Die Schildbürger - Karl Simrock - E-Book

Die Schildbürger E-Book

Karl Simrock

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Beschreibung

Vom Ursprung, Herkommen und Namen der Schildbürger in Misnopotamien. Von großer Weisheit und hohem Verstand der Schildbürger und wie sie deßhalb von Fürsten und Herren vielfach von Hause abberufen wurden und dadurch daheim in Schaden gerieten. Wie die Weiber zu Schildburg Rath fassen, ihre Männer wiederum heim zu fordern und deßhalb ein Schreiben an sie abschicken. Abschrift des Briefs, den die Weiber zu Schildburg an ihre Männer gesendet. Wie die Männer nach empfangenem Schreiben wieder heimkehren und wie sie von ihren Weibern empfangen werden. Wie die weisen Schildbürger Rath hielten und eine närrische Weise anzunehmen beschlossen. Wie sie einig wurden, ein neues Rathhaus zu bauen, und was sich damit begeben habe. Wie sie das Bauholz zu ihrem neuen Rathhaus fällen und mit großer Arbeit von dem Berge bringen und wieder hinauf tragen. Wie sie ihr Rathhaus aufgeführt und die Fenster vergessen haben. Wie sie Rath schlugen, das Licht in ihr Rathhaus zu tragen. Wie ein durchreisender Landstreicher den Schildbürgern Rath giebt, wie sie Tag in ihr Rathhaus bringen sollten. Wie sie die Ursache der Finsterniß in ihrem Rathhaus inne werden und ihr abhelfen. Wie sie in ihrer Rathsstube das Eingeweide gemacht und des Stuben-ofens vergessen haben. Wie sieeinen Acker mit Salz besäeten, daß es wachsen sollte und was sich damit zutrug. Wie etliches Vieh auf den Salzacker kam, und der Bannwart selbiges davongetrieben. Wie das Salz wuchs und zeitig ward und wie es die Schildbürger nicht abschneiden konnten. Wie der Kaiser von Utopien den Schildbürgern seine bevorstehende Ankunft bei ihnen anzeigt und sie in Eil einen Schultheißen wählen. Wie der Schultheiß zu Schilde ins Bad ging und was sich mit ihm zutrug. Wie der Schultheiß seiner Schultheißin einen neuen Pelz kaufte und was ihm dabei widerfahren sei. Wie der Kaiser gen Schilde reiste und unterwegs einen Schildbürger fand, der Käs und Brod aß, und wie er empfangen worden sei. Wie die zu Schilde dem Kaiser einen großen Hafen mit Senf verehren. Wie der Schultheiß mit dem Kaiser das Imbißmahl genommen und was sich allda für Reden verlaufen haben. Wie die Bauern den Kaiser zu Gast gebeten und ihm nun saure Buttermilch aufgesetzt und was sich dabei zugetragen habe. Wie der Schultheiß der Schildbürger abdankte und die andern darnach sich Räthsel aufgaben, wie sie auch hernach den Kaiser ihre Bürgerlust sehen ließen. Wie der Kaiser begehrte, die Bauern sollten ein Urtheil über einen todten Wolf fällen und wie das ausfiel. usw.

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Wundersame, abenteuerliche

und bisher unbeschriebene Geschichten und Taten der

Schildbürger

in Misnopotamien, hinter Utopia gelegen. Jetzund ganz frisch Männiglich zu ehrlicher Zeitverkürzung aus unbekannten Autoren zusammengetragen und aus utopischer auch rothwälscher in deutsche Sprache gesetzt. Aufs Neue gemehrt und verbessert durch

M. Aleph Beth Gimel,

der Festung Ypsilon Bürgeramtmann.

Die Zeichen, die hier unnütz sind, wirf weg und nimm dafür geschwind Die rechten setz sie recht zusammen und Du erfährst des Autors Namen

Inhalt

Erstes Kapitel

Vom Ursprung, Herkommen und Namen der Schildbürger in Misnopotamien.

