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Bereits mit unserem ersten Kuss waren wir dem Untergang geweiht ...
Daria Followhill ist reich, wunderschön und das beliebteste Mädchen der All Saints High. Sie müsste sich wie eine Prinzessin fühlen. Doch ihr Leben ist alles andere als perfekt. Seit sie vor vier Jahren aus Eifersucht die Zukunft der gleichaltrigen Silvia Scully zerstört hat, plagen sie schlimme Schuldgefühle. Als sie nun erfährt, dass Silvias Zwillingsbruder Penn nach dem Tod seiner Mutter kein Zuhause mehr hat, sorgt sie kurzerhand dafür, dass ihre Eltern Penn bei sich aufnehmen. Und obwohl er keinen Zweifel daran lässt, dass er Daria hasst, ist sie machtlos gegen das heftige Kribbeln zwischen ihnen. Dabei weiß sie, dass seine Liebe sie zerstören könnte ...
Mitreißend, düster und nichts für schwache Nerven!
Der Auftaktband der ALL-SAINTS-HIGH-Reihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin L.J. Shen
Die ALL-SAINTS-HIGH-Reihe:
1. Die Prinzessin
2. Der Rebell (erscheint am 28.07.2020)
3. Der Verlorene (erscheint am 30.12.2020)
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Seitenzahl: 561
Titel
Zu diesem Buch
Leserwarnung
Widmung
Playlist
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von L. J. Shen bei LYX
Impressum
L. J. Shen
All Saints High
DIE PRINZESSIN
Roman
Ins Deutsche übertragen von Anja Mehrmann
Daria Followhill müsste sich wie eine Prinzessin fühlen: Sie besitzt mehr Geld, als sie ausgeben kann, ist die Kapitänin des Cheerleader-Teams und das beliebteste Mädchen der All Saints High. Doch niemand ahnt, dass Darias Leben in Wahrheit alles andere als perfekt ist. Nicht nur fühlt sie sich von ihren Eltern vernachlässigt und hat das Gefühl, niemals gut genug zu sein, sondern es quälen sie auch die Erinnerungen an ein Ereignis vor vier Jahren, als sie aus Eifersucht die Zukunft der gleichaltrigen Silvia Scully zerstörte und sie um ihren Platz an einer renommierten Ballettschule brachte. Silvia verschwand daraufhin spurlos, und bis heute ist kein Tag vergangen, an dem Daria ihre Tat nicht bitterlich bereut hat. Aber sie erhält ihre Chance auf Wiedergutmachung, als sie erfährt, dass Silvias Zwillingsbruder nach dem Tod seiner Mutter kein Zuhause mehr hat. Kurzerhand sorgt sie dafür, dass ihre Eltern Penn für sein letztes Highschooljahr bei sich aufnehmen. Obwohl Penn keinen Zweifel daran lässt, dass er ihr für das, was damals geschehen ist, niemals vergeben wird, ist Daria machtlos gegen die Anziehungskraft, die er auf sie ausübt. Seine Gegenwart weckt Gefühle in ihr, die sie noch nie zuvor für jemanden empfunden hat, und es fällt ihr immer schwerer sich von ihm fernzuhalten. Dabei weiß sie, dass seine Liebe sie endgültig zerstören könnte …
Leserwarnung
Dieses Buch enthält Darstellungen von körperlicher und sexueller Gewalt, die triggern können.
Auf die erste große Liebe und berühmte letzte Worte.
Auf Sarah M. Qattar, die sich in Penn und Daria verliebte, ehe die zwei eine Chance hatten, sich ineinander zu verlieben, und auf Ariadna Basulto, das wahre California Girl.
»I feel like I’m drowning« – Two Feet
»Too young« – Zeds Dead
»Cute without the e« – Taking Back Sunday
»Who knew« – Pink
»Solo amigos« – Maniako
»Right above it« – Lil Wayne
»Killing in the name« – Rage Against the Machine
»If you’re feeling sinister« – Belle and Sebastian
»Tainted love« – Soft Cell
Es begann mit einer Limonade
Und es endete mit meinem Herzen
Dies, mein sorgloser Rivale, ist der Anfang
unserer verkorksten Geschichte
Vierzehn Jahre alt
Der Holzboden unter meinen Füßen bebt, als eine Horde Ballerinen an mir vorbeistürmt. Das Stampfen ihrer Füße klingt wie entfernter Kanonendonner. Braunes Haar. Schwarzes Haar. Glattes Haar. Rotes Haar. Lockiges Haar. Sie verschwimmen zu einem Regenbogen aus Haarreifen. Ich suche nach der Blonden, die ich liebend gern auf dem Boden vermöbeln würde.
Kein Problem, dass du heute nicht da bist, Oberschlampe.
Wie erstarrt stehe ich an der Schwelle des Ballettstudios meiner Mutter. Das blassrosa Trikot klebt mir an den Rippen, meine weiße Sporttasche hängt über meiner Schulter. Ein straffer Knoten lässt meine Kopfhaut brennen. Wenn ich meine Haare daraus löse, fallen goldblonde Strähnen auf den Boden. Ich erzähle meiner Mom, es läge daran, dass ich zu viel an meinem Haar herummache, aber das ist Bullshit. Und wenn es sie interessieren würde – wirklich interessieren, wenn sie nicht nur so täte –, dann wüsste sie das auch.
Ich bewege meine ramponierten Zehen in den Ballettschuhen und schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. Via ist nicht da. Danke, Marx.
Mädchen rennen an mir vorbei und stoßen an meine Schultern. Ich spüre ihr Kichern in meinem leeren Magen. Meine Sporttasche fällt mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Meine Klassenkameradinnen sind schlanker, größer und beweglicher als ich, mit Rücken so kerzengerade wie Ausrufezeichen. Und ich? Ich bin klein und muskulös wie ein Fragezeichen. Ständig verunsichert und kurz vorm Ausrasten. Meine Miene ist nicht stoisch oder majestätisch, sie ist verräterisch und nicht zu deuten. Es gibt Menschen, die tragen ihr Herz in der Hand – meins liegt mir auf der Zunge. Ich lächle breit, wenn ich fröhlich bin, und wenn meine Mom mich ansieht, bin ich immer fröhlich.
»Du solltest wirklich Gymnastik machen oder Cheerleading, Mäuschen. Das passt viel besser zu dir als Ballett.«
Manchmal sagt meine Mom Dinge, die an meinem Selbstwertgefühl nagen. Ihre Worte haben eine Kerbe hineingeschlagen, in der ich meine Wut aufbewahre.
Melody Green-Followhill ist eine ehemalige Ballerina, die sich mit achtzehn während ihrer ersten Woche an der Juilliard ein Bein brach. Vom Tag meiner Geburt an wurde von mir erwartet, dass ich Ballett tanze. Aber – typisch für mich – ich bin außergewöhnlich schlecht darin.
Und hier kommt Via Scully ins Spiel.
Via ist auch vierzehn und außerdem alles, was ich gern wäre. Größer, blonder und dünner. Und das Schlimmste ist, dass ihr Naturtalent meinen Tanz wie eine Beleidigung für alle Trikots der Welt aussehen lässt.
Vor drei Monaten hat Via eine Einladung von der Royal Ballet Academy zum Vortanzen erhalten. Und vor vier Wochen – hat sie es getan. Ihre supertollen Eltern konnten sich nicht freinehmen, deshalb ergriff meine Mom die Gelegenheit beim Schopf, für eine Woche mit Via nach London zu fliegen. Und jetzt wartet die ganze Klasse darauf, ob Via an der Royal Ballet Academy angenommen wird. Gerüchteweise heißt es im Studio, dass sie das Ding schon in der Tasche hat. Selbst der ukrainische Tänzer Alexej Petrow – ein sechzehnjähriges Wunderkind, etwas wie der Justin Bieber des Balletts – hat nach ihrem Vortanzen eine Instagram-Story mit ihr gepostet.
Ich freue mich darauf, zusammen etwas Magisches zu erschaffen.
Wobei es mich nicht wundern würde, wenn Via zaubern könnte. Eine Hexe war sie jedenfalls immer schon.
»Mäuschen, steh nicht so geistesabwesend an der Tür herum. Du stehst allen im We-heg!«, trällert meine Mutter, die mit dem Rücken zu mir steht. Ich sehe ihr Spiegelbild in dem deckenhohen Spiegel. Sie prüft stirnrunzelnd die Anwesenheitsliste und blickt hinüber zur Tür, offenbar in der Hoffnung, Via zu sehen.
Tut mir leid, Mom. Hier stehe nur ich.
Via kommt immer zu spät, und meine Mutter, die Unpünktlichkeit sonst niemals toleriert, lässt es ihr durchgehen.
Ich bücke mich, um meine Sporttasche aufzuheben, und trotte ins Studio. Eine glänzende Ballettstange umrahmt den Raum, und ein deckenhohes Fenster gibt den Blick auf das Stadtzentrum von Todos Santos in all seiner fotogenen Oberschicht-Herrlichkeit frei. Pfirsichfarbene Bänke schmücken von Bäumen gesäumte Straßen, und kristallblaue Türme funkeln wie die dünne Linie dort, wo der Ozean den Himmel küsst.
Ich höre, wie sich quietschend die Tür öffnet, und schließe fest die Augen.
Bitte, komm nicht.
