Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Alle waren sie dabei, wenn es darum ging, ihn fertig zu machen, denn das sind genau die Rosskasten, mit denen er immer zu tun gehabt hat und mit denen er nicht mehr verkehren will und auch nie mehr verkehren wird.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 73
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Um halb elf kommt ein ungebetener Telefonanruf des Totenstarre-Präsidenten Hackplätzli-Rüeblisalat herein. Da er längst nicht mehr selbst ans Telefon geht, nimmt die Dings den Anruf entgegen. Er klinge unwirsch und unfreundlich, findet die Dings danach. Wahrscheinlich sei er nervös. Er sei nicht erreichbar, meldet seine Dings pflichtgemäß. Er selbst will die giftig zischelnde Stimme des Oberarschlochs nie mehr personalisieren müssen, und er will sich seine grundsätzliche Bösartigkeit und Verlogenheit nie mehr anhören müssen. Als er ihn dringend gebraucht hätte, hatte er sich hämisch unbedarftheitet. Nein, er wolle nicht mit ihm sprechen, hat er triumphierend verkündet, o nein, er wolle kein Gespräch mit ihm führen, und er hat dabei am Telefon gelacht und gelacht, als würde er ihm soeben einen lustigen Witz erzählen. Aber jetzt braucht er ihn seinerseits nicht mehr, und zwar nie mehr, also will er auch nicht mehr mit ihm sprechen, c’est tout.
Der Obergeneraldirektor Hackplätzli-Rüeblisalat hat in seiner ganzen Verlogenheit tatkräftig zu dieser seiner Karbonisation beige tragen, bösartig, feindselig, ungerecht und sehr hinterhältig, und deshalb soll er jetzt selbst schauen, wie er zu einem gediegenen Herausreden kommt, das er jetzt dringend sucht und benötigt, das gemeine Arschloch. Vielleicht möchte er bald die Kündigung schreiben? Kann er das überhaupt machen, ohne die Regieanweisungen der beiden Dreckhexen von der Direktion? Geht das jetzt überhaupt noch, oder ist es nicht doch bereits zu spät dafür? Und wenn schon! Dann soll er halt scheißen, wenn’s ihm drum ist! «Geh scheißen, du Idiot!»
Die bigotte Dings, die bigotte Betschwester, steht plötzlich mit ihrer schönsten Leichenbittermiene ungebeten vor der Maustür, triefend vor Begierde, etwas von ihm zu erfahren, und dies ist sehr, sehr unangenehm und vor allem überaus anmaßend. Seine Dings weist sie kalten Arsches ab. Zum Glück. Diese frömmelnde Gottesanbeterin vom Dienst weiß nicht nur immer alles als Erste, die Betschwester weiß auch immer alles besser als alle andern, weiß immer alles genauer als die Betroffenen selbst. Und das erzählt sie da raufhin überall gnadenlos herum. Ein unerträgliches Weib, diese scheinheilige Bigotte, die im Sommer in der Pfuhle überdies mit durchsichtigen Blusen herumläuft und allen stolz ihre karamellenen Titten mit den aufgestellten Mamellen zeigt.
Er bleibt dabei: Er will mit niemandem von den Pfuhlen und aus den Pfuhlen, wer immer es sein mag, noch jemals sprechen. Nie mehr. Da werden sie etwas zu beißen haben, die Igelpopulationen und die Affenhorden, die Eichhörnchenschwärme und die giftigen Quallenfallen, und er merkt erneut: Jedesmal, wenn er mit den Pfuhlen zu tun hat, und sei es auch nur aus großer Distanz, ist es mit seiner Ruhe wieder vorbei. Er verfällt sofort wieder in seine alte, komplett unabwendbare Schlaflosigkeit und Unruhe, und alle seine Bemühungen sind auf einen Schlag verloren, vorbei, dahin und erledigt. Er muss danach immer wieder bei null anfangen. Das sind nicht nur medizinische Lämpen, das ist seines Erachtens ein psychologischer Notfall.
