Faust. Frühere Fassung ("Urfaust") - Johann Wolfgang Goethe - E-Book

Faust. Frühere Fassung ("Urfaust") E-Book

Johann Wolfgang Goethe

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Beschreibung

Dem Goethe der klassischen Epoche war die Sturm-und-Drang-Fassung seines Faust nicht mehr recht geheuer: "Einige tragische Szenen waren in Prosa geschrieben, sie sind durch ihre Natürlichkeit und Stärke, in Verhältnis gegen das andere, ganz unerträglich. Ich suche sie deswegen gegenwärtig in Reime zu bringen, da denn die Idee wie durch einen Flor durchscheint, die unmittelbare Wirkung des ungeheuern Stoffes aber gedämpft wird." Das Ergebnis dieser langwierigen Überarbeitungsphase ist die klassische, "entschärfte" Fassung von 1808, wie wir sie heute vor allem kennen. Die früheste erhaltene, früher "Urfaust" genannte Fassung präsentiert diese Neuausgabe: überprüft an der Handschrift, genauestens kommentiert und mit einem hilfreichen Nachwort versehen. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel verwendet werden.

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Seitenzahl: 132

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Johann Wolfgang Goethe

Faust · Frühere Fassung (»Urfaust«)

Herausgegeben von Peter Brandes

Reclam

2019 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2016

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961461-8

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019594-9

www.reclam.de

Inhalt

Faust · Frühere Fassung (»Urfaust«)Zu dieser AusgabeKommentarFaust: Drama des WissensLiteraturhinweise

[5]Nacht.

In einem hochgewölbten engen gothischen Zimmer

FAUSTunruhig auf seinem Sessel am Pulten

Hab nun ach die Philosophey

Medizin und Juristerey,

Und leider auch die Theologie

Durchaus studirt mit heisser Müh.

Da steh ich nun ich armer Tohr5

Und bin so klug als wie zuvor.

Heisse Docktor und Professor gar

Und ziehe schon an die zehen Jahr

Herauf herab und queer und krum

Meine Schüler an der Nas herum10

Und seh daß wir nichts wissen können,

Das will mir schier das Herz verbrennen.

Zwar bin ich gescheuter als alle die Laffen

Docktors, Professors, Schreiber und Pfaffen

Mich blagen keine Skrupel noch Zweifel15

Fürcht mich weder vor Höll noch Teufel.

Dafür ist mir auch all Freud entrissen

Bild mir nicht ein was rechts zu wissen

Bild mir nicht ein ich könnt was lehren

Die Menschen zu bessern und zu bekehren,20

Auch hab ich weder Gut noch Geld

Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt.

Es mögt kein Hund so länger leben

Drum hab ich mich der Magie ergeben

Ob mir durch Geistes Krafft und Mund25

Nicht manch Geheimniß werde kund.

Daß ich nicht mehr mit sauren Schweis

Rede von dem was ich nicht weis.

[6]Daß ich erkenne was die Welt

Im innersten zusammenhält30

Schau alle Würkungskrafft und Saamen

Und thu nicht mehr in Worten kramen.

 

O sähst du voller Mondenschein

Zum lezten mal auf meine Pein

Den ich so manche Mitternacht35

An diesen Pult heran gewacht.

Dann über Bücher und Papier

Trübseelger Freund erschienst du mir.

Ach könnt ich doch auf Berges Höhn

In deinem lieben Lichte gehn40

Um Bergeshöhl mit Geistern schweben

Auf Wiesen in deinem Dämmer weben

Von all dem Wissensqualm entladen

In deinem Thau gesund mich baden.

 

Weh! steck ich in den Kerker noch45

Verfluchtes dumpfes Mauerloch

Wo selbst das liebe Himmels Licht

Trüb durch gemahlte Scheiben bricht.

Beschränkt von all dem Bücherhauff

Den Würme nagen, Staub bedekt50

Und bis ans hohe Gewölb hinauf

Mit angeraucht Papier besteckt

Mit Gläsern Büchsen rings bestellt

Mit Instrumenten vollgepropft

Uhrväter Hausrath drein gestopft,55

Das ist deine Welt, das heisst eine Welt!

