Mord auf Belford Castle - Philippa Jordan - E-Book

Mord auf Belford Castle E-Book

Philippa Jordan

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Beschreibung

Vier Krimi-Begeisterte und ein Pudel auf der Spur eines Mörders – Cosy Crime für alle Fans von Richard Osman und dem Donnerstagsmordclub »Es gibt nicht viel, was einem die Ferien so verhageln kann wie eine Leiche.«  Als ihre Enkelin sie zu Ferien mit Buchclub auf dem Land überreden möchte, reagiert die 70-jährige Minna zunächst ablehnend. Aber warum nicht ein paar Wochen auf einem alten englischen Herrensitz verbringen und Krimis lesen? Doch kaum ist Minna auf Belford Castle angekommen, wird im Schlossgarten eine Leiche gefunden. Es ist der schweigsame Butler des Hausherrn, an seinem Körper kein Anzeichen von Gewalteinwirkung. Während die Polizei noch rätselt, ob der alte Mann eines natürlichen Todes gestorben sein könnte, ist Minna sich sicher: Es war Mord! Kurz entschlossen nehmen die vier Mitglieder des Buchclubs die Ermittlungen selbst in die Hand.

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© Piper Verlag GmbH, München 2023

Redaktion: Diana Napolitano

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Alexa Kim »A&K Buchcover«

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Prolog

Alles begann mit einem Anruf.

Minna mochte keine Telefone, und an diesem Nachmittag erinnerte sie sich, warum das so war. Die Dinger brachten nur Unheil.

»Was?«, schnauzte sie, als sie den Hörer abgenommen hatte.

»Freut mich auch, dein zartes Stimmchen zu hören, Grandma. Ich versuche schon seit einer Ewigkeit, dich auf dem Handy zu erreichen, das ich dir zum Geburtstag geschenkt habe.«

»Du weißt doch, ich mag diese Dinger nicht. Was soll ich denn damit?«

»Na, damit telefonieren, wenn du unterwegs bist zum Beispiel!«

»Aber ich bin doch nie unterwegs.«

»Ja, und ich finde, das tut dir nicht gut«, erwiderte Charlie. Auf einmal sprach sie ganz sanft. »Grandma, du musst mal wieder raus. Du hast Grandpas Tod vielleicht doch nicht so gut weggesteckt, wie wir dachten.«

Minna schnaubte. »Ach Nonsens! Mir futtert endlich niemand mehr die Erdbeermarmelade weg – das ist doch schon mal was. Und ich habe so viel Zeit, seit ich seine stinkenden Socken nicht mehr waschen muss, und ich schlafe viel besser, weil niemand mehr neben mir schnarcht.« Sie schniefte.

So ein verfluchter Mist! Genau deshalb wollte sie nicht darüber reden. Es ging ihr doch hervorragend! Sie vertiefte sich in ihre Arbeit und ignorierte die Welt voller nervtötender fremder Menschen da draußen. Wenn das keine gute Strategie war, um über den Tod ihres Mannes hinwegzukommen, dann wusste sie auch nicht.

Charlie seufzte. »Du bist das beste Beispiel dafür, dass man im Alter nicht weiser wird, Grandma.« Bevor Minna empört widersprechen konnte, fuhr ihre Enkelin fort: »Weißt du, ich habe da eine Idee.«

Oje. Immer wenn Charlie eine Idee hatte, hieß es: in Deckung gehen. Als sie klein gewesen war, hatte sie ihrem Meerschweinchen ein Prinzessinnenkleid angezogen und das arme Tier in ihre Puppenstube gesteckt. Seitdem wurde Minna bei jedem von Charlies Einfällen misstrauisch.

»Was für eine Idee?«

Charlie lachte. »Sie ist super, vertrau mir! Hast du schon mal von Belford Castle gehört? Nein, oder? Wusste ich es doch! Meine Freundin Joe hat mir davon erzählt. Wir studieren zusammen. Belford Castle ist eine Art Oase für einsame Bücherwürmer. Joe hat gleich an dich gedacht, als wir darüber gesprochen haben, ist das nicht nett?«

»Nein.«

»Was, nein? Du hast doch noch gar nicht …«

»Ich fahre da nicht hin.«

»Aber …«

Minna war bewusst, dass sie sich nicht wie eine siebzigjährige Frau voller Lebenserfahrung und Weisheit verhielt, sondern wie ein Kind, das an der Supermarktkasse keine Schokolade bekam. Aber sie blieb dabei: Sie würde nirgendwohin fahren, schon gar nicht an einen Ort für Menschen, die ihr Leben nicht im Griff hatten.

