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In 'Amphitryon' von Heinrich von Kleist taucht der Leser in eine Mischung aus klassischer Mythologie und politischer Intrige ein. Der Autor führt seine Leser in eine Welt des Machtmissbrauchs und der Identitätswechsel. Kleists literarischer Stil ist geprägt von seiner Fähigkeit, komplexe Charaktere und moralische Dilemmata darzustellen. Das Stück wird oft als Meisterwerk des deutschsprachigen Dramas angesehen und steht im Kontext der Romantik und des Sturm und Drangs. Die Geschichte, die auf antiken Quellen basiert, wird von Kleist mit modernen Ideen und einem kritischen Blick auf die Gesellschaft seiner Zeit neu interpretiert. Der Autor experimentiert mit verschiedenen dramatischen Techniken, um die Tiefen menschlicher Emotionen und Schwächen zu erforschen. Heinrich von Kleist, ein bedeutender deutscher Dramatiker und Schriftsteller, wurde von politischen Unruhen und persönlichen Tragödien beeinflusst, die in seinem Werk reflektiert werden. Seine Fähigkeit, psychologische Charakterstudien durchzuführen und komplexe moralische Fragen aufzuwerfen, macht ihn zu einem einflussreichen Autor seiner Zeit. 'Amphitryon' ist ein faszinierendes Stück Literatur, das sowohl klassische Elemente als auch modernen Ansichten vereint. Leser, die an tiefsinnigen Charakterstudien und moralischen Dilemmata interessiert sind, werden von der Komplexität und Brillanz von Heinrich von Kleists Werk sicherlich fasziniert sein.
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Seitenzahl: 202
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SOSIAS: tritt mit einer Laterne auf. Heda! Wer schleicht da? Holla! – Wenn der Tag Anbräche, wär mir's lieb; die Nacht ist – Was? Gut Freund, ihr Herrn! Wir gehen eine Straße – Ihr habt den ehrlichsten Geselln getroffen, Bei meiner Treu, auf den die Sonne scheint – Vielmehr der Mond jetzt, wollt ich sagen – Spitzbuben sind's entweder, feige Schufte, Die nicht das Herz, mich anzugreifen, haben: Oder der Wind hat durch das Laub gerasselt. Jedweder Schall hier heult in dem Gebirge. – Vorsichtig! Langsam! – Aber wenn ich jetzt Nicht bald mit meinem Hut an Theben stoße So will ich in den finstern Orkus fahren. Ei, hol's der Henker! ob ich mutig bin, Ein Mann von Herz; das hätte mein Gebieter Auf anderm Wege auch erproben können. Ruhm krönt ihn, spricht die ganze Welt, und Ehre, Doch in der Mitternacht mich fortzuschicken, Ist nicht viel besser, als ein schlechter Streich. Ein wenig Rücksicht wär, und Nächstenliebe, So lieb mir, als der Keil von Tugenden, Mit welchem er des Feindes Reihen sprengt. Sosias, sprach er, rüste dich mein Diener, Du sollst in Theben meinen Sieg verkünden Und meine zärtliche Gebieterin Von meiner nahen Ankunft unterrichten. Doch hätte das nicht Zeit gehabt bis morgen, Will ich ein Pferd sein, ein gesatteltes! Doch sieh! Da zeigt sich, denk ich, unser Haus! Triumph, du bist nunmehr am Ziel, Sosias, Und allen Feinden soll vergeben sein. Jetzt, Freund, mußt du an deinen Auftrag denken; Man wird dich feierlich zur Fürstin führen, Alkmen', und den Bericht bist du ihr dann, Vollständig und mit Rednerkunst gesetzt Des Treffens schuldig, das Amphitryon Siegreich fürs Vaterland geschlagen hat. – Doch wie zum Teufel mach ich das, da ich Dabei nicht war? Verwünscht. Ich wollt: ich hätte Zuweilen aus dem Zelt geguckt, Als beide Heer im Handgemenge waren. Ei was! Vom Hauen sprech ich dreist und Schießen, Und werde schlechter nicht bestehn, als andre, Die auch den Pfeil noch pfeifen nicht gehört. – Doch wär es gut, wenn du die Rolle übtest? Gut! Gut bemerkt, Sosias! Prüfe dich. Hier soll der Audienzsaal sein, und diese Latern Alkmene, die mich auf dem Thron erwartet.
