Herzass - Du bist mein Jackpot - Saphira White - E-Book

Herzass - Du bist mein Jackpot E-Book

Saphira White

3,0

Beschreibung

Sam Welcome to fabulous Las Vegas, der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Meiner Stadt und gleichzeitig deinem Ausweg aus einem langweiligen Leben. Spiel mit mir, Juniper. Aber sei gewarnt, in meinem Spiel habe ich das Sagen. Es gibt keine zweiten Chancen, kein Aufgeben und du wirst niemals auch nur einen meiner Züge vorhersehen können. Was sagst du, Sweetie? Gehst du All-in? June Las Vegas. Meine Chance, völlig frei zu sein, bevor ich zurück in mein durchgeplantes Leben muss. Du denkst, ich passe, weil du mir deine Spielregeln nicht verrätst? Du denkst, das Funkeln in deinen eisblauen Augen würde mich verschrecken? Du irrst dich, Samuel. Ich gehe All-in und wir werden sehen, wessen Einsatz zu hoch war.

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Copyright 2022 by

Dunkelstern Verlag GbR

Lindenhof 1

76698 Ubstadt-Weiher

http://www.dunkelstern-verlag.de

E-Mail: [email protected]

ISBN: 978-3-910615-56-4

Alle Rechte vorbehalten

Für Mama

Bitte überspringe die Erotik Szenen, danke.

Inhalt

Playlist

Vorwort: Sam

Prolog: June

Kapitel 1: Sam

Kapitel 2: June

Kapitel 3: Sam

Kapitel 4: June

Kapitel 5: Sam

Kapitel 6: June

Kapitel 7: June

Kapitel 8: Sam

Kapitel 9: June

Kapitel 10: Sam

Kapitel 11: June

Kapitel 12: Sam

Kapitel 13: June

Kapitel 14: Sam

Kapitel 15: June

Kapitel 16: Sam

Kapitel 17: June

Kapitel 18: Sam

Kapitel 19: June

Kapitel 20: Sam

Kapitel 21: June

Kapitel 22: Sam

Kapitel 23: June

Kapitel 24: Sam

Kapitel 25: June

Kapitel 26: June

Kapitel 27: Sam

Kapitel 28: June

Kapitel 29: Sam

Kapitel 30: June

Kapitel 31: June

Danksagung

Playlist

Blackbear - @ my worst

Blackbear - hot girl bummer

Ava Max - Into Your Arms

Berlinist – Mae

Taylor Swift – Getaway Car

Sam Tinnesz - Play With Fire feat. Yacht Money

Sam Tinnesz - Legends are made

FINNEAS – Heaven

Gaullin - Moonlight

Ruelle - War Of Hearts

Shawn Mendes - Piece Of You

Feder – Goodbye feat. Lyse (slowed down)

Melanie Martinez - Play Date (slowed down)

Topic, Bebe Rexha - Chain my Heart

Ariana Grande - Into you

Agnes - Release Me

Zara Larsson - Ruin My Life

Zara Larsson – Love Me Land

James Arthur – Naked

One Direction – Perfect

Dove Cameron – So Good

CRMNL - A Little Bit Dangerous

Sia – Unstoppable

Olly Murs – Dear Darlin’

Lea Michele - Run to You (slowed down)

Coldplay - Hymn For The Weekend

»Im Leben kommt es nicht darauf an, ein gutes Blatt in der Hand zu haben, sondern auch mit schlechten Karten gut zu spielen.«

– Robert Louis Stevenson

Vorwort: Sam

Welcome to fabulous Las Vegas!

Schön hier, nicht wahr?

Komm, wir spielen ein Spiel. Wie wär’ s mit einer Runde Black Jack? Roulette? Poker?

Du darfst wählen. Aber lasse dir nicht zu viel Zeit, Sweetie. Du wirst merken, wie sehr ich es hasse, wenn man mich warten lässt. Wähle weise, denn aussteigen kannst du nicht. Dein Wetteinsatz steht fest. Sobald du auch nur einen Fuß in mein beschissenes Casino setzt, habe ich dich am Haken.

Eines solltest du jedoch wissen. Deine Gefühle interessieren mich einen Scheißdreck, aber bis du das herausfindest, habe ich dich längst gefangen und in meine Welt gezerrt. Denn die Wahrheit ist: Ich bin kein Loverboy, kein Beschützer, kein Held, der dich in letzter Sekunde vor dem Abgrund rettet. Ich bin derjenige, der dich zu mir in die Dunkelheit zieht; mitten ins Verderben.

Und das Beste: Es wird dir gefallen, Juniper.

Glaube ja nicht, du hättest auch nur den Hauch einer Wahl. Dein Schicksal liegt in meinen Händen und ich bin mir noch nicht sicher, was ich damit anstelle.

Ich könnte es stärken, kampfbereit machen für die Hürden, die dir im Leben begegnen werden. Genauso gut könnte ich es aber auch einfach in die Dunkelheit fallen lassen, aus der es nie wieder herausfinden wird. Fühlst du dich der Herausforderung gewachsen?

Dann tritt ein.

Ich wette, du bist die Erste, die vom Spielfeld fliegt.

Prolog: June

Letzter Aufruf für den Flug nach Las Vegas«, krächzte die Frauenstimme aus dem Lautsprecher am California Airport.

»Beeil dich, June!«, rief Leah und drehte sich ungeduldig zu mir um. »Wenn wir den Flug wegen dir verpassen, kriegen wir Stress.«

Mühsam umklammerte ich meinen Rucksack und kramte im Laufen mein Ticket aus der Tasche. Mir blieb keine Zeit, um darauf zu achten, was links und rechts neben mir passierte, doch die allgemeine Hektik war deutlich spürbar. Ständig lief mir jemand vor die Nase, schnitt mir den Weg ab oder rempelte mich an. Aber heute war mir das egal. Ich genoss das unruhige Vibrieren um mich herum, das auch ich in mir trug. So lange hatte ich auf diesen Tag gewartet. Es fühlte sich unwirklich an, dass er nun endlich gekommen war.

Immer größer wurde meine Vorfreude auf das, was auf mich wartete. In Las Vegas würde ich allen Pflichten und Erwartungen entkommen können. Wenigstens für ein paar Tage … Gerade noch pünktlich erreichten wir das Gate und wurden durch einem langen Verbindungstunnel ins Flugzeug geführt.

Dicht gedrängt versuchten wir, durch den schmalen Gang zu unserer Sitzreihe zu finden.

»Ich sitze am Fenster!«, bestimmte Cecilia energisch und ließ sich in den Sitz fallen. Leah und Cheyenne warfen mir daraufhin nur einen flüchtigen Blick zu, bevor sie in der Reihe dahinter Platz nahmen. Ich verstaute meinen Rucksack und setzte mich neben Cecilia, die mich aufgeregt angrinste.

»Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir das machen«, meinte sie und kicherte. »Las Vegas, Baby!«

»Pssst«, erwiderte ich und lachte, bevor ich ihr den Mund zuhielt. »Nicht so laut.«

Sie schlug meine Hand weg. »Sorry, ich bin nur so aufgeregt. Unser erster Girlstrip.« Ein verträumter Ausdruck verschleierte kurzzeitig ihren Blick. »Und dann auch noch nach Las Vegas.«

»Ist es dein erster Flug?«, fragte ich so leise, dass Leah und Cheyenne hinter uns nichts hören konnten. Cecilia nickte zögerlich.

»Meiner auch«, verriet ich ihr und sofort entspannten sich ihre Gesichtszüge.

»Mädels«, sagte Leah und lehnte sich nach vorne. »Das wird unsere Woche, verstanden? Scheiß auf Uni-Kurse und stundenlanges Büffeln.«

»Genau«, stimmte ich ihr zu. »Lassen wir in Vegas so richtig die Sau raus. Schließlich wollen wir uns noch an den Trip erinnern, wenn wir 80 sind.« Ich zwinkerte ihr zu.

»Oh, hell yes!«, rief Cheyenne. »Ich werde so lange feiern, bis ich meinen Alltag vermisse.«

»Das wird nicht so schnell passieren«, antwortete ich und lachte. »Ich bin froh, wenn ich ein wenig Auszeit von dem Chaos zu Hause bekomme. Ihr wisst gar nicht, wie lange ich schon darauf hoffe, so etwas Verrücktes mit euch zu unternehmen.«

Gerade holte Cecilia nickend Luft, als wir durch eine freundliche Stimme unterbrochen wurden.

»Meine Damen und Herren, wir heißen Sie herzlich willkommen an Bord. Sie werden im Folgenden eine kurze Sicherheitseinweisung erhalten, bevor wir in Richtung Las Vegas abheben. Wir wünschen Ihnen einen guten Flug.«

Mit einem zufriedenen Ausdruck schnallte ich mich an und nahm einen tiefen Atemzug. Es ging wirklich los. Schon seit Monaten planten wir vier diesen gemeinsamen Trip. Wir waren alle der Meinung, unser schwarz-weißes Leben könnte ein wenig Farbe vertragen. Und anstatt uns aufs neue Semester vorzubereiten, nutzten wir unsere Zeit, um uns diese Farbe zu holen. Zu Beginn unserer Reiseplanung hatte ich ganz beiläufig Las Vegas in den Raum geworfen. Ich wusste, ich würde eine Stadt brauchen, die mich alle Probleme meines Alltags vergessen ließ. Und welche Stadt war bekannter dafür, das Leben auf den Kopf zu stellen, als Las Vegas?

Kapitel 1: Sam

Ich bin All-In.«

Lachend schob der ältere Herr, auf dessen Anzug ich schon die ganze Zeit neidisch war, seine Spielchips in die Mitte des Tisches. Er griff nach seinem Champagnerglas und nahm einen großen Schluck, bevor er siegessicher zu seinen Mitspielern hinübergrinste. Wenn er sich da mal nicht zu früh freute. Ich hatte schon so viele fallen sehen. Es waren immer die, die sich am sichersten wähnten.

Ich lehnte an einer Wand etwas abseits des Pokertisches und beobachtete angespannt das Geschehen. Meine Augen folgten den Karten, die so schnell über den Tisch huschten, dass jemand ohne Übung schon längst den Überblick verloren hätte. Und dann erkannte ich es. In einer günstigen Sekunde tauschte mein Zielobjekt beim Aufdecken seines Blattes unauffällig eine der Karten aus. Ich konnte es nur sehen, da ich im richtigen Winkel zu ihm stand, so schnell und geschickt bewegte er seine Finger.

»So ein Arschloch«, ertönte eine vertraute Stimme hinter mir.

»Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dich nicht ständig an mich heranschleichen, Rebecca?«

Grinsend lehnte sie sich neben mich und nahm einen der Bügel ihrer Sonnenbrille zwischen die Zähne. Mit einem kleinen Schmunzeln nahm ich sie ihr ab und steckte sie in die Tasche meines Anzugs.

»Du bist hier, damit es unseren gut betuchten Gästen gut geht und nicht, um sie vom Spielen abzulenken, klar?«

»Weiß ich doch. Oben ist es nur so langweilig.« Seufzend strich sie eine Strähne ihres schwarzen Haares aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. »Ich wollte nur nachsehen, was du hier so treibst.« Sie hob anzüglich die Brauen.

»Lass gut sein. Ich werde gleich einen arroganten Schnösel um einige Geldscheine erleichtern.«

»Und worauf wartest du dann? Ich meine, es ist offensichtlich, dass er betrügt.«

Ich hob meine Hand und deutete an, dass ich es langsam angehen lassen wollte. »Gönnen wir ihm doch erst noch den Sieg in der Pokerrunde. Danach wird es umso schmerzhafter für ihn.«

»Mach, was du willst, Sam. Hauptsache, der Arsch ist gleich hier raus und ich muss mir nicht länger sein selbstgefälliges, viel zu lautes Lachen anhören.«

Ein Schmunzeln zog sich über mein Gesicht. »Verlass dich auf mich. In meinem Casino ist noch niemand damit durchgekommen.«

»Du weißt schon, dass dir das Casino nicht gehört.«

»Aber bald«, entgegnete ich und warf ihr einen überlegenen Blick zu.

Mein Vater hatte mich lange darauf vorbereitet, das Casino zu übernehmen, und bald würde es so weit sein. Ich gab dem Ganzen höchstens noch ein halbes Jahr. Dann würde ich hier das Sagen haben. Im Prinzip hatte ich das sowieso schon, da alle Angestellten auf meine Befehle hörten.

»Ach, übrigens …« Rebecca stellte sich mit einem belustigten Lächeln vor mich. »Oben sind gerade ein paar junge Mädchen eingetroffen. Ich schätze sie so Anfang zwanzig.« Sie machte eine kurze Pause, um meine Reaktion abzuwarten, doch sie wusste ganz genau, was ich dachte.

»Jedenfalls werde ich dafür sorgen, dass sie lange bei uns bleiben und nicht nach zwei Runden Black Jack wieder abhauen.«

Meine Mundwinkel hoben sich leicht. »Du weißt, was ich will. Such dir die Hübscheste raus.«

»Natürlich. Und ich werde sie reichlich mit Gewinnen versorgen«, sagte Rebecca und stolzierte wie eine Diva an mir vorbei die breiten Treppen nach oben. Kurz blieb sie stehen, stützte sich auf dem goldenen Geländer ab und sah mir in die Augen. Doch als ich vermutete, sie würde etwas sagen, drehte sie sich wieder um und verschwand die Treppen hinauf.