»Ich habe Joe schon gesagt, dass du kommst. Sie hat alles organisiert.« Charlie sprach die Worte schnell aus, und obwohl Minna sie nicht sehen konnte, ahnte sie, dass ihre Enkelin sich gerade in Erwartung eines gewaltigen Donnerwetters duckte.

»Du hast was getan?«

»Die freuen sich schon auf dich, Grandma! Da gibt es viele Bücher und nette Leute und gute Landluft …«

»Das klingt, als wolltest du mir ein Altersheim schmackhaft machen!«

»Bitte«, flehte Charlie. »Überleg es dir wenigstens. Du darfst jederzeit kommen, hat Joe gesagt. Bitte, bitte.« Und als Minna schwieg, ergänzte sie: »Für mich?«

Minna fluchte. Ihre Enkelin war der einzige Mensch auf der Welt, der sie so leicht um den Finger wickeln konnte.

»Ich weiß nicht«, sagte sie, als ihr keine Flüche mehr einfielen, und überlegte, wie sie Charlie klarmachen konnte, dass sie sicher nicht zu diesem Breakfast Castle, oder wie das hieß, reisen würde.

»Ich wusste, du sagst Ja!«, rief Charlie in die Überlegungen ihrer Großmutter hinein. »Ich gebe Joe Bescheid, dass du kommst. Ich rufe sie gleich an!«

»Aber …«

»Ich fahre dich. Sagen wir am Samstag?«

»Äh …«

Ein Piepton ertönte, die Leitung war tot.

Und Minna fluchte erneut.

Kapitel 1

Minna reiste nicht gern. Sie mochte ihre kleine Dachgeschosswohnung, den Schreibtisch, auf dem sie Illustrationen für Kinderbücher anfertigte. Sogar die dicken Tauben, die am Tag vor dem Fenster saßen, sie bei der Arbeit beobachteten und es sich in der Nacht auf dem Baum im Innenhof gemütlich machten. Sie mochte auch die knarrenden Dielen, ihre toten Zimmerpflanzen und den Nachbarn, der immer im schwarzen Satinkleid durch das Haus lief. Sie kannte seinen Namen nicht, schätzte aber seinen Modegeschmack.

Und nun hatte sie ihre Festung verlassen und war zu ihrer Enkelin Charlie ins Auto gestiegen, um sich in irgendein Kaff auf dem Land verfrachten zu lassen. Wo sie trauern und Krimis lesen sollte. Wie eine einsame alte Frau, die heimlich mit ihren Küchengeräten sprach. Nicht dass sie das tat. Oder dass der Toaster je geantwortet hätte.

Belford Castle lag inmitten grüner Hügel und lichter Mischwälder. Das Schloss thronte über einem winzigen Dorf mit Häusern aus Sandstein und einer roten Kirchturmspitze.

Als sie durch das Dorf Belhem fuhren und die Leute begannen, neugierig in den fremden blauen Käfer zu spähen, setzte Minna sich demonstrativ ihre Sonnenbrille auf. Sie war seit Wochen nicht unter Menschen gewesen – und sie konnte nicht sagen, dass ihr das gefehlt hatte.

Charlie hielt an einem Fußgängerüberweg, um zwei kleine Mädchen über die Straße zu lassen, und da beugte sich ein Mann mit riesigen Glupschaugen zum offenen Fenster und fragte: »Sind Sie etwa auch wegen der Gartenausstellung hier?«

»Natürlich«, antwortete Minna. »Sehen Sie nicht die Begonie auf dem Rücksitz?«

Der Mann machte ein verdattertes Gesicht, und sie kurbelte das Fenster hoch.

»Das war unhöflich, Grandma.«

Minna rückte sich die Sonnenbrille auf der Nase zurecht. »Ach was, Liebes. Ich mache nur nette Konversation.« Sie warf einen Blick auf Charlie, deren Mundwinkel verdächtig zuckten.

Sie verließen das Dorf und folgten einer gewundenen Straße den Hügel hinauf, auf dem Belford Castle thronte. Und während Minna das Herrenhaus endlich vor sich aufragen sah, vergaß sie sogar, dass sie eigentlich gar nicht hier sein wollte.

Eine von Pappeln gesäumte Zufahrt führte sie zu einem Schloss im Tudor-Stil, erbaut aus hellem Sandstein mit einem von Säulen flankierten Eingangsbereich. Vor dem Gebäude lag ein Rondell, auf dem in früheren Zeiten sicherlich Kutschen geparkt und auf edle Gäste gewartet hatten, und in der Mitte funkelte das Wasser eines Springbrunnens im Licht der Nachmittagssonne.