Zweites Kapitel

Von großer Weisheit und hohem Verstand der Schildbürger und wie sie deßhalb von Fürsten und Herren vielfach von Hause abberufen wurden und dadurch daheim in Schaden gerieten.

Drittes Kapitel

Wie die Weiber zu Schildburg Rath fassen, ihre Männer wiederum heim zu fordern und deßhalb ein Schreiben an sie abschicken.

Viertes Kapitel

Abschrift des Briefs, den die Weiber zu Schildburg an ihre Männer gesendet.

Fünftes Kapitel

Wie die Männer nach empfangenem Schreiben wieder heimkehren und wie sie von ihren Weibern empfangen werden.

Sechstes Kapitel

Wie die weisen Schildbürger Rath hielten und eine närrische Weise anzunehmen beschlossen.

Siebtes Kapitel

Wie die Schildbürger einig wurden, ein neues Rathhaus zu bauen, und was sich damit begeben habe.

Achtes Kapitel

Wie die Schildbürger das Bauholz zu ihrem neuen Rathhaus fällen und mit großer Arbeit von dem Berge bringen und wieder hinauf tragen.

Neuntes Kapitel

Wie die Schildbürger ihr Rathhaus aufgeführt und die Fenster vergessen haben.

Zehntes Kapitel

Wie die Schildbürger Rath schlugen, das Licht in ihr Rathhaus zu tragen.

Elftes Kapitel

Wie ein durchreisender Landstreicher den Schildbürgern Rath giebt, wie sie Tag in ihr Rathhaus bringen sollten.

Zwölftes Kapitel

Wie die Schildbürger die Ursache der Finsterniß in ihrem Rathhaus inne werden und ihr abhelfen.

Dreizehntes Kapitel

Wie die Schildbürger in ihrer Rathsstube das Eingeweide gemacht und des Stuben-ofens vergessen haben.

Vierzehntes Kapitel

Wie die Schildbürger einen Acker mit Salz besäeten, daß es wachsen sollte und was sich damit zutrug.

Fünfzehntes Kapitel

Wie etliches Vieh auf den Salzacker kam, und der Bannwart selbiges davongetrieben.

Sechzehntes Kapitel

Wie das Salz wuchs und zeitig ward und wie es die Schildbürger nicht abschneiden konnten.

Siebzehntes Kapitel

Wie der Kaiser von Utopien den Schildbürgern seine bevorstehende Ankunft bei ihnen anzeigt und sie in Eil einen Schultheißen wählen.

Achtzehntes Kapitel

Wie der Schultheiß zu Schilde ins Bad ging und was sich mit ihm zutrug.

Neunzehntes Kapitel

Wie der Schultheiß seiner Schultheißin einen neuen Pelz kaufte und was ihm dabei widerfahren sei.

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Wie der Kaiser gen Schilde reiste und unterwegs einen Schildbürger fand, der Käs und Brod aß, und wie er empfangen worden sei.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Wie die zu Schilde dem Kaiser einen großen Hafen mit Senf verehren.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Wie der Schultheiß mit dem Kaiser das Imbißmahl genommen und was sich allda für Reden verlaufen haben.

Vierundzwanzigstes Kapitel

Wie die Bauern den Kaiser zu Gast gebeten und ihm nun saure Buttermilch aufgesetzt und was sich dabei zugetragen habe.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Wie der Schultheiß der Schildbürger abdankte und die andern darnach sich Räthsel aufgaben, wie sie auch hernach den Kaiser ihre Bürgerlust sehen ließen.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Wie der Kaiser begehrte, die Bauern sollten ein Urtheil über einen todten Wolf fällen und wie das ausfiel.

Siebenundzwanzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger eine Bitte an den Kaiser taten und derselben gewährt wurden.

Achtundzwanzigstes Kapitel

Auszug des Freiheitsbriefes, welchen die Schildbürger bei dem Kaiser ausgebracht haben.

Neunundzwanzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger, als sie des Kaisers Letze verzehrten, ihre Füße Verwechselten und nicht mehr kannten, jedoch zuletzt Jeder die seinen wieder fand.