 

Und fragst du noch warum dein Herz

Sich inn in deinem Busen klemmt?

[7]Warum ein unerklärter Schmerz

Dir alle Lebensregung hemmt.60

Statt all der lebenden Natur

Da Gott die Menschen schuf hinein

Umgiebt in Rauch und Moder nur

Dich Tiergeripp und Todtenbein.

Flieh! Auf hinaus in’s weite Land!65

Und dies geheimnissvolle Buch

Von Nostradamus eigner Hand

Ist dir das nicht Geleit genung?

Erkennest dann der Sterne Lauf

Und wenn Natur dich unterweist70

Dann geht die Seelenkrafft dir auf

Wie spricht ein Geist zum andern Geist.

Umsonst daß trocknes Sinnen hier

Die heilgen Zeichen dir erklärt

Ihr schwebt ihr Geister neben mir75

Antwortet mir wenn ihr mich hört.

|: er schlägt das Buch auf und erblickt das

Zeichen des Makrokosmus :|

Ha welche Wonne fließt in diesem Blick

Auf einmal mir durch alle meine Sinnen.

Ich fühle iunges heilges Lebensglück,

Fühl neue Glut durch Nerv und Adern rinnen.80

War es ein Gott der diese Zeichen schrieb?

Die all das innre Toben stillen

Das arme Herz mit Freude füllen

Und mit geheimnissvollen Trieb

Die Kräffte der Natur enthüllen85

Bin ich ein Gott? mir wird so licht!

Ich schau in diesen reinen Zügen

Die winkende Natur vor meiner Seele liegen.

Jetzt erst erkenn’ ich was der Weise spricht:

[8]»Die Geister Welt ist nicht verschlossen90

»Dein Sinn ist zu, dein Herz ist todt

»Auf bade Schüler unverdrossen

»Die irrdsche Brust im Morgenroth.«

|: er beschaut das Zeichen:|

Wie alles sich zum Ganzen webt

Eins in dem andern würkt und lebt95

Wie Himmels kräffte auf und nieder steigen

Und sich die goldnen Eimer reichen!

Mit Seegenduftenden Schwingen

Vom Himmel durch die Erde dringen

Harmonisch all das all durchklingen.100

 

Welch Schauspiel! aber ach ein Schauspiel nur

Wo fass ich dich unendliche Natur!

Euch Brüste wo! Ihr Quellen alles Lebens

An denen Himmel und Erde hängt

Dahin die welke Brust sich drängt.105

Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens!

|: er schlägt unwillig das Buch um und erblickt das

Zeichen des Erdgeistes:|

Wie anders würckt dies Zeichen auf mich ein!

Du Geist der Erde bist mir näher

Schon fühl ich meine Kräffte höher

Schon glüh ich wie vom neuen Wein110

Ich fühle Muth mich in die Welt zu wagen

All Erden weh und all ihr Glück zu tragen

Mit Stürmen mich herum zu schlagen

Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen.

Es wölckt sich über mir.115

Der Mond verbirgt sein Licht!

Die Lampe schwindet!

Es dampft! Es zucken rothe Stralen

[9]Mir um das Haupt. Es weht

Ein Schauer vom Gewölb herab120

Und faßt mich an.

Ich fühls du schwebst um mich

Erflehter Geist!

Enthülle dich.

Ha! wie’s in meinem Herzen reisst!125

Zu neuen Gefühlen

All meine Sinne sich erwühlen

Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!

Du musst! du musst! Und kostet es mein Leben.

|: er fasst das Buch und spricht das Zeichen des Geists ge-

heimnisvoll aus. Es zuckt eine röthliche Flamme, der

GEIST erscheint in der Flamme, in wiederlicher Gestallt:|

GEIST.

Wer ruft mir!

FAUST,

abwendentSchröckliches Gesicht!130

GEIST

Du hast mich mächtig angezogen

An meiner Sphäre lang gesogen,

Und nun –

FAUST

    Weh ich ertrag dich nicht.

GEIST

Du flehst erathmend mich zu schauen

Meine Stimme zu hören mein Antliz zu sehn,135

Mich neigt dein mächtig Seelen Flehn.