***

»Das war das erste Mal, ich schwöre es Ihnen«, krächzte der ältere Herr, während ich ihn von meinen Securitys aus dem Casino bringen ließ.

»Tja, einmal ist leider schon zu viel«, flötete ich, während ich ihm die Tür nach draußen aufhielt. Unsanft wurde er nach draußen geschubst und ruderte mit den Armen, um sein Gleichgewicht wieder zu finden. Im letzten Moment fing er sich, bevor er der Länge nach auf dem Boden aufgeschlagen wäre. Schade, dabei hätte ich gerne zugesehen.

Bevor ich wieder ging, kam ich ihm gefährlich nahe und sah ihm direkt in seine ängstlich geweiteten, dunkelgrünen Augen.

»Ich hoffe, Sie wissen, dass Sie sich gerade Ihr Leben ruiniert haben. In mein Casino werden Sie so schnell keinen Fuß mehr setzen. Und Sie werden eine Geldstrafe erhalten, die höher sein wird als jeder Gewinn, den sie je mit ihrer dreckigen Masche gewonnen haben. Guten Tag.«

Mit diesen Worten trat ich ein paar Schritte zurück und ließ ihn stehen, bevor ich noch schaulustige Touristen anlockte. Darauf hatte ich gerade überhaupt keinen Bock.

Drinnen wäre ich beinahe Rebecca vor die Füße gerannt, die wie ein Wirbelwind von einem Roulette-Tisch zum nächsten huschte und Champagner verteilte.

»Deine Süße ist dort drüben.« Sie nickte mit dem Kopf in Richtung einer Gruppe Mädels.

Ohne etwas zu sagen, näherte ich mich ihnen und erkannte bereits aus einiger Entfernung, was sie gerade spielten. Black Jack. Schon mein ganzes Leben lang hasste ich dieses Spiel. Ich hatte es zu meinen Anfängerzeiten oft gespielt, jedoch fast immer verloren. Vielleicht mochte ich es deshalb nicht.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und richtete meine Krawatte. Es wurde Zeit, dass ich einer von ihnen zeigte, mit welchen Spielen man das meiste Cash holen konnte.

Schweigend stützte ich mich auf dem Spieltisch ab und gab dem Croupier das Zeichen, kurz innezuhalten.

»Black Jack ist nicht das richtige Spiel für euch. Es gibt so viele bessere Möglichkeiten, eure Chips zu verlieren …« Abschätzig ließ ich meinen Blick über die Gesichter der Spielerinnen streifen. »Aber ich würde mich bereit erklären, euch ein paar Tricks zu verraten.«

Lässig schnappte ich mir einen der Spielchips und ließ ihn gekonnt zwischen meinen Fingern rotieren.

»Ich glaube, wir wissen selbst, welches das richtige Spiel für uns ist«, entgegnete eine der beiden hübschen Brünetten und funkelte mich abweisend an. Sie reizte mich definitiv am meisten. Auch die anderen sahen nicht besonders begeistert aus - bis auf eine.

»Also, ich hätte nichts gegen ein bisschen Weiterbildung«, warf das blonde Mädchen ein. Ihre Stimme war etwas zu schrill für meinen Geschmack, aber ich schenkte ich ihr dennoch ein charmantes Lächeln.

»Wenn deine Mädels keine Lust haben, kann ich sie schlecht dazu zwingen.«

Ich beugte mich nach vorne und flüsterte ihr ins Ohr: »Dann sollten sie später jedoch nicht überrascht sein, wenn du den Jackpot abräumst.«

Ich streckte meine Hand aus und ohne zu zögern legte sie ihre hinein. Das war zu einfach, aber vielleicht konnte sie mir nützlich sein.

Sanft drückte ich einen Kuss auf ihren Handrücken und verschwand mit ihr durch eine Seitentür, die ausdrücklich darauf hinwies, nur vom Personal genutzt werden zu dürfen. Den verdutzten Gesichtern der anderen schenkte ich herzlich wenig Beachtung, genau wie sie. Da ich annahm, dass die Mädchen befreundet waren, wunderte es mich doch ein wenig, dass sie uns einfach so gehen ließen. Vielleicht haben sie aber auch einen insgeheimen Hass auf Blondie und freuen sich, dass sie nun Ruhe von ihr hatten.

Die Tür führte in einen Gang, an dessen Wänden sich eingerahmte Auszeichnungen des Casinos befanden. Erstaunt tapste das Mädel hinter mir her. Ihre Gestalt war so dünn, dass ich beinahe annehmen würde, ein Windstoß könnte ihre Knochen zerbrechen.

»Wo gehen wir hin?«, fragte sie, als ich vor einer Tür stehen blieb und meinen Schlüssel hervorholte.

Ich gab ihr keine Antwort, sondern drückte sie vor mir in mein Büro. Na ja, zumindest stand es so auf dem Schild draußen. In Wirklichkeit betrat sie gerade den ersten Raum meines Meisterwerkes.

»So, Blondie, da wären wir«, sagte ich und schloss die Tür hinter mir.

Ich bedeutete ihr mit einem Nicken, auf dem schwarzen Ledersofa Platz zu nehmen, was sie zu meiner Überraschung sofort tat. Sie schien nicht zu den hellsten Kerzen auf der Torte zu gehören, aber ich hatte auch nicht das Gefühl, dass sie zu den dunkelsten zählte.

»Und was machen wir jetzt hier?«, fragte sie mich, während sie an ihrem schwarzen Jumpsuit herumzupfte.

»Warum so ungeduldig?«, raunte ich und trat hinter das Sofa. Ein Knarren ertönte, als ich auf ein ganz bestimmtes Brett auf dem Boden trat und Blondie zuckte kaum merklich zusammen.

Ich legte meine Hände über ihre Augen und beugte mich ganz dicht an ihr linkes Ohr. Sie sollte meinen Atem spüren, während ich sprach. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass der Verlust der Sehkraft und das dadurch geschärfte Gehör eine ganz besondere Wirkung auf meine Spielerinnen hatte.

Sie sog scharf die Luft ein. »W-was?«

»Schscht, du sprichst nur noch, wenn ich es dir erlaube. Hast du das verstanden?«

Hektisch nickte sie und ich grinste zufrieden. So lange hatte ich an der perfekten Aura und Betonung dieses Satzes gefeilt, bis er schließlich genau diese Wirkung erzielte.

