Achterbahn der Gefühle - Toni Waidacher - E-Book

Achterbahn der Gefühle E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Nach all dem Hickhack mit dem Greitlinger-Sepp und dem jungen Schubert will ich mir morgen ein paar Stunden gönnen, in denen ich total abschalten kann und mich nur auf mich selbst konzentrieren muss«, gestand Pfarrer Trenker seiner Haushälterin, der mütterlichen Sophie Tappert. Sophie schaute ihn etwas befremdet an. »Das ist das erste Mal, Hochwürden, dass Sie nach einer Auszeit verlangen«, sagte sie. »Geht Ihnen das Ganze so sehr an die Nieren?« »Ich muss einfach mal wieder mein Innerstes sortieren, Frau Tappert. Die Enttäuschung, die der Schubert junior der Anni bereitet hat, war auch für mich ziemlich erschütternd. Mit ist der Bursch' net sympathisch, ich will aber, was die bevorstehende Auseinandersetzung mit der Gemeinde Engelsbach und der Bauträgergesellschaft betrifft, objektiv bleiben. Gefühl und Verstand streiten sich in mir.« »Der Andreas Schubert verkörpert net die Bauträgergesellschaft«, gab Sophie zu bedenken. »Der hat nur als eine Art Mittelsmann zwischen der GmbH und der Gemeinde Engelsbach fungiert.« »Ich weiß«, versetzte Sebastian. »Dennoch fühl' ich mich befangen. Was er der Anni angetan hat, ist verwerflich und net zu verzeihen. Dass er die Frau, die er angeblich heiraten will, mit der Anni betrogen hat, ebenso. Davon will ich mich aber freimachen, denn es hat nix mit meinem Feldzug gegen die Gemeinde Engelsbach und die GmbH zu tun. Die Anni hat mir versichert, dass sie das Thema Andreas Schubert abhakt und alles tun will, um die Episode mit ihm zu vergessen.

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Der Bergpfarrer – 493 –

Achterbahn der Gefühle

Verliert Anni den Glauben an die Liebe?

Toni Waidacher

»Nach all dem Hickhack mit dem Greitlinger-Sepp und dem jungen Schubert will ich mir morgen ein paar Stunden gönnen, in denen ich total abschalten kann und mich nur auf mich selbst konzentrieren muss«, gestand Pfarrer Trenker seiner Haushälterin, der mütterlichen Sophie Tappert.

Sophie schaute ihn etwas befremdet an. »Das ist das erste Mal, Hochwürden, dass Sie nach einer Auszeit verlangen«, sagte sie. »Geht Ihnen das Ganze so sehr an die Nieren?«

»Ich muss einfach mal wieder mein Innerstes sortieren, Frau Tappert. Die Enttäuschung, die der Schubert junior der Anni bereitet hat, war auch für mich ziemlich erschütternd. Mit ist der Bursch’ net sympathisch, ich will aber, was die bevorstehende Auseinandersetzung mit der Gemeinde Engelsbach und der Bauträgergesellschaft betrifft, objektiv bleiben. Gefühl und Verstand streiten sich in mir.«

»Der Andreas Schubert verkörpert net die Bauträgergesellschaft«, gab Sophie zu bedenken. »Der hat nur als eine Art Mittelsmann zwischen der GmbH und der Gemeinde Engelsbach fungiert.«

»Ich weiß«, versetzte Sebastian. »Dennoch fühl’ ich mich befangen. Was er der Anni angetan hat, ist verwerflich und net zu verzeihen. Dass er die Frau, die er angeblich heiraten will, mit der Anni betrogen hat, ebenso. Davon will ich mich aber freimachen, denn es hat nix mit meinem Feldzug gegen die Gemeinde Engelsbach und die GmbH zu tun. Die Anni hat mir versichert, dass sie das Thema Andreas Schubert abhakt und alles tun will, um die Episode mit ihm zu vergessen. Meiner Überzeugung nach ist sie stark genug, um die Enttäuschung zu überwinden. Ich will, wenn ich ihn seh’ – und ich werd’ ihn schätzungsweise noch sehr oft sehen – net dauernd an das fiese Spiel erinnert werden, das er hier inszeniert hat, denn ich möcht’ weder positiv noch negativ beeinflusst die Sache angehen. Darum werd’ ich morgen zum Thurecker-Franz hinaufwandern, um auf andere Gedanken zu kommen und Abstand zu gewinnen.«

»Ich glaub’ net, dass eine Bergwanderung Sie davor bewahrt, den jungen Schubert nimmer als das anzuschauen, was er ist, nämlich ein Haderlump allererster Ordnung, der die Luft net wert ist, die er atmet«, erregte sich Sophie. »Eigentlich müsst’ man seiner Freundin in Berlin die Augen öffnen. Die Frau kann einem ja leid tun.«