Er setzt die Laterne auf den Boden.
Durchlauchtigste! mich schickt Amphitryon, Mein hoher Herr und Euer edler Gatte, Von seinem Siege über die Athener Die frohe Zeitung Euch zu überbringen. – Ein guter Anfang! – »Ach, wahrhaftig, liebster Sosias, meine Freude mäßg' ich nicht, Da ich dich wiedersehe.« – Diese Güte, Vortreffliche, beschämt mich, wenn sie stolz gleich Gewiß jedweden andern machen würde. – Sieh! das ist auch nicht übel! – »Und dem teuren Geliebten meiner Seel Amphitryon, Wie geht's ihm?« – Gnäd'ge Frau, das faß ich kurz: Wie einem Mann von Herzen auf dem Feld des Ruhms. – Ein Blitzkerl! Seht die Suade! – »Wann denn kommt er?« Gewiß nicht später, als sein Amt verstattet, Wenngleich vielleicht so früh nicht, als er wünscht. – Potz, alle Welt! – »Und hat er sonst dir nichts Für mich gesagt, Sosias?« – Er sagt wenig, Tut viel, und es erbebt die Welt vor seinem Namen. – Daß mich die Pest! Wo kömmt der Witz mir her? »Sie weichen also, sagst du, die Athener?« – Sie weichen, tot ist Labdakus, ihr Führer, Erstürmt Pharissa, und wo Berge sind, Da hallen sie von unserm Siegsgeschrei. – »O teuerster Sosias! Sieh, das mußt du Umständlich mir, auf jeden Zug, erzählen.« – Ich bin zu Euern Diensten, gnäd'ge Frau. Denn in der Tat kann ich von diesem Siege Vollständ'ge Auskunft, schmeichl ich mir, erteilen: Stellt Euch, wenn Ihr die Güte haben wollt, Auf dieser Seite hier –
Er bezeichnet die Örter auf seiner Hand –.
Pharissa vor – Was eine Stadt ist, wie Ihr wissen werdet, So groß im Umfang, praeter propter, Um nicht zu übertreiben, wenn nicht größer, Als Theben. Hier geht der Fluß. Die Unsrigen In Schlachtordnung auf einem Hügel hier; Und dort im Tale haufenweis der Feind. Nachdem er ein Gelübd zum Himmel jetzt gesendet, Daß Euch der Wolkenkreis erzitterte, Stürzt, die Befehle treffend rings gegeben, Er gleich den Strömen brausend auf uns ein. Wir aber, minder tapfer nicht, wir zeigten
Merkur tritt in der Gestalt des Sosias aus Amphitryons Haus. Sosias.
MERKUR: für sich. Wenn ich den ungerufnen Schlingel dort Beizeiten nicht von diesem Haus entferne, So steht, beim Styx, das Glück mir auf dem Spiel, Das in Alkmenens Armen zu genießen, Heut in der Truggestalt Amphitryons Zeus der Olympische, zur Erde stieg.
SOSIAS: ohne den Merkur zu sehn. Es ist zwar nichts und meine Furcht verschwindet, Doch um den Abenteuern auszuweichen, Will ich mich vollends jetzt zu Hause machen, Und meines Auftrags mich entledigen.
MERKUR: für sich. Du überwindest den Merkur, Freund, oder Dich werd ich davon abzuhalten wissen.
SOSIAS: Doch diese Nacht ist von endloser Länge. Wenn ich fünf Stunden unterwegs nicht bin, Fünf Stunden nach der Sonnenuhr von Theben, Will ich stückweise sie vom Turme schießen. Entweder hat in Trunkenheit des Siegs Mein Herr den Abend für den Morgen angesehn, Oder der lockre Phöbus schlummert noch, Weil er zu tief ins Fläschchen gestern guckte.
MERKUR: Mit welcher Unehrbietigkeit der Schuft Dort von den Göttern spricht. Geduld ein wenig; Hier dieser Arm bald wird Respekt ihm lehren.
