Ben – Nackt und heiß (Erotik, bi, gay) - Benjamin Larus - E-Book

Ben – Nackt und heiß (Erotik, bi, gay) E-Book

Benjamin Larus

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Beschreibung

Der bisexuelle, bislang so abenteuerhungrige Benjamin scheint im Schoße einer so harmonischen wie aufregenden Viererbeziehung seinen Hafen gefunden zu haben. Die ehemalige Chefin jedoch, weiterhin nicht ohne Einfluss auf ihren jungen Liebhaber, sieht seine Talente noch immer zu wenig genutzt. Bei dem von ihr vermittelten Casting sieht Ben sich plötzlich nackt einer geheimnisvollen Schönheit gegenüber, die ihn unerwartet mit einer gemeinsamen, aufregenden Erinnerung konfrontiert.

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Impressum

„Ben – Nackt und heiß“ von Benjamin Larus

herausgegeben von: Club der Sinne®, Hinstorffstr. 110, 19412 Brüel, April 2022

zitiert: Larus, Benjamin: Ben – Nackt und heiß, 1. Auflage 2022

© 2022

Club der Sinne®

Inh. Katrin Graßmann

Hinstorffstr. 110

19412 Brüel

www.Club-der-Sinne.de

[email protected]

Stand: 01. April 2022

Gestaltung und Satz: Club der Sinne®, 19412 Brüel

Coverfoto: © Serge Lee/shutterstock.com

Covergestaltung: Club der Sinne®

Dieses eBook ist urheberrechtlich geschützt.

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https://www.club-der-sinne.de/index.php?manufacturers_id=57

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www.Club-der-Sinne.de

Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden und volljährig.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Benjamin Larus

Ehrlich, ich mochte meinen neuen Job. Finanziell hatte ich mich zwar ein bisschen verschlechtert, aber Geld und Sicherheit sind nicht alles im Leben. Und wem auch immer von meinen Freunden und Bekannten ich davon erzählte, dass ich nun als Verkäufer in einem großen Frankfurter Modehaus arbeitete, zeigte dieselbe Reaktion: Natürlich, das ist doch genau dein Ding!

Mein Verkaufstalent, das hatte ich nach einer ziemlich langen Zeit am Schreibtisch zwar auch in meiner alten Firma noch im letzten halben Jahr unter Beweis stellen können. Aber dass es mir mehr Spaß bereiten würde, Klamotten an den Mann oder an die Frau zu bringen, anstatt mich mit Immobilien aller Art zu beschäftigen, das stand für alle außer Frage. Schließlich war das schon immer so eine Art Markenzeichen von mir gewesen: Der Benjamin hat einen Klamottenfimmel, pflegten schon meine männlichen Schulfreunde zu sagen, und in der Abi-Zeitschrift wurde ich mit überwältigender Mehrheit zum bestgekleidetsten (sic!) Schüler des Jahrgangs gekürt. Der Herr Schrott ist immer chic angezogen, hörte ich auch später regelmäßig in meiner vor allem weiblichen Umgebung. Und wenn unter den etwas weniger zurückhaltenden Kolleginnen mal wieder das Dauerthema diskutiert wurde, wie rum ich denn wohl sein, fiel immer wieder der Spruch: Für ’nen Hetero ist der viel zu gut angezogen. Folglich schien für jeden klar: Den Leuten Klamotten verkaufen (böse Zungen mochten sagen: aufschwätzen), das, gepaart mit meinem erwähnten Talent, musste doch geradezu meine Berufung sein!

Dabei hatte dies für mich selbst bei meinem Entschluss zur Kündigung gar keine so große Rolle gespielt. Für mich – und natürlich meinen Liebsten, der mir deswegen schon seit Monaten in den Ohren gelegen hatte – war damals einfach nur das Wichtigste gewesen, der immer komplizierteren Situation in meiner alten Firma zu entrinnen: dem heimlichen Verhältnis mit meiner Chefin, der zunehmend unberechenbaren Erpressung durch deren Sekretärin, die Verstrickung immer weiterer, mir nahestehender Personen in dieses gefährliche Spiel. Erst später wurde mir bewusst, dass der neue Job meinen Talenten tatsächlich auf geradezu ideale Weise entgegenkam. Und obwohl ich aus dem Abstand mehrerer Jahre nicht sagen will, dass ich mit dem Lauf der Dinge unzufrieden bin, bedaure ich doch ein wenig, dass ich ihn schon so bald wieder verlieren sollte – durch meine Naivität und Dummheit, wohlbemerkt. Aber der Reihe nach.

Dieses Jahr 2009 war insgesamt nicht arm an Veränderungen. Man kann getrost sagen, dass in seinem Verlauf die entscheidenden Weichen für mein weiteres Leben gestellt wurden – und nicht nur für meines!

Bereits kurz nachdem ich meine neue Stelle angetreten hatte, war ich durch bloßen Zufall an Judith und ihre Freundin Rebecca geraten. Letztere hatte unsere Kontaktaufnahme wohl anfangs genauso skeptisch gesehen wie mein Guido, aber dieses Eis war recht schnell gebrochen, eigentlich gleich bei unserem ersten Treffen. Und mehr als das. Wie das Leben manchmal so spielt, war schon nach wenigen Monaten eine Konstellation dabei herausgekommen, wie sie gewiss keiner von uns je vorausgesehen hätte: Guido und Judith waren genauso einander verfallen wie Rebecca und ich, wie Judith und Rebecca, wie ich und Guido! Jawohl, man sollte nicht glauben, dass so etwas möglich sein, geschweige denn, dass dies über eine beträchtliche Zeit funktionieren könnte – aber tatsächlich entwickelte sich eine so liebevolle wie leidenschaftliche Viererbeziehung, und schon bald konnten wir uns wohl alle nicht mehr vorstellen, wie wir vorher gelebt hatten. Wenn ich nur daran denke, wie entschlossen ich noch kurz zuvor gewesen war, nie mehr eine Frau an mich heranzulassen außer zum Zwecke rein körperlicher Liebesbetätigung!

