Amphitryon - Heinrich Von Kleist - E-Book

Amphitryon E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Endlich kehrt ihr Mann Amphitryon aus dem Krieg zurück und Alkmene steht eine leidenschaftliche Nacht bevor. Allerdings entpuppt sich der Feldherr Amphitryon als Jupiter. Alkmene merkt keinen Unterschied, als der wahre Amphitryon am nächsten Tag vor ihr steht – doch der ist erschüttert von ihren Erzählungen der letzten Nacht und wirft ihr Betrug vor. Ein Drama nach Molière über Identität und Trugbilder.-

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Heinrich Von Kleist

Amphitryon

Ein Lustspiel nach Molière

Saga

Amphitryon

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1899, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728015391

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen

Jupiter, in der Gestalt des Amphitryon Merkur, in der Gestalt des Sosias Amphitryon, Feldherr der Thebaner Sosias, sein Diener Alkmene, Gemahlin des Amphitryon Charis, Gemahlin des Sosias Feldherren

(Die Szene ist in Theben vor dem Schlosse des Amphitryon)

__________

Erster Akt

Es ist Nacht.

Erste Szene

Sosiastritt mit einer Laterne auf:

Heda! Wer schleicht da? Holla! – Wenn der Tag

Anbräche, wär mirs lieb; die Nacht ist – Was?

Gut Freund, ihr Herrn! Wir gehen eine Straße –

Ihr habt den ehrlichsten Gesell'n getroffen,

Bei meiner Treu, auf den die Sonne scheint –

Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich sagen –

Spitzbuben sinds entweder, feige Schufte,

Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben:

Oder der Wind hat durch das Laub gerasselt.

Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. –

Vorsichtig! Langsam! – Aber wenn ich jetzt

Nicht bald mit meinem Hut an Theben stoße,

So will ich in den finstern Orkus fahren.

Ei, hols der Henker! ob ich mutig bin,

Ein Mann von Herz; das hätte mein Gebieter

Auf anderm Wege auch erproben können.

Ruhm krönt ihn, spricht die ganze Welt, und Ehre,

Doch in der Mitternacht mich fortzuschicken,

Ist nicht viel besser, als ein schlechter Streich.

Ein wenig Rücksicht wär, und Nächstenliebe,

So lieb mir, als der Keil von Tugenden,

Mit welchem er des Feindes Reihen sprengt.

Sosias, sprach er, rüste dich mein Diener,

Du sollst in Theben meinen Sieg verkünden

Und meine zärtliche Gebieterin

Von meiner nahen Ankunft unterrichten.

Doch hätte das nicht Zeit gehabt bis morgen,

Will ich ein Pferd sein, ein gesatteltes!

Doch sieh! Da zeigt sich, denk ich, unser Haus!

Triumph, du bist nunmehr am Ziel, Sosias,

Und allen Feinden soll vergeben sein.

Jetzt, Freund, mußt du an deinen Auftrag denken;

Man wird dich feierlich zur Fürstin führen,

Alkmen', und den Bericht bist du ihr dann,

Vollständig und mit Rednerkunst gesetzt

Des Treffens schuldig, das Amphitryon

Siegreich fürs Vaterland geschlagen hat.

– Doch wie zum Teufel mach ich das, da ich

Dabei nicht war? Verwünscht. Ich wollt: ich hätte

Zuweilen aus dem Zelt geguckt,

Als beide Heer im Handgemenge waren.

Ei was! Vom Hauen sprech ich dreist und Schießen,

Und werde schlechter nicht bestehn, als andre,

Die auch den Pfeil noch pfeifen nicht gehört. –

Doch wär es gut, wenn du die Rolle übtest?

Gut! Gut bemerkt, Sosias! Prüfe dich.

Hier soll der Audienzsaal sein, und diese

Latern Alkmene, die mich auf dem Thron erwartet.

Er setzt die Laterne auf den Boden.

Durchlauchtigste! mich schickt Amphitryon,

Mein hoher Herr und Euer edler Gatte,

Von seinem Siege über die Athener

Die frohe Zeitung Euch zu überbringen.

– Ein guter Anfang! – »Ach, wahrhaftig, liebster

Sosias, meine Freude mäßg' ich nicht,

Da ich dich wiedersehe.« – Diese Güte,

Vortreffliche, beschämt mich, wenn sie stolz gleich

Gewiß jedweden andern machen würde.

– Sieh! das ist auch nicht übel! – »Und dem teuren

Geliebten meiner Seel Amphitryon,

Wie gehts ihm?« – Gnädge Frau, das faß ich kurz:

Wie einem Mann von Herzen auf dem Feld des Ruhms!

– Ein Blitzkerl! Seht die Suade! – »Wann denn kommt er?«

Gewiß nicht später, als sein Amt verstattet,

Wenn gleich vielleicht so früh nicht, als er wünscht.

–Potz, alle Welt! – »Und hat er sonst dir nichts

Für mich gesagt, Sosias?« – Er sagt wenig,

Tut viel, und es erbebt die Welt vor seinem Namen.

– Daß mich die Pest! Wo kömmt der Witz mir her?

