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Alexa ist mitten in ihren Zwanzigern und lebt als aufgeklärte, lesbische Frau zwischen Berlin und Köln. Als typischer Millennial war sie in den letzten Jahren damit beschäftigt, sowohl sich selbst als auch ihre Rolle in der Gesellschaft zu finden. Sie erzählt die Geschichte ihrer Selbstfindung anhand von intimen Tagebucheinträgen, unverblümten Gedanken und schonungslosen Reflexionen. Es geht um enge gesellschaftliche Ansprüche und Selbstbestimmung, um Scham, Sexualität und Selbstliebe, um Panikattacken und den Wunsch nach einem authentischen, leidenschaftlichen Leben. Mit ihrer eigenen Geschichte ermutigt sie die Leser:innen dazu, gesellschaftlich vorgelebte Normen aufzubrechen, und der eigenen Intuition gegen alle Widerstände zu folgen.
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sie lieben
Alexa Grassmann, geboren 1996, setzt sich als Content Creatorin und Aktivistin für LGBTQIA*-Rechte, Selbstbestimmtheit und einen offenen, schambefreiten Umgang mit Sexualität ein. Unter @AlexasEarth leistet sie damit Aufklärungsarbeit für eine Viertelmillion Menschen.
Alexa ist mitten in ihren Zwanzigern und lebt als aufgeklärte, lesbische Frau zwischen Berlin und Köln. Als typischer Millennial war sie in den letzten Jahren damit beschäftigt, sowohl sich selbst als auch ihre Rolle in der Gesellschaft zu finden.
Sie erzählt die Geschichte ihrer Selbstfindung anhand von intimen Tagebucheinträgen, unverblümten Gedanken und schonungslosen Reflexionen. Es geht um enge gesellschaftliche Ansprüche und Selbstbestimmung, um Scham, Sexualität und Selbstliebe, um Panikattacken und den Wunsch nach einem authentischen, leidenschaftlichen Leben.
Mit ihrer eigenen Geschichte ermutigt sie die Leser:innen dazu, gesellschaftlich vorgelebte Normen aufzubrechen, und der eigenen Intuition gegen alle Widerstände zu folgen.
Alexa Grassmann
weil Selbstfindung keine Phase ist
Ullstein
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Umschlaggestaltung: Kayra A. Cekic nach einer Vorlage von Josephine Rais
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ISBN 978-3-8437-2941-3
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Die Autorin / Das Buch
Titelseite
Impressum
Begriffe und Abkürzungen
Prolog
Kapitel I Ich bin da
Kapitel II Aufwachsen in einer Welt voller Heteros
Kapitel III Ford Fiesta
Kapitel IV Geheimnis
Kapitel V Ich war immer zu verklemmt
Kapitel VI Sie
Kapitel VII Phase
Kapitel VIII Alte Werte
Kapitel IX Melaten
Kapitel X Warum noch outen?
Kapitel XI Labels
Kapitel XII Safe(r) Spaces
Kapitel XIII Veränderung
Kapitel XIV Erstes Mal
Kapitel XV Der Morgen danach
Kapitel XVI Angst
Kapitel XVII Bleib
Danksagung
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
Begriffe und Abkürzungen
Frauen meint FLINTA. Dies dient der sprachlichen Einbeziehung von Frauen, Lesben, inter, nichtbinären, trans und agender Menschen. Denn sie sind alle von sexueller Diskriminierung und patriarchaler Gewalt betroffen.
In einer heteronormativen Gesellschaft wird von allen Menschen erwartet, dass sie cis und hetero sind. Die vorherrschende Geschlechterordnung verknüpft einen als weiblich klassifizierten Körper mit als weiblich klassifizierten Persönlichkeitsmerkmalen sowie Verhaltensmustern und einem auf Männer gerichteten Begehren.
Queer verwende ich als Überbegriff für alles, was nicht heteronormativ beziehungsweise nicht cis-hetero ist.
