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Verzückt taucht Sara mit Nikos durch die Unterwasserwelt der Ägäis. Und an Bord seiner Jacht lassen seine Zärtlichkeiten sie von noch mehr Glück träumen. Jetzt muss sie ihm endlich sagen, warum sie wirklich nach Griechenland gekommen ist. Wird dieses Geständnis ihren Traum zerstören?
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Seitenzahl: 198
IMPRESSUM
Auf der Jacht des Millionärs erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2009 by Barbara McMahon Originaltitel: „Greek Boss, Dream Proposal“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1836 - 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Andrea Zapf
Umschlagsmotive: Kiuikson / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 01/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751503358
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Sara Andropolous beugte sich vor, um das Gebäck von allen Seiten zu begutachten. Es sah perfekt aus. Lächelnd arrangierte sie die zarten, luftigen Waffeln auf einen der hauchdünnen Porzellanteller und sprenkelte ein wenig Honig darüber. Zwei Blättchen Pfefferminze als Verzierung, fertig. Sie fühlte sich beschwingt. Noch fünf weitere Dessertteller waren herzurichten.
Sie arbeitete rasch und konzentriert und war im Nu fertig. Mit weniger als Perfektion gab sie sich nicht zufrieden.
Seit den frühen Morgenstunden war sie auf den Beinen. Dennoch fühlte sie sich so frisch, als hätte sie gerade erst mit der Arbeit begonnen. Nichts bereitete ihr größere Freude, als Köstlichkeiten zu erschaffen. Dabei vergaß sie die Zeit und alles andere um sich herum.
„Mal sehen, wie das Ihren Gästen schmeckt“, murmelte sie, als stünde ihr Chef Nikos Konstantinos, auf dessen Jacht sie arbeitete, neben ihr.
Vor vier Monaten war Sara nach Griechenland gekommen, um als Köchin im Windsong Hotel zu arbeiten, das einige Kilometer von Thessaloniki entfernt lag. Schon lange hatte sie versucht, in Griechenland Fuß zu fassen. Als sich ihr diese Möglichkeit bot, ergriff sie ihre Chance. Sie hatte einen Untermieter für ihre Wohnung gesucht, sich von ihren Freunden verabschiedet und war in die Ägäis aufgebrochen. Im Kopf nur den einen Gedanken – ihre Großmutter Eleani Konstantinos zu finden.
Während die Jacht sanft auf dem Meer schaukelte, fragte sich Sara zum wiederholten Mal, ob sie ihrem Ziel wirklich näher gekommen war. Es war ihr wie ein Wink des Schicksals erschienen, als ihre Freundin Stacy herausbekommen hatte, dass Eleani zum zweiten Mal verheiratet war und auf einer Privatinsel in der Ägäis lebte. Ohne einen Augenblick zu zögern, hatte Sara sich daraufhin auf eine Stelle in der exklusiven Hotelanlage beworben, die dem Enkel des zweiten Ehemannes ihrer Großmutter gehörte. Wie erstaunt war sie, als sie bereits zwei Wochen nach dem ersten Bewerbungsgespräch eine Zusage erhielt. Sicher war es von Vorteil gewesen, dass sie selbst Griechin war und die Sprache beherrschte. Doch sie wollte trotzdem glauben, dass es ihre Leistungen waren, die ihren Arbeitgeber überzeugt hatten. Das hervorragende Gehalt, das ihr geboten wurde, bewies, dass man sich nur mit höchster Kochkunst zufriedengeben würde.
Bisher war alles besser als erwartet verlaufen. Es erschien ihr wie ein kleines Wunder, dass sie bereits nach vier Monaten eine befristete Stelle auf der Luxusjacht von Nikos Konstantinos bekommen hatte. Mit etwas Glück würden sie irgendwann die Privatinsel der Familie anlaufen, wo auch ihre Großmutter lebte. Wie es dann weitergehen sollte, darüber war sich Sara noch nicht im Klaren. Dennoch, sie war ihrem Ziel noch nie so nahe gewesen und war sicher, mit der Zeit würde sich alles fügen.