»Via! Wir haben schon auf dich gewartet.« Moms zwitschernde Stimme zu hören, fühlt sich an, als hätte mir jemand mit einer Luftpistole in den Rücken geschossen, und die Druckwelle ist so stark, dass ich über meine eigenen Füße stolpere. Im ganzen Raum wird geprustet. Ich schaffe es, die Ballettstange zu ergreifen und mich daran hochzuziehen, ehe meine Knie den Boden berühren. Mit rotem Kopf halte ich mich fest und vollführe ein nachlässiges Plié.
»Mäuschen, sei so lieb und mach etwas Platz für Via«, schnurrt Mom.
Symbolisch gesehen, Mutter, fände ich es schön, wenn Via mir auch etwas Platz ließe.
Natürlich trägt ihr edles Wunderkind heute kein Ballettzeug, obwohl sie aus Italien importierte Trikots besitzt, von denen andere Mädchen nur träumen können. Offensichtlich kommt Via aus wohlhabendem Haus, denn selbst reiche Leute geben nur ungern zweihundert Mäuse für ein gewöhnliches Trikot aus. Im Gegensatz zu Mom, die wahrscheinlich glaubt, dass ich niemals eine richtige Ballerina werde und sich deshalb wünscht, dass ich mich wenigstens wie eine anziehe.
Heute trägt Via ein gelbes, bauchfreies Tweety-Shirt und zerrissene Leggings. Ihre Augen sind rot und ihre Haare wirr. Versucht sie etwa nicht mal, gut auszusehen?
Sie grinst mich gönnerhaft an. »Hi, Mäuschen.«
»Hallo Weichei«, gebe ich zurück.
»Weichei?« Sie prustet.
»Ich würde dich ja Miststück nennen, aber dafür hast du nicht genug Biss, gib’s zu.«
Ich korrigiere den Sitz meiner Schuhe und spiele die Überlegene. Die bin ich aber nicht. Sie beansprucht die Zeit meiner Mutter allein für sich, und Stress hat sie mir schon gemacht, lange bevor ich angefangen habe, mich zu wehren. Via geht auf eine andere Schule, in San Diego. Angeblich sind ihre Eltern der Meinung, dass die Kinder in Todos Santos zu verwöhnt sind und zu behütet aufwachsen. Sie wollen, dass Via unter echten Menschen aufwächst.
Wisst ihr, was auch Beschiss ist? So zu tun, als wäre man jemand, der man nicht ist. Ich gebe zu, dass ich eine zimperliche Prinzessin bin. Und jetzt könnt ihr mich meinetwegen verklagen. (Oh ja, bitte, verklagt mich! Ich kann mir einen ausgezeichneten Rechtsbeistand leisten.)
»Wir sprechen uns nach dem Unterricht noch, Vi«, sagt meine Mutter in scherzhaft tadelndem Ton und wendet sich wieder der Stereoanlage zu. Vi (Vi!) nutzt die Gelegenheit, um ihre Beine zu dehnen und mir bei der Gelegenheit auf die Zehen zu treten.
»Hoppla! Anscheinend bist du nicht der einzige Trampel hier, Daria.«
»Ich würde dir ja wünschen, dass du einfach tot umfällst, aber ich fürchte, dann zwingt mich meine Mutter, zu deinem Begräbnis zu kommen, und so viel Zeit bist du mir nicht wert.«
»Und ich würde dich bitten, mir in den Arsch zu kriechen, aber das erledigt ja schon deine Mutter. Wenn sie dich doch nur halb so gernhätte wie mich! Aber das geht schon in Ordnung, schließlich hast du genug Geld für eine Therapie. Und um dir die Nase operieren zu lassen.« Sie klopft mir grinsend auf den Rücken, und ich hasse, hasse es wie die Pest, dass sie die Hübschere von uns beiden ist.
Für den Rest der Stunde kann ich mich nicht mehr konzentrieren. Ich bin ja nicht blöd. Mir ist klar, dass meine Mutter mich mehr liebt als Via, aber ich weiß auch, dass es nur so ist, weil sie genetisch darauf programmiert ist.
Gefühlt vergeht ein Jahrhundert, aber irgendwann ist der Unterricht dann doch vorbei. Die Mädchen tänzeln paarweise zum Aufzug.
»Daria, Liebes, tu mir einen Gefallen und hol uns was zu trinken von Starbucks. Ich gehe rasch für kleine Mädchen, und dann muss ich kurz etwas mit Via besprechen.« Mom tätschelt meine Schulter und verlässt das Studio. Wie Feenstaub bleibt ein Hauch ihres Parfüms in der Luft hängen. Meine Mom würde ein Organ spenden, nur um den eingerissenen Fingernagel einer ihrer Schülerinnen zu retten. Sie überhäuft ihre Ballerinen mit Liebe und lässt mich voller Eifersucht danebenstehen.
Ich greife nach Moms Tasche und drehe mich um, ehe ich Gelegenheit bekomme, mit Via das auszutauschen, was Daddy »Unnettigkeiten« nennt.
»Du hättest ihr Gesicht sehen sollen, als ich vorgetanzt habe!« Via dehnt sich vor dem Spiegel hinter meinem Rücken. Sie ist so beweglich wie ein Schlangenmensch. Manchmal glaube ich, dass sie sich um meinen Hals wickeln und mich erwürgen könnte.
»Wir hatten so viel Spaß! Sie meinte, dass ich allem Anschein nach nicht nur angenommen werde, sondern dass ich auch die Meisterschülerin sein werde. Das war ein Gefühl, als ob …« Via schnippt mit den Fingern, während sie nach dem passenden Wort sucht. Ich sehe ihr Bild im Spiegel, drehe mich aber nicht um. In meinen Wimpern hängen Tränen. »… wie eine Wiedergutmachung oder so. Du kannst keine Ballerina werden, weil du nun mal … na, du weißt schon … weil du eben du bist. Aber zum Glück gibt es ja mich, und immerhin wird sie erleben, dass es jemand schafft, den sie liebt.«
Daddy sagt, dass ein grüner Hulk in mir lebt, der immer größer wird, wenn ich eifersüchtig bin, und manchmal bricht er aus und macht Sachen, die die Daria, die mein Dad kennt und liebt, niemals tun würde. Er sagt, Eifersucht sei der Tribut, den der Durchschnitt an das Genie zahlen muss, ich sei aber kein Durchschnitt.
Da bin ich anderer Meinung.
Ich war zwar immer beliebt und habe hart um einen Platz in der Nahrungskette gekämpft, an dem ich die Aussicht genießen kann. Aber ich glaube, ich bin ziemlich normal. Via ist außergewöhnlich, und sie leuchtet so hell, dass sie alle in ihrer Umgebung blendet. Ich bin der Staub unter ihren Füßen, und das deprimiert mich, macht mich verbittert und wütend.
Niemand will ein schlechter Mensch sein. Aber manche Menschen – so wie ich – können einfach nicht anders. Eine Träne rollt mir über die Wange, und ich bin froh, dass wir allein sind. Ich drehe mich zu ihr um.
»Was zum Teufel ist eigentlich dein Problem?«
»Was mein Problem ist?« Sie seufzt. »Du bist eine verwöhnte Prinzessin, oberflächlich und dumm und noch dazu eine schlechte Tänzerin. Wie kann jemand so Untalentiertes die Tochter von Melody Green-Followhill sein?«
Ich weiß es nicht!, will ich schreien. Niemand will das Kind eines Genies sein. Marx, gesegnet sei Sean Lennon, der es geschafft hat, seine eigene Existenz zu überleben.
Ich schaue auf ihre teuren Ballettschuhe und ziehe eine Augenbraue hoch. »Jetzt tu mal nicht so, als wäre ich die einzige Prinzessin hier.«
»Du bist ein Schwachkopf, Daria«, sagte sie und schüttelt den Kopf.
»Wenigstens bin ich nicht völlig durchgeknallt.« Ich versuche, gleichgültig zu wirken, zittere aber am ganzen Körper.
»Du schaffst es ja nicht mal, anständig in die erste Position zu gehen!«, sagte sie und hebt beide Hände. Dass sie recht hat, macht mich wütend.
»Ich sag’s noch mal: Was. Geht. Dich. Das. An?!«, brülle ich.
»Weil du hier den Platz verschwendest, deshalb geht es mich was an! Während ich mir den Arsch aufreißen muss, bekommst du einfach so einen Platz in dieser Klasse, nur weil deine Mutter die Lehrerin ist.«
Das ist meine Chance, ihr die Wahrheit zu sagen.
Dass ich mir den Arsch noch mehr aufreiße, weil ich nun mal keine geborene Ballerina bin. Stattdessen zerspringt mein Herz wie Glas. Ich drehe mich auf dem Absatz um und stürme die Feuertreppe hinunter, immer zwei Stufen gleichzeitig. Dann stehe ich in der gleißenden, kalifornischen Sonne. Jedes andere Mädchen wäre nach links abgebogen und im Liberty Park verschwunden, aber ich gehe nach rechts und zu Starbucks, weil ich meine Mutter nicht noch mehr enttäuschen kann – will –, als ich es ohnehin schon getan habe. Ich blicke nach rechts und links, um sicherzugehen, dass die Luft rein ist und lasse dann den Schluchzer heraus, der mir in der letzten Stunde wie ein Gewicht auf der Brust gelegen hat. Ich stelle mich in die Warteschlange und hole Moms Geldbörse aus ihrer Tasche, während ich mir mit dem Ärmel die Tränen abwische. Etwas fällt auf den Boden, und ich hebe es auf.
