Kiesel, die Elfe - Das Geheimnis der bunten Berge - Nina Blazon - E-Book

Kiesel, die Elfe - Das Geheimnis der bunten Berge E-Book

Nina Blazon

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Beschreibung

Auf Abenteuersuche ist es am schönsten!

Der Herbst hat Einzug ins Veilchental gehalten. Gespannt wartet Kiesel auf den Tag, an dem die Feuerdrachen über das Tal hinwegfliegen werden. Denn zusammen mit ihrem Freund Windurinn hat sie einen tollkühnen Plan geschmiedet: Sie will mit Hilfe des großen Wolkenschattens zur weit entfernten Dracheninsel reisen. Kiesel hofft, von der alten Sternelfe, die dort leben soll, mehr über ihre ungewöhnliche Magie zu erfahren und das Geheimnis ihrer wahren Herkunft zu lüften. Mutig stürzt sich die kleine Elfe hinein in ein großes Abenteuer – und was Kiesel wirklich auf der Insel vorfindet, übersteigt ihre wildesten Träume …

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Es gab Sommer im Veilchental, die waren besonders leuchtend und warm. Aber in diesem Jahr waren sich alle Elfen darüber einig, dass sie den schönsten und buntesten Sommer seit Langem erlebt hatten. Und auch wenn die Blumenelfen bereits eifrig Wintervorräte sammelten, trafen sich kleine Gruppen von ihnen abends noch auf den verblühten Wiesen und feierten. In der klaren Luft klang ihre Musik bis zur großen Felsenburg hoch. Dort standen auf einem Balkon die zwei Altelfen Fiamara und Citrinia und schauten hinunter ins Tal.

»Ach, es war ein hübscher, ruhiger Sommer«, sagte Citrinia versonnen.

Fiamara, die Feuerelfe, nickte. »Ja, es war wirklich schön ruhig«, bestätigte sie. »Manchmal fast ein bisschen zu ruhig. Um nicht zu sagen: auch ein kleines bisschen … nun ja …«

»… langweilig?«, ergänzte Citrinia.

Fiamara lachte leise. »Es ist zumindest nichts besonders Aufregendes und Ungewöhnliches passiert.«

»Kein Wunder«, erwiderte Citrinia. »Unsere kleine Steinelfe Kiesel hat schließlich schon lange nichts mehr angestellt. Weißt du noch, wie sie im letzten Jahr ihren Steinelfenzauber ausprobiert und dabei eine ganze Höhlenwand einfach weggesprengt hat?«

Fiamara lachte vergnügt auf. »Oder wie sie mit ihrem Zauber das halbe Flussviertel überflutet und den Wasserplatsch aus dem Fluss geschwemmt hat?«

»Stimmt!«, rief Citrinia. »Oder die Laternen beim Finsterfasching. Kiesel hat sie aus Versehen in ein explodierendes Feuerwerk verwandelt und damit die ganze Party gesprengt.«

Beide Altelfen kicherten in sich hinein. Ja, wo Kiesel war, war auch das Chaos nie weit. Aber genau das ist auch das Schöne an unserer jüngsten Elfe, dachte Fiamara bei sich. Sie sorgt dafür, dass es im Veilchental nicht zu ruhig und langweilig wird. Doch in diesem Sommer hatte man Kiesel kaum zu Gesicht bekommen. Fiamara kniff die Augen zusammen, aber auch heute entdeckte sie weder auf den Wiesen noch am Fluss eine Elfe mit gelbem Kleid und zu kurzen Flügeln. »Seltsam«, wunderte sie sich. »Ich werde mal nachsehen, wo das Springfeuerchen steckt.«

Damit verließ sie den Balkon und eilte zum Schlafraum der Jungelfen. Doch Kiesel war nicht hier. Fiamara suchte in den anderen Felskammern und im großen Festsaal und eilte schließlich die Treppen hoch, die zu den steinernen Höhlenzimmern unter dem Dach der Felsenburg führten. Als sie schnaufend dort ankam und gerade um die Ecke biegen wollte, rannte ihr jemand entgegen, ohne sie zu bemerken. »Vorsicht!«, rief die Feuerelfe noch, aber da war Kiesel schon im Rennen gegen sie geprallt.

»Uff!«, keuchte Kiesel. Ein dickes, verstaubtes Buch rutschte ihr aus der Hand und fiel mit einem lauten Knall zu Boden.

»So schreckhaft, Fünkchen?«, sagte Fiamara. »Und warum verkriechst du dich denn hier oben?«

Kiesel schluckte und bemühte sich um ein Lächeln. »Ich … ähm … wollte einfach in Ruhe lesen.« Doch dabei glühten ihre Wangen verräterisch rot auf.