Über einige Stationen des unaufhaltsamen, manchmal beängstigend raschen Wachstums dieser außergewöhnlichen Beziehung habe ich bereits geschrieben. Ich sehe mich jedoch außerstande, hier eine lückenlose Chronik auch nur der ersten Monate zu liefern, in denen es, wie man sich denken kann, nicht immer nur geradlinig bergauf ging. Es gab gewiss auf allen Seiten Momente des Zögerns, wenn auch kaum des Zweifelns, so doch zumindest des Innehaltens. Wir vier, die wir da zusammenhingen, waren jeder für sich nicht gerade einfach gestrickte, problemlos in irgendwelche Kategorien einzuordnende Persönlichkeiten. Das Kennenlernen war spannend, erforderte aber auch viel Mut und Vertrauen.

So bedeutete es von Anfang an eine gewisse Hypothek, dass Judith und ich uns gleich zu Anfang freimütig über gewisse Details in unserem Intimleben ausgetauscht hatten; so freimütig, wie man es nur einem völlig fremden Menschen gegenüber tut, den man sehr weit weg wähnt und von dem man sich sicher ist, dass man ihm nie begegnet – eben in einem anonymen Chat wie dem unseren. Zumindest ich selbst hatte unbekümmert aus dem Nähkästchen geplaudert: über Guido, über die wenigstens aus Judiths Sicht nicht gerade kleine Zahl meiner Intimpartner und -partnerinnen, sogar über die Sache mit meiner Chefin. Als unsere Beziehung später dann intensiver wurde, musste ich ihr also nichts mehr vormachen, und sie geriet nicht in Gefahr, sich etwaigen Illusionen hinzugeben, ich würde von heute auf morgen monogam (bigam, wenn schon, denn dass wir beide gleichermaßen vernarrt in unsere gleichgeschlechtlichen Partner waren, war in unseren ersten Chats ebenso klar geworden).

Judith war ein nicht zu unterschätzender Motor innerhalb unseres Quartetts. Ohne ihre kindliche Begeisterung, ihre durch nichts zu erschütternde Zuversicht, ihre Unternehmungslust und nicht zuletzt ihre nimmermüde Geilheit wäre es gewiss sehr viel weniger rasant gegangen mit uns. Sie wurde nicht müde, gemeinsame Unternehmungen zu planen und ohne jede Scheu ihre teils verrückten, nicht selten frivolen Ideen in die Tat umzusetzen. Sie wurde überhaupt nie müde. Das mochte zum einen eine Typfrage sein, aber sicherlich spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle, dass sie von uns Vieren in vielerlei Hinsicht (vor allem in einer) die Unerfahrenste war. Man hatte den Eindruck, sie begänne erst jetzt richtig zu leben. In der Tat war es ein Jammer, wie sehr dieses wundervolle, so sinnliche und begabte Geschöpf von den Männern bisher vernachlässigt worden war. Und von den Frauen, jedenfalls, bis Rebecca in ihr Leben getreten war.

Die äußeren Umstände brachten es mit sich, dass ich sehr viel mehr Zeit mit ihr verbrachte als Guido und auch als ich mit Rebecca. Auch dann noch, als sich herauskristallisiert hatte, wer zu wem gehörte. Es mag widersprüchlich und kompliziert klingen, aber jede der Paarungen in unserem Quartett hatte den anderen irgendetwas voraus. Guido und ich, natürlich, wir waren schon vorher das Traumpaar gewesen und kamen uns trotz nicht einmal zwei Jahren fester Beziehung nun schon manchmal vor wie ein altes Ehepaar. Ähnliches mochte für die Mädels gelten, in deren ganz eigene Vertrautheit wir kaum einmal wirklich vorzudringen mochten.

Rebecca und ich, Guido und Judith, da schien wiederum eine Fee ihren Zauberstab geschwungen zu haben. Es hatte Peng gemacht, und wir waren jeweils einander verfallen, eigentlich absolut unvorhergesehen. Wenn ich Rebecca in die Augen sah, hatte ich das Gefühl, durch für andere unpassierbare Pforten geradewegs ins Paradies vorzudringen – und fühlte mich gleichzeitig von ihr wortlos verstanden und geliebt! Wie mochte dies auf andere Menschen wirken? Womöglich ähnlich wie Guido und Judith auf mich in manchen Momenten – dann, wenn selbst Judiths scheinbar omnipräsentes Lächeln von ihren schönen Lippen verschwand und ich das Gefühl hatte, dass sie und mein Liebster sich gegenseitig hypnotisierten und weder mich noch irgendjemand anderen wahrnahmen.

Was verband Guido und Rebecca? Auch sie hatten einen ganz besonderen Draht zueinander. Mit „Mann-zu-Mann“ oder „unter Sportlern“ wäre dieses Einverständnis sicher nicht ausreichend beschrieben gewesen, aber es ging in diese Richtung. Jeder hatte in seiner alten Beziehung – Guido zu mir, Rebecca zu Judith – zweifellos die jeweils dominantere Rolle eingenommen.

Blieben Judith und ich. Dass uns angesichts einer größeren Reife unserer Partner automatisch die Rolle der unbekümmerten, lebenslustigen Sonnenkinder zukam, war das Eine. Dass wir bereits in unseren ersten, noch heimlichen Chats ein ganz eigenes Vertrauensverhältnis aufgebaut hatten, das Andere. Vor allem aber ergab es sich durch die äußeren Umstände, dass ich mit Judith schlichtweg mehr Zeit verbrachte – mehr als mit Rebecca sowieso, allmählich aber sogar mehr Zeit als mit meinem Liebsten.

Guido und ich hatten im Unterschied zu den Frauen ja nie wirklich zusammengewohnt. Er hatte seine Höhle auf dem Fabrikgelände seines Vaters, wo ich natürlich schon etliche Nächte verbracht hatte. Ebenso ging er bei mir ein und aus. Trotzdem zahlte und putzte jeder für sich selbst.

Die Tatsache, dass ich nach dem Wechsel meiner Arbeitsstelle jeden Tag nach Frankfurt hineinfuhr, brachte es natürlich mit sich, dass ich wesentlich öfter in der fast auf dem Weg liegenden Wohnung der beiden Frauen vorbeischaute als Guido. Der wurde in der Firma seines Vaters ziemlich rangenommen und war viel unterwegs, vor allem im mittleren und nördlicheren Hessen. Und da Rebecca als Polizistin ebenfalls viel und mitunter zu ungewöhnlichen Zeiten zum Dienst musste, Judith für ihr Studium aber viel zu Hause arbeitete, traf ich letztere dort wesentlich öfter an.

