Hochsensibilität und Depression - Reinhold Ruthe - E-Book

Hochsensibilität und Depression E-Book

Reinhold Ruthe

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Beschreibung

Rund 20% der Bevölkerung in Deutschland sind hochsensibel. Zu den vielen Facetten dieser besonderen Begabung gehört auch die Anfälligkeit für starke Stimmungsschwankungen bis hin zur Gefahr, in eine Depression abzurutschen. Reinhold Ruthe zeigt auf, was hinter dem Phänomen Hochsensibilität steckt und wie es Betroffenen gelingen kann, den Kampf mit Stimmungsschwankungen und Depressionen zu bestehen. Zudem gibt er praktische Tipps für Betroffene, Angehörige und Seelsorger, die mit den Folgen einer Depression zu kämpfen haben.

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Reinhold Ruthe

Hochsensibilität

und Depression

So bleiben Sie geschützt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86506-922-1

© 2016 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: fotolia ileana_bt

Satz: Brendow Web & Print, Moers

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Kapitel 1

Wie verstehen wir das Zusammenspiel von Hochsensitivität und Depression?

Kapitel 2

Was verstehen wir unter einer depressiven Gemütsverfassung?

Kapitel 3

Elternhaus und Depressionen

Kapitel 4

Problematische seelsorgerliche Hilfen im Umgang mit Depressiven

Kapitel 5

Welche Veränderungsschritte können dem Depressiven helfen?

Kapitel 6

Wie begegnen wir dem hochsensitiven Depressiven in Beratung und Seelsorge?

Kapitel 7

Konkrete Hilfen im Seelsorgeprozess

Kapitel 8

Zwei Kurztests über Depressionen

Anmerkungen

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Die seelische Niedergeschlagenheit, die Depression, ist weltweit sehr verbreitet. Wir sprechen in der Tat schon von einer „Volkskrankheit“. In einer Zeitschrift lese ich: „Allein in diesem Jahr werden weltweit 121 Millionen Menschen an Schwermut erkranken, davon mindestens fünf Millionen in Deutschland […] Jede Stunde bringt sich in Deutschland ein Mensch um – mindestens zehn weitere versuchen es. In vielen Fällen ist eine Depression der Auslöser. Quer über den Globus zerstört keine andere Krankheit mehr gesunde Lebensjahre als die Depression.“1

Rund 10000 Menschen sterben jährlich in Deutschland durch eigene Hand. Es sterben – statistisch gesehen – mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Mord, Totschlag, Aids und illegale Drogen zusammen.

Die meisten Depressiven sind gleichzeitig hochsensitiv bzw. hochsensibel. Hochsensitivität und Depression müssen nicht gemeinsam auftreten. Hochsensitivität ist nicht unbedingt an Depression gebunden. Aber häufig treten sie gemeinsam auf, denn sie sind ein eingespieltes Paar. Das ist seit vielen Jahren meine Beobachtung.

Beide Einstellungsmuster ergänzen sich,

beide spielen perfekt zusammen,

beide belasten sich auch gegenseitig.

Darum ist es für Beratung, Therapie und Seelsorge wichtig, die Hintergründe, die Motive und Zusammenhänge zu erkennen, um schweren Belastungen und seelischer Niedergeschlagenheit vorzubeugen.

Hochsensibilität ist keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine bestimmte Form der Wahrnehmung. Die Betroffenen sind mit einer besonderen Gabe gesegnet.

Sie sind

– ausgesprochen einfühlsam und feinfühlig, besitzen eine hohe Intuition, Kreativität und Empfindsamkeit,

– sie interessieren sich stark für spirituelle Fragen und haben eine tiefe Sehnsucht nach einer geistlichen Heimat,

– sie werden von allen Reizen schneller überflutet,

– sie erkennen durch ihre hochsensiblen Antennen schneller und tiefer Probleme der anderen,

– sie sind durch die überstarke Empfindlichkeit ihrer Sinne leicht überstimuliert, werden überwältigt von allem, was auf sie einströmt, sodass sie stärker unter Anspannung und innerer Nervosität leiden.

