Ausgewählte Werke von Georg Herwegh - Georg Herwegh - E-Book

Ausgewählte Werke von Georg Herwegh E-Book

Georg Herwegh

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Beschreibung

Die 'Ausgewählten Werke von Georg Herwegh' bieten einen tiefen Einblick in das Schaffen des bedeutenden Schriftstellers des 19. Jahrhunderts. Herwegh, bekannt für seinen politischen Aktivismus und seine Lyrik, präsentiert in diesem Band eine vielfältige Sammlung seiner Werke, die sowohl politische Gedichte als auch persönliche Reflexionen umfassen. Sein poetischer Stil, geprägt von Emotionalität und Dringlichkeit, spiegelt den Zeitgeist seiner Epoche wider und fordert den Leser heraus, über gesellschaftliche Probleme und individuelle Empfindungen nachzudenken. Diese Ausgabe ist eine unverzichtbare Lektüre für Liebhaber der deutschsprachigen Lyrik des 19. Jahrhunderts.

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Georg Herwegh

Ausgewählte Werke von Georg Herwegh

Erste Gedichte, Gedichte eines Lebendigen & Aufsätze

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1406-8

Inhaltsverzeichnis

Gesammelte Gedichte
Gedichte eines Lebendigen
Aufsätze

Gesammelte Gedichte

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Ihr lieben Herren von Eisenach!
»Kladderadatsch«
Die Borriesäerei
Frei nach Theodor Körner
Einladung in die Berge
»Ich hatt einen Kameraden«
Ein altes Thema mit neuen Variationen
Zukunftslied
Eine Stimme aus der Ferne
Antwort
Ultimatum an die Kleinen
Die Arbeiter an ihre Brüder
Frei nach dem Türkischen
Verrat!
Die drei Sterne
Sie war, sie war mein eigen
Chlodwig
Gutenbergslied
Festgruß zum Basler Schützenfest 1844
Auch ein Fortschritt
An Emma zum Geburtstag
Der sterbende Republikaner
Bei Einführung der Höflichkeit in der französischen Armee
Der Dichter des Augustus/Der neue Sängerkrieg
Der Schwabenkaiser
Zur Schillerfeier in Zürich
Die Ureigentümerin
Abfertigung
Einem Andern
Xenien und Aphorismen
Fragmente und Aphorismen
Immer mehr!
Zuchthaus
Ich bin nicht ganz von dir getrennt
Der neue Polyphem
Deutschland erklärt
Den Reichstäglern
Nach bekannter Melodie
Tristia
Tell
Was macht Deutschland?
Golgatha
An Borussia
Polen an Europa
Aus der Schweiz
Der Gefangene
An Richard Wagner
Fromme Wünsche
Ein neuer Leich vom himmlischen Reich
Du willst zur Kirche
Die Soziale
Aus dem Italienischen
Tod Napoleons II.
Der schlimmste Feind
O wag es doch nur einen Tag!
Für Polen
Die Kerzen, die hellen
Ordonnanzen!
Zum neunzehnten Mai
Eröffnungstag der neuen preußischen Volkskammern
Warum dieser scheue Blick?
Sonett
Guter Rat
Veni, creator spiritus!
Den schwäbischen Freunden
Frühlingsnacht
An Richard Wagner
Kaisergrütli
Im Frühling
Endlich!
An einen Bekannten der einen Orden erhalten hatte
Es sitzen die Schuster
Bekehrungsstrophen für meine schwäbischen Freunde
Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust
Abschied
Post festum
Zwei Lieder
Das Reden nimmt kein End
Zum eidgenössischen Schützenfest in Zürich
Zwei Preussenlieder.
Essetai ämar (ΕΣΣΕΤΑΙ ΗΜΑΡ)
Huldigung
Liberales Jagdvergnügen
An Hecker
Sonett
Achtzehnter März
Epilog zum Kriege
In kühler Laube
Herr Wilhelm
Preußiscbe Konfliktpoesien
Armes Frankreich
Ansicht Bonapartes über das Regieren Nach dem Französischen
Kampfprolog im Himmel
Heinrich Heine
Zur Feier des 18.Juni 1860
Kein Preußen und kein Österreich!
Die Garibaldi-Hymne
Aux armes, Citoyens!
Harmlose Gedanken
Harmlose Gedanken (2)
Fortsetzung
Antwort an Geibel
Immer stärker!
Groß
Dilemma
Mein Deutschland, streck die Glieder!
Er tröste sich
Ich weiß, dein Vater war der Wind
Den Siegestrunkenen
Seinem Ludwig Feuerbach
Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein

Ihr lieben Herren von Eisenach!

Inhaltsverzeichnis

»Kladderadatsch«

Inhaltsverzeichnis

September 1859

Deutschland spielt eine traurige Roll, In unserm Herzen wohnt Scham und Groll, Drum laßt uns machen ein Protokoll, Das jeglicher unterschreiben soll! So habt ihr gesprochen, ihr Weisen, ach! Ihr lieben Herren von Eisenach!

Ihr wart nicht erhitzt und nicht bespitzt, Ihr habt nicht gedonnert und nicht geblitzt. Wenn ihr im Parlamente sitzt, Könnt ihr das tun – doch müßt ihr itzt Der Mäßigung euch befleißen, ach! Ihr lieben Herren von Eisenach!

Staatsmännisch wird alles angebahnt Es wird nicht geturnert und nicht gejahnt; Der Michel, wenn er wieder zahnt Und greinen will, wird zur Ruh, ermahnt. Ihr werdet doch auch nicht beißen, ach! Ihr lieben Herren von Eisenach.