Aha!, dachte Fiamara bei sich. Vielleicht heckt das kleine Flämmchen ja doch wieder irgendetwas aus? Sie unterdrückte ein Schmunzeln. »Für das Lesen sind die langen, öden Wintertage da«, sagte sie dann mit gutmütigem Tadel. »Im Sommer sollen Jungelfen sich auf den Wiesen austoben und keine Höhlenhocker sein. Aber du verkriechst dich schon seit Wochen. Und warum steckst du deine Nase in verstaubte Elfenchroniken?« Fiamara hob das Buch auf. Es bestand aus zwei Holzdeckeln, zwischen denen Papier aus gepressten Blütenblättern eingebunden war. Mit grüner Baumsafttinte hatte Arbus, der alte Baumelf, darin vor langer Zeit etwas niedergeschrieben. Und auf der aufgeschlagenen Seite prangte neben der grünen Schrift auch die Zeichnung eines Feuerdrachen. »Du liest Bücher über Drachen?«, wunderte sich Fiamara.

Kiesels Wangen glühten noch mehr. Hastig nahm sie der Feuerelfe das Buch aus den Händen. »Ich … ähm … will alles über das Veilchental lernen. Und die Drachen gehören ja schließlich dazu.«

»Wie kommst du denn darauf, Fünkchen?« Fiamara schüttelte mit einem feurigen Schnauben den Kopf. »Nur weil der große Wolkenschatten und fünf kleinere Drachen am Beginn des Herbstes über uns hinwegfliegen, heißt das nicht, dass wir mit diesen gefährlichen Ungeheuern irgendetwas zu tun haben wollen.«

Kiesel biss sich auf die Unterlippe. »Woher weißt du, dass Drachen so gefährlich sind?«, fragte sie dann zaghaft. »Hast du sie schon einmal aus der Nähe gesehen?«

Die Altelfe schüttelte entrüstet den Kopf. »Wo denkst du hin? Wir sind froh, dass sie niemals im Tal landen. Stell dir vor, was sie mit einem einzigen feurigen Atemhauch hier anrichten könnten.«

Kiesel senkte den Blick und drückte das Buch fest an sich. Sie hoffte, Fiamara würde ihr nicht anmerken, dass ihr Herz schon beim Gedanken an feuerspeiende Drachen vor Aufregung in ihrer Brust trommelte.

»Manche sagen aber, sie sind für uns Elfen gar nicht gefährlich«, wandte sie ganz vorsichtig ein. »Weil große Drachen uns nämlich gar nicht richtig wahrnehmen. Sie verwechseln uns mit Mücken und beachten uns gar nicht. Sie sind sozusagen … elfenblind.«

»Elfenblind?« Fiamara lachte schallend los. »Wer erzählt denn solche Märchen? Wollen die frechen Flusselfen dich wieder aufziehen? Keine Elfe dieser Welt ist einem Drachen jemals so nahe gekommen, um auszuprobieren, ob sie uns wahrnehmen oder nicht.«

Irgendwo in einem schattigen Winkel erklang ein ersticktes Prusten. Fiamara fiel es nicht auf, aber Kiesel sah für einen Augenblick zwei mondhelle, runde Augen aufleuchten. Ihr bester Freund, das Mini-Monster Mino, leistete ihr beim Lesen in den Dachkammern nämlich immer Gesellschaft. Und Kiesel wusste genau, warum ihr Freund nun kicherte: Fiamara ahnte es nicht, aber Kiesel war einem Drachen schon einmal sehr nahe gekommen. Keinem Feuerdrachen, zugegeben. Aber immerhin einem knuffigen blauen Wasserdrachen. Noch jetzt erinnerte Kiesel sich daran, wie gummiartig sich seine Schuppenhaut angefühlt hatte – und wie stark sie nach Fisch und fauligen Algen gemüffelt hatte.

»Kiesel!« Der laute Ruf hallte von der Treppe herauf. Es war Kiesels beste Freundin, die Blumenelfe Lilana. »Ich habe Federsamen gefunden«, rief sie aufgeregt. »Sie sind leicht wie der Wind und trotzdem so nahrhaft wie Honig.« Im nächsten Augenblick stürzte Lilana schon in den Raum und sprudelte völlig atemlos weiter: »In deinem Rucksack kannst du so viele Samen mitnehmen, dass du dich auf der ganzen Reise satt essen kannst …« Kiesel hielt erschrocken die Luft an und schüttelte den Kopf und Mino nuschelte in seinem Versteck warnend: »Psst!«

Aber da hatte Fiamara sich schon umgedreht und sah Lilana fragend an. Erst jetzt bemerkte die Blumenelfe, dass Kiesel nicht allein war, und bremste erschrocken ab. »Ups«, sagte sie und schlug sich die Hand vor den Mund.

