen sehr oft zu ihren häufigsten Begleiterscheinungen zählen. Besonders ein Mangel an drei Vitaminen, nämlich den Vitamin B6, Vitamin B12 und Vitamin D, gilt heute als typisch für die Depression. Diese Defizite sind zumindest mitschuldig. Für junge Erwachsene verdoppelt sich bei niedrigen Vitamin D-Spiegeln das statistische Risiko, an einer behandlungsbedürftigen Depression zu erkranken, (Quelle: Ganji, Vijay, et al. „Serum vitamin D concentrations are related to depression in young adult US population: the Third National Health and Nutrition Examination Survey”. International archives of medicine, 2010, 3. Jg., Nr. 1, S. 29).

Zusammenhänge waren lange Zeit ein Rätsel. Doch 2014 wurde auf dem Gebiet der Autismusforschung eindeutig ein Mechanismus nachgewiesen, mit dem Vitamin D die Bildung des außergewöhnlich wichtigen Hormons Serotonin reguliert, indem es im Gehirn in einer Vorstufe dieses Hormons etwas verändert, nämlich ein Tryptophan-Gen aktiviert.

Unter Hunderten Hormonen und Botenstoffen in unserem Körper sind etwa 40 sehr wichtig. Präventivmediziner an der Fibromyalgiefront konzentrieren ihre Blicke am liebsten und hauptsächlich auf eine einzige Substanz: Es interessiert sie das so genannte Glückshormon Serotonin.

Serotonin entscheidet zum Beispiel maßgebend, welche Information eine Nervenzelle als Schmerz einstuft, ob ihre Meldung gehemmt wird und wie sie im Gedächtnis gespeichert wird. Der Spiegel dieses Botenstoffes ist tatsächlich wie der Vitamin D-Spiegel im Blut dieser Patientinnen und Patienten deutlich gesenkt. Andere Überträgerstoffe im Gehirn sind erhöht. Eine allerwinzigste Menge ändert bereits das Geschehen in einer einzigen Zelle oder im ganzen Organismus.

Dazu muss betont werden: Zwei Arten von körpereigenen chemischen Substanzen beeinflussen nahezu jede Funktion von Wachstum und Stoffwechsel: Neurotransmitter und Hormone. Die erste Gruppe ermöglicht die Kommunikation von Nervenzellen unmittelbar miteinander, die zweite den Informationsaustausch bestimmter Organe mit einem anderen Teil des Körpers. Gemeinsame Chefetage ist das Gehirn. Das Zentrale Nervensystem unterhält über das Periphere Nervensystem den Kontakt mit dem übrigen Körper und mit der Außenwelt. Die Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse zu wichtigen Hormonquellen steuert das Innenleben.

Der geringste Schaden durch Überproduktion oder Defizit kann schwere Auswirkungen haben.

Eine der dramatischsten Störungen ist die Fibromyalgie.

Was läuft unter solchen Vorgaben schief?

Gemessen an der breiten Streuung ihrer Symptome und Folgen ist kaum eine Krankheit so undurchsichtig wie die Fibromyalgie. Deshalb ist ihre Erklärung mit einem einzigen Versagen umso überraschender.

Eigentlich normale Schmerzsignale von irgendwoher im Körper werden im Gehirn stärker wahrgenommen, als sie sind. Daran ist auch ein überaktives Schmerzgedächtnis beteiligt: Achtung, schon wieder … Die daraus resultierenden Aktionen überstrapazieren die Drüsen zur Freisetzung von bestimmten Hormonen zur Abfederung von Schmerzproblemen. Schließlich ermatten die Systeme.

Nervennetze, Hormonpartnerschaften, Abwehrsystem und auch der mentale Bereich sind von diesen dramatischen Veränderungen betroffen. Ganzheitlich denkende Mediziner sprechen von einer psycho-neuro-endokrino-immunologischen Erkrankung.