SOSIAS: erblickt den Merkur. Ach bei den Göttern der Nacht! Ich bin verloren. Da schleicht ein Strauchdieb um das Haus, den ich Früh oder spät am Galgen sehen werde. – Dreist muß ich tun, und keck und zuversichtlich.
Er pfeift.
MERKUR: laut. Wer denn ist jener Tölpel dort, der sich Die Freiheit nimmt, als wär er hier zu Hause, Mit Pfeifen mir die Ohren vollzuleiern? Soll hier mein Stock vielleicht ihm dazu tanzen?
SOSIAS: – Ein Freund nicht scheint er der Musik zu sein.
MERKUR: Seit der vergangnen Woche fand ich keinen, Dem ich die Knochen hätte brechen können. Mein Arm wird steif, empfind ich, in der Ruhe, Und einen Buckel von des deinen Breite, Ihn such ich just, mich wieder einzuüben.
SOSIAS: Wer, Teufel, hat den Kerl mir dort geboren? Von Todesschrecken fühl ich mich ergriffen, Die mir den Atem stocken machen. Hätt ihn die Hölle ausgeworfen, Es könnt entgeisternder mir nicht sein Anblick sein. – Jedoch vielleicht geht's dem Hanswurst wie mir, Und er versucht den Eisenfresser bloß, Um mich ins Bockshorn schüchternd einzujagen. Halt, Kauz, das kann ich auch. Und überdies, Ich bin allein, er auch; zwei Fäuste hab ich, Doch er nicht mehr; und will das Glück nicht wohl mir, Bleibt mir ein sichrer Rückzug dort – Marsch also!
MERKUR: vertritt ihm den Weg. Halt dort! Wer geht dort?
SOSIAS: Ich.
MERKUR: Was für ein Ich?
SOSIAS: Meins mit Verlaub. Und meines, denk ich, geht Hier unverzollt gleich andern. Mut Sosias!
MERKUR: Halt! mit so leichter Zech entkommst du nicht. Von welchem Stand bist du?
SOSIAS: Von welchem Stande? Von einem auf zwei Füßen, wie Ihr seht.
MERKUR: Ob Herr du bist, ob Diener, will ich wissen?
SOSIAS: Nachdem Ihr so mich, oder so betrachtet, Bin ich ein Herr, bin ich ein Dienersmann.
MERKUR: Gut. Du mißfällst mir.
SOSIAS: Ei das tut mir leid.
MERKUR: Mit einem Wort, Verräter, will ich wissen, Nichtswürd'ger Gassentreter, Eckenwächter, Wer du magst sein, woher du gehst, wohin, Und was du hier herum zu zaudern hast?
SOSIAS: Darauf kann ich Euch nichts zur Antwort geben Als dies: ich bin ein Mensch, dort komm ich her, Da geh ich hin, und habe jetzt was vor, Das anfängt, Langeweile mir zu machen.
MERKUR: Ich seh dich witzig, und du bist im Zuge, Mich kurzhin abzufertigen. Mir aber kommt Die Lust an, die Bekanntschaft fortzusetzen, Und die Verwicklung einzuleiten, werd ich Mit dieser Hand hier hinters Ohr dir schlagen.
SOSIAS: Mir?
MERKUR: Dir, und hier bist dessen du gewiß. Was wirst du nun darauf beschließen.
SOSIAS: Wetter! Ihr schlagt mir eine gute Faust, Gevatter.
MERKUR: Ein Hieb von mittlern Schrot. Zuweilen treff ich Noch besser.
SOSIAS: Wär ich auch so aufgelegt, Wir würden schön uns in die Haare kommen.
MERKUR: Das wär mir recht. Ich liebe solchen Umgang.
SOSIAS: Ich muß, jedoch, Geschäfts halb, mich empfehlen.
Er will gehn.
MERKUR: tritt ihm in den Weg. Wohin?
SOSIAS: Was geht's dich an, zum Teufel?
MERKUR: Ich will wissen, Sag ich dir, wo du hingehst?
SOSIAS: Jene Pforte Will ich mir öffnen lassen. Laß mich gehn.
