Celebrity Gossip - Kirsti Kristoffersen - E-Book

Celebrity Gossip E-Book

Kirsti Kristoffersen

0,0
14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der fulminante Abschluss von Celebrity!

Karoline ist die Freundin eines Popstars – Mathias ist jetzt als Sänger total berühmt, seine Fans lieben ihn. Karoline ist bei Konzerten, Interviews und Autogrammstunden immer dabei. Aber ihre Beziehung ist überhaupt nicht mehr wie damals im Sommer, und Mathias' Managerin wäre es sowieso am liebsten, wenn Mathias Single wäre. Karoline fragt sich immer öfter, ob der Erfolg ihn verändert. Und irgendwann passiert es: Während eines TV-Interviews wird Mathias gefragt, ob er eine Freundin hat. Und er sagt: Nein.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 233

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cover

Titel

Kirsti Kristoffersen

Celebrity Gossip

Band 3

Aus dem Norwegischen von Meike Blatzheim

Insel Verlag

Impressum

Zur optimalen Darstellung dieses eBook wird empfohlen, in den Einstellungen Verlagsschrift auszuwählen.

Die Wiedergabe von Gestaltungselementen, Farbigkeit sowie von Trennungen und Seitenumbrüchen ist abhängig vom jeweiligen Lesegerät und kann vom Verlag nicht beeinflusst werden.

Um Fehlermeldungen auf den Lesegeräten zu vermeiden werden inaktive Hyperlinks deaktiviert.

Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem TitelKjendisgossip bei Cappelen Damm, Oslo.Wir bedanken uns bei NORLA –Norwegian Literature Abroad für die Übersetzungsförderung.

eBook Insel Verlag Berlin 2024

Erste Auflage 2024Deutsche Erstausgabe© der deutschsprachigen Ausgabe Insel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin, 2024Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München

Umschlagabbildungen: iStock by Getty Images; Getty Images; FinePic®, München

eISBN 978-3-458-77995-7

www.insel-verlag.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Cover

Titel

Impressum

Kapitel1

Kapitel2

Kapitel3

Kapitel4

Kapitel5

Kapitel6

Kapitel7

Kapitel8

Kapitel9

Kapitel10

Kapitel11

Kapitel12

Kapitel13

Kapitel14

Kapitel15

Kapitel16

Kapitel17

Kapitel18

Kapitel19

Kapitel20

Kapitel21

Kapitel22

Kapitel23

Kapitel24

Kapitel25

Kapitel26

Kapitel27

Kapitel28

Informationen zum Buch

Celebrity Gossip

Kapitel1

Es ist der Tag nach dem Finale und das Chaos regiert in Vigdis’ Büro. Schon an der Tür fällt mir auf, wie gut sie hier reinpasst. Alles sieht teuer aus, ist weiß, beige oder aus Glas. Mit so großen Schritten, wie es ihre kurzen Beine ermöglichen, trabt sie auf und ab und wirft nur einen kurzen Blick in meine Richtung, als die Tür hinter mir ins Schloss fällt. Mathias, der auf mich gewartet hat, gibt mir einen schnellen Kuss, steht dann aber auch nur da und beobachtet Vigdis. In regelmäßigen Abständen murmelt sie etwas und gestikuliert mutlos. Mathias schüttelt den Kopf.

»Sie ist heute echt nicht sie selbst«, sagt er. Dann schaut er mich an und lächelt.

»Schön, dass du da bist.« Er nimmt meine Hand. »Komm, lass uns richtig reingehen!« Das Büro ist groß. Entlang der Fensterfront steht ein fancy Sofa mit einem Tischchen davor und ein gewaltiger Schreibtisch mit Glasplatte, sicher Vigdis’ Arbeitsplatz, wenn sie nicht gerade unterwegs ist.

Ich drücke Mathias’ Hand und schaue zu ihm hoch. Er wirkt nicht so, als hätte er geweint oder schlecht geschlafen, sieht sogar ziemlich gut gelaunt aus.

»Wie geht’s dir überhaupt?«, frage ich. »Sorry, dass wir gestern nicht mehr backstage gekommen sind, es war so wahnsinnig voll, außerdem hab ich gedacht, dass ihr vielleicht für euch sein wollt, und …«

»Ist schon gut«, unterbricht Mathias mich.