Für mich war das herrlich. Wie Nachhausekommen, oder vielmehr: viel, viel schöner! Jedenfalls hatte ich ein solches Gefühl der Geborgenheit bis hin zum Verwöhnt-Werden in meinem Elternhaus nie empfunden. Wenn ich früher von der Schule heimkam, hatte ich meistens das Gefühl verspürt, ungelegen zu kommen. Meine Eltern, stets im Stress, hatten dann irgendetwas zusammengesucht, um mich satt zu kriegen und vor allem aus dem Weg zu schaffen. Ungelegen war ich ja von Anfang an gekommen, ungeplant, und deshalb hatte man mich auch jahrelang bei der Oma einquartiert. Aber die war nun mal überraschend gestorben, als ich gerade ins schwierige Alter kam.

Bei Judith fühlte ich mich nicht nur willkommen, sondern regelrecht herbeigesehnt. Ihr offenherziges Strahlen, mit dem sie mich stets begrüßte wie einen lange Verschollenen, selbst wenn ich unangemeldet hereinschneite, erfüllte mich immer wieder mit tiefer Rührung. Ebenso der Eifer, mit welchem sie um mein leibliches Wohl bemüht war. Selbst mit einem unglaublichen Appetit gesegnet und – im Gegensatz zu mir – ebenso mit großem Einfallsreichtum und Geschick, was die Küche betraf, war es ihr stets ein offenkundiges Vergnügen, uns eine leckere Mahlzeit zu zaubern. Der Appetit nach anderen Genüssen, welche sie so lange hatte entbehren müssen, war ebenso unerschöpflich, und die Reihenfolge, welchem dieser Bedürfnisse sie als erstes nachgab, wechselte. Wahrscheinlich war mir deutlich anzusehen, was ich dringender brauchte. Wenn ich etwa nach einem langen Arbeitstag müde und hungrig die Treppe heraufschlurfte, war in derselben Sekunde ihr Ehrgeiz geweckt, mich mit einer kulinarischen Köstlichkeit wieder aufzupäppeln, bevor sie mir die Dusche oder, je nach Laune, ihre große Badewanne anbot. Je nachdem, wie rasch die Energiezufuhr meine Lebensgeister wieder in Schwung gebracht hatte, gesellte sie sich gleich dazu, und es kam zu ersten Zärtlichkeiten. Brauchte ich aber etwas länger, gestand sie mir noch eine kleine Schonfrist zu. So oder so kam ich niemals darum herum, meinen Mann zu stehen, was mir natürlich immer ein Vergnügen war. Judiths wundervoller, schlanker, geschmeidiger Körper war eine einzige erogene Zone, und wir harmonierten ganz vorzüglich. Wir mochten uns, keine Frage, hatten uns sogar lieb – trotzdem war unser herrlicher Sex in erster Linie Spaß. Klingt blöd, ich weiß, und ich will damit ja auch nicht sagen, dass es mir mit Rebecca keinen Spaß machte. Aber das war noch einmal etwas Anderes – es war, ebenso wie bei Guido, Verschmelzung, Erfüllung! Wenn wir miteinander schliefen, wurden wir eins, wussten, dass wir gleichsam unser heiliges Schicksal erfüllten.

Hochtrabendes Geschwafel! Mir fehlen schlichtweg die Worte, um das zu beschreiben, was in uns vorging. Dabei unterschied sich der Sex mit der einen oder der anderen rein technisch gar nicht mal so sehr; schließlich hat jeder seine Vorlieben, die sich in unserem Fall zum Glück weitgehend deckten.

Kam Rebecca nach Hause, wenn ich mit Judith zugange war, zögerte sie normalerweise nicht, uns Gesellschaft zu leisten. Ich muss wohl nicht betonen, wie sehr ich es schon genoss, den beiden nur zuzusehen, wenn sie sich gebührend begrüßten – und ganz und gar, wenn wir uns zu dritt liebten! Man kann nicht sagen, dass es immer nach demselben Schema ablief, denn vor allem Judith ließ sich immer etwas Neues einfallen. Manchmal entwickelte auch Rebecca sehr genaue Vorstellungen, und nur allzu gerne folgten wir beide ihren Befehlen. Gleich bei einem unserer ersten Dreier zum Beispiel gab sie mir genaue Anweisungen, wie ich ihre Freundin zu vögeln hätte. Im Glauben, sie selbst wolle uns dabei einfach nur zusehen, gab ich mein Bestes und steigerte mich in eine wahre Raserei, an deren Ende ich mich befehlsgemäß und heftig stöhnend in Judith ergoss. Doch kaum war ich mit einem befreiten Seufzer über ihr zusammengesunken, fühlte ich mich von kräftigen Händen gepackt und zur Seite gestoßen. Benebelt und entzückt durfte ich dann zusehen, wie Rebecca gierig den Schoß ihrer Geliebten ausschleckte.

Gesellte sich Guido dazu, feierten wir durchaus ausgewachsene Orgien. Doch weil er sehr viel seltener Zeit fand als ich, alleine in der Wohnung unserer beiden Mädels vorbeizuschauen, zogen wir uns oft auch nur paarweise in getrennte Zimmer zurück. Was nicht bedeutet, dass vor allem Judith später nicht noch auf Partnertausch bestand, denn sie konnte einfach nie genug kriegen; auch nicht davon, Guido und mir beim Sex zuzuschauen, und diesen Gefallen taten wir ihr natürlich gerne.

Immerhin schafften Guido und Judith es im Sommer, gemeinsam in Urlaub zu fahren. Zwar konnten sie sich nicht dazu durchringen, die Einladung von Guidos Eltern in deren Haus an der ligurischen Küste anzunehmen, in welchem ich vor zwei Jahren so unvergessliche Tage mit Guido und unserer Freundin Sandra verbracht hatte. Sie wussten aber wohl zu schätzen, dass vor allem Guidos Mutter diesen Schritt getan hatte, denn bislang hatte diese in jedem weiblichen Wesen, dass sich ihrem Augenstern genähert hatte, die leibhaftige Schlange gesehen, die es nur auf Guidos Seele und das Vermögen ihres Mannes abgesehen hatte. Ich denke, letzten Ende war es Judith vor allem mit ihrer Kochkunst gelungen, sich Frau Matterns Respekt zu erwerben. In diesem ihren ersten Sommer aber hatte das junge Paar wohl noch keinen Nerv für allzu viel Familie und fuhr mit Guidos neuem Alfa Mito durch die Niederlande.