»Ich werde dir jetzt ein Angebot machen, das du nicht ausschlagen willst«, raunte ich an ihrem Ohr. »Du musst wissen, ich habe mich schon immer für Spiele begeistert. Ich weiß, nicht verwunderlich, wenn man in der Stadt lebt, die für ihre Spiele bekannt ist. Doch irgendwann kam der Tag, da haben sie mich alle gelangweilt. Und dann kam ich auf die exquisite Idee, selbst eines zu erfinden.« Ich machte eine dramatische Pause, bevor ich weitersprach. Bist du neugierig, was für ein Spiel ich gerne spiele?«

Sie nickte bereits, bevor ich die Frage beendet hatte und ließ mein zufriedenes Grinsen noch breiter werden.

»Braves Mädchen. Dann werde ich dir jetzt die Spielregeln erklären. Hör genau zu, denn ich werde mich nicht wiederholen. Fragen werden keine beantwortet und eines kann ich schon mal vorwegnehmen: So etwas wie einen Joker gibt es in meinem Spiel nicht.«

Das Ledersofa knarzte leise, als sich ihr Körper anspannte.

»Also, Blondie. Du befindest dich gerade in der ersten Runde. Wie sich die einzelnen Runden voneinander unterscheiden, erfährst du nicht. Doch jede hält Geheimnisse bereit und ich kann dir versprechen, dass sie deine Erwartungen bei weitem übertreffen werden. Bestehst du alle Runden zu meiner Zufriedenheit, gewinnst du den größten Jackpot dieses Casinos …«

Meine Hände ruhten immer noch auf ihren Augen und ich wechselte zu ihrem rechten Ohr: »Doch es gibt einen Haken an der Sache. Wenn du dich einmal dazu entschieden hast, anzutreten, kannst du nicht mehr aussteigen. Einzig und allein mir bleibt die Macht, dich aus dem Spiel zu werfen. Also, spielst du mit mir?«

Ich zog meine Hände zurück und kam gemächlich hinter dem Sofa hervor. Sie sah eingeschüchtert aus, beinahe verschreckt. War ich etwa so angsteinflößend?

»Ich … weiß nicht«, begann sie, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken.

»Überleg doch mal. Möchtest du wirklich deine kostbare Zeit mit diesen Mädels verbringen, die nicht einmal etwas dagegen unternommen haben, dass ich dich einfach mit hierher nehme? Oder möchtest du dich der Herausforderung stellen und sehen, welchen Spaß das Leben so zu bieten hat? Denk daran, du wirst den Jackpot abräumen und für dein ganzes Leben ausgesorgt haben … die schicksten Klamotten, edelsten Autos und teuersten Champagner im ganzen Land besitzen.«

Vorausgesetzt, du verstehst den Sinn dieses Spiels und liegst am Ende nicht mit totem Herz im Dreck. Aber dieses Detail behielt ich lieber für mich.

»Du weißt gar nichts über meine Freundinnen, also sprich nicht so über sie«, beschwerte sie sich, doch ich schenkte ihren Worten keine Beachtung. Wenn sie wüsste, dass sie bloß der Köder für jemanden ist, den ich viel lieber an ihrer Stelle sehen möchte, würde sie meine Worte definitiv nicht so ernst nehmen.

»Wenn du eine kleine Kostprobe benötigst …« Ich stand auf und öffnete den großen, alten Schrank in der gegenüberliegenden Ecke des Raums. Ihre Augen weiteten sich, als sie die vielen Kleider zu Gesicht bekam, die nach Farben geordnet darin hingen.

»Wenn du antrittst, darfst du dir eines davon aussuchen. Als kleine Startprämie.«

Verbissen sah sie zwischen mir und den Kleidern hin und her, doch schließlich stand sie auf und stellte sich direkt vor mich.

»Ich bin dabei«, sagte sie und ihre braunen Augen begannen zu funkeln. »Und ich nehme das rote Cocktailkleid.«

Ich grinste verschmitzt und fuhr mit der Hand durch mein dunkles Haar. Wieder war mir ein Fisch viel zu einfach ins Netz gegangen. Wenn die Quote weiterhin so rasant stieg, bräuchte ich bald eine neue Reihe an Hotelzimmern. Auch wenn mich dieser Fang gerade nur deshalb reizte, weil ich vorhatte, ihn bald gegen einen viel prächtigeren einzutauschen.

Kapitel 2: June

Hätte ich nicht einfach Schwarz nehmen können?«, jammerte Cecilia neben mir, während ich nur augenrollend nach meinen Spielchips griff.

»Du musstest ja so von dir überzeugt sein und plötzlich alles auf einmal setzen«, entgegnete ich und richtete meinen Blick auf den Roulette-Tisch. Die kleine, weiße Kugel lag tatsächlich auf Schwarz, was mich jetzt, nach dem fünften Mal in Folge, langsam misstrauisch werden ließ.

Ich hatte vier Runden lang auf Rot gesetzt und mich danach, einfach aus Trotz und Prinzip, für die andere Farbe entschieden.

»Wie viel hast du jetzt gewonnen?«, fragte Leah neugierig und strich sich eine ihrer hellbraunen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

»Ich habe bloß meinen Einsatz wieder raus, beruhigt euch«, meinte ich und lachte. Dann stapelte ich meine Spielchips vor mir.

»Wenigstens gewinnst du mal.«

»Im Gegensatz zu uns zwei Verliererinnen«, fügte Cecilia hinzu. Ich schmunzelte und nahm einen weiteren Schluck aus meinem Glas. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, keinen Alkohol zu trinken, während ich spielte, konnte ich nun einfach nicht nein sagen. Der Champagner schmeckte köstlich und vor allem teuer. Normalerweise hielt ich mich im Beisein meiner Freundinnen eher zurück, doch heute war mir danach, der ganzen Welt zu zeigen, wie geil mein Leben doch war. Eigentlich war es das überhaupt nicht, doch ich hatte mir fest vorgenommen, die Woche unseres Girlstrips zur besten meines Lebens zu machen. Wer wusste schon, ob ich jemals wieder die Gelegenheit haben würde, einfach mal frei zu sein. Nicht jeden Schritt abzuwägen, nicht über jede mögliche Konsequenz nachzudenken und vor allem nicht genau zu wissen, was der nächste Tag mir brachte.

»Ich spiele noch eine Runde!«, rief ich und begeistert nickten mir Cecilia und Leah zu.

Ich trank erneut einen großen Schluck aus meinem Glas und schielte dabei auf die kleine Kugel, die fröhlich über das sich drehende Rad tanzte.

»Fuck«, stöhnte ich, als sie nun tatsächlich auf einem roten Feld landete.

»Tja, wie heißt es doch so schön: Man soll sein Glück nicht herausfordern«, betonte Leah, während ich dabei zusah, wie all meine Spielchips in die Hände des Croupiers wanderten.