Der Michel, wenn er im Fieber liegt, Der wird gar sänftlich eingewiegt! Und wenn ihr euch mal zu hoch verfliegt, Mit einem Korbe, den ihr kriegt, Könnt ihr viel Zeitungen speisen, ach! Ihr lieben Herren von Eisenach.

Germania, die hohe Braut, Wird nächstens einem Mann getraut, Der Bräutigam ist sehr erbaut Und läßt sich sagen: Sprecht nicht zu laut, Sonst schicken sie euch auf Reisen, ach! Ihr lieben Herren von Eisenach.

Ich dank euch gleichfalls für die Ehr, Euer deutsches Vertrauen rührt mich sehr.

Die Borriesäerei

Inhaltsverzeichnis

Frei nach Theodor Körner

Inhaltsverzeichnis

Mai 1860

Das Volk steht auf, der Sturm bricht los: Courage, Courage – braucht's jetzt bloß. Zwanzig Millionen deutscher Philister Nehmen es auf mit einem Minister.

Und riesengroß – aus dem Tintenfaß Steigt Deutschlands schwarz ingrimmiger Haß. Pfui über den Buben in Hannover! Auf Lüneburgs Heide, da wächst kein Hofer.

Pfui über den elend erbärmlichen Wicht! Selbst Hassenpflug erreicht ihn nicht, Selbst Judas ist ihm nicht zu vergleichen, Der Judas verriet keine deutschen Eichen!

Das Volk steht auf, der Sturm bricht los: Auf solchem Zorne wächst kein Moos. Ein solcher Zorn wird leben bleiben, Solange die Deutschen Adressen schreiben.

Das macht die Garibaldiluft, Glaub ich, das macht der Frühlingsduft! Die Menschen sind jetzt wie besessen; Der»Edelste« hat den Adel vergessen.

Das macht der Nationalverein! Wer einen Taler Kassenschein Bezahlt, der kann nach Lust und Willen Sein oratorisch Bedürfnis stillen.

Das Volk steht auf, der Sturm bricht los: Des Parlaments gealterter Schoß, Aus dem man einst den Kaiser geschnitten, Läßt wieder einmal zu Gevatter bitten.

Die Heidelberger Doktorenzunft Verspricht uns baldige Niederkunft; Verspricht die Freiheit aufs Brot wie Butter Der Welcker, der macht die Wehemutter.

Ich hörte, das alte Weib sei tot; Doch nein, es ißt noch das Jammerbrot Der Erde – zu Heidelberg am Necker, Die Leute dort werden immer kecker.

Das Volk steht auf, der Sturm bricht los: Das wird für Deutschland ganz famos. So von den Dächern herab zu schwatzen! Staatsmänner, o Borries, sind keine Spatzen.

Zwar ich gesteh, im deutschen Reich Lebt mancher Lump noch, der dir gleich; Nicht nur Minister, auch Potentaten Du hast nur zuerst die Karten verraten.

Drum mußt du bleiben der Sündenbock Und hören, was geschlagen die Glock: Kein deutscher Schneider flickt dir den Rock, Kein deutscher Friseur frisiert dein Gelock, Kein deutscher Bayer trinkt mit dir Bock. Auf einen deutschen Eichenblock

Einladung in die Berge

Inhaltsverzeichnis

Juli 1845

Komm, mein Mädchen, in die Berge, Wo der Himmel tiefer blaut Und das stille Volk der Zwerge Uns kristallne Schlösser baut. Wo der Liebe morgenhellen Traum kein Schleicherohr belauscht Und: Triumph! von tausend Quellen Der vereinte Donner rauscht.

Wie entfremdet ist die Erde, Wie entweiht ihr Element, Seit der Mensch mit Angstgebärde Nur nach Schattenbildern rennt. Wieviel Staub auf allen Wegen Wühlt er auf zu seiner Ruh – Komm, auf unbetretnen Stegen Führ ich dich den Sternen zu!

Komm, wo kaum der Gemse Spuren Reinstem Schnee sind eingedrückt Und das Reich der Kreaturen Lebt in erster Lust beglückt; Dort, das Silberhaupt in Ehren, Sieh den Gletscher! Welch ein Mann, Den ein Sonnenblick verklären, Aber nicht mehr schmelzen kann!

Komm, wo dir der Sturm die Locken Aus der heißen Wange streicht, Kaum der dumpfe Klang der Glocken Und kein Glauben dich erreicht. Während er im Tale zittert, Losgebundner Knechte Schwarm, Ruhen wir, wenn's hochgewittert, Freudetrunken Arm in Arm.

Komm, mein Mädchen, laß dich fassen, Tragen zu des Adlers Nest;

»Ich hatt einen Kameraden«

Inhaltsverzeichnis

Ein altes Thema mit neuen Variationen

Inhaltsverzeichnis

Oktober 1867

Was donnern die Kanonen drein Bei Solferino und Magenta? Wer stürzt sich in des Feindes Reihn, Dem Feind verhaßt an Po und Brenta? Drob freut Viktor Emanuel sich: Du stolzes Östreich, beuge dich! Kennst du, die ich geladen, Die rote Bluse nicht? – Ich hab einen Kameraden, Einen bessern findst du nicht.