Wie sehr ich sie beneidete! Mir und Rebecca dagegen fehlten für einen gemeinsamen Urlaub sowohl die Zeit – die Sommerferien blieben traditionell den Kollegen mit Kindern vorbehalten, und ich war noch nicht lange genug auf meiner neuen Stelle, um große Ansprüche anmelden zu können – als auch das nötige Kleingeld. Trotzdem verbrachten wir einige Tage lang sehr viel mehr Zeit füreinander, denn für die Dauer von Judiths Abwesenheit zog ich komplett in die Frankfurter Wohnung. Ohne die gewohnte Vollpension allerdings, und die Abwesenheit der Köchin schmerzte uns beide doch sehr.

Unter den beschriebenen Umständen ist es wohl verständlich, dass mein Liebster anfing, ein wenig herumzubocken. Dass er seine Traumfrau nicht so oft sehen konnte, wie er gerne hätte, war gewiss qualvoll genug. Dass aber ich, wie er sehr wohl mitbekam, umso häufiger bei ihr ein und aus ging und somit auch ein Vielfaches an Sex mit ihr hatte, strapazierte seine Geduld dann doch über das erträgliche Maß hinaus. Ich will das nicht als Eifersucht oder Neid bezeichnen, aber seine Sehnsucht wäre ihm sicher erträglicher gewesen, wenn er in mir einen ungefähr in gleichem Maße Leidenden gewusst hätte. Stattdessen traf er mich immer glücklich, erfüllt, gleichsam auf Wolke Sieben schwebend an, wenn wir uns am Ende eines langen Tages bei ihm oder bei mir trafen. Und wenn ich dann, wie er ausdrücklich verlangte, mein letztes Erlebnis mit Judith, mit Rebecca oder allen beiden haarklein Revue passieren ließ, dann war seine Wut und seine anschließend an mir praktizierte – pardon! – Gewalttätigkeit gewiss mehr als nur gespielt. Schaffte er es, meist am Ende eines anstrengenden Arbeitstages, selbst in der Wohnung unserer beiden Freundinnen aufzukreuzen, traf er mich dort oft bereits bestens versorgt an. Kein Wunder, dass ihn das mehr und mehr nervte!

„So kann das nicht weitergehen!“, brummte er mehr als einmal bei einer solchen Gelegenheit.

Auf meine oder Judiths Nachfrage, was das zu bedeuten und ob er vielleicht einen Lösungsvorschlag hätte, pflegte er dann nur noch finsterer dreinzuschauen. Dass Judith unmöglich ihre Frankfurter Wohnung, welche ihr Vater eigens für sie gekauft hatte, oder, noch undenkbarer, ihre Geliebte verlassen konnte, wusste er ganz genau. Deswegen beschränkte er sich auch weiterhin darauf, uns von Zeit zu Zeit mit einem beängstigend düsteren Gesicht zu bestrafen.

„Ich mach das nicht ewig mit“, drohte er mehrmals. „So oder so, es muss was passieren!“

Es passierte. Im Grunde war es die beste Lösung, und ich bin mir bis heute manchmal nicht sicher, ob die Mädels oder zumindest Rebecca nicht irgendetwas Halblegales in die Wege geleitet haben, um es passieren zu lassen. Aber darüber wurde nie geredet. Wir waren letzten Endes alle nur dankbar, dass es so kam.

Ich habe ja bereits früher erzählt, dass Judiths Vater ein Industrieller mit reichlich Schotter ist. Die einzige Tochter ist verständlicherweise sein Augapfel, und er ließ sie nur ungern auswärts studieren. Bei Frankfurt sträuben sich ja allen besorgten Eltern aus der Provinz die Nackenhaare, weil sie irgendwie von der Vorstellung besessen sind, dort würden tagtäglich reihenweise unschuldige Menschen auf offener Straße erschossen; trotzdem ließ er sich auf die Goethe-Uni als Studienort ein, da sie immer noch nahe genug an Aschaffenburg lag, um jeden Tag hinfahren zu können. Als er aber einsehen musste, dass dies auf Dauer auch keine praktikable Lösung war, kaufte er für seine Tochter kurzerhand eine ordentlich sanierte Altbauwohnung in einem äußerst ruhigen – fast könnte man sagen: noblen – Viertel der Stadt. Die Vorstellung, wie Judith mutterseelenallein in der wenn auch komfortablen Wohnung sitzen würde, missfiel ihm allerdings so sehr, dass er sich nach einer Mitbewohnerin seines Vertrauens umsah – beziehungsweise: umsehen ließ; er beauftragte natürlich einen Makler, ließ sich die Suche etwas kosten und sah sich die Kandidatinnen sehr genau an.

Polizisten und Polizistinnen haben es ja in vielerlei Hinsicht nicht leicht, aber in einer Hinsicht sind sie im Vorteil: Als Mieter sind sie aufgrund des Sicherheitsaspekts meist gerne gesehen. Und so war Herr Büschl verständlicherweise sehr angetan von der jungen, durchtrainierten Polizeibeamtin, die sich unübersehbar zu behaupten wusste. Mit ihr, so muss er geglaubt haben, hatte er die ideale Mitbewohnerin, ja, Beschützerin für seine in ständiger Gefahr schwebendes Mädchen gefunden. Dass Judith dieser selbstbewussten Frau hoffnungslos verfallen und ausgerechnet durch sie in die Welt lesbischer Liebe eingeführt würde, hätte er sich sicher nicht im Entferntesten vorstellen können – und tatsächlich hat er bis heute keine Ahnung!

