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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Obwohl die Sonne schien und sich über dem Wachnertal ein strahlendblauer Himmel spannte, hatte Dennis Pfaffenzeller unvermittelt das ungute Gefühl, dass sich über seinem Kopf dunkle Gewitterwolken zusammenballten. Er fühlte sich seltsam hilflos, obwohl ihm klar war, dass er seiner Schwester Veronika weder Rechenschaft noch sonst irgendwelche Erklärungen für sein Tun und Lassen schuldig war. Wie hatte sie sich ausgedrückt? Er versuchte sich ihre Worte von eben ins Gedächtnis zu holen. In etwa so, dass sie endlich Ordnung in diese ›familiäre Angelegenheit von grundlegender Bedeutung‹ bringen wollte. Ja, so hatte sie es umschrieben. Mit welchem Recht mischte sie sich ein? Er stellte sich diese Frage, sie wurde von einem Moment zum nächsten drängender und brachte schließlich sein Blut in Wallung. »Ich frage mich, wie du dazu kommst, zu versuchen, in mein Leben einzugreifen!«, stieß er wütend hervor. »Glaubst du nicht, dass ich selber entscheiden kann, was zu tun ist?« Susanne Reisinger schaute ziemlich ratlos, um nicht zu sagen betreten, von einem zum anderen. Ernst Weig, Veronikas Ehemann, stand dabei und blickte betroffen drein, wie jemand, der gar nicht freiwillig hier war und sich nur noch peinlich berührt fühlte. »Das, scheint mir«, keifte Veronika und ihre Augen blitzten kriegerisch, »nicht der Fall zu sein. Denn wenn du es könntest, dann wär' der ganze Hickhack längst ausgestanden, das Kind wäre dort, wo es hingehört, nämlich bei seiner Familie, und um diejenige, die damals wahrscheinlich die Hände im niederträchtigen Spiel hatte, würde sich längst die Staatsanwaltschaft kümmern.« Susannes Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Diese Frau, die sich als Schwester Dennis Pfaffenzellers ausgegeben hatte, sprach in Rätseln. »Ich denke, hier ist nicht der richtige Ort, um das auszudiskutieren«, brummte Dennis.
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Seitenzahl: 132
Obwohl die Sonne schien und sich über dem Wachnertal ein strahlendblauer Himmel spannte, hatte Dennis Pfaffenzeller unvermittelt das ungute Gefühl, dass sich über seinem Kopf dunkle Gewitterwolken zusammenballten.
Er fühlte sich seltsam hilflos, obwohl ihm klar war, dass er seiner Schwester Veronika weder Rechenschaft noch sonst irgendwelche Erklärungen für sein Tun und Lassen schuldig war.
Wie hatte sie sich ausgedrückt? Er versuchte sich ihre Worte von eben ins Gedächtnis zu holen. In etwa so, dass sie endlich Ordnung in diese ›familiäre Angelegenheit von grundlegender Bedeutung‹ bringen wollte.
Ja, so hatte sie es umschrieben. Mit welchem Recht mischte sie sich ein? Er stellte sich diese Frage, sie wurde von einem Moment zum nächsten drängender und brachte schließlich sein Blut in Wallung. »Ich frage mich, wie du dazu kommst, zu versuchen, in mein Leben einzugreifen!«, stieß er wütend hervor. »Glaubst du nicht, dass ich selber entscheiden kann, was zu tun ist?«
Susanne Reisinger schaute ziemlich ratlos, um nicht zu sagen betreten, von einem zum anderen. Ernst Weig, Veronikas Ehemann, stand dabei und blickte betroffen drein, wie jemand, der gar nicht freiwillig hier war und sich nur noch peinlich berührt fühlte.»Das, scheint mir«, keifte Veronika und ihre Augen blitzten kriegerisch, »nicht der Fall zu sein. Denn wenn du es könntest, dann wär’ der ganze Hickhack längst ausgestanden, das Kind wäre dort, wo es hingehört, nämlich bei seiner Familie, und um diejenige, die damals wahrscheinlich die Hände im niederträchtigen Spiel hatte, würde sich längst die Staatsanwaltschaft kümmern.«
Susannes Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Diese Frau, die sich als Schwester Dennis Pfaffenzellers ausgegeben hatte, sprach in Rätseln.
