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Wie schön ist es bei uns in der Hummelgasse! Adele und ihre fünf Geschwister wohnen in der Hummelgasse – in dem lustigsten und allerbesten Haus, das ihr je gesehen habt! Und da geht es natürlich ganz schön wild zu. Aber Adele hat für alle großen und kleinen Problemchen eine Lösung. Zum Beispiel für diese Sache mit dem siebten Kind. Kurzerhand machen Adele, Henry, die Zwillinge Malin und Marlene, Oskar und Blümchen sich auf die Suche nach einem neuen Geschwisterchen. Gut, dass sie viele Freunde haben, die ihnen helfen! Doch am Ende läuft alles ganz anders, als gedacht … Willkommen bei Familie Anders in der Hummelgasse Als ältestes Kind der Familie Anders ist Adele die clevere Anführerin, die mit Mut und Einfallsreichtum jedes Abenteuer meistert. Begleite Adele und ihre fünf Geschwister auf der Suche nach einem neuen Familienmitglied, den besten Sommerferien oder bei der Gründung eines Geheimclubs! Freundschaft, Familienglück und jede Menge Spaß machen dieses Buch zum perfekten Leseerlebnis für alle kleinen Abenteurer ab 8 Jahren - und ihre Eltern. Entdeckt mit Adele die kleinen Wunder des Alltags und lasst euch von ihren Geschichten verzaubern!
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Seitenzahl: 118
Sieben mal Anders
Die Hummelgasse
Die Geschichte vom siebten Kind
Wie wir Mama aus dem Wäscheberg angelten
Wir sammeln Krama
Vorsicht, Kinder
Wenn sich zwei besondere Menschen in einer ganz besonderen mondhellen Nacht unter einem ganz besonderen Baum, der genau in diesem Moment 100 Jahre alt wird, küssen, kann man sicher sein, dass diese Verbindung eine ganz besondere sein wird und dass die Kinder, die daraus hervorgehen, ganz besondere Fähigkeiten haben werden.«
So erzählt es Papa immer wieder, wenn wir abends vor dem Kamin sitzen, in Decken eingehüllt und warme Milch mit Honig in den Händen. Und diese besonderen Kinder, das sind wir: Henry, die Zwillinge Malin und Marlene, Oskar, Blümchen, Lu und ich, Adele.
Nein, Zauberer sind wir nicht. Auch keine Hexer oder Magier. Wir sind eine ganz gewöhnliche Familie. Nein, eine ganz gewöhnliche Familie sind wir auch nicht. Im Grunde sind wir eine ungewöhnliche Familie. Eine sehr ungewöhnliche Familie. Ja. Wir sind von vorne bis hinten ungewöhnlich und zwar so sehr, dass ich gar nicht weiß, wo ich mit der Ungewöhnlichkeit anfangen soll. Vielleicht damit, dass wir sieben Kinder sind. Sieben Stück. Wenn man Kinder als Stücke bezeichnen kann, was ich nicht glaube, denn wenn ich genauer darüber nachdenke, sind Stücke ja eher Kuchen oder Pizza und keine Kinder. Sieben Kinder sind wir. Wir heißen mit Nachnamen Anders. Und wir heißen nicht nur so, wir sind es auch: Anders. Aber Mama sagt, das ist eigentlich nichts Besonderes, denn im Grunde ist ja jeder irgendwie anders. Und da hat sie recht. Jeder Mensch ist anders als der andere.
Ich heiße Adele. Adele Anders und bin zehn Jahre alt. Ich habe eine sehr lustige Familie, von der ich euch gern erzählen möchte.
Mein Bruder Henry ist nach mir der Zweitälteste. Er ist neun. Was er besonders gut kann, ist, sich Dinge zu merken. Er liest zum Beispiel ein Buch und kann danach ganz genau erzählen, was drinsteht.