»Okay, aber wie geht’s dir?«

»Lass uns später reden«, sagt er und weist mit dem Kopf auf Vigdis, die zum Stehen gekommen ist.

»Alles klar«, antworte ich, und Mathias drückt noch einmal meine Hand, bevor er sie loslässt.

In der Mitte des Raums steht ein riesiger Tisch mit vielen Stühlen. Mathias’ Vater sitzt am Kopfende und ist in ein Notebook vertieft, er scheint mich nicht bemerkt zu haben. Überall auf der Tischplatte liegen Zeitungen verstreut. Wahrscheinlich alle heutigen Ausgaben, und obwohl ich die Schlagzeilen bereits auf dem Weg hierher an den Kiosken am Osloer Hauptbahnhof gesehen habe, ziehen sie meinen Blick an wie Magnete. »DER GROSSE SCHOCK« steht auf einer Titelseite, dazu ein Foto von Mathias mit ziemlich entsetztem Gesichtsausdruck. »DER TRAUM IST ZERPLATZT« titelt eine andere Zeitung. »DK–NO1:0« eine weitere, die Ditte zeigt, wie sie triumphierend eine Hand hochreißt, während Mathias mit demselben entsetzten Gesicht wie auf der ersten Zeitung neben ihr steht.

»Typisch, dass sie es auf Teufel komm raus so drehen, als hätte Norwegen gegen Dänemark verloren«, sagt Vigdis, die meinem Blick gefolgt ist.

»Tja, aber so ist’s halt«, meint Mathias mit einem Schulterzucken. »Papa, Karoline ist da«, fügt er hinzu und schubst mich leicht nach vorn. Sein Vater, Svein, hebt den Blick und lächelt mir zu.

»Hallo, Karoline«, sagt er.

»Ah, hallo«, erwidere ich und hebe die Hand zu einer Art Winken.

Eigentlich komisch, dass es mich irgendwie verlegen macht, ihn zu sehen, schließlich hab ich Svein im Sommer auf dem Campingplatz x-mal getroffen, aber das war was anderes. Damals trug er meistens Khaki-Shorts und T-Shirt und stand am Grill. Und sein Sohn war auch kein Superstar. Superstar und Zweitplatzierter von Star Factory. Also ist es doch peinlich, und ich spüre, wie die Röte um meine Wangen spielt, aber Svein scheint nichts zu bemerken. Stattdessen vertieft er sich wieder in sein Notebook, zwischen seinen Augenbrauen bildet sich eine tiefe Falte. Ich schaue zu Mathias, der neben dem Sofa einen Fußball gefunden hat und damit herumtrickst. Ich ziehe meine Jacke aus, hänge sie über einen Stuhl und setze mich an den langen Tisch. Studiere die Zeitungen genauer. Auf allen ist entweder Mathias oder Ditte auf der Titelseite, auf manchen auch beide, und alle berichten in Großbuchstaben von der Niederlage. »DER FAVORIT ENTTÄUSCHT« titelt die, die direkt vor mir liegt, und etwas kleiner darunter steht: »BEIM ENDSPURT GESTOLPERT: Der große norwegische Favorit im Star-Factory-Finale, Mathias Lund, enttäuschte auf den letzten Metern und verlor gegen Ditte Sørensen aus Dänemark. Mehr dazu auf den Seiten 24 bis 30.«

Er hätte gewinnen müssen. Er war der Beste. Die ganze Zeit über war er der Beste und alle wussten es. Und trotzdem hat Chrissy gestern Abend im Oslo Spektrum nicht Mathias’ Namen gerufen, als es darum ging, den Gewinner oder die Gewinnerin zu verkünden. Mathias hätte gewinnen müssen! Alle haben damit gerechnet, nicht zuletzt Vigdis, die ihm genau das von Anfang an versprochen hat. Er hat ihr geglaubt. Und ich habe ihr geglaubt. Oder, eigentlich habe ich vor allem an Mathias geglaubt, der es jede Woche mit Bravour weitergeschafft hat. Sogar als er kurz vorm Finale keine Stimme mehr hatte, ist er weitergekommen. Es schien einfach logisch, dass er gewinnen würde. Vielleicht habe ich deshalb immer noch nicht richtig begriffen, dass es anders gekommen ist.