Sie streckte sich kurz, bevor sie die Nachspeisen auf einem eleganten Silbertablett anrichtete und es dann in die Durchreiche stellte. Von dort würde der Steward es zu den Gästen in den Speisesalon bringen. Es war nach neun Uhr, und sie hatte ihre Arbeit für diesen Tag erledigt. Obgleich sie am Morgen bereits vor sechs aufgestanden war, um das Frühstück vorzubereiten, fühlte sie sich munter und kein bisschen müde.
Der reguläre Koch der Jacht hatte eine akute Blinddarmentzündung bekommen, und sie sollte bis zu seiner Genesung für ihn einspringen. Vom Chefkoch der Hotelanlage, der sie für die Stelle empfohlen hatte, hatte sie erfahren, dass Nikos Konstantinos, der Eigentümer des Hotelkomplexes, einige Gäste zu einer einwöchigen Kreuzfahrt durch die Ägäis eingeladen hatte. Nun wurde jemand gebraucht, der erfahren genug war, sämtliche Mahlzeiten einschließlich der Nachspeisen zuzubereiten. Sara konnte es kaum fassen, dass der Chefkoch sie vorgeschlagen hatte, obwohl sie erst so kurz zum Team gehörte. Wenn sie weiterhin in diesem Tempo vorankam, würde sie noch vor Ende des Monats ihre Großmutter sehen.
Von ihrem persönlichen Geheimdienst, wie sie ihren Freundeskreis in London nannte, hatte sie in Erfahrung gebracht, dass ihre Großmutter auf der Privatinsel der Konstantinos’ in der Ägäis lebte, auf die man nur als Gast der Familie gelangen konnte. Dieser Weg stand ihr nicht offen. Also hatte sie versucht, schriftlich Kontakt aufzunehmen. Doch der Brief, den sie ihrer Großmutter geschrieben hatte, war ungeöffnet zurückgekommen. Am Telefon hatte man sie nicht durchgestellt, und eine E-Mail-Adresse gab es nicht. Da sie befürchtete, Nikos Konstantinos würde sie sofort feuern, hatte sie ihn nicht in dieser Angelegenheit angesprochen. Sie musste selbst einen Weg finden, auf die Insel zu gelangen.
Nur so konnte sie Eleani Konstantinos vom Tod ihrer Tochter Damaris berichten, deren letzter Wunsch es gewesen war, sich mit ihren Eltern zu versöhnen. Dafür hatte die Zeit nicht mehr gereicht, denn Damaris Andropolous war kurze Zeit später gestorben.
Sara wünschte sich nichts sehnlicher, als den Zwist, der die Familie vor nahezu dreißig Jahren gespalten hatte, aus der Welt zu schaffen. Über ein Jahr lang hatte sie darauf hingearbeitet, den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen.
Sie war ihrer Mutter unendlich dankbar dafür, dass sie ihr Griechisch beigebracht hatte. Die meisten ihrer Londoner Freunde hatten ihre Wurzeln in Griechenland. Sara wusste, dass sie ohne ihre fließenden Griechischkenntnisse die Stelle im Hotel nicht bekommen hätte. Es fiel ihr nicht schwer, sich in der neuen Umgebung einzugewöhnen, die sie als angenehmen Kontrast zum verregneten London empfand. Voller Freude hatte sie sich in die Arbeit gestürzt, und es hatte sich ausgezahlt.
Während sie die benutzten Töpfe und Pfannen zum Einweichen in die Spüle stellte, überlegte sie, was sie zu ihrer Großmutter sagen sollte, wenn sie ihr erst gegenüberstand. Sie wusste, dass ihr Großvater vor einigen Jahren gestorben war und Eleani einige Jahre später Spiros Konstantinos geheiratet hatte, den Besitzer der legendären Konstantinos-Reederei. Ohne großen Erfolg hatte sie versucht, mehr über die Familie herauszufinden. Offensichtlich legte man viel Wert auf Privatsphäre.
„Ich habe mich verspätet, Entschuldigung. Wird nicht mehr vorkommen“, sagte Stefano und hob mit Schwung das Tablett mit den Desserts hoch. Sara hatte sich daran gewöhnt, dass der Steward mindestens einmal am Tag zu spät kam. Wenn Nikos Konstantinos nichts dagegen hatte, ihr machte es bestimmt nichts aus.