Da bin ich! Welch erbärmlich Grauen

Fasst Uebermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?

Wo ist die Brust die eine Welt in sich erschuf,

Und trug, und heegte, und mit Freude Beben140

Erschwoll sich uns den Geistern gleich zu heben

Wo bist du Faust des Stimme mir erklang?

Der sich an mich mit allen Kräfften drang?

[10]Du! der, den kaum mein Hauch umwittert

In allen Lebenstiefen zittert,145

Ein furchtsam weggekrümmter Wurm.

FAUST.

Soll ich dir Flammenbildung weichen!

Ich bin’s, bin Faust, bin deines gleichen.

GEIST

In Lebensfluthen im Thatensturm

Wall ich auf und ab150

Webe hin und her

Geburt und Grab,

Ein ewges Meer

Ein wechselnd Leben!

So schaff ich am sausenden Webstul der Zeit155

Und würke der Gottheit lebendiges Kleid

FAUST.

Der du die weite Welt umschweiffst

Geschäfftger Geist wie nah fühl ich mich dir.

GEIST.

Du gleichst dem Geist den du begreiffst,

Nicht mir! |: verschwindet:|160

FAUST

zusammenstürzend:|

Nicht dir!

Wem denn?

Ich Ebenbild der Gottheit!

Und nicht ein mal dir!

|: es klopft:|

O Todt! ich kenns das ist mein Famulus.165

Nun werd ich tiefer tief zu nichte,

Daß diese Fülle der Gesichte

Der trokne Schwärmer stören muß.

[11]WAGNERim Schlafrock und der Nachtmütze,

eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.

WAGNER.

Verzeiht! ich hört euch deklamiren!

Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel170

In dieser Kunst mögt ich was profitiren

Denn heutzutage würkt das viel.

Ich hab es öffters rühmen hören

Ein Kommödiant könnt einen Pfarrer lehren.

FAUST

Ja wenn der Pfarrer ein Commödiant ist.175

Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag.

WAGNER

Ach wenn man in sein Museum gebannt ist,

Und sieht die Welt kaum einen Feyertag.

Man weis nicht eigentlich wie sie zu guten Dingen

Durch Ueberredung hinzubringen.180

FAUST.

Wenn ihrs nicht fühlt ihr werdets nicht erjagen.

Wenns euch nicht aus der Seele dringt

Und mit urkräftigen Behagen

Die Herzen aller Hörer zwingt.

Sizzt ihr einweil und leimt zusammen,185

Braut ein Ragout von andrer Schmaus,

Und blast die kümmerlichen Flammen

Aus eurem Aschenhäufgen aus

Bewundrung von Kindern und Affen

Wenn euch darnach der Gaumen steht!190

Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,

Wenn es euch nicht von Herzen geht.

WAGNER.

Allein der Vortrag nüzt dem Redner viel.

[12]FAUST.

Was Vortrag! der ist gut im Puppenspiel

Mein Herr Magister hab er Krafft!195

Sey er kein Schellenlauter Thor!

Und Freundschafft, Liebe, Brüderschafft,

Trägt die sich nicht von selber vor.

Und wenns euch Ernst ist was zu sagen

Ists nöthig Worten nachzujagen.200

Und all die Reden die so blinkend sind

In denen ihr der Menschheit Schnizzel kräuselt,

Sind unerquicklich wie der Nebelwind

Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt.

WAGNER

Ach Gott die Kunst ist lang205

Und kurz ist unser Leben!

Mir wird bey meinem kritischen Bestreben

Doch offt um Kopf und Busen bang

Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,

Durch die man zu den Quellen steigt,210

Und eh man nur den halben Weeg erreicht,

Muß wohl ein armer Teufel sterben.

FAUST.

Das Pergament ist daß der heilge Bronnen,

Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt.

Erquikung hast du nicht gewonnen215

Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.

WAGNER

Verzeiht es ist ein gros Ergözzen

Sich in den Geist der Zeiten zu versezzen.

Zu schauen wie vor uns ein weiser Mann gedacht,

Und wie wirs dann zulezt so herrlich weit gebracht.220

FAUST

O ia bis an die Sterne weit.

