Am Ende war die Sonne - Manuel Montero Atencio - E-Book

Am Ende war die Sonne E-Book

Manuel Montero Atencio

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Beschreibung

Alex ist ein einsamer junger Mann, ohne Freunde, Familie und ohne Partnerin. Alles, was er von anderen Menschen kennt, ist Ablehnung. Das ist der Grund für die Soziophobie, unter der er leidet. Doch plötzlich ist er durch einen Unfall gezwungen, sich mit sich selbst zu beschäftigen und er unternimmt eine Reise in sein Unterbewusstsein. Dieses Erlebnis stellt seine Welt auf den Kopf und er muss alles hinterfragen, was er gedacht und gefühlt hat.

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Seitenzahl: 64

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Für Alle, die ich schmerzlich vermisse.

Triggerwarnung

Lieber Leser/Liebe Leserin,

diese fiktive Geschichte beschäftigt sich mit den Themen Soziophobie, Depression, Suizidgedanken und Mobbing. Falls du gegen psychische Probleme dieser Art kämpfst, dich hilflos fühlst und nicht weiter weißt, sprich bitte mit einer Person deines Vertrauens oder mit einem Psychotherapeuten darüber und lass dir helfen. Notfalls steht dir die Telefonseelsorge jederzeit zur Verfügung. Diese ist anonym und kostenlos.

Die Telefonseelsorge ist erreichbar unter0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222

Oder per Online-Chat unteronline.telefonseelsorge.de

Mit der Arztsuche unter116 117findest du einen Psychotherapeuten, der dir helfen kann.

Kapitelübersicht

Prolog

Eine andere Welt

Der Leuchtturm

Erkenntnis

Ein Traum

Epilog

PROLOG

Ein schönes Gemälde dachte er, als er vor dem Bild stand, das ihn schon sein ganzes Leben lang begleitete. Einfach ein schönes Gemälde.

Jeden Morgen sah er sich das Bild an, während er seinen Orangensaft trank. Doch das er es sich so richtig intensiv ansah, war bereits einige Monate her. Er betrachtete es so eingehend, dass er gedanklich tief in das Gemälde eindrang, den Ort beinahe schon selbst besuchte. Was würde ich darum geben, wenn ich dort sein könnte, dachte er sich.

Auf dem Bild war eine grüne Lichtung in einem dunklen Wald zu sehen. Die große, grasbedeckte Fläche wurde in der Mitte des Bildes von einem leicht verwitterten und mit etwas Moos bedeckten Baumstumpf durchbrochen. Es waren weder Menschen noch Tiere zu sehen, eine Mischung aus grau und blau bildete den Himmel, wobei in der linken obersten Ecke eine Winzigkeit orange einen Sonnenuntergang andeutete. Das Bild drückte eine schöne, angenehme Melancholie aus, die Alex stets ergriff, doch dieses vertraute Gefühl wurde auch immer wieder von einem sehnsüchtigen Stechen durchbrochen.

Es war ein ganz gewöhnlicher Morgen in der kleinen Stadt. Der junge Mann wohnte in einem ruhigen Viertel, in dem die meisten Leute keinen Kontakt untereinander hatten. Abgesehen von einem seltenen »Hallo«, welches ab und zu durch die Straßen hallte, hörte man fast keine menschlichen Interaktionen. Alex hob seine linke Hand und fuhr mit den Fingerspitzen über das Bild. Er strich über die Pinselstriche und folgte so den Bewegungen des Pinsels, die der Künstler ausgeführt haben musste. Dann ging er zwei Schritte zur Seite und betrachtete ein anderes Bild. Immer dann, wenn er sich dieses ansah, wurde ihm etwas schaurig zumute.

Im Vergleich zum anderen Bild, war auf diesem hier ein grau-schwarzer Leuchtturm zu sehen. Der Himmel war dunkelgrau und von Wolken bedeckt, der Boden war ebenso grau und detailarm. An einigen Stellen war es so dunkel, dass es beinahe schwarz war. Im Hintergrund ließen leichte Umrisse einen schwarzen, speienden Vulkan erahnen, dessen Asche sich auf die Landschaft und auf den Leuchtturm niederschlug. Im Vordergrund war ein schwarzes Meer zu sehen, dessen weiße Gischt auf die felsige Küste prallte.

Trotz einiger Parallelen, wirkte das Bild gänzlich anders. Auf beiden Bildern waren weder Menschen noch Tiere zu sehen. Auf beiden Bildern gab es eine dominante Farbe. Beide Bilder strahlten eine gewisse Melancholie und Verzweiflung aus. Obwohl der junge Mann nicht verzweifelt war, mochte er sie beide. Doch auf eine gewisse Weise fürchtete er sich auch vor ihnen, wenn auch vor dem grauen Bild bedeutend mehr als vor dem Grünen. Es wirkte auf ihn, wie eine dunkle Vorahnung.

