4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €
Sie hat der Liebe abgeschworen.
Bis er kommt.
---
Von ihrem Liebesleben hat Chloe Davis erst mal genug. Gefühle können verletzt werden, und das soll ihr nicht noch einmal passieren. Lieber erfüllt sie sich ihren Traum vom eigenen Yogastudio. Doch der Anfang verläuft schleppend, und nach nur sechs Monaten steckt sie in finanziellen Schwierigkeiten und könnte alles wieder verlieren. Jason Crowley, der Star der Yogaszene, ist die Rettung – für ihr Studio. Aber was ist mit ihrem Herzen?
---
Band 1 der Reihe. Jeder Band ist in sich abgeschlossen.
---
Über die Reihe "Time for Passion"
Heute, gestern, morgen - Liebe hat ihren eigenen Zeitplan. Lies, wie die drei Freundinnen Chloe, Lauren und Ava die Hürden des Lebens meistern, alte Probleme lösen, sich verlieben und ihrem Herzen und ihrer Leidenschaft folgen!
Band 1 - All We Have Is Today (Chloe & Jason)
Band 2 - You Were Mine Yesterday (Lauren & Wade)
Band 3 - Forever Yours Tomorrow (Ava & Tyler)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2023
INHALT
Impressum
Über das Buch
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Epilog
Über die Reihe Time for Passion
Newsletter
Über Philippa L. Andersson
Originalausgabe 2019
All We Have Is Today
Philippa L. Andersson
Copyright: © Philippa L. Andersson, 2019, Berlin, Deutschland
Umschlagfotos: © depositphotos.com (clearviewstock & kaisorn4)
Umschlaggestaltung: Philippa L. Andersson
Lektorat: Mona Gabriel, Leipzig, Deutschland
Korrektorat: Laura Gosemann, Berlin, Deutschland
Philippa L. Andersson vertreten durch:
Sowade, Plantagenstraße 13, 13347 Berlin, Deutschland
www.philippalandersson.de
Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere behalte ich mir die Nutzung meiner Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Von ihrem Liebesleben hat Chloe Davis erst mal genug. Gefühle können verletzt werden, und das soll ihr nicht noch einmal passieren. Lieber erfüllt sie sich ihren Traum vom eigenen Yogastudio. Doch der Anfang verläuft schleppend, und nach nur sechs Monaten steckt sie in finanziellen Schwierigkeiten und könnte alles wieder verlieren. Jason Crowley, der Star der Yogaszene, ist die Rettung – für ihr Studio.
Aber was ist mit ihrem Herzen?
Die Wellen rauschen, und der Wind fährt mir durch die Haare. Die aufgehende Sonne berührt mein Gesicht. Und ich spüre den besten Mann der Welt an meiner Seite.
Wärme durchdringt mich. Ich fühle mich geliebt, öffne die Augen, begegne seinem Blick und versinke in diesem stürmischen Blau, das mich an das Meer erinnert.
Er drückt mich zurück in den Sand, stützt sich über mir auf und küsst mich. Und in dem Moment wird mir klar, dass ich träume und das hier nicht real ist. Doch statt traurig zu sein, fordere ich hungrig mehr Küsse ein, um die Augenblicke auszukosten, die mir bleiben, bis ich aufwache.
Ich tauche ein in Jeremys Lachen, in das Gefühl von seiner Haut auf meiner, in seinen Geruch, in alles. Seine Lippen fühlen sich warm und fest und fordernd an. Seine Hände fahren unter mein Yogatop, sind voller Sand, aber das stört mich nicht. Hauptsache, er hört nicht auf.
Und dann, gerade als er mich erneut küssen will, wache ich auf.
Mist!
Schwer atmend komme ich zu mir. Mein Körper und das dünne Laken haben sich verheddert. Ich taste blind nach rechts, zur anderen Seite des Bettes, nur um festzustellen, dass ich allein bin. Dumme Angewohnheit.
Obwohl ich weiß, dass Jeremy weg ist, trifft mich die Enttäuschung selbst nach drei Jahren wie ein Eimer kaltes Wasser. Ich bin genau dort, wo wir immer sein wollten. Nur ohne ihn.
Aber das Leben geht weiter, ermahne ich mich, fahre mir über das Gesicht, gebe mir einen Ruck und stehe auf. Es bringt nichts, der Vergangenheit nachzutrauern oder von der Zukunft zu träumen. Der Moment zählt, halte ich mir vor Augen. Nur der Moment.
Statt wie üblich den Tag mit einer Meditation und einem sanften Yoga-Flow zu beginnen, stelle ich mich direkt unter die Dusche und rufe mir ins Gedächtnis, wofür ich dankbar bin.
Da sind Lauren und Ava, meine besten Freundinnen, die ich seit der Highschool kenne. Lauren ist kurz davor, in die Nationalmannschaft der Schwimmer aufgenommen zu werden. Wenn alles gut geht, kann sie nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen antreten. Das wäre der Wahnsinn! Ava ist Leichtathletin. Bei den US-Meisterschaften hat sie schon unglaublich oft Silber oder Bronze geholt, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie Gold gewinnt.
