Ausgetanzt - Andreas Kühn - E-Book

Ausgetanzt E-Book

Andreas Kuhn

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Beschreibung

"Ausgetanzt - 4392 Tage unschuldig im Gefängnis" handelt vom Leben des Andreas Kühn, der als Kind schon eine schwierige Zeit durchmachen musste, aber sich immer bemühte, ein anständiger Mensch zu bleiben. Bis an jenen dramatischen Tag, der sein Leben für immer veränderte. Er ging durch die Hölle und ging weiter, er gab nie auf und kämpfte sich zurück ins Leben, mit Erfolg. Der Titel beschreibt die Zeit, in der Andreas Kühn "Ausgetanzt" hatte, und wie es jeder schaffen kann, in ausweglosen Situationen im Leben auf dem richtigen Weg zu bleiben, Krisen zu Meistern sowie ein glückliches Leben zu führen.

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Inhalt

Prolog von Andreas Kühn

Kapitel 1 Meine Kindheit bis 1980 und die Flucht vor dem Schwarzen Mann

Kapitel 2 Meine Jugendzeit 1980 bis 1989 oder in der Hölle hilft nur Musik

Kapitel 3 „Lieber stehend sterben, als knieend leben“ September 1989 bis Juni 1993

Kapitel 4 „Nichts ist für die Ewigkeit“ Juli 1993 bis Dezember 1995

Kapitel 5 „Gehasst verdammt, vergöttert“ Januar 1996 bis Juni 2000

Kapitel 6 „Nichts ist für immer da“ Juli 2000 bis April 2001

Kapitel 7 Der Prozess oder vor Gericht und auf See bist du in Gottes Hand

Kapitel 8 Kuchen und kein Bier im Cafe Achteck Mai 2001 bis November 2005

Kapitel 9 Sancho Panza und der Kampf gegen die Windmühlen der Justiz

Kapitel 10 „Die Stunde des Siegers“ Januar 2012 bis Dezember 2019

Kapitel 11 „Wie aus der Sage“ Januar 2020 bis Dezember 2023

Epilog von Andreas kühn

Danksagung

Legende

Ausgetanzt 4392 Tage Unschuldig im Gefängnis von Andreas Kühn

Prolog

Unser aller Leben beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. In dieser Zeit gestalten wir das Motiv unseres einzigartigen Lebens, dass aus einem großen Puzzle besteht. Der Rahmen wird von unseren Eltern gestaltet, die uns prägen. Es liegt an uns, die vielen Teile zusammen zu setzen, die wir in unserem Leben erhalten. Immer wieder halten wir Teile in der Hand und versuchen sie einzusetzen. Die einen passen auf Anhieb, die anderen gehören einfach nicht zu unserem Motiv, so wie falsche Freunde.

Ein Mensch wird in eine Zeit und Welt geboren, die er sich nicht aussuchen kann, er wird von seinem sozialen Umfeld geprägt und der Gesellschaft, in der er lebt. Was ist richtig und was ist falsch? Wer bringt es einem bei? Jeder muss seinen Weg gehen, seinen Platz in der Gesellschaft finden und seine Werte selbst definieren, die er für richtig hält. Die einen suchen ihr ganzes Leben lang danach und finden keine Antwort und die anderen wiederum gehen schon früh ihren Weg. Jeder muss sich entscheiden, auf welcher Seite er stehen möchte und wie er sein Leben gestalten will. Wer die Entscheidung für seinen Weg getroffen hat und ihn konsequent geht, wird viele Neider treffen und Menschen, die einen nach Strich und Faden ausnutzen. Die Enttäuschung ist groß, wenn Freunde sich nicht als diese erweisen und man sich von solchen Menschen trennen muss. Menschen, die mobben, einen nicht so akzeptieren wie man ist und einen negativ beeinflussen. Schon seit frühster Kindheit, wusste ich, was ich will und was nicht. Der Weg, den ich gegangen bin, hat mir alles abverlangt, er zeigt mir aber auch, dass es der richtige ist. Dieses Buch handelt von meinem Leben, meinem Weg, den ich gegangen bin und den ich weiter gehen werde. Er soll auch anderen Menschen Mut, Selbstbewusstsein und Hoffnung geben, in einer Zeit, in der sie nicht mehr weiterwissen, ihren Weg zu finden und zu gehen.

"Kommt her und schaut in mein Herz, ich bin für euch ein offenes Buch, ich habe nichts zu verbergen" Falco

Kapitel 1 Meine Kindheit bis 1980 oder die Flucht vorm Schwarzen Mann

Der 13. August 1973 war nicht nur der 12te Jahrestag des Mauer Bau in Berlin, sondern auch ein warmer Sommertag in Stuttgart. An diesem Tag erblickte ich kleiner Steppke das Licht der Welt. Meine Eltern Heinz und Magarete lernten sich in der Nachkriegszeit in Stuttgart kennen. Mein Vater geb. 1919 erlernte den Beruf des KFZ-Mechanikers und kam aus der wunderschönen Elbestadt Dresden. In die kehrte er noch vor Ende seines Militärdienstes als Bordfunker im zweiten Weltkrieg verwundet zurück.

Er war in der Luftschlacht von England mit dem Flugzeug Heinkel He 111 H mit Jumo 211F abgeschossen worden und im damaligen Feindesland notgelandet. Von dort schlug er sich verwundet, aber tapfer durch, bis Deutschland und kam im Januar 1945 in Dresden an.