Rebecca eroberte sein Herz und sein Vertrauen im Sturm, und nach anfänglichen Kontrollbesuchen ließ er sich nach einigen Monaten kaum noch in Judiths Frankfurter Wohnung blicken, glaubte er sie doch in besten Händen. Sein Vertrauen ging so weit, dass er Rebeccas tatsächlich beeindruckenden Fahrkünsten sogar sein Auto überließ, wenn Judith darum bat (was er wohl gesagt hätte, wenn er hätte sehen können, wie ich am Ende unseres ersten Treffens meinen Samen auf der Motorhaube seines Citroën C6 verschoss, nachdem ich zuvor auf dem Rücksitz seine Tochter von einem Höhepunkt zum anderen gejagt hatte?). Und nachdem er Judith – aus welchen steuerlichen Gründen auch immer – die Wohnung überschrieben hatte, überließ er den Mädels nur zu gerne auch alles, was an Administrativem damit zusammenhing. Und das machte für uns Einiges sehr viel problemloser, wie sich zeigen sollte.

Eines Samstagabends Anfang September klappte es wieder einmal, dass wir zu viert am reich gedeckten Küchentisch der beiden Platz nahmen und ein köstliches Mahl genossen. Ich bemerkte bald, dass dieses selbst für Judiths Verhältnisse ungewöhnlich festlich geraten war, und auf eine entsprechende Frage meinerseits tauschten sie und Rebecca verschmitzt vielsagende Blicke. Erst nach dem Dessert schließlich ließen sie die Katze aus dem Sack.

Was ich nicht wusste: Judiths Vater hatte seinerzeit die benachbarte Wohnung auf derselben Etage gleich mitgekauft. Bisher hatte dort ein Banker gewohnt, der offenbar viel auf Reisen war und von dem wir nie irgendetwas mitbekommen hatten. Der schickte sich nun an, Hals über Kopf nach Hong Kong überzusiedeln, und hatte um baldige Entlassung aus dem Mietvertrag gebeten. Herr Büschl hatte es voll und ganz seiner Tochter und vor allem Rebecca überlassen, einen geeigneten Nachmieter zu finden und auch das Finanzielle zu regeln.

Die beiden hatten recht: Eine solche Gelegenheit würde nicht wiederkommen. Guido und ich brachen dennoch nicht unmittelbar in Jubelgeschrei aus, denn natürlich bedeutete ein Umzug nach Frankfurt vor allem für Guido einen gewaltigen Schritt, den es wohl zu überlegen galt; nicht nur, weil er seine versteckte Dachwohnung auf dem Fabrikgelände seines Vaters so sehr liebte.

Für mich dagegen gab es keinen Grund, in der Wetterau hängenzubleiben. Wenn ich mir inzwischen noch keine Bleibe in Frankfurt gesucht hatte, dann nicht nur wegen meiner bekannten Trägheit, sondern vor allem aus finanziellen Gründen. Diese Sorge jedoch konnten Judith und Rebecca uns sofort nehmen. Sie legten die Höhe der Miete fest und würden einen Betrag wählen, der überaus entgegenkommend war, aber nicht so lächerlich, dass er uns beschämt oder Judiths Vater, so er denn überhaupt davon erfuhr, in Rage gebracht hätte. Ich erspare meinen Lesern hier die immerhin über einige Tage sich hinziehenden Diskussionen mit Guido – Hauptsache, am Ende konnte auch er sich durchringen!

Schneller, als wir es uns hätten träumen lassen, ging bereits im Oktober der Umzug über die Bühne, und von einem Tag auf den anderen teilten mein Liebster und ich nicht nur Tisch und Bett, wir wohnten zudem auch noch Tür an Tür mit unseren Freundinnen. Wahnsinn, wer hätte noch Anfang des Jahres eine solche Entwicklung vorausgesehen?

Bereits nach einer Woche konnte ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder anders leben zu wollen. Wer hätte gedacht, wie wunderbar das Alltägliche sein konnte? Ein auf ähnlich perfekte Weise sich ergänzendes Quartett war aber auch wirklich unvorstellbar: Eine perfekte Hobbyköchin, ein Modeberater mit Hausfrauenqualitäten, ein geschickter Handwerker und eine mit allen Wassern gewaschene Polizistin und Kampfsportlerin – wer oder was konnte uns jetzt noch gefährlich werden?

Jeder hatte natürlich sein Zimmer, sein Bett, seinen Kleiderschrank, aber mit der Zeit verschwammen Grenzen und Besitzverhältnisse immer mehr. Die Wohnungen waren von identischem, jeweils spiegelverkehrtem Schnitt und ähnlicher Ausstattung, aber Guidos und meine Küche war natürlich wenig in Benutzung. Nicht selten blieb auch das eine oder andere Bett die Nacht über unberührt, denn alleine zu schlafen, dieses Bedürfnis verspürte keiner von uns sonderlich häufig. Und wenn ich doch einmal alleine einschlief – ich hatte ja von allen Bewohnern dieser Etage den spießigsten, weil regelmäßigsten Tagesablauf und lag nicht selten als erster im Bett – dann konnte ich fast sicher sein, dass irgendwann im Laufe der Nacht noch jemand zu mir unter die Decke kroch: Judith, weil sie mit ihrem Schreibkram oder der Küche durch war und sie ihrerseits keine Lust hatte, sich alleine in ihr Bett zu legen; Guido, der nach einem langen Arbeitstag noch spät ins Fitnessstudio gegangen war, sich dort aber nur ungenügend hatte abreagieren können; und wenn Rebecca nachts auf Streife war, konnte es durchaus mal früh am Morgen werden, bis sie doch noch zu mir ins Bett schlüpfte. Aber egal wann es war, vor allem in den ersten Monaten unserer Wohngemeinschaft war es eher die Ausnahme, dass man sich dann behaglich seufzend aneinander kuschelte und gemeinsam weiterschlief. Irgendwie war ja doch zumindest einer immer geil, und der oder die andere wurde es ganz schnell, wenn man sich unter der flauschigen Decke näherkam. Also ging es noch einmal mehr oder weniger heftig zur Sache, und wenn wir danach keuchend nebeneinanderlagen, unser wummernder Herzschlag die gesamte Matratze erbeben ließ, schlief man dafür umso tiefer und fester. Allerdings naturgemäß nicht sehr lange, und es dürfte unter diesen Umständen kaum verwundern, dass unsere Augen morgens für gewöhnlich sehr klein waren. Aber wir waren jung, voller Energie und Liebeshormone, sodass wir keine bleibenden Schäden davontrugen.

