50 Gedichte des Sturm und Drang -  - E-Book

50 Gedichte des Sturm und Drang E-Book

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Beschreibung

Die Literatur des Sturm und Drang im Jahrzehnt zwischen 1770 und 1780 ist der erste Versuch, die Aufklärung weiterzudenken: in der Entdeckung und literarischen Beschreibung des radikal Individuellen gegenüber gesellschaftlichen Zwängen.Diese repräsentative Auswahl von 50 Gedichten bietet einen guten Überblick über Autoren und poetische Themen dieser Periode, von Schubart und Bürger, Goethe, Schiller und Lenz bis hin zu Unbekannteren wie Stäudlin oder dem Maler und Schriftsteller Füssli. Ein Kommentar sowie ein informatives Nachwort erschließen die Texte. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

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50 Gedichte des Sturm und Drang

Mit einem Nachwort herausgegeben von Matthias Luserke-Jaqui

Reclam

2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2020

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961712-1

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019663-2

www.reclam.de

Inhalt

JOHANN WOLFGANG GOETHE / JAKOB MICHAEL REINHOLD LENZErwache Friederike    [1.]JOHANN WOLFGANG GOETHELied, das ein selbst gemaltes Band begleitete    [2.]Neue Liebe, neues Leben    [3.]Heidenröslein    [4.]Maifest    [5.]Ach wie sehn ich ...Auf einen Baum in dem Wäldchen bei Sesenheim    [7.]Ob ich dich liebe, ...Wandrers Sturmlied    [9.]Künstlers Morgenlied    [10.]Ganymed    [11.]Prometheus    [12.]Rastlose Liebe    [13.]JAKOB MICHAEL REINHOLD LENZFreundin aus der Wolke    [14.]Strephon an Seraphinen    [15.]An das Herz    [16.]Wo bist du itzt, ...Ach, bist du fort? ...Dir, Himmel, wächst er ...Süße Schmerzen meiner Seele,    [20.]Ich suche sie umsonst, ...Lied zum teutschen Tanz    [22.]JOHANN FRIEDRICH HAHNSehnsucht    [23.]Der Eichenkranz    [24.]JOHANN HEINRICH VOSSAn einen Pfeifenkopf    [25.]LUDWIG CHRISTOPH HEINRICH HÖLTYAn eine Tobakspfeife    [26.]FRIEDRICH LEOPOLD GRAF ZU STOLBERGAn die Natur    [27.]Die Freiheit    [28.]JOHANN MARTIN MILLERLied eines Gefangnen    [29.]MALER MÜLLERLied eines bluttrunknen Wodanadlers    [30.]Dithyrambe    [31.]CHRISTIAN FRIEDRICH DANIEL SCHUBARTFreiheitslied eines Kolonisten    [32.]Die Fürstengruft    [33.]Der Gefangene    [34.]Zwei Kaplieder    [35.]GOTTFRIED AUGUST BÜRGERDer Bauer an seinen Fürsten    [36.]Des Pfarrers Tochter von Taubenhain    [37.]CHRISTOPH KAUFMANNAn Tr–    [38.]HEINRICH LEOPOLD WAGNERAn den Mond    [39.]LUDWIG PHILIPP HAHNLied eines freien Sklaven    [40.]KARL PHILIPP MORITZDie empfindsame Schöne    [41.]JOHANN HEINRICH FÜSSLIOde an seine zurückgelassenen Freunde    [42.]Skolion    [43.]FRIEDRICH SCHILLERStehlen, morden, huren, balgen    [44.]Die schlimmen Monarchen    [45.]Die Kindsmörderin    [46.]Monument Moors des Räubers    [47.]GOTTHOLD FRIEDRICH STÄUDLINSeltha, die Kindermörderin    [48.]JOSEPH MARTIN KRAUSDer Abschied    [49.]PHILIPP CHRISTOPH KAYSERAn Klinger    [50.]AnhangZu dieser AusgabeDrucknachweise und KommentarJOHANN WOLFGANG GOETHE / JAKOB MICHAEL REINHOLD LENZJOHANN WOLFGANG GOETHEJAKOB MICHAEL REINHOLD LENZJOHANN FRIEDRICH HAHNJOHANN HEINRICH VOSSLUDWIG CHRISTOPH HEINRICH HÖLTYFRIEDRICH LEOPOLD GRAF ZU STOLBERGJOHANN MARTIN MILLERMALER MÜLLER (d. i. Friedrich Müller)CHRISTIAN FRIEDRICH DANIEL SCHUBARTGOTTFRIED AUGUST BÜRGERCHRISTOPH KAUFMANNHEINRICH LEOPOLD WAGNERLUDWIG PHILIPP HAHNKARL PHILIPP MORITZJOHANN HEINRICH FÜSSLIFRIEDRICH SCHILLERGOTTHOLD FRIEDRICH STÄUDLINJOSEPH MARTIN KRAUSPHILIPP CHRISTOPH KAYSERLiteraturhinweiseQuellenForschungsliteraturNachwortVerzeichnis der Gedichtüberschriften und Gedichtanfänge

