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Ein prickelnder Liebesroman über die Höhen und Tiefen im Leben eines Rockstars und über seine große Liebe. Emotionale Achterbahnfahrt garantiert! Was würdest du tun, wenn du zwischen Liebe und Erfolg wählen müsstest? Nic ist ein gefeierter Rockstar. Er wird von seinen Fans angehimmelt, tourt um die Welt und feiert rauschende Partys. Es gibt nur zwei Dinge, die ihn glücklich machen: ein Auftritt im Rampenlicht und seine beste Freundin Mia, die er schmerzlich vermisst. Mia tritt im Leben auf der Stelle. Anstatt ihre Karriere in der Modebranche zu verfolgen, vertrödelt sie ihre Tage mit Gedanken an Nic, der sich kaum noch bei ihr meldet. Sie zweifelt, ob sie ihm jetzt, wo er seinen Traum vom Rockstar-Dasein lebt, überhaupt noch wichtig ist. Längst ist aus der Freundschaft eine knisternde Anziehung geworden, doch durch Nics steile Karriere und die Schattenseiten seines Ruhms wird die Distanz zwischen ihnen immer größer ... »Backstage Love – Unendlich nah« ist der erste Band der Rock & Love Serie. Liv Keen lässt in dieser Rockstar-Romance nicht nur die Herzen der Fans höher schlagen. Sie wuchs in einer großen, chaotischen und etwas verrückten Patchwork-Familie auf. Schon als sie ein kleines Mädchen war, versorgte ihre unkonventionelle Uroma sie mit etlichem Lesestoff und erfand mit ihr lustige Geschichten. Ihre große Liebe ist – wie es der Zufall so will – auch ihr bester Freund, mit dem sie ihre eigene Familie gegründet hat. Der Liebesroman »Backstage Love – Unendlich nah« ist die noch einmal vollkommen überarbeitete Neuausgabe des bereits unter den Titeln »Sandkasten-Groupie« und »Unendlich nah – Backstage-Love 1« erschienenen Werkes der Autorin Kathrin Lichters.
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Seitenzahl: 506
Liv Keen
Backstage Love – Unendlich nah
Roman
Knaur e-books
Nic ist ein gefeierter Rockstar. Er wird von seinen Fans angehimmelt, tourt um die Welt und feiert rauschende Partys. Es gibt nur zwei Dinge, die ihn glücklich machen: ein Auftritt im Rampenlicht und seine beste Freundin Mia, die er schmerzlich vermisst.
Mia tritt im Leben auf der Stelle. Anstatt ihre Karriere in der Modebranche zu verfolgen, vertrödelt sie ihre Tage mit Gedanken an Nic, der sich kaum noch bei ihr meldet. Sie zweifelt, ob sie ihm jetzt, wo er seinen Traum vom Rockstar-Dasein lebt, überhaupt noch wichtig ist.
Längst ist aus der Freundschaft eine knisternde Anziehung geworden, doch durch Nics steile Karriere und die Schattenseiten seines Ruhms wird die Distanz zwischen ihnen immer größer …
Für Jan und Lenny,
die Liebe meines Lebens
Der gefeierte Frontmann der Swores erscheint beinahe eine halbe Stunde zu spät an unserem Treffpunkt im Hotel Savoy – lässig gekleidet, unrasiert, mit einer RayBan-Sonnenbrille und unglaublich charmant. Als er mich entdeckt, begrüßt er mich verschmitzt grinsend mit zwei Küsschen.
Er ist einfach megasexy! Und das habe wohl nicht nur ich inzwischen bemerkt. Jede britische Frau zwischen sechzehn und sechzig scheint diesem so sensationell lächelnden Mann verfallen zu sein.
Nic:Entschuldige meine Verspätung, ich hatte so viele Termine heute Morgen, und in London ist es um diese Zeit beinahe unmöglich, durch den Verkehr zu kommen.
Seine Entschuldigung wird von einem schiefen Lächeln begleitet, und er greift zu dem Cappuccino, der für ihn bereitsteht. Nic Donahue, der Leadsänger der momentan angesagtesten britischen Rockband, widmet nun seine gesamte Aufmerksamkeit meinen Fragen.
JM: Was trinkst du denn da?
Nic:Fettarmen Cappuccino mit Süßstoff. Es ist schließlich auch für einen Mann nicht einfach, seinen Körper in Form zu halten. Vor allem nicht, seit mir mein Terminkalender kaum genug Freizeit für das Fitnessstudio lässt. (Er grinst breit und zwinkert mir lässig zu.)
Mia, die in diesem Boulevardblatt las, stieß einen verächtlichen Ton aus. Sie dachte an die Abende mit Nic vor dem Fernseher, an denen sich die Pizzakartons auf ihrem Bett gestapelt hatten. Nie zuvor hatte sie Nic einen Cappuccino trinken sehen, und was sollte das mit der fettarmen Milch? Er mochte seinen Kaffee schwarz mit drei Löffeln Zucker, und eine Schwäche fürs Fitnessstudio hatte er noch nie gehabt. Dafür liebte er es, mit seinen Jungs Basketball oder Fußball zu spielen. Mia fragte sich unweigerlich, wie viel von dem Nic, mit dem sie groß geworden war, noch in dem Sänger auf dem Titelblatt dieses Heftchens steckte. Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie den Kopf schüttelte und sich wieder der Starzeitschrift widmete.
JM:Nun, Nic … Wie war dein Tag?
Nic(streckt sich in seinem Sessel): Na ja, ich bin seit vielen Stunden unterwegs und habe letzte Nacht nur knappe drei Stunden geschlafen … Sagen wir einfach, ich sehne mich nach einem großen Bett und drei Tagen Tiefschlaf.
JM:Sind das die Schattenseiten des Starlebens?
Nic:Nein, ich denke, das ist nun mal mein Job. Sieh mal, ein Arzt im Krankenhaus arbeitet nicht selten achtundvierzig Stunden am Stück, eine Kellnerin steht oft bis in die frühen Morgenstunden im Pub, vor allem wenn die Swores da sind. (Er lacht und reibt sich übers Gesicht.) Das ist ein ganz anderer Druck. Im Vergleich dazu ist mein Job wohl der bestbezahlte und einfachste, den ich mir vorstellen kann.
JM:Glaubst du, dass dir der Erfolg zufällt?
Nic:O nein, ich denke nicht, dass jeder so einfach einen guten Songschreiben könnte oder mit dem Druck der Öffentlichkeit fertigwerden würde. Meine Jungs und ich haben jahrelang unsereTapes eingeschickt, und lange Zeit hatte es keine positive Rückmeldung gegeben. Wir haben hart daran gearbeitet, dass ich heute hier mit dir zusammensitzen kann. Doch mal ehrlich: Mein Job ist von der Verantwortung wohl kaum mit der eines Arztes zu vergleichen. Denk zum Beispiel mal an diesen tragischen Moment, wenn die Kamera bei Grey’s Anatomy das ernste Gesicht des Arztes zeigt, bevor er mit der Herzmassage beginnt.
JM:Du schaust dir Grey’s Anatomy an? Das überrascht mich jetzt doch etwas.
Nic:Nun ja, ich habe zwei Schwestern und wurde oft von meiner besten Freundin genötigt, diese Serie zu verfolgen. Aber mal ehrlich, gegen McDreamy hat niemand eine Chance (lacht).
JM:Und welcher Art von Druck ist eine Kellnerin ausgesetzt? Diese Frage steht zwar nicht auf meiner Liste, aber es interessiert mich brennend, was du dazu zu sagen hast …
Nic:Hast du jemals einer Meute wilder Kerle gegenübergestanden, die völlig betrunken waren und sich mit Stühlen und Stehtischen bewarfen? Da braucht man ein gewisses Maß an Mut und noch mehr Verantwortungsgefühl, um sich einzumischen und behaupten zu können. Das soll nicht heißen, dass ich das einer Frau nicht zutraue, ganz im Gegenteil. In meinem Leben überzeugen mich einige Frauen tagtäglich davon, dass sie nicht nur mutiger sind als wir Männer, sondern auch selbstloser.
JM:Nun, ich verstehe, was du meinst, aber da du es schon selbst ansprichst, und ich wage zu behaupten, dass diese Frage unsere Leserinnen am meisten interessiert: Wie dürfen wir uns diese mutigen Frauen in deinem Leben denn vorstellen?
Nic:Meine Fans sind tatsächlich sehr an dieser Frage interessiert, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat … Meine Mutter ist beispielsweise so eine wundervolle Frau, meine Schwestern ebenso. Sie sind tough und auf eine nervtötende Art und Weise ziemlich verbissen (lacht). Vor vielen Jahren wollten sie mich unbedingt schminken. Du glaubst gar nicht, wie ausdauernd ich ihnen entkommen musste, nur um am nächsten Morgen in den Spiegel zu sehen und den Schreck meines Lebens zu bekommen. Heute traue ich ihnen immer noch keinen Meter über den Weg, aber ich bin ihnen auch sehr dankbar für ihren Rückhalt und ihre Unterstützung. Ohne sie wäre ich sicher nicht der geworden, der ich heute bin.
JM:So viel also zu deinen weiblichen Familienmitgliedern … Noch brennender interessiert uns aber, ob es die eine Frau in deinem Leben gibt.
Nic:Wenn ich diese Frage bisher offengelassen habe, wieso glaubst du, dass ich es diesmal nicht wieder tun werde?
JM:Weil du meinem Charme nicht widerstehen kannst? Es gibt Gerüchte, dass du das It-Girl Melanie Green datest. Stimmt das?
