24 Toedliche Geschichten - M C Schulz - E-Book

24 Toedliche Geschichten E-Book

M C Schulz

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Beschreibung

M C Schulz hat nach ihrem Roman "Toedliches Dessert" ihre besten Kurzgeschichten in diesem Buch vereint. M C Schulz entführt uns mit ihren vierundzwanzig kurzweiligen Geschichten von humorvoll bis makaber, phantastisch bis realistisch in ihre tödliche Welt. In jeder Geschichte geschehen unerwartete Dinge, die die Leserinnen und Leser in ihren Bann ziehen und überraschen. Freuen Sie sich auf ein Buch mit 24 kriminalen Geschichten für 24 Stunden, 24 Tage oder 24 Wochenenden.

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Für

Christian

Inhaltsverzeichnis

Ein roter Traum im Schnee

Das Erbe

Diamanten

Drehmoment

Schlusspunkt

Ausweglos

Ein echter van Gogh

Heisterbacher Ruine im Düsterwald

Geldnot

Autobahn

Aus und Vorbei

Tod am Kamin

Das Ende einer Ehe

Gran Canaria

Ein Wesen aus der Hölle

Winter

Alte Schulfreunde

Die Liebe meines Lebens

Zwei Euro Siebzig

Porsche Tycan Turbo S

Saskia

Weiß

Dreaming of a White Christmas

Das Silvestermenü

1 Ein roter Traum im Schnee

Januar und endlich Urlaub. Karl und ich wollen hoch in den Norden nach Skandinavien reisen. Seine Schwester besitzt dort ein Ferienhaus. Karl hat mir ein Foto von einem traumhaft schönen Haus, gestrichen in skandinavischem Rot mit blauen Fensterläden und einer doppelflügeligen, reich verzierten Eingangstür, in wilder Natur stehend, gezeigt. Auf dem Foto ist Sommer, weil seine Schwester immer nur im Sommer dort ist. Wir haben beschlossen es im Winter zu besuchen. Karl erzählte mir, dass das Haus in einer landschaftlich schönen Gegend liegt, die bestimmt auch im Winter eine beeindruckende Atmosphäre besitzt. Seine Schwester hat das Haus liebevoll eingerichtet. Mit einem Kaminofen und einer Sauna. Dort werden wir es uns in der Kälte gemütlich machen. Ich hatte schon lange keinen richtigen Urlaub mehr gemacht und freute mich riesig auf diese Reise.

Am Flughafen, kurz vor dem Check-in, klingelt Karls Handy. Ein Notfall in der Klinik, eine Massenkarambolage auf der A1. Jeder verfügbare Arzt wird dringend gebraucht. Karls trauriges Lächeln sagt Alles. Ich muss alleine voraus fliegen, aber er verspricht mir felsenfest, so schnell wie möglich nachzukommen.

Am Flughafen im hohen Norden angekommen, gebe ich einem Taxifahrer die Adresse des Ferienhauses. Er nickt zuversichtlich und fährt los. Nach einer Fahrt von gut einer Stunde hält das Taxi mitten im Wald an. Das Schwedisch des Fahrers ist noch schlechter als meins. Mit wenigen Worten und vielen Gesten bittet er um seine Bezahlung und macht mir deutlich, dass ich den Rest des Weges zu Fuß weiter gehen muss. Der Schnee sei zu hoch, das Taxi kann nicht weiterfahren.

Auch wenn mir das rote Haus vor dem strahlend blauen Himmel durch die schneebedeckte Landschaft zulächelt, ist der Weg länger und anstrengender als ich es je vermutet hätte. Vollkommen erschlagen und total durchgefroren erreiche ich mein Ziel. Karls Schwester hatte erzählt, dass die Housekeeperin im Krankenhaus liegt und wir unsere eigenen Lebensmittel mitbringen müssen. Trotzdem hat eine hilfsbereite Seele einige Nahrungsmittel im Haus deponiert.