Es ist ein ungeöffneter Briefumschlag an unsere Adresse, aber der Name lässt mich stutzen.
Silvia Scully.
Schniefend reiße ich den Brief auf. Ich verschwende keinen Gedanken daran, dass ich ihn eigentlich nicht öffnen dürfte. Schon wegen Vias Namen über meiner Adresse könnte ich den ganzen Laden zusammenschreien. Das Erste, das mir auffällt, ist der Briefkopf.
The Royal Ballet Academy.
Meine Augen benehmen sich wie ein kaputtes Tonband. Sie spulen immer wieder zu ein und demselben Wort zurück.
Aufnahmebestätigung.
Aufnahmebestätigung.
Aufnahmebestätigung.
Via ist angenommen worden. Eigentlich sollte ich mich freuen, weil sie mir in ein paar Monaten nicht mehr auf den Geist gehen wird, aber stattdessen macht sich der säuerliche Geschmack von Neid in meinem Mund breit.
Sie hat alles.
Die Eltern. Das Geld. Den Ruhm. Das Talent. Und vor allem besitzt sie die ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Mutter.
Sie hat alles, ich habe nichts, und der Hulk in mir wird immer größer. So groß, dass er gegen mein Zwerchfell drückt.
Ein komplettes neues Leben in einem Umschlag. Vias Leben hängt an einem Stück Papier. Einem Stück Papier, das ich in der Hand halte.
»Süße? Mäuschen?« Der Barista reißt mich aus meiner Trance, und sein Tonfall drückt aus, dass ich weder eine Süße noch ein Mäuschen bin. »Was möchtest du?«
Dass Via für immer verschwindet.
Ich gebe meine Bestellung auf und verziehe mich in eine Ecke des Raums, damit ich den Brief zum tausendsten Mal lesen kann. Als könnten sich die Worte auf wundersame Weise noch ändern.
Fünf Minuten später nehme ich die beiden Getränke entgegen und trete hinaus auf den Gehweg. Ich steuere auf die nächste Mülltonne zu, um meinen Eistee loszuwerden, damit ich den Brief halten kann, ohne dass er feucht wird. Mom wollte ihn wahrscheinlich zusammen mit Via öffnen, und jetzt habe ich ihnen ihren besonderen Moment einfach gestohlen.
Tut mir leid, dass ich euer Bindungsritual gestört habe.
»Stellen Sie den Becher ab, und niemand wird verletzt!«, sagt eine laute Stimme hinter mir, als meine Hand bereits über der Mülltonne schwebt. Sie klingt wie flüssiger Honig, ist männlich und jung. Ich wirble herum, unsicher, ob ich ihn richtig verstanden habe. Er hält das Kinn gesenkt, und wegen seines abgetragenen Raiders-Baseball-Caps kann ich sein Gesicht nicht genau erkennen. Er ist groß und mager – fast beängstigend mager –, aber er kommt so geschmeidig auf mich zu wie ein bengalischer Tiger. Als hätte er herausgefunden, wie man schwebt und müsste sich mit so unwichtigen Dingen wie seinem Muskeltonus nicht mehr abgeben.
»Wollten wir das da etwa gerade wegwerfen?« Er deutet auf den Eistee.
Wir? Bürschchen, im Augenblick sehe ich hier nicht mal ein Du.
Ich halte ihm den Becher hin. Soll er den blöden Eistee doch haben. Meine Güte. Für eine Limo stört mich dieser Typ bei meinem Nervenzusammenbruch.
»Nichts auf dieser Welt ist umsonst, Skull Eyes.«
Ich blinzele, damit er aus meinem Blickfeld verschwindet. Hat dieser Vollidiot mich gerade tatsächlich Skull Eyes genannt? Wie ein Skelett sehe ich nun wirklich nicht aus. Meine Gedanken wandern wieder zu Via. Warum lässt sich Mom Briefe schicken, die an Via gerichtet sind? Warum konnte man sie nicht direkt an ihre Adresse schicken? Will Mom sie jetzt auch noch adoptieren?
Ich muss an meine Schwester Bailey denken. Mit nur neun Jahren lässt sie schon alle Anzeichen einer begabten Tänzerin erkennen. Dass Via nach London geht, könnte Mom auf die Idee bringen, Bailey ebenfalls in die Royal Ballet Academy zu stecken. Mom hatte davon gesprochen, mich dort anzumelden, bevor sich herausstellte, dass ich mich eher in eine Laugenbrezel als in eine Profitänzerin verwandeln würde. Allmählich fange ich an, die Teile meiner verkorksten Realität wieder zusammenzufügen.
Und wenn ich nun nach London auswandern müsste, um zuzusehen, wie die beiden Mädchen Erfolg haben, während ich weiterhin im Meer der Mittelmäßigen schwimme?
Bailey und Via würden beste Freundinnen werden.
Ich würde an einem grauen, regnerischen Ort leben.
Wir würden Vaughn und Knight und sogar Luna zurücklassen. All meine Kindheitsfreunde.
Via würde offiziell meinen Platz im Herzen meiner Mutter einnehmen.
Hm. Nein, danke.
Nicht heute, du Satan.
Als ich nicht antworte, macht der Typ einen Schritt auf mich zu. Ich habe keine Angst … aber vielleicht sollte ich welche haben? Er trägt eine dreckige Jeans – ich rede von Schlamm und Staub, nicht von beabsichtigten, wie zufällig wirkenden Flecken – und ein abgetragenes, blaues Hemd, das mindestens zwei Nummern zu groß ist, und da, wo sein Herz sitzt, klafft ein Loch von der Größe einer kleinen Faust. Jemand hat mit einem schwarzen Stift in Mädchenschrift etwas darum herum geschrieben: Ist das ein Zeichen? – Adriana xoxo, und ich will sofort wissen, ob Adriana hübscher ist als ich.
»Warum nennst du mich Skull Eyes?« Ich umklammere den Brief mit der Faust.
»Darum.« Er senkt den Kopf, so tief, dass ich nur seine Lippen erkennen kann, und die sehen blütenweich und rosig aus. Geradezu feminin. Seine Stimme ist so sanft, dass es mir ein bisschen wehtut in der Brust. Keine Ahnung warum. Typen in meinem Alter finde ich eher abstoßend. Sie riechen wie eine Pizza, die tagelang in der Sonne gelegen hat. »Weil du Totenköpfe in den Augen hast, du Dummchen. Weißt du, was du brauchst?«
Dass meine Mom mir nicht ständig zeigt, was für eine Versagerin ich bin?
Dass Via verschwindet?
Such dir was aus, Alter.
Ich stecke die freie Hand in Moms Portemonnaie und ziehe eine Zehn-Dollar-Note heraus. Der Typ sieht aus, als könnte er etwas zu essen gebrauchen. Ich bete, dass er den Schein nimmt, ehe Mom herunterkommt und anfängt, Fragen zu stellen. Ich soll nicht mit Fremden reden und schon gar nicht mit Fremden, die so aussehen, als würden sie ihre nächste Mahlzeit aus einer Mülltonne fischen.
»Meerglas.« Er schenkt dem Geld und dem Becher keine Beachtung und hält mir die geschlossene Hand hin.
»Du meinst das Zeug, das man bei Etsy kriegt?« sage ich und schnaube verächtlich.
»Hä? Nee, das ist Müll. Orangefarbenes Meerglas. Das beste. Hab ich letzte Woche am Strand gefunden und gegoogelt. Es ist das seltenste, weißt du?«
Großartig. Noch so ein Irrer.
»Warum solltest du einer völlig Fremden etwas so Wertvolles geben?«, frage ich und verdrehe die Augen.
»Warum nicht?«
»Äh … hallo? Geringe Aufmerksamkeitsspanne oder so? Hast du nicht gerade erst gesagt, dass nichts auf der Welt umsonst ist?«
»Wer sagt denn, dass es umsonst ist? Aber im Moment brauchst du einen echten Freund, und ich bewerbe mich hiermit offiziell um diese Stelle. Ich habe mich dafür sogar extra feingemacht. Sieh mal.« Er grinst frech und deutet auf seine Landstreicherklamotten.
Und auf einmal erfüllt Hitze meine Brust und fühlt sich an wie heißes Wachs. Ich finde, Wut neigt immer dazu, spritzig und frisch zu sein. Ich möchte ihm wirklich eine reinhauen. Er bedauert mich? Mich? Dieser Typ mit dem Loch im Hemd?
»Ach nee, du willst mein Freund sein?«, sage ich und lache verächtlich. »Wie erbärmlich. Wer sagt denn so was?«
»Ich. Ich sage so was. Und ich habe nie behauptet, dass ich nicht erbärmlich bin.« Er zupft an seinem zerrissenen Hemd herum und hebt langsam den Kopf, sodass ich etwas mehr von seinem Gesicht sehen kann. Eine Nase, die meine Mutter römisch nennen würde, und ein Kinn, das für jemanden meines Alters zu kantig ist. Er ist eckig und kantig, und eines Tages wird er mal gut aussehen, aber jetzt wirkt er eher wie eine Figur aus einem Zeichentrickfilm. Mighty Max.
»Also pass auf, willst du jetzt den Eistee und das Geld oder nicht? Meine Mom kann jeden Augenblick hier sein.«
»Na und?«
»Und sie darf uns nicht zusammen sehen.«
»Wegen meines Aussehens?«
Brillant kombiniert.