Auch wenn das Buch zum Beispiel ein langweiliges Geschichtsbuch ist, mit hunderttausend Jahreszahlen und noch mal so vielen Namen von Königen und Ländern. Wenn man so was fragt wie: Wer war der letzte Kaiser von China, dann antwortet er wie aus der Pistole geschossen, und wenn man ihn dann nicht aufhält, erzählt er einem alles, was er über den Kaiser von China weiß und dann noch, was er über China weiß. Und das ist echt viel. Er kann auch Leute beschreiben, die er irgendwann einmal irgendwo gesehen hat. Und manchmal, wenn wir im Bus sitzen und jemand einsteigt, sagt er zum Beispiel:
»Das ist der aus der Pizzeria! Der hat da vor ein paar Jahren gearbeitet und dir ein Pizzagesicht auf die Pizza gemacht! Weißt du noch?«
An das Pizzagesicht kann ich mich tatsächlich noch immer erinnern. Der Koch hatte aus zwei Salamischeiben die Augen gelegt, aus einer Paprika die Nase, aus Peperoni den Mund und die Haare waren aus Rucola-Salat. Aber an das Gesicht des Kellners kann ich mich überhaupt nicht mehr erinnern. Vielleicht wenn er Rucola-Haare gehabt hätte oder Salamiaugen, hatte er aber nicht.
Dann sind da die Zwillinge. Malin und Marlene. Acht Jahre alt. Beide. Klar, sind ja Zwillinge. Zwillinge sind immer gleich alt. Sie sind ja auch immer am selben Tag geboren. Halt! Nein! Das stimmt nicht. Nicht immer. Es sei denn, einer von ihnen wird nachts um fünf vor zwölf geboren und einer um fünf nach zwölf. Das kann passieren. Und dann hat ein Zwilling an einem Tag und der andere am anderen Tag Geburtstag.
Mann, würde ich mich da ärgern. Das Tolle an Zwillingen ist doch schließlich, dass sie alles gemeinsam machen können, auch Geburtstag feiern! Unsere Zwillinge Malin und Marlene sehen sich zwar sehr ähnlich, sind aber total unterschiedlich. Malin liebt Fußball und trägt am liebsten Hosen und meistens sind die voller Löcher, weil sie ständig auf Bäume klettert. Sie hat auch immer irgendwelche Schrammen, weil sie genauso oft von Bäumen runterfällt. Aber sie ist beim Fallen so geschickt, dass sie sich immer Stellen aussucht, bei denen sie weich landet, weil darunter ein Gebüsch oder so was steht. Am liebsten fällt sie in Herbstlaubhaufen, was natürlich nur im Herbst geht, oder in Pulverschneeberge, was natürlich nur im Winter geht. Logisch. Marlene hingegen liebt Feen und Einhörner und überhaupt die ganze Fantasiewelt. Und sie liebt Schminke. Manchmal schminkt sie sich oben in ihrem Zimmer. Heimlich. Weil Mama das nicht so gern hat.
Mama sagt immer: »Alles zu seiner Zeit.« Und schminken, also so richtig schminken mit Lippenstift und Lidschatten und so, dafür ist die Zeit laut Mama noch nicht reif.
Die Zwillinge können auch was ganz Besonderes. Sie brauchen nämlich nicht laut zu sprechen. Nicht mal leise. Denn sie können auch ohne Worte verstehen, was der andere Zwilling denkt. Sie unterhalten sich sozusagen in ihren Gedanken. Manchmal ist das für uns andere ein bisschen doof, weil wir dann nicht mitbekommen, worüber sie reden. Manchmal ist es auch für sie selbst doof, weil sie mit ihren Gedanken nie allein sein können und die eine immer weiß, was die andere denkt. Aber so ist das eben bei den beiden! Und auch wenn ich nicht hören kann, über was sie sich in ihren Gedanken unterhalten, kann ich das von außen immer gleich sehen. Malins rechte Augenbraue zuckt dann nämlich verdächtig und Marlene beißt die Zähne so fest zusammen, dass auf ihrer linken Wange ein lustiges Grübchen zu sehen ist.
Oskar ist sieben. Er will, wenn er groß ist, Astronaut werden. Er liebt das Weltall und von seinem Zimmer aus kann er nachts die Sterne beobachten.
