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Banker müssen baumeln. Er wird alles dafür tun, dass keiner entkommt … … und die Polizei alles dafür, daß er nicht entkommt: der "Genosse", hasserfüllter, mordlustiger Ex-Banker - und Masochist. Das ist seine Achillesferse. Dafür wird sogar die beste "Ex-Bullin" reaktiviert, die nach einem bösen Unglücksfall mit ihrer Knarre den Dienst quittiert hatte und Profidomina erster Klasse geworden war … Hineingezogen werden sowieso etliche: Nina Notter, 19, Paintball-Spielerin und leidenschaftliche Sportwagenfahrerin: Kaum den Führerschein errungen, schon in Gefahr, ihn zu verlieren … Bei einer Polizeikontrolle nahe der Schweizer Grenze dreht sie durch - und ihr Gasfuß … In wilder Jagd geht's durch die Schweiz, und sogar einen Anhalter kann sie mitnehmen: Habermann, zu Unrecht des Mordes an einem fiesen Vorgesetzten beschuldigt. Gemeinsam durchrasen sie die Schweiz und manches SM-Abenteuer, nur um dann in den Fängen des "Genossen" und seiner Mordbuben zu landen …
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Seitenzahl: 650
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SM-Thriller
von
MarVol
Impressum der Ebook-Ausgabe »Banker an den Galgen«
© 2021 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,
Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren
Omnia iura reservantur
https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch
Covergestaltung: Rüdiger Happ – unter
Verwendung eines Fotos von Roman Kasperski
(www.romankasperski.de)
Produktion: Readbox/Bookwirde
ISBN 978-3-944145-91-4
Impressum der Paperback-Ausgabe »Krise – die Gefahr lauert im Inneren«:
© 2012 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,
Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren
Omnia iura reservantur
www.marterpfahlverlag.com
Einbandgestaltung: Sibil Joho – unter
Verwendung eines Fotos von Roman Kasperski
(www.romankasperski.de)
Druck: Totem, Hohensalza
ISBN 978-3-936708-93-6
Prolog: Bauernopfer …
Romeo …
Im Reich der Toten …
Treffsicher …
Gefeuert …
Frustriert …
Brachial …
Die Regeln …
Ménage à trois …
Blattschuß …
Mobbing …
Kalt erwischt …
Knapp verloren …
Entwischt …
Flotter Dreier …
Mord …
Flucht …
Gotthard …
Auf die harte Tour …
Die Falle …
Verfolgt …
Airolo …
Die Stadt in der Stadt …
Fußmarsch …
Einbruch …
Die neue rechte Hand …
Maskerade …
Locarno …
Beichte …
Nina …
Parkplatzficken …
Hellwach …
Knast …
Ascona …
Tenero …
Hingabe …
Eifersucht …
Nachtschicht …
Irrwitz …
Wut …
Überfall …
Val Verzasca …
Dunkle Leidenschaft …
Geiselnahme …
Ausbruch …
Raubzug …
Brüsker Abbruch …
Bonitown …
Plan B …
Der Anschlag …
Empfangskomitee …
Hyänen …
Frischfleisch …
Rückblick …
Hoher Besuch …
Gift …
Freiwild …
Verraten und verkauft …
Morgenflirt …
Konspiratives Treffen …
Todestanz …
Epilog: Val Bedretto …
Racheengel …
Das meiste, was die Ökonomie
in den letzten 30 Jahren hervorgebracht hat,
ist im besten Fall nutzlos,
im schlimmsten Fall schädlich.
Paul Krugman, Nobelpreisträger
»DAS VOLK WILL BLUT SEHEN«, kommentierte Dr. Eberhard von Burghausen belustigt den Auflauf der nimmermüden Demonstranten. Er blickte aus der getönten Glasfront der Frankfurter Bankenzentrale hinunter zu dem bunten Menschenauflauf, der sich mit selbstgemachten Plakaten beharrlich im Kreis drehte. Hinter den schalldichten Scheiben des siebzehnten Stockwerks erahnte man allenfalls nur, wie sich das gemeine Volk die Hälse wundschrie. »Ein paar Spinner, die das internationale Finanzbusiness revolutionieren wollen. Unglaublich! Dieser Pöbel begreift nicht im geringsten die globalen Verflechtungen. Sobald man am falschen Rad dreht, breitet sich in unserer vernetzten Welt eine Finanzkatastrophe aus wie ein Flächenbrand. Die Forderung, Banken unter Staatskontrolle zu stellen, ist grotesk und inakzeptabel. Die Konsequenzen wären katastrophal.«
Den Blick starr auf die fast vier Meter hohe Fensterfront gerichtet, schüttelte der Präsident der Deutschen Bankenvereinigung verständnislos den Kopf und wandte sich seinen Mitarbeitern zu. »Kein Grund, sich ins Bockshorn jagen zu lassen. Ich erkläre hiermit das Buffet für eröffnet. Die Kanzlerin hat mir gestern beim gemeinsamen Dinner zugesichert, daß die Regierung alles tun wird, um die Bank zu unterstützen. Würde nämlich die Krise weiter eskalieren, wäre es vorbei mit der schwarz-gelben Koalition. Eine perfekte Win-win-Situation. Die Regierung rettet nicht nur unsere Bank, sondern zudem sich selbst.«
Die zahlreichen Broker und Investmentbanker bedienten sich an der opulent gedeckten Tafel. Champagnerflaschen, das Stück zu 150 Euro, steckten im Überfluss zwischen den Eiswürfeln des reichhaltigen Hummer- und Austernbuffets. Die Milliardenverluste, für die nun das Volk der Steuerzahler aufkommen mußte, gaben keinen Anlaß zum Feiern. Von Burghausens Husarenstreich der Bankenrettung war jedoch allemal eine lukullische Schlemmerei wert – samt exklusiven Hostessen.
Nach 48 Stunden hatte das zähe Ringen um die Staatsmilliarden ein Ende gehabt, und alle konnten wieder getrost ihren alten riskanten Geschäften nachgehen. Schließlich war ihre Bank systemrelevant, ein gewichtiges Wort, das seit geraumer Zeit die Runde machte. »Too big to fail« – so einfach machten es sich die Großbanken. Ließ man ihr renommiertes Institut abstürzen, würde dies einen globalen Kollaps des Finanzsektors zur Folge haben.
»Sehen Sie hinunter, Dobrinski. Die Demonstranten erinnern mich an kleine Bienen. Emsige winzige Bienen. Summ, summ. Deponieren täglich ihren Blütennektar an unseren Schaltern und erwarten allen Ernstes, daß wir das Doppelte an süßem Honig herausholen. Ohne Risiken natürlich. Firmen, Gemeinden, Kommunen, selbst die öffentliche Hand und die Bundesländer glauben allen Ernstes, es existiere ein monetäres Perpetuum mobile.
Der Mob demonstriert tagsüber vor unserer Zentrale und schmiert des Nachts Farbe an die Wände. Ein Sündenbock muß her. Lächerlich.« Von Burghausen schüttelte abermals heftig den Kopf. Dann lächelte er zufrieden wie ein Kind unter dem Weihnachtsbaum. »Kommen Sie, Dobrinski, lassen Sie uns feiern! Herein mit den Mädels!«
Als von Burghausen väterlich den Arm auf seine Schulter legte, fühlte sich Dobrinski augenblicklich unwohl. Er konnte diesen arroganten Patron auf den Tod nicht ausstehen. Wie er selbstgerecht den Krawattenknoten lockerte, das Jackett auszog und dann mit der Champagnerflasche winkte, um die hochbezahlten Nutten hereinzuordern.
Eine Flut junger Frauen in aufreizender Kleidung strömte in den großen Meeting Room der Global Invest & Credit Bank. Champagnerkorken knallten, Kristallgläser klirrten, gierige Hände wanderten über knackige Hintern, grabschten in tiefe Ausschnitte. Dobrinski sah angewidert zu, wie sich schleimige Säcke an blutjungem Fleisch vergriffen. Zu Hause fickten ihre Vorzeigegattinnen unter dem Denkmantel ehrenamtlicher Sozialarbeit den Gärtner oder Golflehrer – und legten sich halbjährlich unters Messer, um mit der jungen Konkurrenz mitzuhalten. Es gab keine größere Lügenbande als in diese Bankerzunft. Aber es existierte auch kein anderer Job, in dem man so schnell so reich wurde.
Eine hochgewachsene, schlanke Schwarzhaarige mit afrikanischen Gesichtszügen und kaffeebrauner Haut schlenderte auf ihn zu, ein Champagnerglas in jeder Hand. Ihr Lächeln war so falsch wie ihre aufgehellten Zähne. Sie überreichte ihm ein Glas, nahm eine Auster vom Buffet und schlürfte sie lasziv vor seinen Augen aus. Das rote Abendkleid lag eng an ihrem wohlgeformten Körper. Lange Schlitze an beiden Seiten zeigten viel nackte Haut. Das dralle, tiefe Dekolleté benötigte keinen BH. Implantate der neuesten Generation sorgten für volle Brüste, die der Schwerkraft trotzten. Dobrinski würde sein gesamtes Vermögen darauf verwetten, daß sie auch keinen Slip trug. Allzeit bereit zum Ficken.
Das überreichte Champagnerglas stellt er weg, ohne einen Schluck zu kosten. Sie hielt ihm eine Auster hin, den Inbegriff des Wohlstandsaphrodisiakums. Er lehnte dankend ab. Milliardenverluste und dann speisen wie Gott in Frankreich – welch ein bigottes Pack!