Charlie parkte am Rondell, im Schatten einer mächtigen Pappel, und Minna öffnete nach kurzem Zögern die Tür und stieg aus dem Auto. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen, als sie ein paar Schritte auf das Herrenhaus zuging und die hohen Fenster und die Freitreppe betrachtete, die hinauf zum Eingangsportal führte.

In diesem Augenblick schwangen die Türen mit einem Knarren auf, und oben erschien eine Frau. Sie trug eine geblümte Schürze und hatte graues zu einem Knoten gebundenes Haar und rundliche rote Wangen. Als sie die Gäste erblickte, breitete sich ein herzliches Lächeln auf ihrem Gesicht aus.

Mit winzigen Schrittchen kam sie auf Minna und Charlie zugeeilt. »Sie müssen Minna Dickinson sein. Ich bin Mrs Potter, die Haushälterin unseres schönen Belford Castle.« Minna musterte die ausgestreckte Hand ihrer Gastgeberin einige Sekunden lang misstrauisch, bevor sie einschlug.

Mrs Potter schwatzte schon munter weiter. »Belford Castle ist eine wahre Oase, so ruhig und friedlich. Sie werden sich hier sehr wohlfühlen. Der Hausherr kann Sie leider nicht persönlich begrüßen – aber unter uns, ich finde mich im Haus auch viel besser zurecht als unser alter Griesgram.« Sie zwinkerte Minna verschwörerisch zu. »Also, wenn Sie Fragen haben oder jemanden brauchen, um sich einmal alles von der Seele zu reden, dann kommen Sie jederzeit zu mir, Herzchen.«

Minna wusste nicht, wann man sie das letzte Mal »Herzchen« genannt hatte – und auch nicht, ob sie diese Entwicklung befürworten sollte oder nicht.

Sie verabschiedete sich von Charlie, und als diese hupend vom Hof fuhr, legte sich eine eigenartige Stille über Minna. Was sollte sie hier, an diesem fremden Ort, irgendwo auf dem Land?

Mrs Potter nahm ihr den Koffer ab und schenkte ihr erneut ein Lächeln. »Willkommen, liebe Mrs Dickinson. Willkommen auf Belford Castle.«

Es war ein Haus voller Bücher. Minna nahm die Sonnenbrille ab und blinzelte. Nein, nicht voller Bücher. Voller Kriminalromane. Minna hatte ihre Begeisterung nicht zeigen wollen, aber ihr Mund klappte von ganz allein auf. Sie hoffte, sie würde keine Fliegen damit fangen, während sie ihren Kopf in alle Richtungen drehte, um die dicht an dicht stehenden Bücherregale zu betrachten. Sie reichten bis an die Decke, waren aus dunklem Eichenholz gefertigt und vollgestopft bis obenhin. Sie entdeckte Der Name der Rose, die gesammelten Werke von Agatha Christie, Patricia Highsmiths Zwei Fremde im Zug, Sherlock Holmes.

»Ist das nicht wundervoll?« Mrs Potter drehte sich ihr halb zu, während sie den Koffer durch die Eingangshalle bugsierte. »Lord Cliffton sammelt seit vielen Jahren; die schönsten Ausgaben, die größten Schriftsteller der Welt – sie stehen alle hier. Eine besondere Leidenschaft hat er für Kriminalromane. Agatha Christie, Sir Arthur Conan Doyle, Edgar Wallace, Umberto Eco … Auf Belford Castle sind sie alle versammelt.«

Minna blickte nachdenklich über die Reihen um Reihen an Buchrücken, die sich auf allen Seiten der Eingangshalle bis hin zur kuppelförmigen Decke erstreckten. Sie verliehen dem Schloss eine düstere Atmosphäre. Es war, als wäre sie aus einer warmen, sommerlichen Welt in eine ganz andere getreten – eine aus Papier und Tinte. Obwohl der Besitzer dieses beeindruckenden Herrenhauses nirgendwo zu sehen war, fühlte es sich an, als würde er sie aus allen Ecken heraus beobachten.

Sie durchschritten die mächtige Eingangshalle und folgten einer gewundenen Treppe in den ersten Stock. Auch hier war alles voller Bücherregale, die sich an die Wände schmiegten.