Allerdings passierte zumindest mir es einige Male, dass ich an einem ruhigen Tag im Geschäft an einem Kleiderständer lehnte und ums Haar im Stehen eingeschlafen wäre. Denn obwohl ich sicher niemals ein schöneres Zuhause hatte, war es ja schließlich auch nicht so, dass ich dieses von nun an nur noch zum Arbeiten verlassen hätte.

Mit meiner alten Heimatstadt verband mich nur noch wenig. Für mein regelmäßiges Schwimmtraining hatte ich in Frankfurt ein Freibad und ein Hallenbad gefunden, die ich je nach Jahreszeit nutzen konnte. Meine Eltern vermissten mich ohnehin nicht, und Neffen und Nichten waren in der weiteren Umgebung verstreut. Solange das Wetter es zuließ und ich noch regelmäßig meine Radtouren durch Wetterau und Taunus unternahm, richtete ich es manchmal so ein, dass ich bei ihnen vorbeischauen konnte. Und, ja, zwei, drei intimere Kontakte gab es auch noch.

Meine alte Freundin Sandra war wider ihre Natur ja ganz und gar monogam geworden, und ich akzeptierte das. Zwar waren wir beide überzeugt, dass unser kumpelhaftes Verhältnis auch unter Beibehaltung unserer intimeren Gepflogenheiten keine Gefahr für die Beziehung zu ihrem Freund dargestellt hätte. Aber er, den ich bei der einzigen Begegnung als durchaus liebenswerten Zeitgenossen kennengelernt hatte, betrachtete mich doch mit spürbarem Argwohn, und Sandra wollte einfach alles vermeiden, das ihn hätte verletzen können. Wenn ich mich also ab und zu einmal ihren kundigen Händen anvertraute – ihre Ausbildung als Physiotherapeutin hatte sie inzwischen mit Bestnoten abgeschlossen – dann rissen wir uns zusammen und krönten die wohltuende Massage nicht auf dieselbe Weise wie früher. Wir beschränkten uns meistens darauf, dass sie mich zu einem entspannenden Höhepunkt massierte (das musste dann schon sein), und sie konnte guten Gewissens sagen, dass ich sie nicht angerührt hatte (was mir, zugegeben, schwerfiel).

Die Betreuung meiner ehemaligen Kollegin Nadine, sowohl was das Handwerkliche als auch was das Sexuelle anbetraf, hatte mittlerweile fast vollständig Guido übernommen. Er hatte ja weiterhin fast täglich in unserer alten Heimat zu tun und pflegte ein sehr viel engeres und regelmäßigeres Verhältnis zu seiner Familie. Ohnehin hatte sich ja der Gegenstand der Erpressung, mit welcher Nadine mich monatelang drangsaliert hatte, in Nichts aufgelöst. Insofern konnte sie dankbar sein, wenn ich aus bloßer Menschenfreundlichkeit und vielleicht auch ein bisschen Geilheit ab und zu mal bei ihr vorbeischaute. Nachdem im Herbst ihr Rasen nicht mehr gemäht werden musste und auch die Außendusche nicht mehr in Betrieb war, musste sie sich allerdings andere, frivole Spielchen für mich ausdenken. Der von Guido praktisch erdbebensicher eingerichtete Fitnesskeller mit Sprossenwand und anderen nützlichen Accessoires bot dafür so manche Gelegenheit, und eigentlich reichlich spät landete ich irgendwann an einem ungemütlichen Novembertag auch einmal in Nadines Bett.

Als die Radtouren witterungsbedingt weniger wurden, bot sich auch kaum noch Gelegenheit für meine konspirativen Treffen mit Caro, denn in der Stadt mussten wir doch sehr vorsichtig sein. Frankfurt ist nun einmal ein Dorf, und das Risiko, es mir mit ihrem Lover zu verscherzen, durfte ich nun wirklich nicht eingehen.

Diesen selbst dagegen sah ich auch den Winter hindurch mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Nicht selten opferte ich auf eine knappe Nachricht von ihm hin meine Mittagspause, um das Fitnessstudio schräg gegenüber aufzusuchen, in welchem ich weiterhin nicht einmal Mitglied war. Patrice schmuggelte mich dann jedes Mal durch einen Seiteneingang herein und schob mich in seinen privaten Trainingsraum, wo ich ihm auf die eine oder andere Weise zu Diensten war. Eine Begründung, warum er mich herbestellt hatte, lieferte er mir in letzter Zeit nicht mehr. Früher hatte er noch manchmal erklärt, Caro hätte ihm den Auftrag gegeben und genau festgelegt, was wer mit wem machen sollte. Aber irgendwann hatte er sich wohl darauf besonnen, dass er mir eigentlich gar keine Rechenschaft schuldig war. Ohne viel Federlesens gab er mir klare Anweisungen und machte mich seiner Lust gefügig. Mir gefiel das ja, und keinesfalls wollte ich diese nette Gewohnheit durch zu viel Fragerei gefährden. Ich denke, dieser Kerl hatte einfach verdammt viel Testosteron in sich, zu viel selbst für seine gewiss nicht prüde Freundin. Da er aber für den Fall, dass diese ihn mit einer anderen Frau erwischte, wohl um sein Leben fürchtete, ließ er sich durch mich Befriedigung verschaffen, denn das hatte sie ja abgesegnet. Trotzdem blieb er dabei, dass er nicht schwul war, nicht einmal bi – und der Witz ist, dass ich ihm das glaubte, obwohl ich seinen wundervollen, schwarzen Muskelarsch mittlerweile sogar mehrfach gefickt hatte. Egal, man muss nicht allem auf den Grund gehen!

Da fällt mir ein, zumindest einen wichtigen Grund gab es für mich doch noch, ab und zu in meiner Heimatstadt vorbeizuschauen: meine Freundin Dido. Wenn ich nicht ab und zu in ihre bernsteinfarbenen Augen schauen, sie streicheln und kraulen konnte und dabei ihr behagliches Schnurren mehr spürte als dass ich es hörte, fehlte mir etwas.