»Soll ich einen meiner Kollegen anrufen?« fragte sie mit spitzem Unterton. Sie war offensichtlich enttäuscht, weil sie nicht ankam, und spielte auf den hohen Anteil von Homosexuellen im Finanzsektor an.
Die sexuelle Belästigung hatte in der Krise eine neue Dimension erreicht. Schwule Führungskräfte vergingen sich an ihren Angestellten, richteten in den Kellern Darkrooms ein, in denen bereits über die Mittagspause die üblichen Spielchen liefen: Barebacking, Glory Hole, Gangbang. Es wurde geblasen, gewichst und gefickt. Mittags, abends, nachts. Aufputschmittel und Potenzpillen stellten die Arbeitgeber gratis. Ebenso den Fitneßraum. Die Mitarbeiter liefen mit Dauerständer auf einer Wolke schwebend durch die Glas- und Betonpaläste. Schlafen, essen, Fitneß und vögeln im Büro als neuer Lifestyle. Die Krise hatte eine neue Art zu leben geboren.
Dobrinski schickte die Dunkelhaarige zu Bertram, den Abteilungsschönling. Der vertrug sicher mehr als eine dieser Edelhostessen. Die Professionelle blieb allerdings beharrlich und fingerte ein Tütchen mit weißem Pulver aus dem Ausschnitt.
»Komm, wir gehen ins Nebenzimmer«, forderte sie ihn auf.
Es war ein offenes Geheimnis, daß keiner dieser Workaholics seinen Schwanz noch auf natürliche Weise in die Höhe bekam. Koks, Viagra und luststeigernde Pillen gehörten zu diesen Partys wie Schampus, Hummer und Austern. Er haßte sie, diese Wichtigtuer in ihren geschniegelten 3000-Euro-Anzügen, die alles nagelten, was ihnen vor die Flinte kam. Alle, wie sie hier standen, dachten doch ausschließlich mit ihrem geldgeilen Schwanz.
Die eitlen Pinguine wackelten in ihren schwarzen Maßanzügen und weißen Hemden von Hure zur Hure. Wie aufgeblasene Gockel stolzierten sie umher, gafften und fummelten, bis sie die richtigen Titten und Arschbacken gefunden hatten. Hier durften diese Bonibanker alle ihre bizarren Neigungen ausleben, ohne daß sie jemand für pervers oder verrückt erklärte. Ficken von vorne, von hinten oder zwischen die riesigen Brüste. Blasen, wichsen und danach auf die unmöglichsten Körperteile abspritzen; die Damen kannten keine Tabus, erfüllten jeden noch so ausgefallenen Wunsch. Würde man in dieser elitären Gilde nicht innert kürzester Zeit so unverschämt reich werden, hätte er schon längst die Segel gestrichen.
»Bist wohl nicht so gesprächig?« meinte die schwarzhaarige Hure und schlenderte zurück zu den Pinguinen.
In Wahrheit meinte sie, er sei wohl nicht so wie seine Kollegen, und damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Natürlich gab es ihm stets aufs neue einen Kick, wenn es ihm wieder gelungen war, ein waghalsiges Geschäft unter Dach und Fach zu bringen – oder wenn erneut satte Aktienpakete neben dem fetten Gehaltsauszug eintrafen. Zweifelsohne durchströmte ihn das Gefühl der vollkommenen Macht, wenn es ihm gelang, die Börsenaufsicht zu umgehen oder Insidergeschäfte abzuschließen, ohne daß man ihn dabei erwischte. Egal, wie hoch man pokerte, die Bank gewann immer – in guten wie in schlechten Zeiten. Vater Staat würde schon dafür sorgen, daß der Geldhahn niemals versiegen würde.
Geld und Sex hatten für Dobrinski die gleichen Voraussetzungen. Sie wollten hart erarbeitet sein. Erst dann stellte sich dieses unbeschreiblich euphorische und berauschende Glücksgefühl ein – ganz ohne Drogen und Pillen. Er stand ohnehin auf härteren Tobak als primitives Kopulieren.
Dobrinski ging auf die Toilette, die am anderen Ende des langen Flurs lag. Kleine, versteckte Bewegungssensoren schalteten das Licht ein und erhellten den in Echtholz getäfelten Gang. Als er die Tür zur Toilette öffnete, schlug ihm als erstes der Duft von Lavendel entgegen. Vollautomatische Raumsprayer wurden alle halbe Stunde durch das ultramoderne Gebäudesystem ausgelöst. Jede Woche ein anderer Duft. Die Tür aus Teakholz fiel hinter ihm ins Schloß, aber der Sensor schaltete die Beleuchtung nicht ein. Er wedelte mit der Hand, um den Bewegungsmelder auszulösen. Nichts.
Langsam und vorsichtig tastete er sich durchs Dunkle, als ihn kräftige Hände packten und in die Knie zwangen. Auch das noch! Bloß weil er nicht den Primitivling wie seine Mitarbeiter mimte, hatten die Kollegen beschlossen, ein eigenwilliges Ritual an ihm zu vollziehen – wie bei der Aufnahme in eine geheime Bruderschaft. Diese idiotischen Flachwichser!
Eine Hand mit der Kraft einer Baggerschaufel presste seinen Kopf in die Kloschüssel. Die Spülung rauschte eiskalt über ihn hinweg. Als der Wasserschwall abgeklungen war, holte er prustend Luft. Das Licht ging an. Die eiserne Hand drückte seinen Kopf weiterhin in die Schüssel.
»Na, wen haben wir denn da? Einen neuen Toilettensklaven? Eine jungfräuliche Putz- und Lecksau?« fragte ihn eine unbekannte weibliche Stimme.
Kein dummer Scherz seiner Arbeitskollegen. Noch ehe er zum Nachdenken kam, drückte wieder jemand die Spülung.
Dann zerrten ihn zwei unbekannte Frauen hoch, drehten ihn herum und schleiften ihn aus der Kabine. Vor ihm stand eine stattliche Frau um die 40 mit kurzen schwarzen Haaren. Sie trug ein pechschwarzes Lederkostüm. Unter dem offenen Jackett erkannte er eine dralle, übergewichtige Figur, die durch ein blaues Lederkorsett eingeschnürt war. Ihr massiger Busen quoll unanständig aus den Körbchen. Seinen direkten Blick strafte sie mit einem Satz Ohrfeigen.
»Das nächste Mal kommst du nicht so glimpflich davon.«
Sie kickte ihm mit den schweren Lederstiefeln zwischen die Beine, um ihm einen Vorgeschmack zu geben. Der Tritt war knapp auszuhalten, trotzdem sackte er zusammen. Kräftige Arme zerrten ihn hoch. Zwei dunkelhäutige Frauen in Hotpants, Bustier und hohen Stiefeln, groß und sehnig wie Amazonen, mit langen schwarzen Haarzöpfen hielten ihn mit festem Griff in Schach.
Was zum Teufel war hier los? Er ahnte es bereits. Seine devote Leidenschaft war also doch durchgesickert. Diese selbstherrliche Party hatte einen erregenden Wendepunkt erreicht. Nicht die schwarzhaarige Nutte im Meeting Room, sondern diese fleischige Walküre und ihre beiden drahtigen Gazellen waren für ihn bestimmt.
Demütig starrte er auf die weißen Bodenkacheln und harrte auf weitere Befehle. Eine der Amazonen öffnete seinen Gürtel und zerrte die Hose herunter. Dann drückten ihn beide zu Boden und schleiften ihn über die Kacheln. Die kalten Fliessen schrammten über die Knie, schnitten in die Haut.
Unbarmherzig und grobschlächtig drehten sie ihn auf den Rücken, und Madame stolzierte mit spitzen Absätzen über seinen Oberkörper – rauf und runter. Die Stilettos schienen kleine Löcher in seine Haut zu perforieren. Die schwergewichtige Gebieterin gebrauchte ihn als Laufsteg. Sie defilierte über seinen Bauch, stieß den Absatz in seinen Schritt und drehte sich mit quälender Langsamkeit. Die Haut verdrehte sich brennend um den spitzen Absatz. Welch geile Grausamkeit im Vergleich zur billigen Fickparty am kalten Buffet!
Nach zahllosem Hin- und Herstolzieren entließ die feiste Matrone ihn aus der Rolle des lebendigen Läufers. Sein Oberkörper war mit hellroten Schrammen und lila runden Placken überzogen. Mit verächtlichem Blick schaute Madame auf ihr brutales Werk.
Die Amazonen schleiften ihn erneut in eine Kabine, und er machte sich darauf gefasst, wieder das kalte Klowasser zu schlucken. Aber dieses Mal nahm Madame auf dem Toilettensitz Platz. Den Rock hochgezogen, pisste sie ihm aus wenigen Zentimetern Abstand mitten ins Gesicht. Eine der Amazonen fixierte dabei schraubstockartig seinen Kopf, die andere drückte die Finger gewaltvoll in seine Backen, bis er den Mund öffnete – wie bei einem Tier.
Der warme Urin schmeckte streng – nach Champagner und salzigen Meeresfrüchten. Widerwillig schlucke er.
»Sauberlecken!« befahl Madame.
Mit Nachdruck preßten die Amazonen seinen Kopf in den nassen Schoß, der seit Monaten keinen Rasierer mehr gesehen hatte. Seine Zunge kämpfte sich durch ein wildes Gestrüpp, und er schluckte angewidert einige Schamhaare.