Als Verursacher eines Serotoninmangels kommen viele Schuldige in Betracht: beispielsweise chronische Entzündungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Infektionen, anhaltender Schlafmangel, zu wenig Sonnenlicht, Fehlreaktionen der Immunabwehr, Antiobiotikabehandlungen, Insulinresistenz und gravierende Mikronährstoffdefizite, und zwar über die genannten Vitamine Vitamin B6, Vitamin B12 und Vitamin D hinaus.

Unter starkem Verdacht stehen auch Hunderte von industriell hergestellten chemischen Substanzen. Lebensmittelzusätze, Arzneimittel, Pflanzenchemikalien, Kosmetika, Weichmacher, Schwermetalle, Antibiotika.

Mehr als 70 Exzitotoxine in den Fertignahrungsmitteln erregen Gehirnnerven bis zu ihrer Zerstörung. Geschätzte 800 so genannte Endokrine Disruptoren unterbrechen Hormoneffekte.

Ihre Bezeichnungen sind Millionen Menschen kein Begriff. Dabei beherrschen diese legalen Vergiftungsstoffe und Zellzerstörer längst unseren Alltag. Langzeituntersuchungen decken im menschlichen Organismus in aller Regel mehr als 200 chemisch reagierende Stoffe auf. Bei sieben von zehn untersuchten Menschen in Deutschland wird das unter Krebsverdacht stehende Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat im Urin gefunden.

Es sind Nervenfeinde und Hormonfeinde. Vermutlich sind sie die Wurzel im größten Rätsel der Medizin, Fibromyalgie … und die Lösung.

Abertausende Pflanzenstoffe sichern in der Pflanzenwelt die Kommunikation, ermöglichen das Erkennen, die Einschätzung und die Abwehr von Krankheitserregern und Fressfeinden, schützen vor Umweltschäden und fördern das Überleben. Diese Phytamine haben auch für uns Menschen eine enorme Bedeutung. Sie hemmen nach Verzehr die Krankheitsentstehung. Sie wirken gegen Entzündungsprozesse und gegen oxidativen Stress. Sie gleichen Hormondefizite aus. Sie garantieren die Funktionsfähigkeit der Nervensysteme oder stellen sie wieder her. Und sie spielen eine wichtige Rolle im Serotoninsystem der Schmerzverarbeitung.

So gesehen warten im Körper eines Menschen mit Fibromyalgie viele Aufgaben auf sie.

Nervenfasern unter dem Mikroskop

Die Diagnose Fibromyalgie darf als Hiobsbotschaft eingestuft werden. Weniger weil die Schulmedizin diese Krankheit bis vor wenigen Jahren geleugnet hat und sie heute noch als unheilbar bezeichnet. Mehr weil der fromme Mann Hiob aus der biblischen Erzählung als der erste Patient mit dieser umfassenden Schmerzerkrankung gesehen wird.

Es handelt sich um die vielleicht älteste Krankheit der Welt und lange, lange Zeit auch um die mysteriöseste. In den 1990er Jahren wurde sie von der Weltgesundheitsbehörde, WHO, anerkannt. Sie hat auch eine Kennziffer: ICD-10 M 79.7. Dennoch winken viele Ärzte ab: für sie kein Begriff.

Dieses Leiden ist offensichtlich das Ergebnis einer Kette von körperlichen und psychischen Faktoren. Viele Diagnosen können nur an fortgeschritten Erkrankten gestellt werden. Deshalb steht die Schulmedizin in den meisten Fällen vor zwei unbeantworteten Fragen: Welche Umstände haben zu Beginn die Entstehung der Krankheit mitbestimmt? Welche kamen erst im Verlauf dazu?

Niemals konnte eine herkömmliche Untersuchungsmethode an irgendeiner Stelle des Körpers eine für die Fibromyalgie typische, fassbare krankhafte Veränderung nachweisen.

Dann kam der 9. März 2013. Zwei Neurologinnen der Universität Würzburg im bayrischen Bezirk Unterfranken erläuterten in der Fachzeitschrift „Brain. A Journal of Neurology„ eine sensationelle Beobachtung an 25 Patienten mit Fibromyalgie.

