Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #13 - Nisha J. Tuli - kostenlos E-Book

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #13 E-Book

Nisha J. Tuli

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Beschreibung

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Möchtest du dich von fantastischen Geschichten verzaubern lassen? Dann ist diese Leseproben-Sammlung genau das Richtige für dich!  Dich erwarten ein goldenes Reich, eine knallharte Außenseiterin und ein tödlicher Wettkampf um die Hand des Sonnenkönigs – im Fantasy-Romance-Roman »Trial of the Sun Queen« von Nisha J. Tuli. Nach zwölf Jahren im Kerker des Aurorakönigs hat Lor nur ein Ziel: dem grausamen High Fae jeden einzelnen Moment ihres Elends heimzuzahlen. Ihre Rache scheint in greifbarer Nähe, als Lor mit neun anderen Tributen auserwählt wird, um die Hand des äußerst attraktiven Königs zu kämpfen. Doch um den Sonnenkönig für sich zu gewinnen, muss Lor erst einmal die tödlichen Wettkämpfe und intriganten Spiele am Hofe der Fae überleben. Liza Grimm nimmt dich in ihrem romantischen Urban Fantasy-Roman »Unfollow me« mit auf ein wunderbar emotionales und von Megumi Maria Loy aufwendig illustriertes Leseabenteuer: Als die erfolgreiche Manga-Influencerin Toni eines Tages in New York von einer seltsamen Kreatur angegriffen wird, kommt ihr der charmante Hikaru zu Hilfe. Toni ahnt nicht, dass ihr Retter einer der erfolgreichsten Mangaka weltweit ist – und sie seine schärfste Kritikerin. Was sie ebenfalls nicht weiß: Durch eine besondere Gabe kann Hikaru seine Gefühle als Zeichnungen auf Papier bannen. Doch dabei erschafft er auch Monster, die zum Leben erwachen. Über ihre gemeinsame Liebe zu Manga kommen Toni und Hikaru sich bald näher. Aber Liebe ist nicht immer einfach und bald fließen Hikarus Zweifel und Ängste direkt in seine nächste Zeichnung und erwachen zum Leben … Tauche ab in die Tiefseestation Bathos IV und stehe im hochspannenden und actionreichen Science–Fiction-Thriller »Die invasive Art« von Manuel Schmitt drei jungen Wissenschaftlern zur Seite, die um die Rettung der Ozeane kämpfen: Beim Sichten von Drohnenaufnahmen stoßen sie auf eine ungewöhnliche Ansammlung von Quallen, deren pulsierendes Leuchten tausende Fische wie magisch anzieht. Die Aquanauten müssen kurz darauf alles infrage stellen, was sie über das Meer und seine geheimnisvollen Bewohner zu wissen glaubten, und kommen einer Wahrheit auf die Spur, die auf dramatische Weise die Zukunft der Menschheit beeinflussen wird. Diese und weitere fantastische Geschichten findest du in den Vorab-Leseproben zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages, die im Frühjahr und Sommer 2024 erscheinen. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Nisha J. Tuli, »Trial of the Sun Queen« - Elya Adair, »Melodie der Asche« - Liza Grimm, »Unfollow me. Vom Fluch gezeichnet, von Liebe verfolgt« - Hafsah Faizal, »A Tempest of Tea. Ein Hauch von Tee und Blut« - Eleanor Bardilac, »Die Magie goldgewebter Herzen« - Manuel Schmitt, »Die invasive Art« - Außerdem: ein Interview mit Michael Peinkofer zu »Die Krone der Orks«

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Nisha J. Tuli / Elya Adair / Liza Grimm / Hafsah Faizal / Eleanor Bardilac / Manuel Schmitt / Michael Peinkofer

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur

Ausgewählte Leseproben von Nisha J. Tuli, Hafsah Faizal, Elya Adair u.v.m.

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Bist du bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Möchtest du dich von fantastischen Geschichten verzaubern lassen? Dann ist diese Leseproben-Sammlung genau das Richtige für dich! 

Dich erwarten ein goldenes Reich, eine knallharte Außenseiterin und ein tödlicher Wettkampf um die Hand des Sonnenkönigs – im Fantasy-Romance-Roman »Trial of the Sun Queen« von Nisha J. Tuli. Nach zwölf Jahren im Kerker des Aurorakönigs hat Lor nur ein Ziel: dem grausamen High Fae jeden einzelnen Moment ihres Elends heimzuzahlen. Ihre Rache scheint in greifbarer Nähe, als Lor mit neun anderen Tributen auserwählt wird, um die Hand des äußerst attraktiven Königs zu kämpfen. Doch um den Sonnenkönig für sich zu gewinnen, muss Lor erst einmal die tödlichen Wettkämpfe und intriganten Spiele am Hofe der Fae überleben. 