Seufzend schlug Mia die Zeitung zu, legte sie verärgert zur Seite und schloss die Augen. Sie hatte genug von dem Unsinn. Warum las sie diese Interviews überhaupt noch? Es war jedes Mal dasselbe. Als sei man auf Diät und ginge in einen Süßwarenladen. Man quälte sich mit dem Anblick der leckeren Schokolade und rang so lange mit sich, bis man alles auf einmal verschlungen hatte. So erging es ihr in diesem Augenblick auch. Das schlechte Gewissen wog nicht so schwer wie der Ärger, dass sie eingeknickt war. Nicht nur, dass Nic sie gebeten hatte, nie eine dieser Zeitschriften zu lesen, in denen er so abgelichtet war, sondern auch Mia hatte sich fest vorgenommen, nicht in diese Falle zu tappen. Es war vorauszusehen gewesen, dass sie sich danach keineswegs besser fühlen würde. Nach der wochenlangen Funkstille war sie der Versuchung, wenigstens ein winziges Lebenszeichen von ihm zu erhalten, erlegen. Obwohl sie jetzt wusste, dass er irgendwo da draußen war, umjubelt von unzähligen Fans, fühlte sie sich elend. Warum rief er sie nicht zurück? Wo war nur ihr bester Freund bei all dem Zirkus geblieben?
Emilia Sophie Kennedy!« Ihr Name drang mit erstaunlicher Kraft über die drei Etagen zu Mia durch. Sie seufzte entnervt auf. Wahrscheinlich hatte ihre Großmutter das leer geräumte Zigarettenversteck entdeckt. Es würde Sophie gar nicht gefallen, dass sie ihren Geheimvorrat wieder einmal entsorgt hatte. Mia blickte von ihren Skizzen auf. Sie musste ein Grinsen unterdrücken, während sie den Kohlestift beiseitelegte.
»Was zum Teufel habe ich dem lieben Herrgott nur angetan, dass er mich mit so einer gemeingefährlichen Enkelin straft?«, donnerte es lautstark zu ihr hinauf. Sophie schien heute glänzender Laune zu sein.
»Verdammt«, murmelte Mia und pustete sich eine Locke aus der Stirn. Wie konnte man in diesem Alter nur so unglaublich uneinsichtig sein? Der Arzt hatte Sophie schon vor einer ganzen Weile vom Rauchen abgeraten, doch sie war sturer als ein Teenager und ließ sich in nichts hineinreden. Deshalb fühlte sich Mia verpflichtet, Sophies Vorräte in regelmäßigen Abständen verschwinden zu lassen.
Wie gewohnt wischte sie die von Kohle schwarz gefärbten Finger an ihrer geliebten Latzhose ab, die sie vor einigen Jahren von ihrem Vater bekommen hatte und die sie seitdem treu bei ihrem künstlerischen Schaffen begleitete.
»Emilia! Ich weiß, dass du mich hören kannst! Setz dich in Bewegung, oder erwartest du, dass ich die verdammte Leiter hochklettere?«
Mia wusste, dass keine Treppe dieser Welt Sophie davon abhalten konnte, ihr eine ordentliche Strafpredigt zu halten. Sie strich sich die widerspenstige Haarsträhne entschlossen hinters Ohr und hinterließ dabei einen schwarzen Strich auf ihrer Wange. Eigentlich war sie froh über die Ablenkung. Heute wollte ihr einfach nichts gelingen. Ihre Skizzen für ihre Chefin Cathleen, eine angesehene Modedesignerin, bei der sie im Rahmen ihres Design-Studiums ein Praktikum absolvierte, waren allesamt reif für die Tonne. Aus irgendeinem Grund gaben sie nicht das wieder, was Mia im Kopf herumspukte. Eines dieser Kreativlöcher … Ihre Chefin wäre alles andere als begeistert, wenn sie ohne brauchbare Entwürfe bei ihr aufkreuzen würde. Cathleens und ihr Geschmack gingen weit auseinander. Mia hatte eine Schwäche für kräftige Farben, wilde Muster und Spitze. Das kollidierte nicht selten mit Cathleens konservativem Stil. Trotzdem wollte Mia das Praktikum durchziehen, immerhin kam sie ihrem Traum, nach dem Modedesign-Studium selbst Kleidung zu entwerfen, damit einen Schritt näher.
Nach einem kurzen Blick durch die Dachkammer betrachtete Mia sich in dem großen Standspiegel. Die Spur des Kohlestifts verlieh ihr das Aussehen eines Schornsteinfegers. Die niedliche Stupsnase hatte sie von ihrer Mutter geerbt, das dunkle, kastanienbraune Haar, das sie im Moment zu einem Zopf zusammengebunden trug, von ihrem Vater. Genauso wie den Dickkopf. Aber sehr weit schien sie dieser Dickkopf nicht zu bringen. Denn nur selten konnte sie ihrer Familie und ihren Freunden eine Bitte abschlagen. Und so kam es, dass sie in den Semesterferien, die sie mit ihren zweiundzwanzig Jahren eigentlich auf Partys, in Bars oder in irgendwelchen Backpacking-Hostels in Asien verbringen sollte, zu Hause im kleinen Bodwin saß und auf ihre kleine Cousine und ihre Großmutter aufpasste. Während ihre Mutter und ihre Tante Bea unter der Sonne Afrikas Elefanten beobachteten.
Am Rand des Spiegels hingen allerlei gemalte Bilder und Fotos aus vergangenen unbeschwerten Tagen, die Mia wehmütig lächeln ließen. Wie hatte sich ihr Leben in so kurzer Zeit nur so sehr verändern können? Sie hielt einen Moment inne und schluckte den Kloß im Hals hinunter.
»Emilia!«, erklang es nun drohend von der unteren Etage, und Mia gab nach. Sie wollte nicht, dass Sophie gezwungen war, die Leiter zum Dachboden hinaufzuklettern.
»Ich komme ja schon!«, rief sie und kletterte durch die Dachluke. »Warum schreist du das ganze Haus zusammen, Granny?«
Sophie musterte Emilia mit vorwurfsvollem Blick. »Du weißt genau, dass ich es hasse, ›Granny‹ genannt zu werden! Sehe ich etwa wie eine aus?«
Nein, das tat sie tatsächlich nicht. Ihre grauen Haare waren zu einem flotten Kurzhaarschnitt frisiert, und die leicht stämmige Gestalt wirkte alles andere als gebrechlich. Ihre Kleidung war ausgefallen, doch in Wahrheit war es Sophies brüske und direkte Art, die rein gar nichts mit der einer alten Frau zu tun hatte.
Mit in den Hüften gestemmten Händen sah sie Mia aufgebracht an. »Wo sind sie, Mia?«
»Was meinst du, Sophie?« Mias unschuldige Miene war nur ein halbherziger Versuch, ihr weismachen zu wollen, dass sie keine Ahnung hatte, wovon sie sprach.
»Du weißt ganz genau, was ich meine! Ich will eine rauchen, und scheinbar hast du dich an meinem Zigarettenvorrat vergriffen.« Empörung schwang in Sophies Stimme mit, und Mia unterdrückte ein Lachen, indem sie eine Hand verräterisch vor den Mund legte.
»Der Arzt hat dir vom Rauchen abgeraten, und wir möchten doch nur, dass du seine Warnung ernst nimmst«, seufzte Mia nachsichtig.
»Es war keine Warnung, sondern eine Empfehlung, somit bleibt es mir überlassen, mich nicht an die Empfehlung zu halten«, konterte sie.
»Du weißt, dass das so nicht ganz stimmt, und ich möchte mich ganz einfach noch eine kleine Ewigkeit mit dir herumstreiten.«
Sophies Miene wurde augenblicklich weicher, und sie ließ die Arme sinken. »Womöglich hatten die Heinzelmännchen was damit zu tun«, überlegte sie versöhnlich.
Sie schwiegen sich kurz an, dann sagte Sophie: »Heinzelmännchen wären gar nicht so schlecht für das Chaos, das du hier überall verbreitest. Erst neulich habe ich deinen Schlüssel im Kaffeeschrank gefunden.«
»Vielleicht helfen die uns ja auch beim Abwasch?« Mia grinste breit, während Sophie ihr leicht in den Arm knuffte. »Das wäre es doch, oder?«, überlegte sie träumerisch. Nichts von ihren Sticheleien war wirklich böse gemeint. Es peppte nur ihrer beider Alltag auf. Mia stemmte die rechte Hand in die Hüfte. »Ich würde übrigens mal nach deinem Fusel gucken, wer weiß, ob sie den nicht auch schon gefunden haben.« Mia streckte aufmüpfig die Zunge raus.
»Jetzt ist es aber genug, geh und wasch dich gefälligst, du Schmutzfink! Gleich gibt es Essen. Das heißt, wenn Haley dort unten nicht den Tisch inklusive Tischdecke bepinselt hat.«
Mia salutierte und sagte: »Zu Befehl, Ma’am!« Nachdenklich schaute sie Sophie hinterher, die in erstaunlich flottem Tempo die Stufen hinablief, und schüttelte den Kopf. Sie wischte über ihre Stirn, wobei sie den Kohlestift nur noch weiter in ihrem Gesicht verteilte, und seufzte. Auch wenn die nächsten Wochen keine großen Abenteuer versprachen, gab es keinen Platz auf der Welt, an dem Mia lieber ihre Zeit verbrachte. Sie lebten in einem verträumten Dorf namens Bodwin ganz in der Nähe der Stadt Falmouth. Es war ein malerischer Ort an der Küste von Cornwall, der im Sommer grün und voller bunter Blüten war. Sein ganz eigener Charme betörte die Touristen und nicht zuletzt die Einwohner. Für die ländliche Idylle zahlten sie nur einen geringen Preis. Falmouth und die nächsten größeren Geschäfte lagen lediglich etwas über eine halbe Stunde entfernt. Außerdem lebte Mia nur während der Semesterferien in ihrem Elternhaus und genoss die Vorzüge eines ruhigen Lebens in dieser Zeit sehr.