Und als du dann mit Appetit Sizil'sches Vesperbrot gegessen; Als vor der Bluse Bomba flieht – Hat dir sein Staatskleid nicht gesessen? Denkst du daran, mein tapfrer Re, Wer dir gebahnt St. Elmos Höh? Denkst du, von wessen Gnaden Du – – wie sagt das Gedicht? »Ich hatt einen Kameraden, Einen bessern findst du nicht.«

Heißt mich nicht reden, heißt mich schrein, Cavour ist jetzt ein Mann, ein stiller. »Dank vom Haus Östreich« – nein, o nein, Vom »Haus Savoyen« meinte Schiller! Bei Aspromonte schießt man sich – Emanuel, ich kenne dich! Ha! wie freut er sich Schaden! Ich schrei dir ins Gesicht: Du hattst einen Kameraden, Einen bessern findst du nicht!

Und jetzt, da Pi Sand verrinnt, Da bald es heißt: »Petri am letzten –« Seht, die Ratazzia beginnt Auf ihn, den nimmer müd sie hetzten! Ob ihr ihn auch in Ketten legt,

Zukunftslied

Inhaltsverzeichnis

Sommer 1844

Übermüt'ge Triumphierer, Weh euch, wenn ihr's noch nicht fühlt, Wie der treffliche Minierer Schon den Boden unterwühlt, Daß ihr in der Geisterstunde Kläffend unser Ohr zerreißt! – Doch wir wissen, ihr seid Hunde, Und ihr glaubt an keinen Geist.

Aber kommen wird ein Pfingsten Donnernd über euer Haupt Und ein Festtag der Geringsten, Der des Hochmuts Stamm entlaubt. Der sich lange selbst vergessen, Ist am Ziel der Unglücksbahn, Und der Mensch, der sie durchmessen, Kommt beim Menschen endlich an.

Fort mit eurer Ahnenbilder Übernächtigem Gesicht! Geht und pflanzt in eure Schilder, Ritter, ein Vergißmeinnicht! Nur ein Ritter ohne Tadel, Nur ein Priester soll noch sein: Für die ganze Welt den Adel!1 Für die Menschheit Brot und Wein!

Keine Steuern, keine Zölle, Des Gedankens Freiverkehr! Keinen Teufel in der Hölle, Keinen Gott im Himmel mehr! Nieder mit dem Blutpokale, Drin der Kirche Wahnwitz kreist! Ein Kolumb zerbricht die Schale, Wenn er eine Welt beweist.

Einmal noch uns aufzuraffen Zu des Lebens Maienlust, Reißen wir das Schwert der Pfaffen Aus der Menschheit wunder Brust! Zwischen Jägern und Gehetzten Sei entbrannt die wilde Schlacht, Bis man Frieden auf dem letzten Eingestürzten Tempel macht.

Zittert, zittert' blöde Toren, Vor der Zukunft eh'rnem Tritt – Ja, die Zeit ist neu geboren, Ja, und ohne Kaiserschnitt; Und erobert wird das Leben, Und wir jubeln gloria: Alle Schulden sind vergeben, Denn kein Gläubiger ist da.

Durch die Wolken seh ich's tagen, Und die Nebel, sie verwehn; Mit dem Pegasus am Wagen Muß es endlich vorwärtsgehn. Eine Phalanx laßt uns schlingen, Die kein Henker brechen kann,

Eine Stimme aus der Ferne

Inhaltsverzeichnis

Mai 1860

Deutschland sammelt für Arndt, Das ist sehr löblich. Er hat's so oft gewarnt, Getreu und gröblich.

Hat so oft es gewarnt, Getreu und geduldig; Ja, Deutschland ist dem Arndt Ein Denkmal schuldig.

Neunzig Jahre! Wer kann So lange gesund sein? Das muß ein großer Mann Im Deutschen Bund sein.

Neunzig Jahre! wie alt! Das ist entsetzlich. Denn Deutschland ist doch halt Nicht immer ergötzlich.

Neunzig Jahre gewacht Für all die faulen Schlingel; den Propheten gemacht Unter den Saulen.

Deutschland wie Ilium Glaubt nicht Kassandren; Doch auf dem Bettel herum Können wir wandren.

Mit der Büchse umher Laufen die Boten – Deutschland ehrt nichts so sehr Als seine Toten.

Mit der Büchs in der Rund Bei Fürsten und Prinzen; Mancher gibt hin den Bund Um ein Gericht Linsen!

Mit der Büchse umher Gehn sie und klappern; Deutschland, was willst du mehr, Als wieder plappern?

Kommen zu mit auch – ach! Dafür zu sammeln! Sollt in einem Almanach Ein Verschen stammeln.

Hätt ich die Musen mir hold Sogleich gefunden, So würd ich jetzt in Gold Mit Geibel gebunden.

Haben all geschirrt Den Hippogryphen, Und von Gesinnung wird Der Klepper triefen.

Legen alle die Hand – Aufs Herz – wie erhaben! Gevenedeytes Land Bis Pommern und Schwaben!

Wollt ihr wirklich in Erz Den Alten gießen? Habt acht! man wird zum Scherz Ein bißchen schießen.

Und das Metall im Fluß Wird klagend erbeben; Es nimmt ein welscher Schuß Dem Gießer das Leben.

Habt acht! es wird die Sonn Sich dann verschleiern; Die Professoren in Bonn, Die werden feiern.

Werden feiern, doch nicht Das Fest des Alten; Sie können am Jüngsten Gericht Die Pauke halten.

Was ist mein Deutschland? was?