»Sie weichen also, sagst du, die Athener?«

– Sie weichen, tot ist Labdakus, ihr Führer,

Erstürmt Pharissa, und wo Berge sind,

Da hallen sie von unserm Siegsgeschrei. –

»O teuerster Sosias! Sieh, das mußt du

Umständlich mir, auf jeden Zug, erzählen.«

– Ich bin zu Euern Diensten, gnädge Frau.

Denn in der Tat kann ich von diesem Siege

Vollständge Auskunft, schmeichl' ich mir, erteilen:

Stellt Euch, wenn Ihr die Güte haben wollt,

Auf dieser Seite hier – (Er bezeichnet die Örter auf seiner Hand)Pharissa vor

– Was eine Stadt ist, wie Ihr wissen werdet,

So groß im Umfang, praeter propter,

Um nicht zu übertreiben, wenn nicht größer,

Als Theben. Hier geht der Fluß. Die Unsrigen

In Schlachtordnung auf einem Hügel hier;

Und dort im Tale haufenweis der Feind.

Nachdem er ein Gelübd zum Himmel jetzt gesendet,

Daß Euch der Wolkenkreis erzitterte,

Stürzt, die Befehle treffend rings gegeben,

Er gleich den Strömen brausend auf uns ein.

Wir aber, minder tapfer nicht, wir zeigten

Den Rückweg ihm, – und Ihr sollt gleich sehn, wie?

Zuerst begegnet' er dem Vortrab hier;

Der wich. Dann stieß er auf die Bogenschützen dort;

Die zogen sich zurück. Jetzt dreist gemacht, rückt er

Den Schleudrern auf den Leib; die räumten ihm das Feld

Und als verwegen jetzt dem Hauptkorps er sich nahte,

Stürzt dies – halt! Mit dem Hauptkorps ists nicht richtig.

Ich höre ein Geräusch dort, wie mir deucht.

Zweite Szene

Merkur tritt in der Gestalt des Sosias aus Amphitryons Haus. Sosias

 

Merkurfür sich: Wenn ich den ungerufnen Schlingel dort

Beizeiten nicht von diesem Haus entferne,

So steht, beim Styx, das Glück mir auf dem Spiel,

Das in Alkmenens Armen zu genießen,

Heut in der Truggestalt Amphitryons

Zeus der Olympische, zur Erde stieg.

Sosiasohne den Merkur zu sehn:

Es ist zwar nichts und meine Furcht verschwindet,

Doch um den Abenteuern auszuweichen,

Will ich mich vollends jetzt zu Hause machen,

Und meines Auftrags mich entledigen.

Merkurfür sich:

Du überwindest den Merkur, Freund, oder

Dich werd ich davon abhzuhalten wissen.

Sosias: Doch diese Nacht ist von endloser Länge.

Wenn ich fünf Stunden unterwegs nicht bin,

Fünf Stunden nach der Sonnenuhr von Theben,

Will ich stückweise sie vom Turme schießen.

Entweder hat in Trunkenheit des Siegs

Mein Herr den Abend für den Morgen angesehn,

Oder der lockre Phöbus schlummert noch,

Weil er zu tief ins Fläschchen gestern guckte.

Merkur: Mit welcher Unehrbietigkeit der Schuft

Dort von den Göttern spricht. Geduld ein wenig;

Hier dieser Arm bald wird Respekt ihm lehren.

Sosiaserblickt den Merkur:

Ach bei den Göttern der Nacht! Ich bin verloren.

Da schleicht ein Strauchdieb um das Haus, den ich

Früh oder spät am Galgen sehen werde.

– Dreist muß ich tun, und keck und zuversichtlich.

Er pfeift.

Merkurlaut: Wer denn ist jener Tölpel dort, der sich

Die Freiheit nimmt, als wär er hier zu Hause,

Mit Pfeifen mir die Ohren vollzuleiern?

Soll hier mein Stock vielleicht ihm dazu tanzen?

Sosias: – Ein Freund nicht scheint er der Musik zu sein.

Merkur: Seit der vergangnen Woche fand ich keinen,

Dem ich die Knochen hätte brechen können.

Mein Arm wird steif, empfind ich, in der Ruhe,

Und einen Buckel von des deinen Breite,

Ihn such ich just, mich wieder einzuüben.

Sosias: Wer, Teufel, hat den Kerl mir dort geboren?

Von Todesschrecken fühl ich mich ergriffen,

Die mir den Atem stocken machen.

Hätt ihn die Hölle ausgeworfen,

Es könnt entgeisternder mir nicht sein Anblick sein.

– Jedoch vielleicht gehts dem Hanswurst wie mir,

Und er versucht den Eisenfresser bloß,

Um mich ins Bockshorn schüchternd einzujagen.

Halt, Kauz, das kann ich auch. Und überdies,

Ich bin allein, er auch; zwei Fäuste hab ich,

Doch er nicht mehr; und will das Glück nicht wohl mir,

Bleibt mir ein sichrer Rückzug dort – Marsch also!

Merkurvertritt ihm den Weg:

Halt dort! Wer geht dort?

Sosias: Ich.

Merkur: Was für ein Ich?