 

Liza Grimm nimmt dich in ihrem romantischen Urban-Fantasy-Roman »Unfollow me« mit auf ein wunderbar emotionales und von Megumi Maria Loy aufwendig illustriertes Leseabenteuer: Als die erfolgreiche Manga-Influencerin Toni eines Tages in New York von einer seltsamen Kreatur angegriffen wird, kommt ihr der charmante Hikaru zu Hilfe. Toni ahnt nicht, dass ihr Retter einer der erfolgreichsten Mangaka weltweit ist – und sie seine schärfste Kritikerin. Was sie ebenfalls nicht weiß: Durch eine besondere Gabe kann Hikaru seine Gefühle als Zeichnungen auf Papier bannen. Doch dabei erschafft er auch Monster, die zum Leben erwachen. Über ihre gemeinsame Liebe zu Manga kommen Toni und Hikaru sich bald näher. Aber Liebe ist nicht immer einfach, und bald fließen Hikarus Zweifel und Ängste direkt in seine nächste Zeichnung und erwachen zum Leben …

 

Tauche ab in die Tiefseestation Bathos IV und stehe im hochspannenden und actionreichen Science–Fiction-Thriller »Die invasive Art« von Manuel Schmitt drei jungen Wissenschaftlern zur Seite, die um die Rettung der Ozeane kämpfen: Beim Sichten von Drohnenaufnahmen stoßen sie auf eine ungewöhnliche Ansammlung von Quallen, deren pulsierendes Leuchten Tausende Fische wie magisch anzieht. Die Aquanauten müssen kurz darauf alles infrage stellen, was sie über das Meer und seine geheimnisvollen Bewohner zu wissen glaubten, und kommen einer Wahrheit auf die Spur, die auf dramatische Weise die Zukunft der Menschheit beeinflussen wird.

 

Diese und weitere fantastische Geschichten findest du in den Vorab-Leseproben zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages, die im Frühjahr und Sommer 2024 erscheinen.

Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu:

Nisha J. Tuli, »Trial of the Sun Queen«

Elya Adair, »Melodie der Asche«

Liza Grimm, »Unfollow me. Vom Fluch gezeichnet, von Liebe verfolgt«

Hafsah Faizal, »A Tempest of Tea. Ein Hauch von Tee und Blut«

Eleanor Bardilac, »Die Magie goldgewebter Herzen«

Manuel Schmitt, »Die invasive Art«

Außerdem: ein Interview mit Michael Peinkofer zu »Die Krone der Orks«

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de

Inhaltsübersicht

Vorwort

Nisha J. Tuli – Trial of the Sun Queen

Elya Adair – Melodie der Asche

Liza Grimm – Unfollow me

Hafsah Faizal – A Tempest of Tea

Eleanor Bardilac – Die Magie goldgewebter Herzen

Manuel Schmitt – Die invasive Art

Michael Peinkofer – Die Krone der Orks

Vorwort

Liebe Leser*innen,

 

es ist wieder so weit! Erhascht in unseren Leseproben für das Frühjahrsprogramm einen Blick auf fantastische Welten, und lasst euch von unseren Held*innen auf eine abenteuerliche Reise entführen!

Folgt einer taffen Außenseiterin an den Hof des Sonnenkönigs Atlas, wo zwischen Intrigen und tödlichen Wettkämpfen die Rache zum Greifen nah erscheint. Werdet Zeug*innen einer tragischen Liebesgeschichte inmitten von Rache, Rebellion und dem Kampf um die Freiheit. Nehmt euch in den Straßen New Yorks vor Monstern in Acht, die dank einer besonderen Gabe zum Leben erwachen. Werdet Teil einer Crew und begebt euch in die verführerische Unterwelt der Vampire, um einen unmöglichen Coup zu landen. Verbringt den Sommer in Cinq Soleils und erlebt die Magie der Liebe in all ihren Facetten. Taucht ab in die Tiefsee und kommt einer Wahrheit auf die Spur, die das Leben der Menschheit für immer verändern wird. Und zu guter Letzt erwartet euch ein exklusives Interview mit Michael Peinkofer, der mit uns über seinen neuen Roman »Die Krone der Orks« gesprochen hat.

 

Viel Spaß mit diesen spannenden Geschichten wünscht euch

Euer Droemer Knaur-Team

 

PS: Wenn ihr kein fantastisches Abenteuer mehr verpassen wollt, findet ihr uns auch bei Instagram. Auf @knaurfantasyteilen wir alle Neuigkeiten rund um unser Fantasy- und Science-Fiction-Programm mit euch.

Nisha J. Tuli

Trial of the Sun Queen

Die Artefakte von Ouranos 1

 

aus dem amerikanischen Englisch von Paula Telge

 

Über dieses Buch:

Nach zwölf langen Jahren der Qual unter der Herrschaft des Aurorakönigs hat die junge Lor nur einen Wunsch: dem grausamen Fae jeden einzelnen Moment ihres Elends heimzuzahlen! Als sie gegen jede Wahrscheinlichkeit – und gegen alle Regeln – an den Hof des Sonnenkönigs gelangt, scheint ihre Rache in greifbare Nähe zu rücken. Denn Lor wurde auserwählt, mit neun anderen Tributen um die Hand des Königs zu kämpfen. Falls es ihr gelingt, sein Herz zu gewinnen, ist sie frei. Eigentlich hat sie jedoch gar kein Recht darauf, an den Prüfungen teilzunehmen. Sie muss um jeden Preis gewinnen, sonst droht ihr der Tod – oder schlimmer noch, die Rückkehr ins dunkle Reich des Aurorakönigs. 

 

Die Fantasy-Romance-Reihe »Die Artefakte von Ouranos« besteht aus mehreren Bänden, die in folgender Reihenfolge erscheinen:

Trial of the Sun Queen

Rule of the Aurora King

Fate of the Sun King

Tale of the Heart Queen

Kapitel 1
Lor

Das Miststück hat meine Seife genommen. Ich durchwühle den kleinen hölzernen Schrank, der all meine Besitztümer enthält. Eine verschlissene Tunika. Ein Paar Socken. Einige zerfledderte Bücher, die ich so oft gelesen habe, dass sie praktisch nur noch Staub sind. Aber keine Seife.