Mrs Potter führte Minna in einen lichtdurchfluteten, breiten Flur, vorbei an einer Bibliothek, an einer Art Speisesaal und einem Salon, in dem gemütlich aussehende Ledersessel und eine Couch vor den hohen Fenstern standen. Auch hier stapelten sich in hohen Regalen, auf Beistelltischen und sogar auf dem Boden die Bücher. Mit jedem Schritt fragte sich Minna ein wenig mehr, was Lord Cliffton wohl für ein Mensch sein mochte. Ob sie den Hausherrn heute noch kennenlernen würde? Oder war er ein zurückgezogen lebender alter Kauz, der lieber mit den Möbeln und den Figuren in seinen Büchern sprach als mit Menschen aus Fleisch und Blut?

Schließlich blieb Mrs Potter vor einer geschlossenen Tür aus schwerem Eichenholz stehen. »Hier werden Sie schlafen, Mrs Dickinson. Ich wünsche Ihnen einen sehr angenehmen Aufenthalt – egal, ob Sie die Gesellschaft von Romanen oder die der anderen Gäste bevorzugen.«

In diesem Augenblick flog eine Tür auf. Ein Bellen erklang, ein weißer Blitz schoss aus dem dahinter liegenden Zimmer, sauste um Mrs Potter herum und jagte dann fröhlich bellend den Flur hinab.

Mrs Potter ließ den Koffer fallen und presste sich eine Hand auf die Brust. »Also wirklich!«

»Entschuldigen Sie bitte!« Eine Frau mit zerzaustem blondem Haar, ein wenig jünger als Minna, kam aus dem Raum – mit drei weiteren Hunden im Schlepptau. »Ich sage ihm immer wieder, dass er das bleiben lassen soll. Aber er hört einfach nicht. Bruno! BRUNO! Komm sofort wieder zu Frauchen!«

Ein Zwergpudel tauchte schwanzwedelnd und mit hängender Zunge am Ende des Flurs auf. Als seine Besitzerin mit einer roten Leine wedelte, duckte er sich und bellte, bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand.

»Darf ich?« Die Frau drängte sich an Minna vorbei und sprintete ihrem entlaufenen Pudel hinterher. Die anderen Hunde folgten. Eine Sekunde später waren sie alle die Treppe hinuntergepoltert, und es trat wieder Stille ein.

»Also …« Mrs Potter blickte der Frau und ihren Pudeln noch einige Sekunden lang nach, bevor sie den Koffer aufhob und sich wieder Minna zuwandte. »Also das … das war Gina, einer unserer … äh … sehr geschätzten Gäste. Und ihre sehr lebhaften Zwergpudel … deren Namen mir gerade entfallen sind.«

Oje, dachte Minna. Worauf hatte sie sich hier nur eingelassen? Ein nicht unerheblicher Teil von ihr wollte sich ihren Koffer schnappen und ganz schnell das Weite suchen. Allerdings würde sie dann wohl ins Dorf laufen müssen, denn Charlie war natürlich längst weg. Und wer wusste schon, wem sie dort über den Weg laufen würde?

»Es verbringen neben Ihnen beiden noch zwei weitere Gäste ihre Ferien in diesem Haus.« Mrs Potter schien Minnas Skepsis bemerkt zu haben. »Nun ja, ich würde gern behaupten, dass sie weniger eigentümlich sind als unsere Gina und ihre Pudel, aber unter uns … Na, Sie werden ja sehen.« Mit diesen Worten öffnete sie die Tür zu dem Zimmer, in dem Minna wohnen sollte, und bedeutete ihr einzutreten.

Eine Mischung aus Entsetzen und Hilflosigkeit überkam Minna, während sie den Blick über das Himmelbett mit dem altrosafarbenen Bezug, die rosafarbenen Wände mit dem Blumenmuster, die liebevoll geschnitzte Frisierkommode und die Bücher, die auf einem zierlichen Beistelltisch für sie bereitstanden, wandern ließ. Es war ein richtiges Prinzessinnenzimmer.

»Sie werden sich sicher bald eingewöhnt haben«, sagte Mrs Potter, die Minnas entsetzten Blick bemerkt zu haben schien.

»Wahrscheinlich werde ich zuvor farbenblind«, gab Minna zurück, den Blick immer noch auf die zuckersüß-rosafarbene Scheußlichkeit gerichtet, in der sie während ihres Aufenthalts auf Belford Castle untergebracht sein würde. Der große pinkfarbene Ohrensessel in der Mitte sah allerdings sehr gemütlich aus.