»Nein, weil du ein Junge bist.« Ich will nicht gemein zu ihm sein, obwohl ich das normalerweise bin. Besonders zu Jungs. Und ganz besonders zu Jungs mit hübschen Gesichtern und sanften Stimmen.
Jungs können Kummer über einen Kontinent hinweg riechen. Sogar mit vierzehn. Sogar an einem unschuldigen Sommernachmittag. Wir Mädchen haben eine unsichtbare Schnur hinter dem Bauchnabel, und nur ganz bestimmte Typen können daran ziehen.
Dieser Junge hier … wird sie zerreißen, wenn ich es zulasse.
»Nimm das Meerglas. Ich will, dass du mir was schuldig bist.« Mit ausgestreckter Hand kommt er auf mich zu. Ich starre auf den hässlichen kleinen Stein. Meine Faust umklammert den Brief noch fester, und das Papier knistert.
Der Junge hebt den Kopf, und unsere Blicke treffen sich. Er betrachtet mich mit ruhigem Interesse, so als wäre ich ein Gemälde und kein Mensch. Mein Herz schlägt Krawall, und mir kommen die dämlichsten Gedanken. Ist euch schon mal aufgefallen, dass das Herz im Brustkasten buchstäblich eingesperrt ist? Das ist doch irre. Als ob unser Körper wüsste, wie leicht es brechen kann und dass es deshalb geschützt werden muss. Ich sehe ihn wie durch einen Schleier, und er scheint dahinter gegen den Strom zu schwimmen.
»Was steht in dem Brief da?«, fragt er.
»Mein schlimmster Albtraum.«
»Gib ihn mir«, befiehlt er, und ich gehorche, ohne zu wissen warum. Wahrscheinlich, weil ich ihn loswerden will. Weil ich will, dass Via genauso leidet wie ich. Weil ich will, dass Mom sich aufregt. Marx, was stimmt nicht mit mir? Ich bin ein schrecklicher Mensch.
Als er den Brief zerreißt und die Fetzen wie Konfetti in die Mülltonne zwischen uns rieseln lässt, blickt er mir immer noch ins Gesicht. Seine Augen sind dunkelgrün und so unergründlich wie ein Wald im Nebel. Ich möchte hineingehen und laufen, bis ich tief im Gehölz bin. In diesem Moment fällt mir etwas auf.
»Du bist nicht von hier«, sage ich. Er ist zu rein. Zu gut. Zu echt.
Langsam schüttelt er den Kopf. »Mississippi. Na ja, väterlicherseits jedenfalls. Egal. Komm, sei mir was schuldig«, wiederholt er, beinahe bittend.
Warum will er, dass ich ihm etwas schulde?
Damit er eine Gegenleistung verlangen kann.
Ich stehe wie angewurzelt da und gebe nicht nach. Stattdessen gebe ich ihm den Eistee. Er nimmt ihn, überbrückt die Distanz zwischen uns, nimmt den Deckel ab und gießt den Inhalt über den zerrissenen Brief. Sein Körper berührt meinen. Wir stehen Bauch an Bauch. Bein an Bein. Herz an Herz.
»Schließ die Augen.«
Seine Stimme klingt schroff und belegt, anders als gerade eben. Dieses Mal gebe ich nach.
Ich weiß, was passieren wird und lasse es trotzdem geschehen.
Mein erster Kuss.
Ich habe immer gedacht, es würde mit einem Footballspieler passieren, einem Popstar oder einem europäischen Austauschschüler. Mit jemandem außerhalb der Grenzen meiner behüteten, Instagram-gefilterten Welt. Nicht mit einem Typen, der ein Loch im Hemd hat. Aber ich brauche es. Ich brauche es, mich begehrt und hübsch und gewollt zu fühlen.
Seine Lippen streifen meine, und es kitzelt, darum schnaube ich. Ich spüre, wie sein warmer Atem über meine Lippen streicht, wie sein Baseball-Cap meine Stirn berührt und sein Mund sich mit geschlossenen Lippen unsicher auf meinen senkt. Meine Hände liegen auf seinen Schultern, und für einen Augenblick vergesse ich zu atmen, aber dann drängt mich etwas in meinem Inneren dazu, ihn mit der Zunge zu erkunden, ihn zu schmecken. Wir atmen gegenseitig in unsere Münder und machen alles falsch. Meine Lippen öffnen sich für ihn, und auch er öffnet leicht den Mund. Mein Herz klopft so heftig, dass ich spüre, wie das Blut durch meine Adern strömt, als er plötzlich sagt: »Noch nicht. Das werde ich mir auch noch nehmen, aber nicht jetzt.«
Ein Stöhnen dringt aus meinem Mund.
»Was hättest du von mir verlangt, wenn ich das Meerglas genommen hätte?«
»Dass du all deine ersten Male für mich aufsparst«, flüstert er, irgendwo zwischen meinem Ohr und meinem Mund, und sein Körper löst sich von meinem.
Ich will die Augen nicht öffnen, der Moment soll ewig dauern, aber er trifft die Entscheidung für uns beide. Die Wärme seines Körpers verschwindet, als er einen Schritt zurücktritt.
Noch immer wage ich nicht, ihn nach seinem Namen zu fragen.
Zehn, fünfzehn, zwanzig Sekunden vergehen.
Meine Lider öffnen sich von selbst, weil ich schwanke.
Er ist weg.
Verwirrt lehne ich mich an die Mülltonne und mache mir am Tragriemen der Tasche meiner Mutter zu schaffen. Fünf Sekunden vergehen, dann legt Mom wie aus dem Nichts heraus den Arm um mich und führt mich zum Range Rover. Meine Füße schweben über das Pflaster, und ich drehe den Kopf.
Blaues Hemd? Baseball-Cap? Weiche Lippen? Habe ich mir das Ganze etwa nur eingebildet?
»Da bist du ja. Danke für den Kaffee. Heute kein Eistee für dich?«
Ich schweige, und wir klettern in ihren Wagen und schnallen uns an. Mom durchsucht ihre Prada-Tasche, die auf der Mittelkonsole liegt.
»Nanu. Ich könnte schwören, dass ich heute vier Briefe aus dem Briefkasten geholt habe, nicht drei.«
Und in diesem Augenblick begreife ich es – sie hat noch keine Ahnung! Via ist ins Studio gekommen, ohne zu wissen, dass der Brief da ist. Und dann hat ihn dieser Typ zerrissen, weil ich mich so darüber aufgeregt habe …
Kismet. Kiss-met. Schicksal.
Vor zwei Jahren hat Dad beschlossen, sich nicht länger anzuhören, wie die drei Frauen in seinem Haushalt ständig »Oh mein Gott« stöhnten, wenn ihnen etwas nicht passte. Darum müssen wir jetzt das Wort Gott durch Marx ersetzen, nach Karl Marx, einem Typen, der anscheinend Atheist war oder so was. Ich glaube, dass Gott oder Marx – oder irgendwer – diesen Jungen geschickt hat, um mir zu helfen. Wenn es ihn denn gäbe. Vielleicht habe ich mir diesen Marx auch nur ausgedacht, um mit dem klarzukommen, was ich getan hatte.
Ich öffne meinen Taschenspiegel und lege etwas Lipgloss auf. Mein Herz rast.
»Du bist immer so zerstreut, Mom. Wenn du einen Brief fallen gelassen hättest, hättest du es doch gesehen.«
Mom schmollt kurz, dann nickt sie. In der Zeit, die sie braucht, um den Motor anzulassen, werden mir zwei Dinge klar.
Erstens: Sie hat diesen Brief sehnsüchtig erwartet.
Zweitens: Sie ist am Boden zerstört.
»Bevor ich es vergesse, Mäuschen, ich habe dir das Tagebuch gekauft, das du dir gewünscht hast.« Mom holt ein dickes, in schwarzes Leder gebundenes Notizbuch aus ihrer Prada-Tasche und gibt es mir. Ich habe es schon vorher bemerkt, aber ich gehe nicht mehr davon aus, dass alles für mich ist. Sie ist oft zerstreut und kauft auch für Via alle möglichen Geschenke.
Während wir schweigend weiterfahren, habe ich eine Erleuchtung.
In dieses Notizbuch werde ich all meine Sünden eintragen.
Ich werde meine Tragödien darin begraben.
Ich klappe den Spiegel zu und stecke die Hände in die Taschen meines weißen Hoodies. Ich fühle etwas Kleines, Hartes. Ich hole es heraus und starre es verblüfft an.
Das orangefarbene Meerglas.
Er hat mir das Meerglas gegeben, obwohl ich es nicht annehmen wollte.
Spar all deine ersten Male für mich auf.
Ich schließe die Augen, und eine dicke Träne rollt mir über die Wange.
Er war echt.
Frage: Wer gibt seinen wertvollsten Besitz einem Mädchen, das er nicht kennt?
Antwort: dieser Idiot hier. Druckt mir »Ich bin mit einem Idioten unterwegs« auf ein Shirt und darunter einen Pfeil, der direkt auf meinen Schwanz zeigt.
Ich hätte das verdammte Ding verkaufen und Vias Handykredit aufladen können. Aber jetzt ist der Zug abgefahren. Ich sehe ihn noch um die Ecke biegen.
Das Schlimmste ist, dass ich genau wusste, dass nichts dabei herauskommen würde. Obwohl ich bereits vierzehn bin, habe ich erst zwei Mädchen geküsst. Beide hatten riesige Zungen und zu viel Spucke. Aber dieses Mädchen sah aus, als hätte sie eine kleine Zunge, darum musste ich es versuchen.