»Ich bringe sie um«, murmle ich, während ich den Inhalt des Schranks auf meinem niedrigen Feldbett ausbreite. »Ich zerschneide ihr Gesicht. Ich werde sie vom Kopf bis zum Arsch ausnehmen. Ich werde –«

»Es ist nur ein Stück Seife, Lor.«

Ich halte mitten in der Bewegung inne und drehe mich zu Tristan um. Er lehnt an der Wand, die Arme überkreuzt und ein Bein vor das andere gestellt. Ein paar seiner schwarzen Haarsträhnen hängen ihm ins Gesicht, und ein kleines Lächeln umspielt seine Lippen.

Die Erinnerung an das, was ich für dieses eine Stück Seife getan habe, schießt mir durch den Kopf. Wenn ich mit der Zunge über die Rückseite meiner Zähne fahre, kann ich noch immer den Geschmack saurer Verwesung wahrnehmen, den Schweiß des Aufsehers und …

Denk nicht dran.

»Es ist nicht nur Seife«, zische ich. »Weißt du, was ich dafür ma…« Ich breche ab, als sein Lächeln verschwindet. Mein Bruder senkt den Blick, lässt die Arme sinken und macht einen Schritt auf mich zu. Er ist fast einen Kopf größer als ich, drahtig und schlank und trotz der dunklen Ringe unter seinen Augen unglaublich gutaussehend – eine Tatsache, derer er sich sehr bewusst ist.

»Was hast du gemacht? War es Kelava?«, fragt er.

Mein Blick fängt Willows auf. Sie sitzt auf ihrem Bett, das direkt neben meinem steht, und wir teilen einen Moment des gegenseitigen Verständnisses. Die großen dunklen Augen meiner Schwester sind erfüllt von der gleichen dunklen Bürde, die sich auch in meinen widerspiegelt.

»Nichts«, sage ich. Das Letzte, was ich gerade brauche, ist ein Bruder, der versucht, meine Ehre beim Aufseher zu verteidigen.

Wozu Kelava mich genötigt hat, ist nichts Neues. Es war nicht das erste Mal, dass ich mir mein Überleben hier verdienen musste. Und wenn seine Forderungen mir ermöglichen, einen weiteren Tag in Nostraza zu überstehen, werde ich es wieder und wieder tun. Tristan meint es gut, aber manchmal vergisst er, was es kostet, hinter diesen erdrückenden Steinmauern zu leben.

»Lor«, sagt Tristan warnend.

»Lass es einfach gut sein, okay? Es ist besser, wenn du nichts Genaues weißt.«

Ein Muskel in seinem Kiefer zuckt, seine dunklen Augen funkeln. Er will mich nur beschützen, aber manchmal sollte er sich wirklich um seine eigenen verdammten Angelegenheiten kümmern.

Willow steht von ihrem Feldbett auf, entstaubt ihre dünne graue Tunika, als würde sie dadurch jemals sauber werden. Dutzende weitere Betten füllen den Raum, aufgereiht an jeder Wand. Der Raum ist so niedrig, dass Tristan sich bücken muss, um nicht dagegen zu stoßen. Auf den Betten liegen Decken, die irgendwann mal vermutlich weiß gewesen sein mochten, zusammen mit blassen grauen Kissen, die so dünn sind, dass sie genauso gut nicht da sein könnten. Wenn man Glück hat, wird einem der Luxus einer kratzigen Wolldecke zuteil, aber genau wie bei meinem Stück Seife kommt man nur selten in den Genuss. Wenn man dann auch noch eine ohne Löcher ergattert, ist es schon fast so, als wäre man von Zerra gesegnet.

»Lasst uns was frühstücken. Wir besorgen dir eine neue Seife«, sagt Willow mit sanfter Stimme und hakt sich bei mir ein. Ihre schwarzen Haare enden stumpf und kraftlos knapp unter ihren Ohren. So lang sind sie gewachsen seit dem letzten Läuse-Ausbruch, als sie jedem von uns den Kopf rasiert haben. Wochenlang glichen wir einer Armee aus Kartoffeln in formlosen grauen Säcken. Ich fahre mir durch das Haar und verziehe das Gesicht. Genau wie das meiner Geschwister ist es mitternachtsschwarz. Im Vergleich zu Willows ist es ein wenig länger und geht mir fast bis zum Kinn.

Das Längste, was ich je geschafft habe, war bis zur Mitte meines Rückens. Aber das ist schon Jahre her, und selbst da war es so trocken und brüchig, dass die vielen Strähnen, die ich auf dem Kopfkissen hinterlassen habe, wie ein Nest aus vertrockneten Würmern ausgesehen haben. Mittlerweile fühlt es sich ein bisschen gesünder an, aber Nostraza ist nur noch überfüllter und krankheitsanfälliger geworden. Ich rechne jeden Tag mit einem neuen Ausbruch. Es ist ein Wunder, dass es noch nicht so weit gekommen ist.

Ich nicke, als ich meinen Arm von Willows löse und meine Sachen wieder in den Schrank stopfe. Ich schlage ihn so fest zu, dass er auf seinen Füßen wackelt. Es gibt kein Schloss – das ist das Problem. Nichts gehört einem hier wirklich. Alles ist nur vorübergehend geliehen, unsere Körper und definitiv unsere Seelen. Das Einzige, was sie noch nicht für sich beansprucht haben, ist mein Verstand, doch das scheint mit jedem Jahr, das vergeht, weniger wahr zu sein.