Ich schlage irgendein Magazin auf und blättere bis zu dem Artikel über das Finale. Die Fotos sind riesig, zeigen nicht nur den schockierten Mathias, sondern auch seine Auftritte in den früheren Shows. Auf der nächsten Seite haben sie alle Lieder, die Ditte und Mathias im Laufe der Sendung gesungen haben, mit Sternen bewertet. »Every Song« bekommt fünf. »Jetzt wissen wir, was alle skandinavischen Kids diesen Herbst hören werden«, steht da. Das freut mich. Aber es ändert nichts daran, dass Mathias nicht gewonnen hat. »Every Song« ist nicht der offizielle Siegersong. Egal, wie sehr die Leute das Lied mögen, Dittes Song hat gewonnen. Auch wenn er in der Zeitung nur vier Sterne kriegt.

Nach dem Finale gestern sind Emma und ich zusammen mit dem Zug nach Hause gefahren. Ich erinnere mich kaum daran. Eigentlich waren wir zur After-Show-Party eingeladen, aber daraus wurde nichts. Mathias hatte nur kurz aus der Garderobe angerufen und gesagt, dass er lieber gleich ins Hotel wolle, ich aber morgen in Vigdis’ Büro kommen könne. Ich erinnere mich, dass ich auf dem Heimweg jede Menge Nachrichten beantwortet habe, die von überall her eintrudelten, aber nicht daran, was ich geschrieben habe.

Auch heute schreiben sie mir, alle wollen wissen, wie es jetzt weitergeht. Ich hab noch keinem geantwortet. Denn woher soll ich wissen, wie es weitergeht? Vigdis hatte einen Plan für Mathias, er sollte direkt auf Tournee gehen, nachdem er Star Factory gewonnen hat. Der Song, der gestern rausgekommen ist, sollte überall promotet werden, und sobald der Vertrag mit dem Label unter Dach und Fach gewesen wäre, hätte Mathias mit der Aufnahme seines Albums beginnen sollen. Alles war vorbereitet.

Und dann.

Hat er verloren.

Gegen die verdammte Ditte.

Auf die ich eigentlich nicht mal sauer sein kann. Sie ist gut. Sie hat einfach nur ihr Allerbestes gegeben. Und das war wohl noch besser als Mathias’ Bestes. Das fand jedenfalls das Publikum und hat sie zur Gewinnerin gekürt. Und jetzt kriegt Ditte den Plattenvertrag, geht auf Tournee und bekommt alles, was Mathias zugestanden hätte.

Bestimmt ist Mathias’ Karriere jetzt nicht gleich vorbei. Aber so wie Vigdis da hinten im Büro auf- und abläuft, wird mehr als deutlich, dass sie mit dem Stand der Dinge nicht zufrieden ist. Was sie jetzt wohl für Mathias’ Zukunft plant?

Ich lege das Magazin weg und spähe zu ihm rüber. Er wirkt total unbekümmert, konzentriert sich so auf seine Fußballtricks, dass seine Zunge ein Stück aus dem Mund schaut. Macht ihm das Ganze gar nichts aus? Oder hat er schon alles hinter sich gelassen? Heute Morgen auf dem Weg nach Oslo habe ich mich darauf eingestellt, dass ich ihn trösten muss, weil er traurig ist, oder seine Wut dämpfen. Dass er einfach so mit einem Fußball rumtrickst, damit habe ich nicht gerechnet.

»Svein, komm bitte mal her und schau dir das an«, sagt Vigdis, die sich endlich an ihrem Schreibtisch niedergelassen hat. Mathias’ Vater geht zu ihr. Im selben Augenblick schellt es, das muss die Büroklingel sein.

»Karoline, bist du so lieb? Das sind sicher die ersten Journalisten«, sagt Vigdis und nickt in Richtung Tür.

Mathias soll heute von so ziemlich allen Medien interviewt werden, die es gibt – Zeitschriften, Zeitungen, Fernsehen, Radio und was weiß ich. Noch mehr Leute, die wissen wollen, wie es weitergeht, und ich bin mindestens so gespannt auf die Antworten wie sie.

Ich hebe den Hörer neben der Tür ab und sehe auf einem kleinen Bildschirm einen Mann und eine Frau unten vor dem Haus stehen.

»Kommen Sie rein«, sage ich und drücke auf den Knopf, mit dem man die Tür öffnet. Eine Minute später kommen sie die Treppe hoch, ich halte ihnen die Bürotür auf.