Mrs Potter lachte. »Oh, Sie sind ja ein richtiger Scherzkeks!« Als Minna sie nur skeptisch anblickte, lächelte sie noch fröhlicher. »Ich glaube, es wird Ihnen hier bei uns gut gefallen, Herzchen. Das Dinner wird um sieben aufgetragen, draußen im Garten. Richten Sie sich doch so lange ein und erfrischen Sie sich etwas. Wir freuen uns sehr, dass Sie hier sind.«

Als Mrs Potter das Zimmer verließ, war es Minna für eine Sekunde, als würde die Haushälterin ihr einen kurzen vorsichtigen Blick zuwerfen. Trotz der Wärme überkam sie ein Schauer. Sie dachte an die finstere Eingangshalle, die Bücher, die sich in den klobigen Regalen stapelten, und an das Gefühl, aus den Schatten heraus beobachtet zu werden. Auf eine merkwürdige, unerklärliche Weise kam ihr dieses Schloss bekannt vor. So, als hätte sie es früher schon einmal gesehen.

Als es draußen Abend wurde, verließ Minna ihr Prinzessinnenzimmer und machte sich auf den Weg zum Dinner. Doch als sie an einem der Salons vorbeigehen wollte, prallte sie mit jemandem zusammen.

»Oh! Wo kommen Sie denn her?« Eine junge Frau mit dunklen Locken und klimpernden goldenen Ohrringen stand unvermittelt vor ihr. Mit einer verlegenen Geste rückte sie die Brille auf ihrer Nase zurecht, presste sich das Buch, in dem sie bis zu diesem Augenblick gelesen haben musste, gegen die Brust und musterte Minna aus riesengroßen blauen Augen. Dann beugte sie sich vor, senkte die Stimme und fragte ganz und gar ernst: »Verraten Sie mir Ihr Sternzeichen?«

Minna blinzelte. »Schütze.«

»Ah.« Die junge Frau nickte. Dann rückte sie noch einmal ihre Brille mit dem Zeigefinger zurecht und streckte Minna die Hand hin. »Skorpion.«

Minna hob die Augenbrauen. »Ein sehr außergewöhnlicher Name. Und Ihre Eltern sind damit beim Standesamt durchgekommen?«

Ihr Gegenüber kicherte. »Ein ganz klassischer Schütze. Man weiß nie, ob Sie scherzen oder ob Sie wirklich so gemein sind.«

»Ich bin wirklich so gemein.«

Die junge Frau schien sich davon nicht abschrecken zu lassen. »Wissen Sie, ich denke, die zynischen Kommentare sind oft eigentlich dazu bestimmt, eine tiefe Verletzlichkeit zu verschleiern.« Bevor Minna das empört von sich weisen konnte, fuhr sie fort: »Und unter uns beiden: Ich glaube, meine Mutter hat mir auch mit dem Namen Saphira Aquamarin keinen großen Gefallen getan.«

»Oje«, entfuhr es Minna.

Saphira grinste. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Wahrsagerin, Okkultistin, Astrologin … allerdings im Augenblick auch arbeitslos und pleite, nachdem mein Laden niedergebrannt ist.« Sie seufzte. »Merken Sie sich eines: Wenn Sie als Wahrsagerin ihr Geld verdienen, müssen Sie immer damit rechnen, dass Ihnen jemand die Hütte über dem Kopf anzündet. Manche Leute schätzen es nicht, wenn man Ihnen eröffnet, dass sie ihr Leben lang vom Pech verfolgt werden. Der gute Mann dachte wohl, ich könnte einfach so die Sternenkonstellation ändern.« Sie runzelte die Stirn. »Allerdings hätte ich mich vielleicht zu einer kleinen Notlüge hinreißen lassen, wenn ich gewusst hätte, dass er schon dreimal wegen Brandstiftung im Gefängnis saß. Ein weiterer guter Rat: Verscherzen Sie es sich ja niemals mit Leuten, die gern mit Streichhölzern spielen.«

»Das merke ich mir«, murmelte Minna. Bevor sie es sich versah, hatte Saphira sich schon bei ihr untergehakt und sie in Richtung Treppe gezogen.

Ein paar Schritte weiter blieb die junge Frau jedoch abrupt stehen, hämmerte gegen eine geschlossene Tür und rief: »Komm, Arthur, es gibt Essen. Und vergiss dieses Mal dein Gebiss nicht.«

Gerumpel ertönte, einige Minuten später öffnete sich die Tür und ein winziger alter Mann spähte hinaus. »Ich war gerade dabei herauszufinden, wer Linnet Doyle ermordet hat.«

Minna biss sich fest auf die Zunge – beinahe wäre der Name der Mörder aus ihr herausgeplatzt. Lieber Himmel, es musste an die vierzig Jahre her sein, dass sie selbst dieses Buch verschlungen hatte. Sie erinnerte sich gut daran, denn ihre kleine Tochter hatte mit einer Grippe im Bett gelegen und sie hatte über das Kind gewacht und im Schein der Nachttischlampe Der Tod auf dem Nil gelesen. Im Morgengrauen hatte sie es erschöpft zugeklappt, gerade als William verschlafen ins Zimmer geschlurft war und gefragt hatte, ob denn etwas nicht stimme. Das war einer dieser Momente gewesen, in dem sie ganz kurz davor gewesen war, ihm eins mit einem dicken Buch überzubraten.