Die letzten Bissen vom, mit Butter bestrichenen, Toast kaute er lustlos und schluckte sie gequält herunter. Der Magen begann sich zu verkrampfen und ein Druckgefühl machte sich in seinen Innereien breit. Dies hatte jedoch nichts mit dem Toast zu tun, sondern damit, dass er heute im Buchladen ein neues Buch kaufen wollte. Eine unangenehme Vorstellung, der er sich dennoch freiwillig aussetzte. Er hätte seine Bücher natürlich auch einfach online kaufen können, doch so sehr er die Einsamkeit mochte, so sehr wusste er auch, dass der Mensch als soziales Wesen auf die Welt kommt und somit, für seine seelische Gesundheit, mit anderen Menschen interagieren musste. Eine unangenehme Wahrheit, die er sich immer wieder ins Bewusstsein zurückrufen musste. Doch weil für ihn jeglicher Kontakt auch mit Angst und Anstrengung angereichert war, war sein seelischer und damit auch körperlicher Verfall nahezu unaufhaltsam. Er versuchte lediglich, diesen Verfall zu verlangsamen.

Er trank den letzten Schluck Orangensaft und stellte das Glas in die Spüle. Dann nahm er seinen Autoschlüssel, stieg in sein Auto und fuhr in die Innenstadt. Je näher er der Innenstadt kam, desto unbehaglicher fühlte er sich, denn je tiefer man in eine Stadt kommt, desto mehr Menschen befinden sich auf engerem Raum.

Alex begann wieder leicht zu zittern, sein neutraler Gesichtsausdruck wandelte sich zusehends in einen leicht panischen Ausdruck um. Er sah sich immer öfter um, spürte die Blicke der Menschen auf sich.

Die vergangenen Stimmen von Kindern drängten sich in seine Erinnerung.

Er lag an einem Hang, als er sie schreien hörte. Die Stimmen, die ihm sehr bekannt waren, näherten sich schnell und so übernahm das schmerzende Druckgefühl in seinem Bauch seine Gedanken. Er stand auf, um rasch nach Hause zu gehen und sich den potenziellen Angreifern zu entziehen. Als er den Hang hinunter blickte, zog sich alles in seinem Inneren zusammen und seine Knie wurden weich.

Sein Erzfeind fuhr mit dem Fahrrad einen Gehweg entlang, dessen üppige Begrünung auf beiden Seiten bisher den direkten Blickkontakt vermied. Doch als er den Hang erreichte, in dessen Nähe keine Bäume oder Sträucher standen, erblickte er den jungen Alex sofort. Freude blitzte in seinen Augen auf, als er langsam »Alexandra« rief und sein Gefolge dicht hinter ihm ebenfalls augenblicklich den verängstigten Jungen entdeckte. Sie traten voller Freude in die Pedale, während Alex sich umdrehte und zu flüchten versuchte. Sie lachten und riefen dem Flüchtenden nach, er solle endlich stehen bleiben.

Schließlich stolperte er und rollte den Hang ein Stück hinab. Die Meute jubelte vor Freude, eilte ihm entgegen und umzingelte ihn schließlich. Der erste Fausthieb traf sein Ohr, dann rissen sie ihm die Schultasche von den Schultern und schütteten ihren Inhalt aus. Während einer den Inhalt musterte, trat ein anderer auf den am Boden liegenden ein. Die Schultasche warfen sie den Hang hinab, den Inhalt verteilten und versteckten sie, abgesehen von den Schulbüchern. Mit diesen bewarfen sie den wehrlosen Jungen, der vor Angst zitternd in Embryonalstellung dalag und es über sich ergehen ließ.

Nach einigen Minuten zogen sie schließlich ab. Alex vergewisserte sich, dass sie verschwunden waren, und wischte sich dann die Tränen vom Gesicht. Er nahm die völlig verdreckte Schultasche an sich und humpelte, während er seine Schulsachen zusammen sammelte. Die Schürfwunden und schmerzenden blauen Flecken bezeugten unmissverständlich, was passiert war, und so fürchtete er sich erneut – vor der Reaktion seiner Eltern, sobald sie ihn so erblickten.

Der Himmel färbte sich bereits orange, als er zu Hause ankam. Sein Magen knurrte, doch er wollte nicht riskieren, dass seine Eltern ihn sahen. Er stellte die Schultasche in sein Kinderzimmer, eilte zum Badezimmer und begann, sich zu waschen. Kurze Zeit später hörte er seine Eltern, und erneut zog sich alles in Ihm zusammen. »Die Tasche ist schon wieder kaputt und hier fehlen schon wieder Sachen in der Tasche. Der Bengel hat sich schon wieder verprügeln lassen!«