Tristan und Willow gehen voran, und ich folge ihnen durch einen düsteren, schmalen Gang, der nur von flackernden Leuchten erhellt wird. Die Steinwände sind glatt und glänzen von der Feuchtigkeit. Es ist immer nass in Nostraza, und ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht nur Wasser ist. Vor langer Zeit habe ich mir selbst geschworen, nicht genauer darüber nachzudenken, was zwischen den Ziegeln hervorsickert. Nur wegen dieser zahllosen Selbsttäuschungen bin ich in der Lage, Tag für Tag zu überstehen.

Wegen mir werden wir zu spät zum Frühstück kommen und wahrscheinlich nichts mehr zu essen bekommen. Meine Geschwister werden sich nicht beschweren oder mir die Schuld dafür geben, aber ich werde es trotzdem irgendwie wiedergutmachen.

Als wir an dem Schlafsaal vorbeikommen, in dem Jude schläft, meine Nemesis, spähe ich hinein. Vielleicht klaue ich etwas von ihr, damit wieder Gleichstand herrscht. Vielleicht ist meine Seife ja auch in ihrem Schrank. Sie ist dumm genug, um sie so zu verstecken, dass jeder sie finden könnte. Ich will gerade hineinhuschen, als Tristan meine Hand festhält.

»Mach’s nicht. Das ist es nicht wert.«

Mein Blick trifft seinen, und die Wut befeuert den Ball des Zorns, der wie ein harter Stein in der Mitte meiner Brust steckt. Nur hat dieser keine glänzende Zukunft als Diamant vor sich.

Er versteht es nicht. Er ist einer der Bevorzugten in diesem Drecksloch. Für einen Gefangenen ist er stark und körperlich fit, ganz zu schweigen von seinem Charme, mit dem er die meisten Wachen um seinen Finger gewickelt hat. Sie nennen ihn spöttisch Prinz von Nostraza, doch er hat sie durchschaut und behält deswegen die Oberhand.

»Ich besorge dir eine Neue.« Seine Gesichtszüge werden weicher. »Versprochen.«

Obwohl die Wachen Tristan bevorzugt behandeln, hat sich dieses Wohlwollen nie auf mich oder Willow übertragen. Unsere Verwandtschaft bleibt zu unserem Schutz geheim, und es ist nicht seine Schuld, aber es gibt Tage, an denen ich ihm verüble, wie viel leichter er es hat. Doch das ist nicht wirklich fair. Er hat von Anfang an alles in seiner Macht Stehende getan, um uns beide zu beschützen.

»In Ordnung«, sage ich und versuche, die unerwarteten Tränen zu unterdrücken. Ich habe auf die harte Tour gelernt, wie ich sie zurückhalte. Tränen sind nur nützlich, wenn sie als Waffe eingesetzt werden.

Aber manche Tage sind härter als andere.

Mein Magen ist ständig leer und mein Hals trocken wie die tiefste Höhle ohne jegliche Wasserquelle. Die heilenden Wunden auf meinem Rücken, die mir vor zwei Wochen mit einer Peitsche zugefügt wurden, tun noch immer weh, wenn ich mich zu schnell bewege. Die Strafe habe ich bekommen, weil ich »aus Versehen« eine Schüssel heißer Suppe umgestoßen habe, die im Schoß einer besonders grausamen Wache gelandet ist. Er hat es verdient, und ich bereue nichts. Ich hoffe, seine Eier sind verschrumpelt und abgefallen.

Heute fühle ich die erstickende Schwere jedes einzelnen der zwölf Jahre, die ich in diesen Gefängnismauern verbracht habe. Zwölf Jahre für die einfache Straftat, geboren worden zu sein. Dafür, dass wir durch ein zerstörtes Vermächtnis beschmutzt sind, das ich weder wollte noch wirklich verstehe.

Jede Sekunde, jede Minute konzentrierte ich mich auf den Tag, an dem ich endlich freikomme. Ich lebe ihn in meinen Träumen und sehe ihn vor mir, wenn ich wach bin. Ich fühle es in dem zitternden Mark meiner Knochen. Eines Tages werde ich hier rauskommen und dem Aurorakönig alles heimzahlen, was er mir genommen hat. Alles, was er getan hat.

Aber ich kann nicht einfach weglaufen. Selbst wenn ich es könnte, kann ich nicht ohne Tristan und Willow gehen. Ohne sie gäbe es keinen Frieden.

Eines Tages werde ich einen Weg finden, wie ich uns alle hier raushole.

Willow nimmt meine Hand und wirft mir besorgte Blicke zu, während wir weiter durch den Gang laufen. Sie ist die Sanfte in unserem abgerissenen kleinen Trio. Trotz der zermürbenden Härte von Nostraza, bleibt sie ein warmherziger Schmetterling, der meinen Schutz braucht.

Während wir hier ersticken, werde ich alles tun, um dafür zu sorgen, dass sie sicher ist – soweit ich das kann in einem Leben, in dem wir weniger als nichts haben.

Aber wir passen alle auf uns auf, und manchmal bin ich auch auf ihre Hilfe angewiesen.

Einen Moment später fühle ich, wie mir jemand in den Hintern kneift, und drehe mich um, die Faust geballt, bereit, vernichtend zuzuschlagen. Als ich sehe, dass es Aero ist, knurre ich und hole trotzdem aus. Er duckt sich, ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, als ich ihn um ein Haar verfehle.