Sind Hochsensitive dann noch mit einer Anlage zur Depressivität belastet, ergibt sich häufig ein kritisches Zusammenspiel. Die traurigen, grüblerischen, sorgenvollen und niederdrückenden Gedankenspiele des Depressiven sind mit den überwachen Sinnen den Hochsensitiven verbunden. Der Tastsinn, das Gehör, der Geruch, das Sehen – alle Sinne reagieren auf alles, was von draußen und von innen kommt, wacher und empfindlicher.

Im Buch benutze ich vorwiegend den Begriff „hochsensitiv“ statt hochsensibel, weil er von der Wortbedeutung her stärker unsere fünf Sinne spiegelt, mit denen die Betroffenen empfindlicher, gereizter und verletzlicher reagieren.

Meine Beobachtung in jahrzehntelanger Therapie und Seelsorge ist, dass viele Burn-out-Gefährdete dann unter dieser Störung besonders leiden, wenn sie gleichzeitig Kennzeichen einer depressiven Stimmungslage in sich tragen, also „affektive Störungen“ widerspiegeln, wie Fachleute sie kennzeichnen, und gleichzeitig zu den Hochsensitiven gehören.

Zusammengefasst:

Menschen, die hochsensitiv sind und gleichzeitig mit depressiven Einstellungen leben, fühlen sich weniger wohl, empfinden weniger Freude und eine sinnvolle Daseinsgestaltung. Probleme, Sorgen, Ängste, Befürchtungen, Energielosigkeit und endlose Grübeleien belasten den Alltag.

Auch viele Patienten, die vom Arzt die Diagnose „Erschöpfungsdepression“ erhalten, sind nur dann schnell wieder auf den Beinen, wenn sie keine Hochsensitivität und depressive Störungen aufweisen.

Die Betroffenen, Hochsensitive und Depressive, Junge und Alte, Frauen und Männer, suchen Wege aus der Krise. Das Buch will klären:

Wie hängen die Probleme zusammen?

Was wird vererbt, was wird anerzogen?

Welche Rolle spielen Erfahrungen, Traumatisierungen und Prägungen?

Warum verstärken schwierige Elternhäuser die Störfelder?

Wie können hilfreiche Widerstandskräfte im Menschen mobilisiert werden?

Wie kann der christliche Glaube helfen, besser mit allen auftauchenden Konflikten umzugehen?

Ich hoffe, dass die Betroffenen sich selbst besser verstehen, Möglichkeiten der Veränderung erkennen und nicht weiter resignieren. Dass sie ermutigt werden, mit Gottes Hilfe ihr Gewordensein anzunehmen – nicht nur dagegen anzukämpfen – und gangbare Wege und neue Quellen aufzuspüren, die hohe Empathie wirkungsvoll einzusetzen und sich nicht aufzugeben.

Ich wünsche mir, dass das Wort der Bibel für die Betroffenen wahr wird:

„Alle eure Sorgen werfet auf ihn; denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5,7)

Ich wünsche mir,

– dass einige das Werfen lernen,

– dass einige ihre belastenden Muster verändern,

– dass einige aus niederdrückenden und zerstörerischen Erfahrungen herauswachsen und mit Gottes Kraft neue Glaubens-, Einstellungs- und Umgangsmuster praktizieren.

Viele Regeln und Änderungsmuster werden genannt. Jeder sucht die Hilfen heraus, die ihm nützlich und angemessen erscheinen.

Kapitel 1

Wie verstehen wir das Zusammenspiel von Hochsensitivität und Depression?

Wenn wir das Zusammenspiel von Hochsensitivität und Depression verstehen wollen, müssen wir uns mit der Entstehung sowie der wissenschaftlichen Begrifflichkeit vertraut machen. Mit liegt am Herzen, die Problematik so verständlich wie möglich darzustellen.

Was ist Hochsensitivität?

Einige unterschiedlich benutzte Begriffe stehen im Raum:

– Hochsensibilität

– Hochempfindsamkeit

– Hochsensitivität

– Hochempfindlichkeit

– Hypersensibilität

– Überempfindlichkeit

Der letzte Begriff klingt sehr negativ, obschon etliche Betroffene sich hier einordnen würden. Zwei Begriffe werden heute am meisten verwendet: Hochsensibilität und Hochsensitivität. Da die meisten Betroffenen mit allen Sinnen reagieren, gebe ich letzterem Begriff den Vorzug. Schauen wir im Wörterbuch nach, was mit den einzelnen Begriffen gemeint ist, ergibt sich folgende Erklärung:

Im Vorwort wurde schon einiges erklärt. Was sind die Wahrnehmungen, die Bedürfnisse, die Begabungen und die Schwächen dieser Persönlichkeit?