Dann ist da mein wunderschönes Yogastudio in der Lower Haight, das ich seit sechs Monaten zur Miete führe, mit der Option, es später mal kaufen zu können. Von außen sieht es traditionell aus, im für San Francisco typischen viktorianischen Stil. Innen ist dagegen alles topmodern ausgestattet mit einem hellen Empfangsbereich, geräumigen Umkleiden, Duschen und einem großen Yogaraum. Neben Einzelstunden biete ich Kurse an für Einsteiger, die mit Yoga eine bessere Verbindung zu ihrem Körper suchen, und für Profis, die ihre Fitness, Ausdauer und Kraft stärken wollen.
Und als Drittes bin ich dankbar dafür, dass – ich muss kurz überlegen, aber lächele dann – dass ich noch Wasser habe. Das ist nicht so selbstverständlich. Denn das Studio wird viel langsamer bekannt, als ich es mir vorgestellt habe. Ich bin mit allen Rechnungen im Rückstand, mein Kreditlimit ist ausgeschöpft, mein Konto überzogen, und alles, was ich zu Geld machen konnte, habe ich bereits zu Geld gemacht.
In dem Augenblick gibt es ein gurgelndes Geräusch in der Leitung, und das Wasser versiegt.
Verdammt!
Ich trockne mich ab, ziehe mich an, mache mir wie jeden Morgen meine Bowl mit Haferflocken, Nüssen, Joghurt und Obst, bin jedoch angespannter als sonst. Auch ohne eine Koryphäe in Mathematik zu sein, weiß ich, dass ich dringend mehr Geld mit dem Studio verdienen muss. Oder einen Lottogewinn brauche!
Mein Frühstück kauend gehe ich zur Kiste des Grauens, in der ich all meine offenen Rechnungen aufbewahre, und durchforste sie nach der letzten Mahnung vom Wasserversorger. Dabei gleiten mir Anschreiben von PG & E, dem Gas- und Stromversorger von San Francisco, von meiner Telefongesellschaft, dem Besitzer des Studios und meinem Vermieter durch die Finger. Alles Anzeichen meines Lebens auf Pump.
Mir wird flau. Das sind mehrere tausend Dollar an Schulden! Dann beruhige ich mich, fische die Mahnung des Wasserversorgers heraus und hefte sie als Ansporn, besser zu werden, an den Kühlschrank. Es ist normal, am Anfang Verluste zu machen. Außerdem läuft jede Menge Werbung für das Yogastudio. Bald werde ich Licht am Ende des Tunnels sehen. Ganz bestimmt!
Ich habe einen Instagram-Account, auf dem ich täglich einen Flow für meine Follower vorführe. Auf meinem YouTube-Kanal gibt es ein Mal pro Woche zwei neue Videos, jeweils für Einsteiger und Profis, wobei ich an den Werbeeinnahmen verdiene. Und ich verteile natürlich überall Flyer für mein Studio, bin auf Conventions und Fitnessmessen unterwegs und reiße mir ein Bein aus, um bekannter zu werden. Ich muss nicht mehr lange durchhalten, bis sich all die Arbeit auszahlt.
Für einen kurzen Moment kommt mir der Gedanke, das Studio aufzugeben. Aber ich verdränge ihn schnell wieder. Yoga ist mein Leben. Ich war jahrelang Trainerin in anderen Studios, bis ich diesen Schritt gewagt habe. Es war unser Traum. Meiner und Jeremys. Und solange ich nicht alle meine Möglichkeiten ausgeschöpft habe, kann ich nicht aufgeben. Es geht einfach nicht.
Ich checke meinen YouTube-Kanal und freue mich über zehn neue Abonnenten. Und ich jubele noch mal, als ich drei Anmeldungen für ein Probetraining in meinem Mail-Postfach vorfinde. Ich habe mittlerweile sechzehn feste Kundinnen. Nicht genug, um davon zu leben, aber es ist ein Anfang. Und vielleicht werden es bald neunzehn.
Mit neuem Optimismus mache ich mich für den Tag fertig. Die Post kommt. Ich sichte die Briefe und finde darunter ein Schreiben vom Vermieter des Studios.
Sehr geehrte Ms Davis,
dies ist unsere letzte Mahnung. Bitte begleichen Sie bis zum Monatsende die ausstehende Miete, andernfalls lassen wir das Studio räumen.
Mit freundlichem Gruß
Thunder & Storm Real Estates
Mir wird schlecht. Ich wusste, dass dieser Tag kommen könnte. Dennoch trifft es mich wie ein Schlag in die Magengrube. Verdammt, ich darf das Studio nicht verlieren. Bitte, bitte nicht. Es ist alles, was ich habe.
Ich drücke mir die Fingernägel in die Handballen, um die Panik niederzukämpfen. Dann nehme ich mein Handy und tippe in meiner Kontaktliste auf das Bild einer Frau mit Badekappe, Schwimmbrille und dem breitesten Lächeln von San Francisco. So viel Zeit habe ich noch, bevor ich ins Studio muss.
»Chloe, alles in Ordnung?«, meldet sich Lauren, während ich im Hintergrund einen Anpfiff höre.
Wie man es nimmt … »Störe ich?«, frage ich und sehe auf die Uhr. Es ist kurz nach sechs. Sie müsste eigentlich ein paar Minuten haben, ehe ihr Frühtraining beginnt und sie im Becken ihre Bahnen zieht.
