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»Alles wird ein bisschen anders« ist der erste Gedichtband von Marco Michalzik. Text gewordener KRACH gegen die eigene Sprachlosigkeit. Da wird sich NACKT und die NACHT durchgemacht, weil an Schlaf vor lauter Denken nicht zu denken ist. Collagen aus Gegenwartsbeschreibungen, Alltagsbeobachtungen und Fragmenten politischtheologischen Nachdenkens. Irgendwo zwischen verdammt gutem Kaffee und der Frage, was wir hoffen wollen.
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Seitenzahl: 44
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Alles wird ein bisschen anders
Marco Michalzik
Erste Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
Copyright 2021 by
Lektora GmbH
Schildern 17–19
33098 Paderborn
Tel.: 05251 6886809
Fax: 05251 6886815
www.lektora.de
Covermotiv: Manuel Steinhoff (www.chunkymonkeydesign.de)
Covermontage: Manuel Steinhoff (www.chunkymonkeydesign.de)
Lektorat & Layout Inhalt: Lektora GmbH, Denise Bretz
ISBN: 978-3-95461-217-8
ALLES WIRD EIN BISSCHEN ANDERS
Dieses Buch ist da
und vermutlich ist das der einzige wahre Satz
im gesamten Manuskript.
Dieses Buch ist gelb,
weil dem Autor Bücher mit gelben Covern gerade gefallen.
Dieses Buch kommt ohne Autotune aus –
lektoriert wurde es glücklicherweise trotzdem.
Dieses Buch enthält weder fünf
noch sieben Punkte
zur Selbstoptimierung
und leider auch keinen einzigen Dinosaurier.
Zur Warnung sei gesagt:
Ein Teil dieses Buches ist nackt.
Dieses Buch ist naiv,
es handelt von Hoffnung
oder zumindest der Frage,
was wir hoffen wollen.
Dieses Buch glaubt nicht an Happy Ends
oder Deus ex machina.
Dieses Buch sagt »Gott«
in Ermangelung eines besseren Begriffs,
um die Leerstelle zu füllen.
Dieses Buch ist nicht christlich,
weil Bücher nicht bekehrbar sind und dem Autor konfessionslose Bücher besser gefallen.
Dieses Buch ist nicht nicht-christlich,
im Sinne, dass es Dekonstruktion dokumentiert.
Dafür kommt aber auch ziemlich oft Kaffee vor.
Für Tee hat hingegen der Platz nicht gereicht.
Dieses Buch enthält keine Spoiler
zu zurzeit angesagten Serien.
Dieses Buch wird vermutlich nicht verfilmt.
Dieses Buch weigert sich, anzunehmen,
Kunst und besonders Gedichte dürften nicht politisch sein.
Dieses Buch ist prätentiös, pathetisch und zuweilen kitschig.
Dieses Buch hält sich für clever,
weil es vorwegnimmt, was Kritiker sagen könnten,
und glaubt, ihnen damit den Wind aus den Segeln nehmen zu können.
Dieses Buch hält sich für super clever,
weil es vorwegnimmt, dass es vorwegnimmt,
was Kritiker sagen könnten,
und glaubt, ihnen damit den Wind aus den Segeln nehmen zu können.
Dieses Buch ist ein kleines bisschen ängstlich.
Dieses Buch verwehrt sich dagegen,
vermenschlicht zu werden.
In diesem Buch kommen zwischenmenschliche Verletzungen in verschiedenen Formen vor –
Tiere sind für dieses Buch hingegen
nicht zu Schaden gekommen.
Dieses Buch ist nicht autobiografisch.
Ähnlichkeiten zu realen, lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig
möglich.
Dieses Buch versteht die Worte
»Authentizität« und »Heimat«
nicht – trotzdem kommen sie zumindest einmal vor.
Dieses Buch ist gerne Klolektüre,
weil es ohnehin viel um Scheiße geht und
eine intimere Beziehung zu den Lesenden
kaum wünschbar wäre.
Dieses Buch nimmt sich wichtiger, als es sollte.