»Behandelst du so deinen liebsten Mithäftling?«

»Liebsten …« Ich lache, bevor ich mich wegdrehe. Aber er legt mir einen Arm um die Hüfte und zieht mich zurück an seine Schulter, sein Kinn ruht auf meinem Nacken. Ich kann das Grinsen spüren, das an Tristan und Willow gerichtet ist.

»Sie ist in einer Minute wieder da.«

Willow sieht mich an und wartet auf meine Zustimmung. Ich nicke. »Ich komme nach. Sichert mir ein paar Steine.« Willow schnaubt als Reaktion auf meinen Witz über die Brötchen in der Kantine, während Tristan Aero einen warnenden Blick zuwirft.

»Geht einfach«, sage ich ihm. »Mir passiert nichts.«

»Wenn du ihr wehtust, bringe ich dich um«, sagt Tristan, und ich verdrehe die Augen, während ich mich aus Aeros Umarmung befreie.

Er hebt ergeben die Arme, und sein Grinsen wird breiter. »Verstanden, Boss.«

»Jetzt geht schon«, sage ich, und Tristan dreht sich mit Willow um, um den Gang weiter hinabzugehen und um die Ecke zu verschwinden. Aber nicht, bevor Tristan Aero noch einen bedrohlichen Blick zugeworfen hat.

Sobald sie weg sind, liegen Aeros Hände auf meiner Hüfte, er drückt mich gegen die Wand und sein Mund findet meinen. Er ist deutlich größer als ich und schmal gebaut. In Nostraza sind immer alle kurz vorm Verhungern, und niemand hat das Privileg, etwas mehr auf den Rippen zu haben.

Seine Hände streichen über meinen Po und über die Rückseiten meiner Oberschenkel, bevor er mich hochhebt und ich meine Beine um seine Hüften schlinge. Meine Arme liegen um seinen Nacken, während wir uns küssen, unsere Zungen und Zähne treffen verzweifelt aufeinander. Unser Kuss ist nicht vorsichtig oder liebevoll, denn das passt nicht zu diesem Leben oder diesem Ort. Nach so vielen Jahren hier scheint die Erinnerung an alles Liebevolle so fern wie die Sterne am Himmel.

Unser schweres Atmen hallt in dem niedrigen Flur wider, und ich bin dankbar, dass schon alle zum Frühstück gegangen sind. Aero reibt seine Hüften gegen meine, seine Erektion pocht hart an meinem Bauch. Meine Finger verlieren sich in seinen kastanienbraunen Haaren, während er sich an mir reibt. Ich stöhne. Als er vor zwei Jahren hier angekommen ist, war er das Sinnbild eines verwegenen jungen Diebes. Aber Nostraza hat ihm diesen Lebensfunken gestohlen, wie von uns allen. Seine hellblauen Augen, einst klug und listig, sind in dem Wissen verblasst, dass er, wie wir alle, eines Tages hier sterben wird.

Dennoch ist er eine der wenigen schönen Sachen, an die ich mich in diesem Drecksloch klammern kann.

»Triff mich heute Abend hinter der Schmiede«, sagt er, sein Mund noch auf meinem. Seine Hände gleiten unter meine Tunika, und seine Finger streicheln sanft über meine Narben. »Ich brauche dich.«

Sein Mund bringt mich um eine Antwort, und ich nicke, als seine Zunge meine streift, stöhne voller Begierde. In dieser trostlosen Existenz ist dieses bisschen Vergnügen ein schwaches Licht, das durch die schmalen Risse der Dunkelheit scheint.

»Schlampe«, sagt eine bissige Stimme, und wir lösen uns voneinander. Jude steht in dem Gang, ihr schmutzig blonden Haare hängen in schlaffen Wellen bis zu ihrem Kinn. Ihre dünnen Arme überkreuzt, ihre Lippen voller Verachtung verzogen. »Wenn das nicht Nostrazas größtes Flittchen ist. Treibst du es jetzt schon wie ein Tier hier im Freien?«

Ihr durchdringender Blick wandert zu Aero, ihr finsteres Gesicht verdunkelt sich weiter.

»Verpiss dich, Jude«, sage ich und suche nach Anzeichen auf meine Seife, als würde sie sie an einer Kette um ihren Hals tragen. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, fängt sie an zu grinsen und fährt mit den Fingern ihren Hals hinab und unter ihre Arme, so als würde sie sich gerade unter der Dusche waschen. Aber ich erwidere ihr Grinsen. Sie mag meine Seife haben, aber ich weiß, dass sie ein Auge auf Aero geworfen hat, seitdem er hier angekommen ist. Er wurde wegen eines Einbruchs im Smaragd-Distrikt festgenommen, Auroras wohlhabendstes Viertel.

Ich wäre eine Lügnerin, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht in selbstgefälliger Zufriedenheit schwelge, seit er stattdessen an mir Interesse gezeigt hat. Um sie so richtig zur Weißglut zu treiben, lege ich Aero einen Arm um die Schultern und streiche mit einem Finger meiner anderen Hand über seine Brust, bevor ich seinen Kopf für einen langen, intensiven Kuss zu meinem runterziehe.

Meine Gefühle für Aero sind kompliziert.

Es ist schwierig, jemanden in Nostraza zu lieben, an einem Ort, an dem dir früher oder später jeder genommen wird. Die Einzigen, die ich je an mich herangelassen habe, sind Tristan und Willow, und ich weiß, dass das ein Fehler ist. Jedes Mal, wenn einer der beiden dem Tod nahekommt, jedes Mal, wenn einer von ihnen geschlagen wird oder in Isolationshaft kommt, versuche ich, sie mir aus der Seele zu schneiden, in der Hoffnung, dass es weniger wehtut, wenn sie sterben.