Schon Mias Vater war in Bodwin geboren und aufgewachsen, und auch wenn er für einige Zeit in Frankreich studiert hatte, so war er stets fest mit seinem Zuhause verwurzelt gewesen. Und so kehrte er gemeinsam mit Celine, einer Französin, in die er sich während seines Auslandsstudiums verliebt hatte, zurück in seinen Heimatort, ließ sich als Arzt nieder und gründete eine Familie. Zusammen waren sie hier sehr glücklich gewesen. Mia schloss die Augen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, den sie nur mit Mühe hinunterschluckte. Vor drei Jahren war ihr Vater ganz plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Dieses Loch, das er im Herzen aller hinterlassen hatte, wurde nie wirklich richtig gefüllt, und Mias Mutter litt unter dem Verlust ihres Liebsten so sehr, dass sie es kaum länger als ein paar Wochen am Stück in ihrem gemeinsamen Zuhause aushielt. Mia hingegen fühlte sich verpflichtet, die Stellung zu halten. So kam es, dass Mia nun hier saß und sich mit ihrer Großmutter um ein Päckchen Zigaretten stritt, während alle anderen um sie herum die große weite Welt erkundeten.
Im Hause Kennedy lebten drei Generationen zusammen, fast ausschließlich Frauen. Neben Sophie, die Mutter von Mias Vater, Celine und Mia, die nur in den Semesterferien zu Hause lebte, wohnte Celines Schwester Bea mit ihrer kleinen Tochter Haley seit ihrer Scheidung vor ein paar Monaten ebenfalls bei ihnen. Selten war das Kennedy-Haus allerdings so leer wie im Moment. Seit zwei Wochen waren Celine und Bea jetzt schon unterwegs und hatten es ihr überlassen, sich um Haley und Sophie zu kümmern.
Auch Mias drei Jahre älterer Bruder Liam führte ein rastloses Leben und war mittlerweile ein selten gesehener Gast in Bodwin. Er war mit seiner Band, den Swores, in der ganzen Weltgeschichte unterwegs. Im Moment bestand seine einzige Beschäftigung darin, seinen weiblichen Fans den Atem zu rauben, die Nächte mit Alkohol, seinen Bandkollegen und zahlreichen Models sowie wichtigen Persönlichkeiten zu durchzechen und hin und wieder einige Songs zu schreiben.
Diejenige, die Mia stets treu zur Seite stand, war ihre beste Freundin Lizzy, mit der sie Tür an Tür in Bodwin aufgewachsen war. Mit ihr teilte sich Mia während des Semesters auch eine WG am College im nahe gelegenen Falmouth. Lizzy Donahue war eine Chaotin der ganz besonderen Art, weswegen sie hervorragend zu Mia passte. Mia litt unter der häufigen Abwesenheit von Celine und Liam. Und sie verspürte eine Sehnsucht nach etwas, das sie selbst nicht in Worte fassen konnte.
Sie kämpfte sich durch den Alltag und kam sich oft klein und unbedeutend vor, während die anderen von ihren besonderen Erlebnissen berichteten. Um ihrem Leben Bedeutung zu verleihen, sollte sie wohl ein Mittel gegen Aids oder Krebs erforschen. Leider hatte sie nie die Begeisterung ihres Dads für Medizin geteilt. Vielleicht hätte sie Polizistin werden und wenigstens für Gerechtigkeit sorgen sollen. Aber für besonders mutig hielt sie sich auch nicht. Ganz davon abgesehen, dass ihr dafür eine riesige Portion Fitness fehlte. Sicher war sie nicht völlig untrainiert, denn sie tanzte Ballett und gab regelmäßig Unterricht, doch auch in dieser Hinsicht war sie meilenweit davon entfernt, erfolgreich zu sein.
Eigentlich gab es nicht viel, was sie besonders gut konnte, abgesehen von einem: zeichnen. Schon als Kind war sie ein Naturtalent gewesen. Ihre Eltern hatten ihr die besten Kunstlehrer bezahlt, um dieses Talent zu fördern und ja nicht zu vergeuden. Das hatte ihre schlechten Noten in Mathe oder Biologie aber auch nicht wettmachen können. Nun war sie dabei, ihr Hobby zum Beruf zu machen und Kleidung zu entwerfen. Sie liebte es, ihre Outfits selbst zu gestalten und ihren eigenen Stil darin zum Ausdruck zu bringen. Meist kombinierte sie Eigenkreationen mit Secondhandteilen. Sie liebte den Kontrast, und für Markenkleidung fehlte ihr schlicht und ergreifend das Geld.
Mia wusch sich das Gesicht und schlüpfte in ihre Leggins und ein selbst geschneidertes Kleid. Noch einmal kontrollierte sie sich im Spiegel. Dabei fiel ihr Blick auf ein Foto von ihrem Bruder und einem jungen Mann, der schief grinste. Nic … Das Foto zweier Teenager auf einem Motorroller, die ausgelassen lachten. Ein gut aussehender Junge mit graublauen Augen, verstrubbeltem, dunkelblondem Haar und dem ersten Bartschatten grinste frech in die Kamera und wurde von Mia umarmt. Domenic Donahue, kurz Nic, war seit beinahe vier Jahren mit seiner Band ein Stern am Musikhimmel. Er war der beste Kumpel und Bandkollege ihres Bruders, der Bruder ihrer besten Freundin Lizzy, ihr Nachbar und ihr allerbester Freund. Zumindest war das einst so gewesen. Mittlerweile hatte sie mehr und mehr das Gefühl, dass sie sich voneinander entfernten. Diese Empfindung machte Mia schreckliche Angst.
Zuletzt hatte sie mit ihm vor der Tour der Swores gesprochen, und die wenigen nichtssagenden Nachrichten von ihm hinterließen zunehmend ein bitteres Gefühl in Mias Magengegend. Mit jedem verstreichenden Tag wurde die Einsamkeit um sie herum unerträglicher. Früher hatte sie seine Abwesenheit schon als verstörend empfunden, doch in den letzten Monaten hatte sich dieses Gefühl noch verstärkt.
Seufzend legte Mia ihre Kleidung für die späteren Ballettstunden heraus. Um sich für ihr Studium etwas nebenher zu verdienen, gab sie in den Semesterferien einen Ballettkurs für Kinder und Jugendliche. Hin und wieder arbeitete sie auch für Jeff, dem die beliebteste Bar in Bodwin gehörte. Ihr Bruder verdiente zwar genug, um locker ihren Lebensunterhalt mitfinanzieren zu können, sie fand den Gedanken, ihrer Mutter und Liam auf der Tasche zu liegen, jedoch schrecklich. Außerdem liebte sie es, in Jeffs Bar oder mit den Mädchen zu arbeiten.
Mia warf sich ihre Tasche über die Schulter und hüpfte gerade die Stufen zur Küche hinunter, als sie den lauten Piepton des Rauchmelders hörte. Sie rannte die letzten Stufen nach unten. Die Eingangstür und alle Fenster standen sperrangelweit auf, ebenso wie die Tür des Backofens, aus dem es stark rauchte. Sophies Auflauf war verkohlt, und Mia griff auf dem Weg zur Küche schon zum Telefon. Mit einem Lächeln auf den Lippen nahm sie Sophie in den Arm, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und versuchte zu retten, was zu retten war: Sie rief beim Pizzaservice an.
Es war neun Uhr abends, als Mia am folgenden Tag völlig erledigt nach Hause kam. Der Morgen hatte wie immer damit begonnen, dass sie zu spät dran gewesen war. Sie hatte Haley im Kindergarten abgesetzt, nicht ohne vorher noch ein Sandwich für sie beide zu kaufen und sich den heißen Kaffee über ihre Jeans zu kippen. Da war bereits klar, was dies für ein verrückter Tag werden würde. Wie zu erwarten, hatte ihre Praktikumschefin wenig für ihre Skizzen übriggehabt und sie förmlich in der Luft zerrissen, was Mia erst einmal verdauen musste. Folglich hatte sie neben den ohnehin noch zu verbessernden Vorlagen ein weiteres Bündel Blätter im Gepäck, die es zu bearbeiten galt. Auf dem Heimweg hatte sie noch ihrer WG einen Besuch abgestattet. Die Hoffnung, ihren chaotischen Aufbruch vor einer Woche nur geträumt zu haben, war verpufft, als sie die Eingangstür wegen des dahinterliegenden Schmutzwäschebergs nur schwer öffnen konnte. Sie waren unmittelbar nach den Prüfungen zu ihren Familien aufgebrochen und hatten ihre Wohnung im denkbar schlechtesten Zustand verlassen. Ausgerechnet hier fand Mia zum ersten Mal an diesem Tag einen Moment Frieden. Im Chaos das Chaos im Kopf besänftigen …
Haley hatte auch heute Abend wieder stoisch darauf gewartet, dass sie nach Hause kam. Mit den wilden hellblonden Locken, dem rosa Pyjama und den verschränkten Armen sah sie wie Luzifer junior höchstpersönlich, aber auch unglaublich niedlich aus.