»Ich denke, das war das Zeichen, dass wir für heute aufhören sollten. Was meint ihr Mädels?«, fragte sie.

Cecilia nickte zustimmend und in einem Zug leerte ich mein Glas, bevor ich ebenfalls nickte.

»Sind wir wirklich alle auf Null gefallen?«, fragte ich, während ich bemerkte, wie mein Kopf zu dröhnen begann.

»Wenn man bedenkt, dass Cheyenne sich nicht einmal angestrengt hat, um zu gewinnen, ja.«

»Apropos, wo ist sie eigentlich?« Ich ließ meinen Blick suchend durch die große Halle schweifen. Doch außer Spieltischen, Croupiers, betrunkenen Gästen und Kellnern, die wie wild Champagner auftischten, war nichts zu sehen.

»Sie ist anscheinend immer noch bei diesem Typen. Wie hieß er noch gleich?«, fragte Cecilia.

»Er hat uns seinen Namen nicht verraten«, erklärte Leah. Sie holte ihr Handy mit der hässlichen silbernen Hülle hervor und tippte auf dem Display herum.

»Sie geht nicht ran«, stellte sie nach einigen Sekunden genervt fest. »Wieso geht sie nicht ran? Sie weiß doch, dass wir nicht ewig hierbleiben.«

»Vielleicht hat sie zu viel Spaß beim Spielen lernen …«, vermutete Cecilia und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. Ich nickte grinsend.

»Ihr beide seid betrunken. Außerdem sieht es Cheyenne gar nicht ähnlich, ihr Handy nicht in greifbarer Nähe zu haben.«

»Schon mal drüber nachgedacht, dass sie auch getrunken hat? Vielleicht hat sie es irgendwo liegen lassen«, merkte ich an und lachte. Dann stand ich von meinem Stuhl auf. Prompt musste ich mich an der Lehne festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Holy moly. Seit wann knallte Champagner denn so rein?

Am Empfang des Casinos wurden uns unsere Jacken gebracht, doch von Cheyenne war weit und breit keine Spur.

»Entschuldigung, wissen Sie vielleicht, ob hier ein etwas größerer Mann und eine junge blonde Frau vorbeigekommen sind, die das Casino verlassen haben?«, wandte sich Leah an einen der Türsteher, doch dieser schüttelte nur mit dem Kopf.

»Tut mir leid, Miss, aber diese Beschreibung trifft auf etliche Paare dieses Abends zu.« Er lachte kurz, setzte aber sofort wieder eine ernste Miene auf.

»Na toll«, stöhnte sie und drehte sich zu uns um. Cecilia und ich tauschten Blicke und fingen an zu kichern.

»Was ist daran jetzt bitte lustig?«, fragte Leah und musterte uns.

»Cheyenne wird schon wissen, wo wir sind. Sie kann sich ein Taxi rufen und zu uns ins Hotel kommen. Wo ist das Problem?«

»Das Problem ist, dass ich unsere Freundin nicht einfach allein hier zurücklassen möchte. Wir kennen den Typen nicht, mit dem sie mitgegangen ist«, versuchte sie uns den Ernst der Lage beizubringen. »Und was ist, wenn er ihr wehtut?«

»Sie hat doch ein Pfefferspray in ihrer Jackentasche«, erklärte Cecilia schulterzuckend, doch Leah schlug sich nur vor den Kopf.

»Ihre Jacke hängt hier vorne an der Garderobe, falls dein betrunkenes Gehirn das noch nicht gecheckt hat.«

»Oh!«, stellte sie fest, schien jedoch nicht sonderlich erstaunt darüber zu sein.

Mittlerweile begann meine Sicht leicht trüb zu werden und das Licht der gigantischen Kronleuchter über uns blendete mich immer mehr.

Leah nahm einen tiefen Atemzug, bevor sich ihre Augen plötzlich weiteten.

»Ich habe eine Idee. Die Wahrscheinlichkeit, dass unser Typ ein Hotelzimmer im angrenzenden Hotel bewohnt, ist doch sicher verdammt hoch, oder?«

Sie zeigte auf ein großes Schild am Eingang, das darauf hinwies, dass das Casino mit einem Hotel verknüpft war.

Cecilia und ich zuckten nur mit den Schultern und dank Leahs Eigeninitiative wurden wir wenig später aus der Drehtür des Casinos in die kühle Nacht geschoben. Die Luft war trocken. Kein Wunder, wenn man sich mitten in der Wüste befand.

Meine Beine zitterten und mühsam zog ich an meinem blauen Paillettenkleid herum. Hatte das schon immer so gejuckt?

Kapitel 3: Sam

Hereinspaziert«, sagte ich, während ich Blondie die Tür zu ihrem Hotelzimmer aufhielt.

Zögerlich trat sie ein und sah sich um. Ihr Blick glitt von den seidenen Tapeten über das pompöse Himmelbett bis hin zu dem gigantischen Gemälde, das in einem goldenen Rahmen die Wand über dem weißen Regal zierte.

»Ich hätte nicht erwartet, dass alles hier so … teuer aussieht«, stotterte sie leise.

»Was hast du denn erwartet? Ein heruntergekommenes Drecksloch mit beschmierten Tapeten? Mache ich diesen Eindruck auf dich?«, bemerkte ich kalt.

Sie begann zu lachen. »Nein, nein. Ich war nur verwundert, dass du mich hier kostenlos wohnen lässt.«

Ich zog eine Braue nach oben. »Wer sagt denn, dass du hier kostenlos bleiben darfst?«

Zögerlich musterte sie mich und biss sich auf ihre rot bemalte Unterlippe. Doch bevor sie etwas darauf antworten konnte, sprach ich weiter.

»Du wirst leider nicht lange hierbleiben, Blondie. Aber du kennst die Person, mit der ich spielen möchte. Darum bist du hier.«

Mit diesen Worten nahm ich ihr die dünne Handtasche, die sie immer noch bei sich trug, aus der Hand, öffnete sie und holte kommentarlos ihr Handy heraus.

»Entsperren«, forderte ich und hielt ihr das Handy vor die Nase.

»Wieso?«, fragte sie skeptisch. »Es ist mein Handy und das hat dich nichts anzugehen.« Sie verzog das Gesicht. Ihr kleines Muttermal tanzte dabei über ihren Lippen auf und ab.

»Du entsperrst jetzt dein Handy und gibst es mir«, wiederholte ich meine Forderung monoton.

Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich und sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, das mache ich nicht.«

Keine Sekunde später hatte ich die Distanz zwischen uns überwunden und drängte sie mit meinem Körper gegen die Zimmerwand.