„Sieht köstlich aus, wie immer. Ich bringe es den Gästen.“ Er sprach so schnell, dass sie manchmal Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. Sara überprüfte noch einmal, ob er alles hatte, was er für die Gäste brauchte, dann stellte sie das Essen für die Schiffsbesatzung auf ein großes Tablett.
Als Stefano zurückkam, lehnte er sich an die Tür und atmete hörbar aus. „Es sieht so aus, als sollten sich die entzückende Gina Fregulia und unser Chef auf diesem Trip besser kennenlernen. Sie lässt ihren Charme spielen und ihr Vater Andeutungen über eine Hochzeit fallen. Und es hat nicht den Anschein, als würde Nikos sich widersetzen.“
„Und woher willst du das wissen?“, fragte Sara und arbeitete weiter. Sie hoffte, er würde weiterreden. Je mehr ich über die Konstantinos’ weiß, umso besser kann ich meinen Plan umsetzen, dachte sie.
„Es ist kein großes Geheimnis. Der Mann ist vierunddreißig. Höchste Zeit zu heiraten und eine Familie zu gründen. Wer soll sonst das ganze Geld erben?“
Der Kommentar ließ sie aufblicken. „Du bist fünfunddreißig. Bist du verheiratet?“
Stefano lachte. „Bei mir ist das etwas anderes. Ich sehe jeden Tag schöne Frauen. Segele kreuz und quer durch die Ägäis. Vielleicht binde ich mich irgendwann. Aber ich habe kein doppeltes Vermögen zu vererben.“
„Ein doppeltes Vermögen?“
„Nikos ist nicht in die Fußstapfen der Familie getreten und arbeitet nicht für die Reederei. Trotzdem ist er der einzige Erbe. Gleichzeitig hat er mit der Ferienanlage ein eigenes Vermögen gemacht. Ich wünschte, ich hätte nur einen Teil des Geldes.“
„Das wünschen wir uns wohl alle. Und wir kriegen ja auch etwas davon ab, indem wir ein gutes Gehalt für unsere Arbeit erhalten.“ Sie schenkte dem Steward ein Lächeln.
„Ich meine, es ausgeben zu können, ohne dafür zu arbeiten. Ich bin gespannt, wie sich das Verhältnis zwischen der jungen Dame und dem Boss entwickelt.“
„Bezweifelst du, dass etwas daraus wird?“, fragte Sara neugierig. Dutzende von Fragen brannten ihr auf der Zunge, doch sie wollte keinen Verdacht erregen.
Stefano zuckte die Schultern. „Ich habe gehört, dass Nikos seine erste Verlobte sehr geliebt hat. Wie es genau zu der Trennung kam, habe ich nie erfahren. Jedenfalls war seine Laune danach für lange Zeit kaum zu ertragen. Auch wenn arrangierte Ehen uns heute ziemlich altmodisch vorkommen, in der Welt der Superreichen sind sie nicht so ungewöhnlich. Ich glaube, Nikos wird eine wohlüberlegte Ehe eingehen. Zum Besten seines Unternehmens und um sicherzustellen, dass er Erben bekommen wird. Die Fregulias sind wohlhabende Weinhändler aus Italien. Ihr Vermögen ist sicher so groß wie seines. Zumindest weiß er in diesem Fall, dass er nicht des Geldes wegen geheiratet wird. Ich tippe auf eine Vernunftehe.“
„Vielleicht.“ Sara legte letzte Hand an die Nachspeisen für die Besatzung. „Ich wünsche ihnen viel Glück.“ Ein glücklicher Nikos würde leichter zugänglich sein, falls sie je seine Hilfe brauchen sollte, um zu ihrer Großmutter zu gelangen.
„Gina Fregulia ist jedenfalls am Ziel, wenn sie Nikos’ Millionen in die Finger kriegt.“
„Ich dachte, sie sei reich?“
„Ihr Vater verfügt über das Geld. Das ist ein kleiner Unterschied. Und sie hat es auf Nikos abgesehen.“
Sara folgte Stefano zum Achterdeck, wo der Tisch für die Besatzung gedeckt war. Man hatte ihr einen Platz am Ende des Tisches freigehalten. Mit Ausnahme von Stefano war der Rest der Besatzung um einiges älter als sie. Die meisten fuhren vermutlich bereits seit Jahren auf der Jacht der Konstantinos’.