Mia wusste, dass Haley sehr gut bei Sophie aufgehoben war, aber auch wenn ihre Großmutter es ständig zu vertuschen versuchte, so wurde sie langsam alt. Die alltäglichen Arbeiten in diesem großen Haus fielen Sophie immer schwerer, und wenn sie glaubte, dass Mia es nicht sah, machte sie kurze Pausen. Besorgt hatte Mia wahrgenommen, dass Sophie bei Weitem nicht mehr so belastbar war wie noch vor ein paar Jahren, und es ärgerte sie, dass ihre Mutter so wenig Rücksicht darauf nahm. Nach allem, was ihre Großmutter für diese Familie getan hatte, war es weit mehr als Pflichtgefühl, was Mia dazu bewog, sie zu unterstützen. Es geschah aus Dankbarkeit. Gerade jetzt, wo ihre Mutter und Bea nicht hier waren.
Müde stieg Mia die Treppe hinauf. In ihrem Zimmer angekommen, griff sie hoffnungsvoll zum Handy, das sie in ihrer Eile am Morgen wieder vergessen hatte. Beim Scrollen über ihre neuen WhatsApp-Nachrichten tauchte weder Nics noch Liams Name auf. Die Enttäuschung landete bleischwer in ihrem Magen, und Mia seufzte. Seit Wochen waren die Swores nun schon in den USA und feierten einige kleine Erfolge, wie man aus der Boulevardpresse verfolgen konnte. Leider war diese auch so ziemlich ihre einzige Informationsquelle, und Mias Frust darüber, dass ihr bester Freund und ihr Bruder sich nicht darum scherten, was in ihrem Zuhause los war, entlud sich normalerweise in wüsten Zeichnungen, die anschließend im Müll landeten. Nach diesem Tag jedoch fehlte Mia selbst dafür die Energie, und sie ließ sich kraftlos in ihre Leseecke fallen. Ihr Vater hatte kurz vor seinem Tod das Dachgeschoss ausbauen lassen, um Mia ein Atelier für ihre Malerei zur Verfügung zu stellen. In Wahrheit wollte er ihr bloß einen größeren Anreiz bieten, um auch öfter nach Hause zu kommen, wenn sie am College lebte. Die Fensterfront bescherte ihr einen guten Ausblick auf ihren Garten und die Wälder dahinter. Dies war ihr liebster Rückzugsort, wo sie zur Ruhe kommen und ihren Gedanken nachhängen konnte. Hier gab es Raum für all ihre Gefühle, die sie nicht verstecken oder beschönigen musste. Ihr Handy vibrierte, und sie warf einen Blick auf die Nachricht von Chris, die gerade eingegangen war, drückte sie jedoch eilig weg. Chris. Aus irgendeinem Grund fiel es ihr schwer, sich auf ihn einzulassen, und Mia ahnte, dass es nie wirklich dazu kommen würde. Lag es tatsächlich an den Kleinigkeiten, die sie bei ihm zu bemängeln hatte? Ein Mr Darcy, wie ihn Jane Austen beschrieb, hatte nun mal auch seine Fehler. Und nicht zu vergessen, Elizabeth Benett ebenso. Nicht umsonst hatte es einige Hundert Seiten und Verwicklungen gebraucht, bis sie sich gekriegt hatten. Einen Menschen zu suchen, der perfekt zu einem passte, schien doch ziemlich arrogant zu sein. Man selbst war es schließlich auch nicht. Nur sollten diese kleinen Makel einen nicht von Anfang an in den Wahnsinn treiben.
Immerhin verließ er sie nicht, um die Welt zu erkunden, so wie ihr Bruder, Nic oder Jake es getan hatten. Vielleicht klammerte sich Mia deswegen so an ihn? Oder war sie womöglich noch nicht bereit, sich auf jemanden anderen einzulassen? Er war ein netter Kerl, umwarb sie ganz klassisch mit Blumen und anderen kleinen Nettigkeiten, und doch erfüllte er nicht ihre Gedanken oder brachte ihr Herz ins Stolpern. Bisher hatte es nur einen Mann gegeben, der an einen Mr Darcy herangereicht hatte, sodass Mia sogar ernsthaft daran gedacht hatte, ihre Heimat zu verlassen.
Jake Bower war ein begeisterter Sportler, der in Mias erstem Studienjahr ebenfalls an der Uni von Falmouth studiert hatte. Sein Sportstipendium hatte dies möglich gemacht, und neben dem Fußball studierte er Biologie. Jake war in Australien geboren und in den ersten Jahren seines Lebens auch dort aufgewachsen. Die Trennung seiner Eltern hatte ihn nach London verschlagen, wo er seine Leidenschaft für Fußball entdeckt hatte. Er spielte in der Jugendmannschaft von Bristol und hatte sich ein zweites Standbein aufbauen wollen. Denn niemand konnte ewig Fußballer sein, zumindest war das die Aussage und damit auch Bedingung seines Vaters gewesen. Mia hatte ihn an ihrem zweiten Tag an der Uni in der Cafeteria kennengelernt, und nach dieser Begegnung hatte er ihre Gedanken beherrscht. Er war fürsorglich, kümmerte sich um seine Familie, die über den ganzen Globus verteilt war, und Mia bewunderte diese Eigenschaft. Er hatte kaum einen Makel gehabt, außer einem: Er sollte nur einige Monate in Falmouth bleiben und dann nach Australien zurückkehren, um dort professionell Fußball zu spielen.
Mia hatte von Anfang an darüber Bescheid gewusst, und von Woche zu Woche war sie sich immer sicherer gewesen, dass sie ihn begleiten wollte. Mit Vorfreude hatte sie bereits alles in die Wege geleitet, um ihr Studium in Sydney fortsetzen zu können, als ihr Vater plötzlich starb und alle ihre Pläne wie eine Seifenblase zerplatzten. Ihr Herz trug nur noch Kummer in sich, und so war kein Platz mehr für eine gemeinsame Zukunft mit Jake gewesen. Er hatte noch lange versucht, den Kontakt zu Mia aufrechtzuerhalten, und nicht wahrhaben wollen, dass sich für sie alles völlig verändert hatte. Sie selbst hatte sich verändert. Eines Tages hatte sie einen Brief aus Australien bekommen.
»Leben ist das, was passiert, während du etwas anderes planst. Vielleicht geschieht nichts ohne Grund, und wir haben alle einen Platz auf der Welt, um zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort einem bestimmten Menschen zu begegnen, für den wir bestimmt sind. Ich hoffe, du findest diesen Menschen. Leb wohl, Jake«
Mia hatte daraufhin nie wieder etwas von ihm gehört, und irgendwann hoffte sie auch für ihn, dass er mit einer anderen Frau sein Glück gefunden hatte. Es fiel ihr schwer, daran zu glauben, dass Chris für sie dieser Mensch sein sollte. Sie las so viele Bücher, in denen von der großen Liebe erzählt wurde. Alles an so einer Liebe musste besonders sein. Selbst die Liebe zwischen ihren Eltern war es gewesen, und Mia wollte das auch. Bei Chris und ihr fehlte jedoch etwas.
Die kleine Glocke, die am Eingang zu Mias Dachkammer angebracht war, erklang. Mia sah zur Dachluke, wo nur wenige Momente später Lizzys Kopf erschien.
»Da bist du ja endlich«, rief sie und kletterte die letzten Stufen hoch. Mit ihrer üblichen überschüssigen Energie sprang Lizzy über die Lehne des kleinen Sofas und fiel sanft in ihre Lieblingsecke. »Ich warte schon eine Ewigkeit auf dich.«
Elizabeth Donahue, von allen nur Lizzy genannt, hatte Mia im zarten Alter von fünf Jahren mit der Bastelschere die schreckliche Prinz-Eisenherz-Frisur zerstört und ihr nachträglich erklärt, wie viel schicker sie nun aussah. Seither war sie nie mehr von Mias Seite gewichen, und man konnte sich keine bessere Freundin wünschen. Lizzy studierte BWL an der Uni in Falmouth. In Wahrheit jedoch dümpelte das Studium so vor sich hin, denn ihr Herz schlug für die Musik. Wie ihr Bruder Nic war sie eine geborene Songwriterin und arbeitete nebenbei in einem Tonstudio in Falmouth. Ihr Vater hatte allerdings darauf bestanden, dass sie einen alternativen Weg für ihren Lebensunterhalt finden musste. Ein Sänger in der Familie war mehr, als Robert Donahue ertragen konnte, und Mia fand das schrecklich unfair. Während der Semesterferien lebte sie wie Mia in Bodwin bei ihren Eltern und genoss die Zeit des Sich-treiben-Lassens. Sie war ein paar Monate älter als Mia und wesentlich verrückter. Jeden zweiten Monat hatte sie eine andere Frisur in den schillerndsten Farben. Seit Neustem zierte ihre schmale Nase ein Piercing, und Mia wusste von ihrem Plan, sich ein Tattoo zuzulegen.
Mia lächelte über Lizzys Theatralik, die so typisch für ihre Freundin war. Andererseits hatte sie einige Nachrichten von ihr bekommen, die sie aber im Durcheinander der letzten Tage vergessen hatte zu lesen. »Eine Ewigkeit, ja?«
»Liest du deine Nachrichten auch manchmal oder gehst an dein Handy? Ansonsten wäre es wohl in Sophies Besitz besser aufgehoben«, neckte sie Mia und schaute sie gespannt an. »Hast du sie überhaupt gesehen?«
»Ich habe mein Telefon zu Hause vergessen«, gestand Mia. »Was stand denn drin?«
»Natürlich, was auch sonst! Ich habe die Neuigkeit des Jahres mit dir zu teilen, und du vergisst dein Handy.« Mia schmunzelte, weil es Lizzy sichtlich schwerfiel, die Spannung auszuhalten. »Willst du gar nicht wissen, worum es geht?«, fragte Lizzy erstaunt.