»Hör zu, Blondie«, brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du kannst es leicht machen, indem du das tust, was ich dir sage. Oder du machst es uns beiden schwer, indem ich dich erst zwingen muss, mir zu gehorchen.«

Ich hielt sie alleine mit meinem Blick an der Wand und trat einen Schritt zurück. Schnaubend griff sie nach dem Handy und entsperrte es, aber ich konnte sehen, wie sie sich wand. Ihre Atmung ging schnell und ihre Augen huschten immer wieder über meinen Körper.

»Und was willst du jetzt damit?«, fragte sie aufsässiger, als ich ihr zugetraut hätte.

»Jetzt rufst du deine brünette Freundin mit dem blauen Kleid an.«

Sie warf mir einen misstrauischen Blick zu. »Wieso das denn?«

»Stell keine blöden Fragen und ruf sie an!«

Perplex tippte sie auf ihrem Handy herum. Dabei ließ ich ihre Finger nicht einen Moment aus den Augen.

»Stell auf Lautsprecher«, befahl ich, woraufhin sie augenrollend das Handy vom Ohr nahm. Wenn mich das Glücksspiel eines gelehrt hatte, dann war es die hohe Kunst des Menschenlesens. Ich erkannte kleinste Nuancen in den Augen und Bewegungen meiner Gegenspieler, die mir alles verrieten, was sie so sorgsam zu verstecken versuchten. Und egal, wie sehr Blondie auch versuchte, es zu verstecken, ich konnte ihre Unsicherheit genau sehen – Unsicherheit und ein wenig Angst. Glücklicherweise eigneten sich diese Gefühle perfekt, um Menschen dazu zu bringen, genau das zu tun, was ich von ihnen verlangte. Und so meldete sich nach einer halben Ewigkeit eine leise Stimme zu Wort.

»Cheyenne?«

***

Ich drückte die schwere Flügeltür auf, die das Hotel mit dem Casino verband. Sofort drang mir der Geruch nach Geld und teurem Champagner in die Nase. Mit einem professionellen Blick schlenderte ich durch die Halle auf die Bar zu, an der Rebecca gerade dabei war, saubere Gläser in die Regale zu räumen.

Ich räusperte mich, woraufhin sie sich ruckartig umdrehte.

»Du hast mich erschreckt, Sam.«

»Damit wären wir quitt«, bemerkte ich und trommelte mit den Fingern auf der MarmorTheke herum.

»Soll ich dir einen -Mojito machen?«, fragte sie und sah mich abwartend an.

Ich schüttelte den Kopf und rieb mir übers Gesicht. »Ich brauche was Stärkeres. Whiskey oder so.«

Sie nickte und drehte mir wieder den Rücken zu. Dabei wirbelte ihr seitlich geflochtener Zopf, den sie jedes Mal zur Arbeit trug, umher. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Rebecca noch nie mit offenen Haaren gesehen hatte. Sie hatten eine pechschwarze Farbe, die ich jedes Mal, wenn ich sie sah, beneidete. Meine Haare hingegen konnten sich wohl nicht entscheiden, was sie wirklich wollten. Sie schienen schwarz zu sein, solange ich mich drinnen aufhielt, doch sobald ich nach draußen trat, konnte man den braunen Unterton sehen.

»Nicht erst morgen, wenn es geht«, merkte ich genervt an, was Rebecca jedoch nur ein Schmunzeln entlockte.

»Natürlich, Mr. De La Cruz.«

Einige Sekunden später schob sie mir ein Glas mit einem unserer teuren Whiskeys über die Theke.

»Das macht dann 8 Dollar.«

Sie zwinkerte mir verschmitzt zu, machte sich dann aber wieder daran, die restlichen Gläser einzuräumen. Ich leerte das Glas in einem Zug und genoss das Brennen, das die Flüssigkeit in meinem Hals hinterließ.

»Hier«, sagte Rebecca und stellte mir demonstrativ die ganze Flasche Whiskey auf den Tresen. »Füll dir selbst nach. Ich habe Wichtigeres zu tun.«

Unbeeindruckt schnappte ich mir die Flasche. Rebecca hatte sich noch nie von mir herumkommandieren lassen. Am liebsten hätte ich ihr einen arroganten Spruch dafür gedrückt, doch das Letzte, was ich gerade wollte, war, einen Streit mit ihr anzuzetteln.

Kapitel 4: June

Als wir das Casino umrundeten, traf mich fast der Schlag. Vor uns lag kein Hotel, sondern ein verdammter Palast. Die Außenfassade glänzte in einem hellen Champagnerton und zwei kräftige Marmorsäulen hielten das wuchtige Konstrukt aufrecht.

Über dem Eingang stand in goldenen Buchstaben der Name des Hotels: De La Cruz.

»Ach. Du. Scheiße!«, entfuhr es Cecilia, bevor wir uns ansahen und die breiten Treppenstufen zur Eingangstür hinaufstiegen. Sie hatte definitiv recht. Gestern dachte ich schon, der Eingang des Casinos sei unschlagbar, doch dieser Anblick toppte all das, was ich bereits gesehen hatte.

Ein Türsteher, der einen teuer aussehenden Anzug trug, begrüßte uns freundlich und hielt uns die Tür auf. Wir betraten die Empfangshalle des Hotels und sofort stieg mir der zarte, kühle Geruch nach Rosen in die Nase. Meine Augen weiteten sich, als ich meinen Kopf in den Nacken legte und meinen Blick über die vielen Verzierungen und Bilder gleiten ließ.

»Wow«, war das Einzige, was ich herausbrachte.

Meine Freundinnen nickten zustimmend.

Wir folgten dem langen roten Teppich bis zur Rezeption und lächelten die ältere Dame hinter dem Tresen an.

»Entschuldigen Sie bitte«, begann Leah und erregte so ihre Aufmerksamkeit. »Wir suchen unsere Freundin. Sie ist in unserem Alter und hat blonde Haare. Wir waren zuvor im Casino und dort ist sie mit einem jungen Mann mitgegangen. Sind sie zufällig hier vorbeigekommen?«

Der Blick der Dame verriet mir, dass sie uns für nichts anderes als verkorkste und betrunkene Teenager hielt.

»Tut mir leid, heute Nacht sind Sie drei die einzigen jungen Leute, die ich zu Gesicht bekommen habe.«

Gerade wollte ich etwas erwidern, da ertönte der Klingelton meines Handys. Der Sound hallte durch die gesamte Empfangshalle. Mit etwas weniger Champagner intus wäre mir die Situation mit Sicherheit peinlich gewesen.

Ich brauchte einige Sekunden, um das Handy aus meiner Tasche zu fischen. Als ich den Namen auf dem Display erblickte, bildete sich ein Kloß in meinem Hals.

»Cheyenne?«, fragte ich verwirrt und sofort drehten sich Cecilia und Leah zu mir um.