»Was für eine Reise?«, fragte Fiamara. »Wo will Kiesel denn hin?«

Lilana wurde erst blass im Gesicht, dann so rot wie eine Mohnblüte. »Äh, öhm, also …«, stotterte sie.

»Eigentlich ist es nur ein kleiner Ausflug«, beeilte sich Kiesel zu sagen.

»Und dafür brauchst du eine ganze Tasche voller Federsamen?« Fiamara runzelte die Stirn. »Wohin willst du denn fliegen?«

»Ich fliege nicht«, erklärte Kiesel hastig. Das stimmte. Mit ihrem vollgepackten Rucksack zwischen den Flügeln würde sie nämlich gar nicht fliegen können. Das Fliegen würde jemand anderes übernehmen – jemand mit zwei flinken Federflügeln.

»Du willst also wandern gehen?« Fiamara schüttelte ungläubig den Kopf. »Ts, ts, Flämmchen, du bist wirklich immer für eine Überraschung gut.« Doch zu Kiesels Erstaunen lächelte Fiamara bei diesen Worten so vergnügt, dass ihre schwarzen Kohleaugen aufleuchteten. »Aber ich bin froh, dass du nach deiner langen Höhlenhockerei wieder unternehmungslustig bist, Fünkchen. Du willst also für ein paar Tage aushäusig sein.«

»Aushäusig?«, fragte Kiesel verdutzt.

Fiamara nickte. »So nennt man es, wenn Jungelfen sich plötzlich brennend danach sehnen, ganz allein etwas Besonderes zu erleben. Von einem Tag auf den anderen glühen sie vor Abenteuerlust und wollen hinaus in die weite Welt, um ihren Mut zu beweisen.« Sie seufzte wehmütig. »Ach, ich erinnere mich noch gut an meine eigene Mutprobe, als ich noch jung war!«

»Was hast du denn gemacht?«, wollte Lilana wissen.

»Ich bin weit, weit fortgeflogen«, erwiderte Fiamara geheimnisvoll. »Mitten in die Wildnis führte mein Weg – bis zu den Vogelfelsen auf der anderen Seite des Flusses. Und dort blieb ich drei Tage und Nächte. Ganz allein, stellt euch das vor. Aufregend war das!«

Kiesel musste sich ein kleines Grinsen verkneifen. Weit, weit fort, mitten in der Wildnis? Der Vogelfelsen befand sich noch im Veilchental, sogar in Sichtweite der alten Baumbibliothek. »Das … äh … war bestimmt spannend«, sagte sie höflich zu Fiamara.

»Das war es«, bestätigte die Altelfe. »Ich denke noch heute oft daran zurück.«

Lilana verzog nachdenklich den Mund. »Komisch, ich wollte noch nie von hier fort.«

»Manche Elfen sind eben aushäusiger als andere«, sagte Fiamara und sah Kiesel dabei vielsagend an. »Wo wirst du dein Abenteuer suchen, Wandersteinchen?«

Kiesel wich dem Blick der alten Elfe aus. Es war gar nicht so einfach, Geheimnisse zu hüten. Vor allem, wenn es große Geheimnisse mit feurigen Schuppen waren, die den Altelfen gar nicht gefallen würden. »An einem … ähm … ziemlich windigen Ort«, sagte sie vage. »Auf einem Berg.«

»Da bin ich aber erleichtert«, sagte Fiamara. »Ich dachte schon, du heckst wieder etwas ganz Unmögliches und Gefährliches aus. Dabei willst du nur neben dem Wasserfall ein Stück bergauf klettern und dort darauf warten, dass am Drachentag der Schwarm über unser Tal hinwegfliegt. Vom Berg aus willst du die Drachen beobachten.«

Seltsamerweise kam das der Wahrheit sogar ziemlich nahe.

»So ähnlich, ja«, gab Kiesel zu.

»Deshalb liest du also diese Bücher«, ergänzte Fiamara. »Aber hast du gar keine Angst vor dem großen schuppigen Wolkenschatten?«

»Ehrlich gesagt schon«, erwiderte Kiesel.

Sie hatte erwartet, dass Fiamara ihr den Plan nun ausreden würde, aber zu ihrer Überraschung nickte die Altelfe voller Verständnis.

»Das ist gut«, sagte sie. »Sehr gut sogar. Wenn man Abenteuer erleben will, gehört immer auch ein bisschen Angst dazu. Angst hilft einem dabei, vorsichtig zu sein und sich nicht in zu große Gefahren zu begeben. Und nur wer Angst hat, kann auch Mut beweisen. Denn mutig zu sein heißt im Grunde nichts anderes, als Angst zu haben und trotzdem zu tun, wofür man aus ganzem Herzen brennt.«