Dido war eine der wenigen echten Damen in meinem Bekanntenkreis, die schönste, erhabenste, zudem mittlerweile verkuscheltste Kartäuserkatze, die man sich vorstellen kann. Unser erstes Kennenlernen war von gegenseitigem Misstrauen geprägt gewesen, nach einigen intensiven Tagen intimer Zweisamkeit aber waren wir gute Freunde geworden. Sie lebte bei Annika, die ich damals gerade erst kennengelernt hatte. Anfangs noch musste diese mich mit einem meisterhaften Tittenfick dazu bewegen, während eines Urlaubs auf ihre damals gerade erst stubenreine Mitbewohnerin aufzupassen.

Im Laufe der Zeit dann wurde jedoch eine Art Ritual daraus: Immer, wenn ich wieder einmal den Katzensitter spielen sollte, gab ich vor, nur mit Sex dazu zu überreden zu sein. Annika ging stets mit gespieltem Zögern darauf ein, denn an sich war uns beiden klar, dass ich ebenso gerne mit Dido spielte wie Annika mit mir. Für mich war es somit stets ein doppeltes Vergnügen, denn nicht nur Annikas Brüste sind noch immer unübertroffen, auch wenn wir uns persönlich nicht allzu viel zu sagen haben. Manchmal überkam mich eine solche Sehnsucht nach Beidem, dass ich mich von mir aus bei Annika meldete, auch wenn bei ihr gerade gar keine längere Abwesenheit anstand und somit auch kein Katzen-Sitting nötig war.

„Dürfte ich wieder mal vorbeikommen und dein Kätzchen streicheln?“, pflegte ich ihr dann immer doppeldeutig-anzüglich zu schreiben, und ich erinnere mich nicht, bislang auch nur ein einziges Mal eine abschlägige Antwort darauf erhalten zu haben.

Normalerweise versuchte ich, meine diversen Freundschaften und Kontakte weitgehend voneinander getrennt zu pflegen. Allerdings war mir das schon einige Male gründlich misslungen, und so, wie sich vor allem Judith von Anfang an für mein Intimleben interessiert hatte, durfte ich nicht erwarten, dass ihr Interesse nachlassen würde, nachdem ich bei ihr eingezogen war. Nicht, dass sie mich kontrolliert hätte. Aber wenn ich zum Beispiel spät heimkam oder die Nacht über ausblieb, was ja durchaus mal vorkam, fragte sie recht unverblümt nach. Mit wem? Was ist gelaufen? Je detaillierter, desto besser! Da ich ihr ja, wie gesagt, gleich in unseren ersten Chats so einige intime Details über meine diversen Bekanntschaften verraten hatte, hatte es auch keinen Sinn, etwa einen Opernbesuch mit Sebastian oder eine Verabredung mit meiner Ex-Chefin zu verharmlosen. Und schließlich tat ich etwas, das ich vielleicht besser hätte bleiben lassen: Im Schoße unserer neuen Wohn-, ja, Lebensgemeinschaft fühlte ich mich so entspannt, dass ich mich nicht weiter bemühte, gewisse Dinge zu verheimlichen; und als mich Judith eines Abends wild in meinen Laptop hämmernd vorfand, bekannte ich unverblümt, dass ich schon seit geraumer Zeit dabei war, einige meiner Abenteuer schriftlich zu verewigen. Veröffentlicht war bis dahin noch keine Zeile, aber Judiths Neugier ging natürlich förmlich durch die Decke, und sie gab keine Ruhe, bis ich ihr nicht all meine bis dahin gesammelten Aufzeichnungen offenlegte. Übrigens war sie es, die mich dann schon bald dazu drängte, mir tatsächlich einen Verlag zu suchen.

Rebecca dagegen verzichtete zunächst darauf, meine Memoiren zu lesen. Sie wusste zu schätzen, dass ich ihr mein früheres Intimleben zu offenbaren bereit war, aber die Bereitschaft an sich schien ihr schon zu reichen. Wenn Judith – recht angetan von der Lektüre – ihr gegenüber dann und wann mal fragte, ob sie denn nicht neugierig sei, wiegelte Rebecca lächelnd ab.

„Wenn ich mal Zeit habe“, lautete eine ihrer typischen, knappen Antworten.

Judith jedoch war fortan natürlich bestens informiert – über meine Chefin und Nadine, über die Gäste der legendären Jack-Off-Party im letzten Jahr und natürlich auch über Annika und Dido. Wie jeder Mensch mit Herz liebte auch sie Katzen, und von dem Moment an, da sie über meine bernsteinäugige Schönheit gelesen hatte, brannte sie darauf, diese einmal kennenzulernen. Ich will nicht ausschließen, dass auch das Frauchen ihre Neugier geweckt hatte.

Ich wollte heute ja vor allem erzählen, wie es nach nicht einmal einem Jahr zum Verlust meines neuen Jobs kam. Aber wenn ich an die Zeit damals denke, kommt mir spontan jenes Wochenende im November in den Sinn, da ich eine schöne, einsame Radtour durch die Wetterau mit abschließendem Besuch zum Kätzchenstreicheln geplant hatte.

Rebecca hatte Dienst, Guido ebenso, und ich freute mich auf das Wiedersehen – mit Dido und, nun ja, auch mit Annika. Als es am Samstagmorgen dann wider alle Vorhersagen stürmte und regnete, war ich natürlich enttäuscht. Judith, die meine Pläne mitbekommen hatte, bot mir spontan ihren kleinen Flitzer an, um wenigstens den letzten Teil der Tour nicht absagen zu müssen. Eine Bedingung aber hatte sie: Sie wollte mitkommen.

„Bitte, ich will endlich auch mal das Kätzchen streicheln!“, flehte sie, und ich verkniff mir eine anzügliche Bemerkung – ihr Blick war zu ehrlich und unschuldig, um dieselben Hintergedanken wie die meinen zu vermuten.

Ich verspürte zwar eine gewisse Enttäuschung, dass mein Besuch auf diese Weise wohl nicht das übliche Finale haben würde. Aber Dido wollte ich nicht auch noch enttäuschen, gewiss freute sie sich auf meinen Besuch. Also fragte ich höflicherweise kurz bei Annika nach, ob diese Änderung unseres Planes in Ordnung ginge, und nach einer knappen, positiven Antwort machten wir uns auf den Weg.