»Hallo, Karoline«, sagt die Frau und reicht mir die Hand.

»Hallo«, sage ich, erst überrascht, dann glücklich, dass sie offenbar weiß, wer ich bin.

Ich gebe ihr die Hand und lächele, mache dasselbe mit dem Mann, der hinter ihr reinkommt. Er hat eine riesige Kamera dabei. Die Journalistin weiß, wer ich bin! Vielleicht von Insta?

»Karoline!«, ruft Vigdis fröhlich und ich drehe mich um. Sie kommt rasch auf uns zu und umarmt die Journalistin.

»Groooßartig, dich zu sehen, Karoline«, wiederholt sie, und das Verstehen und die Scham brechen gleichzeitig über mich herein. Die Journalistin heißt wie ich, Karoline.

»Hast du jetzt eine Assistentin?«, fragt Journalisten-Karoline.

»So in der Art«, meint Vigdis. »Kaffee?«

»Oh ja, gern«, sagt Karoline, dann entdeckt sie Mathias, der ein Stück von uns entfernt steht und den Ball zur Seite gelegt hat. »Da ist ja der Star!«, ruft sie aus. »Das war gestern vielleicht ein Mist, aber WAS für eine Show! Ich muss wirklich sagen, du warst großartig.«

»Vielen Dank«, sagt Mathias, und alle gehen Richtung Sofa.

Ich bleibe an der Tür stehen, wie festgewachsen vor Scham. Dass ich mir eingebildet habe, sie wüsste, wie ich heiße! Das Gefühl der Blamage brodelt unter meiner Haut.

»Kannst du dich um den Kaffee kümmern, Karoline?«, fragt Vigdis. Erst weiß ich nicht, wen von uns sie meint, aber dann dreht sie sich mit einem zuckersüßen Lächeln zu mir um. Ich bin überfordert. Woher soll ich wissen, wie man Kaffee kocht? Aber das kann ich unmöglich laut sagen, nicht vor den Journalisten und so, Mathias soll heute im Mittelpunkt stehen, nicht seine kindische Freundin, die keiner kennt und die nicht mal weiß, wie man Kaffee kocht.

Ich gehe in die Küche und schaue mich um. In einem der Schränke finde ich zumindest zwei Tassen, und auf der Anrichte steht eine von diesen Maschinen, die mit Kapseln funktionieren. Emmas Familie hat auch so eine. Aber wie macht man das? Und wo sind die Kapseln?

»Komm, ich helf dir«, sagt Svein plötzlich hinter mir. Er kennt sich aus, zieht genau die Schublade auf, in der die Kapseln sind, und schaltet die Maschine ein. Alles geht so schnell, dass ich es gerade noch schaffe, die erste Tasse unter den Ausguss zu schieben, bevor der Kaffee kommt.

»Danke«, sage ich. Und dann wird es still. Fieberhaft überlege ich, was ich sagen kann, will nicht, dass er denkt, dass ich die Situation komisch oder peinlich finde, aber mir fällt nichts ein. Es wird also doch komisch und peinlich.

»Was für eine verrückte Sache«, sagt Svein auf einmal. »Das ist was, hm?«

Ich nicke.

»Vor kurzem hatte ich noch einen ganz normalen Job und ein ganz normales Leben als Familienvater, und jetzt rufen plötzlich ständig Journalisten an, und ich muss junge Mädels verscheuchen, die am liebsten in unserem Garten zelten würden!« Er sagt das mit einem kleinen Lachen am Schluss.

»Oh, wow«, erwidere ich.

Ich lächele. Bin mir nicht sicher, ob das mit den Mädchen wirklich stimmt. Mathias hat noch nie so was erzählt, aber wundern würde es mich nicht. Ich weiß, wie krass viele der Fans sind.

Svein reicht mir die volle Kaffeetasse. »Aber es ist gut, dass Mathias jemanden hat, auf den er sich verlassen kann«, sagt er dann.

Ich nicke. »Ja.«

»Wenn ich in den vergangenen Monaten eins gelernt habe, dann, wie wichtig es ist, zu wissen, auf wen man zählen kann.« Svein reicht mir die zweite Tasse. »Und dass man auf keinen Fall alles glauben darf, was man hört und liest.«

Ich nicke noch einmal und balanciere die beiden Kaffeetassen langsam zum Sofa. Dabei denke ich, dass es fast so klang, als wollte Mathias’ Vater mich warnen.