[9]JOHANN WOLFGANG GOETHE / JAKOB MICHAEL REINHOLD LENZ

Erwache Friederike    [1.]

Erwache Friederike

Vertreib die Nacht

Die einer Deiner Blicke

zum Tage macht.

Der Vögel sanft Geflüster    5

Ruft liebevoll

Dass mein geliebt Geschwister

Erwachen soll

 

Ist Dir Dein Wort nicht heilig

Und meine Ruh?    10

Erwache! Unverzeihlich!

Noch schlummerst Du!

Horch Philomelens Kummer

Schweigt heute still

Weil Dich der böse Schlummer    15

Nicht meiden will.

 

Es zittert Morgenschimmer

Mit blödem Licht

Errötend durch Dein Zimmer

Und weckt Dich nicht.    20

Am Busen Deiner Schwester

Der für Dich schlagt

Entschläfst Du immer fester

Je mehr es tagt.

 

[10]Ich seh Dich schlummern, Schöne,    25

Vom Auge rinnt

Mir eine süße Träne

Und macht mich blind

Wer kann es fehllos sehen

Wer wird nicht heiß    30

Und wär er von den Zähen

Zum Kopf von Eis!

 

Vielleicht erscheint Dir träumend

O Glück mein Bild

Das halb im Schlaf und reimend    35

Die Musen schilt

Erröten und erblassen

Sieh sein Gesicht:

Der Schlaf hat ihn verlassen

Doch wacht er nicht.    40

 

Die Nachtigall, im Schlafe

Hast Du versäumt:

So höre nun zur Strafe

Was ich gereimt

Schwer lag auf meinem Busen    45

Des Reimes Joch.

Die schönste meiner Musen,

Du – schliefst ja noch.

[11]JOHANN WOLFGANG GOETHE

Lied, das ein selbst gemaltes Band begleitete    [2.]

Kleine Blumen, kleine Blätter

Streuen mir mit leichter Hand

Gute junge Frühlingsgötter

Tändlend auf ein lüftig Band.

 

Zephir nimm’s auf deine Flügel,    5

Schlinge um meiner Liebe Kleid!

Und sie eilet vor den Spiegel

All in ihrer Munterkeit.

 

Sieht mit Rosen sich umgeben

Sie, wie eine Rose jung.    10

Einen Kuss! geliebtes Leben,

Und ich bin belohnt genung.

 

Fühle was dies Herz empfindet,

Reiche frei mir deine Hand.

Und das Band, das uns verbindet,    15

Sei kein schwaches Rosenband.

Neue Liebe, neues Leben    [3.]

Herz, mein Herz, was soll das geben,

Was bedränget dich so sehr?

Welch ein fremdes neues Leben!

Ich erkenne dich nicht mehr.

[12]Weg ist alles, was du liebtest,    5

Weg, warum du dich betrübtest,

Weg dein Fleiß und deine Ruh;

Ach! wie kamst du mir dazu?

 

Fesselt dich die Jugendblüte?

Diese liebliche Gestalt,    10

Dieser Blick voll Treu und Güte,

Mit unendlicher Gewalt?

Will ich rasch mich ihr entziehen,

Mich ermannen, ihr entfliehen;

Führet mich im Augenblick    15

Ach! mein Weg zu ihr zurück.

 

Und an diesem Zauberpfädchen,

Das sich nicht zerreißen lässt,

Hält das liebe-lose Mädchen

Mich so wider Willen fest;    20

Muss in ihrem Zauberkreise

Leben nun auf ihre Weise.

Die Verwandlung, ach! wie groß!

Liebe! Liebe lass mich los!

 

Mir schlug das Herz; geschwind zu Pferde,    25

Und fort, wild, wie ein Held zur Schlacht!