»Die Bergwanderung wird mir zumindest helfen, ein bissel runterzukommen, Frau Tappert. Drum fahr’ ich morgen früh nach der Messe zum Wanderparkplatz, stell’ dort mein Auto ab und steig’ hinauf zur Kandereralm.«

»Wenn S’ meinen, Hochwürden, dass es hilft – dann gehen S’ in Gottes Namen.«

»Vielleicht können S’ mir morgen früh ein paar Brote und zwei Trinkflaschen mit Wasser herrichten, damit ich nach der Messe net allzu viel Zeit verlier’.«

»Ich pack’ Ihnen alles in Ihren Rucksack, Hochwürden. Irgendwie kann ich es verstehen, dass Sie einen Tag mal für sich sein möchten. Sieben Tage in der Woche machen S’ Ihren Job und sind für andere da. Ein freier Tag sei Ihnen von ganzem Herzen gegönnt.«

Sebastian lächelte. »Sie sind wie eine Mutter zu mir, Frau Tappert. Mir wirds ganz warm ums Herz.«

»Einer muss ja für Sie sorgen, Hochwürden«, erwiderte Sophie schmunzelnd.

Sebastian nickte. Er war jetzt vollkommen ernst. »Es ist gut, jemanden wie Sie zu haben, Frau Tappert. Und das sag’ ich net nur so. Das sag’ ich, weil’s mir ein inneres Bedürfnis ist, Sie das wissen zu lassen. Ich bin jedenfalls froh und dankbar, dass ich Sie hab’.«

Diese Worte machten Sophie stolz und glücklich zugleich und rührten sie sichtlich. »Danke, Hochwürden, vergelt’s Gott. Wenn Sie das sagen, dann weiß ich, dass es von Herzen kommt, und es erfüllt mich mit großer Freude.«

»Mein Bruder denkt übrigens genauso«, ergänzte Sebastian sein Geständnis von eben.

»Mit ihm ergeht es mir genauso wie mit Ihnen, Hochwürden. Mir würd’ was fehlen, wenn ich Sie beide nimmer bemuttern dürft’.«

»Das wissen der Max und ich, Frau Tappert, und wir wissen das, was Sie für uns tun, zu schätzen. Das dürfen S’ mir glauben. Keiner von uns beiden würd’ Sie je missen wollen.«

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, trat er einen Schritt auf Sophie zu, stand ganz dicht vor ihr, umarmte sie und murmelte: »Danke für alles, Frau Tappert.« Er ließ sie los, trat zurück, lächelte warm und ergriff noch einmal das Wort: »Ich geh’ noch ein bissel was arbeiten. Dass heut’ Abend der Severin kommt, um die Schachpartie fortzusetzen, die wir vorigen Freitag unterbrochen haben, hab’ ich Ihnen ja schon gesagt.«

»Ich hab’ schon ein Tablett mit Appetithappen hergerichtet und in den Kühlschrank gestellt, Hochwürden«, erklärte Sophie.

»Das wär’ doch net nötig …«

Sophie lachte. »Zugreifen tun S’ aber beide, wenn ich meine Schmankerln kredenz’. Übrig ist noch nie was geblieben.«

»Es wär’ geradezu sündhaft, die Leckerbissen zu verschmähen, Frau Tappert«, erwiderte Sebastian lachend, dann begab er sich in sein Büro und ließ Sophie in ihrem Reich, der Küche, allein zurück.

Jeder Zug im Gesicht der Haushälterin verriet, welche Gefühle die Worte des Bergpfarrers in ihrem Innern ausgelöst hatten. Ihre Augen leuchteten regelrecht vor Glückseligkeit.

*

Am Morgen, nachdem er die Messe gelesen hatte, frühstückte Sebastian, dann zog er sein Wanderoutfit und die festen Schuhe an, schwang sich den Rucksack auf den Rücken, den Sophie mit allem, was er für die Bergtour benötigte, vollgepackt hatte, holte sein Auto aus der Garage und fuhr zu dem großen Parkplatz am Fuß des Kogler, eines der Zweitausender, die das Wachnertal umgaben. Von hier aus führte eine ganze Anzahl von ausgeschilderten Wanderwegen zu den verschiedenen Zielen irgendwo hoch oben auf den Bergen.

Es standen schon einige Fahrzeuge hier. Die Autokennzeichen verrieten, dass es Touristen waren, die in aller Frühe aufgebrochen waren.

Wenig später war Sebastian auf dem von ihm ausgekundschafteten Weg, auf den kein Wegweiser hinwies und den nur er und all diejenigen kannten, die er in der Vergangenheit auf dieser Route zur Kandereralm geführt hatte. Er war weiter und auch beschwerlicher als der offizielle Wanderweg, bot aber schönere Ausblicke sowie Einblicke in die unberührte Natur des Gebirges.