Kapitel2

Die Journalistin namens Karoline und ihr Fotograf sind nur die ersten von unzähligen Presseleuten, die Mathias heute trifft. Alle wollen mit ihm reden. Eine Zeitung, ein Radiomoderator, ein Fernsehsender und ein Blogger nach dem anderen. Ich bin es, die die Tür öffnet, alle anlächelt und begrüßt, ohne dass ich noch einmal auf die Idee komme, jemand könnte mich wiedererkennen. Jetzt, wo ich weiß, wie die Maschine funktioniert, versorge ich alle mit Kaffee und versuche ansonsten, so wenig wie möglich im Weg zu sein. Journalisten-Karoline hatte gar nicht so unrecht, als sie Vigdis gefragt hat, ob sie eine Assistentin habe. Auch wenn das so ungefähr der letzte Beruf ist, den ich später haben will.

Während Mathias interviewt wird, meistens in der Sofaecke, flüchte ich mich in einen großen, weißen Sessel, der rund wie ein Ei ist. Innen ist er hohl und wenn ich mich vom Sofa wegdrehe, bemerkt mich niemand, und ich kann Mathias und den Interviewern ungestört zuhören. Immer wieder stellen sie dieselben Fragen, und ich überlege, ob Mathias und Vigdis vorab besprochen haben, was er antworten soll. Er hört sich nämlich nicht ganz wie er selbst an – eher wie die etwas steifere, fake-erwachsene Version seiner selbst, die er schon bei Star Factory manchmal war.

»Wie hast du dich gefühlt, als Dittes Name aufgerufen wurde und nicht deiner?« – »Du warst der große Favorit, bist du enttäuscht, dass du nicht gewonnen hast?« – »Wie fühlst du dich jetzt?« – »Wie wird es bei dir weitergehen?«

Mathias antwortet, wieder und wieder, und ist ziemlich gut darin, es aussehen zu lassen, als würde er genau diese Frage zum ersten Mal beantworten.

»Oh, gute Frage«, sagt er und macht eine gekonnte Denkpause. Ich sitze im Ei, höre ihm zu und kann das Nächste, was er sagt, beinahe mitsprechen:

»Natürlich war es eine Enttäuschung, nicht zu gewinnen. Aber ich gönne Ditte allen Erfolg der Welt, sie war eine großartige Konkurrentin mit wahnsinnig guter Stimme und sie hat den Sieg wirklich verdient«, beginnt er und fährt dann fort: »Ich bin traurig, dass die fantastische Zeit bei Star Factory vorbei ist. Gleichzeitig bin ich sehr gespannt, wie es weitergeht. Jetzt fängt es schließlich erst richtig an, ich verspreche, dass die Fans noch viel von mir hören werden!«

Das sind gute Antworten, finde ich, er klingt erwachsen. Aber obwohl inzwischen viele Stunden vergangen sind, haben wir immer noch nicht unter vier Augen geredet, und ich brenne darauf, zu erfahren, was er wirklich denkt.

»Ach, und Mathias, Glückwunsch zur neuen Single!«, sagt eine Radioreporterin mit rosafarbenen Haaren, die ihm gegenüber auf dem Sofa sitzt. Beide haben Headsets auf, zwischen ihnen steht ein gigantisches Mikro.

»Vielen Dank«, sagt Mathias. »Gefällt sie Ihnen?«

»I love it! Catchy und cool!«, ruft die Reporterin.

»Das freut mich, vielen Dank«, sagt Mathias.

»Eins muss ich aber mal fragen, um wen geht’s in dem Song? Von wem erzählst du in deinen Liedern?«

Ich spitze die Ohren. Sie ist die Erste, die mehr über »Every Song« wissen will, mehr als nur, welche Erwartungen Mathias hat und wie er das Lied promoten will. Das Lied, das ich die ganze Zugfahrt über auf Repeat gehört habe. »Every song’s about you«, singt er. Und erzählt von mir. Jedes Mal, wenn ich daran denke, kribbelt es im Bauch.

»Tja, gute Frage«, sagt Mathias und seine Stimme klingt geheimnisvoll. »Was glauben Sie denn, worum es geht?«

»Worum es geht, habe ich nicht gefragt, das ist ja ziemlich offensichtlich«, sagt die Reporterin.