Der Abend wiegte schon die Erde,

Und an den Bergen hing die Nacht;

Schon stund im Nebelkleid die Eiche,

Ein aufgetürmter Riese, da,    30

Wo Finsternis aus dem Gesträuche

Mit hundert schwarzen Augen sah.

 

[13]Der Mond von seinem Wolkenhügel,

Schien kläglich aus dem Duft hervor;

Die Winde schwangen leise Flügel,    35

Umsausten schauerlich mein Ohr;

Die Nacht schuf tausend Ungeheuer –

Doch tausendfacher war mein Mut;

Mein Geist war ein verzehrend Feuer,

Mein ganzes Herz zerfloss in Glut.    40

 

Ich sah dich, und die milde Freude

Floss aus dem süßen Blick auf mich.

Ganz war mein Herz an deiner Seite,

Und jeder Atemzug für dich.

Ein rosenfarbes Frühlingswetter    45

Lag auf dem lieblichen Gesicht,

Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter!

Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht.

 

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!

Aus deinen Blicken sprach dein Herz.    50

In deinen Küssen, welche Liebe,

O welche Wonne, welcher Schmerz!

Du gingst, ich stund, und sah zur Erden,

Und sah dir nach mit nassem Blick;

Und doch, welch Glück! geliebt zu werden,    55

Und lieben, Götter, welch ein Glück!

[14]Heidenröslein    [4.]

Sah ein Knab ein Röslein stehn,

Röslein auf der Heiden,

War so jung und morgenschön,

Lief er schnell es nah zu sehn,

Sah’s mit vielen Freuden.    5

Röslein, Röslein, Röslein rot,

Röslein auf der Heiden.

 

Knabe sprach: ich breche dich,

Röslein auf der Heiden!

Röslein sprach: ich steche dich,    10

Dass du ewig denkst an mich,

Und ich will’s nicht leiden.

Röslein, Röslein, Röslein rot,

Röslein auf der Heiden.

 

Und der wilde Knabe brach    15

’s Röslein auf der Heiden;

Röslein wehrte sich und stach,

Half ihr doch kein Weh und Ach,

Musste es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röslein rot,    20

Röslein auf der Heiden.

[15]Maifest    [5.]

Wie herrlich leuchtet

Mir die Natur!

Wie glänzt die Sonne!

Wie lacht die Flur!

 

Es dringen Blüten    5

Aus jedem Zweig,

Und tausend Stimmen

Aus dem Gesträuch,

 

Und Freud und Wonne

Aus jeder Brust.    10

O Erd o Sonne

O Glück o Lust!

 

O Lieb o Liebe,

So golden schön,

Wie Morgenwolken    15

Auf jenen Höhn;

 

Du segnest herrlich

Das frische Feld,

Im Blütendampfe

Die volle Welt.    20

 

O Mädchen Mädchen,

Wie lieb ich dich!

Wie blinkt dein Auge!

Wie liebst du mich!

 

[16]So liebt die Lerche    25

Gesang und Luft,

Und Morgenblumen

Den Himmels Duft,

 

Wie ich dich liebe

Mit warmen Blut,    30

Die du mir Jugend

Und Freud und Mut

 

Zu neuen Liedern,

Und Tänzen gibst!

Sei ewig glücklich    35

Wie du mich liebst!

Ach wie sehn ich mich nach dir,     [6.]

Kleiner Engel! nur im Traum,

Nur im Traum erscheine mir!

Ob ich da gleich viel erleide,

Bang um dich mit Geistern streite,    5

Und erwachend atme kaum.

Ach wie sehn ich mich nach dir,

Ach wie teuer bist du mir,

Selbst in einem schweren Traum.    10

[17]Auf einen Baum in dem Wäldchen bei Sesenheim    [7.]

Dem Himmel wachs entgegen

Der Baum, der Erde Stolz.

Ihr Wetter, Stürm und Regen,

Verschont das heilge Holz!

Und soll ein Name verderben,    5

So nehmt die obern in Acht!

Es mag der Dichter sterben,

Der diesen Reim gemacht.

Ob ich dich liebe, weiß ich nicht:    [8.]

Seh ich nur einmal dein Gesicht,

Seh dir ins Auge nur einmal,

Frei wird mein Herz von aller Qual;

Gott weiß, wie mir so wohl geschicht!    5

Ob ich dich liebe, weiß ich nicht.

Wandrers Sturmlied    [9.]

Wen du nicht verlässest Genius

Nicht der Regen nicht der Sturm

Haucht ihm Schauer übers Herz.