Während eine Suppe auf dem Herd steht, schalte ich das Fernsehen ein. Nur Nachrichten und Suchmeldungen. Was für ein Blödsinn, als ob dieses friedliche Land in der Hand von Bösewichten sei. Genervt schalte ich den Fernseher wieder aus.

Der Kamin brennt und die warme Suppe wärmt mich von Innen. Ich schreibe Karl und freue mich, kurz darauf eine Antwort von ihm zu erhalten. Er sei bereits am Flughafen eingecheckt. Als Trost bringt er uns zwei Flaschen von unserem Lieblingswein mit. Glücklich über die gute Nachricht und müde von der Reise, schlafe ich auf dem gemütlichen Sofa vor dem offenen Kamin ein.

Was war das? Eigenartige Klänge dringen an mein Ohr. Ich öffne verwirrt die Augen und weiß im ersten Moment gar nicht, wo ich mich befinde. Langsam dämmert es mir wieder, ich bin im Urlaub, in einem Ferienhaus in Skandinavien. Ich spüre die Kälte des Winters, denn der Kamin ist erloschen, während ich geschlafen habe. Ich höre Geräusche. Fremde Geräusche an einem fremden Ort machen mir Angst. Vielleicht hätte ich das Haus erst einmal erkunden sollen, bevor ich eingeschlafen bin. Ich versuche mir einzureden, dass ich ganz ruhig sein kann, sicherlich haben all die ungewöhnlichen Laute eine ganz einfache und natürliche Erklärung. Sobald meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, taste ich mich zur Tür, hier muss irgendwo der Lichtschalter sein. Da ist er ja, aber er funktioniert nicht. In diesem Moment höre ich mein Herz ganz laut klopfen. Ganz bestimmt gibt es in diesem Haus Kerzen und Streichhölzer, aber wo nur? Ich krame in meinem Gedächtnis, wo ich das Telefon gesehen habe und taste mich dort hin. Ich werde Karls Schwester anrufen, sie kann mir bestimmt verraten, wo die Streichhölzer und Kerzen im Haus liegen. Doch die Leitung ist tot und ich spüre wie ich immer panischer werde. Schweiß bricht aus. Meine Atmung wird flach. Tief durchatmen, sage ich mir. Mein Handy, wo ist nur mein Handy? Schließlich ertaste ich es in der Küche. Der Akku ist leer! Verdammter Mist. Ich habe vergessen es rechtzeitig zu laden. Was mache ich jetzt?

Okay, ich bin eine vernünftige und erwachsene Frau und alles lässt sich logisch erklären. Das Knacken und Knarzen kommt bestimmt von den Bäumen, die ihre Schneelast verlieren. Das Knarren und Knirschen von dem vielen Holz, das im Haus verbaut ist. Alles ganz harmlos! Ich versuche tief ein und aus zu atmen, um meinen Puls zu beruhigen. Das Heulen und Rauschen des Windes ist in der Natur vollkommen normal. Ich sage mir immer wieder, dass alles in Ordnung sei. Langsam spüre ich den Erfolg meiner eigenen Beruhigungsstrategie. Doch bevor die Erleichterung meinen Körper durchdringt, vernehme ich das vorsichtige Schließen einer Tür und leise Schritte auf der Treppe.

Ich gehe langsam rückwärts zum Kamin und greife nach dem Schürhaken. Bewaffnet habe ich den Mut mich leise in Richtung Tür zu tasten. Als ich die Tür zum Flur zaghaft öffne, sehe ich einen Mann. Als auch er mich wahrnimmt, verharren wir beide in einer Schockstarre. Scheinbar erhole ich mich zuerst. Ich stürme nach vorne und schlage mit aller Kraft auf ihn ein. Der Schürhaken verursacht ein grässliches Geräusch. Ein Schmerzensschrei durchbricht das Schweigen. Vollkommen entsetzt über meine Tat lasse ich den Schürhaken fallen und renne aus dem Haus Richtung Straße.