»Du störst nie. Wie oft soll ich es dir noch sagen?«
»Na ja, ich wette, wenn ich anrufe, kurz bevor du ins Wasser springst, dann schon.«
»Okay, du störst fast nie. Zufrieden? Also, worum geht es, Süße?«
Ich atme tief durch und starre auf meine Kiste voller Rechnungen. »Ich stecke in Schwierigkeiten«, sage ich. Untertreibung des Jahrhunderts!
»Was brauchst du? Einen Bodyguard, einen Auftragsmörder, Sex?«
Eigentlich müsste ich über ihren Witz lachen, aber die Sache ist zu ernst. »Ich brauche Geld, sonst verliere ich mein Studio.«
»Von wie viel reden wir?«
Ich zögere und fühle mich wie die größte Versagerin des Planeten. »Etwa zwanzigtausend Dollar. Vielleicht auch einundzwanzig.« Weil die Mieten in der Stadt die Hölle sind, ein Studio außerhalb sich jedoch nur lohnt, wenn man als Yogalehrerin schon berühmt ist und die Leute den weiten Weg in Kauf nehmen.
»Verdammt, Chloe, das ist ein Haufen Geld!«
»Ich weiß«, sage ich bedrückt.
»Aber du meintest doch immer, dass alles läuft …«
»Das tut es ja auch. Ich brauche nur noch etwas mehr Zeit. Also …« Ich kann nicht glauben, dass ich das tue. »Kannst du mir das Geld leihen?« Das ist ziemlich viel verlangt. Laurens Gehalt reicht gerade für sie selbst. Der Schwimmsport wird nicht so stark gesponsert wie Football oder Basketball. Als Frau verdient man im Sport obendrein weniger als ein Mann. Einzig durch die Unterstützung ihrer Familie kann Lauren relativ unbekümmert leben. Die besitzen nämlich eine ganz gut laufende Firma. »Oder nur zehntausend?«, sage ich, als sie schweigt. »Ich frag Ava für den Rest.« Was mir noch schwerer fällt, denn sie ist diejenige, die mir von Anfang an gesagt hat, dass es Schwachsinn ist, alleine ein Yogastudio zu eröffnen.
»Sorry, Chloe, selbst wenn ich wollte, ich hab nicht so viel Geld.« Sie seufzt. »Und Ava hat es zwar, aber sie wird es dir nicht geben. Du weißt, wie sie zu all dem steht. Kann dir denn keine Bank aushelfen?«
Ein hysterisches Lachen entschlüpft mir. Die Idee hatte ich natürlich längst. Vor Monaten. Wie sonst hätte ich mir die Studioausstattung leisten können?!
»Chloe, hast du etwa dein Kreditlimit ausgereizt?«, forscht Lauren nach.
Ich nicke, was sie nicht sehen kann. Weshalb ich peinlich berührt ein »Ja« ins Telefon krächze. Gefühle steigen in mir auf, die ich schon sehr lange nicht mehr hatte. Wut, Hass, Verzweiflung. Alle ganz anders als die übliche Trauer. Wenn Jeremy hier wäre, wäre das alles nie passiert!
»Wie schlimm ist es?«, fragt Lauren nach, und ich bin dankbar, dass sie mir keine Vorhaltungen macht.
»Schlimm«, gebe ich zu.
»Dann weißt du, was zu tun ist«, sagt sie.
Sofort ist meine Energie zurück. »Nein, ich werde nicht aufgeben!« Das Studio ist alles, was ich habe. Fällt das weg, dann wäre das eine Bankrotterklärung an mein Leben.
»Hab ich etwas von Aufgeben gesagt?!«, tut Lauren empört.
»N-n-nein …«, stammele ich mit den Nerven am Ende. »Nur, was meinst du dann?«
»Hol dir einen zweiten Trainer ins Studio.«
»Aber –« Ich will protestieren. Das Studio trägt meine Handschrift. Ich brauche den Platz. Außerdem will ich mich nicht mit anderen Trainern um die besten Zeiten streiten.
Lauren kennt die Einwände, doch sie denkt in dem Fall rationaler als ich. »Du hast kein Geld, Chloe, und du bist kurz davor, alles zu verlieren. Ein zweiter Trainer, der bereits ein paar Kunden hat und die Miete zahlt, ist das Einzige, was dir jetzt noch helfen kann.«
Ich schweige und versuche, mich mit dem Gedanken anzufreunden.
»Es ist die beste Lösung«, sagt Lauren. »Finde jemanden für einen Monat, zwei oder drei. Was sind schon ein paar kleine Kompromisse, wenn der große Traum dafür erreichbar bleibt?«
Ich denke an meine Kiste voller Rechnungen, daran, dass ich kein Wasser mehr habe, und daran, dass die zehn neuen Fans meines YouTube-Kanals mir innerhalb der nächsten Wochen keine Tausende von Dollars einspielen werden. Und ich versuche, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn das alles vorbei wäre. Aber es geht nicht. Es tut zu sehr weh.
»Okay, du hast recht«, sage ich. »Ich such jemanden. Danke dir.«
»Gerne, Chloe.«
Wieder höre ich ihren Trainer. »Und jetzt arbeite weiter daran, die beste Schwimmerin der Welt zu werden, du Killerhai!«
»Rawrrr!«, knurrt sie, als würden Fische Geräusche machen. »Bin dabei, Süße.«
Ich lege auf, atme tief durch und setze mich an meinen Laptop, um den freien Platz in meinem Studio auf Immobilienseiten auszuschreiben und Flugblätter zu entwerfen, die ich später in der Nachbarschaft verteilen werde. Dann hetze ich, weil ich spät dran bin, für meinen Frühkurs ins Studio. Und sobald ich ankomme, bin ich erleichtert, denn auf dem Handy sehe ich bereits die ersten Antworten auf mein Angebot.