Nun endlich konnte sie sich ein wenig entspannen. Sie hatte ihre Pflicht für den Tag erfüllt. Die sanfte Brise, die sie umwehte, während die Jacht die Wellen durchschnitt, machte den Aufenthalt an Deck noch angenehmer. Die Kühle tat gut nach der Hitze in der Küche. Der Himmel verdunkelte sich, und nach und nach begannen die Sterne zu funkeln. Nur die Positionslampen des Schiffes und die Beleuchtung aus dem Salon durchbrachen die samtige Dunkelheit.
Als sie ihre Mahlzeit beendet hatte, überlegte Sara, ob sie sich in einen der Liegestühle legen und die Sterne betrachten sollte. In London hatte sie nie so viele gesehen.
Bald würden sie ankern, und wie jede Nacht würde das Ägäische Meer die Jacht sachte auf und ab wiegen. Sara liebte dieses sanfte Schaukeln. Vielleicht sollte sie sich um eine dauerhafte Stelle auf einem Schiff bewerben, wenn sie ihre Aufgabe hier erfüllt hatte.
„Danke“, sagte einer von der Besatzung. „Das Essen war sehr gut.“
Einer nach dem anderen erhoben sich die Männer und bedankten sich bei ihr. Sara strahlte vor Freude. Schließlich stand auch Stefano auf, um den Tisch abzuräumen. Er nahm das benutzte Geschirr mit und ließ nur Saras Wasserglas zurück.
Sara genoss eine Weile die Nachtluft, dann ging sie zurück in die Kombüse, um nachzusehen, ob alles für das Frühstück vorbereitet war. Danach würde sie zu Bett gehen.
Sie war länger auf dem Achterdeck geblieben, als sie gedacht hatte. Die Kombüse blitzte. Stefano hatte ganze Arbeit geleistet und war bereits gegangen. Sie hätte sich über ein wenig Gesellschaft gefreut, während sie im Geiste die Liste der Zutaten durchging, die sie brauchte, um für das Frühstück verschiedene kleine Quiches zu backen. Außerdem wollte sie süßes Hefegebäck und frisches Obst anbieten. Auf der eleganten Jacht fehlte es an nichts, um selbst die wählerischsten Gäste zufriedenzustellen.
Als sie die Tür hinter sich aufgehen hörte, zuckte Sara erschrocken zusammen und drehte sich rasch um. Überrascht hielt sie in der Bewegung inne. Kein Zweifel, vor ihr stand Nikos Konstantinos.
Sie hatte sich bereits daran gewöhnt, dass viele Männer in Griechenland sehr attraktiv waren. Doch der Mann, der soeben hereingekommen war, stach alle aus. Verwirrt und schüchtern wie ein Schulmädchen, wusste sie nicht, was sie sagen sollte, und blickte ihn nur stumm an. Er hatte welliges schwarzes Haar, und seine tiefe Bräune zeugte von langen Aufenthalten in der ägäischen Sonne. Mit dunklen Augen musterte er sie ernst. Er wirkte durchtrainiert, und die breiten Schultern wurden von der perfekt geschnittenen weißen Smokingjacke betont. Der elegante Abendanzug erschien Sara fast ein wenig übertrieben für eine Schiffsreise, doch sie musste zugeben, dass er hervorragend darin aussah. Dann aber riss sie sich von seinem Anblick los und rief sich zur Ordnung. Er würde sie für strohdumm halten, wenn sie nicht bald etwas sagte.
„Kann ich etwas für Sie tun?“ Für einen Augenblick fühlte sie sich wie von unsichtbaren Fäden zu ihm hingezogen.
„Sie sind der Ersatz für unseren Chefkoch?“, fragte er ungläubig.