Nachdem er hier den Luftangriff vom 16.Januar 1945 der Royal Air Force mit 133 Maschinen auf die Stadt überlebte, wurde am 13.Februar 1945 der 175 Fliegeralarm ausgelöst und die Dresdner begaben sich in die wenig vorhandenen Schutzräume der Stadt. Der Air Marshal Arthur Harris, Oberbefehlshaber des britischen "Bomber Command" gab unter dem Codewort "Chevin" den Befehl und Dresden erlebte bis 15.Februar 1945 die schlimmsten Luftangriffe seiner Geschichte, bei dem bis zu 25000 Menschen ihr Leben verloren. Nachdem am 8.Mai 1945 die Kapitulation der deutschen Wehrmacht verkündet wurde, half mein Vater beim Wiederaufbau von Dresden und war auch als Lastwagenfahrer mit eigenem Fuhrunternehmen tätig.

Meine Mutter geb. 1929 kam aus Bösdorf/Neiße in Oberschlesien, dem heutigen Pakoslawice in Polen. Nicht einmal 10 Jahre, war meine Mutter, als der Zweite Weltkrieg begann. Im Februar 1945 flüchtete die Familie meiner Mutter und sie selbst mit dem Zug nach Vöcklabruck in Österreich. Dort mussten sie bis Oktober 1945 in einer Flüchtlingsunterkunft hausen. Am 22.Oktober 1945 fuhren sie mit einem Zug in Richtung Stuttgart, wo sie in Kornwestheim ankamen.

Von dort wurden die Zwillingsschwestern meiner Mutter, Gertrud sowie Hedel von einem Bauern aus Gebersheim abgeholt, wo sie unterkamen und in der Landwirtschaft arbeiten konnten. Meine Mutter zog es aber gleich in die Stadt Stuttgart, wo sie half, die Stadt von Trümmern zu befreien. Im Zweiten Weltkrieg vielen geschätzte 400 Millionen Kubikmeter Schutt an, dem die Trümmerfrauen mit Eimer und Schauffel zu Leibe rückten. Sie waren es, die einen Neubeginn in Deutschland ermöglichten. In dieser Nachkriegszeit lernte sie einen Mann kennen aus deren Beziehung eine Tochter entstand, meine Stief-Schwester Angelika.

Mein Vater war mittlerweile aus Dresden nach Stuttgart gekommen und arbeitete als Lastwagenfahrer bei der Firma Schauffele. Im Sommer 1957 lernten sie sich mitten in der Wirtschaftswunderzeit in Stuttgart kennen und lieben. Meine Mutter arbeitete als Verpackerin bei der Heinrich Hermann Papierwarenfabrik in Stuttgart-Wangen.

Nachdem meine Eltern im Juli 1958 im Standesamt Stuttgart geheiratet haben, kam im Dezember 1958 meine ältere Schwester Dagmar zur Welt, im Oktober 1960 mein Bruder Thomas, im September 1964 meine Schwester Verena und ich dann eben im August 1973. Wir lebten im Stadtteil West in Stuttgart, wo mittlerweile auch unser elterliches Geschäft eine Wäscherei und Reinigung war. Bis Ende der 70er Jahre betrieben meine Eltern noch eine Reinigung im Stadtteil Heslach. Dort ging ich im Etzel Haus in den Kindergarten. Nach dem Kindergarten lief ich immer allein in den Laden, der von meiner Mutter geführt wurde.

Kindergartengruppe im Etzel Haus 1978

Da meine Mutter den Laden nicht verlassen konnte, kam es auch mal vor, dass ich im alter von vier Jahren noch zum Abholen von Einkäufen geschickt wurde oder in die Drogerie. Heute in dem Alter undenkbar. Da ich Drogerie noch nicht so richtig aussprechen konnte, sagte ich immer Drigero, was meine "Mutti", wie sie liebevoll genannt wurde, sehr lustig fand.

Eines Tages, im Jahr 1977 der maßgeblich vom RAF-Terror und dem "Deutschen Herbst" geprägt wurde, sollte ich beim Marienplatz in Stuttgart noch etwas einkaufen. Der Marienplatz ist schon immer ein sehr belebter Ort gewesen, aber früher auch ein sehr schmuddeliger. Damals führte noch die Bundesstraße 14 direkt durch den Stadtteil, bis in den 90er der Heslacher Tunnel gebaut wurde. Von hier aus fährt auch die Zahnradbahn, die als "Zacke" bekannt ist nach Degerloch. Heute ist der Marienplatz ein attraktiver Ort, was er damals nicht war.

An jenem Tag sprach mich ein unheimlicher mir unbekannter Mann an. Er war groß, schlank, hatte ein längliches Gesicht und trug einen langen schwarzen Mantel mit schwarzem Hut. Was er sagte, weiß ich nicht mehr, aber was er getan hat, werde ich nie vergessen.

Er lockte mich in die öffentliche Toilette am Marienplatz. Hier roch es unerträglich nach Urin. Dort wurde ich von ihm sexuell Mißbraucht. Er hielt mich fest, so dass ich nicht flüchten konnte. Ich war zu diesem Zeitpunkt mit diesem Mann allein in dieser Situation und hatte große Angst. Wie ein Eisblock war ich erstarrt vor Angst und unfähig mich zu wehren. Erst als die Tür aufging und ein anderer Mann die Toilette betrat, konnte ich flüchten. Ich rannte wie von einer Tarantel gestochen zurück in den Laden, als wäre der Teufel hinter mir her. Mit zitterndem Körper und großer Angst versteckte ich mich im Laden zwischen Kleidung, die meine Mutti reinigte.