»Ich denke, hier ist nicht der richtige Ort, um das auszudiskutieren«, brummte Dennis. Er schaute auf die Uhr und sagte sich, dass er noch etwas Zeit hatte. Wobei er sich eingestand, dass ihm Veronika mit ihrem unvermuteten Erscheinen die Lust an dem Ausflug gründlich verdorben hatte. Seine Stimmung hatte ein Stadium erreicht, das man als Nullpunkt bezeichnen konnte. »Gehen wir ins Gastzimmer.«
Er warf Susanne einen geradezu hilflosen Blick zu, vielleicht wollte er sie mit diesem unergründlichen Blick auch um Entschuldigung bitten, wandte sich ab und lenkte seine Schritte zu der Tür, die in die Gaststube führte. Veronika und der ziemlich geknickt wirkende Ernst Weig folgten ihm.
Um diese Zeit befand sich noch kein Gast hier. Die meisten Frühschoppengäste und Kartenspieler würden erst so gegen halb elf Uhr, nach der Vormittagsmesse, erscheinen. Und sie würden bei diesem wunderbaren Wetter kaum die Gaststube aufsuchen, sondern es sich im Biergarten bequem machen. Sie setzten sich an einen Tisch gleich bei der Tür. Dennis richtete den Blick auf Veronika und stieß hervor: »Welcher Teufel reitet dich eigentlich …«, begann er, doch seine Schwester winkte unduldsam ab und fiel ihm schroff ins Wort: »Die DNA-Analyse liegt längst vor, nicht wahr? Du kennst das Ergebnis. Aber anstatt Nägel mit Köpfen zu machen, windest du dich wie ein Regenwurm und tust, als gäbe es keine Familie, die endlich eine klare Linie in die Angelegenheit bringen möchte. Was hindert dich, dieser Celine Kummer gegenüber deinen Anspruch auf deine Tochter geltend zu machen und ihn auch durchzusetzen? Hast du dich schon mit dem Vormundschaftsgericht in Verbindung gesetzt? Hast du die Staatsanwaltschaft eingeschaltet? Ist das Jugendamt informiert?«
»Weder das eine noch das andere!«, versetzte Dennis und blickte seine Schwester grimmig an. »Und weil du so erpicht drauf bist, den Grund hierfür zu erfahren, will ich dich net länger im Unklaren lassen, Schwester: Ich hab’ mich in die Celine Kummer verliebt, und sie liebt mich. Und jetzt war ich auf dem Weg zu ihr, weil wir – die Celine, die Elenor und ich – heut’ einen Ausflug nach Innsbruck unternehmen.«
Veronika starrte ihren Bruder an, als zweifelte sie an seinem Verstand. Dennis wich ihrem durchbohrenden Blick nicht aus. »Sag das noch einmal, damit ich es glaube«, ächzte sie nach einer ganzen Weile, in der sie seinen Worten hinterherzulauschen schien.
»Ich hab mich in Celine verliebt!«, stieß Dennis mit Nachdruck hervor. »Hörst du, Schwester? Verliebt!« Er sprach diese beiden Silben mit Nachdruck.
»Du – du musst übergeschnappt sein!«, keuchte sie, als sie seine Aussage verdaut hatte.
»Nein.« Dennis zwang sich zur Ruhe. »Es ist so. Wir haben uns ineinander verliebt. Du musst das akzeptieren. Falls du das net kannst, verbiete ich dir jede weitere Einmischung in meine Angelegenheiten. Hast du mich verstanden?«
Veronika war fassungslos. »Denkst du denn gar net an die Familie, an unsere Eltern, denen das Enkelkind genommen worden ist, an Melanies Eltern, an die Melanie …?« Veronika griff sich an den Kopf. »Das – das übersteigt mein Begriffsvermögen. Hast du denn nie dran gedacht, dass diese Frau möglicherweise die Hände im Spiel gehabt hat, als damals die Kinder vertauscht worden sind, als man dir und Melanie das tote Baby untergeschoben hat?«
»Sie hatte genauso wenig die Hände im Spiel wie ich oder Melanie«, versetzte Dennis überzeugt. »Was unsere Eltern und die von Melanie anbetrifft, so werde ich ihnen auf keinen Fall ihr Enkelkind vorenthalten. Aber noch ist es nicht soweit, denn Elenor kennt ihre wirkliche Abstammung noch nicht. Sie ist davon überzeugt, dass Celine ihre leibliche Mutter ist.«
»Und was spielst du für eine Rolle in dieser lächerlichen Inszenierung?«, blaffte Veronika.