Zunächst gehen Wissenschaft und Forschung davon aus, dass Hochsensitivität schon bei der Geburt vorhanden ist. Man sagt, dass in zwei von drei Fällen die Anlage von der Geburt an vorhanden ist. Viele Hirnforscher sprechen nicht mehr von klarer Vererbung, weil – unabhängig von den Genen – der kleine Mensch im Mutterleib neun Monate mit den Gefühlen, Gedanken und Problemen der Mutter eingedeckt wurde. Bei einem Drittel wird Hochsensitivität durch Traumatisierungen in der Kindheit, durch schwere Benachteiligung, Vernachlässigung, Scheidung der Eltern und weitere negative Lebensereignisse hervorgerufen. Davon wird später ausführlich die Rede sein. Leib, Seele und Geist verarbeiten und verinnerlichen die Erfahrungen.

Jeder 5. Mensch ist von Hochsensitivität betroffen. Kinder beiderlei Geschlechts reagieren ähnlich. Nicht nur für den Menschen trifft das zu, sondern auch für die höheren Säugetiere wie Katzen, Hunde, Pferde und andere Tiere.

Hochsensitivität ist eine Begabung und ein Geschenk

Hochsensitive Menschen reagieren mit ihren Sinnesorganen stärker auf alle Reize von innen und außen. Sie besitzen eine feinere und detailliertere Wahrnehmung für Farben, Geräusche, Musik und die Luft. Wer doppelt und dreifach so viele Sinnesreize und Emotionen in derselben Zeit wie andere erfassen und verarbeiten kann, der muss sehr stark sein. Die Empfindungen anderer Menschen, Leid, Konflikte, Probleme, Frust, Verunsicherung, Enttäuschung und Ärger überfluten geradezu den Hochsensiblen. Sie werden schneller und intensiver wahrgenommen. Viele Künstler, Maler, Schriftsteller, Architekten und Grafiker finden sich unter den Hochsensitiven.

Sie haben einen Sinn

– für Harmonie und Schönes,

– für Formen, Bilder und Gedichte,

– für Farben und Ästhetik.

Haut und Tastsinn reagieren empfindsamer auf Temperaturen, auf Druck, Hitze und Kälte. Hochsensitive Ärzte spüren Unregelmäßigkeiten bei Patienten häufig schneller und besser.

Die prophetische Begabung vieler Hochsensitiver

Ihre feinen Antennen und ihre spirituelle Offenheit machen sie empfänglich für übernatürliche Phänomene. Wenn sie Christen sind, entwickeln sie eine innige Beziehung zu Jesus. Bibeltexte und Predigten werden gründlicher aufgenommen, länger und nachhaltiger diskutiert. Sie lesen zwischen den Zeilen und sind prädestiniert, übersinnliche Botschaften zu empfangen. Ihnen gelingt es oft leichter, Texte, die Jahrtausende alt sind, in die Gegenwart zu übersetzen. Andere Christen in den Gemeinden, denen man eine hohe Realitätssicht nachsagt, haben mit diesen hochsensitiven Christen Schwierigkeiten.

Ihre Gebete und Gedanken berühren ihren gesamten Organismus.

– Sie spüren Gottes Gegenwart,

– sie hören Gottes Stimme,

– sie erleben seine Nähe,

– sie werden von Gefühlen der jenseitigen Welt überwältigt.

Hochempfindliche besitzen auch ein reicheres Innenleben als der Durchschnitt. Stimmungen aus Film, Musik und dem geistlichen Leben werden differenzierter wahrgenommen. Sie können gründlicher und einfühlender darüber berichten.

Weiter besitzen diese Menschen eine spezielle Intuition für Probleme, Konflikte und Gefühle anderer Menschen.

Sie sehen mehr,

sie fühlen mehr,

sie empfinden mehr.

Darum sind unter Beratern, Seelsorgern und Helfern viele Hochsensitive zu finden, die es verstehen, sich durch Einfühlung und eine gekonnte Fragestellung in die Gemütswelt des Ratsuchenden einzuarbeiten.