Mein Freund die Zeiten der Vergangenheit,

[13]Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.

Was ihr den Geist der Zeiten heisst

Das ist im Grund der Herren eigner Geist,225

In dem die Zeiten sich bespiegeln.

Da ists denn warrlich offt ein Jammer

Man läufft euch bey dem ersten Blick davon.

Ein Kehrichtfass und eine Rumpelkammer,

Und höchstens eine Haupt und Staats aktion.230

Mit trefflichen pragmatischen Maximen,

Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen.

WAGNER.

Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!

Mögt ieglicher doch was davon erkennen.

FAUST.

Ja was man so erkennen heisst.235

Wer darf das Kind beym rechten Nahmen nennen?

Die wenigen die was davon erkannt

Die Thörig gnug ihr volles Herz nicht wahrten.

Den Pöbel ihr Gefühl ihr Schauen offenbaarten

Hat man von ie gekreuzigt und verbrannt.240

Ich bitt euch Freund es ist tief in der Nacht

Wir müßen diesmal unterbrechen.

WAGNER.

Ich hätte gern bis morgen früh gewacht,

Um so gelehrt mit euch mich zu besprechen. |: ab:|

FAUST:

Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,245

Der immer fort an schaalen Zeuge klebt,

Mit gierger Hand nach Schätzen gräbt,

Und froh ist wenn er Regenwürmer findet.

MEPHISTOPHELESim Schlafrock eine grose

Perrücke auf.STUDENT.

[14]STUDENT.

Ich bin alhier erst kurze Zeit,

Und komme voll Ergebenheit250

Einen Mann zu sprechen und zu kennen

Den alle wir mit Ehrfurcht nennen.

MEPHISTOPHELES

Eure Höflichkeit erfreut mich sehr,

Ihr seht einen Mann wie andre mehr.

Habt ihr euch hier schon umgethan.255

STUDENT

Ich bitt euch nehmt euch meiner an.

Ich komm mit allem gutem Muth,

Ein leidlich Geld und frischem Blut.

Meine Mutter wollt mich kaum entfernen,

Mögte gern was rechts hier aussen lernen.260

MEPH:

Da seyd ihr eben recht am Ort.

STUDENT

Aufrichtig! Mögt schon wieder fort!

Sieht all so trocken ringsum aus

Als säs Heishunger in iedem Haus.

MEPH:

Bitt euch! dran euch nicht weiter kehrt,265

Hier alles sich vom Studenten nährt.

Doch erst, wo werdet ihr logiren?

Das ist ein Hauptstück!

STUDENT

    Wolltet mich führen

Bin warrlich ganz ein irres Lamm.

Mögt gern das gute so allzusamm,270

Mögt gern das böse mir all vom Leib,

Und Freyheit, auch wohl Zeitvertreib,

Mögt auch dabey studiren tief,

Dass mirs über Kopf und Ohren lief!

[15]O Herr helft dass meiner Seel275

Am guten Wesen nimmer fehl.

MEPHIS:

krazt sich. Kein Logie habt ihr? wie ihr sagt.

STUDENT.

Hab noch nicht ’mal darnach gefragt.

Mein Wirthshaus nährt mich leidlich gut,

Feines Mägdlein drinn aufwarten thut.280

MEPH:

Behüte Gott das führt euch weit!

Caffee und Billard! Weh dem Spiel!

Die Mägdlein ach sie geilen viel!

Vertripplistreichelt eure Zeit.

Dagegen sehn wirs leidlich gern,285

Dass alle Studiosi nah und fern

Uns wenigstens einmal die Wochen

Kommen untern Absaz gekrochen.

Will einer an unserm Speichel sich lezzen

Den thun wir zu unsrer Rechten sezzen.290

STUDENT.

Mir wird ganz greulich vorm Gesicht!

MEPH:

Das schadt der guten Sache nicht.

Dann fordersamst mit dem Logie

Wüßt ich euch wohl nichts bessers hie,

Als geht zu Frau Sprizbierlein morgen295

Weis Studiosos zu versorgen.