Mir bleibt nur die Hoffnung, dass ich uns eines Tages – irgendwann – hier raushole. Es ist ein unmöglicher Traum, aber ich versuche, mich so fest wie möglich daran festzuklammern, denn dieser Traum ist alles, was ich habe.

Jude knurrt und drückt sich an uns vorbei, wobei sie ihre Schulter gegen meine stößt, bevor sie Richtung Kantine stürmt.

»Wir sollten auch essen gehen«, sagt Aero, »oder es ist alles weg. Ich sehe dich nach deiner Schicht?« Er nimmt meine Hand, und wir gehen ebenfalls durch den Korridor.

Ich nicke. Ich habe heute Wäschedienst. Das bedeutet Stunden über Stunden in klebriger Hitze, Rücken- und Armschmerzen, während ich in riesigen Wannen mit seifigen, durchtränkten Laken rühre, die versuchen, an der Erinnerung ihrer ursprünglichen Farbe festzuhalten. Ich werde später eine Aufmunterung brauchen, und Aero ist meistens das vorübergehende Heilmittel.

Wir gehen um die Ecke und betreten die Kantine, in der sich schon Hunderte Häftlinge tummeln. Das Stimmengewirr ist wie immer ohrenbetäubend. Jeden Tag füllt es jede kostbare freie Sekunde – dreißig Minuten fürs Frühstück, dreißig Minuten fürs Abendessen. Die restliche Zeit schuften wir – manche in den Juwelenminen, manche in der Schmiede, andere in der Wäscherei oder in der Schneiderei. Der Rest geht anderen nervtötenden Pflichten nach, die keine freie Person übernehmen würde.

Wenn man seine Schicht geschafft hat, kann man sich eine Stunde der Erholung gönnen, aber nur, wenn man nicht vor Erschöpfung umgehend auf dem eigenen Bett zusammenbricht. Heute Abend werde ich die Energie aufbringen, denn an einem Ort, an dem es nur Leid gibt, versuche ich, unter jedem Steinchen einen Funken Hoffnung zu finden.

Jude sitzt mit ihrer Gang an einem Tisch nahe dem Ende der Essensschlange, jeder Einzelne von ihnen mürrischer und rattengesichtiger als der vorherige. »Liebt ihr nicht auch den Duft meiner neuen Seife? Meine Haut riecht so gut nach Rosen«, sagt sie, während sie den Ärmel ihrer Tunika hochzieht und ihren Unterarm in die Gesichter ihrer Untergebenen hält.

Ich bleibe stehen und versuche mit meinem Blick, Löcher in ihren Schädel zu bohren. In diesem Moment sieht sie auf, und ein langsames Lächeln breitet sich auf ihrem verkniffenen Gesicht aus.

Dieses Miststück.

Ich setze mich in Bewegung, bevor ich auch nur darüber nachdenken kann, was ich gerade tue. Mit einem Knurren stürze ich mich auf sie und schließe meine Hände um ihren Hals. Als ich auf ihr lande, kippt der Stuhl um, und wir schlagen beide hart auf dem Steinboden auf. Ich sitze rittlings auf ihr und versuche, ihr die Luft abzudrücken. Sie wehrt sich, schreit und zerkratzt die Haut an meinen Unterarmen. Dann holt sie mit der Faust aus und erwischt mich so fest an der Seite meines Kopfes, dass meine Sicht verschwimmt. Leicht desorientiert lockere ich meinen Griff etwas, und sie wirft mich zu Boden, hält mich unter sich fest. Nach einem weiteren Schlag auf den Kiefer schmecke ich Blut.

Ich werde sie so was von umbringen.

Dieses Mal greife ich nach ihrem Handgelenk und ziehe mit ganzer Kraft, bis ich das widerliche, aber befriedigende Geräusch von brechenden Knochen höre. Jude schreit auf, und ich trete sie von mir runter. Wieder sitze ich auf ihr und lasse wie von einem Dämon besessen Schläge auf ihren Magen, ihre Rippen und ihren Kopf niederprasseln.

»Lor!« Ich nehme den Klang meines Namens wahr und spüre Hände auf meinen Armen und meiner Hüfte, die versuchen, mich wegzuziehen.

»Lass mich los!«, schreie ich und schlage weiter auf Jude ein.

»Lor!« Ich erkenne Tristans Stimme und werde von Jude runtergezerrt, mein Atem geht keuchend und mein Kopf pocht. Die Wachen haben einen Kreis um uns geformt, sie schließen mich ein, wie das wilde Tier, das ich bin. Jude liegt am Boden, stöhnt, Blut sammelt sich unter ihr. Etwas Warmes tropft mir vom Kinn und färbt die Vorderseite meiner Tunika purpurrot. Ich versuche, es wegzuwischen, aber Tristan hält meine Arme auf meinem Rücken fest.

»Lass mich los«, zische ich und versuche, meine Handgelenke aus seinem Griff zu befreien.

»Nicht, bevor du dich beruhigt hast.«

Die johlende, lärmende Kantine wird mit einem Schlag still, als schwere Schritte ertönen. Sie alle haben die Show genossen, froh, dass nicht sie es waren, die heute die letzte Kontrolle über ihren Verstand verloren haben. Von den Wachen eins auf die Fresse zu bekommen gilt in Nostraza als Unterhaltung, was daran liegt, dass es sonst einfach keine gibt.

»Was ist hier los?«, fragt Kelava.