Aber in der Sekunde, als meine Lippen ihren Mund berührten, habe ich es nicht fertiggebracht. Sie sah irgendwie gehetzt aus. Traurig. Anlehnungsbedürftig? Ich weiß es nicht. Vielleicht hat mich auch gelähmt, dass ich sie dreimal in der Woche aus der Ferne beobachtet hatte.
Hey, wie schaltet man seinen eigenen Verstand aus? Er soll die Klappe halten. Jetzt.
Hier auf meiner Veranda reicht mein Freund Kannon den Joint an mich weiter. Das ist einer der Vorteile, wenn deine Mom mit einem Drogendealer zusammenlebt. Dope für lau. Und da Essen heutzutage selten ist, nehme ich, was gerade auf dem Tisch steht.
Ein Haufen Möchtegern-Gangster kommt mit Pitbulls und einem Gettoblaster, der wütenden spanischen Rap spielt, auf unsere Straßenseite herüber. Die Hunde bellen und zerren an den Leinen. Kannon bellt zurück. Er ist so high, dass sein Kopf mit einem verdammten Flugzeug zusammenstoßen könnte. Ich ziehe an dem Joint und gebe ihn an Camilo weiter.
»Ich leih dir einen Fuffi, damit ihr anrufen könnt«, sagt Camilo und hustet. Er ist groß und sonnengebräunt und hat bereits eine beeindruckende Gesichtsbehaarung. Er sieht aus wie jemandes mexikanischer Dad.
»Wir müssen niemanden anrufen!«, ruft meine Zwillingsschwester von der Wiese neben der Veranda aus. Sie liegt mit dem Gesicht nach unten und schluchzt in das gelbliche Gras. Wahrscheinlich hofft sie, dass die Sonne sie verbrennt und mit dem Boden verschmelzen lässt.
»Seid ihr alle taub geworden oder was?! Sie haben mich nicht angenommen!«
»Wir nehmen das Geld.« Ich schenke ihr keine Beachtung. Wir müssen jetzt bei diesem Ballettladen anrufen. Via kann nicht hierbleiben. Hier ist es nicht sicher.
»Ich liebe dich, Penn, aber jetzt nervst du.« Schluchzend reißt sie Grashalme aus und wirft sie in unsere Richtung, ohne auch nur den Kopf zu heben. Später wird sie mir dankbar sein. Wenn sie reich und berühmt ist – werden Balletttänzerinnen überhaupt reich? – und ich hier immer noch mit meinen blöden Freunden rumsitze, Dope rauche und auf blonde Mädchen aus Todos Santos sabbere. Vielleicht muss ich ja gar nicht an Straßenecken herumstehen und dealen. In manchen Sachen bin ich ziemlich gut. In Sport und Prügeleien vor allem. Der Coach sagt, dass ich mehr Proteine essen muss, für den Muskelaufbau, und auch mehr Kohlehydrate, damit ich ein bisschen Körperfett ansetze. Aber daraus wird erst mal nichts, weil das meiste Geld dafür draufgeht, Bustickets für Via zu kaufen, damit sie zum Ballettunterricht kommt.
Ich fahre mit, weil ich mir Sorgen mache, wenn sie allein mit dem Bus fährt. Besonders im Winter, weil es dann früh dunkel wird.
»Hast du nicht gesagt, dass deine Schwester gut ist? Wieso ist sie dann nicht angenommen worden?« Kannon gähnt und fährt sich mit den Händen über seine Dreadlocks. Die Seiten seines Schädels sind rasiert, sodass sie einen schwarzen Man-Bun ergeben. Ich boxe ihm so fest auf den Arm, dass er mit einem stummen Schrei in den Schaukelstuhl fällt, ein gezwungenes Lächeln aufsetzt und seinen Bizeps umklammert hält.
»Ich glaube, es wird Zeit für eine Vorstellung. Hopp hopp, Via. Zeig uns, was du draufhast!« Cam lässt sein Handy »Milkshake« von Kelis abspielen, knüllt ein Kaugummipapier zusammen und wirft es Via an den Kopf.
Ihr Schluchzen hört auf, an seine Stelle tritt katatonisches Schweigen. Ich drehe mich um und reibe mir das Kinn, ehe ich mich zu Camilo drehe und ihm die Faust gegen den Unterkiefer ramme. Ich höre, wie er sich ausrenkt und Camilo wütend knurrt.
Via springt vom Rasen auf, rennt ins Haus und knallt die Tür hinter sich zu. Ich frage mich, was es ihr bringt, im Wohnzimmer rumzusitzen, wenn Rhett zu Hause ist und ihr vorjammert, dass er müde und hungrig ist. Wahrscheinlich werden sie sich gegenseitig anschreien, und dann kommt sie mit eingezogenem Schwanz zurück auf die Veranda geschlichen. Meine Mom ist zu high, um sich einzumischen, und wenn sie es täte, wäre sie auf der Seite ihres Liebhabers. Sogar, wenn er sich mit Vias Trikots, die ihre Lehrerin ihr kauft, die Schuhe poliert. Er macht das häufig, weil er sie damit provozieren kann. An solchen Tagen, wenn sie mit zerrissenen Leggings und abgetragenen Shirts zum Unterricht gehen muss, heult sie im Bus die ganze Zeit rum. Das sind die Tage, an denen ich mit seinen Unterhosen die Klobrillen in der öffentlichen Toilette im Liberty Park abwische.
Die therapeutische Wirkung ist der Wahnsinn.
»Gib mir den Fuffi.« Ich drehe mich zu Cam um und strecke die Hand aus. Gehorsam klatscht er mir den Geldschein hinein. Ich werde Via und mir Burger von der Größe meines Kopfes kaufen und dann ihren Handyaccount auffüllen, damit sie Mrs Followhill anrufen kann.
Mit Kannon und Camilo im Schlepptau renne ich die Straße entlang zum In-N-Out. Rissiger Asphalt, und die Straße ist mit Graffiti von toten Teenagern mit Heiligenschein gesäumt. Die Palmen scheinen sich unter der Last unserer Armut über Gebäude zu beugen, die so klein und gelb sind wie schlechte Zähne.
Aber zwanzig Minuten später ist die Befriedigung überwältigend, als ich eine Papiertüte mit fettigen Burgern und Fritten in der Hand halte. Wenn Via das sieht, wird sie ihren Zusammenbruch vergessen. Ich stoße die Tür zu unserem Haus auf, und bei dem Anblick, der sich mir bietet, fällt mir die Tüte mit dem Essen aus der Hand.
Der Freund meiner Mutter sitzt auf der Couch rittlings auf meiner Schwester. Sein fetter Bauch quillt auf ihren Brustkorb. Er schlägt sie in Gesicht. Sein schwitzender, haariger Oberkörper glänzt, und bei jedem Schlag spannt sich sein Arm an. Via keucht und hustet und schnappt nach Luft. Ohne zu überlegen, stürze ich mich auf die beiden und ziehe ihn von ihr herunter. Sie blutet im Gesicht, stößt ein leises, wütendes Krächzen aus, schimpft ihn einen billigen Scheißkerl, und er schreit sie an und nennt sie eine diebische Hure. Ich packe Rhett am Hemdkragen und ziehe ihn von ihr weg. So heftig, dass er ins Stolpern kommt und hinfällt. Ich schlage ihm mit der Faust ins Gesicht, und man hört im ganzen Zimmer, wie sein Kiefer bricht. Sein Kopf knallt auf den Boden. Ich drehe mich zu Via und sehe nur ihren Rücken, als sie auf dem Weg zur Tür durch ihr eigenes Blut stolpert. Ich greife nach ihrem Handgelenk, aber sie reißt sich los. Zwischen uns fällt etwas mit einem leisen Klicken auf den Boden. Ich hebe es auf; es sieht aus wie ein Zahn. Herrgott im Himmel … Er hat ihr einen Zahn ausgeschlagen.
»Es tut mir leid«, sagt sie. Das Blut in ihrem Mund dämpft ihre Stimme. »Es tut mir leid. Ich kann nicht, Penn.«
»Via!«, rufe ich laut.
»Bitte!«, schreit sie. »Lass mich los!«
Ich laufe ihr hinterher, rutsche aber auf ihrer Blutspur aus. Meine Hände sind voller Blut. Ich stehe auf und versuche, die immer noch offen stehende Tür zu erreichen. Eine Hand packt mich und wirft mich auf die Couch.
»Nicht so eilig, kleines Arschloch. Jetzt bist du dran.«
Ich schließe die Augen und lasse es geschehen. Ich weiß, warum Via weglaufen muss.
Geografie ist Schicksal.
Drei Tage sind vergangen, seit Via weggelaufen ist.
Zweieinhalb, seit ich etwas essen konnte, ohne es wieder auszukotzen. (Bier zählt doch auch, oder?)
Nicht gerade überraschend, dass sie sich von zu Hause fernhält, nachdem Rhett sie verprügelt hat, weil sie sein Handy geklaut und versucht hat, in London anzurufen. Ich bin nicht so blöd, dass ich mich mit Rhett anlegen würde. Via ist normalerweise noch vorsichtiger. Aber sie hatte einfach einen schwachen Moment, und der Preis dafür war höher, als sie zu zahlen bereit war.