Hochsensitivität kann auch negativen Stress auslösen

Doch es gibt auch Schattenseiten dieses Geschenks. Weil hochsensitive Menschen so feinempfindlich sind, reagieren sie mit allen Sinnesreizen überstimuliert. Anderen gegenüber agieren sie

– gehemmter und schüchterner,

– vorsichtiger und zurückhaltender,

– angespannter und nervöser,

– verletzter und mimosenhafter,

– unverstandener und „irgendwie anders“.

Viele ziehen sich zurück, leiden an ihrer Isolation, fühlen sich in der Schule ausgestoßen und gemobbt. Auch als Erwachsene fühlen sich viele

– nicht gemocht,

– nicht verstanden,

– als Außenseiter.

Sie erleben, dass sie als zickig und kompliziert eingestuft werden. Dieses „Leiden“ kann im Laufe des Lebens zum Teil überwunden werden, es kann sich aber auch verstärken und diese Menschen belasten und beeinträchtigen. Aus der Begabung ist eine Belastung geworden.

In der Gemeinde, in Beziehungen und im Arbeitsprozess reagieren sie enttäuschter, verletzlicher und immer wieder gestresster. Diese Menschen wenden pausenlos mehr Energie auf als der Durchschnitt. Die Folge: Sie kommen auf allen Gebieten schneller an ihre Leistungsgrenze. Und der Abbau des Cortisols im Blut, der sich durch negativen Stress bildet, dauert länger.

Das Zusammenspiel mit depressiven Mustern

Weil diese Menschen von Hause aus hochsensitiv, hochsensibel reagieren und an sich leiden, werden depressive Züge auch intensiver und belastender erlebt. Leider gehören depressive Anlagen in allen Schweregraden oft mit zum Persönlichkeitsinventar des Hochsensitiven.

In Gegenwart und Vergangenheit hat es viele Menschen gegeben, die von Schwermut und Depression gekennzeichnet waren. Ich nenne nur einige:

– Prinz Claus der Niederlande

– Winston Churchill, einer der großen Staatsmänner des Zweiten Weltkriegs

– Abraham Lincoln

– der dänische Philosoph Sören Kierkegaard

– Martin Luther

Auch Bibelhelden, Menschen mit großem Mut, blieben von diesem Leiden nicht verschont:

– König David von Israel

– der Prophet Elia

– der Prophet Jeremia

– wahrscheinlich Paulus

„Jeder Tag ist ein Kampf ums Überleben“

Ein Beispiel aus einer Zeitung: Dort geht es um die Tochter des Erzbischofs von Canterbury, die diesen Satz der Überschrift formulierte. Der Erzbischof ist das geistliche Oberhaupt von 77 Millionen Anglikanern weltweit und wurde 2013 gewählt.

Die 28-jährige Tochter kämpft seit Jahren gegen die Depression, sie leidet seit ihrer Jugend unter der Krankheit. Es sei ein täglicher Kampf ums Überleben. Sie ist für eine Wohltätigkeitsorganisation tätig, die Menschen mit Behinderung hilft, möglichst selbstständig und eigenständig mit dem Leben fertigzuwerden. Sie selbst kann nur zwei Tage in der Woche arbeiten, dann sind ihre Kräfte aufgezehrt. Das ist auch wieder typisch für den Depressiven, wenn er gleichzeitig hochsensitiv ist. Seine fünf Sinne sind im Allgemeinen hoch beansprucht. Mit seinen Energien kommt er schnell an seine Grenzen.

Er nimmt auch alles tragischer, empfindet alles stärker und erlebt alles intensiver.

Die junge Dame akzeptiert ihre Krankheit. Sie weiß, sie gehört zu ihrem Leben.2

Der große Prophet Gottes: Elia

Die Krankheit ist uralt. Selbst in der Bibel erleben wir Menschen, die von Depressionen oder von Schwermut heimgesucht werden.

Da ist der große und mächtige Prophet Gottes, Elia. Er war nicht gegen Depression gefeit. In der Bibel werden uns seine Höhen, seine Grandiosität, aber auch seine Tiefen, seine Verzweiflung und sein Wunsch zu sterben berichtet. Wir schreiben das Jahr 850 vor Christi Geburt. In Israel herrscht der gottlose König Ahab. Zwischen dem König und Elia gab es eine unüberbrückbare Feindschaft. „Ahab tat, was dem Herrn missfiel“, so heißt es in 1. Könige 16,30. Er baute einen Götzentempel.