»Hi, June. Ich muss mit dir sprechen. Es ist dringend.«

An ihrer Stimmlage erkannte ich, dass etwas nicht in Ordnung war. Ob der Typ ihr etwas angetan hatte?

»Geht’s dir gut?«, fragte ich geradeheraus. »Wo bist du?«

»Noch geht es mir gut. Du musst ins Hotel De La Cruz kommen. Sofort.«

Ich runzelte die Stirn. »Bin schon da.« Ich zog den Satz in die Länge, um meine Verwirrtheit auszudrücken.

»Was? Ähm, perfekt.«

Für einen Moment blieb es still. »Komm ins Zimmer 214. Allein.«

Ich musste auflachen. »Du klingst wie in einem Geheimagenten-Film.«

»Jetzt komm einfach!«, krächzte mir ihre panische Stimme ins Ohr.

Ohne mir die Chance zu lassen, weitere Fragen zu stellen, ertönten undefinierbare Geräusche aus dem Handy und die Verbindung brach ab.

»Was ist los, June?«, fragte mich Leah mit panisch geweiteten Augen. »Wo ist Cheyenne?«

Ich antwortete ihr nicht, sondern ging einen Schritt auf den Empfang zu.

»Können Sie mir verraten, wie ich zu Zimmer 214 komme?«

Die Dame sah mich verständnislos an, erklärte mir dann jedoch kurz und knapp den Weg. Ein Wunder, dass sich hier überhaupt jemand zurechtfand, so kompliziert wie dieses Hotel offensichtlich gebaut war.

»In jedem Flur finden Sie zudem Beschilderungen. Sie sollten sich also nicht verlaufen.«

»Danke«, erwiderte ich knapp und wandte mich an meine beiden Freundinnen.

»Cheyenne ist hier im Hotel. Sie hat mich darum gebeten, zu ihr zu kommen.«

»Warte«, unterbrach mich Cecilia. »Dich?«

Ich nickte. »Sie sagte, ich soll allein kommen. Vielleicht will sie einfach nicht zu viel Aufsehen erregen. Könnt ihr hier unten warten?«

»Nein, können wir nicht!« Leah stemmte die Hände in die Hüften. »Wieso sollen wir hier warten, wenn wir genauso gut einfach mitgehen können?«

»Genau! Ich werde hier auch nicht einfach wie bestellt und nicht abgeholt warten!«, schloss sich Cecilia an.

»Darf ich Sie bitten, ein wenig leiser zu sein«, ermahnte sie die ältere Dame. »Ich kann Sie in dieser Lautstärke nicht durch die Flure spazieren lassen, zumal Sie offensichtlich keine Gäste unseres Hauses sind. Ausnahmsweise gestatte ich einer von Ihnen die Abholung ihrer Freundin. Allerdings muss ich die anderen beiden darum bitten, draußen zu warten, ansonsten sehe ich mich gezwungen, Sie alle von unseren Securitys herausbegleiten zu lassen.«

Widerwillig setzten sich Leah und Cecilia in Bewegung. Ich warf der Empfangsdame einen entschuldigenden Blick zu, bevor ich den von ihr beschriebenen Weg ins Innere des Hotels einschlug.

Ich stieg in den Aufzug und wunderte mich bereits jetzt nicht mehr darüber, dass dieser größer erschien als das Zimmer, welches ich zu Hause bewohnte. Eine monotone Frauenstimme informierte mich darüber, dass wir das zweite Stockwerk erreicht hatten und die Türen öffneten sich geräuschlos. Glücklicherweise wies mir ein Schild an der gegenüberliegenden Wand die Richtung, in die ich gehen musste. Als ich in den langen Flur einbog, funkelten mir filigrane Muster an den Wänden entgegen. Die glitzernden Steine sahen ein wenig wie Diamanten aus und ich fühlte mich beinahe so, als würde ich durch einen Sternenhimmel laufen. Langsam schlenderte ich über den weißen Teppich, der einen Großteil des Marmorbodens bedeckte. Der Besitzer dieses Hotels hatte keine Kosten und Mühen gescheut, um seinen Gästen absoluten Luxus zu bieten.

Beinahe hätte ich mich in all dem Prunk verloren, bis mir einfiel, weshalb ich hier war. Ich blieb stehen und besah mir das goldene Schild neben einer der weißen Türen genauer. In geschwungener Schrift war die Zahl 214 eingraviert. Hier war Cheyenne also.

Zögerlich trat ich einen Schritt nach vorne und nahm einen tiefen Atemzug, bevor ich gegen das Holz klopfte.

Einige Sekunden passierte nichts. Niemand rührte sich und ich hatte das Gefühl, die Luft anhalten zu müssen. Gerade als ich meine Hand erneut heben wollte, ertönte das Klicken eines Türschlosses.

Mit einem leisen Knacken wurde die schwere Tür geöffnet und kurz darauf stand ein Typ mit dunklen Haaren und einem noch dunkleren Jackett vor mir. Auch wenn ich ihn vorher im Casino nicht genau angesehen hatte, erkannte ich ihn wieder. Er sah jung aus; ich schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Seine eisblauen Augen sahen tief in meine und ich erkannte den Sturm, der in ihnen tobte. Sein Blick hielt den meinen lange fest, ohne dass er etwas sagte, dann wandte er sich abrupt ab.

»Hereinspaziert, Lady«, sagte er und trat zur Seite.

Erst jetzt erkannte ich die volle Pracht des Hotelzimmers, in das ich eintrat. Seidene, cremefarbene Tapeten, alte Gemälde, teure Schränke und ein goldumrandeter Spiegel fielen mir ins Auge. Ohne es zu wollen, klappte mir der Mund auf.

»Du befindest dich in einer der luxuriösesten Suiten in ganz Las Vegas.«

Ich drehte mich zu dem Typen um. Er hatte die Tür geschlossen und lehnte nun lässig an der Wand des Zimmers. Als er meinen Blick bemerkte, nickte er in Richtung einer weiteren Tür, die sich im selben Moment öffnete.

»Na endlich, June!«, kreischte Cheyenne und zog mich in eine heftige Umarmung. Doch irgendetwas an ihrem Lächeln gefiel mir ganz und gar nicht. Es war nicht wirklich … echt.

»Ist alles in Ordnung?«, flüsterte ich, in der Hoffnung, der Typ hörte mich nicht. Cheyenne nickte knapp.

»Gut, dann lass uns hier verschwinden.«

»Also«, keuchte Cheyenne trocken. »Was das angeht, haben wir, glaube ich, ein kleines Problem.«

»Ach ja?«, fragte ich irritiert und musterte sie eindringlich. »Und welches?«

»Blondie hat sich leider ein wenig verzockt«, meldete sich der Typ zu Wort. Er war mittlerweile nähergetreten und stellte sich nun mit verschränkten Armen vor uns.