Am Freitagnachmittag lungere ich in der Hoffnung, dass sie hier auftaucht, vor ihrer Ballettschule herum. Vielleicht ist sie ja bei ihrer Lehrerin untergekommen. Sie scheinen sich nahezustehen, aber das ist schwer einzuschätzen, weil Via eine Maske aufsetzt, sobald der Bus die Stadtgrenze von Todos Santos hinter sich lässt. Dass sie sich noch nicht gemeldet hat, belastet mich, aber ich rede mir ein, dass sie ihre Gründe hat.
Um sechs Uhr beginnen Mädchen in rosa Klamotten aus dem Gebäude zu strömen. Ich habe die Hände in die Taschen geschoben, treibe mich in der Nähe des glänzenden schwarzen Range Rovers herum und warte auf die Lehrerin. Sie kommt als Letzte heraus, lachend und winkend inmitten einer Gruppe von Schülerinnen. Neben ihr geht ein weiteres Mädchen. Das Mädchen, das ich geküsst habe, um genau zu sein. Das Mädchen, von dem ich seit über einem Jahr besessen bin, um ganz genau zu sein. Sie ist so schön wie das Zeug, das in Museen herumhängt. Auf eine sehr traurige, distanzierte Art, die sagt: Sieh mich an, aber berühr mich nicht. Ich schlendere auf sie zu, und auf halbem Weg treffen wir aufeinander. Die Augen des Mädchens weiten sich, und sie blickt zur Seite, wie um festzustellen, ob jemand mitbekommt, dass wir miteinander reden. Sie glaubt, dass ich ihretwegen hier bin.
»Hi.« Sie schiebt sich ein paar Haarsträhnen hinter die Ohren; ihr flehender Blick wandert zu Mrs Followhill, als wollte sie sagen: »Ich kenne den Kerl hier nicht, ehrlich nicht.«
»Hey.« Ich unterdrücke die Schmetterlinge in meinem Bauch, denn dies ist definitiv weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt für so was, und sage, an die Lehrerin gewandt: »Ma’am, meine Schwester Via ist in Ihrer Klasse. Ich habe sie seit drei Tagen nicht mehr gesehen.«
Die Augenbrauen der Lehrerin ziehen sich zusammen, als hätte ich angekündigt, ihr demnächst auf die Motorhaube zu pinkeln. Sie sagt der Blonden, dass sie in dem riesigen Range Rover auf sie warten soll, dann zieht sie mich am Arm in eine Seitenstraße. Sie nötigt mich dazu, mich auf die Stufen zwischen zwei Gebäuden zu setzen, und fängt an zu reden.
»Ich habe sie fünfmal am Tag angerufen und jedes Mal eine Nachricht hinterlassen«, zischt sie mir ins Gesicht. »Ich wollte ihr sagen, dass sie an der Royal Academy angenommen worden ist. Als kein Brief kam, habe ich in der Akademie angerufen und nachgefragt. Die Sache läuft. Und wie gesagt: Um die Gebühren braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Ich komme dafür auf.«
Meine Nasenflügel beben. All das hält die Zukunft für Via bereit, aber sie liegt wahrscheinlich gerade irgendwo in einem Graben. Verdammt, Via!
»Na dann, Ma’am, vielen Dank für das Geschenk, aber sie kann es nicht entgegennehmen, weil wir sie nämlich nicht finden können«, sage ich mit respektvollem Spott in der Stimme. Aber wir bedeutet eigentlich nur ich. Mom ist raus – sie hat es bislang nicht für nötig befunden, aus ihrem ersten Drogenexzess zurückzukommen, der bereits Jahre zurückliegt –, und Rhett ist wahrscheinlich froh, dass er ein Maul weniger stopfen muss. Als die Schule wegen ihr anrief, habe ich gesagt, dass Via bei ihrer Tante ist, was meine Mutter später bestätigt hat, als der Vertrauenslehrer vor unserer Tür auftauchte. Mom war unfrisiert und saugte an ihrer Zigarette, als käme Sauerstoff heraus, und sie hat mich nie gefragt, ob das mit der Tante überhaupt stimmte. Wenn ich die Polizei anrufe, stecken sie Via und mich in eine Pflegefamilie. Vielleicht sogar zusammen, aber höchstwahrscheinlich nicht. Und das kann ich nicht zulassen. Ich will nicht von Via getrennt werden.
Mrs Followhill starrt mich mit einem Gesichtsausdruck an, als hätte sie gerade erfahren, dass sie eine Darmgrippe hat. Wahrscheinlich fragt sie sich, wie ich es wagen kann, in diesem Ton mit ihr zu reden. Normalerweise bin ich umgänglicher. Andererseits habe ich es normalerweise auch nicht mit einer verschwundenen Schwester zu tun. Normalerweise wische ich das Erbrochene meiner Mutter von den Wänden und schließe die Badezimmertür hinter Rhett, wenn er mal wieder auf der Toilette eingeschlafen ist. Ich blicke zu Erwachsenen nicht so ehrerbietig auf, wie ihre Tochter es tut.
»Oha.« Das ist alles, was Mrs Followhill sagt.
»Vielen Dank für Ihr Verständnis. Ein schönes Leben noch.« Ich stehe auf und schlendere in Richtung Straße. Sie erwischt mich am Arm und hält mich fest. Ich drehe mich um und sehe ihr ins Gesicht.
»Meine Tochter …« Sie leckt sich über die Lippen, dann blickt sie nach unten. Schuldbewusst. Das Mädchen lehnt am Range Rover, starrt uns an und kaut auf ihren Fingernägeln herum. »Meine Tochter und Via kommen nicht miteinander zurecht. Ich wollte, dass sie miteinander reden, aber je mehr Mühe ich mir gebe, desto weniger können sie sich offenbar leiden. Ich glaube, mir ist letzte Woche ein Brief abhandengekommen. Ein Brief, der vielleicht … wichtig war. Ich weiß nicht, warum ich dir das überhaupt erzähle.« Sie atmet durch und schüttelt den Kopf. »Ich glaube, ich … ich will es überhaupt nicht wissen, weißt du? Ich finde es schrecklich, dass ich so etwas auch nur denke.«
Aber vielleicht sollte sie so etwas denken.
Blitzartig kommt die Erinnerung zurück.
Das knisternde Papier in ihrer kleinen Faust.
Wie ich es ihr abnehme.
Wie ich es zerreiße.
Wie ich es in die Mülltonne werfe und sehe, wie ihr Gesicht vor Glück zu leuchten beginnt.
Wie ich den Eistee sicherheitshalber über die Überreste schütte, und ihre blauen Augen einladend funkeln.
Wie ich den Traum meiner Schwester vernichte.
Wie ich diesen Albtraum überhaupt erst auslöse.
Ich beiße die Zähne zusammen und trete einen Schritt zurück. Ich werfe einen letzten Blick auf die Tussi und speichere sie in meinem Gedächtnis ab.
Abgelegt unter: Schwarze Liste.
Wiedervorlage: Wenn ich sie fertigmachen kann.
»Dann ist Via also nicht bei Ihnen?« Meine Stimme wird härter. Wie Stahl. Ich bin verzweifelt. Mir fehlt jede Spur. Ich möchte die Welt in Stücke reißen, um Via zu finden, aber ich kann die Welt nicht vernichten. Sie dreht sich einfach weiter, und was passiert mit Kindern wie Via und mir? Leute wie wir verschwinden ständig, ohne dass jemand davon Notiz nimmt.
Mrs Followhill schüttelt den Kopf. Zögerlich berührt sie mich am Arm. »Hey, warum kommst du nicht mit? Ich setze Daria zu Hause ab und dann können wir nach ihr suchen.«
Daria.
Ich drehe mich um und gehe auf die Bushaltestelle zu. Ich komme mir dumm vor, bin voller Hass und fühle mich lebendig. Lebendiger als je zuvor. Seit ich sie das erste Mal gesehen habe, ist alles andere in den Hintergrund getreten, und während ich damit beschäftigt war, sie anzuhimmeln, ging die Welt um uns herum in Flammen auf.
Du siehst aus, als könntest du einen Freund gebrauchen, habe ich zu ihr gesagt. Dummes, kindliches Vertrauen. Im Geist werfe ich es auf den Boden und trample auf dem Weg zum Bus darauf herum.
Daria hatte recht. Ich war erbärmlich. Dumm. Geblendet von ihrem Haar, ihren Lippen und der süßen Melancholie, die sie ausstrahlt.
Während ich schnurstracks auf die Bushaltestelle zusteuere, höre ich Mrs Followhill von weitem meinen Namen rufen. Sie kennt meinen Namen. Sie kennt mich. Uns. Ich weiß nicht, warum mich das stört. Ich weiß nicht, warum es mir etwas ausmacht, dass dieses Mädchen von unserer Armut weiß.
Ich steige in den nächsten Bus, ohne zu wissen, wo er mich hinbringen wird.
Weit genug weg von diesem Mädchen, aber nicht weit genug von mir selbst.
Das Brennen in meiner Brust wird stärker, das Loch um mein Herz herum größer, und am Rand meines Bewusstseins höre ich meine Großmutter flüstern.
Skull Eyes.
Am Abend vor dem letzten Schuljahr
habe ich dich auf der Tribüne gesehen
Du sahst anbetungswürdig aus
Dein Herz schlug für einen Kerl,
der es mit Füßen treten und in Stücke
schlagen wollte
Fast achtzehn
Das Snake Pit ist heute Abend überfüllt.