Auf dem Berg Karmel kommt es zu einem Duell zwischen dem Götzen Baal und dem Gott des Himmels und der Erde. Beide Propheten-Parteien wollen Stiere opfern. Der Gott, der die wahre Macht besitzt, soll Feuer schicken. Das Volk ist einverstanden, und die Prozedur beginnt. Die Priester Baals schreien: „Baal, erhöre uns!“ Aber der Götze rührt sich nicht. Elia kniet ganz ruhig vor seinem Altar nieder, spricht ein Gebet, und der lebendige Gott beantwortet es mit einem riesigen Schauspiel und entzündet das Feuer. Elia erlebt wahrscheinlich den beeindruckendsten Tag seines ganzen Lebens. Der Prophet stand allein einigen hundert Baalspriestern gegenüber. Der lebendige Gott, sein Gott, erwies sich als der Allmächtige.

Aber dann fällt Elia unvorstellbar aus der höchsten Höhe in die schlimmste Tiefe. Die Königin, eine treue Baals-Anhängerin, will sich rächen. Sie will ihn verfolgen und umbringen. Plötzlich vergisst Elia Gottes Macht und gerät in Panik.

Der große Elia klappt zusammen.

Er flieht in die Wüste.

Er liegt unter einem Ginsterstrauch und will sterben.

Er wünscht sich den Tod. „Es ist genug! So nimm nun, Herr, mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Väter!“ Bei schweren Depressionen sind oft Selbstmordgedanken im Spiel.

Auch Elia ist lebensmüde.

Depression ist fast immer mit Hochsensitivität verbunden. Denn auch die Negativdeutung des Hochsensitiven kann sich verschlimmern und verstärkt sich zu depressiven Einstellungsmustern. Das heißt, eine depressive Grundstimmung muss anlagemäßig nicht unbedingt vorhanden sein. Die Negativgefühle des Hochsensitiven verstärken sich und wandeln sich in depressive Verhaltensmuster wie Angst, starke Befürchtungen, Trauer, Versagensgefühle und Grübeleien. Keine Frage, dass diesen Betroffenen in Beratung, Seelsorge und Therapie leichter zu helfen ist als denen, die neben der Hochsensitivität auch gleichzeitig eine depressive Anlage mit auf die Welt bringen.

Nichts muss bleiben, wie es ist

Wenn der Hochsensible und Depressive unter seiner Dünnhäutigkeit und seiner extremen Hellhörig- und Hellfühligkeit leidet, dann darf er wissen, dass alles im Leben korrigierbar und veränderbar ist. Wer sich erkennt, wer sich besser versteht, kann das eigene Leben besser organisieren, verändern und muss sich mit seiner Lebenseinstellung nicht resigniert abfinden.

Wir Christen reden nicht umsonst

vom „neuen Menschen“,

von der „neuen Geburt“,

von einer Gesinnungsänderung,

von einer Denk- und Lebensstiländerung.

Altes und Belastendes kann abgelegt werden. Eintrainierte Erfahrungen, unbewusste Prägungen und Erkenntnisse, die wir uns angeeignet und angewöhnt haben, können wir mit Gottes Hilfe umpolen.

Besonders die Hirnforschung macht heute darauf aufmerksam, dass Anlage und Vererbung etwa nur ein Drittel unserer Persönlichkeit bestimmen. Wichtiger sind spätere Einflüsse und Erfahrungen, Veränderungen des Denkens, Veränderung der Lebenseinstellung, Entdeckerfreude und Gestaltungslust, die neue Hirnzellen wachsen lassen.

Von daher ist eine Veränderung von kritischen Lebenseinstellungen jederzeit und in jedem Alter möglich. Wo wird das deutlich? Ob ein Kind als Inuit geboren wird, im Regenwald Amazoniens, als Kind eines Arbeitslosen Europäers oder als Kind eines wohlangesehenen Akademikers – aus allen wird etwas. Aber aus jedem etwas anderes. Die Umstände bestimmen, nicht die Veranlagung. Jedes entwickelt daher auch ein anderes Gehirn.

Unzählige Gaben, die Gott in uns Menschen angelegt hat, werden nicht genutzt. Sie werden ganz unterschiedlich beansprucht und können neu entfaltet werden.