Wenn er Leute zur Kandereralm führte, ging er mit ihnen normalerweise viel früher los. Meistens um fünf Uhr. Denn irgendjemand war immer dabei, auf den Rücksicht genommen werden musste. Nicht jeder verfügte über eine gute Kondition, und so nahmen die Aufstiege viel mehr Zeit in Anspruch.

Der Pfarrer, engagierter Bergsteiger und Bergführer, marschierte mit raumgreifenden Schritten den ersten Anstieg hinauf. Der Weg führte zwischen Wiesen entlang, auf denen zwischen kniehohem Gras eine Vielfalt bunter Blumen blühte. Bienen, Hummeln und Schmetterlinge umschwirrten die Blüten und sammelten den süßen Nektar. Die Sonne stand über den Bergen, dem Osten noch näher als dem Süden und ließ die Gipfel der kahlen Felsen in der Runde in ihrem Licht gleißen. Der Tau auf den Gräsern war längst getrocknet. Aus der Ferne drang das Bimmeln von Kuhglocken an das Ohr des einsamen Wanderers.

Außer dem Gezwitscher der Vögel und dem weit entfernten Gebimmel umgab den Pfarrer eine Ruhe, die der Atmosphäre in einem Dom um Mitternacht glich. Sie beruhigte sein Gemüt, sodass er schon bald in der Lage war, in aller Ruhe und Sachlichkeit die vergangenen Tage vor seinem geistigen Auge Revue passieren zu lassen.

Sebastian kam zu dem Schluss, dass es einige Aufreger gegeben hatte, mehr als normal. Die Hauptrollen in dieser Negativbilanz spielten Andreas Schubert und Anni Eisenreich. Schubert hatte eine Schmierenkomödie geboten, wie sie niederträchtiger nicht sein konnte, indem er Anni Liebe vorheuchelte und sie dann eiskalt sitzen ließ.

Sebastian sagte sich, dass diese Geschichte nun beendet war, und beschloss, sie abzuhaken. Auch die Probleme, die von der Gemeinde Engelsbach auf ihn zukamen, schob er beiseite. Darauf konnte er sich stürzen, wenn die Sache aktuell und das Bauvorhaben offiziell vorgestellt wurde.

Sebastian tat einen tiefen Atemzug und fühlte sich eins mit der Natur, die ihn umgab. Ein lauer Wind, der von oben kam, brachte den Duft von Harz mit. Tatsächlich begann ein ganzes Stück weiter oben dunkelgrüner Bergwald. Neben dem Weg raschelte es, und Sebastian sah im letzten Moment eine Eidechse im Gras verschwinden, die wahrscheinlich in der Sonne gelegen und die er aufgeschreckt hatte.

Der Bergpfarrer verspürte ein Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit. Hoch über ihm spannte sich, soweit das Auge reichte, der blaue Himmel. Einige weiße Wolken vor dem tiefen Blau trieben träge nach Osten und schienen manchmal die Gipfel der Felsen zu streifen. Vor dieser Kulisse zog ein Greifvogel – der Größe nach ein Bussard – getragen von der Thermik seine lautlosen Kreise.

Warum nur gibt es immer wieder Menschen wie den Bruckner, den Greitlinger oder all die anderen Baufanatiker, die der festen Überzeugung sind, die Welt nach ihren Vorstellungen gestalten zu müssen, ohne Rücksicht auf die Natur, fragte er sich. Was für eine dumme Arroganz! Die Natur ist Milliarden von Jahren ohne den Menschen ausgekommen. Nach seinem Auftauchen hat der Mensch dann zunächst im Einklang mit der Natur gelebt. Doch dann hat er begonnen, in die Natur einzugreifen. Und seitdem gehts bergab. Darum werd’ ich das bissel, das ich dazu beitragen kann, tun, um so viel Natur wie möglich zu erhalten, dachte Sebastian bei sich.

Er näherte sich dem Bergwald. Unter den dicht ineinander verflochtenen Baumkronen herrschte Dämmerlicht. Hier und dort sickerte ein rauchiger Streifen Licht durch eine Lücke und legte einen gleißenden Fleck auf den Waldboden, auf dem Beerenkräuter ihr Dasein fristeten und der von abgestorbenen braunen Nadeln übersät war.

Sebastian schwitzte zwar ein wenig, aber die Mücken, die in der heißen Luft tanzten, hielten sich von ihm fern, denn er hatte sich zuvor entsprechend eingesprüht. Irgendwann jedoch, wenn der Weg beschwerlicher wurde und die Anstrengung dem Wanderer den Schweiß aus den Poren trieb, würde das Insektenschutzmittel abgewaschen werden, und dann würden sie zur Stelle sein, die kleinen Vampire, um den Menschen gnadenlos zu piesacken.