Antwort

Inhaltsverzeichnis

1845

Zu dem Meere, zu dem Meere Folge mir, Geliebter, nach; Über ihm steht noch der hehre, Unentweihte Schöpfungstag. Uns zum Haupt ein Meer von Sternen, Unter uns die heil'ge Flut, Um uns eine Welt von Fernen, In uns eine Welt von Glut.

Tausend Wellenaugen blinken Glückberauscht ob unserm Bund, Und die luft'gen Algen winken Uns zum stillen Pflanzengrund. Hör den Riesensturm der Töne, Oh, wie lieb ich ihn so sehr! Bild der Jugend, Bild der Schöne, Ew'ger Anmut Bild, das Meer.

Daß ich dich im Arme hielte Eine einz'ge kleine Stund, Deinen warmen Herzschlag fühlte, Einen Hauch von deinem Mund –

Ultimatum an die Kleinen

Inhaltsverzeichnis

Juli 1866

Nicht im Lager von Österreich, Nicht im Lager von Preußen Sucht uns, ob die Lüge gleich Auftut alle Schleusen!

Österreich ist uns zu feist, Preußen uns zu mager Und es lebt der deutsche Geist Heut in anderm Lager.

Weil ihr aber alle blind, Wittelsbach und Welfe, So erlaubt, daß ich geschwind Auf den Weg euch helfe!

So ein Deutschland bis zum Belt Stünd nach unsern Sinnen, Müßten wir mit aller Welt Drum den Krieg beginnen!

So ein Deutschland bis ans Meer Rechts und links gedrungen! Etwas frische Seeluft wär Gut für unsre Lungen.

So ein Deutschland, wo im Rat Volkesstimm geehrt ist; So ein Deutschland, wo zur Tat Jeder Arm, bewehrt ist.

Nicht ein Deutschland, das noch tanzt Um die Bundeslade Und auf Schutt und Moder pflanzt Sein Panier, – wie schade!

Nicht ein Deutschland, wo noch mit Herrschen die Kosaken, Weil man aus dem Purpur schnitt Dreißig Kinderjacken!

Wenn ihr denkt, aufs alte Ziel Wieder hinzusteuern, Wenn ihr denkt, das alte Spiel Wieder zu erneuern;

Wenn ihr denkt, ins alte Joch, An den alten Karren Uns zu spannen, weil wir doch Stets die alten Narren;

Wenn ihr denkt, den faulsten Thron Ewig zu beschützen Und auf eine Million Söldner euch zu stützen;

Wenn ihr glaubt, daß wir das Blut Abermals vergießen Und, wenn gnädig ihr geruht Unsre Augen schließen;

Wenn ihr glaubt, daß wiederum Wir aus euren Händen Junker – uns und Pfaffentum Ruhig lassen spenden;

Wenn ihr mit dem Siegesfest Glaubt die Glut erloschen, Weil ihr pfiffig abgepreßt Uns die letzten Groschen;

Wenn ihr heute noch nicht wißt, Was die Uhr geschlagen,

Die Arbeiter an ihre Brüder

Inhaltsverzeichnis

Frei nach dem Türkischen

Inhaltsverzeichnis

1866

Wir schüren in den Essen Die Feuer Tag und Nacht, Am Webstuhl, an den Pressen Steht unsre Friedenswacht.

Wir schürfen in dem Qualme Der Gruben nach Metall, Den Segen goldner Halme Dankt uns der Erdenball.

Doch wenn das Korn gedroschen, Dann heißt es: Stroh als Lohn, Dann heißt's – für uns den Groschen, Den Taler dem Patron.

Dann heißt's: für uns den Schragen, Das weiche Bett dem Gauch! Dann heißt's: Nichts in den Magen Und Kugeln in den Bauch!

Vergebens aus der Tiefe Steigt der Beraubten Chor, Mit seinem Vollmachtsbriefe Ans Glück, zum Licht empor.

Was hilft es, daß wir trotzen, Solang noch mordbereit Ihr gegen uns den Protzen Die starken Arme leiht?

O weh, daß ihr im Bunde Mit ihnen uns verließt Und daß ihr uns wie Hunde Auf ihr Geheiß erschießt!

Ach, wenn sie euch nicht hätten, Wär alles wohlbestellt; Auf euren Bajonetten Ruht die verkehrte Welt.

An euren Bajonetten Klebt aller Zeiten Fluch; Wir trügen keine Ketten, Trügt ihr kein buntes Tuch;

Wir brauchten nicht zu fronen Für Sultan und Vezier, Nicht länger für die Drohnen Zu darben brauchten wir.

Wir hätten nicht zu beben

Verrat!

Inhaltsverzeichnis

Verrat – ihr habt’s gesprochen, Verrat – ihr habt's erkannt. Es sei mit euch gebrochen; Die Brücken sind verbrannt. Doch habt ihr selbst vergessen, Wie ihr das Volk verkauft, Wie ihr euch auf Kongressen Um Kronen habt gerauft?

Erst lief er vor dem Berge, Der deutsche Sumpf, davon, Dann höhnten sie, die Zwerge, Die Revolution, Die Nüchternen den Zecher, Der endlich niedersank, Weil er den Freiheitsbecher Bis auf die Hefen trank.

Schönredner, mit der Urne Der toten Herrlichkeit, Beschritten im Kothurne Die Bühne unsrer Zeit; Sie haben in dem Schutte Den Unrat aufgerührt, Den Geßlerhut, die Kutte In Frankreich eingeführt.