Seine tiefe, etwas raue Stimme klang so sexy, dass Sara am liebsten die Augen geschlossen und ihn gebeten hätte weiterzusprechen, nur damit sie ihm lauschen konnte. Doch das war natürlich unmöglich. So neigte sie nur leicht den Kopf, ignorierte ihr hämmerndes Herz und antwortete höflich lächelnd: „Ja, das bin ich.“
Sei vorsichtig, rief sie sich in Erinnerung, dieser Mann kann dir dazu verhelfen, zu deiner Großmutter zu gelangen. Verdirb es dir nicht mit ihm. Doch dann war ihr Kopf wieder wie leergefegt, und sie fühlte sich magisch von dem umwerfend aussehenden Griechen angezogen.
Nikos kniff leicht die Augen zusammen. „Ich hatte keine so junge Frau erwartet“, sagte er scharf.
„Leistung hat nichts mit dem Alter zu tun“, entgegnete Sara heftiger als beabsichtigt. Warum sollte eine Frau von Ende zwanzig nicht eine ebenso gute Köchin sein wie eine fünfzigjährige? Hatte sie diesen Mann eben noch attraktiv gefunden? Nun stand sie wieder mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität. Er kam aus der Gesellschaft, die ihre Mutter vor dreißig Jahren grausam verstoßen hatte. Was wusste er von Unglück, Entbehrungen und gebrochenem Herzen? Oder wie es sich anfühlte, sich halb tot zu schuften, um voranzukommen? Sie hatte lange und hart dafür gearbeitet, um den Ruf als Köchin zu erlangen, den sie inzwischen besaß. Das Alter hatte nichts damit zu tun. Entschlossenheit und Hartnäckigkeit waren der Schlüssel zum Erfolg.
„Ich muss mich entschuldigen. Das wollte ich damit nicht andeuten. Ich war nur überrascht, das ist alles. Ich wollte Ihnen ein Kompliment für das heutige Abendessen machen. Meine Gäste waren voll des Lobes. Das Lamm war butterzart.“
Sara freute sich über das Kompliment und war überrascht, dass ihr neuer Boss sich die Zeit nahm, die Köchin persönlich zu loben.
„Ich bin Nikos Konstantinos“, stellte er sich vor. Als ob sie das nicht wüsste.
„Ich bin Sara Andropolous.“
„Ist in der Küche alles vorhanden, was Sie brauchen?“
„Ja. Die Kombüse ist perfekt.“
„So wie Ihre Mahlzeiten.“
Freude wallte in ihr auf. Sie hatte hart für ihre Ziele gearbeitet, und notfalls würde sie um ihren Job kämpfen. Doch das schien heute nicht nötig zu sein.
„Ich gebe ein verdientes Lob gern weiter, damit die Betreffende weiß, dass ihre Arbeit gewürdigt wird“, fuhr er fort.
Sie erwiderte seinen Blick. Außer einem kurzen „Danke“ wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Er nickte ihr kurz zu und ging.
Unser beider Herkunft hätte nicht unterschiedlicher sein können, überlegte Sara. Sie war in sehr einfachen Verhältnissen groß geworden, hatte als Köchin in einem Imbiss gearbeitet und nebenher stundenlang in einer Spülküche geschuftet, um die zusätzliche Ausbildung bei den besten Köchen finanzieren zu können. Entschlossenheit und Durchhaltevermögen, ja sogar eine Portion des halsstarrigen Stolzes ihrer Mutter hatten ihr zum Erfolg verholfen.
Nikos hingegen hatte sich den Bau seines Hotels sicher nicht vom Mund absparen müssen. Jetzt nenne ich ihn in Gedanken schon Nikos, ging es ihr durch den Kopf. Wir sind keine Freunde und werden auch niemals welche werden, rief sie sich in Erinnerung.
Wenn seine Gäste mit dem Essen zufrieden sind, wird er sich freuen und mich vielleicht länger an Bord behalten, ging es Sara durch den Kopf. Wenn das Schicksal ihr wohlgesonnen war, dann würden sie auch die Privatinsel anlaufen.
Voller Optimismus ging sie kurze Zeit später in ihre winzige Kajüte. Sie hatte ihren Chef kennengelernt, und er war zufrieden mit ihr. Das ließ sich doch gut an.