So ist es immer, wenn Vaughn kämpft, und Vaughn kämpft immer. Nasen kann er fast so gut brechen wie Herzen. Falls es jemanden interessiert: Herzen zu brechen ist seine zweitliebste Beschäftigung. Seit er auf der All Saints High ist, sind mindestens sechs Mädchen auf andere Privatschulen gewechselt, um der Qual zu entfliehen, ihn durch die Korridore schlendern zu sehen.
Jeder beliebte Typ von der All Saints High und unserer rivalisierenden Schule, der Las Juntas in San Diego, kämpft hier. Es ist eine Art Initiationsritus. Eigentlich ist das nicht mein übliches Umfeld, aber Blythe, Alisha und Esme haben mich an diesem Abend, ehe das neue Schuljahr beginnt, mit hierhergeschleppt. Sie sind begeisterte Vaughn-Fans. Dieser Wichser hat die Sommerferien beim Bildhauern in einem Atelier in Italien verbracht und ist erst vor zwei Tagen zurückgekommen. Deshalb brauchen sie jetzt ihre Dosis von seinem schönen, ausdruckslosen Gesicht.
Die Wahrheit ist, dass Vaughn zu gefühllos ist, um so etwas wie Liebe, Lust oder auch nur Sympathie zu empfinden. Dies wiederum ist eine Lektion, die sie auf die harte Tour lernen werden. Es macht mir großen Spaß, dabei zuzusehen, obwohl ich natürlich die übliche Oh-mein-Gott-Süße-er-ist-es-überhaupt-nicht-wert-Nummer abziehe.
Randbemerkung gefällig? Er ist es absolut wert.
»Wie kann jemand, der so brutal ist, derart filigrane Kunst erschaffen?« Blythe kaut auf ihrem roten Arielle-Haar herum, während sie auf Vaughn hinunterstarrt, der auf dem Spielfeld hin und her läuft. Seine abgerissenen schwarzen Klamotten schmiegen sich an seine schlanken Muskeln.
Die Legende sagt, dass das Snake Pit, ein verlassenes Footballstadion in einem Außenbezirk von San Diego, seinen Namen bekam, nachdem es wegen einer Schlangenplage aufgegeben wurde. Auf den verblichenen, beschädigten blauen Tribünen hängen die Jungs herum und trinken Bier. Wir, die Mädchen, sitzen hier mit übereinandergeschlagenen Beinen, schlürfen teuren Wein aus der Flasche und dampfen E-Zigaretten. Die von der Las Juntas sitzen auf der Tribüne gegenüber. Sie tragen keine Klamotten aus der Schweiz und fahren keine deutschen Autos, sondern reichen sich halbvolle Flaschen Tequila und selbstgedrehte Zigaretten weiter.
»Igitt, Blythe, das ist ein Zehntklässler!« Alisha, halb afroamerikanisch, halb niederländisch und ganz und gar hinreißend, macht neben mir Würgegeräusche.
»Ach, halt die Klappe. Du bist doch nicht hergekommen, um zu sehen, wie verschwitzte Nobodys verprügelt werden.«
»Gegen wen kämpft er eigentlich?« Ich lasse eine Kaugummiblase platzen und ziehe mir den dunkelgrünen Samtminirock wieder über die Schenkel. Mein glänzendes blondes Haar ist mit einer schwarzen Seidenschleife zusammengebunden, und ich sehe absolut Pinterest-tauglich aus. Mein geschwungener Eyeliner sitzt perfekt, mein Schmollmund ist mattrot und erzeugt den perfekten Film-Noir-Effekt.
Ich bin Daria Followhill.
Cheerleader-Captain.
Reiches Miststück.
Little Miss Popular.
»Keine Ahnung, aber ich beneide ihn nicht. Die Kämpfe waren heute alle ziemlich brutal, und Vaughn ist der beste Kämpfer von allen, deshalb ist er normalerweise immer erst am Schluss dran.« Alisha betrachtet eingehend ihre manikürten Fingernägel.
»Da kommt das Opfer«, ruft jemand drei Reihen unter uns, und alle stehen auf und recken die Hälse, um zu sehen, welche unglückliche Seele gegen den großen Vaughn Spencer antreten muss. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, als die Menge auf beiden Seiten aufheult und die Faust in die Luft stößt. Von den vorhergehenden Kämpfen hängt der Geruch nach Schweiß, Alkohol und getrocknetem Blut wie eine Wolke in der Luft. Ich spüre den Geschmack menschlicher Verzweiflung auf meiner Zunge.
Eine große, gut gebaute Gestalt torkelt auf dem stillgelegten Spielfeld auf Vaughn zu. Er umklammert eine Flasche mit etwas Alkoholischem darin, und die halblangen blonden Haare – oder sind sie hellbraun? – fallen ihm in die Stirn. Sein Gesicht kann ich nicht erkennen, aber das ist auch nicht nötig. Sein rotes Shirt hat ein Loch, genau da, wo das Herz ist, und ich berühre sofort das kleine Stück Meerglas, das an meinem Hals hängt.
Nicht ohnmächtig werden, Daria. Du hast ein superkurzes Kleid an.
In den letzten vier Jahren bin ich sehr gut darin geworden, Penn Scully aus dem Weg zu gehen. Eigentlich ein Wunder, wenn man bedenkt, dass wir ein Footballstar und ein Cheerleader-Captain an Schulen desselben Typs in ein und demselben Bezirk sind. Bis jetzt haben wir jedes Jahr zweimal gegeneinander gespielt. Unsere Teams schaffen es immer in die Play-Offs, und All Saints endet immer als Verlierer.
Seit die Sache mit Via schiefgegangen ist, kann ich ihm nicht mehr ins Gesicht sehen. Wenn wir ein Spiel gegen Las Juntas hatten, habe ich entweder Menstruationsbeschwerden vorgetäuscht oder ich saß noch vor Spielende wieder in meinem Auto.
»Kneif mich mal jemand!« Blythe klatscht erregt in die Hände. Sie trägt ein bauchfreies Shirt in einem Nudeton, das perfekt zu ihren spitzen, ebenfalls in einem Nudeton lackierten Fingernägeln passt. »Penn Scully, der Wide Receiver von Las Juntas, das ist der heißeste Typ in SoCal. Ich wünsche mir schon lange, ihn ins Bett zu kriegen. Heute ist mein Glückstag!«
»Nach allem, was man so hört, ziehst du ungefähr jeden in dein Bett. Nur mal so als kleiner Hinweis: Vaughn lässt sich gern ein bisschen Zeit.« Hinter mir kichert Knight. Ich drehe mich um, mustere ihn und ziehe eine Augenbraue hoch. Ich versuche, so zu tun, als wollte sich mein Herz bei Penns Anblick nicht in der Brust winden und sich von den Arterien losreißen.
Ein Mädchen, das ich nicht kenne, sitzt auf Knights Schoß, hat die Arme um seine breiten Schultern gelegt, und versucht, sein Ohr in ihren Mund zu saugen. Breitbeinig sitzt er da. Er trägt eine klassische Gucci-Jacke und weiße Air Jordans. Seine Jeans sind maßgeschneidert, und sein Haarschnitt kostet mehr als meine Luxus-Umhängetasche.
Knight sieht umwerfend aus, und das weiß er nicht nur – nein, wenn er könnte, würde er es auf eine Reklamewand schreiben lassen. Verhangener Blick aus grünen Augen, Grübchen, so tief wie sein Casanova-Blick, volle, rote Lippen und ein Unterkiefer, so hart, dass man Käse damit schneiden könnte. Sein kastanienbraunes Haar ist weicher als ein Teddy, und alles an ihm strahlt Vergnügungssucht aus.
Wir wohnen alle in gleich aussehenden Stichstraßen im selben Viertel, und unsere Eltern sind bestens miteinander befreundet. Knight und Vaughn stehen sich sehr nah, sind praktisch wie Brüder, was merkwürdig ist, weil sie gleichzeitig wie Feuer und Wasser sind. Vaughn ist der verrückte Künstler mit psychotischen Tendenzen, und Knight ist der Inbegriff der beliebten Sportskanone.
Der eine ist Edward mit den Scherenhänden, der andere ist der verschollene hübschere Bruder von Zac Efron.
»Wird deine Freundin eigentlich sauer, wenn du mit Filzläusen nach Hause kommst? Das sind ziemlich nutzlose Haustiere.« Ich klimpere herzig mit den Wimpern. Luna ist nicht seine Freundin, aber er würde für sie sterben. Deshalb konnte ich Luna Rexroth noch nie leiden. Sie ist die ursprüngliche Via. Das Mädchen, das den Hulk in meinem Inneren erschaffen hat. Das Mädchen, das immer von Vaughn angelächelt wurde und dem Knight blindlings hinterherlief. Daddy hat mal im Scherz gesagt, dass Luna wie eine sizilianische Nonne ist. Einmal im Jahr erscheinen die Nonnen hinter einem Vorhang, der beiseitegezogen wird, damit ihre Familien sie ansehen und bewundern können, weil sie sie so sehr vermissen.
»Das ist Luna. Wenn sie erscheint, bleibt die Welt stehen.«
Jep. Und ich höre auf zu existieren.
»Geh schlaffe Schwänze lutschen, Dar.« Er klemmt sich den Joint zwischen die Zähne, beschirmt ihn mit einer Hand, um ihn anzuzünden, und bläst mir eine graue Rauchwolke direkt ins Gesicht.