MERKUR: Wenn du die Unverschämtheit hast, dich jener Schloßpforte dort zu nähern, sieh, so rasselt Ein Ungewitter auf dich ein von Schlägen.
SOSIAS: Was? soll ich nicht nach Hause gehen dürfen?
MERKUR: Nach Hause? sag das noch einmal.
SOSIAS: Nun ja. Nach Haus.
MERKUR: Du sagst von diesem Hause dich?
SOSIAS: Warum nicht? Ist es nicht Amphitryons Haus?
MERKUR: Ob dies Amphitryons Haus ist? Allerdings, Halunk, ist dies das Haus Amphitryons, Das Schloß des ersten Feldherrn der Thebaner. Doch welch ein Schluß erfolgt? –
SOSIAS: Was für ein Schluß? Daß ich hineingehn werd. Ich bin sein Diener.
MERKUR: Sein Die –?
SOSIAS: Sein Diener.
MERKUR: Du?
SOSIAS: Ich, ja.
MERKUR: Amphitryons Diener?
SOSIAS: Amphitryons Diener, des Thebanerfeldherrn.
MERKUR: – Dein Name ist?
SOSIAS: Sosias.
MERKUR: So –?
SOSIAS:Sosias.
MERKUR: Hör, dir zerschlag ich alle Knochen.
SOSIAS: Bist du Bei Sinnen?
MERKUR: Wer gibt das Recht dir, Unverschämter, Den Namen des Sosias anzunehmen?
SOSIAS: Gegeben wird er mir, ich nehm ihn nicht. Mag es mein Vater dir verantworten.
MERKUR: Hat man von solcher Frechheit je gehört? Du wagst mir schamlos ins Gesicht zu sagen, Daß du Sosias bist?
SOSIAS: Ja, allerdings. Und das aus dem gerechten Grunde, weil es Die großen Götter wollen; weil es nicht In meiner Macht steht, gegen sie zu kämpfen, Ein andrer sein zu wollen als ich bin; Weil ich muß Ich, Amphitryons Diener sein, Wenn ich auch zehenmal Amphitryon, Sein Vetter lieber, oder Schwager wäre.
MERKUR: Nun, wart! Ich will dich zu verwandeln suchen.
SOSIAS: Ihr Bürger! Ihr Thebaner! Mörder! Diebe!
MERKUR: Wie du Nichtswürdiger, du schreist noch?
SOSIAS: Was? Ihr schlagt mich, und nicht schreien soll ich dürfen?
MERKUR: Weißt du nicht, daß es Nacht ist, Schlafenszeit Und daß in diesem Schloß Alkmene hier, Amphitryons Gemahlin, schläft?
SOSIAS: Hol Euch der Henker! Ich muß den kürzern ziehen, weil Ihr seht, Daß mir zur Hand kein Prügel ist, wie Euch. Doch Schläg erteilen, ohne zu bekommen, Das ist kein Heldenstück. Das sag ich Euch: Schlecht ist es, wenn man Mut zeigt gegen Leute, Die das Geschick zwingt, ihren zu verbergen.
MERKUR: Zur Sach also. Wer bist du?
SOSIAS: für sich. Wenn ich dem Entkomme, will ich eine Flasche Wein Zur Hälfte opfernd auf die Erde schütten.
MERKUR: Bist du Sosias noch?
SOSIAS: Ach laß mich gehn. Dein Stock kann machen, daß ich nicht mehr bin; Doch nicht, daß ich nicht Ich bin, weil ich bin. Der einz'ge Unterschied ist, daß ich mich Sosias jetzo der geschlagne, fühle.
MERKUR: Hund, sieh, so mach ich kalt dich.
Er droht.
SOSIAS: Laß! Laß! Hör auf, mir zuzusetzen.
MERKUR: Eher nicht, Als bis du aufhörst –
SOSIAS: Gut, ich höre auf. Kein Wort entgegn ich mehr, recht sollst du haben, Und allem, was du aufstellst, sag ich ja.
MERKUR: Bist du Sosias noch, Verräter?
SOSIAS: Ach! Ich bin jetzt, was du willst. Befiehl, was ich Soll sein, dein Stock macht dich zum Herren meines Lebens.