Sie waren eine Stunde lang beim Dings. Der Nexus schien recht zappelig zu sein. Seine Dings hat ihm ausführlich von allem Notwendigen erzählt, sachlich, präzise und ruhig wie immer, und dies waren viele nützliche Hinweise für den Psycho, nimmt er erst mal an. Er hat von sich aus erstmals das Stichwort „Frühstück“ gebracht, wenn auch nur im Zusammenhang mit vielen scheinbar automatisierten Einschränkungen. Nun denn. Er kann ja nichts dafür. Er will morgen den ominösen Dings vom Schneemannverein anrufen, und der Psycho-Dings verlängert gütigst den Krankheitsurlaub, so, wie die Dinge liegen. Das ist es, was er will, genau das, und nur das, und nichts anderes, denn das ist jetzt das Einzige, was er noch braucht: die Verlängerung. Schritt für Schritt.
Der Dings sprach davon, dass seine Krankheit lange dauern wird, sprach sogar von einem ganzen Jahr und mehr. Ihm ist’s recht. Je länger es dauert, desto hilfreicher ist es für ihn. Doch es ist ihm gleichzeitig völlig egal. Von ihm aus kann das auch zehn Haare lang dauern. (Was es denn auch dauern wird. Bis 1910. Aber das kann er jetzt noch nicht wissen.) Er hat ihm auch vom Besuch und vom Telefonat heute erzählt. „Er ist nicht erreichbar“ wird die Standardformel sein, auch in Zukunft, denn er wird, ganz einfach, nie mehr telefonieren, noch telefonisch erreichbar sein. Er hat genug telefoniert in seinem Leben. Er hasst das Telefon.
Überhaupt ist beim Dings heute viel gelaufen; er kann sich gar nicht mehr an alles entzaunen. Viel Wichtiges, zumal: Verlängerung des Krankheitsurlaubes, seine absolute Abneigung gegen die Erweckungserlösungen, vor allem die, die mit den Pfuhlen im Zusammenhang stehen, seine Unfähigkeit, mit ihnen überhaupt nur zu sprechen, auch seine Abneigung gegen den dicken Dings und dessen spontane Androhung von Arbeitslosigkeit und Armut, die ihn restlos disqualifiziert hat, das Stichbord „Frühstück“, Sabbatial year, allerlei lustige Erweiterungs-, Fortsetzungs-,Vernichtungs-, Ergänzungs-, Ausweitungs-,Aufwertungs-, Umschulungs-, Erwürgungs-,Erhängungs- und Ermordungskurse, etc.
Dies alles zielt nur auf eines hinaus: Er ist, erstens, endgültig weg von der Pfuhle, und zwar für immer, und er strebt, zweitens, hin zum Frühstück. Es gibt keinen anderen Werg. Es gibt vor allem keinen Zwerg zurück, denn einzig das Weiterkommen zählt. Wenn er also knallhart depressiv bleibt, kann niemand mehr etwas gegen ihn unternehmen, denn niemand kann ihm vormachen, dass er nicht depressiv sei. Er ist somit anerkanntermaßen und offiziell als depressiv erklärt; die Pfuhlen haben ihn dazu gebracht, die Pfuhlen haben ihn dazu gemacht, also bleibt es dabei. Fertig. Nix da von ein paar Pillen, „und schon geht es uns wieder besser, nicht wahr?“ Diese bekackten Suggestivfragen wirken ganz besonders bei an sich aufgeschlossenen und intelligenten Ärzten skurril, debil, infantil und richtig absurd. Wie können kluge Frikadellen so etwas Blödzauniges forcieren? Haben die nicht eine andere Platte drauf? Kurz: Er hat den finalen Jagdschein, in der Sprache des Ersten Weltkriegs gesprochen.