Auf heißer Opferstätte Habt ihr, nach deutscher Art, Vergoldet unsre Kette Und – vor dem Rost bewahrt. Schleppträger der Bourbonen – O pfui, ein garstig Lied! Wo sind die Nationen, Die Deutschland nicht verriet!

Zu Zeugen ruf ich Polen, Das Heldenvolk, herbei, Das dreimal ward bestohlen In schnöder Räuberei; Zu Zeugen jene tote Italische Republik, – Fluch euch, Ischariote Der deutschen Politik!

Wir wollen's auch verraten, Das schlechte Vaterland Der vierzig Potentaten Und deinen Unverstand, Wie du in grauer Ferne, O Volk, dein Heil erschaust Und lieber auf die Sterne Als auf dich selbst vertraust.

Wir wollen es verkünden, Verraten laut und dreist, Was ihr für »Burgen gründen« Wollt unserm deutschen Geist; Verraten, welche Schelle Zu deutschen Ohren klingt Und welche trübe Quelle Im deutschen Sande springt.

Wie du das Wort beschnitten, Eunuchen-Regiment, Wie feige wir's gelitten Und was man Freiheit nennt, Freiheit für »das erstarkte Germanische Geschlecht«: Den Stock auf offnem Markte Und das geheime Recht!

Wie ihr in blindem Schnauben Das letzte Licht erstickt Und euren alten Glauben Mit neuen Lappen flickt Und wie wir die Genarrten Bei eurer Weisheit sind Und wie in deutschen Karten Der König nur gewinnt;

Wie ihr, getreue Stände, Den Rücken biegt so krumm, Wie offen eure Hände,

Die drei Sterne

Inhaltsverzeichnis

Es traten einst um Mitternacht Der Sterne drei zusammen, In nie gesehner heller Pracht, In nie gesehnen Flammen.

Da scholl es aus des ersten Mund Von blasser Silberlippe: »Ich tat den Weg den Völkern kund Zu eines Gottes Krippe.«

Und stolz darein der zweite schaut, Wie um sich selbst zu sonnen: »Auf mich hat Caesar einst vertraut Und eine Welt gewonnen.«

»Zu mir blickt«, fuhr der dritte fort, »Das schönste Kind von allen.« –

Sie war, sie war mein eigen

Inhaltsverzeichnis

Sie war, sie war mein eigen, Des Frühlings schönste Blume mein, Mein Herz schlug in den Zweigen Als Vögelein.

Die Blume ist verdorben, Verdorben, als der Sommer kam, Das Vöglein ist gestorben Vor Leid und Gram.

Was soll ich stehn und klagen, Ein welkes Blatt am Herbstesstrauch

Chlodwig

Inhaltsverzeichnis

Juli 1868

Brule ce que tu as adoré, Adore ce que tu as brulé, Fier Sicambre!

Wir kommen aus der Schwärmerei Allmählich in die Praxis Und haben unsre Posten frei Gemacht von Thurn und Taxis.

Die Briefe können leichtbeschwingt Um einen Groschen reisen, So weit die deutsche Zunge klingt – Gelobt sei Blut und Eisen!

Wir zahlen alle gleichen Zoll Für Zucker, Kaffeebohnen, Der feinste Mokka droben soll Die Zöllner einst belohnen.

Besteuert ist der Knaster auch, Für Flinten, wie wir lesen; Wir machen viel und wissen: Rauch Ist alles ird'sche Wesen.

Zehn Schüsse pro Minute! wer Wagt länger noch zu hadern? Zehn Schüsse! Niemand zweifelt mehr An diesen Hinterladern.

Der große Braun, der große Metz, Die Besten und die Bessern, Sie harrten nur auf Königgrätz, Um in die Spree zu wässern.

Der Schweizer Bluntschli ist bereit, Ganz Baden zu verschenken; Crispinus pflegte jederzeit Sehr liberal zu denken.

Der Welfe ließ, ein blöder Tor, Gewaltsam sich vertreiben; Der kleine Waldeck zieht es vor, Sich selber zu entleiben.

Wie's an der Isar ist bestellt? Fragt nach bei andern Leuten! Die Bretter sollen dort die Welt, Der Pfordten nichts bedeuten.

O Michel, in Erfüllung geht Dein allerkühnstes Hoffen: Vorn Asperg bis nach Celle steht Dir jedes Zuchthaus offen.

Du wirst in Handel und Justiz Dich brüderlich vergleichen; Dann wird der Stock des alten Fritz Dich überall erreichen.

Die Einheit war kein leerer Wahn –

Gutenbergslied

Inhaltsverzeichnis

bei der Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst zu Konstanz, 1840

Kennt ihr, kennt ihr das freie Wort, Das mit der Sonne kreist? Das mit den Wogen donnert fort? Das mit dem Sturme reist? Das reich wie Tau vom Himmel tropft, An Hütten und Paläste klopft? Kennt ihr den freien Geist?

Kennt ihr, kennt ihr das Zauberschwert, Dem jede Lüge fällt? Kennt ihr den Meister, lieb und wert? Kennt ihr der Helden Held? Von Gutenberg singt mir ein Lied, Ein Lied vom guten Waffenschmied, Ein Lied vom Mann der Welt!

Die Wahrheit klingt von Ohr zu Ohr, Sie klingt von Mund zu Mund, Sie hat wie Sterne ihren Chor Und tut sich allwärts kund; Das Wort rauscht wie das freie Meer Frei um die weite Erde her Und schließt den Völkerbund.