Dreissigstes Kapitel

Wie zwei Schildbürger miteinander die Häuser vertauschten.

Einunddreissigstes Kapitel

Wie der Schultheiß seinem Sohn Hochzeit machte und was sich mit Bräutigam und Braut zugetragen hat.

Zweiunddreissigstes Kapitel

Wie die Schildbürger das Gras auf einer alten Mauer durch ihr Vieh wollten abweiden lassen.

Dreunddreissigstes Kapitel

Von einer Schildbürgerin, welche mit Eiern zu Markte ging und eine wunderliche Rechnung machte und wie es ihr ergangen.

Vierunddreissigstes Kapitel

Wie die zu Schilde eine lange Wurst machten und sie nicht kochen konnten.

Fünfunddreissigstes Kapitel

Wie die Schildbürger einen Mühlstein gruben und Einer damit hinweg lief.

Sechsunddreissigstes Kapitel

Die Schildbürger haben Mitleid mit einem armen Nußbaum und was sie mit ihm vorgenommen haben.

Siebenunddreissigstes Kapitel

Wie ein Schildbürger von dem andern einen Wagen entlehnen wollte.

Achtunddreissigstes Kapitel

Wie ein Schildbürger seines Pferdes schonte, dasselbe aber verlor, indem er der Schildbürger Ehre zu retten bedacht war.

Neununddreissigstes Kapitel

Wie die Schildbürger ihre Glocken in den See verbergen.

Vierzigstes Kapitel

Von einem Reiter zu Schilde.

Einundvierzigstes Kapitel

Eine merkliche Geschichte, so sich mit einem Krebs zu Schilde zugetragen.

Zweiundvierzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger ihrem Kaiser Volk zuschickten und wie es ihrer Soldaten Einem erging.

Dreiundvierzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger einen Maushund und hiemit ihr endliches Verderben kaufen.

Vierundvierzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger rathschlugen, andere Wohnungen zu suchen und Alle davon zogen.

Erstes Kapitel

Von dem Ursprung, Herkommen und Namen der Schildbürger in Misnopotamien.

Es haben die Alten vor vielen hundert Jahren diesen herrlichen Spruch gehabt, welcher auch noch zu diesen unsern Zeiten wahr ist und deßhalb gelten soll:

Eltern, wie die geartet sind,

So ist gemeinlich auch ihr Kind:

Sind sie mit Tugenden begabt,

An Kindern ihr deßgleichen habt.

Kein guter Baum giebt böse Frucht,

Gern schlägt der Mutter nach die Zucht.

Ein gutes Kalb, eine gute Kuh,

Das Junge wächst dem Vater zu.

Gewann der Adler hoch von Muth

Wohl je furchtsame Taubenbrut?

Doch merk mich recht, merk mich mit Fleiß,

Was man nicht wäscht, wird selten weiß.

Eben dies kann man von den Schildbürgern (hinter Kalekut, in dem groß-mächtigen Königreich Misnopotamien), zu ihrem großen Ruhm und Lob, wohl mit gutem Fug gesagt werden, denn auch sie sind in ihrer lieben Voreltern Fußstapfen getreten, darin verharrt und mit nichten davon abgewichen, bis sie die große Noth, der kein Gesetz vorgeschrieben ist, weil sie keins haben halten können, so wie die Erhaltung und Förderung des lieben Vaterlands und gemeinen Wohls, dem man alle Treue zu leisten schuldig, davon abgetrieben und einen andern Weg einzuschlagen genöthigt, wie ihr der Länge nach in Kurzem vernehmen sollt. Uns Allen zu augenscheinlichem Exempel, daraus zu lernen, welchermaßen wir unsern lieben Eltern in guten Sitten und Tugenden nachschlagen, und gelegentlich aus der Noth eine Tugend machen sollen.