»Nichts, Sir«, antwortet Tristan in seiner schmeichelhaftesten Stimme. Ein Teil von mir will ihn schlagen, aber das ist der Grund, warum Tristan überlebt, und das kann ich ihm nicht verübeln. Wir alle tun, was wir tun müssen.

Der Kreis der Wachen wird durchbrochen. Kelava tritt hindurch und bleibt vor mir stehen, während ich noch immer versuche, mich von Tristan loszumachen. Das Blut tropft weiter aus meinem Mund, auf den Boden und auf meine Schuhspitzen. Meine Schläfen und Lippen pulsieren schmerzhaft, als die Wache mich mit scharfem Blick fixiert.

»Habe ich nicht gesagt, dass es Konsequenzen haben wird, wenn du noch mehr Ärger machst?«

Ich sage nichts, funkle ihn nur an und versuche einmal mehr, mich aus Tristans Griff zu befreien.

»Oh, Lor. Warum musst du so sein?«

Kelavas wässrig blauen Augen werden von etwas erfüllt, was fast schon als väterliche Sorge um meine verlorene Seele durchgehen könnte. Er denkt wirklich, er wäre der Gute. Ich will ihn anspucken, ihn schlagen. Will ihm so fest in die Eier treten, dass er es noch immer spürt, wenn er alt und schwach ist und versucht, sich an die letzten Fetzen seiner Würde zu klammern.

Jude stöhnt erneut auf, sie liegt immer noch am Boden und hält ihr Handgelenk fest, das definitiv in einem unnatürlichen Winkel absteht. Verdammte Drama Queen. Der Aufseher guckt sie an und dann mich, runzelt die Stirn.

»Hast du angefangen?«

Ich öffne den Mund, will mich verteidigen. Niemand wird mich verraten. Selbst unter den Kriminellen und Hoffnungslosen gibt es einen Ehrenkodex.

Na ja, Jude ausgenommen. Sie hat keine Bedenken, wenn es um mich geht.

»Ja, hat sie«, keift sie, als sie endlich wieder sprechen kann, wobei ihre Stimme wegen ihrer blutigen, geschwollenen Lippen gedämpft ist. »Sie hat mich ohne jegliche Provokation angegriffen!«

»Sie hat meine Seife geklaut!«

»Hab ich nicht! Das kannst du nicht beweisen!«

Kelava hebt eine Hand und bringt uns damit beide zum Schweigen. Judes Gesicht schwillt immer mehr an, und Blut tränkt die Vorderseite ihres Shirts. Sie sieht schrecklich aus.

Was nicht gut für mich ist.

»Aufseher«, sage ich und lächle schüchtern, versuche, mich irgendwie zu retten. »Wenn wir in Ihr Büro gehen, können wir das bestimmt aufklären.« Allein von der Andeutung wird mir schlecht.

Ich hasse es, aber das ist das Einzige, was ich zu bieten habe.

Ich habe das Falsche gesagt, Kelavas ruhige, geduldige Fassade bekommt Risse, seine Pupillen vergrößern sich zu schwarzen Löchern. Die Wachen mögen uns für ihre schmutzigen Triebe benutzen, aber anscheinend gibt es selbst unter Vergewaltigern ein Ehrgefühl, wenn sie versuchen, vorzutäuschen, dass hinter den geschlossenen Türen Nostrazas alles mit rechten Dingen zugeht. Der Aufseher deutet auf zwei grausame Wachen, mit deren Fäusten ich bestens vertraut bin.

»Bringt sie in den Schlund«, sagt Kelava, als die Wachen mich von Tristan losreißen.

Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass er mich nicht ohne Widerstand gehen lässt.

»Nein«, stoße ich aus, Panik schnürt mir die Kehle zu. Nicht das. Alles nur nicht das. Das letzte Mal bin ich fast gestorben. Eine Woche im Schlund hat mich fast gebrochen, meinen Verstand zerrüttet und meinen Körper völlig zerschunden. »Nein, bitte. Es tut mir leid. Es wird nicht wieder passieren.«

Der Aufseher bringt sein Gesicht ganz nah an meines, während ich weiter gegen den Griff der Wachen ankämpfe. Er ist so nah, dass ich seinen feuchten Atem auf meinen Lippen spüre, und stinkt nach den Überresten von was auch immer er zum Frühstück verschlungen hat.

»Zwei Wochen dort sollten dir eine Lehre sein. Alles andere scheint ja nicht zu funktionieren.«

»Nein!«, schreie ich, strample und versuche, mich zu befreien. »Nein! Bitte!« Ich schluchze, heiße Tränen laufen mir über das Gesicht, meine Schreie hallen durch den Raum.

Ich habe meine Regel gebrochen. Diese Tränen sind keine Waffe. DieseTränen werden sie gegen mich verwenden.

Tristan fleht den Aufseher an, aber Kelavas harter Blick bleibt fest, und ein dünnes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus. Er genießt meine Verzweiflung.

Meine Schreie reißen ab, als eine Wache mir so hart in die Magengrube schlägt, dass ich mich vorbeuge und fast den spärlichen Inhalt meines Magens hinaufbefördere. Ich schnappe nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dann werde ich so kräftig an beiden Armen hochgerissen, dass eines meiner Schultergelenke laut kracht. Mein Schrei hallt aus jeder Ecke des Raums wider.

»Bringt sie weg«, sagt Kelava erneut. »Ich sehe dich in zwei Wochen wieder, Häftling, sofern etwas von dir übrig bleibt.«

Und damit bleibt nichts als das dröhnende Rauschen in meinen Ohren, während ich weggezerrt werde.