Die zwei Oberärztinnen an der Universitätsklinik Würzburg, die Molekularbiologin Privatdozentin Dr. Nurcan Üçeyler und die Professorin der Neurologie Dr. Claudia Sommer, konzentrieren ihre wissenschaftliche Arbeit seit Jahren auf die Erforschung von Schmerz, auf die Eigenarten der Nervenzellen und auf neuromuskuläre Erkrankungen. Ihr Engagement wurde belohnt. Ihnen gelang zum ersten Mal ein sichtbarer und eindeutiger Nachweis für ein strukturelles Geschehen im Zusammenhang mit Fibromyalgie. Sie entdeckten Beschädigungen an kleinkalibrigen Fasern in der Unterhaut, small fibres genannt. Sie verbinden überall im Körper das Gewebe mit den Nervenbahnen und helfen bei der Regulation verschiedener Organe. Die kleinkalibrigen Fasern als Partner des Nervensystems haben neben der Wahrnehmung von Schmerzen auch weitere, unwillkürliche Aufgaben wie Temperaturempfinden und Steuerung von Körperfunktionen durch Erregung oder durch Reizwahrnehmung.

Die Wissenschaftlerinnen stießen an den unscheinbaren kleinkalibrigen Fasern auf eindeutige Auffälligkeiten: Ihre Leistung war vermindert, als würden ihre Zellen von Giftstoffen attackiert und gehemmt. Andrerseits zeigte die Untersuchung unterm Mikroskop ihre Abnahme, ihren Rückzug, ihr Verschwinden aus dem Gewebe, wie nach völliger Zerstörung. In der Hautstanzbiopsie war bei den Erkrankten die Anzahl der Minifasern deutlich reduziert.

Eine Kontrollgruppe ohne Schmerzen mit schwerer Depression, die ähnliche Symptome wie Fibromyalgie bilden kann, hatten diese Schäden an den winzigen Nervenfasern nicht.

Damit war klar: In der Entwicklung von Fibromyalgie werden ganz spezielle Nervenkomponenten geschädigt, vielleicht als Ursache, vielleicht als Auswirkung. Das führt zu Funktionsstörungen und Schmerzen.

Diffamierte Patientinnen

Vermutlich war es kein Zufall, dass es gerade zwei Frauen waren, die der Forschung an diesem Leiden eine substanziell neue Richtung gaben. Denn in den Jahrzehnten davor hatte sich, von amerikanischen Psychiatern genährt, die Auffassung durchgesetzt, dass vor allem überängstliche, seelisch überforderte oder in der Kindheit traumatisierte Frauen neben Kopfschmerz als Folge von körperlicher und geistiger Unbeweglichkeit die Ärzteschaft mit einer Vielzahl von Schmerzsymptomen konfrontierten. Das nährte die sexistisch gesteuerte Auffassung, es handle sich bei Fibromyalgie um eine Verarbeitungsstörung im Gehirn, und fast immer ist sie weiblich.

Eine Ohrfeige für Millionen leidende und unverstandene Frauen und Männer!

Jetzt lenkten die zwei Oberärztinnen an der Universitätsklinik Würzburg die Blicke weg vom Gehirn hin zu einer unattraktiven Hautstelle zehn Zentimeter außen oberhalb des Knöchels. Sie wurde bewusst gewählt.

Die Haut verschiedener Körperpartien ist sehr unterschiedlich mit feinsten Nervenfasern ausgestattet, mit einer Abnahme von oben nach unten, beziehungsweise von hinten nach vorne. Der Rumpf ist in diesem Sinne feinnerviger als unsere Oberschenkel, und noch weniger sensibel ist die Haut außen über den Knöcheln. Besonders viele Feinnerven enthält die Haut an jenen Stellen entlang des Rückgrats, wo paarweise die zwei Dutzend Nervenverbindungen austreten.

Für die Studie ausgewählt wurden 25 Frauen und Männer mit Fibromyalgie und zehn Testpersonen mit schwerer Depression. Abgesehen von den Schmerzen waren ihre Beschwerden ziemlich übereinstimmend. Weitere 35 gesunde Personen dienten als Kontrollgruppe.