Arthur wandte sich ihr mit einem Ruck zu. »Nanu. Ein neues Gesicht, wie interessant. Von einer so schönen Dame wird man doch gern beim Lesen gestört. Sagen Sie, sind Sie verwitwet?«

Minna nickte. »Das bin ich allerdings.«

»Dann ist heute wohl mein Glückstag!« Arthur bot ihr seinen Arm an. »Wenn ich mich vorstellen darf: Arthur mein Name. In einem früheren Leben war ich ein einfacher Handwerker, Junggeselle, und jetzt, in der Blüte meines Lebens, bin ich auf der Suche nach mir selbst. Wer bin ich? Was will das Leben von mir? Sechsundneunzig ist genau das richtige Alter, um Antworten auf die ganz großen Fragen zu finden.«

Minna runzelte die Stirn, doch Arthur schien sich von ihrer Skepsis nicht abschrecken lassen. Vielleicht bemerkte er sie auch ganz einfach nicht.

Er beugte sich ein Stück zu ihr. »Und wie heißen Sie, schönes Fräulein?«

Minna seufzte und stellte sich kurz vor.

»Und Sie sind nicht zufällig auf der Suche nach einem neuen Ehemann?«

»Ich fürchte, da muss ich Sie enttäuschen.« Sie stiegen zusammen die Treppe hinab in die Eingangshalle. »Ich hatte schon einen faulen, schnarchenden Nichtsnutz, der manchmal, wenn ich nicht aufgepasst habe, seine Socken in den Backofen gelegt hat. Das reicht mir für den Rest dieses Lebens.«

Arthur tätschelte ihren Arm. »Ich verstehe. Sie sind noch nicht bereit für eine neue Liebe. Aber wenn Sie über Ihren Verlust hinweg sind, dann denken Sie an mich.«

Was sollte sie darauf bloß antworten? Glücklicherweise kam Saphira ihr zuvor, gerade als sie zur Hintertür hinaus in den üppigen Garten von Belford Castle traten. »Arthur ist ein Fisch. Fische sind sehr romantisch und leidenschaftlich, wissen Sie? Allerdings müssen sie manchmal aufpassen, dass sie es nicht übertreiben.«

Trotz ihres Misstrauens gegenüber der Astrologie und jeder Form der Wahrsagerei musste Minna zugeben, dass diese Erklärung einigermaßen logisch klang.

Draußen erwartete sie der Duft von warmem Brot aus dem Ofen, von Steak und Kidney Pie. Im weitläufigen Schlossgarten, ganz in der Nähe üppig blühender Rhododendren, war ein hölzerner Tisch gedeckt, und darum tollten Ginas Zwergpudel. Gina selbst hatte es sich bereits am Kopfende des Tisches bequem gemacht. Jetzt pfiff sie die Hunde heran, und alle bis auf einen liefen sie mit wedelndem Schwanz zu ihr und ließen sich zu ihren Füßen nieder.

»Also wirklich.« Sie warf einen tadelnden Blick auf den Welpen, der um Minna herumsprang. Entschuldigend hob sie die Hände. »Er scheint Sie zu mögen.«

Minna setzte sich und beobachtete das kleine Pelzknäuel misstrauisch. Der Welpe tappte unbeholfen um sie herum, ließ sich dann zu ihren Füßen nieder und blickte mit aufgestellten Ohren und riesigen bittenden Augen zu ihr auf.

»Geh weg«, sagte Minna.

Der Pudel blieb, wo er war, und wedelte mit dem Schwanz.

Na toll.

In diesem Moment erschien die Haushälterin Mrs Potter und bat die Gäste zu Tisch.

»Gesellt sich der Hausherr nicht dazu?«, fragte Minna, weil sie nur fünf Gedecke zählte.

Die Unterhaltungen ebbten ab wie Wasser, das durch einen Abfluss sickerte, und alle sahen sie überrascht an.