Sie wusste, dass sie großes Glück gehabt hatte, vom Chefkoch für diesen ruhigen Job empfohlen worden zu sein. Außer ihr waren noch fünf weitere Besatzungsmitglieder an Bord. Zusammen mit Nikos und den Gästen waren sie zwölf. Ein himmelweiter Unterschied zur Arbeit in der Hotelküche, wo sie täglich Dutzende von Gerichten zubereiten musste.
Als sie die Jacht zum ersten Mal gesehen hatte, war sie in ehrfürchtiges Staunen verfallen: ein elegantes, strahlend weißes Schiff mit einem hohen Bug. Auf dem Achterdeck hätte man gut und gern eine Party mit fünfzig Gästen abhalten können. Der Schiffseigner hatte seinen Angestellten gestattet, dort ihre Freizeit zu verbringen, was Sara sehr großzügig fand.
Sie runzelte die Stirn, denn sie wollte Nikos Konstantinos nicht so viele gute Eigenschaften zubilligen. Auch wenn er einer der attraktivsten Männer war, die sie je getroffen hatte, für sie stellte er nur ein Mittel zum Zweck dar. Das durfte sie nicht vergessen. Außerdem hatte Stefano angedeutet, dass während der Kreuzfahrt mit einer Verlobung zu rechnen sei. Es klang nach einem sehr nüchternen Arrangement. Und es erinnerte sie an die Situation, in der sich ihre Mutter vor vielen Jahren befunden hatte. Auch sie hatte aus Vernunftgründen heiraten sollen. Allerdings schien das Paar, um das es hier ging, nichts gegen eine Zweckehe einzuwenden zu haben.
Sara war erstaunt, wie sehr sie sich zu ihrem Chef hingezogen fühlte. Sie war sogar kurz in Versuchung geraten, mit ihm zu flirten. Ein gut aussehender Mann, eine einsame Frau, der perfekte romantische Hintergrund.
Es wäre garantiert schiefgegangen.
Nikos verließ die Kombüse und ging zu seiner Suite, die ihm als Büro und Schlafzimmer diente. Seine Köchin hatte sich als Überraschung erwiesen: erstaunlich jung und attraktiv. Aus dem welligen dunklen Haar, das sie zurückgebunden trug, hatten sich Strähnen gelöst, die ihr Gesicht weich umrahmten. Die großen braunen Augen hatten ihn mit unerklärlicher Besorgnis angeblickt. Er war es gewohnt, dass man ihm mit Respekt begegnete. Doch ihr Verhalten hatte sich von der Höflichkeit, mit der man ihm üblicherweise begegnete, unterschieden. Seine Bemerkung über ihr Alter hatte sie verärgert. Nikos hätte beinahe gelächelt. Empfindlich – aber waren sie das nicht alle, die großen Köche? Bislang hatte er nur männliche kennengelernt. Eine Köchin war etwas Neues. Zumindest hatte sie nicht sofort versucht, mit ihm zu flirten und ihn für sich einzunehmen.
Er war der vielen koketten Frauen längst überdrüssig geworden, denn er hatte früh lernen müssen, dass die meisten Frauen nur eines wollten – ein Leben in Luxus. Finanziert von einem reichen Mann. Seine eigene in die Brüche gegangene Verlobung bewies es.
Als wäre das Leben ein Glücksspiel und er einer der Preise.
Die nächste Verbindung, die er einging, würde auf Vernunft basieren und so Bestand haben. Er würde sich nie mehr von verlogenen Liebesschwüren den Kopf verdrehen lassen. Er fand Gina Fregulia attraktiv, war jedoch nicht in sie verliebt. Sie hatte Stil und bewegte sich in seinen Kreisen. Mit ihren exzellenten Weinkenntnissen und den Kontakten ihrer Familie wäre sie ein wirklicher Zugewinn für sein Hotel.
Nikos öffnete die Tür zur Suite, zog seine Smokingjacke aus und beschloss, sich noch ein wenig um das Geschäftliche zu kümmern, bevor er zu Bett ging.
Als Stefano am nächsten Morgen pünktlich um acht Uhr das Frühstück brachte, hatte Nikos bereits eine Stunde gearbeitet. Über Satellit war er mit der Hotelanlage verbunden und jederzeit erreichbar. Jetzt sprach er gerade mit seinem Vater am Telefon.