Cis-Personen beschreibt alle, deren Geschlechtsidentität mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.
trans Personen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
WLW steht für woman-loving-woman.
LGBTQIA* steht als inklusive Abkürzung für alle, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer, inter- und asexuell identifizieren. Das * steht für weitere sexuelle Orientierungen, die in der Aufzählung keinen Platz finden.
Ich habe immer nach Identifikationsfiguren gesucht. In dieser Welt, in der es unzählige Geschichten gibt wie meine. Im Verborgenen, nicht erzählt. Beiläufig und wichtiger denn je, will ich den Fokus auf diese kleine, meine Geschichte legen.
Ich will gerade gehen, als sie mich anspricht. Sich von mir verabschiedet, als wären wir alte Bekannte. Ihre kurzen blonden Haare glänzen im roten Licht und umrahmen ihr Gesicht, das von einer Mischung aus Selbstbewusstsein und herausfordernder Kühnheit geprägt ist. Ihre Augen funkeln. Der Drang von rhythmischer Musik durchdringt die Luft, während sich Menschen an uns vorbei über die enge Treppe nach unten schlängeln. Zwischen dem leisen Klirren von Gläsern und dem Summen von Gesprächen überlege ich, ob ich sie kenne oder sie mich. Die Szene ist klein, Köln ein Dorf. Es gibt eine einzige queere Bar – und die ist nicht nur Anlaufstelle für meine Freundinnen und mich, sondern für Menschen aus dem gesamten Umkreis.
»Ich bin übrigens Alexa«, stelle ich mich vor und strecke meine Hand aus.
Die fünfjährige Alexa wollte unbedingt Fußball spielen, so wie ihr Zwillingsbruder. Bei den Bambinis wurden keine Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen gemacht, ich wurde am gleichen Standard gemessen und war eins von zwei Mädchen unter zwanzig Jungs. Ich fuhr bei Mitspielern und später bei Mitspielerinnen mit zu Fußballspielen, um in einem zu großen Trikot auf Aschenplätzen rechts außen um die Wette zu rennen. Trotz des breiten Stirnbands fielen mir meine dunkelblonden Haare ins Gesicht und störten mich. Meine Knie waren oft blutig aufgeschürft, ich mochte die Narben, die dadurch entstanden. Auf dem Platz wollte ich mich beweisen. Nach dem Spiel kamen wir im Kreis zusammen, und mein Trainer, vollbäuchig mit schwarzem Schnurrbart und pechschwarzen Haaren, sagte in die Runde: »Nehmt euch ein Beispiel an Alexa. Wenn sie fällt, steht sie einfach auf, als wäre nichts passiert«, und lächelte mir zu.
Der Anspruch auf Unabhängigkeit wurde mir in die Wiege gelegt, könnte man sagen. »Jeder ist für sich selbst verantwortlich«, ein Leitspruch in meiner Familie. Wir fuhren nach Südfrankreich, das Auto voll Gepäck, Fahrräder teils auf dem Dach, teils im Auto, zwischen meinem Bruder und mir Radspeichen. Ziel war ein Campingplatz an der Côte d’Azur mit jeder Möglichkeit für sportliche Aktivität im Schutz des Pinienhains.
Meine Mutter trat morgens in Radkleidung aus dem Mobilheim, heute würde es als »Tiny House« durchgehen, und verkündete: »So, wer mitwill, kommt mit.« Bereit für siebzig Kilometer im selbst ernannten Radfahrer-Mekka. Mal verschwanden meine Eltern für drei Stunden, mal über Nacht.
Dieses Mal waren sie in die Dämmerung geraten, und an einem steilen Abhang war ein Durchkommen mit den Mountainbikes unmöglich, also legten sie sich an den Waldrand, deckten sich zu mit einer Landkarte und froren, bis sie bei Morgengrauen den Weg zurückfanden. Für mich gehörten diese Abenteuer irgendwie dazu, der mir vorgelebte Mut war mein Vorbild. Ich wollte selbst raus aufs Meer, auf einem geborgten Surfboard, und blieb manchmal so lang, bis ich merkte, dass die Strömung übernommen hatte und ich abgetrieben war. Leichtsinnig malte ich mir aus, wie es wohl wäre, woanders an Land zu kommen und dort ein neues Leben zu beginnen.