Den so wir dem gemeinen Gerücht, welches von ihnen im ganzen Land umgeht, glauben wollen (welches wir wohl thun müssen, angesehen, daß keine Schreibenten mehr vorhanden, die davon geschrieben hätten, da ihre Schriften mitsammt den Geschlechts-Registern und Chroniken in der ungeheuern Feuersbrunst, da Schildburg mit Allem, was drinnen verbronnen, ein Raub der Flammen geworden, wie hernach seines Orts vermeldet werden soll), so wir, spreche ich, dem gemeinen Gerücht, welches nicht allzeit leer und nichtig, sondern gemeinlich, wo nicht ganz, doch zum Theil wahr ist, glauben wollen: werden wir befinden, daß ihre ersten Voreltern aus Griechenland hergekommen, und von einem der sieben Weisen erzeugt worden. Welches denn, laut obigem Spruch, aus ihrer edeln Art und hohen Weisheit leichtlich abzunehmen; wie denn der Name Misnopotamien, welcher griechisch ist, und einen Schwätzer bedeutet (wie die Griechen gemeinlich, doch nicht Alle, sind), davon auch etlichermaßen Zeugniß ablegt. Welcher aber von den sieben Weisen Griechenlands ihr Ahnherr gewesen, ist ihnen eben so unbewußt, als dem Juden Schmul unbekannt ist, von welchem Stamm der Kinder Israel er abgestiegen.

Doch kann man muthmaßen und ist aus obigen Gründen glaublich – wie die Griechen mehrmals gegen ihre Wohlthäter und Väter des Vaterlands undankbar gewesen, und nach empfangenen Wohlthaten sie, wo nicht gar hingerichtet und getödtet, wie den Miltiades, Phocion und Andere, doch in's Elend verwiesen und aus dem Land gejagt, wie den Lykurgus, Theseus, Solon, Aristides, Themistokles und mehrere Andere, welche ihr Vaterland fliehen und anderswo in fremden Landen ihr Leben verzehren und beschließen müssen – daß Einer derselben, und ohne Zweifel, wie die Sache selbst zeugt, nicht der geringste und schlechteste, in den gemeldeten Landesstrich gekommen, sich daselbst mit Weib und Kindern angesiedelt und solche nach seinem Ableben hinterlassen habe.

An diesen Kindern ist wahr geworden, was oben und sonst in einem andern Sprichwort gemeldet wird, welches also lautet:

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm,

Und wie der Widder ist das Lamm –

Denn sie schlugen ihrem Vater nach, an Weisheit und Verstand, und wollten deßhalb, wie einmal Gebrannte das Feuer scheuen, als Kinder, die mit fremdem Schaden klug und witzig geworden, der Griechen Undankbarkeit, um deren Willen sie Fremdlinge worden, nicht noch einmal erfahren. Darum wurden sie zu Rath, in selbigem Lande zu verbleiben, gewisse und stete Wohnung zu nehmen, sich der Feldarbeit und Viehzucht zu ergeben, damit vorlieb zu nehmen und sich mit fremden Geschäften gar nicht, oder ja so wenig als möglich, zu beladen.

Zweites Kapitel

Von großer Weisheit und hohem Verstand der Schildbürger und wie sie deßhalb von Fürsten und Herren vielfach von Hause abberufen wurden und dadurch daheim in Schaden geriethen.

Dieweil nun der erste Schildbürger ein so hochweiser und verständiger Mann gewesen, ist leicht zu erachten, daß er seine Kinder nicht wie das unvernünftige Vieh, welches keinen Herrn oder Meister hat, habe herumlaufen lasen, oder der Mutter, wie Viele zu thun pflegen, die Sorge befohlen: sondern ohne Zweifel ist er ein trefflicher Vater gewesen, der ihnen nichts Arges nachgesehen und weil er wußte, wie die Mütter, wenn ihnen die Sorge befohlen, ihre Kinder verwahrlosen, selbst alle Sorge über sie getragen, und sie zu allem Guten geführt und angeleitet habe.