Hats Haus von oben bis unten voll,

Und versteht weidlich was sie soll.

Zwar Noes Arche war saubrer gefacht,

Doch ists einmal so hergebracht.300

Ihr zahlt was andre vor euch zahlten

Die ihren Nahm aufs [Scheis] Haus mahlten.

[16]STUDENT.

Wird mir fast so eng um’s Herz herum

Als zu Haus im Colegium.

MEPH:

Euer Logie wär nun bestellt.305

Nun euren Tisch für leidlich Geld!

STUDENT.

Mich dünkt das gäb sich alle nach,

Wer erst von Geists Erweitrung sprach!

MEPH:

Mein Schatz! das wird euch wohl verziehn,

Kennt nicht den Geist der Akademien.310

Der Mutter Tisch müßt ihr vergessen,

Klar Wasser geschiedne Butter fressen.

Statt Hopfen Keim und iung Gemüs,

Geniessen mit Dank Brennesseln süs,

Sie thun einen Gänse stuhlgang treiben,315

Aber eben drum nicht bass bekleiben,

Hammel und Kalb kühren ohne End,

Als wie unsers Herr Gotts Firmament.

Doch zahlend wird von euch ergänzt

Was Schwärmerian vor euch geschwänzt.320

Müsst euren Beutel wohl versorgen,

Besonders keinem Freunde borgen

Aber redlich zu allen Maalen

Wirth, Schneider und Professor zahlen.

STUDENT.

Hochwürdger Herr das findet sich.325

Aber nun bitt ich leitet mich!

Mir steht das Feld der Weisheit offen,

Wäre gern so grade zu geloffen,

Aber sieht drinn so bunt und kraus

Auch seitwärts wüst und trocken aus.330

[17]Fern thät sich’s mir vor die Sinnen stellen,

Als wie ein Tempe voll frischer Quellen.

MEPH:

Sagt mir erst eh ihr weiter geht,

Was wählt ihr für eine Fakultät?

STUDENT

Soll zwar ein Mediziner werden,335

Doch wünscht ich rings von aller Erden,

Von allem Himmel und all Natur,

So viel mein Geist vermögt zu fassen.

ME[P]H:

Ihr seyd da auf der rechten Spur,

Doch müßt ihr euch nicht zerstreuen lassen340

Mein theurer Freund ich rath euch drum,

Zuerst Collegium Logikum.

Da wird der Geist euch wohl dressirt,

In Spansche Stiefeln eingeschnürt,

Dass er bedächtger so fort an345

Hinschleiche die Gedanken Bahn.

Und nicht etwa die Kreuz und Queer

Irrlichtelire den Weeg daher.

Dann lehret man euch manchen Tag,

Daß was ihr sonst auf Einen Schlag350

Getrieben wie Essen und trinken frey,

Eins! Zwey! Drey! dazu nöthig sey.

Zwar ists mit der Gedanken Fabrick

Wie mit einem Weber Meisterstück,

Wo ein Tritt tausend Fäden regt355

Die Schifflein rüber hinüber schiessen

Die Fäden ungesehen fliessen.

Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt.

Der Philosoph der tritt herein

Und beweist euch es müßt so seyn.360

[18]Das erst wär so, das zweyte so

Und drum das dritt und virte so.

Und wenn das erst und zweyt nicht wär

Das dritt und viert wär nimmermehr.

Das preisen die Schüler aller Orten365

Sind aber keine Weber worden.

Wer will was lebigs erkennen und beschreiben,

Muß erst den Geist herauser treiben,

Dann hat er die Theil in seiner Hand,

Fehlt leider nur das geistlich Band.370

Encheiresin naturae nennts die Chimie!

Bohrt sich selbst einen Esel und weis nicht wie.

STUDENT

Kann euch nicht eben ganz verstehen.

MEPH:

Das wird nächstens schon besser gehen.

Wenn ihr lernt alles reduziren,375

Und gehörig klassifiziren.

STUDENT.

Mir wird von allem dem so dumm

Als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum.

MEPH:

Nachher vor allen andern Sachen

Müßt ihr euch an die Metaphisick machen,380

Da seht daß ihr tiefsinnig fasst,