Diese drei Damen verstanden ihr Handwerk. Skrupellos, rücksichtslos, brutal; keine Zeit, sich zu erholen oder nachzudenken. Qualen und Züchtigungen pur. Ohne Rücksicht auf Verluste. Sagenhaft. Vergessen die vielen Sechzig-, Siebzig-Stunden-Wochen, die durchgearbeiteten Wochenenden, die Risiken, der Streß. Vergessen die schlaflosen Nächte, die Sauftouren mit den Kunden, die Puffbesuche, die russischen Nutten, um heute als bester Mitarbeiter der Hedgefonds-Abteilung dazustehen. Madame und ihre Amazonen glichen alle Entbehrungen der Vergangenheit aus.
Nachdem er die herbe Fotze ausgiebig gereinigt hatte, erhob sich Madame. Ihre beiden Bodyguards zwangen ihn mit schmerzhaften Handgriffen auf den Bauch, damit er erneut als Läufer diente. Mit akkurater Präzision mißhandelten sie seinen Rücken. Die harten Absätze stanzten in seine angespannten Muskeln, brannten wie Feuer. Die Augen geschlossen, ergab er sich seinem devoten Schicksal. Im Nebel des Schmerzes schwebte er durch einen zeitlosen Raum. Ihm war alles egal. Sollten sie nur so weitermachen, ihn fertigmachen.
Zu dritt standen sie auf ihm, drehten die Absätze, stießen sie grob in seine Pobacken. Einer der Stilettos bohrte sich durch die Kerbe, drückte auf die empfindliche Rosette, penetrierte ihn anal. Im tiefen, dunklen Schmerznebel erlebte er die Demütigung seines Anus, spürte, wie ihn der harte Absatz von hinten fickte. Egal, alles egal. Nur nicht aufhören!
Im doppelten Polizeigriff rissen die Amazonen ihn aus seiner Trance und hievten ihn aufs neue über die Kloschüssel. Seine wunde Hinterpforte brannte. Die Spülung rauschte, kräftige Hände drückten seinen Kopf tief ins spritzende Wasser. Zu dritt traktierten sie den Hintern mit Tritten ihrer schweren Stiefel, während er im Spülwasser nach Luft rang. Höllenqualen schmerzten noch in seinem Rücken, als wäre eine ganze Büffelherde über ihn galoppiert. Die Mißhandlungen zeigten sich als äußerst effektiv und unglaublich niederträchtig.
Seine dicke Erektion drückte sich prall gegen die kalte Toilettenschüssel. Noch nie im Leben hatte ihn jemand so rücksichtslos hergenommen. Sein bestes Stück quittierte die Peinigungen als zum Bersten gespannte Latte. Erst als ihn die Amazonen von der Schüssel wegrissen, merkte er, daß er sich völlig außer Kontrolle an der kalten Emaille gerieben hatte.
»Du geile Sau fickst die Kloschüssel ohne meine Erlaubnis! Na warte, dir bring ich Manieren bei!« schrie Madame erbost.
Die Amazonen zwangen ihn in die Rückenlage. Die Kraft ihrer Arme und Beine war beeindruckend – als trainierten sie täglich im Fitneßstudio. Er wagte kaum zu atmen. Madame stand zwischen seinen Beinen, die Stiefelsohle fest auf seine Eier gestellt. Langsam drückte sie den Schuh nach unten und preßte die Hoden gegen den Damm. Seine Latte begann sich unter dem Zug senkrecht wie ein Schiffsmast aufzurichten. Aber eine der Amazonen hielt dagegen, drückte die prallte Erektion zum Bauch. Die Haut dazwischen war zum Zerreissen gespannt. Ihm war jedoch mittlerweile alles egal. Sollten sie ihn nur rüde mißhandeln! So eine Abreibung erlebte man nicht alle Tage. Er hatte sie sich verdient und kostete jeden Tropfen dieser Niedertracht aus. Kein Vergleich zu den Nutten im Meeting Room, dem edlen Champagner und den teuren Austern.
Nach einem kräftigen Tritt setzte sich Madame mit ihrer gesamten Masse auf sein Gesicht. Fleischig stülpte sich die nasse Fotze über seine Nase, und er roch den üblen Mief. Ihr fettes Hinterteil schloß sich um seinen Kopf, nahm ihm die Sicht und den Atem.
Die Amazonen stöckelten abermals über seinen Bauch und die Brust. Punktgenau drehten sich die Stilettos auf seinen Nippeln. Präzisionsarbeit. Effektive, rabiate Schmerzzufügung. Dann stolzierten sie zu seiner Latte, zerdrückten sie unter der Sohle, drehten sich auf ihr. Wasser, Pisse und sandiger Dreck an der Schuhsohle zerrieben seinen Schwanz unter barbarischen Qualen. Und er wollte trotzdem immer mehr, wie ein Süchtiger, der kein Ende kennt. Er war abhängig von seinem eigenen Schmerz, und die drei Dealerinnen sorgten für ständigen brutalen Nachschub.
Ein Wirbelsturm tiefster demütigender Begierde katapultierte ihn in ein Stakkato von gnadenlosen Qualen und endloser Lust. Nach immer neuen Peinigungen lechzte seine dunkle Obsession, nach unermeßlicher Züchtigung und unbeschreiblich bösen Schmerzen. Grenzenlos, schwerelos, würdelos.
Der breite Hintern von Madame drückte schwer auf Mund, Backen und Nase. Zur Steigerung hob sie die Beine an. Ihr gesamtes Gewicht lastete nun auf seinem Kopf. Die Masse schien sein Gesicht zu zermalmen. Luft war Mangelware. Erneut lief ihre Pisse über ihn. Eine Amazone sprang auf seinen Bauchmuskeln wie auf einem Trampolin. Die andere trat ihm gegen die Eier. Sein Körper glich einem Feuerball, schmerzte barbarisch. Keinen Flecken ließen sie aus. Ein teuflischer Taifun schleuderte ihn durch immer neue Dimensionen von peinigenden Begierden.
Legenden von Rockgruppen postulierten, es existiere keine bessere Droge als ihre Musik – und spritzten sich doch zu Tode. Sie hätten das hier probieren sollen, die beste Droge der Welt. Legal, hart, endlos steigerbar – immer wieder. Nebenwirkungsfrei, aber mit erhöhtem Suchtpotential.
Ein Händeklatschen ertönte, Madame erhob sich, und die beiden Amazonen ließen augenblicklich von ihm ab. Mitten im Zenit. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören – aber doch nicht bei diesem süchtig machenden Spiel! Weitermachen, meine Damen! Bitte!
»Kommt, Mädels, die Zeit ist um. Für mehr werden wir nicht bezahlt.«
So unvermittelt die drei erschienen waren, verschwanden sie auch wieder und ließen ihn in seiner grenzenlosen Geilheit zurück. Als hätte Madame seine Gedanken erraten, rief sie beim Hinausgehen: »Zum Abreagieren sind die anderen Hühner da.«
Mit nassen Haaren und schwer in Mitleidenschaft gezogener Kleidung kehrte Dobrinski zur Party zurück. Nur wenige Pärchen tummelten sich derzeit im großen Meeting Room der Bank, der Rest hatte sich mittlerweile in die Büros oder in andere Räumlichkeiten verzogen. Ums Buffet standen vier Männer, schlürften Austern und kippten den Champagner wie Wasser herunter. Dabei ergötzten sie sich an den vor ihnen knienden Frauen, die mit allen Tricks versuchten, ihre zugedröhnten Schwänze wieder hochzukriegen.
Bertram lag auf dem Boden und ließ sich gleich von zwei Frauen verwöhnen. Der Schönling genoß die Behandlung wie ein rolliger Hund. Schamlos wälzte er sich auf dem Rücken und stöhnte, während eine dralle, große Blonde skandinavischer Abstammung auf ihm ritt. Die Schwarzhaarige hatte ihr rotes Kleid ausgezogen, kniete breitbeinig über Bertrams Gesicht und ließ sich in aller Öffentlichkeit lecken. Sie besaß in der Tat eine tadellose Modelfigur.
Die Bank hatte keine Kosten und Mühen gescheut. Es zahlte sich aus, zu den Reichen zu gehören. Madame, ihre beiden Amazonen und diese Fickhühner waren sicher handverlesen und alles andere als billig. Obwohl die Krise die Preise selbst im Erotikbusiness gnadenlos drückte.
Als seine Schwarzhaarige ihn sah, stand sie auf und stolzierte mit schwül-erotischen Schritten auf ihn zu. Seit Madame und ihre beiden Amazonen ihn verlassen hatten, schmorte er im eigenen Saft. Wie ein Kessel unter Druck lechzte er mit Haut und Haar nach der erlösenden Explosion.
»Na, aus Versehen die Damentoilette erwischt?« neckte ihn die Nutte.
Um ihn herum verhaltenes Gelächter. Man wußte Bescheid. Die gutaussehende Dame mit der Kaffeehaut zückte erneut ein Pulverpäckchen. Diese lagen mittlerweile ungeniert ums Buffet verteilt. Er schlug es weg. Madame und ihre Amazonen waren die Droge schlechthin. Nur hatten sie ihm den finalen Schuß entzogen. Unbefriedigte Endorphine pulsierten durch seine Adern. Der Kopf rauschte, der Kessel war am Platzen. Er kochte, der Schwanz schmerzte vor Erregung, stand zum Bersten in seiner Hose.