Daher sie, die von ihrem getreuen Vater und Lehrmeister unterwiesen worden und fleißig gelernt hatten – wie denn die rechte Unterweisung und Lehre, zu welcher die Natur selbst den Grund legt, sehr viel thut, indem sie das einmal angefangene Werk welches sonst unvollkommen bliebe, zur Vollkommenheit führt, wenn das Lehren und das Lernen (welche beisammen sein müssen, so etwas Gutes daraus werden soll) mit dem Fundament, welches die Natur anfänglich gelegt, übereinkommen und sich eins mit dem andern verbindet und vereinbart – daher sie, sage ich, auch mit allen Gaben und Tugenden, vornehmlich mit Weisheit, aufs Höchste begabt und geziert, ja überschüttet wurden, so daß ihnen damals in der Welt (die doch so groß und weit ist, daß ihr Ende noch nicht gefunden worden, obgleich die unersättlichen Hispanier und Andere unendliche Arbeit und Kosten darauf gewendet) Niemand vorzusetzen; – was vorzusetzen? sage vielmehr zu vergleichen gewesen. Denn die weisen Leute waren zu derselben Zeit gar dünn gesäet und war nun ihrer Einer, wenn sich einmal Einer hervorthat und sehen ließ, gar ein seltenes Ding. Sie waren nicht so gemein, wie sie jetzt unter uns sind, wo ein Jeder, und gemeinlich die größten Thoren und Narren, weise sein und für klug gehalten werden will.

Der Ruhm und das Lob von diesem ihrem hohen Verstand und vortrefflicher Weisheit erscholl bald in allen umliegenden Städten, ja durch alle Lande breitete sich deren Glanz und Schein aus und ward Fürsten und Herren bekannt, wie denn ein so herrliches Licht sich nicht leichtlich verbergen läßt, sondern allzeit hervorleuchtet und seine Strahlen von sich wirft.

Daher es denn geschah, daß oftmals aus weit entlegenen Orten, von Kaisern, Königen, Fürsten, Herren und Städten stattliche Botschaften zu ihnen abgefertigt wurden, bei ihrer Weisheit in zweifelhaften und streitigen Fällen sich Raths zu erholen. Da war denn allezeit bei ihnen guter Rath überflüssig zu finden, weil sie ja voller Weisheit steckten. Man befand auch nie, daß ihre treuen Rathschläge ohne offenbaren Nutzen und Frommen verblieben, und nicht allzeit darauf erfolgt wäre, was man gesucht, sofern man sie befolgt und ausgeführt hatte, welches natürlich geschehen muß, wenn man etwas Gutes auszurichten begehrt. Solches brachte ihnen erst ein rechtes Lob bei Jedermänniglich und schuf ihnen einen großen Namen durch die ganze Welt.

Daher wurden sie denn auch mehrmals höchlich begabt und beschenkt, mit Gold, Silber, Edelgestein und andern kostbaren Sachen und Kleinodien, wie sie wohl werth waren; denn die Weisheit ward damals weit höher geschätzt als jetzunder, wo die Narren hervorgezogen und obenan, oft auch allein an der Herren Tafel gesetzt, die Weisen aber gering geschätzt, wo nicht gar verachtet und verstoßen werden. Aber das Alles schlugen sie, als weise und verständige Leute, nicht hoch an, hielten vielmehr dafür, wie auch gewiß und wahr, daß die Weisheit mit Geld und Gut nicht zu bezahlen sei, weil sie alles Andere um so viel übertreffe, als die helle lichte Sonne die andern Sterne übertrifft, welchen sie ihren Schein giebt. Denn:

Nichts übertrifft den weisen Mann,

Dem nie kein Gut gebrechen kann.

Ist reich, frei, schön und wird geehrt,

Trotz einem König, der's ihm wehrt.