Das hättest du echt eher machen sollen, Chloe.
Nach einem kurzen Morgen-Work-out fahre ich zum Studio, um aufzuschließen und alles für den ersten Kurs um sieben vorzubereiten.
Wade, ein Freund von mir, der als Personal Trainer nur auf Anfrage arbeitet, hält mich für verrückt, dass ich immer noch die frühen Kurse gebe. Ich bin einer der bekanntesten Yogalehrer in der Bay Area, laut der Presse der McYogaDream, und ich kann sowohl für Kurse als auch für Einzelstunden überdurchschnittlich hohe Honorare nehmen. So frühe Termine habe ich seit Jahren nicht mehr nötig. Aber mir macht das nichts aus. Yoga ist mein Leben.
Kurz denke ich darüber nach, wie sich die letzten Jahre alles entwickelt hat. Erst das Studio, dann die Fernsehreportage über Yoga in der Bay Area, schließlich die App und die Fotoanfragen für Sportmagazine. Mein Business ist durch die Decke gegangen. Und ich kann nicht anders, als dankbar dafür zu sein. Für den Erfolg und dafür, Freunde zu haben, die mich davor bewahrt haben, dass mir der Ruhm zu Kopf steigt. Das Einzige, was mir jetzt noch fehlt, ist eine Familie.
In letzter Zeit erwische ich mich immer öfter dabei, wie ich die Insta-Profile von befreundeten Yogalehrern verfolge und neidisch werde, weil nach und nach Kinder auftauchen. Ihr Leben verändert sich. Sie haben den nächsten Schritt gewagt. Und was ist mit mir? Ich bin definitiv auch bereit dazu. Aber bisher konnte mich keine Frau begeistern.
Eine Zeit lang habe ich neben meinen üblichen Privatstunden noch besondere ›Nachhilfestunden‹ gegeben, was zu sehr schönen, sehr intensiven Affären geführt hat. Doch guter Sex allein macht noch keine Beziehung. Als Teenager habe ich das vielleicht mal geglaubt, als Mann sehe ich das anders. Es reicht nicht, jemanden zu begehren. Man muss auch tiefe Gefühle füreinander hegen, Pläne schmieden, gemeinsam lachen. Das volle Programm eben.
Aber gut, sei dankbar, dass alles läuft, Crowley.
Ich parke meinen schwarzen SUV vor dem Studio in Pacific Heights, steige aus und stutze. Die Eingangsstufen sind nass. Ich bin kurz davor, durch das Rinnsal zu waten und die Tür wie üblich aufzuschließen, als ich im Wasser eine tote Katze liegen sehe.
Steht all das etwa unter Strom? Ich weiche zurück, greife nach meinem Handy und rufe die Polizei. Sicher ist sicher.
Ich warte an meinen Wagen gelehnt, und keine fünf Minuten später rückt ein Einsatzwagen der Feuerwehr an. Und einer von PG & E.
»Sir, wissen Sie, was passiert ist?«, fragt mich einer der Feuerwehrleute.
Ich schüttele den Kopf.
»Und Sie vermuten, dass alles unter Strom steht?«
»Tue ich, aber ich war klug genug, das nicht zu testen.« Ich stehe nicht auf Stromschläge.
Die Feuerwehr berät sich mit dem Mann vom Stromversorger. Ich erkläre, wo der Sicherungskasten hängt, und nach einigem Zögern beschließen sie, für das gesamte Viertel den Strom abzustellen. Dann erst betreten sie das Studio, zunächst vorsichtig, schließlich, als jemand Entwarnung gibt, schneller.
Ich folge ihnen und kann nicht glauben, was ich vorfinde. Die verdammte Sprinkleranlage, die das historische Gebäude vor Feuerschäden bewahren soll, läuft und läuft und läuft – obwohl weit und breit kein Brandherd zu sehen ist. Es regnet quasi seit Stunden in meinem Studio. Klasse!
»Wie stellt man den Scheiß ab?«, frage ich einen der Feuerwehrleute, die sich mit solchen Systemen auskennen.
»Am schnellsten über den Haupthahn«, sagt er. »Soll ich?«
Ich nicke, und der Mann setzt sich in Bewegung. Wenige Augenblicke später hört der Dauerregen auf. Als würde das was retten! Das Einsatzteam sichert das Gebäude. Der Stromversorger lässt die anderen Häuser wieder ans Netz. Und ich stehe vor einer Ruine.
Der Holzboden ist vom Wasser aufgedunsen. Die Wände sind klatschnass. Die Baumfototapete, die für eine beruhigende Stimmung am Empfang sorgen soll, löst sich an mehreren Stellen ab. Ein paar Deckenverkleidungen sind herausgefallen. In den gefliesten Duschkabinen haben sich Pfützen gebildet. Es gibt nicht einen Raum, der unversehrt ist.
Fuck! Mein gesamtes Studio ist soeben abgesoffen, mitten in San Francisco! Wo man mit Erdbeben rechnet, nicht mit Überschwemmungen.