Sosias: Meins mit Verlaub. Und meines, denk ich, geht

Hier unverzollt gleich andern. Mut Sosias!

Merkur: Halt! mit so leichter Zech entkommst du nicht.

Von welchem Stand bist du?

Sosias: Von welchem Stande?

Von einem auf zwei Füßen, wie Ihr seht.

Merkur: Ob Herr du bist, ob Diener, will ich wissen?

Sosias: Nachdem Ihr so mich, oder so betrachtet,

Bin ich ein Herr, bin ich ein Dienersmann.

Merkur: Gut. Du mißfällst mir.

Sosias: Ei das tut mir leid.

Merkur: Mit einem Wort, Verräter, will ich wissen,

Nichtswürdger Gassentreter, Eckenwächter,

Wer du magst sein, woher du gehst, wohin,

Und was du hier herum zu zaudern hast?

Sosias: Darauf kann ich Euch nichts zur Antwort geben

Als dies: ich bin ein Mensch, dort komm ich her,

Da geh ich hin, und habe jetzt was vor,

Das anfängt, Langeweile mir zu machen.

Merkur: Ich seh dich witzig, und du bist im Zuge,

Mich kurzhin abzufertigen. Mir aber kommt

Die Lust an, die Bekanntschaft fortzusetzen,

Und die Verwicklung einzuleiten, werd ich

Mit dieser Hand hier hinters Ohr dir schlagen.

Sosias: Mir?

Merkur: Dir, und hier bist dessen du gewiß.

Was wirst du nun darauf beschließen.

Sosias: Wetter!

Ihr schlagt mir eine gute Faust, Gevatter.

Merkur: Ein Hieb von mittlern Schrot. Zuweilen teff ich

Noch besser.

Sosias: Wär ich auch so aufgelegt,

Wir würden schön uns in die Haare kommen.

Merkur: Das wär mir recht. Ich liebe solchen Umgang.

Sosias: Ich muß, jedoch, Geschäfts halb, mich empfehlen.

Er will gehn.

Merkurtritt ihm in den Weg:

Wohin?

Sosias: Was gehts dich an, zum Teufel?

Merkur: Ich will wissen,

Sag ich dir, wo du hingehst?

Sosias: Jene Pforte

Will ich mir öffnen lassen. Laß mich gehn.

Merkur: Wenn du die Unverschämtheit hast, dich jener

Schloßpforte dort zu nähern, sieh, so rasselt

Ein Ungewitter auf dich ein von Schlägen.

Sosias: Was? soll ich nicht nach Hause gehen dürfen?

Merkur: Nach Hause? sag das noch einmal.

Sosias: Nun ja.

Nach Haus.

Merkur: Du sagst von diesem Hause dich?

Sosias: Warum nicht? Ist es nicht Amphitryons Haus?

Merkur: Ob dies Amphitryons Haus ist? Allerdings,

Halunk, ist dies das Haus Amphitryons,

Das Schloß des ersten Feldherrn der Thebaner.

Doch welch ein Schluß erfolgt? –

Sosias: Was für ein Schluß?

Daß ich hinein gehn werd. Ich bin sein Diener.

Merkur: Sein Die-?

Sosias: Sein Diener.

Merkur: Du?

Sosias: Ich, ja.

Merkur: Amphitryons Diener?

Sosias: Amphitryons Diener, des Thebanerfeldherrn.

Merkur: – Dein Name ist?

Sosias: Sosias.

Merkur: So-?

Sosias: Sosias.

Merkur: Hör, dir zerschlag ich alle Knochen.

Sosias: Bist du

Bei Sinnen?

Merkur: Wer gibt das Recht dir, Unverschämter,

Den Namen des Sosias anzunehmen?

Sosias: Gegeben wird er mir, ich nehm ihn nicht.

Mag es mein Vater dir verantworten.

Merkur: Hat man von solcher Frechheit je gehört?

Du wagst mir schamlos ins Gesicht zu sagen,

Daß du Sosias bist?

Sosias: Ja, allerdings.

Und das aus dem gerechten Grunde, weil es

Die großen Götter wollen; weil es nicht

In meiner Macht steht, gegen sie zu kämpfen,

Ein andrer sein zu wollen als ich bin;

Weil ich muß Ich, Amphitryons Diener sein,

Wenn ich auch zehenmal Amphitryon,

Sein Vetter lieber, oder Schwager wäre.

Merkur: Nun wart! Ich will dich zu verwandeln suchen.

Sosias: Ihr Bürger! Ihr Thebaner! Mörder! Diebe!

Merkur: Wie du Nichtswürdiger, du schreist noch?

Sosias: Was?

Ihr schlagt mich, und nicht schreien soll ich dürfen?

Merkur: Weißt du nicht, daß es Nacht ist, Schlafenszeit

Und daß in diesem Schloß Alkmene hier,

Amphitryons Gemahlin, schläft?

Sosias: Hol Euch der Henker!

Ich muß den kürzern ziehen, weil Ihr seht,

Daß mir zur Hand kein Prügel ist, wie Euch.

Doch Schläg erteilen, ohne zu bekommen,