»O nein, liebe Frau Dickinson«, erwiderte Mrs Potter schließlich. »Der Hausherr ist … nun, er ist kein sehr geselliger Mensch, wissen Sie. Lord Cliffton speist lieber allein.«

Das konnte Minna einerseits gut nachvollziehen. Andererseits … »Aber warum erlaubt er dann überhaupt Gäste in seinem Haus?«

Mrs Potter schenkte ihr ein hintergründiges Lächeln. »Nun. Das weiß wohl nur Lord Cliffton selbst. Doch ich kann Ihnen versichern, es ist ihm wichtig, dass seine Gäste sich wohlfühlen und sich an den vielen Büchern in diesem Haus erfreuen. Wissen Sie, Mrs Dickinson, Belford Castle ist ein Ort für Menschen, die die Welt da draußen für ein Weilchen vergessen und zu sich selbst finden wollen. Ein paar Abenteuer, die sorgsam zwischen Buchdeckeln gepresst worden sind, und ein Mordfall hier und da können dabei weiterhelfen, finden Sie nicht?«

Minna wollte eigentlich nichts von alledem – schon gar nicht auf eine Selbstfindungsreise gehen. Denn wer wusste schon, was so eine Reise alles zutage fördern mochte? Trotzdem hob sie ihr Glas und sagte: »Nun denn. Dann will ich einen Toast auf den geheimnisvollen Lord Cliffton und seine Bücher aussprechen.«

»Auf den geheimnisvollen Lord Cliffton und seine Bücher«, wiederholten die anderen.

Während alle anderen zu essen begannen, blickte sie einmal mehr an der Fassade des Herrenhauses hinauf. Ganz kurz war ihr, als sähe sie eine Bewegung hinter einem der hohen Fenster – doch der Eindruck verging so schnell, wie er gekommen war.

Eine kühle Brise umwehte sie, und trotz der sommerlichen Wärme war ihr auf einmal kalt. In diesem Moment war sie sich ganz sicher, dass dieses alte Haus eine Menge Geheimnisse hütete.

Kapitel 2

Minna wälzte sich in ihrem großen Himmelbett hin und her, während der Mond durch das Fenster ihres Prinzessinnenzimmers schien und alles in ein geisterhaftes Licht tauchte. Stumm verfluchte sie ihren schmerzenden Rücken und ihre Gedanken, die einfach keine Ruhe geben wollten.

Ununterbrochen dachte sie an die Menschen, die an diesem Ort zusammengekommen waren: die Haushälterin Mrs Potter und der geheimnisvolle Hausherr, dem sie noch immer nicht begegnet war. Die Pudelzüchterin Gina, die Wahrsagerin Saphira und der sechsundneunzigjährige Arthur. Immer wieder hatte sie beim Abendessen ihre neugierigen Blicke gespürt und ihre unausgesprochenen Fragen gehört: Wer sind Sie eigentlich? Wieso sind Sie hier? Fragen, auf die sie selbst keine Antworten hatte, obwohl es sich anfühlte, als ob sie das sollte.

Auf einmal hörte sie ein Rumpeln aus den Eingeweiden des Schlosses.

Abrupt setzte sie sich im Bett auf und schaltete die Nachttischlampe ein. Ihr Blick fiel auf das Buch, das sie am Abend noch zu lesen begonnen hatte: The Mysterious Affair at Styles von Agatha Christie. Vielleicht lag es an ihrer abendlichen Lektüre, dass der Schlaf sie nun mied, oder hatte sie sich das Geräusch nur eingebildet?

Angestrengt lauschte sie in die Stille, aber das Rumpeln erklang kein weiteres Mal. Nach kurzem Zögern stand sie auf, schlüpfte in ihre Pantoffeln und schlich zur Tür. Ganz leise drehte sie den Knauf und spähte in den dunklen Flur. Lauschte. Nur das Schloss schien sich zu bewegen, zu atmen. Doch abgesehen davon war alles still.

Ganz leise schlich sie zur Treppe und hinunter in die im Dunkeln liegende Eingangshalle. Von draußen drang ein Schimmer Mondlicht herein und legte sich über die im Schachbrettmuster angeordneten Fliesen, die schweren Möbel, die Bücher in den Regalen. Jetzt, in der Nacht, schienen die Geschichten zwischen den Buchdeckeln zu flüstern, zu locken.

In dieser Sekunde zuckte ein Schatten über die Fliesen.

Minna schrie auf und wich so hastig zurück, dass sie beinahe gestolpert und gestürzt wäre. Keine gute Idee, wenn man beinahe siebzig Jahre alt war.

Mit klopfendem Herzen starrte sie dorthin, wo sie glaubte, den Schatten gesehen zu haben.

Doch dort bewegte sich nichts.