MERKUR: Du sprachst, du hättest dich Sosias sonst genannt?
SOSIAS: Wahr ist's, daß ich bis diesen Augenblick gewähnt, Die Sache hätte ihre Richtigkeit. Doch das Gewicht hat deiner Gründe mich Belehrt: ich sehe jetzt, daß ich mich irrte.
MERKUR: Ich bin's, der sich Sosias nennt.
SOSIAS: Sosias –? Du –?
MERKUR: Ja Sosias. Und wer Glossen macht, Hat sich vor diesen Stock in acht zu nehmen.
SOSIAS: für sich. Ihr ew'gen Götter dort! So muß ich auf Mich selbst Verzicht jetzt leisten, mir von einem Betrüger meinen Namen stehlen lassen?
MERKUR: Du murmelst in die Zähne, wie ich höre?
SOSIAS: Nichts, was dir in der Tat zu nahe träte, Doch bei den Göttern allen Griechenlands Beschwör ich dich, die dich und mich regieren, Vergönne mir, auf einen Augenblick, Daß ich dir offenherz'ge Sprache führe.
MERKUR: Sprich.
SOSIAS: Doch dein Stock wird stumme Rolle spielen? Nicht von der Unterhaltung sein? Versprich mir, Wir schließen Waffenstillstand.
MERKUR: Gut, es sei. Den Punkt bewillg' ich.
SOSIAS: Nun so sage mir, Wie kommt der unerhörte Einfall dir, Mir meinen Namen schamlos wegzugaunern? Wär es mein Mantel, wär's mein Abendessen; Jedoch ein Nam! Kannst du dich darin kleiden? Ihn essen? trinken? oder ihn versetzen? Was also nützet dieser Diebstahl dir?
MERKUR: Wie? Du – du unterstehst dich?
SOSIAS: Halt! halt! sag ich. Wir schlossen Waffenstillstand.
MERKUR: Unverschämter! Nichtswürdiger!
SOSIAS: Dawider hab ich nichts. Schimpfwörter mag ich leiden, dabei kann ein Gespräch bestehen.
MERKUR: Du nennst dich Sosias?
SOSIAS: Ja, ich gesteh's, ein unverbürgtes Gerücht hat mir –
MERKUR: Genug. Den Waffenstillstand Brech ich, und dieses Wort hier nehm ich wieder.
SOSIAS: Fahr in die Höll! Ich kann mich nicht vernichten, Verwandeln nicht, aus meiner Haut nicht fahren, Und meine Haut dir um die Schultern hängen. Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt? Träum ich etwa? Hab ich zur Morgenstärkung Heut mehr, als ich gewöhnlich pfleg, genossen? Bin ich mich meiner völlig nicht bewußt? Hat nicht Amphitryon mich hergeschickt, Der Fürstin seine Rückkehr anzumelden? Soll ich ihr nicht den Sieg, den er erfochten, Und wie Pharissa überging, beschreiben? Bin ich soeben nicht hier angelangt? Halt ich nicht die Laterne? Fand ich dich Vor dieses Hauses Tür herum nicht lungern, Und als ich mich der Pforte nähern wollte, Nahmst du den Stock zur Hand nicht, und zerbläutest Auf das unmenschlichste den Rücken mir, Mir ins Gesicht behauptend, daß nicht ich, Wohl aber du Amphitryons Diener seist. Das alles, fühl ich, leider, ist zu wahr nur; Gefiel's den Göttern doch, daß ich besessen wäre.
MERKUR: Halunke, sieh, mein Zorn wird augenblicklich, Wie Hagel wieder auf dich niederregnen! Was du gesagt hast, alles, Zug vor Zug, Es gilt von mir: die Prügel ausgenommen.