»Ja?«, fragt Mathias.

»Sollen wir hier etwa eine kleine Songinterpretation machen?«, witzelt die Reporterin, und Mathias antwortet, dass sie das gern machen können.

»Okay, ich verstehe es so, dass in diesem Lied jemand sehr verliebt ist«, sagt sie.

»Mhm«, murmelt Mathias.

»Jemand, dessen Welt auf den Kopf gestellt wurde, der vielleicht ein bisschen den Halt verloren hat und sich trotz all der Aufmerksamkeit einsam fühlt«, fährt sie fort.

Im Ei nicke ich vor mich hin. Bisher habe ich vor allem über die Zeilen nachgedacht, in denen ich mich wiedererkenne. »I fell in love with your smile, it was the summer of my life« zum Beispiel. Aber alles hängt zusammen, der komplette Song.

»Die beste Interpretation des Tages«, sagt Mathias und applaudiert ihr.

»Danke, danke! Aber von wem, Mathias Lund, sprichst du da?«

»Der Song erzählt davon, einen ganz besonderen Menschen gefunden zu haben«, antwortet Mathias. »Sie wissen schon, wenn es sich anfühlt, als würde alles, was man hört, und alles, was man sieht, von diesem einen Menschen handeln. Und wenn man etwas schreibt, hat man am Ende nur über diesen einen Menschen geschrieben.«

»Was du da beschreibst, ist doch, richtig verliebt zu sein?«

»Ja … im Grunde geht es darum«, sagt Mathias und klingt gleichzeitig ein bisschen verlegen und geheimnisvoll.

Ich kann nicht anders, als zu lächeln. Es kribbelt in mir, wenn er über den Song spricht. Über mich. Ich will noch viel mehr hören. Will, dass er das Lied Zeile für Zeile auseinandernimmt und erzählt, was er sich dabei gedacht hat. Ich will alles wissen.

»Der Sänger Mathias Lund ist also so richtig verliebt? Und nicht mehr Single?«, fragt die Reporterin.

»Na ja, ich habe nie behauptet, dass der Song von mir handelt«, sagt Mathias. »Ich habe ihn geschrieben, weil es vielen im Laufe ihres Lebens mal so geht, es geht eigentlich nicht so richtig um eine konkrete Person.«

Mir zieht es den Boden unter den Füßen weg. In mir wächst ein schwarzes Loch, das mich nach unten zieht, es fühlt sich an, als würde ich fallen, obwohl ich eigentlich still dasitze. Warum sagt er das? Habe ich alles missverstanden, erzählt der Song doch nicht von mir?

»Okay, sieht ganz so aus, als würden wir nicht mehr über Mathias Lunds Liebesleben erfahren«, sagt die Reporterin ins Mikrofon. »Sein neues Lied ›Every Song‹ ist ab sofort überall erhältlich!«

Dann ist das Interview zu Ende. Ich bleibe still im Eiersessel sitzen, habe die Beine unter mich gezogen, lehne mich gegen den weichen Stoff und schaue zum Sesseldach hoch.

»Jetzt hast du dir eine Pause verdient«, sagt Vigdis zu Mathias, nachdem die Radioreporterin weg ist. »Lasst uns rausgehen und eine Kleinigkeit essen. Svein, kommst du mit?«

Ich höre die Tür hinter ihnen ins Schloss fallen und dann sagt jemand »Karoline?«. Ich antworte nicht, falle noch immer. Oder schwebe, ganz allein in der Dunkelheit.

Mathias steckt den Kopf zu mir rein und lächelt.

»Hier steckst du«, sagt er. »Pass ich da auch noch rein?«

Ich nicke, mache ihm aber keinen Platz. Mathias klettert hinein, zwängt seinen langen Körper in den Sessel, und ich kann nicht anders, als darüber zu lachen, wie er Arme und Beine ins Innere des Sessels quetscht, bis wir ganz nah beieinandersitzen und er ein Bein rechts und eines links von mir hat.

»Hi«, sagt er und beugt sich zu mir, um mich zu küssen.

Ich erwidere seinen Kuss nicht, und er öffnet die Augen und schaut mich fragend an.