»Verzockt?«, wiederholte ich und lachte, während ich eine Augenbraue hob.

»Blondie – Cheyenne, wie ich soeben herausgefunden habe dachte – sich heute Nacht, es sei eine tolle Idee, dem Sohn des Casinobesitzers zu folgen und auf ein Spiel mit ihm einzugehen. Die Details spare ich mir, denn ich habe nicht ewig Zeit.«

Sohn des Casinobesitzers?

Ich sah zu Cheyenne, deren Augen glasig wurden. »Was für ein Spiel, Cheyenne?«, fragte ich leise, doch sie antwortete nicht.

»Um was für ein Spiel geht es?«, richtete ich dieselbe Frage an Mister Sohn-des-Casinobesitzers, der gerade einen der silbernen Ringe an seiner Hand zurechtschob.

»Unwichtig«, entgegnete er monoton. »Das Einzige, das für dich von Interesse sein dürfte, ist die Tatsache, dass deine Freundin in ein Spiel verwickelt ist, aus dem sie nicht aussteigen kann.«

»Was hast du angestellt?«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, ohne Cheyenne auch nur anzuschauen. Jetzt kam der Typ gefährlich nahe auf mich zu. Er begutachtete mich, bevor er wieder einige Schritte zurücktrat.

»Weil ich heute einen guten Tag habe, werde ich Blondie aus dem Spiel entlassen … unter einer Bedingung.«

Mein Atem stockte, während mein Blick ganz kurz zu Cheyenne zuckte. Das Auf- und Abspringen meines Herzens versuchte ich zu ignorieren, während ich nun wie hypnotisiert auf den Jungen starrte, dessen Anwesenheit mich nervös werden ließ.

»Wenn Blondie raus ist, steht dieses Zimmer leer. Und damit …«, er zog das Wort beängstigend in die Länge, »wird ein Platz auf dem Spielfeld frei. Du hast die Ehre, ihren Platz einzunehmen, damit das Spiel weitergehen kann.«

Ich schnappte nach Luft. Immer wieder füllte sich meine Lunge mit Sauerstoff, doch ich hatte trotzdem das Gefühl, dass ich nicht atmen konnte.

»Und wenn ich Cheyennes Platz nicht möchte?«, fragte ich geradeheraus. Wie, zum Teufel, schaffte ich es plötzlich, so unfassbar standhaft zu bleiben, während ich gleichzeitig das Gefühl hatte, meine Beine würden jeden Moment nachgeben?

»Tja«, erwiderte der Typ. »Dann werde ich dich wohl oder übel davon überzeugen müssen, dass du es willst.«

Er legte den Kopf schief und kam näher. Einige Sekunden vergingen, in denen niemand ein Wort sprach. Kurz vor mir blieb er stehen und sah mit einem dunklen Lächeln auf mich herab. Er war einen Kopf größer als ich, weshalb ich zu ihm aufsehen musste.

»Wie ich sehe, ist die Begeisterung unendlich. Dabei sollte es dich freuen, dass jemand wie du die Chance dazu bekommt, sich zu beweisen.« Er legte seinen Zeigefinger unter mein Kinn und drehte meinen Kopf ein wenig zur Seite, dann beugte er sich dicht an mein Ohr. Ich spürte die Hitze seiner Haut, ohne dass sie mich berührte. »Oder ihre dunkle Seite herauszufordern«, raunte er und der Klang seiner Stimme bescherte mir eine Gänsehaut.

Als wäre es das Normalste der Welt, trat er einen Schritt zurück und streckte mir seine Hand entgegen.

Ich atmete einige Male tief durch, um sicher zu sein, dass meine Stimme nicht zitterte. »Bevor du mir nicht erklärt hast, worum es hier geht, werde ich gar nichts tun.«

»Schön«, willigte er ein. »Wie ich bereits deiner Freundin gesagt habe, geht es in diesem Spiel um das Abräumen von Prämien. Es werden mehrere Runden gespielt, bei denen du viel Geld absahnen kannst, solltest du dich gut anstellen. Der Sieger erhält am Ende den Jackpot des Casinos.«

Perplex sah ich ihn an. »Ohne Einsatz?«

Er grinste. »Wie jedes gute Spiel hat auch dieses einen berüchtigten Haken. Doch wie langweilig wäre es, wenn ich ihn dir einfach verraten würde?«

Er beugte sich zu mir. »Wie wär’s, wenn du ihn selbst herausfindest? Du musst wissen … das hier ist kein Spiel um Sieg oder Niederlage. Hier geht es um mehr. An manchen Tagen wirst du dich fragen, warum du eingewilligt hast, mitzuspielen; an anderen wiederum wirst du den Spaß deines Lebens haben, während du Las Vegas zu deiner Stadt machst.«

»Mach es nicht, June«, riet mir Cheyenne. »Irgendetwas an dem Spiel ist verdammt faul.«

Ja, vielleicht war es das; ganz bestimmt sogar. Doch überraschenderweise schreckte mich diese Erkenntnis nicht ab. Im Gegenteil. Sie machte mich neugierig. Was sollte schon Schlimmes passieren? Im worst case behielt ich die Stadt als betrügerisch und unwürdig in Erinnerung. Aber mit etwas Glück könnte dieser Trip zum besten meines Lebens werden. Niemand würde sich mehr dafür interessieren, sobald wir wieder in Kalifornien waren.

»Was in Vegas geschieht, bleibt in Vegas«, führte Mister Sohn-des-Casinobesitzers meine Gedanken zu Ende, als hätte er jedes Wort gehört. Er sah mich mit einem so vielsagenden Blick an, dass ich nicht anders konnte, als zu sagen: »Wieso eigentlich nicht?«

»Was?«, stieß Cheyenne entsetzt aus. »Das ist ja wohl nicht dein Ernst, June, oder? Das hier ist unser Girlstrip. Wir wollten doch endlich mal zusammen raus aus unserem Leben und rein in die Welt.«

»Also, zunächst rette ich dir damit gerade den Arsch«, stellte ich klar. »Außerdem tue ich genau das, was wir vorhatten. Ich will raus! Raus aus dem Leben, das ich kenne und das ich so verabscheue. Das hier ist die perfekte Chance dazu. Ich weiß, wir wollten zu viert Las Vegas unsicher machen …«

»Das könnt ihr«, unterbrach mich der Typ, der unserem Gespräch amüsiert gefolgt war. »Das ist mein Versprechen, wenn du mitspielst.«

Er sah zwischen Cheyenne und mir hin und her.

»Leah und Cecilia werden das Hotel abfackeln, wenn ich ohne dich zurückkomme, June.«