SOSIAS: Von dir? – Hier die Laterne, bei den Göttern, Ist Zeuge mir –
MERKUR: Du lügst, sag ich, Verräter. Mich hat Amphitryon hieher geschickt. Mir gab der Feldherr der Thebaner gestern, Da er vom Staub der Mordschlacht noch bedeckt, Dem Temp'l enttrat, wo er dem Mars geopfert, Gemeßnen Auftrag, seinen Sieg in Theben, Und daß der Feinde Führer Labdakus Von seiner Hand gefallen, anzukünd'gen; Denn ich bin, sag ich dir, Sosias, Sein Diener, Sohn des Davus, wackern Schäfers Aus dieser Gegend, Bruder Harpagons, Der in der Fremde starb, Gemahl der Charis, Die mich mit ihren Launen wütend macht; Sosias, der im Türmchen saß, und dem man Noch kürzlich funfzig auf den Hintern zählte, Weil er zu weit die Redlichkeit getrieben.
SOSIAS: für sich. Da hat er recht! Und ohne daß man selbst Sosias ist, kann man von dem, was er Zu wissen scheint, nicht unterrichtet sein. Man muß, mein Seel, ein bißchen an ihn glauben. Zudem, da ich ihn jetzt ins Auge fasse, Hat er Gestalt von mir und Wuchs und Wesen Und die spitzbüb'sche Miene, die mir eigen. – Ich muß ihm ein paar Fragen tun, die mich Aufs Reine bringen.
Laut.
Von der Beute, Die in des Feindes Lager ward gefunden, Sagst du mir wohl, wie sich Amphitryon Dabei bedacht, und was sein Anteil war?
MERKUR: Das Diadem ward ihm des Labdakus, Das man im Zelt desselben aufgefunden.
SOSIAS: Was nahm mit diesem Diadem man vor?
MERKUR: Man grub den Namenszug Amphitryons Auf seine goldne Stirne leuchtend ein.
SOSIAS: Vermutlich trägt er's selber jetzt –?
MERKUR: Alkmenen Ist es bestimmt. Sie wird zum Angedenken Des Siegs den Schmuck um ihren Busen tragen.
SOSIAS: Und zugefertigt aus dem Lager wird Ihr das Geschenk –?
MERKUR: In einem goldnen Kästchen, Auf das Amphitryon sein Wappen drückte.
SOSIAS: für sich. Er weiß um alles. – Alle Teufel jetzt! Ich fang im Ernst an mir zu zweifeln an. Durch seine Unverschämtheit ward er schon Und seinen Stock, Sosias, und jetzt wird er, Das fehlte nur, es auch aus Gründen noch. Zwar wenn ich mich betaste, wollt ich schwören, Daß dieser Leib Sosias ist. – Wie find ich nun aus diesem Labyrinth? – Was ich getan, da ich ganz einsam war, Was niemand hat gesehn, kann niemand wissen, Falls er nicht wirklich Ich ist, so wie ich. – Gut, diese Frage wird mir Licht verschaffen. Was gilt's? Dies fängt ihn – nun wir werden sehn.
Laut.
Als beide Heer im Handgemenge waren, Was machtest du, sag an, in den Gezelten, Wo du gewußt, geschickt dich hinzudrücken?
MERKUR: Von einem Schinken –
SOSIAS: für sich. Hat den Kerl der Teufel –?
MERKUR: Den ich im Winkel des Gezeltes fand,
MERKUR: Nun, endlich! Warum trolltest du nicht früher? Du hättst dir böse Risse sparen können. – Denn daß ihn eines Gottes Arm getroffen, Die Ehre kümmert den Halunken nicht: Ich traf ihn wie der beste Büttel auch. Nun, mag es sein. Gesündigt hat er gnug, Verdient, wenn auch nicht eben heut, die Prügel; Er mag auf Abschlag sie empfangen haben. – Wenn mir der Schuft mit seinem Zeterschrei, Als ob man ihn zum Braten spießen wollte, Nur nicht die Liebenden geweckt! – So wahr ich lebe, Zeus bricht schon auf. Er kommt, der Göttervater,
Jupiter in der Gestalt Amphitryons. Alkmene; Charis; Merkur; Fackeln.