Endlich kam es dazu, daß Fürsten und Herren, die ihrer in keiner Weise entrathen konnten, nicht mehr Botschaften zu ihnen senden wollten, sie um Rath zu fragen, vielmehr ein Jeder begehrte der Schildbürger einen selbst persönlich bei sich am Hofe und an seiner Tafel zu haben, damit er sich desselben bei vorfallenden Geschäften täglich bedienen und aus seinen Reden, als aus einem unerschöpflichen Brunnen des besten Wassers, die Weisheit lernen und schöpfen könnte. Wie denn einen Fürsten nichts mehr ziert, und er auch ein großes und theures Kleinod nicht haben kann, als allein die Weisheit; um welche, als das höchste Gut, das der Mensch in diesem Leben erlangen mag, der König Salomon so inniglich Gott gebeten, und die doch nicht besser zu gewinnen und, so viel nur menschenmöglich, durch Mittel zu erlangen, als wenn man in Betracht, daß –

Nachdem sich Einer gesellen thut,

Er gewißlich bös wird oder gut –

Leute um sich hat, bei welchen solche hohe Gabe leuchtet und scheint, sie anhört, ihrer weisen Reden wahrnimmt, sie behält und sich zu Nutzen macht. Wer Pech anrührt, der wird davon besudelt: warum sollte denn, wer sich zu Guten und Weisen gesellt, nicht auch gut und weise werden? Aber es ist nicht Noth, daß ich so viel davon sage.

Gemeldeter Ursachen willen wurden täglich aus der Schildbürger Zahl jetzt Einer, bald wieder Einer, jetzt Dieser, bald Jener beschickt und von Hause abgefordert in weit entlegene Lande, wo man ihrer Ankunft dringend benöthigt war. Und weil ihrer nicht so viel gewesen, daß Einer den Andern hätte können an seine Statt stellen, kam es in kurzer Zeit dahin, daß schier Keiner mehr einheimisch blieb, sondern alle von Haus abwesend waren. Also mußten die Weiber an der Männer Statt stehen, und für sie Alles verwesen und bestellen, den Feldbau, das Vieh und Alles, was sonst dem Manne zusteht, welches sie jedoch nicht eben ungern thaten, weil sie, die ohnedies allzeit den Männern nach dem Bart zu greifen begehren, hiedurch die Gewalt in die Hände bekamen und Meister Siemann daheim wurden.

Wie es aber noch heut zu Tage zu geschehen pflegt, daß Weiber-Arbeit und Gewinn gegen das, was die Männer arbeiten und gewinnen, gar gering ist, denn obgleich sie sich auf's Heftigste und Möglichste bemühen und zappeln, richten sie doch wenig damit aus; also erging es auch diesmal zu Schildburg. Doch gilt das nur, wenn die Weiber die Arbeit der Männer verrichten sollen; sonst sind die Arbeiten der Weiber und Männer also unterschieden, daß alle Männer zusammen nicht ein einziges Kindlein, wie klein es auch wäre, gebären könnten, sie müßten es denn ausbrüten, wie Jener die Käse, aus welchen er meinte Kälber auszuhecken[Siehe Hans Sachs: Das Kälberbrüten] . Dagegen müßte man viel Weiber haben, wenn man durch sie die feste Stadt Wien in Österreich (welche Gott der Herr zum Schutz der Christenheit lange Zeit schirmen und erhalten wolle) oder die namhafte Stadt Straßburg mit Gewalt gewinnen sollte. Denn aus Mangel des Bauens fingen die Feldgüter an zurückzugehen und baulos zu werden, sintemal des Herrn Fußtritte, welche allein den Acker recht düngen, darauf nicht gespürt wurden; das Vieh, das sonst nur durch des Herrn Auge recht fett wird, ward mager, verwildert und unnütz, Werkzeug und Geschirr verschliß und ward nicht gebessert noch wieder gemacht, Knechte und Mägde fielen in Ungehorsam und wollten nichts mehr schaffen noch thun, denn sie bildeten sich ein, weil die Herren und Meister nicht anheimisch wären, und man derselben doch nicht entrathen könnte, so stände es ihnen zu, unterdessen Herren und Meister zu sein. Welches Aller nicht zu verwundern war, denn, wie schon zum Theil vermeldet:

Des Herren Tritt den Acker düngt,

Des Herren Aug das Vieh verjüngt;

Des Herren Gegenwärtigkeit

Hält in Gehorsam Knecht und Maid,

Wohin der Herr nicht selber kommt,

Da wird gewiß nicht viel gefrommt.