»Sie sind versichert?«, fragt mich einer der Kerle mitfühlend.
»Ja, bin ich.« Und das nicht zu knapp. Was eine Erleichterung ist, allerdings nur eine kleine. Denn für die nächsten Wochen muss ich das Studio schließen.
»Oh mein Gott, Jason, was ist passiert?«, reißt mich die Stimme von Jill aus meinen Gedanken. Ich drehe mich um und sehe eine meiner Kundinnen mit ihren Yogasachen hinter mir am überschwemmten Tresen stehen, während sich vor dem Gebäude weitere Frauen meines Sieben-Uhr-Kurses versammelt haben – und Fotos und Selfies machen. Sehr respektvoll, Ladys! Sieht man schließlich nicht jeden Tag, wie ein Yogastudio den Bach runtergeht!
»Komm mit!«, sage ich und führe sie wieder nach draußen. Ich will nicht, dass einer von ihnen sich hier drinnen aufhält und sich womöglich verletzt.
Vor dem Studio blicke ich in die fragenden Gesichter der Gruppe. »Die Stunde heute muss leider ausfallen«, verkünde ich, was eigentlich offensichtlich ist.
»Können wir nicht hier draußen vor dem Eingang unsere Übungen machen?«, meldet sich Claire. »Das Wetter ist herrlich.« Und die sexy, gut gebauten Feuerwehrmänner sind eine Augenweide, scheint ihr Blick zu ergänzen.
»Nein, sorry«, sage ich, entgegen meiner sonst ruhigen Art leicht gereizt. Jeder normale Mensch kann sich doch wohl denken, dass ich jetzt Besseres zu tun habe, als einen Yogakurs zu leiten. Noch dazu in der Einfahrt meines abgesoffenen Studios!
»Wir könnten auch an den Strand gehen«, meint Sam.
Ihr könntet die Übungen auch ohne mich machen, denke ich finster, aber verkneife mir den Kommentar. Es ist unfair, meine schlechte Laune an ihnen auszulassen. Umgekehrt wäre ich auch enttäuscht.
»Es tut mir wirklich leid, doch unter den Umständen muss ich absagen«, wiederhole ich. »Die Stunde wird euch natürlich nicht berechnet, und ihr erhaltet eine Gratiseinheit on top.« Das ist eine Spontanidee von mir, und ein paar Augen leuchten. Perfekt! Jeder bekommt gerne was geschenkt. »Ich melde mich heute Abend und sage euch, wie es weitergeht. Bis dahin: Kommt alle gut durch den Tag.«
»Danke, Jason, du auch!«, murmeln sie als Einheit.
Einige steigen wieder in ihre Autos und fahren weg, andere scheinen sich tatsächlich zum Strandyoga zu verabreden, was ich gut finde. Ich an ihrer Stelle würde meine tägliche Routine von so etwas auch nicht unterbrechen lassen.
Ich mache mich daran, die weiteren Kurse für heute abzusagen, bevor die nächste Gruppe enttäuscht vor dem Studio auftaucht.
Dann setze ich mich mit der Versicherung in Verbindung und empfange den gesamten Tag Sachverständige und Handwerker.
Und am Abend ist das Fazit ernüchternd. Das gesamte Areal muss zunächst trockengelegt werden – was laut Experten bei der Größe des Gebäudes zwei volle Monate dauern wird. Für die Renovierung benötigen sie einen weiteren Monat, weil es ein historisches Gebäude ist und bestimmte Auflagen erfüllt werden müssen.
Irgendwie hatte ich gehofft, dass sich das schneller erledigen lässt. Wenn Gebiete überflutet sind, sind sie doch auch nicht für Monate unbewohnbar! Aber gut, die Alternative wäre, das Gebäude schrittweise trockenzulegen und zu sanieren. Doch ich kann mir nicht vorstellen, Kurse zu geben, während im Nebenraum Bauarbeiten laufen. Kein Rabatt der Welt kann jemanden für diesen Lärm entschädigen.
»Was hast du jetzt vor?«, fragt mich Tyler, neben Wade einer meiner besten Freunde, abends, als ich mich nach einem Tag auf den Beinen und Kopfschmerzen vom vielen Telefonieren spontan mit ihm für eine Runde Squash treffe, um ein bisschen von meiner aufgestauten Wut loszuwerden. Normalerweise gehen wir surfen, doch heute ist mir mehr danach, auf einen Ball einzudreschen.
»Wenn es bloß drei Wochen wären, hätte ich einfach Urlaub gemacht«, sage ich. Der ist eh überfällig.
»Aber es sind drei Monate«, sagt Tyler, als wüsste ich das nicht selbst.
Keuchend halte ich inne, gebe den Satz auf und lasse ihm den Sieg.
»Ich muss ein oder zwei Studios finden, die freie Zeitslots haben, um die Kurse dorthin zu verlagern«, sage ich. So habe ich mal angefangen, als ich noch nicht so bekannt war – als Untermieter in anderen Studios. Es gefällt mir nicht, aber es ist die beste Lösung. Auch wenn es unglaublich frustrierend ist, San Francisco nach freien Plätzen abzutelefonieren. Für viele bin ich als McYogaDream Konkurrenz, und die will sich niemand ins Haus holen aus Sorge, dass ich Kunden abwerbe. Und die Studios, die mich nehmen würden, weil sie auf meinem Niveau arbeiten, werden nur Scheißzeiten für mich übrig haben. Und mit Scheißzeiten meine ich Termine wie fünf Uhr früh, zu denen kaum jemand will. Oder fünfzehn Uhr, die Zeit, in der weder Leute in der Mittagspause noch nach Feierabend kommen können.