Wie im Rausch packte er die nackte Hure, setzte sie hart auf den Buffettisch ab und nagelte sie wie eine Nähmaschine. Austern rutschten über die Eiswürfel und fielen herunter. Gläser klirrten, leere Champagnerflaschen kippten um und zerplatzten auf dem Boden. Völlig außer Kontrolle vergrub er den Kopf zwischen ihren vollen, perfekten Brüsten, küßte die Nippel, biß in ihren Hals, packte die langen schwarzen Haare. Sie feuerte ihn mit kräftigen Klapsen auf seinen Hintern zu Höchstleistungen an.
Wie von Sinnen fickte er das geile, hochbezahlte Miststück und vergaß dabei alle Anwesenden. Er ignorierte die Tittenimplantate, die aufgespritzten Hüften, den gelifteten geilen Kakaoarsch. Berauscht durch die drei rüden Dealerinnen und zugedröhnt mit seiner Lieblingsdroge, fickte er die teure Hosteß durch.
Die Hure fiel durch sein wildes Rammeln rückwärts in die Eiswürfel. Sie schlürfte Austern aus, während er sie durchzog, und ließ sich mit Champagner begießen.
»Fick mich, du geiler Hengst!« schrie sie enthemmt. »Gib’s mir!«
Er schloß die Augen. In seiner Phantasie defilierten Madame und ihre Amazonen auf seinem Körper. Er spürte das Nachbrennen der Wunden, die ihre Stiefelabsätze verursacht hatten. Die Ausdünstungen der wulstigen Schamlippen vermischten sich mit dem Austerngeruch des Buffets. Die Nutte steckte ihm einen Eiswürfel in den Mund, und er hatte den Geschmack des Klowassers auf der Zunge.
Der Kessel platzte mit einer gewaltigen Explosion, der Druck brach sich Bahn durch alle Körperfasern. Völlig erschöpft fiel er auf die Schwarzhaarige und japste nach Luft. Wie durch Watte hörte er seine Kollegen applaudieren.
Eine Woche später kam die Bank unter Staatsverwaltung. Von Burghausen mußte seine Koffer packen, weil sich herausstellte, daß die Bank die dreifache Summe zum Überleben benötigte, als mit der Regierung ausgehandelt. Von Burghausens Abgang erfolgte allerdings mit einem goldenen Fallschirm, dessen Betrag hartnäckig verschwiegen wurde.
Dem Königsopfer folgten zahllose Bauernopfer, denn der Volkszorn kannte keine Grenzen. Täglich hagelte es neue Horrormeldungen aus der Finanzbranche. Das Volk wollte Blut sehen. Dobrinski, Bertram und weitere Kollegen aus der Hedgefonds-Abteilung wurden publicityträchtig gefeuert. Die Entlassungen sollten die Entschlossenheit der Regierung demonstrieren, den willkürlichen Machenschaften Einhalt zu gebieten. Das Ende der Abzocker-Ära sollte eingeläutet werden.
Nur hatten die Politiker nicht begriffen, daß sie am Tropf der Banken hingen – und nicht umgekehrt. Die Sieger dieses Machtspiels standen längst fest. Für jetzt – und für die Ewigkeit. Geld regiert die Welt. Money makes the world go round.
*****
New York 2009
Das globale Finanzsystem wankt, Banken schreiben Milliarden ab, einst grundsolide Häuser müssen zittern. Hält die Krise der Kreditinstitute länger an?
Astronomische Millionengehälter, ein fetter Bonus am Jahresende, Champagner-Gelage und durchgefeierte Nächte – Wall-Street-Banker wurden lange als Halbgötter der Hochfinanz bewundert und beneidet. Wer für eine der Nobeladressen in Downtown Manhattan arbeitete, hatte es geschafft. Und jetzt das: In den vergangenen neun Monaten setzten die Wall-Street-Institute mehr als 34.000 Angestellte auf die Straße. Das sind fast so viele wie 2001, als die Dotcom-Blase platzte und binnen einem Dreivierteljahr 40.000 Banker ihren Job verloren.
*****
»DU MUSST ROMEO AKTIVIEREN. Hast du gehört? Du mußt unbedingt Romeo aktivieren, oder wir werden das schlimmste Armageddon auf Erden erleben.« Thorsten Wollner blickte verständnislos den alten Mann an, der gebetsmühlenartig diese Worte wiederholte. »Hörst du mir überhaupt zu? Du mußt sofort Romeo aktivieren!«
Der alte Mann gestikulierte mit seinen Händen wild in der Luft und starrte Wollner mit vom grauen Star getrübten Augen an. Die Haare schlohweiß, die Haut faltig und voller Altersflecken, die Bewegungen ungelenk. Der betagte Mann unterschied sich äußerlich in nichts von den zahllosen Rentnern, die oftmals auf fremde Hilfe angewiesen waren. Aber Thorsten Wollner wußte, daß der alte Mann alles andere als senil war – trotz seiner 73 Jahre. Die Zeit hatte nur an seinem Äußeren genagt, nicht jedoch an seinem scharfen Verstand.
Thorsten Wollner hatte sich auf einen schönen Abend mit seiner Frau gefreut. Alles war bestens vorbereitet gewesen. Lea hatte sich als Serviermädchen Pauline zurechtgemacht, sündige Strümpfe mit Naht angezogen und an den Strumpfhaltern befestigt. Ein kleiner weißer Haarreif spannte sich über ihre blonde Kurzhaarfrisur. Das schwarze Kleid mit den weißen Rüschenabschlüssen saß knapp über dem Po, und sie hatte eine kleine, freche Schürze darüber gezogen.
Mit schwarzweißen Handschuhen servierte sie ihm einen guten Weinbrand auf einem kleinen Tablett. Dabei beugte sich Lea beim Überreichen kokett ab und gestatte ihm ungeniert Einblick in ihr Dekolleté. Natürlich befummelte er sie, bewunderte die Strapse und fuhr an ihrem Bein entlang. Sie kicherte nervös, entzog sich ihm spielerisch, um erneut zu kokettieren. Während er sich im schweren Ledersessel bedienen ließ, gewährte sie ihm immer wieder tiefe Blicke in ihren Ausschnitt und unter den Rock. Dann stellte sie frech ein Bein auf die Sessellehne, um aufreizend ihre Zierbänder zur Schau zu stellen.
»Möchte der Herr gerne etwas Süßes zu dem Weinbrand?« fragte sie gestelzt.
»Ein wenig Schokolade wäre angebracht«, hatte er ebenso gekünstelt geantwortet.
Dienstbeflissen rauschte sie ab, ließ ihn warten und kam bald darauf mit einem Silbertablett voller Konfekt zurück.
»Bitte sehr, der Herr, erlesene Schokolade, Pralinen und andere Süßigkeiten.«
Sie beugte sich abermals tief ab und hielt ihm das Tablett hin. Er tänzelte mit den Fingern über die reichhaltige Auswahl, als könne er sich nicht entscheiden, und gaffte ihr dabei ungeniert ins Dekolleté. Er griff nach einer Nußpraline, und seine Frau setzte das Tablett auf dem großen Holztisch ab.
Später, wenn sie richtig aufgeheizt waren, würde er sie darauf nehmen, mit hochgezogenem Kleid und weitgespreizten Beinen.
Die Praline war in der Tat ein Genuß. Er leckte kurz die Finger ab und befummelte ihren Hintern. Lea kicherte verlegen.
»Aber nein, mein Herr, lassen Sie das bitte!«
Er gab ihr einen Klaps auf die Pobacken.
»Au, das tut doch weh!« gab sie gespielt entrüstet zurück und drehte sich um.
Er griff nach ihrem Arm, zog sie in seinen Schoß.
»In meinem Haus dulde ich keine Widerworte. Hast du verstanden?«
Seine Frau nickte verschämt und wurde sogar leicht rot.
»Ja, Monsieur.«
Dann küßte er Lea, aber sie stieß ihn weg.
»Aber Monsieur – das geht zu weit!«
Erneut zog er sie zu sich. Lea zappelte und zeterte. Alles gespielt, ohne daß sie es groß einstudiert hätten. Sie besaß wirklich Talent. Der Abend schien sich tatsächlich gut zu entwickeln. Ungeniert faßte er ihr in den Ausschnitt und befühlte den Busen.
»Monsieur, lassen Sie das! So geht das nicht!« Sie erhob sich entrüstet, um ihre aufreizende Aufmachung in Ordnung zu bringen. »Ich bin nicht so eine, wie Sie denken, Monsieur.«
Nun war es an ihm, den Verstoßenen zu mimen, und er schickte sie weg.
»Gut, Pauline, dann gehen Sie zurück in die Küche, bis ich Sie rufe. Ich möchte etwas alleine sein.«
Lea zog eine Schnute und fragte: »Sind Sie sicher, daß Sie alles haben, mein Herr?«
Er nickte beleidigt.
»Ganz sicher?« fragte sie nochmals.
»Ja.«
Sie zögerte, dann kniete sie sich vor ihn und strich über seine helle Anzugshose. Wie zufällig fuhr sie über den Schwanz, der sich unter ihren Fingern langsam aufrichtete. Sie hatte es wirklich drauf.
»Diese Hose sitzt viel zu eng, Monsieur. Sie sollten den Gürtel lockern.«
Schon stand sie auf, beugte sich über ihn und fummelte an der Gürtelschnalle. Sein Blick ruhte auf dem wackelnden Busen. Er mußte sich im Alltag stets zusammenreißen, daß er nicht zu lange auf ein schönes Dekolleté starrte. Nur ein kurzer anerkennender Seitenblick. Längeres Starren fanden Frauen unangemessen. Dabei gab so viel Schönes zu sehen. Ein kesser BH, ein tiefer Graben, viel weiche Haut. Manchmal zeichneten sich sogar die Nippel ab.