Da war nur Schatten. Nur Dunkelheit. Vielleicht hatte sich kurz eine Wolke vor den Mond geschoben, oder ihre alten Augen hatten ihr einen Streich gespielt. Wäre sie jünger gewesen, hätte sie längst die Beine in die Hand genommen, wäre die Treppe hinaufgeeilt und hätte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Sich unter der Bettdecke versteckt, genau wie in der Nacht nach der Beerdigung ihres Mannes.

Doch ihre Knochen knackten schon bei dem Gedanken daran, einfach loszurennen. Und so machte sie nur einen winzig kleinen Schritt nach dem anderen und verfluchte die unselige Idee ihrer Enkelin, sie hier im Nirgendwo abzuladen. In einem Haus, in dem die verdammten Bücher flüsterten und die Schatten lebten.

Sie verfluchte auch ihren William, der die Frechheit besessen hatte, zu sterben und sie ganz allein in der Welt zurückzulassen. Und sich selbst, weil sie überhaupt nicht mehr in der Lage war zu leben, ohne … Sie presste die Lippen aufeinander.

Angespannt lauschte sie in die Dunkelheit, und kurz war ihr, als hörte sie Schritte. Schritte auf den Fliesen, die leiser wurden und schließlich verklangen.

Doch es hätte genauso gut Einbildung sein können.

Ein Teil von ihr wollte nur zurück ins Bett. Oder gleich fort von hier. Wollte noch in dieser Nacht von diesem Ort fliehen, nie wieder zurückblicken. Doch sie floh nicht.

Stattdessen schlich sie zur Hintertür, drehte den Schlüssel im Schloss, warf noch einen Blick zurück in die stille Eingangshalle – und trat schließlich hinaus in die sommerliche Nacht. Schnell schloss sie die Tür hinter sich. So, als könnte sie dem, was ihr da aufgelauert hatte, auf diese Weise klarmachen, dass sie trotz ihres Alters noch überaus wehrhaft und entschlossen war. Ein bisschen eingerostet zwar, aber das würde sie nicht aufhalten.

Die warme Nachtluft legte sich wie ein Tuch um sie, als sie die Tür hinter sich schloss und in den verwilderten Garten eintauchte, in dem es jetzt nach Nacht und von der Sonne aufgewärmter Erde roch.

Das Licht des Vollmondes fiel auf die rosafarbenen Blüten der Rhododendren, die die verschlungenen Wege säumten, auf den Tisch, an dem sie am Vorabend das Dinner zu sich genommen hatten, die von Efeu überwachsenen Schlossmauern … Und auf eine Schaukel, die von zwei Ahornbäumen gesäumt war.

Dann sah Minna die im Gras liegende Gestalt.

Sie erstarrte.

Ein Windzug fuhr durch die Ahornblätter, strich um ihre Schultern – und kurz fiel das Licht des Mondes auf die leblose Person. Auf ihre weißen auf dem Bauch gefalteten Hände.

Für einen Moment blieb Minna ganz und gar reglos. Sie hatte noch nicht oft Urlaub auf dem Land gemacht, aber sie war sich ziemlich sicher, dass ein lebloser Körper im Garten im Allgemeinen nicht zum Programm gehörte.

Irgendwann schaffte sie es, sich aus ihrer Starre zu lösen. Und auch ihr Verstand nahm mit einigen Startschwierigkeiten die Arbeit wieder auf.

Dort, im Schatten des Ahorns, lag jemand und bewegte sich nicht.

Es war mitten in der Nacht.

Alles war dunkel.

Und alles war still.

»Hallo?«, sagte sie probeweise, während sie sich der Schaukel näherte. Vielleicht hatte sie ja Glück und die Person schlief nur.

Oder sie war betrunken.

Oder sie war ein Vampir …

Sie sprach die Person noch einmal mit einem etwas lauteren Hallo an. Doch sie erhielt erneut keine Antwort. Nach kurzem Zögern ging sie neben ihr auf die Knie und fasste nach ihrem Handgelenk.

Kein Puls.

Jetzt, da ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie endlich die Umrisse seines Gesichts ausmachen.

Es war ein Mann.

Klein und schmal war er, mit missgelaunt herabhängenden Mundwinkeln. In Anbetracht seiner gegenwärtigen Lage konnte Minna das durchaus nachvollziehen.

Sie hielt eine Hand vor seinen Mund, in der Hoffnung, dass er vielleicht doch noch atmete. Aber sie spürte nicht den kleinsten Luftzug.

Fieberhaft versuchte sie, sich an die Grundlagen einer Herzlungenwiederbelebung zu erinnern – doch in dieser Sekunde fiel ein Schatten über sie.

Sie schrie auf, sprang mit einem Elan auf die Füße, den sie sich selbst nicht zugetraut hätte, und fuhr herum.