Oskar kann was richtig Tolles und manchmal beneide ich ihn darum ein bisschen. Er kann nämlich Oma Radieschen sehen und mit ihr sprechen und Oma Radieschen kann mit ihm sprechen. Jetzt meint ihr sicher, dass das doch gar nicht so was Großartiges ist, wenn man mit seiner Oma spricht. Aber das ist es, weil unsere Oma nämlich schon vor sieben Jahren gestorben ist. Ich kann mich da gar nicht mehr so richtig dran erinnern. Da war ich erst drei Jahre alt. Also hab ich das gar nicht so gemerkt. Leider hat Oma Radieschen auch nicht gemerkt, dass sie gestorben ist. Oder vielleicht auch zum Glück. Jedenfalls kam genau in diesem Moment Oskar auf die Welt, und die beiden wurden dicke Freunde. Oma Radieschen lebt auch noch bei uns im Haus und es ist schön, sie bei uns zu haben. Papa fand das anfangs etwas gruselig. Und er hat zu meiner Mama gesagt, dass es da Leute gibt, die einem helfen können, dass Tote, die nicht bemerkt haben, dass sie tot sind, auch wirklich gehen können. Auf ihre Wolke. Aber unser Familienrat, der jeden Sonntag um Punkt 18 Uhr stattfindet, hat Papas Vorschlag einstimmig abgelehnt, weil dann ja Oma Radieschen endgültig weg wäre. Und auch wenn es manchmal echt anstrengend ist mit ihr, weil man ständig in sie hineintritt, durch sie hindurchgeht oder sich auf sie draufsetzt, weil man sie ja nicht sieht, und sie sich dann lauthals bei Oskar über uns beschwert, haben wir sie alle unendlich lieb. Wir haben sie übrigens Oma Radieschen genannt, weil sie ja die Radieschen eigentlich schon von unten anschaut, wie man so sagt, wenn jemand gestorben ist.
Meine kleinste Schwester heißt Blümchen. Sie ist sechs Jahre alt und ich glaub, man kann es schon erraten: Sie liebt Pflanzen und die Natur und alles, was damit zu tun hat. Wenn man zu ihr ins Zimmer geht, ist es wie in einem Urwald. Man muss sich durch die ganzen Pflanzen durchschlagen, bis man zu ihrem Bett kommt. Sie kann Pflanzen schneller wachsen lassen. Sie redet auch mit ihnen und lobt sie, wenn sie blühen. Und manchmal schimpft sie auch mit ihnen oder tröstet sie, wenn sie die Köpfe hängen lassen.
Und dann bin da noch ich, Adele. Ich bin zehn Jahre alt. Und jetzt ratet mal, was meine besondere Fähigkeit ist! Ich kann was mit meinen Gedanken machen! Ich kann Dinge bewegen, wenn ich sie bewegen will. Einfach so. Nur, weil ich gerade dran denke. Es ist so, als würde ich den Dingen etwas befehlen. Weil ich aber befehlen nicht so gern mag, sag ich in meinen Gedanken immer »Bitte« und dann »Danke«. Ich kann zum Beispiel das Glas, das am Ende des Tisches steht, zu mir kommen lassen, indem ich es schweben oder einfach gleiten lasse. Unser Tisch ist sehr, sehr lang, denn es müssen ja sieben Kinder, zwei Eltern und eine gestorbene Oma daran passen. Und unsere Freunde natürlich auch. Weil unser Haus so klein ist, hat Papa die große Schwebetischerfindung gemacht. Unser Tisch hat nämlich keine Beine, dafür an jeder der vier Ecken ein Seil, das an der Decke befestigt ist. Wir können den Tisch, wenn wir mit Essen fertig sind, einfach mit einer Kurbel an die Decke ziehen. Und schon verwandelt sich unser Esszimmer wieder in ein Wohnzimmer und wir haben gleich wieder viel mehr Platz zum Spielen, Hüpfen und Tanzen. Und gespielt, getanzt und gehüpft wird bei uns zu Hause oft und viel. Also wo war ich? Ach ja, wenn ich das Glas brauche, das am Ende des Tisches steht, dann sage ich in meinen Gedanken:
»Liebes Glas, würden Sie bitte zu mir kommen, damit ich aus Ihnen trinken kann?« Und schon setzt sich das Glas in Bewegung und fährt den Tisch entlang bis zu mir. Dann sag ich in meinen Gedanken »Danke sehr« und freue mich, dass es funktioniert. Je größer das Ding ist, das ich bewegen will, desto anstrengender ist es für mich. In letzter Zeit trainiere ich aber regelmäßig und seitdem kann ich die leichteren Sachen ganz nebenbei bewegen. In der Schule muss ich deshalb manchmal total aufpassen, weil wir in unserer Familie einen Schwur haben. Wir wenden unsere besonderen Fähigkeiten nämlich nicht außerhalb unseres Hauses und vor allem nicht im Beisein von Personen an, die nicht zur Familie gehören. Ausnahmen sind nur in dringenden Angelegenheiten gestattet, wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt und man damit etwas Schlimmes verhindern oder etwas sehr Gutes bewirken kann.