Kapitel 2

Die Wachen bringen mich raus, über den staubigen Innenhof und durch ein massives Eisentor zu der Nordseite des Gefängnisses, wo wir den undurchdringlichen Wald betreten, der Nostraza umgibt und Nichts genannt wird. Wer einmal hineingeht, kommt nie wieder hinaus. In den seltenen Fällen, dass ein Gefängnisausbruch glückt, stellt das Nichts sicher, dass die wiedergewonnene Freiheit ein kurzlebiges Unterfangen ist.

Ich wehre mich noch immer, meine Schulter brennt wie Feuer, während die Wachen mich praktisch zwischen ihnen tragen, meine Beine zappeln in der Luft wie die einer wildgewordenen Marionette. Es ist aussichtlos. Sie sind beide doppelt so groß wie ich, und nach zwölf Jahren im Gefängnis bin ich schwach und unterernährt.

Was vermutlich genau der Sinn der Sache ist.

Als wir die Tore passieren, berühren die Wachen die schillernden Ovale, die an ihre Brust gepinnt sind. Sie murmeln ein paar Worte, und die Anstecker beginnen zu leuchten, hüllen uns in eine schimmernde, durchsichtige Blase. Ich kann zwar durch die Oberfläche sehen, aber sie trübt meine Sicht wie eine beschlagene Fensterscheibe. Die Wachen sind sterblich, ohne jegliche magische Fähigkeit. Sie sind von diesen Gegenständen abhängig, dem einzig bekannten Schutz vor dem Nichts. Die Anstecker wurden von einem Imperialen oder High Fae erschaffen, in diesem Fall vom Aurorakönig.

Der Schlund ist nichts weiter als ein Loch, das tief in die Erde gegraben wurde und sich direkt hinter den Mauern des Gefängnisses befindet. Das Nichts wurde nach seiner Fähigkeit benannt, seine Opfer zu umschließen und nicht mehr gehen zu lassen, der Schlund nach seiner Fähigkeit, jedes Lebewesen auszusaugen und leer und nach Luft schnappend zurückzulassen.

Er liegt nah genug beim Gefängnis, sodass die Wachen nicht so weit in den Wald müssen, aber weit genug davon entfernt, dass es sich anfühlt, als hätten sie einen den Monstern des Waldes ausgesetzt.

Ich habe mehr als genug Zeit im Schlund verbracht.

Mit einem Temperament wie meinem ist es fast schon normal, hin und wieder in Schwierigkeiten zu geraten … oder ständig. Die Standardstrafe ist ein oder zwei Nächte. Das ist Abschreckung genug, und die meisten sind kein zweites Mal hier. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das an der kurzen Lebenserwartung in Nostraza liegt oder ob die einmalige Erfahrung ausreicht, um ewigen Gehorsam sicherzustellen.

Wahrscheinlich ein bisschen von beidem.

Nur eine Handvoll Gefangene hat mehr als eine Nacht hier durchgestanden, ohne den Verstand zu verlieren. Ich bin eine davon. Obwohl mein Verstand vermutlich auch nicht mehr das ist, was er mal war.

Das letzte Mal bin ich in die Speisekammer eingebrochen, nachdem die Wachen unsere Rationen verkleinert hatten, als Antwort auf einen kleinen Aufstand. Wir waren noch hungriger als sonst und brauchten etwas zu essen, bevor wir auf einander losgegangen sind. Es war ein Akt der Selbsterhaltung, der mir sieben quälende Nächte im Schlund eingebracht hat. Es war ein kleiner Verstoß, und die Schwere der Strafe hat nicht der Straftat entsprochen. Aber das ist genau das, was dieser Ort mit dir macht. Er treibt dich an den Abgrund, und wenn du kurz davor bist, auf die spitzen Steine zu stürzen, gibt er dir noch einen kräftigen Stoß.

Als sie wiedergekommen sind, um mich herauszuholen, war ich ein heulendes Elend mit blutiger Haut, verfilzten Haaren und zerstörten Nägeln. Es dauerte Wochen, bis Willow mir das erste Wort entlocken konnte. Es dauerte länger, bis ich aufgehört habe, mit den Zähnen zu klappern, und mich aus den endlosen Albträumen reißen konnte. Die düsteren Träume kehren nur selten zurück. Sie sind das Beste, worauf ich hoffen kann.

Während die Wachen mich tiefer in den Wald zerren, muss ich wieder daran denken, wie gebrochen ich beim letzten Mal war. Wie alles in mir weh tat, von den aufgerissenen Fingern bis hin zu meiner geschundenen Seele.

Zwei Wochen.

Meine Nerven gehen mit mir durch, Panik durchdringt meinen Körper.

Mein Verstoß heute war ebenfalls vergleichsweise klein, aber ich war schon immer der »Liebling« des Aufsehers. Ich werde das nicht überleben. Ich werde wegen einem verdammten Stück Seife sterben.

Die Wachen sind genauso nervös wie ich – hier im Nichts. Ich kann die Anspannung zwischen ihnen spüren, während sie mich über den unebenen Boden ziehen. Und ich kann von hier aus die hohen Spitzen und Türme des Bergfrieds von Aurora sehen, der über den Wald ragt wie eine lebendige Kröte. Seine schwarzen Steine glitzern, als wären sie mit Sternen besetzt, und in sanft wogendem Licht wechseln die Fenster von Grün zu Lila und schließlich zu Rot.