Bei Dienstmädchen Pauline durfte er so lange starren, wie er wollte. Seine Frau genoß die Blicke.
Lea ließ sich beim Öffnen der Hose viel Zeit und zog umständlich den Reißverschluß herunter. Anschließend wühlte sie sich durch seine Unterwäsche, holte seinen Penis heraus und begann an ihm zu saugen.
Und dann hatte er plötzlich mitten im Raum gestanden, der alte Mann, für den es keine Hindernisse gab. Lea war erschreckt aufgesprungen, hatte die Hände vor der halb entblößten Brust gekreuzt und war im Begriff gewesen wegzulaufen.
»Tut mir leid, wenn ich euer Techtelmechtel unterbrechen muß, aber die nationale Sicherheit von Deutschland hat absoluten Vorrang – und die Sicherheit einiger anderer Staaten ebenso. Was eure Spielchen angeht, müßt ihr euch keine Gedanken machen. Schließlich haben wir Ende der Sechziger den Grundstein dafür gelegt: die sexuelle Revolution, Rudelbumsen, FKK, Hasch …«
»Aber Paps!« unterbrach Lea entrüstet die Aufzählung.
»Du gestattest, meine Tochter, daß dein Mann und ich uns zurückziehen. Es geht um eine internationale Bedrohung.«
»Sicher«, murmelte Lea und setzte zynisch nach: »Drunter tust du es ja nicht.«
»Und Thorsten, du solltest den Code der Alarmanlage ändern«, belehrte ihn sein Schwiegervater.
»Mache ich jede Woche.«
»Von deinem Geburtstag zu Leas, zu eurem Hochzeitstag und dann wieder von vorne. Bei euch kann jeder Trottel einbrechen.«
»Wer ist eigentlich dieser Romeo?« Lea wartete nach dem Gespräch ihres Vaters mit ihrem Mann in dem Designersofa aus hellem Lammnappaleder auf ihren Mann. Sie hatte die Dienstmagduniform mit einem Seidenschlafanzug getauscht und blätterte lustlos in einer aktuellen Modezeitschrift. »Ist er euer hübscher James Bond im LKA?«
Ihr Vater, der legendäre Heinz-Günther Strasser, hatte sich durch die Hintertür verdrückt. Thorsten wäre es lieber gewesen, Lea schliefe bereits. Auf eine Diskussion über Romeo wollte er sich wirklich nicht einlassen – aus gutem Grund. Das würde gerade jetzt alles zerstören. Zudem gab es viel zu tun, der Alte hatte tatsächlich brisante Informationen besessen.
»Romeo ist nur ein Deckname.«
»Ja, ich weiß. Romeo, Sierra, Tango. Vater hat mich als Kind unzählige Male das militärische Alphabet aufsagen lassen. Also ein R… Rainer? Roland? Richard?«
Sie räumte die Kaffeetassen weg, die sie gerichtet hatte, aber die nicht angerührt worden waren.
»Romeo ist eine Sie.«
»Eine von den drei Engeln? Für Charlie? Alpha, Bravo, Charlie.« Leas typischer galliger Tonfall. Sie war sauer. Auf Frauen in seinem Job reagierte sie eifersüchtig. »Und – ist diese Romeo hübsch? Hat sie dir schon Avancen gemacht?«
»Romeo steht für Rafaela«, entgegnete er trocken. Nun war es raus. Ende. Nichts mehr zu machen.
Seiner Frau glitt das Tablett mit dem Kaffeeservice aus der Hand. Das edle Geschirr zersprang in tausend Splitter. Lea starrte ihn aus funkelnden Augen an und drohte ihm: »Wehe, du gehst zu ihr!«
»Es war die Idee deines Vaters, nicht meine.«
»Das ist mir völlig egal. Du triffst dich nicht mit dieser Frau – haben wir uns verstanden?«
Ihr seid nicht umsonst gestorben, ihr Lieben. Ihr, die ihr an den Ursachen dieser Krise am unschuldigsten seid, aber an den Auswirkungen am meisten zu leiden habt. Am Ende der Nahrungskette. Am Ende der Deutschen liebsten Kinder: Einfamilienhaus, Zweitwagen, Urlaub, Kinder – Haustier.
Eure Besitzer haben euch verlassen wie Ratten das sinkende Schiff. Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Meerschweinchen und Co. sind nur wohlgelitten, wenn es dem Volk gutgeht.
Aber dem Volk geht es schlecht, sehr schlecht. Krise. Es ist arbeitslos, perspektivenlos, hoffnungslos. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ihr seid bereits gestorben. Seid froh, ihr habt es hinter euch. Und es war ein humaner Tod gewesen. Ha ha ha – kann der Tod je human sein? Nein.
An euch, liebe Haustiere, hatten sie in der Krise am wenigsten gedacht. Die Tierheime nehmen schon lange keine Viecher mehr an. Dort hätten sie euch in engen Käfigen gehalten, dichtgedrängt in Gruppen, und ihr wärt dahinvegetiert, dahingesiecht bis zu eurem qualvollen Tod. Denn in den Heimen arbeitet seit Monaten nur noch eine Handvoll Individualisten. Kein Geld. Krise.
Wir müssen Opfer bringen, hat die Regierung postuliert. Ihr seid die ersten. Willkommen im Klub. Die Regierung – pah! Handlungsunfähige Marionetten der Banken und Industrie. Das nächste Rettungspaket steht kurz vor dem Abwurf, und wieder wird es nur an viele goldene Fallschirme gebunden werden, in ferne Sphären schweben, für das Volk unerreichbar. Geld sucht den Weg des Geldes. Alte Finanzregel.
Das Geld ist nicht weg, wie uns viele glauben machen wollen. Nein, es befindet sich in der Hand einiger weniger Auserwählter – nicht von Gott Auserwählter, nein, selbsternannter Götter, Heiliger in Maßanzügen, skrupelloser, geldgieriger Manager, ausgebildet auf unethischen Hochschulen, darauf gedrillt, in kürzester Zeit das maximale Kapital anzuhäufen. Mit exorbitanten Salären, mit unverschämten Prämien, mit goldenen Abfindungen in siebenstelliger Höhe, selbst wenn es schiefgeht. Abzocker. Spieler.
6,6 Milliarden Euro soll das aktuelle Rettungspaket umfassen. Das Familiensilber wird verscherbelt, es geht ans Eingemachte. Erstaunlich, was sich in den Kriegskassen der Regierungen mit der Zeit so anhortet. Milliarden für eine lahmende Wirtschaft, die vor sich hinstottert wie eine altersschwache Vespa, ausgeht, hustend wieder anspringt und vor sich hinbellt wie ein Baby mit Keuchhusten.
Millionen für die Drecksäcke, die sich an der Krise bereichert haben, die, ohne mit der Wimper zu zucken, das System von innen systematisch ausgehöhlt haben und sich nun in fernen Ländern bei Champagner und Kaviar einen Ast lachen über die Dummheit von raffgierigen Kleinanlegern und lahmen Regierungen, die unfähig waren, schnelle Maßnahmen durch die trägen Mühlen des Verwaltungsapparates zu prügeln. Nutze das System zu deinem Vorteil: das einzige Credo dieser Kapitalistenbrut.
Die letzten eisernen Reserven werden mobilisiert. Wie damals in den Ardennen. Es wird auch dieses Mal nichts nützen. Die Strukturen sind marode, der Boden des Wirtschaftsfasses ist löchrig wie ein Schweizer Käse, und darunter versammeln sich bereits die Bastarde der Finanztempel, um den Goldregen für sich ganz alleine einzuheimsen.
Nein, das Geld ist nicht verbrannt wie bei einem Sonnenwendfeuer. Es verrottet auch nicht wie alte Blätter in einem Laubhaufen unter der milden Herbstsonne. Nein, es existiert nach wie vor, fest gebunkert in geheimen Banken, verstreut über die ganze Welt. Geschützt vor dem Zugriff des Fiskus, der langsam und träge wie eine gutgenährte Schildkröte realisiert, daß er hintergangen wurde.
Die Schweizer Banken sind schuld. Liechtenstein: ein Steuerparadies. Die Österreicher haben auch die Finger im Spiel. Und der Weltpolizei haben wir den Anfang dieser Krise zu verdanken. Mit Soldaten auf der halben Welt in den Krieg ziehen, während im eigenen Land das Volk in Armut krepiert. Verarmt, verrottet, verfallen im »land of the free«.
Ihr habt es hinter euch, ihr Lieben. So human es mir möglich war. Erstaunlich, welche frappierende Wirkung ein Tropfen dieses hochtoxischen Elixiers besitzt. Ein Tropfen auf tausend Liter Wasser, und ihr streckt steif die Beine in die Luft. Ihr, die hundert Tapferen, die hundert Aufrechten, die den heldenhaften Weg des Todes gewählt haben, um Millionen, ja Milliarden von Menschen zu retten. Nein, nicht die raffgierigen Krawattenträger, nicht diese Krebsgeschwüre von Brokern, Consultants und Abzockern, nicht die überbezahlten Topmanager, nicht die kapitalhungrigen Börsenmakler, nicht die unfähigen Politiker und Staatsdiener. Nein, keiner von denen wird gerettet, wenn diese verlogene Welt im Tod versinkt.