Und der es so aus stummer Nacht Erlöst, der das getan, Der tausendfältig es gemacht,

Festgruß zum Basler Schützenfest 1844

Inhaltsverzeichnis

Ein Jubel, tausendtönig, Verkündiget dein Nahn; Du ziehst, dein eigner König, O Volk, zum Fest heran! Ein Volk schwingt seine Mützen – Ihr großen Herrn, Respekt! Und auch der Schütz der Schützen Hat sich im Zug versteckt.

Ein Fest der Liebe soll es, Ein Fest des Bundes sein, Die Asche unsres Grolles Wir streun sie in den Rhein; Der mag sie weiterwälzen, Ob man sie draußen braucht, Indes auf unsren Felsen Ein Brand der Liebe raucht.

Ihr frohgeschmückten Zecher, Vergeudet nicht den Saft, Und leert heut jeden BecherAuf unsre Brüderscbaft! Denkt bei dem Blut der Reben Des Ackers, blutigrot, Trinkt: auf ein freies Leben!Und einen großen Tod!

O grüßt ihn dort, den Boden, Mit Leichen eingesät! O nehmt ihn mit, den Odem, Der dort herüberweht! Dort lest, wenn's eure Feder Zu schreiben auch vergaß:Zwölfhundert! und ein jeder War ein Leonidas!

Dort sind sie hingezogen Und haben's wohl gezeigt, Wie man mit Schwert und Bogen Den Feind zur Hölle geigt. Man tanzte neue Weisen Auf diesem Ehrenfeld; Zwölfhundert Schweizer-Eisen Mit einer Söldnerwelt!

Zwar sind sie all geschwunden Durch Feindes Überwucht; Doch der hat überwunden, Der solchen Tod gesucht. Wohl konnt der Feind sie töten; Doch bleibt in jedem Krieg Geschlagen, wer erröten Muß über seinen Sieg.

Drum Sohn des Wallis, blicke Heut nicht so düster drein! Es werden die Geschicke Vor Abend anders sein. Die jüngst mußt unterliegen In Tagen bittren Leids,

Auch ein Fortschritt

Inhaltsverzeichnis

Oktober 1859

Wir zogen von Gotha bis Eisenach In zehen Jahren, gemach, gemach; Von Gotha bis Eisenach sind drei Meilen Staatsmänner sollen sich nicht übereilen.

Wir zogen von Gotha bis Eisenach Zehn Jahre; – wir streben den Griechen nach: Zehn Jahre mußten sie Troja belagern – Sie hatten Achill, wir hatten Gagern.

Wir zogen von Gotha bis Eisenach – O Politik, o trauriges Fach! Es ist sehr schwierig, den Stall zu rein'gen Und sein langwierig Deutschland zu ein'gen.

Wir zogen von Gotha bis Eisenach, Wo Luther dem Teufel geboten Schach; Wir werfen noch immer mit Tintenfässern, Doch wir verstehn's, die Tinte zu wässern.

Wir zogen von Gotha bis Eisenach Zehn Jahre vertrocknet ist mancher Bach, Manch Herz verdorrt wie eine Dattel, Auch mancher Freund nicht fest mehr im Sattel.

Wir zogen von Gotha bis Eisenach – Manch eiserner Trutz wie Glas zerbrach; Dem Rausch folgt oft ein greulicher Kater, Wir singen wieder den »Landesvater«.

Es schläft sich so süß in Eisenach – Eine schöne Gegend, auch nicht zu flach; Die Ochsen können dort stehn am Berge, Im Thüringer Wald gibt's viele Zwerge.

Im Thüringer Wald bei Eisenach, Wohl unter germanischer Eichen Dach, Da sitzen die Feen, sie sitzen und sinnen Ich möchte wohl wissen, was sie jetzt spinnen.

Sie sitzen und sinnen um Eisenach – Besinnen ist eine schöne Sach: Wo bleibt der Gagern? und werden wir's bringen Mit Gottes Hilfe noch bis Meiningen?

Man kann auch bis Jena von Eisenach,

An Emma zum Geburtstag

Inhaltsverzeichnis

10. Mai 1860

Ich träumte von Schätzen die ganze Nacht, Die ich dir wollte senden, Und drüber bin ich aufgewacht Mit leeren, leeren Händen.

Die Blumen schmücken dieses Jahr Zwei Gräber deiner Lieben; Die Blumen der Freude sind sogar, Ich glaube, ausgeblieben.

Eins schleicht sich nach dem andern fort – Und wären wir beständig? Zuletzt bleibt noch ein Menschenwort Am sichersten lebendig.

Mit solchem Worte denkt dein Mann Dich baldigst zu begrüßen, Und

Der sterbende Republikaner

Inhaltsverzeichnis

Im Zimmer, klein und enge, Stirbt Hungertods ein Mann; Und draußen tobt die Menge: »Heil Philipp Orleans!«

Wo sind, die sich gesellten Dem Sterbenden in der Not? Wer reicht dem Julihelden Das letzte Stückchen Brot?

»Ein Stückchen Brot, ihr Herren, Und keinen Königsthron! Ein Stückchen Brot, ihr Herren, Und keine Million !

Kam es euch aus dem Sinne, Wie ich einst König war? Hielt diese Hand nicht inne, Die Krone lief Gefahr!

Ihr wäret drum betrogen, Hätt sie mir gut gedeucht! Ich hab sie wohl gewogen, Ich fand sie viel zu leicht!