»Und bis dahin?«, fragt Tyler.
»Bis dahin werde ich mir Kongressräume buchen, um die Kurse abzuhalten.« Auch wenn das bedeutet, dass ich Umkleiden und Waschmöglichkeiten improvisieren muss und eine Heidenarbeit habe, um jedes Mal Matten und Zusatzequipment hinzukarren.
Wieder verliere ich, aber es geht mir besser.
Wir beenden unser Spiel, gehen duschen, und da ich früher fertig bin, treibe ich mich am Empfang herum.
Beiläufig lasse ich meinen Blick über die Prospekte am Tresen gleiten. Bis mir drei Worte ins Auge fallen.
Yogastudio. Partner gesucht.
»Wer hat die hiergelassen?«, wende ich mich an die Frau am Empfang.
»Was?«, fragt sie.
Ich nehme einen der Flyer, auf denen eine Chloe Davis einen Partner für ihr Studio in Lower Haight per sofort sucht.
Sie zuckt mit den Achseln. »Die waren schon da, als ich meine Schicht angefangen habe.«
»Sind sie neu?«, frage ich weiter.
»Erst seit heute da«, meint sie.
»Ich nehme mal einen mit«, sage ich eher zu mir als zu ihr und überfliege den einfachen A6-Zettel, der in einem Copyshop bedruckt worden sein muss. Nicht besonders hochwertig, nicht so, wie ich jemanden suchen würde. Aber da mein Studio unter Wasser steht, bin ich der Letzte, der jetzt wählerisch ist.
»Hey, du hast ja gute Laune«, ruft Tyler, als er mich sieht.
Ich schwenke das Papier. »Ich hab die Lösung.«
Wer auch immer Chloe Davis ist – der Name sagt mir tatsächlich gar nichts –, sie hat ein zentral gelegenes Studio, und ich will es.
»Ichhh brrrauchhhe alle Zwanzichhh-Uhr-Klasse«, sagt Ron, ein Puerto Ricaner, der sich das Studio ansieht und begeistert ist. Bis eben war ich umgekehrt auch ein Fan von ihm, denn er kann meine Miete zahlen und könnte sofort beginnen. Jackpot! Nur die nun von ihm geforderten Zeiten dämpfen meine Euphorie.
»Sämtliche Zwanzig-Uhr-Klassen?«, wiederhole ich überrascht. »Das geht nicht.« Ich selbst habe an drei Tagen in der Woche genau dann Kurse.
»Dafürrr ichhh lasse dirrr Sechhhzehn-Uhr-Zeit.«
»Wie großzügig«, knurre ich. Weil am Nachmittag bloß sehr wenige Leute können. Wenn überhaupt. Das ist, als würde dir jemand die Vorspeise anbieten, während er sich den Hauptgang krallt. »Danke, Ron, ich melde mich bei dir«, sage ich falsch lächelnd und komplimentiere ihn nach draußen. Der kommt mir nicht ins Studio!
Ich nehme mir ein Wasser und checke meine Mails nach neuen Interessenten. Langsam bin ich verzweifelt, weil Ron schon der zwanzigste oder dreißigste Typ war, der nicht geeignet ist. Ich hatte Leute hier, die um Zeiten schachern. Leute, die erst mal alles umbauen wollen. Leute, die das gesamte Studio wollten und dachten, ich sei lediglich die Vermieterin, und ich hatte Leute, die – und das ist mir recht schnell klar geworden – so wie ich am Anfang stehen und null Geld haben, mir also nicht helfen können.
Was würde Ava wohl dazu sagen?, denke ich bissig. Jetzt suche ich schon einen Partner, wie sie das immer wollte, komme aber trotzdem nicht weiter.
Mir wird ganz flau im Magen – was zugegebenermaßen auch daran liegt, dass ich heute kaum was gegessen habe. Wenn ich niemanden finde, sitze ich auf einem Berg Schulden, muss mir wirklich was Neues suchen und habe ihn verraten. Uns verraten.
Für ein paar Sekunden schließe ich die Augen und schwelge in meinem Traum von letzter Nacht. Jeremy, wie er an meiner Seite ist, mich anlächelt, mir das Gefühl gibt, dass alles gut werden wird. Gott, wie sehr ich ihn vermisse!
Mein Herz zieht sich eng zusammen, und tief durchatmend öffne ich wieder die Augen. Jetzt ist der falsche Moment, um sich in Tagträume zu flüchten!
Entschlossen straffe ich die Schultern und setze meine freundlichste Miene auf, als sich Brenda, eine weitere Interessentin, per Skype meldet. Wir reden über Kurszeiten, Yogatechniken, und ich atme mehr und mehr auf. Sie könnte die perfekte Partnerin sein.
Es fällt mir jedoch schwer, mein Lächeln beizubehalten, als sie plötzlich nur bereit ist, 1.500 Dollar zu zahlen.
»3.000 ist der Preis«, beharre ich. Das ist die Hälfte der Kosten für die Raummiete, den Strom, das Wasser und die Versicherung.