Wenn der Inhalt dieser Phiolen in zahllose Wasserwerke gekippt wird, sich auflöst und dabei unaufhaltsam verteilt, werden diejenigen über die Klinge springen, die es verdient haben. Dafür seid ihr den Heldentod gestorben. Damit eure Leidensgenossen und die wahren Verlierer dieser Krise, die rechtschaffenen Arbeiter, Handwerker und Angestellten sich in die Arche Noah retten können, während der Finanzpöbel in der Sintflut dieses Giftes ertrinkt. Auch sie werden einen humanen Tod sterben, wie ihr, meine Lieben.
Verzeiht die kühle, antiseptische Atmosphäre, ihr Lieben, verzeiht diese grellen Neonröhren, diesen kalten Keller des alten Institutes für Mikrobiologie. Ihr werdet alle ein heldenhaftes Begräbnis erhalten. Verzeiht meinen Übermut, daß ich mich im Kreise drehe und jubiliere, während ihr bereits in eine bessere Welt eingetreten seid.
Du bist tot und du auch. Und du auch. Du, der alte Regierungssack und du, der geldgeile Private Banker, und du, der kapitalistische Industrieboß, und du, der katastrophale »Mismanager«, und du … und du … und du … Ihr seid alle tot. Ich habe über euch Recht gesprochen. Ha ha ha ha, ihr seid alle tot. Tot, tot, tot!
Nein, ich bin nicht Gott, ich richte nicht über die Menschen, nur über die Moral. Und ihr Banken- und Regierungsflaschen seid unmoralisch gewesen. Deshalb werdet ihr sterben. Alle. Es wird euch nichts nützen, sich in den abgeschirmten Wohnungen zu verschanzen, beschützt von bewaffneter Polizei und hohem Militär. Wir werden euch erwischen – mit dem Wasser, denn Wasser findet immer einen Weg. Und wir werden einen Weg finden, euch alle zu töten.
Wer ich bin, fragt ihr. Nicht Gott, nicht der Teufel, nicht der Islam, nicht der Moslem, kein Terrorist, kein Spinner, kein einsamer Verrückter, denn hinter mir stehen die Massen. Und das Volk will nur eins: Blut sehen. Rache. Aber ich bin kein Racheengel. Nennt mich einfach den – Genossen.
*****
Zürich, April 2010
Brady Dougan, Konzernchef der Credit Suisse, erhielt am 31.3.2010 nach Börsenschluß einen Bonus von 70,9 Millionen Franken. Zusammen mit seinem Salär von 19,2 Millionen hat der CS-CEO ein Jahressalär von 90,1 Millionen Schweizer Franken eingeheimst.
Insgesamt 400 CS-Manager erhalten aus dem Performance Incentive Programm eine Zahlung von etwa 3 Mrd. Euro. Das Programm wurde vom damaligen CS- und heutigen USB-Chef Oswald Grübel in den Jahren 2004 und 2005 beschlossen.
Wer einer Bank in einem Jahr nicht genügend Geld einspielt oder sich verspekuliert, ist schnell gefeuert. Investmentbanker sind moderne Söldner und werden als solche von den Vorgesetzten behandelt. So verwundert es nicht, daß viele Angestellte in kurzer Zeit möglichst viel Geld scheffeln.
*****
DAS EINFAMILIENHAUS STAND AM RANDE EINES SCHMUCKEN WOHNQUARTIERS im Stuttgarter Vorort Schmiden. Nichts deutete darauf hin, daß hinter den weißen, unschuldigen Mauern alle nur denkbaren dunklen Obsessionen erfüllt wurden.
Thorsten Wollner hatte sich für die S-Bahn entschieden, war an der Station Sommerrain ausgestiegen und die letzten paar Kilometer gelaufen, um nachzudenken. Ein schwerer Gang, den ihm sein Schwiegervater aufgebürdet hatte. Der General, wie ihn alle nannten, hatte Wollner überzeugt. Nachdem der General so unvermittelt in ihr Spielchen geplatzt war, hatte Wollner sich ein weiteres Mal mit der grauen Eminenz an einem abgeschiedenen Ort getroffen. Sein Schwiegervater und ehemaliger BND-Abteilungsleiter hatte Material vorgelegt, aus dem hervorging, daß sich im innersten Zirkel von Deutschland etwas zusammenbraute.
Als Kommissar im LKA Baden-Württemberg und Leiter einer nach 9/11 ins Leben gerufenen speziellen Terrorfahndungseinheit in der Abteilung 5 »Staatsschutz« wurde Wollner auf einen Schlag klar, daß die Krise ein völlig neues Gefahrenpotential geboren hatte: den wütenden Mob.
Und diesen gab es in der traurigen Geschichte Deutschlands bereits öfters. Das letzte Mal waren die Juden schuld gewesen, denen man die handwerklichen Berufe per Dekret verboten hatte. Als sie daraufhin mit Handel und Geld erfolgreich Geschäfte betrieben, wurden sie an den Pranger gestellt. Heute sind es die Banker und Manager – wieder der Finanzsektor. Welch bizarre Wiederholung der Geschichte!
Deutschland besaß ein Hinterhofproblem. Die Geschädigten wollten Blut in den obersten Rängen sehen und sich nicht mit ein paar Bauernopfern zufriedengeben.
»Millionen stehen ohne Job auf der Straße. 7,4 Millionen nach den neuesten Zahlen. 7,4 Millionen Einzelschicksale, um die sich der Staat einen Dreck schert. Stattdessen blasen sie den Banken weiter Puderzucker in den Arsch.« Der General war außer sich gewesen. »Diese 7,4 Millionen Menschen sind keine Penner, das ist kein arbeitsscheues Gesindel, das sind die Gestrandeten der größten Wirtschaftskatastrophe der Nachkriegszeit. Wenn heute einer dem Volk das gibt, wonach es lauthals schreit, nämlich Rache, dann hat er leichtes Spiel. Und im Gegensatz zum elften September müssen keine Schläfer geweckt oder Fanatiker an Steuerknüppeln in Flugzeugen ausgebildet werden.
Das menschliche Kapital steht frei zur Verfügung auf der Straße: arbeitslose Piloten, Militärangehörige, Fachkräfte, Ingenieure, Mediziner, Krankenschwestern, Fabrikarbeiter zuhauf. Und die Hinweise verdichten sich, daß sich jemand dieser Leute angenommen hat. Er arbeitet ganz traditionell als Kopf einer lose verknüpften Organisation. Mit internationalen Verbindungen, die nur darauf warten loszuschlagen. Keine autarken Zellen, keine Islamisten, keine Terroristen im eigentlichen Sinne, sondern das ganz normale Volk schreit nach Rache. Wir haben die Falschen im Fokus, und – noch schlimmer – wir haben keine Fahndungsgruppe, die sich darauf spezialisiert hat. Du bist der einzige, der eine Truppe hat, die wir umfunktionieren können.«
»Heinz-Günther, ich bitte dich, wir haben einen klaren Auftrag von der Regierung.«
»Die Regierung hat keine Ahnung, welches Desaster auf uns zurast. Wenn …«
»Ja, ja – wenn, wenn, wenn. Das ist doch immer das gleiche.«
»Dieses Mal nicht, Thorsten.«
»Klar, dieses Mal nicht«, meinte er zynisch zu den periodischen Alarmmeldungen aller Geheimdienste.
»Verdammt, vertraust du einem alten Hasen und seinem Gespür oder nicht?«
»Also, was hast du?«
»Offiziell nichts.«
»Natürlich. Das wäre ja das erste Mal, daß sich der BND offiziell äußert.«
»Hörst du mir jetzt zu oder willst du olle Kamellen aufwärmen? Wir haben so gut wie nichts, nicht einmal einen Namen – nur den Spitznamen: der Genosse. Er hat eine sektenartige, halbmilitante Gruppe um sich versammelt. Die Anzeichen für einen Anschlag sind alarmierend.«
»Wo ist seine Operationsbasis? Wie soll dieser Anschlag aussehen? Über wie viele Anhänger reden wir?«
»Wir wissen es nicht. Du weißt genau, daß dies gar nicht in den Zuständigkeitsbereich des BND fällt und ich ohnehin a. D. bin.«
Thorsten seufzte.
»Dir fällt nicht zufällig die Decke auf den Kopf – dir und den anderen Ehemaligen?«
»Was soll das heißen? Meinst du, wir reimen uns hier eine Räuberpistole zusammen, weil wir nicht mehr im aktiven Dienst stehen? Ich komme mir vor wie ein Prediger in der Wüste. Unter den Blinden ist der Einäugige der König. Und ihr seid alle blind. Wenn du nicht nachforschen willst, bitte. Dann versuche ich es eben bei Leuten, die auf dieses Thema sensibler zu sprechen sind.«
Thorsten graute es davor, daß sein Schwiegervater überall die Pferde scheu machen würde.
»Also gut, gib mir deine Nachforschungen, und ich sehe, was ich machen kann.«
Der General war vorerst zufrieden gewesen. Seine neuesten Recherchen hatten sich als äußerst brisant erwiesen. Hundert verendete Haustiere, die an einem hochtoxischen Gift eingegangen waren und nicht wie üblich eingeschläfert wurden. Personen, die nach ihrer Entlassung am Arbeitsplatz urplötzlich spurlos verschwunden waren. Davor der Versuch, in ein Wasserwerk einzudringen, das mit modernster Einbruchmeldetechnik ausgestattet war. Anschläge auf Umspannstationen, Schmierereien an Bankgebäuden, Terrordrohungen, Trittbrettfahrer, konspirative Treffen, verschwundene Waffen aus Bundeswehrdepots, Rekrutierungsmethoden: alles, was sich als halbwegs verdächtig herausstellte, hatte der General gehortet.