Wen du nicht verlässest Genius

Wird der Regenwolk    5

Wird dem Schloßensturm

Entgegensingen

Wie die Lerche

Du da droben

 

[18]Den du nicht verlässest Genius    10

Wirst ihn heben übern Schlammpfad

Mit den Feuerflügeln.

Wandeln wird er

Wie mit Blumenfüßen

Über Deukalions Flutschlamm    15

Python tötend, leicht, groß

Pythius Apollo.

 

Dem du nicht verlässest Genius

Wirst die wollnen Flügel unterspreiten

Wenn er auf dem Felsen schläft

Wirst mit Hüterfittigen ihn decken    20

In des Haines Mitternacht.

 

Wen du nicht verlässest Genius

Wirst im Schneegestöber

Wärmumhüllen    25

Nach der Wärme ziehn sich Musen

Nach der Wärme Charitinnen.

 

Umschwebt mich ihr Musen!

Ihr Charitinnen!

Das ist Wasser, das ist Erde    30

Und der Sohn des Wassers und der Erde

Über den ich wandle

Göttergleich.

 

Ihr seid rein wie das Herz der Wasser

Ihr seid rein wie das Mark der Erde    35

Ihr umschwebt mich und ich schwebe

Über Wasser über Erde

Göttergleich.

 

[19]— — —

 

Soll der zurückkehren,

Der kleine schwarze feurige Bauer    40

Soll der zurückkehren, erwartend

Nur deine Gaben Vater Bromius

Und hellleuchtend umwärmend Feuer,

Der kehren mutig.

Und ich den ihr begleitet    45

Musen und Charitinnen all

Den alles erwartet was ihr

Musen und Charitinnen

Umkränzende Seligkeit

Rings ums Leben verherrlicht habt,    50

Soll mutlos kehren?

 

Vater Bromius

Du bist Genius

Jahrhunderts Genius

Bist, was innre Glut    55

Pindarn war,

Was der Welt

Phöb Apoll ist.

 

Weh! Weh! innre Wärme

Seelen Wärme    60

Mittelpunkt!

Glüh entgegen

Phöb Apollen.

Kalt wird sonst

Sein Fürstenblick    65

Über dich vorübergleiten,

[20]Neidgetroffen

Auf der Zeder Kraft verweilen

Die zu grünen

Sein nicht harrt    70

 

— — —

 

Warum nennt mein Lied dich zuletzt

Dich von dem es begann,

Dich in dem es endet

Dich aus dem es quillt

Jupiter Pluvius!    75

Dich! dich strömt mein Lied,

Und Kastalischer Quell

Rinnt ein Nebenbach

Rinnet Müßigen

Sterblich Glücklichen    80

Abseits von dir

Der du mich fassend deckst

Jupiter Pluvius.

 

Nicht am Ulmenbaum

Hast du ihn besucht,    85

Mit dem Taubenpaar

In dem zärtlichen Arm

Mit der freundlichen Ros umkränzt

Tändlenden ihn blumenglücklichen

Anakreon,    90

Sturmatmende Gottheit.

 

[21]Nicht im Pappelwald

An des Sibaris Strand

An des Gebürges

Sonnebeglänzter Stirn nicht    95

Fasstest du ihn.

Den Bienensingenden

Honig lallenden

Freundlich winkenden

Theokrit.    100

 

Wenn die Räder rasselten

Rad an Rad, rasch ums Ziel weg

Hoch flog

Siegdurchglühter

Jünglinge Peitschenknall    105

Und sich Staub wälzt’

Wie vom Gebürg herab

Kieselwetter ins Tal,

Glühte deine Seel Gefahren Pindar

Mut – Glühte –    110

Armes Herz

Dort auf dem Hügel

Himmlische Macht

Nur so viel Glut

Dort meine Hütte    115

Dorthin zu waten.

[22]Künstlers Morgenlied    [10.]

Ich hab euch einen Tempel baut

Ihr hohen Musen all

Und hier in meinem Herzen ist

Das Allerheiligste.

 

Wenn morgens mich die Sonne weckt    5

Warm froh ich schau umher

Steht rings ihr ewig Lebenden

In heilgem Morgenglanz.

 

Ich bet hinan und Lobgesang

Ist lauter mein Gebet    10

Und Freudeklingend Saitenspiel

Begleitet mein Gebet.

 

Ich trete vor den Altar hier

Und lese wie sich’s ziemt

Andacht liturgscher Lektion    15

Im heiligen Homer.