»Können wir nicht verhandeln? 2.000?«, fragt sie.
»Nein, 3.000.«
»Komm mir doch ein bisschen entgegen!«, bettelt Brenda, mit der ich mir die Zusammenarbeit grundsätzlich wirklich gut vorstellen könnte.
»3.000 ist schon mein bester Preis«, sage ich. Was stimmt. Die Mieten in San Francisco sind die Hölle, und die Nebenkosten sind ebenfalls nicht zu verachten. Vermutlich muss ich sogar etwas draufzahlen, denn schließlich beruht der Preis auf meinen aktuellen Verbrauchswerten. Mehr Kunden bedeuten jedoch auch steigende Strom- und Wasserkosten.
»Sorry, dann bin ich raus«, sagt sie schließlich.
Mir wird übel. Was, wenn ich niemanden finde? »Warte!«, rufe ich.
»Ja?«, gibt sie lauernd zurück.
»Vielleicht finden wir ja eine Lösung. Du zahlst die 3.000 Dollar, aber dafür kriegst du …« Ich überlege, was sie locken könnte. Werbung auf meinem YouTube-Kanal? Tägliche Empfehlungen auf Instagram?
»Nein, das klappt so nicht, Chloe. Viel Glück bei der Suche.«
»Verdammt, verdammt, verdammt«, motze ich meinen Laptop an. Als würde das was ändern! Brenda hat den Chat beendet, und ich stehe wieder ganz am Anfang. Klasse!
Ein raues Männerlachen sorgt dafür, dass mir ein irritierend wohliger Schauer über den Rücken läuft und ich mich augenblicklich zusammenreiße.
»Kein Verhandlungstalent?«, fragt der Mann, während ich mich umdrehe.
Ich hole schon Luft, um ihn zu belehren, dass ein Preis ein Preis ist. Wenn die Milch im Supermarkt einen Dollar kostet, bitte ich den Kassierer ja auch nicht um einen Rabatt. Doch als ich denjenigen, der das gerade gesagt hat, sehe, bleiben mir die Worte im Hals stecken. Denn im ersten Moment denke ich, der Mann, der einst meine Welt war, stünde vor mir.
»J-J-Jeremy?!«
Ich blinzele mehrmals, aber der Typ löst sich nicht in Luft auf. Dafür fallen mir Unterschiede zwischen ihm und Jeremy auf. Er hat zwar etwa die gleiche Größe und Statur, die gleichen wuscheligen Haare und fast die gleichen blauen Augen, bloß mit braunen Sprenkeln. Doch anders als Jeremy hat er mehr Lachfalten, vollere Lippen und eine schon mal gebrochene Nase.
»H-h-hi!«, presse ich heraus. Nicht besonders souverän.
»Wenn du 3.000 Dollar haben willst, hättest du allen sagen sollen, dass das Studio 4.000 kostet. Somit hättest du Spielraum für die Verhandlung gehabt«, redet er weiter, als würde er nicht merken, dass ich ihn wie eine Erscheinung anstarre. Was ich definitiv tue.
»H-h-hi!«, sage ich wieder. Total peinlich! Aber zu mehr bin ich nicht imstande.
»Ist es okay, wenn ich mich umschaue?«, fragt er, während seine Augen amüsiert funkeln.
Bevor ich zum dritten Mal ›Hi‹ krächzen kann, nicke ich stumm und verfolge, wie er sich in Bewegung setzt und die Ausstattung des Studios inspiziert. Den aus Baumstämmen gebauten Empfangstresen, die Acrylglasbilder mit Buchenwäldern, die Spots für dimmbares Licht und den Yogaraum, der an eine Tempelanlage erinnert.
Erst als er aus meinem Blickfeld verschwindet, beruhigt sich mein hektisch schlagendes Herz etwa von Sprint- auf Dauerlauf-Level. Bis ich seinen Geruch wahrnehme, der durch die Luft wirbelt, und sich erneut alles in mir zusammenzieht. Vor Schmerz. Vor Sehnsucht. Vor Verlangen. Nicht gut.
»Chloe? Fällt der Kurs aus?«, reißt mich die Stimme von Debbie aus meiner Trance.
»Du meinst die Zwanzig-Uhr-Klasse?«, frage ich zurück, dankbar, wieder normal zu sprechen. Sie nickt, und ich sehe, dass auch die anderen der Gruppe nach und nach eintreffen. »Nein, der findet statt.«
»Super, bis gleich!«, ruft sie begeistert und steuert die Umkleiden an. »Hey, bist du neu hier?«, höre ich sie da sprechen.
»Ja, bin ich«, entgegnet diese tiefe Männerstimme, die meinen Körper erneut in Aufruhr versetzt. Obwohl er einen Raum entfernt ist!
»Du wirst Chloe lieben«, sagt sie. »Ihre Kurse sind die besten!«
Wie bitte?! Ich nicke Nora und Francis zu, die ebenfalls zum Kurs kommen, und bin erleichtert, dass auch Cybill nach dem Probetraining letzte Woche wieder auftaucht. Nur eine Sache stört mich …
Bemüht gelassen durchquere ich das Studio, bis ich den Mann gefunden habe, der eben aufgetaucht ist. Ich bin die Besitzerin und die Souveränität in Person. Zeit, mit dem Kerl zu reden!