Jedes Teil für sich alleine betrachtet nichts Weltbewegendes, aber zusammengesetzt ein hochexplosives Gemisch. Ein Foto vom Anführer, dem »Genossen«, der angeblich an der Spitze einer ultramilitanten Gruppe mit Sektencharakter stand. Hinzu kamen die üblichen Spekulationen, unzulässig abgehörte Telefonate, Fotos, Notizen. Mit viel Phantasie steckte hinter dem Material ein Terroranschlag.
Wären nicht die hundert verendeten Tiere in dem alten Keller des unbenutzten Institutes für Mikrobiologie gewesen, hätte er den ganzen Mist am liebsten in den Mülleimer geworfen. Die gleiche Substanz, mit der man die Tiere vergiftet hatte, war in einigen Krankenhäusern und Forschungslabors spurlos verschwunden – und das nicht nur in Deutschland. In der Schweiz, Österreich, England, Luxemburg, Liechtenstein und sogar den USA existierte ebenfalls eine Häufung von Ungereimtheiten. Exakt die Länder, denen man per se die Schuld an der Krise gab und in denen die Banker in abgeriegelten und streng bewachten Wohnquartieren fürstlich residierten – zusammen mit den Politikern und Industriemanagern. Das Rückgrat der Krisenwirtschaft, das »rat pack«, hatte sich eingeigelt wie bei einem Atomkrieg und den Sicherheitskräften die Drecksarbeit überlassen.
Je länger Wollner darüber nachdachte, desto mehr war er überzeugt, daß der General mit seinem Gespür richtig lag. Diese Zufallshäufungen gaben ihm zu denken. Hier braute sich etwas zusammen, von dem Regierungen, Polizeiorganisationen und Geheimdienste keine Ahnung hatten, weil sie den Feind am völlig falschen Ort vermuteten. Denn der Feind im Inneren stellte eine viel größere Gefahr dar als jeder Terrorist, weil er durch kein Merkmal auffiel. Er war arbeitslos und frustriert, also kamen Millionen von Menschen in Frage. Und selbst dies war kein eindeutiges Zeichen. Die Welle der Verärgerten und Frustrierten hatte sogar die erfaßt, die noch Arbeit besaßen. Die Krise forderte Tribut, Vendetta, Blutrache. Fraß ihre Kinder.
Thorsten Wollner steckte den dünnen Umschlag der Akte Genosse in die Innentasche seines Jacketts und klingelte an der unscheinbaren Haustür. »R. Franeck« – ein Name wie jeder andere auch. »R« stand für Rafaela, wobei ihre Kollegen sie früher nur Rafi nannten. Rafaela war eine Ehemalige, die beste Kommissarin und Ermittlerin, die er je gehabt hatte – bis zu dem unglücklichen Ereignis, als sie bei einem Einsatz aus Versehen einen Kollegen erschossen hatte. Sie hatte auf der Stelle gekündigt und sich zurückgezogen. Ein schwerer Schlag für das LKA und speziell für ihn. Rafi und er waren vor seiner Hochzeit mit Lea ein Paar gewesen – ein SM-Paar, wie man es landläufig nannte. Kein Coming-out, aber jeder wußte Bescheid. Selbst Lea hatte es später erfahren. Deshalb hatte sie ihm jeden Umgang mit ihr verboten, sonst ließ sie sich scheiden. Nun hatte er die Wahl zwischen Pest und Cholera: sein Schwiegervater oder seine Frau.
Der Türöffner summte, und Wollner trat ein. Ein leichtbekleidetes Mädchen in Lack und Nylon empfing ihn hinter einem kleinen, mit rotem Leder bespannten Tresen. Rafi verdiente ihren Lebensunterhalt als Privatdomina. Sie hatte ihre Passion zum Beruf gemacht.
»Ich bin Thorsten Wollner, und ich muß zu Rafaela«, stellte er kurz und bündig sein Anliegen vor.
»Sicher, Thorsten, deswegen bist du ja gekommen. Bist du das erste Mal hier?« säuselte die Zofe.
»Ich komme nicht wegen … Ich kenne Rafi persönlich. Mein Besuch ist rein dienstlich. Ich bin Kommissar im LKA.«
Sie nickte lächelnd und schaute dabei auf den Monitor ihres PCs.
»In einer halben Stunde. Ginge das bei dir?«
Er nickte.
»Und du kennst ja die Spielregeln? Spezielle Rollenspiele – zum Beispiel Kommissar – kosten Aufpreis.«
Er schluckte eine Erwiderung hinunter.
»Ja, ich weiß. Wenn Sie bitte Rafi sagen würden, daß ich sie sprechen muß. Dringend.«
»Aber sicher doch, Thorsten. Du kannst hier im Nebenzimmer warten. Keine Angst, die Scheibe ist innen verspiegelt und schalldicht. Vielleicht gefällt dir das, was du siehst.«
Thorsten gab es auf, ihr zu erklären, daß er kein Kunde von Madame sei. Aber was sollte die Zofe sonst von ihm denken? Das schüttere graublonde Haar, die unverkennbaren Spuren zahlloser opulenter Abendessen, der feine Anzug, die Tränensäcke – er gab das perfekte Bild des solventen und wohlgenährten Kunden ab.
Er bat die Zofe um ein Glas Wasser und ging in das Nebenzimmer. Es roch intensiv nach Desinfektionsmittel und schwach nach Leder. Der Raum bot eine zusätzliche Einnahmequelle. Einigen Kunden reichte es völlig aus, beim Anblick einer SM-Session zu masturbieren. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Er machte es sich auf dem Ledersofa bequem und schaute dem Treiben hinter der Scheibe zu. Ein Mann, kniend, mit gespreizten Beinen, die Hände senkrecht nach oben gezogen, den Kopf und Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, ließ sich in die Handfesseln fallen. Rafi stand hinter ihm und zog eine Bullenpeitsche wie ein Lasso ein. Nur einige Kerzen beleuchteten den Raum. Als sich seine Augen an das diffuse Licht gewöhnt hatten, erkannte Thorsten, daß der Mann auf zwei kleinen, mit Leder bespannten und etwa hüfthohen Klötzen kniete. Vor dem Kunden stand eine weitere Domina und zog einen Flogger zwischen den Schritt des Mannes. Dort baumelte ein Backstein an seinen abgebundenen Hoden. Double trouble hieß die Nummer, die gerne gebucht wurde, um die infernalische Schmerzpassion bis zum letzten Tropfen auszukosten.
Seit der Krise bestand die Kundschaft beinahe ausschließlich aus Brokern und Bankern, die sechzig, siebzig Stunden die Woche durchackerten, spekulierten und der potentiellen Klientel traumhafte Renditen vorgaukelten, um anschließend im Dominastudio bei Peinigungen und Beleidigungen auszuspannen. Sie schliefen im Büro, ihre Freizeit fand entweder über Mittag oder tief in der Nacht statt: Golf spielen, Joggen, Schönheitssalon, Dominastudio. Die Krise trieb seltsame Blüten, aber zumindest profitierte ein Teil des Fußvolks von den fetten Boni, die so zurück in den Wirtschaftskreislauf flossen.
Rafi und ihre Kollegin waren ein eingespieltes Team. Im Wechsel knallte die Bullenpeitsche auf das Kreuz, und der Flogger fegte zwischen die Schenkel. Der Mann wand sich in den Fesseln und schien laut zu brüllen. Zumindest bewegte sich sein Mund spontan und ruckartig.
Den Rücken zeichneten zahllose breite Striemen, aber kein Tröpfchen Blut. Rafi, die Perfektionistin. Ihre Kollegin befestigte mit hämischen Grinsen Wäscheklammern in Form eines großen Vs an dem Kunden. Beginnend an der rechten Brustwarze, hinunter bis zum Schwanz und wieder hoch zum linken Nippel. Jeden Zentimeter eine Klammer. Mit einer kleinen Gerte schlug sie völlig willkürlich gegen die Klammern, rauf und runter, als spiele sie ein Instrument. Die Wäscheklammern wackelten, ohne sich zu lösen. Rafi ließ dabei unablässig die Bullenpeitsche auf ihr Opfer fallen. Alleine die Schwerkraft reichte aus, um bestialische Qualen zu erzeugen.
Vorne spritzten die Klammern weg, eine nach der anderen, und die Bullenpeitsche fraß sich ohne Unterlaß ins Fleisch.
Als alle Klammern am Boden lagen, ließen die beiden Herrinnen von dem Mann ab, lösten die Fesseln und den Backstein und führten ihn zu einem Strafbock. Der Länge nach abgebeugt, die Füße gespreizt an die Beine des Bocks gebunden, zerrten die beiden Frauen seine Arme weit nach vorne und befestigten sie mit breiten Ledermanschetten am Bock. Dann zogen beide Umschnalldildos über ihre engen Lederhosen und fickten den Kerl von vorne und hinten gleichzeitig durch.
Rafi krallte sich mit ihren langen, schwarzlackierten Nägeln in das Fleisch des Kunden und zog ihn durch wie ein Mann, der eine Frau fickte. Kräftige, harte Stöße, rammeln, ein paar Klapse wie bei einem Pferd, dann wieder langsam und genußvolles Durchziehen. Ihre vollen Brüste wackelten im Leder-BH bei jedem Stoß.