»Ich hab’ mich als weitläufigen Verwandten ausgegeben, der die meiste Zeit seines Lebens in Australien verbracht hat.«
»Das – das ist ja …« Veronika schien vor Empörung keine Worte zu finden.
»Das ist die Realität, Schwester«, sagte Dennis in aller Ruhe. »Ich bin um zehn Uhr mit Celine und Elenor verabredet«, fuhr er fort. »Es wäre eine gute Gelegenheit für dich, die beiden kennenzulernen. Wenn ich ehrlich bin, wäre mir sogar sehr viel daran gelegen.«
»Ich – ich soll mich mit dieser Person an einen Tisch setzen?«, platzte Veronika heraus. »Niemals!«
Jetzt mischte sich ihr Mann ein, indem er ihr die Hand auf den Unterarm legte und sagte: »Vielleicht wär’s wirklich net schlecht, Vroni, wenn du die Celine Kummer kennenlernen würdest. Dein Verdacht, dass sie damals gemeinsame Sache mit der Sibylle Althof gemacht hat, ist durch nichts untermauert.«
Ungeduldig schüttelte Veronika die Hand ab. »Fängst du jetzt auch noch so an?«, zischte sie. »Ich weigere mich, diese Frau kennenzulernen. Aber jetzt weiß ich wenigstens, was dich davon abhält, dich um dein Recht zu kümmern, Dennis. Das Weib hat dich wahrscheinlich verhext. Womit hat sie dich denn geködert, dass dein Verstand ausgeschaltet zu sein scheint?«
Dennis wollte etwas sagen, doch Veronika hob die Hand und gebot ihm auf diese Weise zu schweigen.
»Ich bin enttäuscht von dir, Bruder, denn ich war immer der Meinung, dass du im Leben deinen Mann stehst. Jetzt muss ich feststellen, dass du nur ein Hampelmann bist, den sich diese Frau auf irgendeine Art hörig gemacht hat und der ihr nun aus der Hand frisst.«
»Vroni, bitte …«, flehte ihr Mann, dem der Auftritt seiner Frau immer peinlicher wurde. »Du kannst doch dem Dennis net …«
»Du hältst dich raus!«, giftete Veronika. Sie war außer sich. Wieder an Dennis gewandt stieß sie hervor: »Ich werde es dir beweisen, dass diese Celine ein falsches Spiel mit dir treibt. Hinter mir steht die Familie. Du katapultierst dich allerdings ins Abseits. Denk’ nur nicht, dass sich ein Einziger für dich stark macht. Jeder gibt mir recht und stärkt mir den Rücken. Dieses Schmierentheater muss endlich ein Ende finden.«
Dennis atmete durch. Das Ganze führt zu nichts!, durchfuhr es ihn bitter. Laut sagte er: »Worten bist du net zugänglich, Veronika, darum sag’ ich auch nix mehr. Mit der Mama und dem Papa werd’ ich telefonieren und ihnen reinen Wein einschenken, ebenso mit den Eltern von Melanie. Sie müssen es entweder akzeptieren oder die Konsequenzen ziehen. Ich lass’ mir von niemandem auf dieser Welt mein Glück kaputtmachen. Als damals die Melanie gestorben ist, hab’ ich geglaubt, niemals wieder glücklich werden zu können. Jetzt hab ich nicht nur meine Tochter zurückerhalten, sondern auch das Glück gefunden. Und ich werd’s festhalten.«
Er erhob sich mit einem Ruck.
Veronika starrte ihn mit halb geöffnetem Mund an. Ihr schienen die Worte zu fehlen.
Dennis fuhr fort: »Dir rate ich, Schwester, dich aus meinem Leben rauszuhalten. Du weißt, ich bin ein verträglicher Mensch, und es braucht viel, um mich aus der Fassung zu bringen. Du könntest das vielleicht schaffen. Ob es dich mit Freude erfüllen wird, bezweifle ich. Also nimm das als Warnung: Halt dich raus aus meinem Leben und tu nix, was du net vorher mit mir absprichst.«
»Du drohst mir?«, fuhr Veronika ihren Bruder an.
»Ich warne dich, Schwester«, versetzte Dennis, wandte sich ab und verließ schnell die Gaststube.
*
Während Dennis sich, bis ins Innerste aufgewühlt, in sein Auto setzte, um Celine und Elenor abzuholen, traten Veronika Weig und ihr Mann erneut an die Rezeption heran.