Die Forscherinnen wendeten drei Messmethoden an. Alle betrafen den Zustand von kleinkalibrigen sensiblen Minifasern, die in der Unterhaut enden. Mit der quantitativen Empfindlichkeitsmessung wird die Schmerzschwelle der Fasern ermittelt. Bei der Schmerzauslösung wird die elektrische Erregbarkeit der Fasern festgestellt. Unter dem Mikroskop wird eine durch Stanzbiopsie entnommene Hautstelle begutachtet.

Das Ergebnis war eindeutig. Alle drei Diagnoseverfahren deckten nur bei den Patienten mit Fibromyalgie Hinweise auf Schädigungen der Nervenfasern und auf eine Einschränkung ihrer wichtigen Leistungsfähigkeit auf. Auf Temperaturreize reagierten sie weniger empfindlich. Die Schmerzauslösung im Gesicht, an den Händen und Füßen gelang ebenfalls nur eingeschränkt. Besonders aufschlussreich war die morphologische Hautuntersuchung. Die herausgestanzten Hautpartien wiesen eindeutig weniger Nervenfasern auf als jedes Vergleichsgewebe. Der Unterschied zu den Hautproben der Depressionspatienten war eindeutig – wie Luftaufnahmen derselben Gegend mit mäandernden Flussläufen bei großer Trockenheit einerseits und in der Zeit der Schneeschmelze andrerseits. Dementsprechend fiel das Urteil der beiden Ärztinnen aus: „Wir haben nachgewiesen, dass die Schmerzen von Patienten mit Fibromyalgie als Nervenschmerzen eingestuft werden können, die Folge einer Schädigung oder Erkrankung in Verbindung mit dem Nervensystem sind. Zum ersten Mal haben jetzt Mediziner ein klares messbares Kriterium bei der Diagnose von Fibromyalgie zur Verfügung. Auch während wir noch nicht wissen können, warum diese feinkalibrigen Fasern geschädigt sind, könnte unser Ergebnis zu einer neuen Definition der Fibromyalgiesyndroms als Krankheit dienen.“

Sowohl die gesunden Vergleichspersonen wie die Patienten nur mit Depression hatten diese Schädigungen nicht.

Entdeckung im Auge

Die neuen Erkenntnisse machten klar: Die rätselhafte Fibromyalgie spielt sich nicht im Kopf ab. Sie ist ein Leiden auf Grund von sichtbaren Defekten. Komponenten des Nervensystems sind vermutlich die ersten Opfer.

Im Dezember 2015 bestätigten Wissenschaftler an der Leiden University, in Leiden, Niederlande, an 39 Patienten mit den typischen rätselhaften Schmerzen und anderen Symptome von Fibromyalgie diesen Befund. Die Betroffenen waren im mittleren Durchschnitt 15 Jahre krank, die mit 19 Jahren Jüngste seit zwei Jahren, die mit 58 Jahren Älteste seit 37 Jahren.

Wieder ging es um Schädigungen der feinsten Nervenfasern. Sie befinden sich überall im Körper in der Unterhaut. Das gilt sogar für den Augapfel. Forscher untersuchten an 36 Frauen und drei Männern die Beschaffenheit der Hornhaut mikroskopisch. Bei 51 Prozent der Kandidaten wurde eindeutig festgestellt, dass ihre Hornhaut unterdurchschnittlich stark mit feinkalibrigen Nervenfasern durchzogen war. In einer gesunden Kontrollgruppe sahen sie rund 20 Prozent mehr Feinnerven.

Eine Netzhaut aus dünneren Gewebeschichten bei Gesunden gilt seit einer Studie aus Toronto, Kanada, im Juli 2016 als ein Hinweis auf abnehmende kognitive Leistung. Nur drei Jahre später lieferten die Kandidaten überraschend schlechte Ergebnisse beim Testen ihrer mentalen Fähigkeiten.