Ich habe das nie erzählt, da ich es damals nicht einordnen konnte, was das war. Heute weiß ich, was es war: Es war sexueller Missbrauch an einem Kind, es war sexueller Missbrauch an mir, was nie zur Anzeige kam. Dieses Ereignis traumatisierte und verändert mich und sollte mein weiteres Leben prägen, was ich aber lange nicht realisierte. So hatte ich Alpträume, Angst, machte mir in die Hose, auch pinkelte ich in der Wohnung in die Ecke und so wurde ich Verhaltensauffällig. Ich war eher schüchtern und sensibel. Im Sommer fuhren wir immer an den Chiemsee in Bayern, was sehr schön war, wo ich aber auch beinah mal ertrunken wäre. So machte ich mit meiner jüngeren Schwester einen Schwimm-Kurs im Leo-Vetter Bad und lernte schwimmen.

Ende der 70er Jahre musste ich mich vor der Einschulung einer Augen-OP unterziehen, da ich schielte. Mein rechtes Auge hat seitdem aber eine Sehschwäche.

Unser Laden in Heslach wurde Ende 1979 aufgegeben und meine Mutti führte einen Neuen Laden im Stadtteil Bad-Cannstatt am Daimlerplatz. Dort wurde hauptsächlich Kleidung gereinigt und Wäsche angenommen. Diese wurde in unserem Hauptgeschäft in der Rosenbergstraße im Westen gewaschen. Hier hatten meine Eltern ca.15 Waschmaschinen, eine Reinigungsmaschine, zwei Trockner und eine Heißmangel, an der ich mit meinem Papa oft stand, er mangelte und ich legte die Handtücher zusammen. Im Anschluss trug ich auch hin und wieder Wäsche aus und bekam Trinkgeld oder Süßes von den Kunden. Ab und zu ging ich zu einer sehr netten Dame, die mir so einiges beibrachte, z.B. Erdkunde und Geschichtliches. Nach dem Mittagessen fuhr mein Papa meine Mutti immer nach Bad-Cannstatt und ich durfte nach der Schule mit. Im Anschluss fuhr ich mit meinem Papa in unserem alten Ford Transit Wäsche in den Stuttgarter Stadteilen Neugereut und Steinhaldenfeld aus. Mein Papa hörte immer SWR4 und ich fand es nur zum Gruseln. Im Anschluss verbrachte ich meine Zeit noch in Bad-Cannstatt bei meiner Mutter und auf dem Spielplatz im Kurpark, wo heute sehr seltene Gelbkopfamazonen Papageien leben.

Andreas Kühn vor dem elterlichen Opel Kapitän

Kindergartengruppe Etzel Haus 1979 zweite Reihe, rechts außen

Kapitel 2 Meine Jugendzeit 1980 bis 1989 oder in der Hölle hilft nur Musik

Ein Neues Jahrzehnt die 80er brachen an, welche auch mich geprägt hat.

Im September 1980 wurde ich in die Falkertschule einer damaligen Grund -und Hauptschule eingeschult, wo alle meine Geschwister ebenfalls zur Schule gingen. Von Mitschülern wurde ich gehänselt, da ich nach der Augen-OP eine Brille trug. Das war das optische, dass andere war mit Sicherheit auch mein Verhalten, denn der sexuelle Missbrauch beeinflusste meine Entwicklung.

Ich ließ mir aber irgendwann die Hänseleien nicht mehr gefallen. Von alten Konservativen Lehrern erhielt ich keine Hilfe und war auf mich allein gestellt. Es waren andere Zeiten und da tickten die Uhren anders.

In der Falkertschule lief es nicht so besonders, ein neuer Rektor wurde eingeführt, ich weiter gehänselt und auch verschlagen. Eines Tages kam es zu einem Folgenschweren Vorfall im Klassenzimmer. Ohne erkennbaren Grund stieß mir ein Mitschüler einen Bleistift in den Rücken und die Spitze brach ab. Voller Schmerzen schrie ich auf, ergriff einen Stuhl und warf ihn nach dem Angreifer. Dieser traf ihn zwar nicht, jedoch nahm der Schulrektor diesen Vorfall zum Anlass mich persönlich bei meinem Vater abzuliefern und mich der Schule zu verweisen. so kam es, dass ich im Dezember 1982 in die Hasenbergschule kam. Eine Sonderschule im Stadtteil West in Stuttgart. Warum ich auf diese Schule kam, ist ausfolgendem Befund ersichtlich:

"Vermutlich durch die Nachkömmlingssituation, stark gängelndes, wenig selbständigkeitsförderndes Erziehungsverhalten, wenig kindgemäßes, oft recht barsches und gedankenloses Verhalten der doch schon recht alten und mit, eigenen Problemen und Sorgen beschäftigten Eltern, ist es bei Andreas zu einer ausgeprägten Kontaktstörung gekommen, die ihn immer wieder zum Außenseiter werden ließ"

"Seine bisherige Schulsituation wurde für den weichen, sensiblen Jungen, dem keine adäquaten Durchsetzungsfähigkeiten zur Verfügung stehen, zu einem Trauma, so daß es nicht verwundert, wenn er trotz recht guter Begabung auch in den Schulleistungen stark hinter den Erwartungen zurückblieb."

Befund der psychologischen Untersuchung von Andreas Kühn am 23.03.1983.

In dieser Zeit litt ich unter ADHS, was so erst Jahre später festgestellt aber nie berücksichtigt wurde.

Klasse 1b in der Falkertschule Stuttgart zweiter von links hinten

In der Hasenbergschule angekommen, wusste ich sofort: Die Hölle ist genau hier!!! Gewalt war an der Tagesordnung und keiner hat was getan. Die Lehrer waren völlig überfordert.