Susi Reisinger, die nichts Gutes ahnte, hob den Blick vom Bildschirm ihres Computers und schaute die Siebenunddreißigjährige fragend an. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie förmlich, vielleicht sogar eine Spur zu formell.
»Wissen Sie eigentlich, was hier gespielt wird?«, fragte Veronika.
Ernst, ihr Mann, legte ihr die Hand auf die Schulter. »Bitte, Schatz, es geht nur Dennis etwas an. Es war ein Fehler, überhaupt herzukommen. Lassen wir …«
Geradezu aufgebracht schüttelte Veronika die Hand ihres Mannes ab. »Lass mich nur machen, Ernst!«, fuhr sie ihn an und heftete den Blick wieder auf Susi. »Ich glaub’ net, dass das überhaupt ein Mensch hier in St. Johann weiß«, stieß sie hervor. »Die Elenor …«
Susanne kam der aufgebrachten Frau zuvor: »Bitte, verschonen S’ mich«, sagte sie kühl. »Es betrifft sicherlich die Privatsphäre unseres Gastes, Herrn Pfaffenzeller. Mir ist es lieber, wenn ich über das Privatleben unserer Gäste so wenig wie möglich Bescheid weiß.«
Sie wollte damit zum Ausdruck bringen, dass sie das Privatleben ihrer Gäste nicht interessierte, weil es sie schlicht und einfach nichts anging.
Aber Veronika ließ sich nicht beirren. Sie war nicht zu bremsen, weder durch Susis Hinweis noch durch die Bitte ihres Mannes, Stillschweigen zu bewahren. Sie wollte den Zorn, der sich in ihr staute, ablassen. »Die Elena ist die Tochter meines Bruders!«, stieß sie hervor. »Eine Krankenschwester, eine Verwandte von Celine Kummer, hat ihm und seiner Frau vor fünfzehn Jahren in der Klinik in Garmisch ein totes Baby untergeschoben. Die Elena ist seine Tochter, man hat ihm damals das Kind gestohlen. Seine Frau ist daran …«
Jetzt aber wurde es Ernst Weig zu viel. »Merkst du denn net, dass die Frau Reisinger das gar net hören will, Vroni?«, schnitt er seiner Frau das Wort ab. Zugleich griff er nach ihrem Oberarm und zerrte sie zum Ausgang. »Jetzt ist Schluss!«, schimpfte er. »Du gehst zu weit. Ich bin mit dir nach St. Johann gefahren, weil …«
Den Rest vernahm Susi nicht mehr, denn die beiden hatten das Hotel verlassen. Doch sie hatte mehr gehört, als ihr lieb war. Und das ließ sie nicht mehr los. Während Susanne schwer an dem Gehörten trug und nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte, waren Dennis, Celine und Elenor auf dem Weg nach Süden.
Dennis bot alles auf, um sich nichts von seinen Problemen anmerken zu lassen. Er gab sich gut gelaunt, und es gelang ihm tatsächlich, den Frust, den seine Schwester in ihm erzeugt hatte, zu unterdrücken.
Nach einer knappen Stunde erreichten sie die Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol. Dennis fand ein Parkhaus, in das er sein Auto stellte, dann suchten sie sich ein Restaurant, um gemütlich zu essen.
Dennis konnte tatsächlich den peinlichen Auftritt seiner Schwester im Hotel verdrängen und konzentrierte sich voll und ganz auf Celine, der seine ganze Liebe gehörte, und auf seine Tochter, die sich mit Celine den Platz in seinem Herzen teilte.
Weder Celine noch Elenor bemerkten, in welch bedrückter Stimmung er sich tatsächlich befand.