»Hi«, sage ich noch mal, als ich ihn entdecke, was ihn sofort wieder dieses teuflisch süße Lächeln auf mich abfeuern lässt.
»Hi«, gibt er mit tiefer, sinnlicher Stimme zurück. »Ich bin Jason.«
Alle guten Vorsätze sind dahin. »J-J-Jeremy?«, stammele ich erneut schockiert. Das kann nicht sein!
»Jason, nicht Jeremy«, wiederholt er ruhig. »Jason Crowley.«
Er reicht mir die Hand, und wie automatisch nehme ich sie zur Begrüßung, was ich sofort bereue. Denn sein Händedruck ist fest und warm und lässt mich unwillkürlich davon träumen, wie sich diese Hände auf anderen Stellen meines Körpers anfühlen würden. Himmlisch, dessen bin ich mir sicher.
»Chloe Davis«, bringe ich hervor.
»Ich weiß«, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.
Ich runzele die Stirn und sehe ihn abwartend an.
»Es stand auf dem Flugblatt, das du verteilt hast.«
»Das Flugblatt?«, echoe ich und benehme mich wie die letzte Vollidiotin. »Oh, ja, natürlich, das Flugblatt!« Wenigstens einen Teil der Verwirrung, die dieser Mann in mir auslöst, kann ich abschütteln. »Dann bist du also interessiert? Für 3.000 Dollar im Monat?«
»Bin ich.« Er nickt und sieht sich erneut um. »Das Studio gefällt mir.«
»E-e-ehrlich?« Gott, wenn ich noch ein Mal stottere, muss ich einen Therapeuten aufsuchen! Ich räuspere mich. »Ehrlich?«, wiederhole ich normaler.
»Auf jeden Fall«, sagt er und deutet zum Raum, wo sich meine Klasse bereits auf ihren Matten einrichtet. »Was dagegen, wenn ich mitmache?«
Eifersucht keimt in mir auf. Was total unangebracht ist, aber ich kann das Gefühl nicht niederkämpfen. »W-w-weil Debbie dich eingeladen hat?«
Wieder dieses Herzinfarkt verursachende Lächeln! »Du weißt, wer ich bin?«, fragt er, statt auf meine Frage zu antworten.
»Jason Crowley?«, wiederhole ich irritiert seinen Namen. Taub bin ich noch nicht. Immerhin etwas.
Er lächelt weiter amüsiert, nicht herablassend. »Und du weißt, wer Jason Crowley ist?«
Sollte ich? Ich folge vielen Instagram-Accounts. Doch sein Name ist nicht auf meinem Radar.
»Ich praktiziere Vinyasa und manchmal auch Hatha Yoga in Einzel- und Gruppenstunden«, sagt er. »Ich mag dein Studio und könnte mir gut vorstellen, hier zu arbeiten. Aber ich fände es seltsam, wenn ich auf einem höheren Niveau als du unterwegs bin. Denn vielleicht müsstest du mal eine Klasse von mir übernehmen. Oder ich eine von dir.« Er zwinkert mir zu. »Das ist doch der Sinn eines Partnerstudios, dass man mal für den anderen einspringen kann. Deshalb würde ich gerne den Kurs mitmachen. Um zu sehen, wo wir stehen.«
»O-o-okay«, stammele ich, leicht überfordert, dabei kreischt alles in mir: Wer zum Henker ist Jason Crowley?! Und was bildet er sich eigentlich ein zu denken, ich sei eine Niete?!
»Es ist schon fünf nach acht. Du solltest vielleicht anfangen?«, meint er.
Das gibt den Ausschlag. Ich bin sonst immer pünktlich. Außer wenn es um das Bezahlen von Rechnungen geht. »Schnapp dir eine Matte!«, sage ich und lege los.
Als ich hergekommen bin, war ich lediglich an dem Studio interessiert. Ist es gut erreichbar? Sind Parkplätze vorhanden? Ist die Ausstattung modern? Und sind die Räumlichkeiten für Kurse mit bis zu dreißig Leuten groß genug?
Sobald ich jedoch Chloe Davis in knallengen, kunterbunten Yoga-Pants, einem schwarzen Tanktop und mit ihrem bei jedem Wort wippenden, blonden Pferdeschwanz am Tresen gesehen habe, hat sich das geändert. Innerhalb einer einzigen Sekunde.
Ich bin ständig von tollen Frauen umgeben. Das ist das Los eines Yogalehrers. Die Damenwelt rennt einem die Bude ein. Viele sind verdammt attraktiv. Doch keine hat mich bisher wirklich interessiert. Bei der Frau vor mir ist das anders. Ohne dass ich wüsste, wieso. Verrückt!
Während ich nun den Yogaraum betrete, rekapituliere ich die ersten Augenblicke …
Chloe skypt mit jemandem, der offensichtlich auch am Studio interessiert ist, und ich beobachte sie.
Obwohl die Unterhaltung kein bisschen nach ihren Vorstellungen verläuft, behält ihre Stimme diesen sinnlichen melodiösen Klang bei. Was ich sehr sympathisch finde. Ich mag keine Leute, die herumpoltern. Mit Freundlichkeit kommt man weiter.
Nach allem, was ich höre, hat sie keine Ahnung, wie man verhandelt. Normalerweise halte ich mich von solchen Menschen fern.