»Ich dachte, der Song handelt von mir«, sage ich. Mathias nimmt meine Hände in seine, verschränkt unsere Finger miteinander.

»Das tut er auch«, sagt er und lächelt. »Hast du ihn mal in Ruhe gehört? Magst du ihn?«

»Ich mag ihn nicht«, sage ich, und Mathias runzelt die Stirn.

»Ich liebe ihn«, ergänze ich.

Mathias grinst übers ganze Gesicht und lässt eine meiner Hände los, um sich durchs Haar zu fahren. »Verdammt, bin ich hungrig«, sagt er und lehnt sich im Sessel zurück, wobei ihm ein »Au« entfährt. »Ist nicht gerade mega bequem hier drinnen.«

»Das war’s aber, bevor du dich mit deinen langen Beinen reingequetscht hast«, sage ich.

Mathias lacht, aber ich falle nicht ein.

»Stimmt was nicht?«, fragt er und sucht meinen Blick.

»Hmm«, mache ich erst nur.

Eigentlich will ich nicht so eine sein, die ständig wer weiß was fühlt, aber ich kann nichts dagegen tun.

»Sag’s mir, wenn was ist«, fordert Mathias mich auf.

»Warum hast du der Journalistin nicht einfach erzählt, dass es in dem Song um mich geht? Statt zu behaupten, dass er von irgendwem handelt?« Ich schaue auf die Hände zwischen uns, knibble ein bisschen an meinem Handrücken herum.

»Willst du das? Dass alle, wirklich alle, von uns erfahren?«, fragt Mathias.

Ich spüre, dass er mich anschaut, begegne seinem Blick aber nicht. »Ja. Oder. Ich weiß nicht.«

»Vigdis sagt, es ist besser, ein kleines Geheimnis ums Lied zu machen, na ja, damit die Leute connecten können, ohne so genau zu wissen, worum und um wen es darin geht«, erklärt er.

Vigdis sagt. Mathias klingt wie ein kleiner Papagei, der seiner Managerin alles nachplappert. Ich hasse es.

»Mhm«, sage ich.

»Ist es für dich nicht eigentlich auch ganz gut?«, fragt er. »Du weißt doch, wie chaotisch das mit den Fans werden kann, wie viel Mist die über dich und an dich schreiben, sobald sie von irgendwas Wind bekommen. Ich will nicht, dass du noch mehr Hate abkriegst.«

Jetzt schaue ich ihn an. Er wirkt aufrichtig, und ich glaube ihm. Er meint, was er sagt. Und vermutlich hat er recht, es ist sicher am besten, wenn nicht allzu klar ist, worum es in dem Song geht, und wenn er nicht allen Journalisten erzählt, dass er kein Single, sondern verliebt ist.

Ich beuge mich vor und küsse ihn. Mathias küsst zurück, und ich erschaudere, als er mit der Zungenspitze leicht über meine Lippen fährt. Er lächelt mit dem Mund an meinem, und ich spüre das wohlbekannte Gefühl, dass mein Herz härter und schneller schlägt. Mathias. Ich liebe ihn. Dennoch gelingt es mir nicht ganz, zu vergessen, wie ich mich vorhin gefühlt habe, als er nur zwei Meter von mir entfernt saß und so tat, als gäbe es uns beide nicht. Als gäbe es mich nicht.

Kapitel3

Wir ruckeln uns im Inneren des Sessels zurecht, bis ich genau so dasitze wie an dem Abend vor Mathias’ Zelt in der Prärie, den Kopf an seine Brust gelehnt.

»So gefällt es mir«, murmelt er in mein Haar und legt beide Arme um mich. »Sorry, wenn ich dich verletzt hab, weil ich nicht erzählt hab, dass der Song von dir handelt«, meint er dann.

Ich schüttle den Kopf gegen seine Brust. »Ist schon gut.«

»Ich hab einfach das gesagt, was Vigdis und ich einstudiert hatten. Ich kann mich gar nicht mal richtig daran erinnern, was sie gefragt haben oder was ich geantwortet hab, ich war wie auf Autopilot.«

»Hab ich gemerkt«, sage ich und drücke seine Hand.

»Vor dem Finale war so wahnsinnig viel los. Jeder Tag komplett vollgepackt, ich hatte nur ein einziges Ziel. Ich wollte gewinnen. Und erst jetzt begreife ich, dass … alles einfach … vorbei ist.« Als er das sagt, klingt seine Stimme irgendwie überrascht, als ginge ihm das erst jetzt so richtig auf.