Ich will nicht eure Kronen, Ich brauch nur wenig Sous Von euren Millionen Zu einer Leichentruhl

Ich focht für eure Flaggen, Und wär euch nun so fremd? Ein Stückchen Brot! Ein Laken Zu meinem Sterbehemd!«

Und lauter tobt die Menge: »Heil Philipp Orleansl« Im Zimmer, klein und enge, Stirbt Hungertods der Mann.

»Leis schlägst du Herz zum Ende, Und niemand schaut es an; Kein Mensch hat an die Wände

Bei Einführung der Höflichkeit in der französischen Armee

Inhaltsverzeichnis

1872

Aller Sitte sind sie bar, Sind das eingefleischte Böse; Drillen wollen sie nun gar Menschlich ohne Rippenstöße!

Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft Spuken in den welschen Köpfen; Deutsche Krieger! unsre Kraft Laßt aus deutscher Zucht uns schöpfen!

König, Gott und Vaterland Heißt die deutsche Prachtdevise. Lust'ger deutscher Heldenstand Was erträgst du nicht für diese?

König, Gott und Vaterland Gingen sicherlich verloren,

Der Dichter des Augustus/Der neue Sängerkrieg

Inhaltsverzeichnis

November 1868

»Nun sei bedankt, mein lieber Schwan, Mach anderswo dich feister, Gelockt hat auf die falsche Bahn Dich Lübecks Bürgermeister.

Du buhlst mit einem neuen Stern Und schickst zurück den meinen; Du lobst den Herrn, ›vom Herrn der Herrn Erkoren‹, nicht den deinen.

Emanuel von Geibel, ach, Wie lang dich nähren soll er? Bezahlt hat dich der Wittelsbach, Und du besingst den Zoller!«

Der König schweigt und Cäsar spricht: »Ich fühl mich sehr gehoben Durch deines Sängers Festgedicht Und übern Main geschoben.

Horazen spann ich nebst Virgil An meinen Siegeswagen; Der tiefe Sinn im kind'schen Spiel Erfüllt mich mit Behagen.

Vom Fels zum Meer! belohnen muß Ich endlich diese Braven; Ich laß dir deinen Musikus Und Hermann Linggs Oktaven.«

Der Schwabenkaiser

Inhaltsverzeichnis

August 1867

Bedenk ich die Sache ganz genau, So brauchen wir gar keinen Kaiser. Heine

Ein Schwab und nicht ein Preuße war Als Kaiser uns versprochen, Wir pflegen schon sechshundert Jahr Auf diesen Mann zu pochen.

Der Dichter sucht von Zeit zu Zeit Ihn aus dem Schlaf zu pfeifen; Nie weiß er die Gelegenheit, Der Kaiser, zu ergreifen.

O sprich, mein heimatlich Genie, Wann wirst du einmal fertig? Vor Zukunftsträumen siehst du nie, Was not tut gegenwärtig.

Wach auf, wach auf, 's ist heller Tag! Hervor aus deiner Kammer, Und ende keck mit einem Schlag Den deutschen Katzenjammer!

Hilf gründen uns ein Vaterland Zum Ärger der Kalmücken; Dir, Kaiser, ist ja längst bekannt, Wo uns die Schuhe drücken.

In Ruhe bleiben werden wohl Die welschen Faselhänse; Bring wieder auf das Kapitol Den Adler statt der Gänse!

Tilg unsre Schmach, o Herr, und tritt Der Zwietracht auf den Nacken, Die deinen Purpur uns zerschnitt Zu dreißig Kinderjacken!

Wach auf, wach auf, und greife frisch Nach deinem Feldherrnstabe! Sonst nimmt man auch von deinem Tisch Die Krone, alter Schwabe.

Hinweg mit Kolben, Axt und Speer, Dem ritterlichen Plunder! Studier das neue Mordgewehr, Das Hinterladungswunder!

Wie kommt's, daß man zu Königgrätz Dich, Kaiser, nicht zu Roß sah? Von Moltke hört ich und von Rhetz, Doch nichts von Barbarossa.

Ach, Waiblingen, sie sagen schon, Du seist nur eine Mythe, Und du verlierst sogar den Thron Im schwäbischen Gemüte.

Ja, in mir selber tobt ein Schwall Aufrührischer Gedanken, Ich werde mich in keinem Fall Um deinen Bart mehr zanken.

Zur Schillerfeier in Zürich

Inhaltsverzeichnis

Prolog für die Festvorstellung im Theater am 10. November 1859

Vivos voco

Vor hundert Jahren kam ein Schwan gezogen Vom Geisterland, ein wunderbarer Schwan. Nach kurzer Rast heimwärts ist er geflogen – Wir rufen ihm auf seine Sternenbahn Hinauf den Gruß vom niederen Gestade Und denken heut der sonnenhellen Pfade, Die er dahinzog, und der lichten Spur, In deren Schein verklärt ward die Natur, Licht floß ihm von der reinen Schwinge nieder, Licht strahlt' er in des Schicksals dunkeln Gang, Vom Glanz der Wahrheit blitzte sein Gefieder, Und der Gedanke ward bei ihm Gesang, Der ihn entzückt in trunknem Flug Bis vor den Thron der Schönheit trug.