Ich habe tatsächlich auf einen Menschen eingeschlagen. Mein schlechtes Gewissen meldet sich, aber mein Hirn weist es in die Schranken. Dieser Mann hatte in dem Ferienhaus von Karls Schwester nichts zu suchen. Obwohl ich nicht die sportlichste Frau bin, laufe ich so schnell wie möglich weg. Über das laute Keuchen meines Atems bilde ich mir ein, Schritte hinter mir zu hören. Was natürlich nicht sein kann. Schließlich habe ich den Eindringling doch niedergeschlagen.

Das Adrenalin sorgt dafür, dass ich keine Kälte spüre und den Rückweg schneller als den Hinweg bewältige. An der Straße angekommen sehe ich Autoscheinwerfer auf mich zukommen. Vollkommen erleichtert und dankbar für meine nahende Rettung, laufe ich ihnen entgegen. Durch die einsetzende Dunkelheit und meine dunkle Kleidung muss der Fahrer mich zu spät gesehen haben. Er kann nicht mehr rechtzeitig bremsen und der Wagen erfasst mich. Hoffentlich habe ich Glück und ich bin nur leicht verletzt. Als der Fahrer aussteigt erkenne ich Karl. Früher als geplant ist er da, um mich zu überraschen. Ich bin so erleichtert. Mit ihm wird Gott sei Dank alles gut.

Karl hält sich nicht lange mit Entschuldigungen auf. Er nimmt seine Arztasche, um sich meine Wunden anzusehen. Ich weiß, was für ein guter Arzt er ist. Während ich meinen Mann glücklich betrachte, taucht plötzlich der Einbrecher mit einer blutenden Kopfwunde hinter Karl auf. Wo kommt er denn her? Ich hatte ihn doch niedergeschlagen!

Mein Herz rast und die Schnappatmung ist auch wieder da. Der Mann muss den Schürhaken aufgehoben haben. Denn er schlägt jetzt mit dem Ding zweimal auf Karls Kopf ein. Dann blickt er zu mir und sieht mich ohne Mantel blutend am Boden liegen. Ihm ist bestimmt klar, wenn ich nicht an meinen Verletzungen sterbe, werde ich definitiv erfrieren.

Bevor ich für immer diese Welt verlasse höre ich noch, wie er zu mir sagt: “Alle Welt weiß von meinem Ausbruch aus dem Gefängnis. Selber schuld, wenn Sie trotzdem hier sind und in meinem Versteck übernachten wollen.“

2 Das Erbe

Jonas stand vor dem zwei Meter hohen Stahlzaun. Auf dem einst so gepflegten Außengelände wucherte inzwischen das Unkraut. In der Mitte thronte einsam und verlassen das Firmengebäude.

Als er vor fünf Jahren das letzte Mal hier war, sah alles noch ganz anders aus.

Die Parkplätze waren mit den Autos der Mitarbeiter belegt. An der linken Gebäudeseite warteten sich mehrere LKW, um Waren auf- oder abzuladen. Im Gebäude brannten Lichter und Maschinen lärmten, während man die Menschen dort hinter den Glasscheiben bei der Arbeit beobachten konnte.

Er nahm den Schlüssel aus seiner Tasche und schloss das Tor auf. Damals wären die Mitarbeiter von allen Seiten durch das Portal geströmt. Jetzt war er ganz alleine auf dem riesigen Grundstück.

Der Empfangsbereich war leer. Vor seinem inneren Auge sah er die Theke auf der linken und die dunklen Ledersessel auf der rechten Seite. Er sah die Bilder an den Wänden. Sogar das Geräusch des Springbrunnes schien den Raum zu erfüllen.