Es gab Zeiten, da war nie ein Lehrer da und Mitschüler verschlugen Mitschüler, auch mich. Einen Grund brauchte es nicht, ich wurde einfach geschlagen. Ich hatte jeden einzelnen Tag Angst in die Schule zu gehen, was erwartet mich heute? wieviel Schläge bekommst Du heute? Einfach das Schulhaus verlassen war nicht möglich, den da wartete der Mob von Mitschülern. Warten, bis sie weg sind? Über geheime Wege das Schulgelände verlassen? Im Schulhaus verstecken? Sich verschlagen lassen? Vom Mob durch den Westen gejagt zu werden? Optionen?

Nein, meine damalige Realität und Schulzeit. Es gab auch Zeiten, da gab man mir den Anschein, mich als Freund haben zu wollen. Nach der Schule traf man sich in den Elisabethenanlagen im Westen auf dem Spielplatz. Die Mitschüler wollte mich in einer Gang haben, eine Gruppe, die Einbrüche, Körperverletzungen, Erpressungen und Sachbeschädigungen beging. Auch mit Drogen wurde gehandelt, teilweise sogar Drogen in der Schule versteckt. Ich wollte das nicht. Also war ich nicht dabei und wurde noch mehr verschlagen, Hauptsache ich Halts Maul. Eine Hilfe von Justiz oder Polizei habe ich nie erhalten, obwohl ich ein paarmal bei der Polizei war. Meine Eltern waren bemüht ihren Laden zu führen, meine Geschwister waren mit sich selbst beschäftigt und ich wurde mir selbst überlassen.

Mein Zuflucht Ort wurde damals wie heute die Musik. Es waren Künstler wie Depeche Mode, Pet Shop Boy´s, Phil Collins, Nena, Kim Wild, Depp Purple, Dire Straits, Supertramp, Camouflage, New Order oder Falco, die mich inspirierten. Ich flüchtete mich in die Musik, hier war ich sicher.

Auch zuhause war ich in Sicherheit und erfuhr keine Gewalt. Meine Eltern mussten den Zweiten Weltkrieg erleben, waren schon älter aber versuchten alles für ihre Kinder. Wir hatten nicht viel aber dafür Eltern, die uns versorgten und ein zuhause gaben. Jedes Jahr schmückte mein Papa und ich den Weihnachtsbaum und es gab an Heiligabend Schlesischen Kartoffelsalat mit Saitenwürstchen, den meine Mutti mit viel Liebe zubereitete. Bevor es Bescherung gab, mussten wir Kinder immer ins Kinderzimmer und durften erst kommen, wenn Papa mit der Glocke klingelte. Dann lagen Geschenke am Platz und wir sangen traditionell Weihnachtslieder. Am Heiligen Abend gingen wir dann noch in die Kirche St. Fidelis (wo ich auch getauft wurde) zur Abend-Messe.

Im Sommer 1983 hatten meine Eltern Silber-Hochzeit und sollten mal wieder allein in den Urlaub fahren. So kam es, dass ich in den Sommerferien ins Waldheim Feuerbach im Tal ging und hier meine Sommerferien verbrachte. Dort findet nur während den Sommerferien eine Freizeitgestaltung für Kinder statt. Morgens trafen wir uns am Sammelplatz Schwab/Bebelstraße und ein Gruppenleiter hakte ab, wer da ist. Mit dem 2er und der alten GT4 Straßenbahn tuckerten wir über den Botnanger Sattel in den Stadtteil Botnang und sangen Lieder bis zur Endhaltestelle, da wo wir auch unseren Garten hatten. Von dort ging es mit einem Sonderbus Richtung Waldheim und noch ein Stück zu Fuß durch den Wald. Hier gab es Frühstück, im Anschluss spielten wir, machten Schnitzeljagd, gingen schwimmen, sangen Lieder, bastelten oder machten Ausflüge. Im Waldheim gab es auch eine große Rutsche. Das gefiel mir sehr gut und ich ging fortan jeden Sommer ins Waldheim. Hier gab es keine Gewalt und ich fühlte mich sicher. Dadurch sind auch Freundschaften entstanden, die bis heute halten.

Unser Ultimatives Waldheimlied war:

"In unserm dolla Waldheim" 1.In unserm dolla Waldheim, Feuerbach im Tal gibt´s jährlich ganz viel Kinderla, viel Streß und no meh Qual, aber irgendwie isch riesig ihr liebe-liebe leut, mir frein uns immer wieder auf die schöne Zeit. Refrain Bei uns im Waldheim dua,da isch emmer was los, Bei uns im Waldheim dua,oh Mutter laß me los, Ich, muß ins Waldheim dua-ha-ha, auf em schnellste Weg Nigs wie ins Waldheim dua, weil ich´sonscht verreck. 2.Beim Essa isch`s immer riesig,au do isch immer was los,mol fliagt an schlaffer Pudding, und amol so a saugude Soß, mol landet der Kaffee net im maga, sondern uf em hemd, und Kinderla die freiet sich, keu Sau isch meh verklemmt. Refrain 3.Und weils so viele Kinder sind, gibt’s jährlich ganz viel Gschrei, und deshalb richtet mir bei uns an Waldheimkärker ein, denn mir arme Gruppeleiter, sind au bloß ganz normale Leut, und trotzdem frein wir uns auf´s Geld und auf die schöne Zeit Refrain 4.Bei uns isch immer Stimmung, die Kinder wissed´s gut, mal müsset 30 kotza,a andersmal fließt Blut, und au unser Chef der Bossi, deer freut sich ganz famos, auf´d Waldheimzeit im Sommer, denn do geht´s wieder los Refrain“