Gut, dass er die Flasche mit dem Anti-Insektenmittel im Rucksack hatte!

Sebastian erreichte schließlich den Bergwald, drehte sich um und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen. In der Ferne konnte er die Häuser von Waldeck und ein Stück davon entfernt die von Engelsbach sehen. St. Johann war von diesem Standpunkt aus nicht sichtbar. Der Ort würde erst auszumachen sein, wenn er weiter oben das Felsplateau erreichte, auf dem er mit seinen Wandergruppen zu pausieren pflegte, um Brotzeit zu machen.

Der Anblick des Wachnertals, soweit es für ihn einsehbar war, hob seine Stimmung noch ein wenig mehr an. Das gesunde, satte Grün der Wiesen und Wälder war die vorherrschende Farbe. Der Achsteinsee hob sich mit seinem milchigen hellgrün wie ein Jadestein daraus ab, ebenso die Kachlach, die in den See mündete und eine ähnlich blassgrüne Farbe aufwies. Bald würden sich der Weizen und der Roggen goldgelb färben, die Bauern würden Kartoffeln und Rüben ernten und die Äcker pflügen, sodass der erdige Geruch vom Wind im ganzen Tal verteilt wurde.

Sebastian wusste selbst nicht, wie er drauf kam, aber ihm fiel das Lied von Felix Mendelssohn Bartholdy ein, nach dem Gedicht von Eichendorff, das er passend zu seiner Stimmung fand und das er in Gedanken trällerte:

O Täler weit, o Höhen,

o schöner, grüner Wald,

du meiner Lust und Wehen

andächt’ger Aufenthalt.

Da draußen, stets betrogen,

saust die geschäft’ge Welt;

schlag noch einmal die Bogen

um mich, du grünes Zelt …

Für einen Augenblick dachte er an das Feriendorf, das in der Gemeinde Engelsbach geplant war und dem mehr als zwei Hektar Wald geopfert werden sollten. Sogleich verbannte er den Gedanken daran wieder aus seinem Bewusstsein. Er war schließlich auf den Berg gegangen, um abzuschalten!

*

Der Wald nahm Sebastian auf. Hier war es schattig und somit auch etwas kühler. Sebastian holte eine der Trinkflaschen aus dem Rucksack, nahm einige Schlucke, verstaute die Flasche wieder, schwang sich den Rucksack auf den Rücken und setzte seinen Weg fort. Dieser war im Wald um einiges schlechter geworden, denn er war vom Regen- und Schmelzwasser ausgewaschen und wies viel Geröll sowie felsigen, von Rissen und Spalten zerklüfteten Untergrund auf, auf dem man sich leicht den Fuß vertreten und straucheln konnte.

Höher und immer höher ging es hinauf. Der Wald endete, der Weg – sofern überhaupt davon die Rede sein konnte – führte zwischen die Felsen. Jetzt näherte sich die Sonne dem Süden, und die Hitze hatte zugenommen. Vor dem Pfarrer lagen nur noch zwei kurze, aber steile Anstiege bis zu dem Plateau, auf dem er Rast machen und den einmaligen Rundblick genießen wollte.

Er hatte jetzt schon zu seiner inneren Ruhe gefunden. Die Probleme, mit denen er in den vergangenen Tagen konfrontiert gewesen war, schlummerten in einem versteckten Winkel seines Bewusstseins, und er vermied alles, um sie daraus hervorzuholen.

Als er das Plateau erreichte, staunte er nicht schlecht, als er zwei ältere Leute – eine Frau und einen Mann, beide weißhaarig und sicherlich jenseits der siebzig – im Schatten einer Felswand auf kniehohen Steinblöcken sitzen sah. Ihre Gesichter waren gerötet und schweißüberströmt, die Augenlider rotgerändert, die Lippen trocken und rissig. Der Mann hatte seinen Rucksack neben sich auf den Boden gestellt.

Die beiden sahen nicht aus wie entspannte Bergwanderer, sondern eher wie Menschen, die sich in großer Not befanden.

Der bemitleidenswerte, geradezu klägliche Anblick, den die beiden boten, bestürzte Sebastian. Er eilte zu ihnen hin. Die Erschöpfung stand ihnen in die Gesichter geschrieben. Auf dieser Route jemandem zu begegnen war für Sebastian die absolute Ausnahme. Noch dazu zwei älteren Herrschaften, die sich offensichtlich vollkommen übernommen hatten.

»Wollen Sie hinauf oder hinunter?«, fragte Sebastian, als er zwei Schritte vor den beiden anhielt.