»Nun sag es schon, bevor du vor Aufregung platzt!«, forderte Mia gelassen. In ihrer momentanen Verfassung wäre sie eher eingeschlafen, als auf Lizzys Neugierde-Zug aufzuspringen.
»Ich fass es nicht, dass du so entspannt bist«, wunderte sich Lizzy kopfschüttelnd und sprang jetzt aus ihrem Sessel auf. »Meine Eltern haben mir erlaubt, dass ich in ihrem Garten eine Geburtstagsparty gebe. So richtig groß und mit allem Drum und Dran. Vielleicht kann ich jemanden von Bluemoon Records dazu bringen zu kommen, denn – jetzt halt dich fest: Die Swores werden dabei sein!« Mia blinzelte und hielt den Atem an, ehe Lizzy weiterquatschte: »Ist das nicht der absolute Wahnsinn? Du weißt, ich nutze Nics Bekanntheitsgrad ungern aus, um meine Songwriter-Karriere voranzutreiben, aber bei Bluemoon Records ist das was anderes. Den Kontakt dorthin hatte ich zuerst, und wenn sie mich interessanter finden, weil mein Bruder zu den Swores gehört, wäre das etwas, womit ich leben könnte. Die meisten guten Kontakte entstehen schließlich auf Partys. Wer weiß, vielleicht kann ich meinem alten Herrn schneller einen Vertrag unter die Nase halten als gedacht und habe einen plausiblen Grund, um mein Studium zu schmeißen? Was sagst du dazu, Mia? Ist das nicht der Oberhammer?« Mia starrte Lizzy nach wie vor zur Salzsäule erstarrt an. »Huhu, Mia! Jemand zu Hause?«
»Du meinst, sie kommen zurück?«, fragte Mia mit ausdrucksloser und dünner Stimme. Sie stand abrupt auf und begann wie immer, wenn sie aufgeregt war, aufzuräumen. Ein Sturm von Gefühlen hatte sie gerade unerwartet erfasst, und sie musste ihr Gesicht vor Lizzy verbergen, aus Angst, dass sie ihre schlechte Laune missverstehen würde. Sie verstand ja selbst nicht, was los war. Sie war sauer und schrecklich enttäuscht, dass Nic sich abgesehen von ein paar belanglosen Nachrichten nicht bei ihr gemeldet hatte. Immerhin waren sie seit einer Ewigkeit befreundet, schon lange bevor er reich und berühmt wurde. Zu jeder Zeit war sie seine Freundin gewesen, und immer, wenn er sie gebraucht hatte, war sie da gewesen. Sie hatte ihm beigestanden, als auf seiner Abschlussfeier kein Mädchen mit dem seltsam verträumten und von Akne gezeichneten Jungen in zerrissenen Jeans gehen wollte. Und jetzt, wo er so wahnsinnig viele berühmte Freunde hatte, vergaß er sie. Aus lauter Wut sammelten sich Tränen in Mias Augen.
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Lizzys genervter Blick weicher wurde und ihr durch die Dachkammer folgte. »Du wusstest noch gar nicht, dass sie nach Hause kommen«, stellte sie mitfühlend fest.
»Natürlich nicht! Warum sollte mir auch irgendjemand etwas davon sagen? Ich bin ihnen doch völlig gleichgültig.« Ihre Stimme zitterte, und Mia kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals an. Diese Sorge schlummerte schon lange tief in ihrem Inneren, und Mia hatte sie nur tief genug vergraben, doch jetzt drängte sie unaufhaltsam hinauf.
»Das stimmt nicht, Mia!«
»Ach nein?« Nun wandte Mia sich zu Lizzy um und versteckte ihre Tränen nicht. »Ich habe unzählige Fotos und Nachrichten verschickt, aber von Nic kam nie was zurück. Am Anfang entschuldigte ich sein Verhalten noch. Er hat viel zu tun, die Zeitverschiebung, bla, bla, bla. In Wahrheit schreibt er sicher einer Menge Frauen Nachrichten, nur eben mir nicht. Mein Bruder ist übrigens genauso unzuverlässig. Er hält es schon nicht für nötig, mich bei dem Chaos hier zu Hause zu unterstützen, und sagt mir nicht mal Bescheid, wenn er zurückkommt?« Überfordert von ihren Gefühlen, strich Mia durch ihr Haar, das wie elektrisiert von ihrem Kopf abstand. So fühlte sie sich auch – wie unter Strom.
Behutsam ergriff Lizzy Mias Hände und hielt sie fest. »Das kann nicht der Grund sein, Mia. Ganz bestimmt nicht.«
»Mir fällt aber kein anderer ein«, flüsterte Mia erstickt. »Ich meine, er kann doch unmöglich vergessen haben, dass es mich gibt, oder?«
Lizzy seufzte und sah so bedrückt aus, wie Mia sich fühlte. »Ich weiß es nicht, Süße, und habe längst aufgegeben, den Kerl zu verstehen. Nic Donahue ist ein Rätsel für sich, ganz ehrlich. Ich habe nie verstanden, wieso du so gut mit ihm auskommst.« Ein seltsamer Laut entwich Mias Kehle, denn Lizzy schaffte es einfach immer, sie aufzumuntern. »Ich weiß nicht, was Nic im Moment reitet, aber ich bin sicher, wenn er zurückkommt, gibt es eine Erklärung für all das, und wenn nicht, dann trete ich ihm höchstpersönlich in den Arsch. Das wird ein Spaß!« Lizzys vorgetäuschte Vorfreude auf diesen Moment brachte Mia zum Lächeln. »Und du beruhigst dich ein wenig, ja? Sonst findest du morgen echt gar nichts mehr wieder und vergisst mehr als dein Handy.« Mia nickte. »Versprochen? Ich lass nämlich jetzt los«, warnte Lizzy lächelnd.
»Ja, ich rühr nichts an. Versprochen!«
»Wundervoll – es gibt nämlich noch mehr Neuigkeiten …«
»O Gott, bitte mach es nicht wieder so spannend«, flehte Mia und dank Lizzys teuflischem Blick schwante ihr Böses. »Was hast du vor?«
»Es waren VIP-Tickets in der Post für ein Welcome Home Konzert der Swores am Wochenende … und wir fahren nach London!« Aufgeregt sprang Lizzy auf der Stelle auf und ab.
Mia runzelte die Stirn und brauchte keinen Moment darüber nachzudenken, ehe ihr ein deutliches und klares »Nein!« entfuhr.
Der entsetzte Ausdruck in Lizzys Miene erinnerte an ein Kleinkind, dem man Weihnachten strich. »Wie nein?«
»Nein!«, wiederholte Mia deutlich. »Du glaubst doch nicht, dass ich mich von so was beeindrucken lasse und Nic und Liam vergebe, dass sie vom Erdboden verschluckt gewesen waren, während ich Haus und Hof hüte. Nö! Abgesehen davon sind sie sicher für dich und deine Eltern bestimmt …«
»Warum steht denn dann dein und mein Name darauf?«
Mia stemmte die Hände in die Hüften und holte tief Luft, ehe sie die Augen schloss. »Tatsächlich?«
»Ach, komm schon, Mia. Sie wollen, dass ihre nervigen kleinen Schwestern hinkommen. Das muss doch etwas heißen.«
»Ist mir egal«, entgegnete Mia kopfschüttelnd. »Ich lass mich mit so was nicht kaufen.«
»Nun mal ehrlich: Du lässt dir eine Reise in unsere Hauptstadt, in die Stadt des Big Bens, von Harry Potter und Madame Tussauds entgehen? Wegen unseren doofen Brüdern? So wichtig kann dir dieser Streit gar nicht sein. Außerdem kannst du Nic dort die kalte Schulter zeigen! Wenn wir sie überhaupt länger zu Gesicht bekommen. Du weißt ja, wie hektisch das dort immer ist.«
Mia seufzte frustriert. Ihre Freundin war teuflisch. Lizzy war fantastisch darin, ihr etwas schmackhaft zu machen. Natürlich klang es so, als wäre es in Mias eigenem Interesse, doch Lizzy verfolgte selbstredend eigene Ziele. »Außerdem müsstest du nicht allein hinfahren«, entgegnete sie und sah ihre Freundin strafend an.
»Das wäre natürlich der perfekte Bonus.« Das verräterische Grinsen war so breit, dass Mia ihr kaum böse sein konnte. »Stell dir nur vor, welche Kontakte ich dort knüpfen könnte, Mia. Das wäre der Wahnsinn. Außerdem hätten wir ein wunderbares Wochenende in London.«
»Ich dachte, du willst kein Vitamin B der Swores!«, erinnerte Mia sie.
»Das wäre kein Vitamin B, nicht wenn ich ihnen nicht meinen vollen Namen nenne.«
»Und wie soll das laufen? Hallo, ich bin Lizzy ohne Namen, wollen Sie sich meine Songs anhören?«
»Das lass mal meine Sorge sein, aber Fakt ist, ich brauche dich an meiner Seite. Allein schaffe ich es nicht.«
Schnaubend ließ Mia sich auf dem Hocker vor ihrer Staffelei sinken. Lizzys Flehen konnte Mia nicht widerstehen. Es war ein aussichtsloser Kampf, und insgeheim schlich sich die Vorstellung ein, dass Nic vor ihr zu Kreuze kriechen würde, wenn sie wieder aufeinandertreffen würden.