Gegenüber unserer Wäscherei im Westen gab es einen Netten Tante Emma (Feinkost) Laden der sehr netten Familie Auch. Tochter Ute spielte Lyra im Spielmannszug der Gesellschaft Zigeunerinsel Stuttgart 1910 e.V. GZ und fragte mich oft, ob ich nicht Lust hab, auch Musik zu machen. Ihren Namen trägt die Gesellschaft, weil das Lokal wo sie gegründet wurde, im Mittelalter ein Sammelort der Zigeuner außerhalb der Stadtmauern von Stuttgart war, eben die Zigeunerinsel. Bereits im Mai 1983 durfte ich beim 25-jährigen Spielmannszug Jubiläum der GZ und Landestreffen in Stuttgart, (wo auch ein Französischer Fanfarenzug die "Gueules Séches" aus Limoges/Frankreich teilnahmen), beim Umzug vom Spielmannszug Gottmadingen, die Nummerntafel tragen.

Am 23.Januar 1985 war es dann so weit und ich besuchte zum ersten Mal die Spielmannszug Probe mittwochs im Zeppelin-Gymnasium in Stuttgart. Die Proben fanden in Klassenzimmern statt und ich öffnete eine Tür. Der Spielmannszugführer war Hermann Engler, heidenei guckte der grimmig aber war in Ordnung. Ich begann mit dem Instrument Becken und lernte später auch Pauke. Musik wurde immer mehr zum Halt in meinem Leben, ob beim Spielen oder hören.

Ich hörte die Hits der 80er, an denen ich mich heute noch erfreue. Nachdem 1985 der Hit "Maria Magdalena" von Sandra erschien, wurde ich großer Fan der Sängerin. Ich sammelte jeden Artikel, der in der Bravo erschien, legte Alben an und kaufte jede Platte von ihr. Ebenso sammelte ich alles von "Miami Vice" oder "Ein Colt für alle Fälle" oder „Alf“, wo ich ein großer Fan war.

Meine Freizeit verbrachte ich sehr gerne auf dem Abenteuerspielplatz West, wo ich keine Angst haben musste. Ich lernte dort Holzhütten und Staudämme zu bauen, in der Holzwerkstatt durfte ich drexelte und habe mit Ton großartige Sachen herstellte. Dort lernte ich auch Breakdance, dass wir in der Freizeit tanzten. Außerdem spielte ich sehr gern mit Lego, Modelautos der Marke Siku und Matchbox, die ich bis heute begeistert sammle. Mit meinen Eltern ging es am Wochenende oft in unseren Garten in Botnang wo wir Obst sowie Gemüse angebaut und geerntet haben.

Im Juli 1985, als wir im Schullandheim in Murrhardt waren, wurde im Stuttgarter-Westen eine Mitschülerin die damalige 9-jährige Sabine Hammerich entführt und ermordet. Sie verschwand am 17.Juli 1985 am Rosenbergplatz, wo sich auch das damalige Clubheim der GZ und ein paar Meter weiter unser Laden befand. In der Zeit danach gab es ein Fahndungsplakat der Polizei, wo auch ein Phantombild drauf war. Eines Tages ging ich mit meiner Mutter durch das Kaufhaus Horten und sah einen Mann, der genau so aussah. Dieses Erlebnis ist mir bis heute präsent. Bis heute stelle ich mir daher die Frage: Kommt der Täter aus Stuttgart? Die Skelettierte Leiche von Sabine wurde Ende 1986 in einem

Waldstück bei Bamberg entdeckt und per DNA identifiziert. Der Mordfall ist bis heute ein Cold Case. Es war auch die Zeit, in dem der Hammermörder ein Polizist aus Stuttgart sein Unwesen trieb. Er beging sechs Morde und vier Banküberfälle. Im Großraum Stuttgart. In der Schule versuchte ich mitzuhalten und etwas zu lernen. Ein Schulschwänzer war ich nie und schaffte auch jedes Jahr die Versetzung. Die Musik im Spielmannszug der GZ war ein großer Halt für mich und auch der damalige Spielmannszugführer Hermann Engler sowie der Stabführer Alfred Weissinger.

Herrmann Engler z.v.l. und Alfred Weissinger z.v.r

Im Januar 1986 war es dann so weit, ich hatte meine Uniform des Spmz erhalten. Beim Sechs-Tage Rennen "Die Nacht der Narren" in der Stuttgarter Hans-Martin Schleyerhalle sollte meinen ersten Auftritt sein. Ich lernte nun auch einige von den großen kennen, den der Jugendspielmannszug probte immer früher als die Senioren. Da war z.B. Gerd oder Wolfgang, den alle nur "Fips" nannten. Es waren lustige Leute und ich fühlte mich wohl. Der Spmz stellte sich in den Katakomben auf und am späten Abend ging es los. das große Bahn Tor schob sich beiseite, Hermann Engler schrie vor: "Militäry" (Militäry Escort ist ein Musikstück) und wir marschierten die Radrennbahn entlang. Ich spielte Becken und Ute musste mir immer hinterher wetzen, weil meine Überhang Jacke (der Dolman) immer rutschte. Nach 400 Metern war schon wieder alles vorbei und mir fiel ein Stein vom Herzen Endlich war ich voll dabei und es machte mir sehr großen Spaß.