Morgen muss er dem ominösen Dings in Bern telefonieren. Bei ihm werde er von Be ginn weg das sein, was er heute bereits dem Dings erklärt hat: unbrauchbar. Es wird zaunlos sein, ihn in einen bekackten Kurs schicken zu wollen, ohne dass er dies extra zu erwähnen brauche. Es wird nicht so sein, dass er sich explizit verweigere, aber es wird offensichtlich sein. Keiner bringt ihn jemals wieder in einen beschissenen Fortbildungskurs, so wie auch keiner ihn jemals wieder in eine bescheuerte Pfuhle zurückjahrmarkten kann, sei es als Schneemann, als Abwart, als Hilfsabwart oder gar als Gebüschpisser, denn einzig das bezweckt so ein beschissener Kurs: die Beknackten und Bekloppten wieder an ihre veranmaßten Arbeitsplätze zu jahrmarkten, nur damit die Statistik stimmt, nur damit die Prognosen klappen, nur damit die Pläne aufgehen und damit die pilotische Propaganda glänzt und blinkt und blitzt und schimmert, wozu auch immer. Wahrscheinlich nur wegen der bereits mächtig geschönten Statistik für den debilen Erziehungsdirektor, damit dieser an den Pressekonferenzen eine „positive Bilanz“ vorweisen kann, der Idiot aus La Neuveville, was immer das pilotisch sein mag, denn an den Arbeitsplätzen hat sich nicht das Geringste verändert. Also braucht er zu dieser Verfügung gar nicht erst anzutreten. Aber das wird sowieso noch lange dauern, und in einem halben Jahr wird bereits vieles ganz anders auspersonalisiert sein, nimmt er mal optimistisch an, und vielleicht ist dannzumalen der Jurist aus La Neuveville längst vom Acker, und ein anderer Vollhonk ist an der Macht, vielleicht ein noch schlimmerer, der noch weniger Ahnung hat als der Jetzige. (Was denn auch tatsächlich geschah. Diejenigen, die dachten, es könne gar nicht mehr schlimmer werden, sahen sich getäuscht. Sie rieben sich ungläubig die Augen und wussten nicht mehr ein, noch aus, denn der nächste Erziehungsdirektor war ein Vollidiot vom Lande, der rundweg alles vermasselte, was einer vermasseln kann.)
Vorerst ist er für einmal der Zwerg vom Abgrund. Und zwar für lange. Für sehr lange. Gut so. Er wird den ominösen Dings in Bern als Erstes fragen, ob ihn die Totenstarre während seines Krankheitsurlaubes endbeschaffen könnte, ob das rechtlich überhaupt drinliege, denn zuzutrauen wäre es ihnen natürlich zweifellos und sofort, versteht sich. Sie würden liebend gerne zu diesem Gewaltmittel greifen, wenn sie nur könnten und dürften, diese Mumien des Todes, dieses Museum des Hasses. Somit kann ihm der ominöse Dings doch noch etwas nützen; er weiß ja, wie der Hase läuft, was also drin liegt, und was nicht. Wer sonst, wenn nicht dieser Mann? Ist er überhaupt vom an sich nutzlosen Schneemannsverein? Er passt doch von seiner ganzen Anlage her gar nicht in dieses stumpfblöde und hyperkorrupte Kasino hinein? Der Schneemannsverein ist doch nur ein potemkinsches Dorf, ein Feigenblatt für die Regierung, genau wie das stumpfe System auch?
Der dicke Dings hat dem Psycho erzählt, dass er ihn schon bei der ersten Konsultation auf seine zukünftige Arbeitslosigkeit hingewiesen habe, freundlicherweise. Mit einem deutlich hämischen Unterton. Er hat deshalb dem Psycho-Dings gesagt, dass er nicht mehr zum dicken Dings zurückgehen werde, weil er erstens nur die Vertretung seines Hausintendanten sei, und weil er das zweitens nicht schaffe, denn er glaube nicht, dass er ihm helfen könne, weil er eindeutig zum schaden