„Hast du in letzter Zeit von deinem Großvater gehört?“, fragte Andros.
„Gibt es Probleme?“, wollte Nikos wissen. Es kam nur selten vor, dass sein Vater ihn in Familienangelegenheiten sprechen wollte. Die Leitung einer Reederei war noch zeitaufwendiger als die eines Hotels, und so war er stets überaus beschäftigt. Seit er denken konnte, hatte sein Vater ausschließlich für sein Unternehmen gelebt.
„Er hat es sich in den Kopf gesetzt, sich ein neues Boot zuzulegen. Er meint, das alte sei nicht mehr gut in Schuss.“
„Es läuft perfekt.“ Nikos sorgte dafür, dass alle Privatboote der Familie regelmäßig gewartet wurden.
„Ich denke, er will ein kleineres, das er noch selbst steuern kann. Dabei ist er schon vierundachtzig. Viel zu alt, um noch allein über die Ägäis zu schippern“, bemerkte Andros verärgert.
„Hast du ihm das gesagt?“ Nikos kannte die Antwort bereits.
„Hältst du mich für verrückt? Ich dachte, du könntest ihn vielleicht besuchen und ihn dazu bringen, das Schiff mit der Besatzung zu behalten. Bitte sorge dafür, dass er keine Dummheit begeht.“
„Mein Großvater neigt nicht zu Dummheiten“, erwiderte Nikos mit sanftem Nachdruck. Hin und wieder kam es vor, dass sein Vater ihn um Vermittlung bat. Es war das Äußerste an Gefühlen, was er der Familie gegenüber zeigte.
„Wann warst du das letzte Mal dort?“
„Vor einem Monat“, antwortete Nikos.
„Kannst du dich bald freimachen?“
Nikos blickte aus dem breiten Fenster auf das glitzernde Meer. „Sobald meine Gäste abgereist sind. Ich habe die Fregulias und die Onetas zu Besuch.“
„Dann nächste Woche. Gib mir Bescheid.“ Ohne Abschiedsgruß beendete Andros den Anruf.
„Interessiert es dich, wie mein Geschäft läuft?“, murmelte Nikos, als er auflegte. Sein Vater brachte nur Interesse für seine eigene Branche auf. „Oder willst du wissen, ob Gina und ich heiraten werden?“ Sei’s drum, er wusste, dass sein Vater sich nicht mehr ändern würde. Ebenso wenig wie sein Großvater. Wenn der alte Herr ein Motorboot wollte, das er selbst steuern konnte, dann würde er sich eines zulegen. Und ich werde es ihm nicht ausreden, dachte Nikos. Er hoffte, mit vierundachtzig noch ebenso so rüstig zu sein wie sein Großvater.
Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und nahm erst jetzt das Frühstück wahr, das aus einer kleinen Quiche, hausgemachtem Fruchtkompott und zwei Scheiben frischem Walnussbrot bestand. Wie früh ist Sara aufgestanden, um das alles vor sieben Uhr zuzubereiten?
Er gestand sich ein, dass seine neue Köchin ihn neugierig gemacht hatte. Eine Frau, die so schnell in einer Männerdomäne aufgestiegen war. Der Chefkoch hatte sie ausdrücklich empfohlen. Dass sie außerdem noch hübsch war, konnte natürlich nicht schaden.
Kopfschüttelnd nahm er die Reservierungsliste für den kommenden Monat zur Hand. Er hatte anderes zu tun, als an seine Angestellte zu denken.
Gegen Mittag suchte er den Kapitän auf und besprach mit ihm einen Zwischenstopp auf einer der kleineren, nahe gelegenen Inseln. Das würde seinen Gästen die Gelegenheit bieten einen Eindruck von der Schönheit der ägäischen Inseln zu bekommen. Er wies den Kapitän an, der Crew den Nachmittag freizugeben. Um sieben Uhr würden sie dann wieder auslaufen.
Kurz nachdem die Insel in Sicht gekommen war, erhielt Nikos eine Nachricht aus dem Hotel. Sein Assistent teilte ihm mit, dass es in der gesamten Anlage zu einem Stromausfall gekommen war.