Zu Hause in St. Johann aber quälte sich Susanne Reisinger mit einem Wissen ab, das sie gar nicht hatte haben wollen. Schließlich zog sie ihre Mutter ins Vertrauen. Irma Reisinger war zunächst sprachlos, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie das Gesagte in seinen Einzelheiten verarbeitet hatte, dann aber stieß sie hervor: »Irgendwas passt net an der Geschicht’, Susi. Ich hab’ den Herrn Pfaffenzeller und die Celine schon mehrere Male bei uns gesehen, gestern Abend erst haben die beiden den Heimatabend besucht. Sie haben beim Pfarrer und dessen Clique am Tisch gesessen. Ich glaub’ kaum, dass der Herr Pfaffenzeller so freundlich, ich möcht’ fast sagen verliebt, mit der Celine umgehen würd’, wenn an der Sache mit dem untergeschobenen toten Baby und dem Kinderdiebstahl was dran wär’.«
»Wie kommt aber seine Schwester dazu, so etwas zu behaupten?« Susi war skeptisch. »Außerdem ist es doch schon seltsam, dass der Herr Pfaffenzeller seit einigen Wochen immer wieder nach St. Johann kommt.«
»Er, die Celine, die Elenor und der Pfarrer waren doch einen ganzen Tag lang beisammen«, gab Irma Reisinger zu bedenken, »als sie die Tour auf die Kandereralm unternommen haben. Dass der Herr Pfaffenzeller und die Celine am Abend an seinem Tisch gesessen haben, lässt doch darauf schließen, dass sie in einer sehr guten Beziehung zum Pfarrer stehen. Vielleicht solltest du mal mit ihm reden und ihm die Geschichte erzählen, die du heut von dieser Frau gehört hast.«
»Das ist eine sehr gute Idee, Mama«, meinte Susi. »Ich ruf’ den Pfarrer gleich mal an.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war zwölf Uhr dreißig. »Ich wart’ lieber noch ein bissel«, murmelte sie. »Er wird gerade am Mittagstisch sitzen.«
Sie kehrte an die Rezeption zurück und merkte, wie sehr ihr das Problem sozusagen unter den Nägeln brannte. Immer wieder schaute sie auf die Uhr. Um ein Uhr sagte sie sich, dass der Pfarrer zu Mittag gegessen haben dürfte. Der Typ, der sich nach dem Essen aufs Sofa legte, um zu ruhen, war er nicht. Also überwand sich Susi und rief im Pfarrhaus an. Es war Sophie Tappert, die das Gespräch annahm. »Grüaß Ihnen Gott, Frau Tappert«, grüßte Susi. »Entschuldigen S’ bitte die Störung. Ich muss unbedingt mit dem Herrn Pfarrer sprechen. Hoffentlich stör’ ich ihn net beim Essen.«
»Ah, Susi. Das hört sich ja ausgesprochen dringlich an. Nein, du störst den Hochwürden net beim Essen. Er sitzt auf der Terrasse und liest. Einen Augenblick, ich geb’ ihn dir.«
»Danke, Frau Tappert.«
Gleich darauf meldete sich der Pfarrer. »Servus, Susi. Wo brennt’s denn?«
Susanne erzählte dem Bergpfarrer von Veronika Weigs Auftritt im Hotel. Obwohl Dennis dem Pfarrer von den Schwierigkeiten, die ihm seine Schwester bereitete, erzählt hatte, war Sebastian ziemlich bestürzt, weil dieses Problem, am Abend zuvor noch erörtert, unvermittelt real geworden war. »Befindet sich die Schwester von Herrn Pfaffenzeller noch in St. Johann?«, fragte der Pfarrer, als er alles verarbeitet hatte und sich der Tragweite bewusst geworden war, was die Neuigkeit im Ort, im ganzen Wachnertal auslösen würde.
»Ich weiß es net«, antwortete Susi. »Nachdem die beiden das Hotel verlassen hatten, hab’ ich sie nimmer gesehen.«
»Hast du schon mit jemandem über diese Sache gesprochen, Susi?«, erkundigte sich Sebastian.
»Nur mit der Mama. Sie hat mir den Rat gegeben, mich an Sie zu wenden, Herr Pfarrer.«
»Ich bitt’ dich, Susi, sprich mit niemandem drüber. Bestell’ das auch deiner Mama. Du kannst dir ja vorstellen, wie die Gerüchteküche brodelt, wenn das publik wird. Ich werd’ mich mit dem Herrn Pfaffenzeller und der Celine zusammensetzen und beraten, wie sie der Sache ein Ende bereiten können, ohne dass sie für einen Haufen Scherben, vor allem bei der Elenor, sorgen.«
»Ist denn was dran an der Geschichte?«, fragte Susi.
»Ganz im Vertrauen, Susi: Es ist genauso, wie es dir die Schwester vom Herrn Pfaffenzeller verraten hat. Im Moment wissen nur wenige Leute von der Sache. Du gehörst jetzt auch dazu. Wenn jedoch die Schwester im Ort damit hausieren geht …«
Sebastian brach ab, aber Susi konnte sich den Rest denken. »Man sollte den Herrn Pfaffenzeller und die Celine vielleicht warnen«, schlug Susi vor.