Auf der Fahrt war Judith eine gewisse Spannung anzumerken. Sie hatte mir das Steuer überlassen und rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. Irgendwann fixierte sie mich von der Seite und sagte:

„Ich hoffe, ich durchkreuze jetzt nicht deine Pläne.“

„Ach wo, im Gegenteil!“, antwortete ich, möglicherweise eine Idee zu schnell. „Du rettest sie. Wer weiß, wann ich Dido sonst wiedergesehen hätte!“

„Das meine ich nicht. Vielleicht wärst du lieber mit der Bahn gefahren, dann wärt ihr ungestört gewesen …“

„Ach was, du störst uns doch nicht! Die beiden freuen sich sicher, dich mal kennenzulernen.“

„Aber Annika hätte dich sicher lieber für sich alleine gehabt. Du vergisst, dass ich deine Geschichten gelesen habe – ich weiß, wie deine Besuche normalerweise verlaufen!“ Jetzt kicherte sie dreckig.

„Der Fehler meines Lebens, dich das lesen zu lassen!“, seufzte ich tief.

Nach einer Pause schlug sie keck vor: „Ich kann ja ein bisschen mit Dido im Nachbarzimmer spielen, während du sie besteigst.“

„Zum Beispiel“, stimmte ich abwägend zu. „Oder du machst mit.“

„Bitte?!“

„Wenn du meine Geschichten gelesen hast, brennst du doch bestimmt darauf, Annika auch mal näher kennenzulernen.“

Ich zwinkerte ihr kurz zu, aber sie blieb ernst. Dann wandte sie sich ab und blickte aus dem Beifahrerfenster. Plötzlich wurde mir etwas klar.

„Rebecca war deine einzige Frau bisher, stimmt’s?“

Sie nickte, ohne mich anzusehen.

„Ihr kann keine andere das Wasser reichen“, sagte sie trotzig. „Das müsstest du doch am besten wissen!“

„Wohl wahr“, gab ich zu. „Aber das heißt doch nicht, dass du – Moment, wie war das: Ja, soll denn etwas so Schönes nur einem gefallen ...?“

Wie oft hatten wir diesen unsterblichen Song aus dem Blauen Engel schon zitiert! Seltsamerweise schien Judith ihn niemals auf sich selbst zu beziehen.

„Damit war Rebecca gemeint“, entgegnete sie. „Und du natürlich.“

„Und Guido.“

„Und Guido, ja.“

„Du hast doch immer gesagt, dass dir das nichts ausmacht“, hakte ich nach. „Im Gegenteil: Wir sollen unser – wie meintest du? – sinnenfrohes Leben unbedingt weiterführen.“

„Sollt ihr ja auch“, bekräftigte sie schmallippig.

„Und du selbst willst gar keine anderen Erfahrungen machen?“

„Ich kann’s mir nicht vorstellen. Mit euch, das ... das ist irgendwie das vollkommene irdische Glück!“

Ich war gerührt. Und wusste durchaus, was sie meinte.

„Für mich auch“, beeilte ich mich, ihr beizupflichten. „Aber – hm – wenn du deinen Eisbecher am liebsten mit Erdbeeren isst, heißt das doch nicht, dass er dir zur Abwechslung nicht auch mal mit Kiwi schmecken könnte.“

Sie grinste mir schwach zu.

„Du kennst mich wirklich erschreckend gut. Wenn du mir etwas schmackhaft machen willst, ziehst du immer Vergleiche aus dem kulinarischen Bereich heran.“

„Nicht nur deswegen. Sex und Essen sind doch zwei durchaus vergleichbare Sinnenfreuden. Und, wie ich durch dich gelernt habe: Das Eine ist kein Ersatz für das Andere, sondern beflügelt es im Idealfall sogar. Der Satz: Essen ist der Sex des Alters, das ist nämlich absoluter Quatsch! Du bist der lebende Beweis.“

Sie lächelte dankbar, während ich bereits die Autobahn verließ.

Für eine Weile herrschte Stille, und es war förmlich zu spüren, wie es in ihr arbeitete. Jetzt hieß es Aufpassen, auf keinen Fall sollte Judith sich durch mich zum Fremdgehen gedrängt fühlen! Denn ich erinnerte mich, dass sie in einem unserer ersten Chats erzählt hatte, wie sehr es sie verletzt hatte, als Rebecca sie in guter Absicht einem Mann zugeführt hatte.

Als ich noch angestrengt überlegte, ob und wie ich das Thema wiederaufnehmen könnte, waren wir auch schon am Ziel.

Viele Male, wenn ich sie besucht hatte, war Annika zufällig gerade im Bad gewesen. Manche Leute mochten darin einen Vorwand vermuten, dem Besuch leicht geschürzt entgegenzutreten. Aber erstens erforderte ein solch gepflegtes und durchgestyltes Erscheinungsbild wie das Annikas einfach einen gewissen zeitlichen Aufwand; zweitens war das Badezimmer zweifellos der eindrucksvollste und behaglichste Raum ihrer Wohnung, sodass man durchaus verstehen konnte, dass sie sich gerne dort aufhielt. Und schließlich wusste Annika einfach, dass sie es nicht nötig hatte, mich mit einem solch billigen Trick zu verführen.

Verführerisch sah sie für mich allemal aus, wie sie uns oben am Treppenabsatz erwartete, trotzdem sie sich sehr leger gab. Wie sie es gerne tat, trug Annika als Hauskleidung ein weites Männerhemd. Mit einem um die Taille geschlungenen Tuch war dieses ein wenig hochgerafft und gab unterhalb des Saumes großzügig den Blick auf die perfekten, langen Beine frei. Oben war ein Knopf mehr geöffnet, als es anständig gewesen wäre.

Perfekt, ein wenig zu perfekt fast war auch ihr breites Lächeln. Das mochte sie so aus ihrer Zeit als Flugbegleiterin zurückbehalten haben, ebenso wie die graziöse Bewegung ihres schlanken Körpers, mit welcher sie zur Seite trat und uns dazu aufforderte, ihr Reich zu betreten.

„Hallo!“, flötete sie überschwänglich, „Kommt rein!“

Die eigentliche Begrüßung erfolgte erst im Flur, nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte. Wie es sich gehörte, war Judith als erste an der Reihe.

„Hi, ich bin Annika!“