Im März 1987 fuhr ich mit dem Spmz zum Karneval unserer französischen Freunde der Fanfare "Gueules Séches" nach Limoges/Frankreich in der Nähe von Lyon. Einer der Franzosen John Pierre, der ca. 8 Jugendliche in seinem Haus aufnehmen konnte, wird die Zeit wohl auch noch in Erinnerung haben. Ohne Eltern in Frankreich, Hermann Engler stand net ums Eck und Durst wie ein Pferd, das durch die Prärie geritten war, war keine gute Mischung für die Bar von John Pierre.

Die haben wir nämlich leer gesoffen. Allerdings mit übergebendem Ergebnis. Wie ich es am nächsten Tag schaffte, meine Becken zu halten und durch Limoges zu marschieren, ist mir bis heute ein Rätsel. Einen Schreckmoment erlebten wir, als uns Fabrice mit seinem Auto chauffierte. An einem Bahnübergang wollte er noch über die Gleise und gab Gas, so dass, das Auto am Übergang abhob, kurze Zeit in der Luft war und dann wieder aufsetzte. Fabrice schleuderte mit seinem Fahrzeug und wir kamen an einer Mauer glücklicherweise ohne Schaden zum Stehen. Ach ja, dass es die Mauer zum Friedhof war, machte das ganze etwas makaber. Nach diesem Erlebnis haben wir einfach weiter gesoffen. Wir erlebten wunderschöne Tage mit unseren Freunden in Limoges. Die Patenschaft begann 1980 in Aubigny-sur-Ne're und wurde durch Hermann Engler mitgegründet. Im Spmz war mittlerweile auch Andreas D. als Trommler, mit dem ich mich angefreundet hatte. Auch seine Geschwister Kerstin und Anja sowie sein Vater Hermann, waren im Spmz. Mutter Hannelore, half auch immer bei Festen mit und verkaufte z.B. bei unserem jährlichen Feuersee Fest, Kaffee und selbergebackenen Kuchen.

Mein Freund Andy mit bei unserer Gastfamilie 1989 in Limoges/ France

Ein paar Monate später fuhr der Spmz mit der Juniorengarde nach Tossa de Mar/Spanien. Wir besuchten auch Barcelona und hatten ein paar Auftritt. Das waren für mich tolle Erlebnisse und holte mich aus meinem Alltag ein wenig raus.

Im Waldheim kam ich nun in der Ältesten Gruppe und es war mein letzter Waldheim-Sommer als Kind. Einer meiner Besten Gruppenleiter war Axel K., zudem ich auch heute noch Kontakt habe. Wir sangen auch oft unser Waldheim Lied "In unserm dolla Waldheim" und tranken das Waldheimgetränk Wasser mit Zitronensirup, dass wie Spülwasser aussah, daher wurde es von allen "Spüli" genannt.

Im Januar 1988 wechselte ich nochmal die Schule, um den Hauptschulabschluss in der Friedensschule zu erreichen. Ich war froh der Gewalt in der Hasenbergschule entkommen zu sein. In der neuen Schule war es deutlich besser und ich verbesserte sehr schnell meine Noten. Die Klassengemeinschaft war auch eine andere und viel besser. Das wurde vor allem im Schullandheim in Kirchberg an der Jagst deutlich, wo wir zwei großartige Wochen mit unserem Lehrer Herr Eisenbraun erlebten. Ein Lehrer des alten Schlags, Streng aber gerecht. Bei ihm habe ich viel in der kurzen Zeit bis zum Abschluss lernen können. Er war es auch, der mich für Geschichte begeistern konnte und Nachhilfe in Mathematik gab. 1988 sollte der Jugendspielmannszug, der von Hermann Engler am 2.Juni 1977 gegründet wurde, erstmals eigenständig am Wertungsspiel teilnehmen. Hermann Engler war skeptisch und sein mürrischer Blick sprachen Bände, denn der Jugendspielmannszug war schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. So kam ich auf die Idee, Hermann Engler ein Ständchen zu organisieren. Am 11.März 1988, seinem 45ten Geburtstag wusste ich, dass Hermann Engler im Clubheim bei einer Sitzung ist. Ich rief alle vom Jugendspielmannszug an, trafen uns eine Straße weiter und marschierten in Uniform vor das Clubheim. Es spielte nur der reine Jugendspielmannszug und Herrmann Engler kam durch die Musik auf uns aufmerksam geworden vor das Clubheim. Er guckte wie immer grimmig, stand mit verschränkten Armen da, war aber sichtlich beeindruckt von dem Ständchen seiner Rasselbande, den er wusste von nichts und wir alle waren ein wenig Stolz auf unseren Auftritt. Wir probten in den darauffolgenden Wochen intensiv für das Wertungsspiel in Heilbronn-Horkheim. Der Jugendspielmannszug war mittlerweile ein Team geworden und so wollten wir es den Alten Sprücheklopfern vom Spmz zeigen, dass wir es auch draufhatten. Wir waren hochmotiviert und heiß auf den Titel.

Im Mai 1988 belegte dann der Jugendspielmannszug der GZ in Heilbronn-Horkheim den ersten Platz. Wir waren alle sehr stolz auf unsere Leistung.

Erster Platz für den Jugendspielmannszug der Gesellschaft Zigeunerinsel Stuttgart beim Wertungsspiel 1988 in Heilbronn-Horkheim

Im Sommer 1988 hatte ich mein erstes Jahr als Mitarbeiter im Waldheim, da ich mittlerweile fast 15 Jahre alt war. Ich wurde Tischdienst, war für das Eindecken und Abräumen sowie bringen der Speisen zuständig. Ab und zu ging ich als Aufsicht bei Gruppen mit. Eine Gruppenleiterin die Andrea aus dem Allgäu hatte ein Musik Tape dabei, was wir im alten quietschgelben Opel Ascona meines Spmz Freund Andreas D. anhörten. Es war eine deutsche Rockband aus Frankfurt am Main. Das erste Lied, dass ich hörte, war „Erinnerungen“.