»Es ist nicht vorbei«, tröste ich ihn. »Hast du das nicht selbst in den Interviews gesagt? Dass deine Karriere gerade erst beginnt?«

»Ja, schon.« Mathias zögert. »Aber eigentlich sollte alles anders werden, oder?«

Er hört sich traurig an. Wieder drücke ich seine Hand.

Eine Weile sitzen wir schweigend da. Mein Haar wird warm, wo Mathias hineinatmet.

»Also«, beginnt er. »Ich verstehe voll, dass es fair ist, allen zu erzählen, dass Ditte den Sieg verdient hat, und sie ist unglaublich gut, for real. Das werd ich auch weiterhin sagen. Aber gleichzeitig ist es so was von unfair, dass ich verloren hab.« Er seufzt, dann lacht er kurz über sich selbst. »Ah, hat voll gutgetan, das mal auszusprechen!«

Ich lache ebenfalls.

»Besser, du erzählst das mir als den Journalisten«, meine ich. »Die Schlagzeilen darüber, wie verbittert und gemein du bist, ertrag ich nämlich nicht.«

»Echt, wär’s nicht cool für dich, in die Schule zu kommen, und alle reden über den gemeinen, verbitterten Loser, mit dem du zusammen bist?«, fragt er mit einem kleinen, nicht ganz echten Lachen.

»Du bist kein Loser«, protestiere ich.

»Nur ein Star-Factory-Loser«, sagt er.

Ich richte mich halb auf und dreh mich zu ihm um. Hält er sich wirklich für einen Loser? Das ist ja nicht auszuhalten.

»Okay, du hast verloren, so what?«

»So what?«, wiederholt Mathias und zieht die Augenbrauen hoch. »Das war eine ziemlich große Sache für mich.«

»Ja, aber … Vom Anfang an haben die Leute Schlange gestanden, um mit dir zu arbeiten, du warst der Erste, der eine Managerin hatte, und ich wette, ihr seid bereits im Gespräch, was einen Plattenvertrag angeht«, zähle ich auf.

»Hmmja, wir haben da so’n paar Termine«, nuschelt Mathias.

»Eben. Also tu nicht so, als wärst du ein Loser. Niemand sieht das so«, sage ich, drehe mich um und lehne mich wieder an seine Brust.

»Krass, bist du streng«, sagt Mathias.

»Nur wenn es sein muss«, erwidere ich und spüre, wie er mich auf den Kopf küsst.

»Vigdis sagt, es kann sogar von Vorteil sein, nicht zu gewinnen«, meint Mathias schließlich. »Dann muss man sich nämlich nicht an die Regeln des Senders halten, sondern ist freier, das zu tun, worauf man Lust hat und was vielleicht besser für die Karriere ist.«

Da ist es wieder, Vigdis sagt. Wenn Mathias wiederholt, was sie gesagt hat, habe ich manchmal das Gefühl, er spricht eine fremde Sprache oder zumindest einen fremden Dialekt. Warum sagt er ›man‹ statt ›ich‹, wenn es doch um ihn geht?

Aber diesmal bin ich tatsächlich Vigdis’ Meinung, ich glaube und hoffe, dass sie recht hat. Außerdem klang Mathias gerade beinahe optimistisch, und es ist mir lieber, dass er Hoffnung hat, als dass er sich als Loser fühlt. Also kommentiere ich seine Aussage nicht.

»Was habt ihr gestern noch gemacht, nach dem Finale?«, frage ich stattdessen.

»Nicht besonders viel, ich war einfach nur platt«, sagt Mathias.

»Kann ich mir vorstellen, du hast ja auch gesagt, dass du nicht mehr zur Party willst.«

»Oh, aber eins hättest du sehen sollen! Selbstverständlich hatte Vigdis eine riesige Torte mit einem Bild von mir bestellt, auf der in Großbuchstaben ›WINNER‹ stand. Und in dem ganzen Chaos nach der Show, mit den Interviews und so, hat sie die Torte dann, nehme ich an, vergessen. Als wir endlich in den Backstage-Bereich kamen und sie sie entdeckte, ist sie voll hysterisch geworden und hat versucht, die Marzipanbuchstaben abzukratzen.«