Mama und Papa sagen immer, sie selbst haben keine besonderen Fähigkeiten, aber das stimmt nicht. Ich finde, jeder hat was, das er besonders gut kann. Mama kann uns zum Beispiel den Schmerz wegpusten und Papa kann die weltbesten Geschichten erzählen und die Pfannkuchen aus der Pfanne Saltos schlagen lassen.
Oma Radieschen ärgert sich, glaub ich, ein bisschen, dass sie nichts richtig gut kann. Das gibt sie aber nicht zu. Sie erzählt Oskar dann immer von irgendwelchen Dingen, die sie früher konnte und nur gerade eben verlernt hat, weil sie ja schon tot ist. Zum Beispiel sagt sie, sie könne durch Wände sehen. Ein anderes Mal hat sie behauptet, dass sie so hoch singen kann, dass die Gläser zerspringen. Aber als sie dann ganz hoch gesungen hat, ist nichts passiert. Außer, dass Oskar ein ganz rotes Gesicht bekommen und sich die Ohren zugehalten hat. Er meinte, wäre er ein Glas gewesen, wäre er tatsächlich zersprungen, aber nicht, weil es so hoch war, sondern weil es so schrecklich war. Oma hat danach eine Woche nicht mehr mit ihm geredet, so beleidigt war sie.
Wenn man uns jetzt so durchzählt, fällt auf, dass ich erst von sechs Kindern erzählt habe. Obwohl ich schon gesagt habe, dass wir sieben sind. Das liegt daran, dass ich mir die Geschichte, wie Lu, mein kleinster Bruder, zu uns kam, bis zum Schluss aufgehoben habe, weil er unser kleines Wunderkind ist, und das möchte ich ganz genau erzählen.
Wir wohnen in der schönsten Wohngegend, die man sich nur vorstellen kann. Denn obwohl sie mitten in der Stadt liegt, leben wir in vielen kleinen Häusern, die sternförmig um einen Kreis herum gebaut wurden, und auf dem Kreis ist eine Wiese und ein riesengroßer Baum. Unser Haus ist klein, aber es reicht, um darin glücklich zu sein, sagt Mama immer. Papa hat das Dach so ausgebaut, dass dort jetzt sieben winzige Zimmer sind. Die Zimmer sind so klein, dass jeder von uns nur ein Bett und eine Kommode hat. Aber jeder von uns hat auch ein Fenster und eine Tür. Papa sagt, das Wichtigste ist eine Tür, die man hinter sich zumachen kann. Und das können wir. Ein paar von den Fenstern sind rund wie Bullaugen, die hat Papa selbst ins Dach eingebaut, weil es vorher nur zwei auf jeder Seite gegeben hatte. Papa ist ein Meister im Bauen. Das habt ihr bestimmt schon gemerkt. Ständig erfindet er noch was Besseres und unser Haus kommt mir vor, als wäre es magisch. Wir nennen es deshalb auch das Wunderhaus, weil man sich ständig wundert, wie geräumig es ist. Von außen sieht es nämlich wirklich sehr klein aus, aber weil Papa so geschickt ist, haben wir alle genug Platz. Familienstammtisch ist, wie ja schon erwähnt, jeden Sonntag um Punkt 18 Uhr. Da darf jeder sagen, was er auf dem Herzen hat. Nicht, dass man das nicht auch sonst sagen könnte, wann man will – aber es sind eben nicht immer alle da und das ist eben die Gelegenheit, seine Meinung zu sagen. Wenn es nichts gibt, was besprochen werden muss, unterhalten wir uns einfach so. Papa und Mama stellen Fragen. Oder erzählen was über die großen Dinge im Leben wie Politik oder Umweltangelegenheiten oder sonst was Wichtiges. Oder jeder von uns erzählt, was er später mal werden will, und Mama und Papa erzählen dann, was sie werden wollten, als sie Kinder waren. Mama wollte viel werden, als sie klein war, zum Beispiel Notenblatt-Umblätterin für einen Pianisten. Denn Mama liebt Klaviermusik. Sie wollte auch schon mal Beerdigungsclown werden, weil sie Beerdigungen immer so traurig fand und sich gedacht hat, das könnte man doch lustiger gestalten. Papa wollte mal Glückskekszettel-Schreiber werden. Er stellte sich vor, dass er den ganzen Tag kleine Zettel schreiben würde, die er dann in diese winzigen Kekse stecken würde. Und die Leute hätten dann die Glücksnachrichten in den Keksen gefunden und sich darüber gefreut. Als Mama klein war, hat sie auch schon in diesem Haus gewohnt. Natürlich zusammen mit ihren Eltern.