In Summa, weil die frommen Schildbürger Jedermann begehrten zu dienen, und Alles richtig zu machen, was unrichtig war, nicht aus Geiz und um des lieben Geldes, sondern der gemeinen Wohlfahrt willen, so geriethen sie dadurch in verderblichen Schaden, und es erging ihnen wie denen, welche die Balgenden begehren zu scheiden und Frieden zu stiften. Denn:

Wenn, wo sich Tröpfe balgen,

Ein Mittler tritt herbei,

O Butter an den Galgen!

Nun sind der Tröpfe drei.

* * *

Drittes Kapitel

Wie die Weiber zu Schildburg Rath fassen, ihre Männer wiederum heim zu fordern und deßhalb ein Schreiben an sie abschicken.

Wunderlich ist es, daß weder die Männer ohne die Weiber, noch hinwieder die Weiber ohne die Männer haushalten können, weil aus solcher Absonderung immer zu viel Schaden und Ungemach entsteht. Denn wo kein Mann ist, da ist auch keine Meisterschaft, und wo keine Meisterschaft, da ist auch keine Furcht, wo keine Furcht ist, da thut Jeder was er will, wo Jedes thut, was es will, da folgt selten Eins des andern Rath; wo Keins dem Andern folgt, da kommt selten etwas Rechtes zu Stande. Es muß ja allzeit Eins dem Andern die Hand reichen und die Arbeit, damit sie gefördert werde, abnehmen, wie wir in allen Gewerkstädten sehen. Dagegen, wo kein Weib ist, da hat der Mann keine kleine Haushaltung, und wo der Mann keine kleine Haushaltung hat, da ist er in der großen Haushaltung schon geschlagen, denn wie man spricht, wenn der Hagel in die Küche schlägt, so trifft er überall. Daß ich der Kinderzucht und anderer Dinge hier nicht gedenke. Man mag also sagen:

Da wo ein Mann ist und kein Weib,

Da ist ein Haupt, doch ohne Leib,

Und wo ein Weib ist ohne Mann,

Ein Leib ist's, doch kein Haupt daran.

Daher, weil Eins das Andere ergänzt und darum Eins ohne das Andere nicht bestehen kann, geschieht es, daß immer Eins das Andere begehrt, sucht und zu sich nimmt, davon abgesehen, daß sie oft untereinander uneins sein werden, der Mann zuweilen das Weib aus dem Hause jagt und dagegen manchmal das Weib dem Manne den Krieg macht. Daß sich dies so verhalte und nicht anders, ist aus dem, was hernach folgt, genugsam abzunehmen. Denn in Betracht des Unheils und Ungemachs, das aus der Schildbürger Abwesenheit täglich und vielfältig erfolgt war, kam die ganze weibliche Gemeinde, welche indessen das Regiment führen und die Ämter verwalten müssen (wie meint ihr, daß es gegangen sei?), zusammen, den gemeinen Nutz und Wohlstand zu beherzigen und zu bedenken, dem drohenden verderblichen Schaden aber zu begegnen und zu steuern, damit ihrer Güter und Gewerbe Rückgang, ja ihrer aller endlichem Verderben und Untergang zuvorgekommen und vorgebeugt würde. Nach langem Bedenken und vielem Geschwätz und Geschnatter wurden sie letztlich des Raths einig, daß sie ihre Männer zurückfordern und heimberufen wollten.

Solchen Rathsbeschluß ins Werk zu richten, ließen sie folgendermaßen einen Brief stellen und schreiben, und schickten ihn durch gewisse Boten nach allen den Orten und Enden, wo sie wußten daß ihre Männer waren; welcher dann Allem und Jedem insbesondere Folgendes zu Gemüthe führte:

Viertes Kapitel