JUPITER: Laß, meine teuerste Alkmene, dort Die Fackeln sich entfernen. Zwar sie leuchten Dem schönsten Reiz, der auf der Erde blüht, Und keiner der Olympier sah ihn schöner; Jedoch – wie sag ich? Sie verraten den, Den dieser Reiz hieher gelockt, Geliebte, Und besser wird es ein Geheimnis bleiben, Daß dein Amphitryon in Theben war, Sie sind dem Krieg geraubt, die Augenblicke, Die ich der Liebe opfernd dargebracht; Die Welt könnt ihn mißdeuten, diesen Raub; Und gern entbehrt ich andre Zeugen seiner, Als nur die eine, die ihn mir verdankt.
ALKMENE: Amphitryon! So willst du gehn? Ach, wie So lästig ist so vieler Ruhm, Geliebter! Wie gern gäb ich das Diadem, das du Erkämpft, für einen Strauß von Veilchen hin, Um eine niedre Hütte eingesammelt. Was brauchen wir, als nur uns selbst? Warum Wird so viel Fremdes noch dir aufgedrungen, Dir eine Krone und der Feldherrnstab? Zwar wenn das Volk dir jauchzt, und sein Entzücken In jedem großen Namen sich verschwendet, Ist der Gedanke süß, daß du mir angehörst; Doch dieser flücht'ge Reiz, kann er vergelten, Was ich empfinde, wenn im wilden Treffen Der Pfeil auf diesen teuern Busen zielt. Wie öd ist, ohne dich, dies Haus! Wie träge, Bist du mir fern, der muntre Reihn der Stunden, Wenn sie den Tag herauf mir führen sollen! Ach was das Vaterland mir alles raubt, Das fühl ich, mein Amphitryon, erst seit heute, Da ich zwei kurze Stunden dich besaß.
JUPITER: Geliebte! Wie du mich entzückst! Doch eine Besorgnis auch erregst du mir, die ich, So scherzhaft sie auch klingt, dir nennen muß. Du weißt, daß ein Gesetz der Ehe ist, Und eine Pflicht, und daß, wer Liebe nicht erwirbt, Noch Liebe vor dem Richter fordern kann. Sieh dies Gesetz, es stört mein schönstes Glück.Dir möcht ich, deinem Herzen, Teuerste, Jedwede Gunst verdanken, möchte gern Nicht, daß du einer Förmlichkeit dich fügtest, Zu der du dich vielleicht verbunden wähnst. Wie leicht verscheuchst du diese kleinen Zweifel? So öffne mir dein Innres denn, und sprich, Ob den Gemahl du heut, dem du verlobt bist, Ob den Geliebten du empfangen hast?
ALKMENE: Geliebter und Gemahl! Was sprichst du da? Ist es dies heilige Verhältnis nicht, Das mich allein, dich zu empfahn, berechtigt? Wie kann dich ein Gesetz der Welt nur quälen, Das weit entfernt, beschränkend hier zu sein, Vielmehr den kühnsten Wünschen, die sich regen, Jedwede Schranke glücklich niederreißt?
JUPITER: Was ich dir fühle, teuerste Alkmene, Das überflügelt, sieh, um Sonnenferne, Was ein Gemahl dir schuldig ist. Entwöhne, Geliebte, von dem Gatten dich, Und unterscheide zwischen mir und ihm. Sie schmerzt mich, diese schmähliche Verwechslung, Und der Gedanke ist mir unerträglich, Daß du den Laffen bloß empfangen hast, Der kalt ein Recht auf dich zu haben wähnt.Ich möchte dir, mein süßes Licht, Dies Wesen eigner Art erschienen sein, Besieger dein, weil über dich zu siegen, Die Kunst, die großen Götter mich gelehrt. Wozu den eitlen Feldherrn der Thebaner Einmischen hier, der für ein großes Haus Jüngst eine reiche Fürstentochter freite? Was sagst du? Sieh, ich möchte deine Tugend Ihm, jenem öffentlichen Gecken, lassen, Und mir, mir deine Liebe vorbehalten.
ALKMENE: Amphitryon! Du scherzest. Wenn das Volk hier Auf den Amphitryon dich schmähen hörte, Es müßte doch dich einen andern wähnen, Ich weiß nicht wen? Nicht, daß es mir entschlüpft In dieser heitern Nacht, wie, vor dem Gatten, Oft der Geliebte aus sich zeichnen kann;