»Sag bitte, bitte, bitte Ja!« Mit panischem Gesichtsausdruck sah Lizzy ihre Freundin an.
»In Ordnung!«, antwortete Mia und fügte hinzu: »Ich muss das aber noch mit Sophie besprechen.« Der letzte Satz ging in Lizzys Freudengeschrei unter, und Mia empfand plötzlich eine unbekannte Vorfreude auf das Wiedersehen.
Die Fahrt nach London verbrachte Lizzy größtenteils damit, Mia ihre neu aufgenommenen Songs vorzuspielen. Sie waren extra schon in der Nacht aufgebrochen, um den ganzen Tag noch in der Großstadt verbringen zu können. Die Swores waren sicher schon in der Halle und probten, während Lizzy und Mia die Londoner Innenstadt unsicher machten und ein hippes Restaurant besuchten. Lizzy war so herrlich aufgedreht, dass Mia sich trotz ihrer Bedenken dieser Sogwirkung unmöglich entziehen konnte und von der Abenteuerlust ihrer Freundin angesteckt wurde. Es war erstaunlich. War sie noch trübsinnig und mit bleiernem Gefühl in den Beinen in Lizzys blauen Toyota, den Terminator, eingestiegen, so fand sie sich nur Stunden danach lachend neben ihrer Freundin wieder und grinste für diverse Selfies.
Zum Abend machten sie sich dann mit einer ganzen Menschenmasse auf den Weg zum Millennium Dome, auch O2 Arena genannt. Mit geöffnetem Mund staunte Mia der Menge hinterher, die ausgestattet mit T-Shirts mit dem Logo der Swores, Fanschals und Plakaten auf die Eingänge zuströmten. Das letzte Konzert, das Mia von den Jungs besucht hatte, fand in einer Halle statt, die für maximal sechshundert Fans ausgelegt war. Obwohl Mia natürlich die wachsende Begeisterung der Fans mitbekommen hatte, wurde ihr erst jetzt richtig klar, welche Ausmaße das Ganze angenommen hatte, als ein übergroßer Nic von einem Plakat in ein Mikro grölte. »Die Swores – Heute« stand darauf. Lizzy hakte sich bei Mia unter und musterte sie amüsiert. »Wenn du nicht sofort weiteratmest, läufst du blau an.«
Mia lächelte ertappt und holte tief Luft. »Ich kann gar nicht glauben, was hier los ist«, gab sie zu. »Siehst du das auch? Ich meine, wie viele Leute hier sind.«
»Irre, oder?«, bestätigte Lizzy. »Wenn ich nur daran denke, dass sie alle wegen meines behämmerten und nervtötenden Bruders herkommen, werd ich hysterisch.«
Mia lachte und nickte zustimmend. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir mit den Jungs umgeben von Bergen von Pizzaschachteln in dem Aufnahmestudio saßen, für das sie ihr letztes Geld zusammengekratzt hatten.«
»Weißt du noch, die unzähligen Trödelmärkte, die wir besucht haben, bloß um ein paar Pfund aufzutreiben? Und jetzt sieh dir das nur an!« Lizzy schüttelte ungläubig den Kopf, und Mia nickte zustimmend. Das war der absolute Wahnsinn. Trotz der Dinge, die man über die Presse mitbekam, wurde die Vorstellung von der Berühmtheit der Swores erst klarer, wenn man den Menschenandrang tatsächlich vor Augen hatte. »Komm, lass uns reingehen. Ich will wissen, was da so abgeht.«
Stolpernd ließ Mia sich von Lizzy hinterherschleifen. Plötzlich fühlte sie sich, als würde ihre Freundin sie zur Schlachtbank geleiten. War sie wirklich bereit für das, was dort auf sie wartete? Wollte sie Nic tatsächlich auf diese Art wiederbegegnen? Alles in Mia schrie Stopp, aus Angst, er würde ihr nur bestätigen, wie unbedeutend sie für ihn geworden war, oder auch, wie wenig sie noch in seine Welt hineinpasste. Lizzy ließ sich natürlich nicht aufhalten und ignorierte ihren kläglichen Protest. Zugleich wurde sie von einer Euphorie ergriffen, die sie verwirrte. Sie wusste, dass sie da hineinmusste, um ihn zu sehen. Außerdem würde Lizzy keinen Rückzug dulden, ganz zu schweigen davon, dass Mia nicht nur wegen Nic hier war. Im Gegenteil, das würde sie ihm heute deutlich vor Augen führen. Immerhin gehörte Liam ebenso zu den Swores wie Nic, und ihn wollte sie unbedingt auf dieser großen Bühne sehen.
Auf dem Weg in den VIP-Bereich mussten sie unzählige Kontrollen passieren, ehe sie in die Nähe der Band kamen.
»Sieh nur«, stellte Lizzy mit Bedauern fest. »Im VIP-Bereich gibt es ein Wahnsinnsbüfett. Schade, dass ich mir den Bauch schon mit Fish and Chips vollgehauen habe.«
Mia war das Essen vollkommen egal. Ihr war schrecklich schlecht vor lauter Aufregung und Unbehagen wegen des ganzen Rummels. Wie viel war von dem ursprünglichen Wesen ihres Bruders und Nic noch übrig, wenn sie in diesem Zirkus lebten? Hastig blickte sie sich nach allen Seiten um, um eventuell jemanden zu sehen, den sie kannten. Abgesehen von ein paar Männern aus der Crew und irgendwelchen wichtig aussehenden Managertypen war niemand in Sicht. Lizzy bugsierte Mia neben sich her, die sich nichts sehnlicher wünschte, als dieses Wiedersehen hinter sich zu bringen. »Warum bist du denn so wuschig, Mia? Tief durchatmen. Wir suchen nur einen Platz, von dem aus wir eine gute Sicht auf die Bühne haben. Lass mich kurz hier nachsehen und beweg dich ja nicht weg, verstanden?«
Gehorsam blieb Mia stehen und nestelte nervös an ihrem VIP-Bändchen herum. Plötzlich mischten sich unter die kreischende Meute andere Stimmen, die näher kamen, und Mias Herz schlug fest gegen ihre Brust, als wolle es herausspringen. Eine kleine Menschentraube arbeitete sich durch die Gänge und blieb in einiger Entfernung von ihr stehen. Es war jedoch nah genug, um den Mann mit den blonden, unordentlichen Haaren zu sehen, der sich gerade eindringlich mit einem Typen unterhielt, der ihr bekannt vorkam. Nic. Sie zupfte ungewohnt hektisch an ihrer Kleidung und beobachtete, wie Nic, der eine engsitzende Jeans und ein Muskelshirt trug, das seine tätowierten Oberarme betonte, mit seiner rechten Hand durch sein Haar strich. Was war nur los mit ihr? Es gab doch echt keinen Grund, derart nervös zu werden? Irgendwo in diesem Nic befand sich noch ihr bester Freund. So musste es ganz einfach sein. In der linken Hand hielt er ein Mikro, und um sein Handgelenk hatte er mehrere Lederarmbänder gebunden. Unbewusst fasste sie an ihr eigenes Armband, das er ihnen beiden vor einigen Jahren auf einem Festival gekauft hatte. Ob er es noch trug? Oder hatte er es durch neuere, vielleicht hübschere Dinge ersetzt wie so vieles seit dem Durchbruch der Swores? Ein Kloß bildete sich in Mias Hals, und sie war versucht zu flüchten, als Lizzy zurückkehrte.
»Also da oben ist schon recht viel los, lass es uns lieber unten versuchen«, hörte Mia sie sagen, dennoch war es ihr unmöglich, sich zu rühren. »Was ist denn los?«, hakte Lizzy ungeduldig nach und erblickte kurz darauf den Grund für Mias Erstarrung. »Nicht zu fassen, da ist er ja endlich.« Lizzy war drauf und dran, auf ihn zuzueilen, als Mia sie grob am Arm fasste und zurückhielt. »Was denn?«, fragte sie verwundert.
»Wir … sollten die Jungs nicht stören«, antwortete Mia lahm, doch Lizzy lachte.
»Sei nicht albern, sie haben uns eingeladen, oder nicht?«
Untätig sah Mia ihr hinterher und hörte Lizzy Nics Namen rufen, der erst nach dem dritten Mal verwundert seinen Kopf hob. Sofort eilten zwei Männer auf ihre Freundin zu und schirmten Nic vor ihr ab, was Mia mit Verwirrung erfüllte. Lizzy offenbar auch, denn sie protestierte lautstark: »Hey, was soll das? Ich bin doch nicht gemeingefährlich, nur seine Schwester.« Zur gleichen Zeit kamen weitere Leute aus einem der Räume dahinter. Mia erkannte Liams dunklen, lockigen Haarschopf sofort und musste den Impuls unterdrücken, ihm in die Arme zu laufen.