Mit dem Kanu auf dem Dach fuhren wir zu mal mehr, mal weniger aufgewühlten Flüssen, um dort mit dem Kanu einzusetzen und uns zwischen schilfgesäumten Ufern und dichtem Wald mit kräftigen Durchzügen fortzubewegen. Eine weitere Person fuhr die Strecke zeitgleich mit dem Fahrrad. Der Versuch, meinen Bruder und mich zum Mitkommen zu überreden, gelang nicht immer. Lieber blieb ich zu Hause allein.
Alleinsein war mein Refugium, keine Geräusche, keine Pflichten, keine Erwartungen von außen. Ich schrieb in mein Tagebuch, drei hatte ich schon gefüllt, las und aß rohen Kuchenteig und Müsli mit einer extra Tafel Schokolade, zerkleinert, die perfekte Ergänzung zu dem schon übersüßen Müsli. Ich liebte Treffen mit mir selbst, meinen CDs und meinen Beobachtungen.
In der Grundschulzeit lernte ich Ronja kennen, die ihrer Namensvetterin Ronja Räubertochter verblüffend ähnlich war, die auf einem Hängenetz in der Luft schlief und zwischen den Wohnungen ihrer Eltern wechselte. Ihr dunkles Haar fiel lang und ungekämmt über ihre Schultern und zierte ihr zartes, aber oft entschlossenes Gesicht. Ronja war mutig und unerschrocken, und als wir unsere geteilte Liebe fürs Schreiben entdeckten, entwickelte sie sich schnell zu meiner engsten Freundin, der ich aus meinem Tagebuch vorlas und sie mir aus ihrem, mit der ich raus auf Felder ging und parallele Lebensrealitäten besprach.
Auch wenn die Familie zusammenkam, beobachtete ich. Es wurde diskutiert, über politische Ereignisse und Figuren – weniger über Gefühle, das eigene Aufwachsen oder Beziehungsformen. Die Beziehungen, die in meinem engsten Umfeld gelebt wurden, nahm ich als kaum körperlich wahr. Verbindende Elemente waren die Leidenschaft für den Sport, die gemeinsamen Aktivitäten, der Lebensgeist. Ich nahm das als Beziehungskonzept an, eine eigene hatte ich ja nie geführt.
In mir wuchs ein Begehren nach Offenheit und Aussprechen von vermeintlich Verbotenem, von Gefühlen, die nicht als positiv empfunden wurden.
Interesse an Partys hatte ich als Fünfzehnjährige nicht. Ronja war umgezogen, und ich blieb gerne zu Hause. In meinem Zimmer unter der Dachschräge las ich Maya Angelous Gedichte und Romane, die mich mit ihrer Willensstärke inspirierte. In I Know Why the Caged Bird Sings (dt. Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt) erzählte sie von ihrem Aufwachsen im ländlichen Süden der USA, Übergriffen in Kinderjahren und ihrer Schwangerschaft als Jugendliche. Ein Jahr ihrer Kindheit verbrachte sie schweigend – aufgrund ihrer Erfahrungen – und schrieb stattdessen. Ich sah ein Interview, in dem sie aus der Komödie Heautontimorumenos (dt. Der Selbstquäler) des Dichters Terenz zitierte: »Homo sum, humani nihil a me alienum puto.« »Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches kann mir fremd sein.« Die Worte ließen mich über die Essenz unseres Verständnisses füreinander nachdenken. Was würde ich tun, wäre ich anders sozialisiert oder würde in einem anderen Körper stecken? Damals wusste ich nicht, dass mich dieser Appell an die Empathie bis heute begleiten würde.
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