Es wurde mein Lieblingslied und ist es bis heute, es wurde meine Lieblingsband und ist sie bis heute, es sind die: Böhsen Onkelz

Im Laufe der Zeit machte nicht nur die Band Lebenserfahrung, sondern auch ich. Dieser Weg der Zeit hinterließ ihre Spuren, im Herzen der Band, ihren Fans und mir. Die Musik gab mir Kraft und innerliche Stärke vieles auszuhalten. Die Texte der Onkelz sind ehrlich und authentisch. Gerne werden sie immer in die rechte Ecke gestellt, von Menschen, die keine Ahnung haben, davon aber eine Menge. Ich bin in all den Jahren durch die Musik der Onkelz nie rechtsradikal geworden, sondern stärker und selbstbewusster. Im selben Jahr erschien auch das Album "Kneipenterroristen" mit einem Song, der mich bis heute begleitet "Nie wieder".

Der Sommer wurde leider durch das schlimme Flugschau-Unglück von Ramstein überschattet, bei dem 70 Menschen ihr Leben verloren und es über 1000 Verletzte gab.

Es war auch die Zeit der sogenannten "Paulus Disco", eine Freitagabend Disse im evangelischen Gemeindehaus im Stuttgarter Westen. Wie es der Zufall so wollte, traf ich dort meine Kindergartenliebe Claudia wieder mit der ich eine Sommerliebe hatte und bis heute aber ein großartiges freundschaftliches Verhältnis pflege.

An Weihnachten 1988 kam die ZDF-Serie "Anna" ins Fernsehen und auch ich sah sie. Diese Geschichte von Balletttänzerin "Anna", die nach einem Unfall im Rollstuhl landet und durch "Rainer" wieder Mut zum Leben bekommt, hat mich sehr beeindruckt. Die großartigen Tanzszenen sind mir in Erinnerung geblieben und ich sammelte alle Artikel von Silvia Seidel, die "Anna" verkörperte.

Anfang 1989, als ich mich auf meine Prüfungen vorbereitete, erwartete mich noch eine ganz andere Prüfung. Einige Tage nachdem ich mit dem Spmz in Castello de la Plana/Spanien war und ich Schularbeiten machte, kam mein Papa in mein Zimmer. Er war am Mittagspause machen und ich fragte, was er will. Er sagte nichts, starrte mich nur an und winkte mich ins Wohnzimmer. Ich ging hinterher und wollte erneut wissen was los ist. Keine Antwort, er starrte mich an. Plötzlich bekam er einen Anfall und fiel vom Stuhl. Ich fing ihn grad noch so auf, damit er sich nicht noch den Kopf stieß. Was ist los? Was hat er? Ich wusste es nicht, von erster Hilfe hatte ich noch keine Ahnung und rief sofort den Notarzt. Dieser kam dann, versorgte meinen Vater und ließ ihn ins Krankenhaus transportieren. Ich war allein zuhause und überlegte, was ich tun konnte. Ich ging zu meiner Schwester Dagmar, die in der Nähe arbeite und erzählte was passiert war.

Meine Mutter war beim Frisör und ich wartete an der Haltestelle auf meine Mutter. Im Krankenhaus sagte man uns dann die Diagnose: Gehirntumor!

Ein Schock für alle von uns und mein Vater war nun ein Pflegefall, denn eine OP barg zu hohen Risiken. Meine Mutter pflegte ihn liebevoll zuhause und ich half ihr so gut es ging. Dies zeigte mir auch, was es bedeutet einen Menschen zu lieben. Eben in guten wie in schlechten Tagen. Ich stand kurz vor meinen Prüfungen zum Schulabschluss und konnte diesen trotz der belastenden Situation im Juli 1989 erfolgreich beenden.

Im selben Monat durfte ich einen Truppenbesuch bei der Bundeswehr machen. Dazu fuhr ich nach Nagold und durfte in der Eisberg Kaserne das Fallschirmjäger Bataillon 252 besichtigen. schon in der Kaserne angekommen, ging es gleich zur Sache. Es standen zwei Sikorsky CH-53 Transporthubschrauber bereit, mit denen wir Richtung Calw flogen, um aufgetankt zu werden. Auf einem Feld warteten wir auf den Tankwagen, der aber im Acker steckengeblieben war und erst von einem Bergefahrzeug der Bundeswehr geborgen werden musste. Die Hubschrauber wurden aufgetankt und es ging zurück in die Kaserne. Hier war ich insgesamt drei Tage und schaute mir alles an. Auch auf den Schießplatz gingen wir und konnten mit dem G3 Gewehr und einem Maschinengewehr schießen.

Es waren sehr interessante Tage mit neuen Eindrücken.

Im Sommer ging es nun wieder ins Waldheim und ich machte diesmal Tischdienst.

Überschatten wurde der Sommer am 8.August 1989 durch einen brutalen Angriff gegen fünf Polizisten auf der Gaisburger Brücke in Stuttgart. Dort sollte ein Schwarzfahrerkontrolliert und festgenommen werden. Er zog aber ein Bajonett und stach auf die Beamten ein. Zwei Beamte starben, drei wurden zum Teil schwer verletzt. Einer erschoss den Täter, bevor er flüchten konnte.