»Schon gut, Jungs, es stimmt. Sie ist zwar meine Schwester, aber hin und wieder auch gemeingefährlich.« Augenblicklich glitten Nics Augen suchend umher, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er Mia erkannte. Schlagartig wurde Mia von einer heißen Welle der Euphorie erfasst, und sie errötete. Jeder besorgte Gedanke war wie weggepustet, und Mia sah aus den Augenwinkeln, wie ihr Bruder Liam sich an den Leuten vorbeiarbeitete, ehe er sie in seine breiten Arme schloss. »Schwesterherz«, murmelte er sanft und eindringlich. Ganz neue Töne von ihrem sonst eher zurückhaltenden Bruder. »Lass dich ansehen, du siehst einfach großartig aus.« Liam hatte sie eine Armlänge von sich fort gehalten und betrachtete sie wohlwollend. »Du wirst jedes Mal schöner, wenn ich dich wiedersehe.«
»Und du übst dich wohl darin, Frauen Komplimente zu machen«, neckte Mia ihn und sah wieder zu Nic, der Lizzy gerade einen Arm um die Schulter legte und sie an sich drückte, ehe er mit ihr auf sie zukam. Stan und Jim grüßten Mia flüchtig und hasteten an ihnen vorbei, während John sie kurz umarmte.
»Das hat er bereits perfektioniert«, lachte John und stopfte sich seine Ohrstöpsel in die Ohren.
Mia lächelte zwar darüber, war jedoch nicht fähig, Nic aus den Augen zu lassen, der sie mit einem unergründlichen Blick ebenfalls betrachtete. Er wirkte zurückhaltend, und doch war sein Lächeln echt.
»Hey, Mia«, sagte er, ließ Lizzy los und trat auf sie zu.
Mia richtete sich auf und straffte entschlossen die Schultern. »Nic«, murmelte sie und ärgerte sich über den weichen Klang ihrer Stimme. Sie hatte ihm die kalte Schulter zeigen wollen! Nics unverwechselbarer Duft nach ihm, Aftershave und Haargel umgab sie und ließ sie kurzzeitig die Augen schließen. Er war immer noch da und ihr Freund. Zumindest roch er wie er. Sie schaute in seine blauen Augen, die ganze Scharen Frauenherzen höherschlagen ließen.
»Schön, dass du da bist«, murmelte er und wirkte so vertraut wie eh und je. Für den Bruchteil einer Sekunde schien es so, als gebe es nur sie beide, und die Stimmen der anderen verschwammen im Nebel um sie herum. Vertraut strichen seine Fingerspitzen eine ihrer vielen wilden Strähnen hinters Ohr und fuhren anschließend zärtlich über ihren Hals. Ein Prickeln lag in der Luft, Mias Nackenhaare stellten sich auf. Plötzlich veränderte sich Nics Augenausdruck. Er wirkte bedrückt, als betrachte er etwas Unerreichbares. Dann ließ er abrupt von ihr ab und distanzierte sich ungewöhnlich stark von ihr. Der Moment war vorüber. Eine fremde weibliche Stimme rief nach Nic. Mit zeitlicher Verzögerung wandten sich Nic und Mia zu der Blondine um, die mit Klemmbrett und einem Headset ausgestattet war und trotzdem ziemlich heiß aussah. Sie trug ein Top und einen Minilederrock mit hochhackigen Stiefeln, was ihre langen, schlanken Beine betonte, ebenso wie der freizügige Ausschnitt ihres Tops.
»Es ist gleich so weit – ihr müsst zur Bühne!«
»Ja … klar.« Nic räusperte sich und nahm den Ohrstöpsel entgegen, den sie ihm reichte. Dabei lächelte sie ihn mit einem aufreizenden Augenaufschlag an.
»Wir sehen uns später«, murmelte Nic an Mia und Lizzy gewandt und klang plötzlich kühler und distanzierter.
»Ich habe dich schon in der Maske gesucht, aber du warst schon weg«, plapperte die Fremde weiter auf ihn ein und ging hüftewackelnd neben ihm her. Dabei strich sie ihm vertraulich über den Arm. Mia holte tief Luft. Liam versperrte ihr schließlich die Sicht auf die beiden und grinste auf sie herab. »Ich bin so glücklich, dass du heute Abend hier bist, Mia«, sagte er und deutete auf einen fremden, gehetzt wirkenden Mann, der ebenfalls mit einem Headset ausstaffiert worden war. »He, Ross«, rief er. »Bitte bring Nics und meine Schwester hoch in die Lounge. Von dort haben sie den besten Blick auf die Bühne.«
Ross, der vollkommen verdutzt dreinblickte, weil Liam ihn angesprochen hatte, stammelte: »Ähm … j…ja, Mr Kennedy.«
Liam umarmte Mia und knuffte Lizzy anschließend gegen die Schulter, was sie mit einem lauten »Au« kommentierte und ebenfalls nach ihm ausholte.
Mit einem unguten Gefühl folgten die beiden Ross, der sie ein paar Treppen hinaufführte und eine Tür öffnete, wo sich augenblicklich alle anwesenden Gesichter zu ihnen umsahen. Man musste kein Gedankenleser sein, um zu erraten, was sie alle dachten. »Wer zum Teufel sind die beiden denn?« Sofort fühlte Mia sich in der Umgebung von Maßanzügen und Prada-Handtaschen mit ihren Leggins und dem selbst genähten Blusenkleid darüber sowie Ballerinas vollkommen underdressed. Lizzy schien es ähnlich zu gehen, denn sie zupfte an ihrer Jeansjacke, die ihre besten Jahre schon hinter sich hatte. Sanft schob Mia Lizzy in eine Ecke, in der noch freie Stühle standen, und nahm dort Platz. An einer Theke wurden von elegant gekleideten Männern Cocktails zubereitet, und auf Tabletts wurden Häppchen angeboten. Mias Magen wehrte sich immer noch gegen weitere Nahrungsaufnahme, doch Lizzy griff zu. Verzückt kaute sie und beobachtete verstohlen die anderen Gäste.
»Ich fürchte, ich bin nicht passend gekleidet, um mich hier jemandem vorzustellen«, murmelte sie enttäuscht.
»Sollten Rockstars nicht rebellisch aussehen?«, fragte Mia, die an das Outfit der Swores zurückdachte.
Lizzy biss sich auf die Unterlippe. »Rockstars vielleicht, aber ich bin im besten Fall Musikerin und möchte Songwriterin werden. Dafür brauche ich offensichtlich mehr Professionalität.«
»Willst du dir diese Gelegenheit wirklich entgehen lassen?«, wisperte Mia, während das Licht der Bar ausging, sich die geschlossene Fensterfront öffnete und gleichzeitig die ersten Gitarrenklänge erklangen. Ein ohrenbetäubendes Gekreische folgte, sodass Lizzys Antwort im Lärm unterging. Ein einzelner Lichtkegel glitt über die Bühne, als befinde er sich auf der Suche nach den Jungs. Eine vertraute Stimme rief in ein Mikro: »London, seid ihr da?«
Die Massen, die Mia staunend betrachtete, tobten und sprangen umher, und es war, als glitt eine Energiewelle durch das Publikum, als Nic gefolgt von den anderen Swores die Bühne stürmte. Unweigerlich wurden die beiden von der Begeisterung angesteckt, als die ersten Töne von Open your Eyes erklangen, einem von Mias Lieblingssongs. Die rockigen Akkorde, die Gitarrenklänge und die eingängigen Melodien machten jeden Song zu etwas Besonderem. Es dauerte nicht lang, da sprangen Mia und Lizzy von ihren Stühlen auf und tanzten und klatschten mit. Die verstockten Gäste um sich herum hatten sie längst vergessen, und sie wurden von einem Lied zum nächsten getragen. Mia staunte, wie Nic von einem Ende der Bühne zum nächsten rannte, auf Boxen sprang und sich in die Menschenmasse stürzte. Er betrieb dort unten nicht nur körperlich Höchstleistungen, sondern auch stimmlich. Von Minute zu Minute schwoll ihr Herz an, und sie verstand die Aufregung der Fans dort unten gut. Selbst auf die Entfernung war Nic eine Augenweide. Er war vielleicht nicht so cool und lässig wie Liam oder so muskelbepackt wie John, trotzdem war er trainiert und vor allem humorvoll und charismatisch. Obwohl Nic nicht auf diese Weise unerreichbar für sie war, nagte etwas an ihrem Herzen, das ihr neu und fremd war. Es gefiel ihr nicht, wie er mit der Frau, die er zu sich auf die Bühne holte, unverhohlen flirtete. Zuzusehen, wie er einen Arm um sie geschlungen hatte, während sie ihre Hand anzüglich über seinen Bauch gleiten ließ, ehe er sie sogar beim Abschied flüchtig auf den Mund küsste, war unerwartet unangenehm. Es mochte die Massen dort unten anturnen, doch Mia schämte sich fremd und musste fortsehen, ehe der nächste Song begann. Die Show der Jungs dauerte über zwei Stunden, und es glich einer gefühlten Ewigkeit, ehe die Menschenmasse das Stadion verlassen hatte. Abgesehen von der VIP-Lounge, wo die Party gerade erst begann. Zuerst kam Paul, der Manager der Swores, auf Lizzy und Mia zu, schüttelte höflich ihre Hände und versprach, dass die Jungs nach einem Interview und einer ausgiebigen Dusche zu ihnen kämen. Derweil liefen die Service-Damen mit gefüllten Champagnergläsern herum. Zwei Frauen tauchten in Mias Nähe auf und tuschelten aufgeregt. Sie schnappte unabsichtlich ein paar Gesprächsfetzen auf: »… Clubtour und die Partys waren unglaublich, genau wie die Nächte.« Kichern. »… die Fans nur wüssten, wie heiß Nic wirklich ist …« Mia wurde zuerst heiß und kalt. Sie arbeitete sich zu Lizzy zurück, die sich gerade angeregt mit einem Typen mit Beaniemütze und Piercings unterhielt. Er gehörte offenbar zur Crew, zumindest trug er ein entsprechendes Shirt.
»Wollen wir los?«, platzte Mia in das Gespräch hinein.