Er wandte sich nach rechts und betrat den Gang. Er warf einen Blick in das erste Büro. Nichts als Leere. Ein Anblick, der sich beim zweiten und auch beim dritten Büro wiederholte. Zurück im Flur, blieb er kurz stehen. Dann öffnete er die Tür zu seinem eigenen ehemaligen Büro. Auch dies war leer, aber an der Wand hing noch Annes Kalender. Er nahm das verstaubte Teil ab und betrachtete die fröhlichen Bilder. Der Dezember zeigte seinen lachenden Vater mit einer Nikolausmütze auf dem Kopf und vielen kleinen Präsenten im Arm. Er schluckte und blinzelte die Tränen weg. Mit dem Kalender in der Hand ging er zurück zum Eingangsbereich und stieg die Treppe in den zweiten Stock zur Chefetage hinauf. Oben angekommen öffnete er die schwere Eichentür zum Büro seines Vaters. Sein Schreibtisch und sein Stuhl waren genauso verschwunden wie der große Besprechungstisch und die drei Sessel. Natürlich waren auch alle Gemälde, Skulpturen und Bücher nicht mehr da.

Er ging ein paar Schritte in den Raum hinein und betrachtete die Kreidezeichnung auf dem Boden.

In dem Moment erklang hinter ihm eine Stimme: „Na sowas! Der verlorene Sohn ist wieder da!“

„Herr Tiedke, was machen Sie hier? Ich wusste gar nicht, dass Sie hier immer noch nach dem Rechten sehen. Meine Schwester hat das gar nicht erwähnt, als sie mir den Schlüssel gab.“

„Einmal Sicherheitschef, immer Sicherheitschef.“

Ein verlegenes Schweigen breitete sich aus. Er hatte Tiedke noch nie gemocht.

Sonja hatte Jonas den letzten verbliebenen Generalschlüssel gegeben. Sie wollte ihm eine Gelegenheit zum Abschiednehmen bieten, bevor der neue Investor alles abriss. Wie war Tiedke hereingekommen, er hatte doch vorsichtshalber das Tor und auch das Portal abgeschlossen?

„Arbeiten Sie jetzt für die Heuschrecken?“

„Nein, ich befinde mich eigentlich im Ruhestand.“

Dieser Satz wirkte nach. Jonas war verwirrt. Warum verschwand Tiedke nicht und ließ ihn in Ruhe?

Mit den Worten: „Ich habe Sie bei der Beerdigung Ihres Vaters vermisst!“, nahm Tiedke das Gespräch wieder auf.

Jonas hatte nicht vor, diesem Kerl von seinem Zusammenbruch nach dem Tod seines Vaters zu erzählen.

Stattdessen fragte er: „Gibt es einen Grund, dass Sie das leere Gebäude bewaffnet besuchen?“

Tiedke nahm die Pistole mit der rechten Hand aus dem Holster und schlug im Takt mit der Waffe immer wieder auf seine linke Hand.

„Tja, Ihr Vater wurde von einem Einbrecher erschossen. Wer weiß, möglicherweise passiert es auch dem Sohn.“

Die Atmosphäre wurde eisig und Tiedkes Lächeln ließ ihn erstarren.

„Sie waren es! Sie haben meinen Vater erschossen!“

„Stimmt, ich habe diesen Scheißkerl umgebracht. Mit dieser Pistole, die ich vorsorglich nach der Tat mit einer anderen getauscht habe. Die Polizei konnte mir nichts nachweisen. Jetzt tötet diese Waffe auch den Sohn."

Gerne hätte er den Grund für den Mord erfahren. Bevor er die Frage jedoch stellen konnte, fiel schon der Schuss und beförderte ihn ins Jenseits.

Tiedke griff zum Handy und wählte eine Nummer.

„Hallo Sonja, es ist erledigt. Du bist jetzt die Alleinerbin. Meinen Anteil kannst du mir heute Abend vorbeibringen. Wo soll ich deinen Bruder verschwinden lassen?“

Sonja antwortete entspannt: „Tiedke, Sie können meinen Bruder ruhig dort liegen lassen. Morgen schon, in nur wenigen Stunden, wird das Gebäude abgerissen. Die Trümmer seiner geliebten Fabrik sind das perfekte Grab für Papas Liebling.

3 Diamanten