Ein Alexander barg in goldnem Schrein Das hohe Lied von Ilium. Doch unsern Dichter, in dem Heiligtum Des Herzens schloß ein ganzes Volk ihn ein. Und trennt uns groß’ und kleine Leidenschaft Und gegenseitig bitteres Verneinen – Dem Genius verbleibt die Kraft, Uns alle um sich zu vereinen. Wir grüßen ihn, den Herrscher unsrer Seelen, Als gält's in dieser trüben Zeit In ihm den Führer uns zu wählen, An seinem Wort das Schwert zu stählen, Bis wir's gebrauchen in dem Streit. Wir wissen nicht, was uns beschieden, Es waltet heut ein böser Stern: Wir hatten Krieg und haben keinen Frieden, Und donnern hör ich schon von fern. Doch sehn wir auch, wie trotz dem Bleigewichte Der Finsternis ein Volk jetzt aufwärts strebt; Die Freiheit ist die Flut der Weltgeschichte, Und manche Woge sehn wir, die sich hebt. Wir sehen auch, es schwindet das Vertrauen Auf jeden ird'schen Herrscherstab; Drum wollen wir auf jene Krone bauen, Die er der Menschheit wiedergab. Von außen kommt kein Brecher ihrer Ketten; Der eigne Adel in ihr wird sie retten.

Der Menschheit Bild in herrlichster Vollendung, Wie sich's in tiefem Schauen ihm enthüllt, Zu offenbaren – das war seine Sendung; Er hat sie treu erfüllt. Und sehnend wenden Millionen heut Den Blick zu ihm, den Blick nach innen; Und wie uns auch der Lärm der Welt zerstreut, Wir sammeln uns zu weihevollem Sinnen. –

Wo ist im großen Menschenstrom die Welle, Die so der Glut von oben sich verschließt, Daß nicht ein Teil von ihr des Himmels Helle, Frei von des Stoffes Wucht, entgegenfließt? Wer ist, der um den Glanz erworbner Habe Den angebornen Glanz so von sich warf, Daß er hier fürder keiner andern Labe Als aus dem Born gemeinen Glücks bedarf? Wer ist in dieser frohbewegten Schar, Wenn er den Mißklang unsrer Welt empfunden, Der ihm nicht dankbar für den Wohllaut war, Den er in seinen Melodien gefunden? Wer ist, dem nicht der eigne Manneszorn Aus seinem Wort veredelt widertönte, Daß noch mit Blüten sich des Mißmuts Dorn, Wenn auch mit Leidesblüten krönte?

Denn tief im Schönen wurzelte sein Glaube: Durchs Schöne führt der Weg aus niedrer Qual, Durch jene Kunst, die einst zum zweiten Mal Den Menschen schuf – aus der Hellenen Staube. Und solcher ew'gen Schönheit Zauber wußt Zu legen er in jenen letzten Klang, Als, mit dem Todespfeil in seiner Brust, Den Pfeil, den rettenden, er für euch sang. Ihr wißt, mit Leibesaugen hat er nie Die Alpen, Zeugen jener Tat, geschaut, Hervor aus seiner Seele sprangen sie, Die ja mit allen Höhen war vertraut Und allen Tiefen – nichts hat ihn erschreckt, Er forscht' und forschte, bis er die Gesetze, Unwandelbar im Flüchtigen, entdeckt. O sprecht, von allen, welche Schätz um Schätze Turmhoch auf dieser Erde auf gespeichert – Hat einer so wie er die Welt bereichert?

Sein erster Schritt, wie war er stolz und kühn! Doch welcher Segen sollt uns noch erblühn, Als er an dir den Freund gefunden, Goethe! Wie Streben rasch an Streben sich erhöhte! Wie ihr vereint dem Ziel seid zugeeilt Und großgesinnt die Palme habt geteilt! Es werden Sterne auf – und niedergehn Solch einen Bund wird man nicht wiedersehn Der Kunst getreue Wächter, Hand in Hand, So stehn sie da, gepriesen und bewundert, Nie mehr getrennt wird man von Land zu Land Sie nennen, von Jahrhundert zu Jahrhundert. Innig verbunden, haben sie ein Band Fest wie kein anderes um uns geschlungen. Der von der Glocke uns das Lied erfand, Hat er nicht selbst, wie sie, in Freud und Leid, In kummer- wie in hoffnungsvoller Zeit In unserm ganzen Leben mitgeklungen? Seit jenem Tag, da mit ureigen neuer Gewalt des Worts er Rechnung abgefodert Der alten Welt und seines Zornes Feuer Erschreckend wie entzückend hat gelodert! Die Lava war es himmlischen Genies, Der später jener edle Wein entsprossen, An die ein volles Dichterparadies Der schönsten Schöpfungen sich angeschlossen. Es sorgt das Leben schon, uns abzukühlen: Mit zwanzig Jahren wird man stets so fühlen. Ihr, junge Herzen, haftet fest das Echte In eures Dichters erstem Jugendschwung – Ach, nur zu frühe vor dem Rausch der Knechte Lernt in uns schweigen die Begeisterung. Bleibt jung! Bleibt jung! Bleibt jung!

Er siegt, der Geist, der einst auf schwachen Planke Kolumb gerettet und Kolumbs Gedanken Und Philipps Flotte, die der Welt gedräut, Wie kindisch Spielzeug in den Wind zerstreut. Und scheitert auch ein königlicher Schwärmer, Verzweifelt nicht: das gute Werk gelingt. Aus tiefem, unbekanntem Schoß entspringt Der Heilung Quell – je tiefer, desto wärmer. So lehren uns der Mutter Erde Schichten, So lehren uns der Menschenwelt Geschichten.