»Soll das eine Einladung sein? Es gibt da übrigens Pillen für diesen Q-Tip, den du Schwanz nennst.« Ich recke das Kinn.
»Baby, mein Schwanz ist viel zu hart für dich. Die einzigen Pillen, die du brauchst, sind drei Ibuprofen für die Nachwirkungen, wenn ich in dir war.«
»In mir? In deinen Träumen vielleicht, Knight Cole.«
»Bestimmt nicht. Im Traum habe ich Lunas Beine um die Hüften, und der Rest ist nicht jugendfrei. Nichts für ungut, Tiffany.« Mit der Hand, in der er sein Zippo hält, tätschelt er dem Mädchen den Hintern.
»Stephanie.«
»Mach’s jetzt nicht peinlich, Babe. Ich hatte sogar vergessen, dass du auf meinem Schoß sitzt, bis Elsa hier es erwähnt hat.« Er deutet auf mich und lacht.
»Zu dumm, dass du in der Zehnten bist und Luna in der Elften. Sie wird im Leben nicht mit dir ausgehen.« Ich nehme ihn nur auf den Arm. Ich meine, Luna würde wohl tatsächlich nicht mit ihm ausgehen, aber das liegt nicht an seinem Alter. Sie ist in ihrem eigenen kleinen Universum gefangen. Sie ist die Sonne und er die Erde. Er umkreist sie ständig und kommt ihr alle Jubeljahre ein paar Zentimeter näher, obwohl die Verbrennungen ihn vermutlich umbringen werden.
Er neigt den Kopf und lächelt so animalisch, dass seine Zähne noch spitzer wirken.
»Oh Mann, wenn du wüsstest, wie viele deiner Freundinnen aus der Zwölf bei meinem Schwanz schon Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht haben, als sie in der Elf waren, würdest du einen Herzinfarkt kriegen.«
Ein schrilles »Whoa!« unterbricht unser Geplänkel.
Die Menge zuckt kollektiv zusammen, und wir alle blicken wieder auf das Spielfeld, wo wir sehen, wie Penn auf dem Weg in die Mitte einfach hinfällt. Mein Marx. Sie haben noch nicht einmal angefangen, und er hat sich schon auf den Arsch gesetzt. Er sieht völlig betrunken aus. Vaughn wird ihn fertigmachen, bevor er überhaupt begreift, wo er hier ist.
Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder Knight zu.
»Du musst Vaughn sagen, dass der Kampf ausfallen muss.«
»Wer macht sich denn da ins Höschen? Und warum? Hast du eine Wette mit Gus laufen?« Knight streichelt den Hintern des Mädchens, aber er ist nicht bei der Sache. Das ist er nie. Ich werde rot, mein Kopf ist so heiß, dass er explodieren könnte. Ich balle die Fäuste. Ich will nicht, dass Penn heute Abend im Krankenhaus landet, obwohl er mich hasst und meine Fürsorge wahrscheinlich ablehnen würde. Bei dem Gedanken, wie er die Aufnahmebestätigung seiner Schwester zerrissen hat, überkommen mich erneut Schuldgefühle.
»Quatsch. Ich würde ja nicht mal freiwillig mit Gus reden. Aber dieser Loser da unten ist offensichtlich betrunken. Vaughn wird ihn abschlachten.«
»Das ist ein kraftstrotzender Footballspieler aus einem Team, das aus reinrassigen Gangstern besteht. Der kommt schon klar«, gibt Knight düster zurück.
Als Starting Quarterback der All Saints High hatte Knight bereits das zweifelhafte Vergnügen, gegen Scully zu spielen. Gerüchteweise heißt es, dass Penn der Beste im ganzen Bezirk ist. Vielleicht sogar im ganzen Staat. Direktor Prichard hat ihm mehrmals ein Stipendium angeboten, damit er in unserem Team spielen kann, aber Penn ist eher der loyale Typ – zu meinem Glück.
»Knight.« Meine Stimme bricht, verliert ihre aufgesetzte Gleichgültigkeit. Ich flehe ihn an. Das Mädchen auf seinem Schoß wirft mir tödliche Blicke zu. »Wenn das hier schiefgeht, kriegt Vaughn mächtig Ärger.«
Knights Miene wechselt von gelangweilt zu genervt. Er lässt das Mädchen von seinem Schoß rutschen und gibt ihr den Rest seines Joints.
»Ich werde die Sache hier nicht kaputtmachen, nur weil du so ein Weichei bist, aber ich gehe jetzt da runter und sorge dafür, dass der Kampf zwischen diesen beiden Idioten sauber bleibt.« Er fährt sich mit der Zunge über die Lippen, sein Zungenpiercing blitzt auf.
Ich blicke wieder aufs Spielfeld, und die beiden Typen haben bereits das Hemd ausgezogen. Knight hat recht. Penn hat keine Ähnlichkeit mehr mit dem ausgemergelten Jungen, der mir vor vier Jahren das Wertvollste auf der Welt geschenkt hat. Kraftvoll und sehnig, herrlich anzusehen. Er hat null Prozent Körperfett und muskulöse Arme. Ein deutliches V zeigt nach unten, und so, wie die Cheerleader-Kolleginnen neben mir stöhnen, haben sie es auch bemerkt. Vaughn ist dünner als er. Nicht, dass das von Bedeutung wäre. Er hat eine katzenartige Geduld, die man nur bewundern kann, und wenn er in seinem Element ist, habe ich ihn schon Typen zu Boden schicken sehen, die dreimal so groß waren wie er, und dabei ist er nicht mal in Schweiß geraten.
Sie umkreisen einander, still und tödlich und ernst. Vaughns Gesicht ist so ausdruckslos wie immer. Penn wirkt unkonzentriert, hat ein irres Lächeln im Gesicht. Die Flasche rutscht ihm aus der Hand und rollt über den Boden. Die Zuschauer brechen in Gelächter aus; es trifft mich mitten ins Herz.
»Kämpft er häufiger hier?« Ich stelle die Frage in den Raum.
»Nope.« Gus, unser Football-Captain, der zwei Reihen tiefer sitzt, trinkt einen Schluck Bier. Seine Freunde, die neben ihm sitzen, reichen ein Klemmbrett mit Namen darauf weiter. Sie haben den ganzen Abend auf die Kämpfe gewettet, und dieser hier ist die Krönung. Gus schnappt sich das Klemmbrett und steckt es in seine Sporttasche. Dann rollt er seine Collegejacke zusammen und stopft sie darüber, um es zu verstecken. Offenbar glaubt er, die Sache mit seinem Wettpool hätte sich noch nicht herumgesprochen. Gerüchteweise macht er mit diesen Wetten ein kleines Vermögen, und Vaughn – der Geld und alles, wofür es steht, eigentlich hasst – bekommt einen Anteil. Jeder weiß, was er damit macht. Er spart es, damit er sein eigenes Atelier eröffnen kann, ohne einen Cent vom Vermögen seiner Eltern anzurühren.
»Penn ist nicht der Typ, der sich volllaufen lässt und dann prügelt, und ich habe schon verdammt oft mit den Jungs von seiner Schule gefeiert. Da stimmt was nicht.« Er trinkt seine Flasche aus und reibt sich die Hände.
Da stimmt was nicht.
Ich muss mit dieser Schuldgefühlsnummer aufhören. Für seine Probleme bin ich nicht verantwortlich. Ein anderes Mädchen – ein mutigeres Mädchen – hätte sich ihm längst gestellt. Ich nicht. Er weiß, was wir an jenem Tag getan haben und dass es zum Verschwinden seiner Schwester führte. Ich habe ihn nie um Vergebung gebeten, weil ich sie – seien wir ehrlich – einfach nicht verdiene.
Mit angehaltenem Atem beobachte ich, wie die beiden einander auf dem Spielfeld taxieren. Die Körpersprache des einen spiegelt die des anderen. Vaughn schlägt als erster zu. Der Schlag ist heftig, und aus Penns Nase schießt Blut. Die Zuschauer schreien auf und halten die Luft an. Penn stolpert rückwärts. Er lacht und schüttelt den Kopf, als wäre er dem Schlag ausgewichen. Er leckt sich das Blut von der Oberlippe und stürzt sich dann auf Vaughn, wie ich es noch nie gesehen habe.
Königstiger.
Ich hätte beinahe vergessen, wie schnell und elegant er war. Ist. Genau wie seine Schwester.
Penn stößt Vaughn zu Boden, platziert seine Knie auf beiden Seiten seines Oberkörpers und schlägt dann wild mit beiden Fäusten auf sein Gesicht ein. Manchmal trifft er, manchmal nicht. Ich möchte mich übergeben. Die Menge schreit. So was hat es noch nie gegeben. Vaughn hat in den letzten Jahren einiges an Prügel einstecken müssen, aber er ist noch nie zu Boden gegangen. Vaughn hütet sich aber, sich zu winden und auf diese Art seine Energie zu vergeuden. Er hat Jiu Jitsu gelernt, ehe er wegen Ungehorsams aus drei verschiedenen Kursen geworfen wurde.
»Spencer! Spencer! Spencer! Spencer!«, rufen die Schüler der All Saints High auf unserer Seite der Tribüne und werfen leere Bierdosen auf die Seitenlinien. Die Schüler von der Las Juntas, bleiben still, wirken aber genauso bedrohlich. Sie sind weniger anfällig für öffentliche Gesten, aber es wäre falsch, anzunehmen, dass sie ihrem Footballstar gegenüber auch nur einen Hauch weniger loyal wären.