»Was? Wieso?« Perplex sah Lizzy ihre Freundin an. »Die Party beginnt doch gerade erst, außerdem sind die Jungs noch gar nicht da.« Sie musterte Mia, deren Miene wohl Unbehagen andeutete. »Was ist denn los?«
Mia wusste es selbst nicht. Unmöglich konnte sie ihrer Freundin etwas vormachen und schon gar nicht wegen Unwohlseins den Abend verderben. Das war nicht ihre Art. »Ich dachte, dass du vielleicht erschöpft von der Fahrt bist, weißt du?«
»Ach was! Mir geht’s gut. Ich trinke gleich einen Energydrink, und dann passt das schon.« Lizzy war ein Energiebündel und schien skeptisch wegen Mias Ausrede zu sein.
Plötzlich brach Jubel aus, als die Swores die Lounge betraten. Es wurden Hände geschüttelt, Umarmungen und Schulterklatscher ausgeteilt und Champagnergläser auf Ex getrunken. Vom Rand betrachtete Mia ihren Bruder, den sie selten so gelöst und euphorisch gesehen hatte. Liam war generell ruhiger. Ihm haftete eine melancholische Seite an, die Mia oft an ihren Vater erinnerte. In manchen Situationen war er ein regelrechtes Abbild von Alan Kennedy. Die Schatten unter Liams Augen, die selbst das Bühnen-Make-up nicht vertuschen konnten, beunruhigten Mia. Nic lachte und klatschte in die Hände, ehe die Blondine von vorhin sich in seine Arme stürzte und ihm ungeniert einen Kuss auf die Lippen drückte, der von Grölen und Johlen begleitet wurde. Nic schien ihn zumindest kurzzeitig zu erwidern, und Mias Atem stockte. Es fühlte sich an, als zöge sich ihr Magen zu einem winzigen Knäuel zusammen. Was stimmte nicht mit ihr? Es war kein Geheimnis, dass Nic Groupies und mit diesen auch Sex hatte. Wie oft hatte sie Fotos von ihm und irgendeiner Frau gesehen, die jedoch meist recht unscharf waren. Aus der Nähe war es das erste Mal, dass sie ihn so bei der Sache sah. Die Fremde ließ von ihm ab, und wie von selbst glitt Nics Blick zu Mia. Unergründlich und tiefblau, ja beinahe schwarz durch das Licht waren seine Augen, und Mia konnte den Ausdruck darin unmöglich deuten. Warum erzählte Nic ihr nichts von seinen Freundinnen? Sie fühlte sich vollkommen aus seinem Leben ausgeschlossen. Was war von ihrer so innigen Freundschaft überhaupt noch übrig? Die Angst, Nic endgültig zu verlieren, schnürte ihr die Kehle zu. Plötzlich war ihr alles zu viel. Zu viele Menschen, zu viel Lärm und zu viel Gedrängel. Panik ergriff Mia. Immer noch schaute Nic sie an, und für einen winzigen Augenblick schien er zu ihr eilen zu wollen, doch dann trat jemand zwischen sie beide und unterbrach damit den Blickkontakt. Stocksteif zog Mia sich zurück, was nur von Lizzy wahrgenommen wurde, die ihr hinterhereilte. »Mia!«
»Muss nur zur Toilette … bin gleich zurück!«, rief sie mit fremd klingender Stimme zurück.
»Aber die Toiletten sind da entlang«, bemerkte Lizzy, als Mia kopflos durch die Tür stürmte. Erst als die schwere Metalltür hinter ihr ins Schloss fiel und den Lärm dämpfte, hielt Mia inne. Schwer atmend lehnte sie sich gegen die verschmutzte Betonwand und griff an ihre Brust. Der Druck darin war kaum auszuhalten, und Mia kämpfte mit einem ganz eigenartigen Gefühl. Bekam sie etwa gerade einen Herzinfarkt? Nur langsam nahm das Gefühl ab, dafür gewann die Sehnsucht, diesen Ort endlich zu verlassen, Oberhand. Sie musste weg von hier, und zwar sofort. Die Tür öffnete sich, Mia hielt ängstlich inne. Wie sollte sie Lizzy nur erklären, was mit ihr los war? Sie wusste es ja selbst nicht genau. Es waren allerdings nur zwei Frauen, die Mia keine Beachtung schenkten. »Diese arrogante Schlampe … hab gehört, sie prahlt überall damit rum, dass Nic sie flachgelegt hat. Kaum zu glauben, oder?«
»Hübsch ist sie ja, aber sie ist nur scharf auf seine Kohle. Wenn er nicht aufpasst, hängt sie ihm noch ein Kind an. Was meinst du, mit wem sie es noch alles getrieben hat?«
»Willst du damit sagen, sie macht so was öfter?«
»Wundert dich das wirklich?«, lachte die eine, und damit verschwanden sie in irgendeiner Tür und aus Mias Hörweite. Mia schluckte mühsam einen Kloß hinunter. Was hatte sie bitte erwartet? Dass Nic sich bloß für sie und Lizzy Zeit nehmen würde? Wenn sie ehrlich zu sich war, hatte sie darauf gehofft. Sie hätte wissen müssen, dass Nic an diesem Ort ein anderer war. Warum hatte sie sich nur darauf eingelassen, mitzukommen?
Die Tür zur Lounge öffnete sich erneut, und diesmal war es Lizzy, die mit Liam hinaustrat und erleichtert aufatmete, als sie Mia entdeckte. »Da bist du ja!«, stieß sie aus.
»Was ist los? Lizzy sagte, dir gehe es nicht gut und du seist hinausgestürmt.«
»Mir war nur ein bisschen schwindelig. Ich … weiß auch nicht. Vielleicht die Luft da drin«, versuchte sie ihren Aussetzer zu erklären.
»Tatsächlich?«, fragte Lizzy misstrauisch. »Womöglich hättest du noch mal etwas essen sollen. Deine Fish and Chips hast du kaum angerührt«, bemerkte sie.
»Wirst du krank?«, fragte Liam und ging vor ihr in die Hocke und fühlte ihre Stirn.
»Bestimmt nicht«, beruhigte sie ihn.
Auch Lizzy hockte sich neben sie und strich ihr das Haar über die Schulter. »Sie ist sicher nur erschöpft. Wir sind ja schon lange auf den Beinen. Wollen wir fahren?«, fragte Lizzy und wechselte einen eindringlichen Blick mit Mia. Sie kannte Liam gut, der schon beinahe gluckenhaft um Mias Gesundheitszustand besorgt war.
»Das wäre toll!« Erleichterung durchfuhr Mia, und das erste Mal holte sie wieder tief Luft. Diese währte jedoch nur kurz, als Nic gefolgt von Jim zu ihnen eilte.
»Was ist mit ihr?«, fragte er und schob Lizzy ein wenig zur Seite, um Mia besser sehen zu können.
»Nichts, alles ist gut«, entgegnete Mia und errötete. Das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, war diese Art von Aufmerksamkeit.
»Es war ein langer Tag, Bruderherz, wir machen uns mal auf den Weg.«
»In welchem Hotel seid ihr denn?« Mia vermied es, Nic anzusehen, konnte aber kaum etwas dagegen tun.
»Hotel? Du bist gut«, lachte Lizzy und zog Mia auf die Beine. »Wir hatten Glück, in einem dieser Hostels mit Mehrbettzimmer noch was zu kriegen.«
Entsetzt wechselte Nic einen Blick mit Liam, der die Hände locker in die Hüften gestemmt hatte. »Ihr hättet ohne Probleme in unserem Hotel gleich gegenüber unterkommen können«, bemerkte Liam und runzelte die Stirn.
»Tja … das hätten wir eher wissen müssen«, gab Lizzy zurück. Das schlechte Gewissen zeichnete sich auf Liams Gesicht ab.
»Soll euch jemand fahren?«, bot Nic an. Natürlich wollte er sich nicht selbst um sie kümmern. Immerhin verpasste er dann seine Party, dachte Mia säuerlich und schüttelte den Kopf. Fairerweise musste sie zugeben, dass es einem Himmelfahrtskommando geglichen hätte, wenn er sie begleitet hätte. Die Fans, die überall noch rumlungerten, stürzten sich sicher sofort auf ihn. Dennoch tat es weh, dass sie sich wie eine Last vorkam, um die sich jemand kümmern musste.
In diesem Moment öffnete sich die Tür erneut, und eine weibliche Stimme erklang. »Nic? Die beiden Agenten von Dome mobile möchten dich gern wegen des geplanten Albums sprechen …«
»Mein Auto steht ohnehin auf dem Parkplatz …«, verneinte Lizzy schroffer, als es eigentlich ihre Art war, und Mia war ihr im Stillen dankbar.
Nic rollte genervt mit den Augen. »Ich komme gleich, Angela, gib mir zwei Minuten!« Mias Blick traf Nics, und sie hob abschätzig die Brauen. ›Zwei Minuten?‹, dachte sie und wandte verletzt den Blick ab. »Ich könnte …«
»Vergiss es«, stieß Mia kühl aus. »Wir kommen das ganze Jahr ohne euch klar, dann werden wir das jetzt auch noch hinkriegen. Lass uns gehen, Lizzy.«
Wortlos blickte Nic Mia an, verschränkte seine Arme vor der Brust und sah wenig versöhnlich drein. Gut so. Mia hatte nicht vor, ihm zu verzeihen. Ihr war mehr nach Ausrasten zumute. Er konnte sich selbst oder ins Knie ficken! Nur nicht diese arrogante Ziege.