Dieses Buch ist alles,
oder zumindest der Versuch,
was das lyrische Ich momentan beizutragen im Stande ist.
Dieses Buch will nichts mehr.
Gelesen werden wäre schon schön.
Dieses Buch heißt
Alles wird ein bisschen anders,
aber es wird nicht einfach.
Alles gut.
KRACH
»Damn sure innit, everyting vivid
I got one life and I might just live it«
(Little Simz – one life, might live)
CHAOS THEORIE
Ich bin einfach explodiert
und du irritiert und verwirrt
vom Knall und der Druckwelle
zurückgewichen.
Irgendsoein belangloses Teil meines Interieurs
hat dich am Kopf gestreift
und dich seltsam symmetrisch, viereckig verletzt.
Ich bin einfach explodiert,
um zu sehen, ob du mich lodern siehst
und den Krach hörst,
davon wach wirst
und verstört
wahrnimmst,
dass ich da bin.
Fragmentartig auseinandergesplittert
wie ein kitschiger Mosaikeffekt,
bis Innen nach außen gestülpt sichtbar liegt.
Hoffe heimlich,
dass es niemanden genug interessiert,
um in den Scherben zu wühlen.
Bruchkanten
mit Verlustangst und Fluchtgedanken,
aus dem Kontext gerissen
wie Zitate auf Spruchkarten.
Ohne Anziehung
fallen wir nackt auseinander
und in uns selbst zusammen.
Du hast mir klare Konturen gegeben
und die Mitte mit Dämonenfarbe koloriert.
Downgelockt
in meiner Kopfkarussell-Behausung,
hab ich behauptet, das zu brauchen.
Aber manchmal klemmt dann die Tür von innen
und du kommst nicht mehr vorbei zum Klingeln.
Zu oft,
zu viel
verletzt, verlassen
und kaputt
gegangen,
um ganz neu
anzufangen.
Inszeniere mich seither als Remix,
kleb mich so lange zusammen,
bis mir die Form gefällt.
Bis zum nächsten Mal.
DON’T TRY
Es ist knallheiß.
Ein Gedanke löst sich träge aus der Peripherie des Erlaubten.
Ich lese Bukowski
und Allen Ginsberg und William Burroughs
auf meinem Balkonstuhl –
Studie in schamlosem Schreiben,
weil sie in mir festhängt.
Auf meine Innenseite tätowierte Stoppschilder
seit ich mit Existieren begonnen habe.
Ich will über Sex schreiben
und Penisse und Vulven
und Körperflüssigkeiten
und Ekel und Lust
und Verlangen
und Dreck
und Traurigkeit
und die Angst vorm Sterben,
die ich irgendwie nicht so recht habe
– bis jetzt –,
und über Pornos und Selbstbefriedigung
und Selbstzweifel und Menschenfurcht
und Menschlichkeit und wie kaputt
manchmal sogar gesunde Beziehungen sind.
Und über Lügen und Wut
und Heuchelei und Veränderung
und zusammenraufen
und zusammenreißen
und Vergebung
und über Angst
und nicht aus Angst
oder mit ihr im Nacken.
Es ist einfacher,
ein ganzes Buch über Gott zu schreiben
als einen ehrlichen Satz über mich selbst.
Kaputtes und kränkliches Konzept von Demut,
das mir jeden Stolz auf mich im Keim zertritt,
verkleidet
als deprimierend endgültig in Stein gemeißelte Scheiße.
Aber selbst Denkmäler fallen, wenn die Zeit reif ist.
KILL YOUR DARLINGS
Vermutlich wirst du umgebracht werden müssen.
Vorsichtig zwar,
mit dem Seziermesser an deinen Rändern,
letztendlich aber dennoch
und ich werde es bedauern
und dir nachtrauern
und dich vielleicht noch nicht
mit Steinen in den Kleidern
in den Fluss werfen.
Eher aufbewahren
und hoffen,
dich eines schöneren Tages wiederbeleben zu können.
Du bist zu viel geworden und hast dich verspielt.