Im September 1989 fand wieder unser Volksfest in Stuttgart statt. Der Spmz traf sich immer am Eröffnungstag bei der Dinkelacker Brauerei in der Tübinger Straße. Von dort liefen wir mit Musik bis auf den Cannstatter Wasen und im Schlepptau folgten uns die großen Brauereigespanne und Fahrzeuge der Brauereien. Jedes Mal gab es dann auch zwei Biermarken und eine Göckelesmarke. Dumm nur, dass ich am Vorabend des Auftrittes einen spektakulären Fahrrad Unfall hatte und ich auf die Schnauze fiel. Ich stürzte und kam mit meinem rechten Handgelenk auf. Im Olgäle unserem damaligen Kinderkrankenhaus wurde an der rechten Hand ein angebrochener kleiner Finger diagnostiziert. So bekam ich eine Schiene mit dickem Verband. Diesen Auftritt wollte ich aber nicht verpassen, den es ging um Biermarken und ich sollte Pauke spielen. So ging ich am Morgen zum Aufstellungsort und alle schauten verwundert, wie ich den wohl spielen will. Kein Problem für den Kühne Bub oder auch „Mac Gyver“. Wir schnallten die Pauke um und befestigten mein rechtes Handgelenk mit Paket Schnur. Ich spielte dann mit links und es funktionierte. Das Bier im Anschluss schmeckte prima.

Stabführer Alfred Weissinger beim dirigieren des Spmz der GZ

Kapitel 3 "Lieber stehend sterben, als knieend leben" September 1989 bis Juni 1993

Nachdem ich während meiner Schulzeit u.a. zwei Praktika in einem Autohaus gemacht hatte, begann ich im September 1989 in Stuttgart beim Autohaus Kohmann eine Lehre zum KFZ-Mechatroniker. Das gefiel mir zwar, jedoch waren meine Schulischen Leistungen nicht mit denen, des neuen Berufes des Mechatronikers kompatibel. So ging ich zwar ein Jahr in die Berufsschule Wilhelm-Maybach in Stuttgart, jedoch mit dem Wunsch etwas anderes zu machen. Mittlerweile war es zum Fall der Mauer am 9.11.1989 gekommen. In Deutschland kamen nun viele Neue Veränderungen auf die Menschen zu.

Im Februar 1990 fuhren wir mit dem ganzen Verein nach Leverkusen und besuchten die "KG Wupperveilchen e.V. Opladen 1925". Im Ramada Hotel war unsere Unterkunft und das Personal musste erkennen, dass es auch noch was anderes gibt, wie Rockstars, die das Zimmer verwüsten, den Spielmannszug der GZ. Wir hatten großartige Auftritte in Leverkusen und die Stimmung war grandios, vor allem die Kameradschaft im Spmz.

In der Lehre gab es zudem Probleme ausgerechnet ein ehem. Mitschüler der Hasenbergschule war in meiner Klasse, der mich hier wieder erneut schikanierte und körperlich angriff. Es war eines Tages im Mai 1990, an dem ich es mir nicht mehr gefallen ließ. Ich hatte genug von diesen ständigen Schikanen und wollte nur meine Ruhe haben. Nachdem ich wieder Ziel einer Attacke war, sägte ich im Werkstattunterricht das Werkstück des Täters an, so dass es zerstört war. als er es sah, wurde er wütend und fragte, wer das war. Ich drehte mich um und sagte: Ich war das!!! Darauf meinte er; "Ich schlage dich tot“!!! Darauf antwortete ich; "Ok, um 12:00 h im Kurpark". Das sprach sich wie ein Lauffeuer rum und um 12:00 h als Mittagspause war, gingen wir begleitet wie Boxer vom johlenden Mob in den Kurpark nahe der Schule. Dort kam es dann zu einem sehr blutigen Straßen-Kampf zwischen mir und meinem Peiniger. Ich musste einiges einstecken, aber ich stand noch und zum Besiegen hätte er mich töten müssen. Ich dachte an den Song "Nie wieder" der Onkelz:

Ich schlug zu! Ich traf ihn und brach ihm die Nase. Er schrie, aber ich deckte ihn mit heftigen Schlägen ein Er hatte genug, blutete, genau wie ich, aber endlich hatte ich mich gewehrt. Nach diesem Vorfall wurde es besser und ich war kein Opfer mehr. Die anderen ließen mich in Ruhe. Seit diesem Zeitpunkt wehre ich mich, wenn ich angegriffen werde.

Im Sommer 1990 als Deutschland die Fußball-WM in Italien gewann zogen wir feiernd durch Stuttgart und ich war zum ersten Mal Gruppenleiter im Waldheim. Mit meinem Freund und Spielmannszugkamerad Michael P. führte ich zwei Wochen eine Gruppe von 9– 10-jährigen. Es war eine sehr schöne Zeit, mit vielen wunderschönen Erinnerungen.

Welches Drama sich aber vom 15/16.Juni 1990 in der "28" in Sachsenhausen bei Frankfurt am Main abgespielte hatte, wurde erst später bekannt. In der Stammkneipe der Onkelz wurde "Trimmy", der Beste Freund der Onkelz durch einen feigen hinterhältigen Messerangriff schwer verletzt. So schwer, dass er in den Armen von Sänger Kevin Russel verblutete. Ein Ereignis, dass die Onkelz prägte und worüber sie Songs schreiben. Sie dann in die rechte Ecke zu stellen, passiert von völlig ungebildeten Menschen, die sich nicht mit der Band beschäftigen. Es sind reale Erlebnisse, über die Songs entstanden sind und mit denen sich sehr viele Fans identifizieren können. Im August kam dann das Album "Es ist soweit"