Rafis Kollegin ließ den Sklaven zu Anfang etwas lutschen und blasen. Nun fickte auch sie den Mund im gleichen Rhythmus wie Rafi seinen Arsch. Mal schnelle, harte Stöße, dann wieder gemächlich, den ganzen Gummischwanz rein und raus. Sie arbeiteten wie Synchronschwimmerinnen, ein perfekt eingespieltes Team.
In Thorsten erwachten bekannte Gefühle. In seiner Fantasie spürte er den Druck, den ein Dildo auf den Schließmuskel ausübte, an ihm entlangglitt, ihn hinten ausfüllte. Unbewußt öffnete sich sein Mund, um den zweiten imaginären Schwanz zu empfangen. Wilde, devote Fantasien bauschten sich auf wie Gewitterwolken. Wie gerne hätte er mit dem Klienten getauscht!
Nach einigen Minuten unterbrachen die beiden Herrinnen den gleichmäßigen Doppelfick, und Rafi stellte zwei Stühle nebeneinander hinter ihren Kunden. Sie kletterte auf sie, stützte sich auf seinem Rücken ab und rammelte ihn durch wie ein Tier, von oben nach unten.
Die andere Domina hielt in jeder Hand eine dicke Kerze und kippte sie langsam und genüsslich über die roten Striemen der Bullenpeitsche. Gleichzeitig bearbeitete sie seinen Mund mit dem Umschnalldildo. Mit schnellen Stößen pflügte der schwarze Gummischwanz durch die Lippen. Weiteres Kerzenwachs floß über den Rücken, bis es erkaltete. Das perfekte und berauschende Doppelspiel.
Thorstens devote Ader begann zu brodeln, immer stärker wünschte er sich an die Stelle des Kunden. Rafis schlanker Körper, die vollen Brüste, der Knackpo in der engen Lederhose, die schulterlangen, feuerroten Haare erregten ihn, brachten alte Gefühle in Wallung. Ihre Figur war nach wie vor göttlich, trotz ihrer 42 Lenze. Was war in ihrer gemeinsamen Vergangenheit nur schiefgegangen? Gab es eine perfektere Frau mit einer solch tiefschwarzen Seele?
Rafi hatte zur Reitpeitsche gegriffen und traktierte den fleischigen Hintern ihres Opfers. Thorsten schätzte den Mann mit den akkurat geschnittenen dunkelbraunen Haaren und dem Hang zum Übergewicht auf Mitte Vierzig. Man sah ihm die reichhaltigen Geschäftsessen mit den Klienten an. Die üblichen teuren und edlen Tropfen steuerten den Rest bei. Er war ganz offensichtlich einer der Menschen, die nach Erfolg, schnellem Reichtum und damit einhergehender Anerkennung gierten.
Der Mann gehörte zu den herangezüchteten Arbeitsrobotern, die stets der dicken Boni-Mohrrübe nachjagten. Bald würde die Maschine den ersten Kolbenfresser haben, und der Körper mußte in die Totalrevision. Outburned, abgewrackt – Outplacement. Bis zu diesem Zeitpunkt mußte man die Schäfchen im Trockenen haben, denn es gab keinen Weg zurück. Das System hatte in der Zwischenzeit neues, gieriges Jungvolk herangezüchtet, das den eigenen Platz mit Handkuß einnahm. Ein wahnsinniger Kreislauf der Selbstzerstörung. Geld verdarb nicht nur den Charakter, die Jagd danach glich einem Selbstmord auf Raten.
Die Reitgerte prasselte erbarmungslos auf den knallroten Hintern des Mannes. Rafi wechselte alle zehn Schläge die Seite, stand mal rechts, mal links von ihm, damit ja kein Hautstückchen verschont blieb. Ihre Kollegin peitschte das erkaltete Wachs mit dem Flogger ab. Hiebe von vorne und hinten. Ein todsicheres Mittel, um völlig abzudriften und den brutalen Alltag für eine gewisse Zeit vollkommen zu vergessen. Abschalten, den Zähler komplett auf Null setzen. Bei einer solch rabiaten Behandlung grub sich der Schmerz tief in die letzten Windungen des Kopfes ein und ließ einen alles vergessen. Es existierten nur noch der Schmerz und das Schweben – und das Verlangen nach mehr Schmerz und noch tieferem Abdriften. Im Grunde genommen könnte man SM als legale Droge bezeichnen.
Die beiden Dominas befestigten Stromklemmen an den Nippeln und Eiern. Die Peinigung des ganzen Körpers wurde fortgesetzt. Die Reizstromimpulse würden die harten Schläge qualvoll intensivieren. Steigerte man diese Pulse bis zum Pochen und erhöhte man die Frequenz, ging das Klopfen in ein Brennen über. Die Klemmen frassen sich brennend ins Fleisch, ohne Spuren zu hinterlassen.
Rafi zog dem Mann eine schwarze Latexmaske über, die einen transparenten Atembeutel mit einem kleinen Loch besass. Sauerstoffentzug, gepaart mit pulsierenden Stromstößen und den stetigen Schlägen zweier Dominas würden den Mann in ein nie gekanntes Schmerzuniversum katapultieren.
Rafi bezog rechts hinter dem Mann Position und schlug mit der Reitgerte zu. Die Kollegin drehte an den Reglern der TENS-Geräte und ließ die Nippel glühen. Das rhythmische, langsame Pulsen der Leuchtdioden ging zügig in ein Flackern über. Wachs stob durch die Luft, der Atembeutel der Maske blähte sich auf und fiel danach behäbig zusammen. Seinem gleichmässigen Atmen zufolge schien der Kerl einiges gewohnt zu sein.
Rafi bemerkte die Leidensfähigkeit des Kunden und deutete ihrer Partnerin einen Stellungswechsel an. Mit wenigen Handgriffen wurde der robuste Sklave zu einer Liege geführt, die mit knallrotem Lackstoff bespannt war. In jeder Ecke befand sich ein schwerer Metallring, um die Arme und Beine daran zu befestigen. An der Seite liefen rundherum schwere Eisenhaken. Auf dem Rücken liegend fesselten sie seinen Oberkörper fest an die Liege. In Sekunden spannen beide Dominas den Mann mit einem langen Seil bis zur Bewegungsunfähigkeit ein.
Mit hochgezogenen Füßen präsentierte sich sein Hinterteil schutzlos. Die Arme waren seitlich neben dem Kopf in den schweren Ösen fixiert. In Windeseile saßen die Stromklammern wieder an den Nippeln, und Rafi klemmte noch weitere Elektrodenpaare auf den Schwanz und direkt auf den Damm.
Der Atembeutel hob und senkte sich gleichmäßig. Die letzte Pause vor dem großen Finale. Rafi entledigte sich ihrer Hose und setzte die blanke Spalte auf dem Atembeutel ab. Niemals würde sie einem ihrer Kunden erlauben, sie direkt zu schmecken. Ihre Gemeinheit bestand aus zwei Zehnteln Latex. Eine hauchdünne Schicht Gummi, die den Sklaven von ihrer nassen Muschi trennte. Das kleine Atemloch stellte eine zusätzliche Qual da. Es war ihm vergönnt, sie zu riechen, aber lecken konnte er sie nicht.
Rafi verwirklichte den dunklen Traum aller devoten Männer. Sie war definitiv naturdominant, liebte ihre eigene innere Boshaftigkeit und kostete sie bei jedem ihrer Spiele bis zum letzten Tropfen aus. Thorsten wußte dies zur Genüge und fragte sich im Anblick der Double Trouble-Session hinter der Scheibe, ob er nicht den Fehler seines Lebens begangen hatte. Er hätte sie nicht verlassen sollen.
Unbewußt faßte er sich durch die Hosentasche an den Schwanz. Er war hart, naß, und Thorsten wollte genau in diesem Moment auf dieser Liege liegen, direkt unter Rafis nasser Muschi, die sich langsam senkte und das kleine Luftloch in der Maske versiegelte.
Unter den Hieben der Tawse mit dem braunen Holzgriff färbte sich der Bauch des Mannes in Sekunden rot, als hätte er Sonnenbrand. Die beiden Herrinnen hatten getauscht. Rafi nahm sich während des Facesittings des Oberkörpers des Kunden an, ihre Partnerin knöpfte sich seinen Arsch vor. Die Stromgeräte schickten ihre heftigen Pulse durch seinen Körper. Rafi drehte die Nippelregler voll auf, und das Opfer wand sich in dem fest gespannten Seilnetz, aus dem es kein Entrinnen gab. Auf den Armen ihres Kunden kniend, hob Rafi kurz das Becken an, und der transparente Beutel blähte sich hektisch. Sekunden später setzte sie sich wieder, und der Sklave bekam keine Luft mehr.
Ihre Kollegin drehte die Frequenz der Stromstösse an Damm und Schwanz auf langsame Pulse und dann zügig die Stärke auf das Maximum. Alle zwei Sekunden zuckte ein heftiger Stromschlag durch den Unterleib. Um ein Vielfaches schneller prasselte der lederüberzogene Rohrstock auf die exponierte Kehrseite. Der Kunde strampelte mit den hochgezogenen Beinen, riß an den Armfesseln, ohne daß die beiden Peinigerinnen Erbarmen zeigten. Unter den anhaltenden Schlägen der bösen Tawse erlaubte Rafi ihrem Opfer in unregelmäßigen Abständen, durch das kleine Maskenloch zu atmen.
Wie auf ein geheimes Zeichen hin betrat eine Zofe den Raum, umfaßte den Schwanz und gab dem Mann, wofür er eine Stunde unter der Gewalt der beiden gnadenlosen Herrinnen gelitten hatte. Keine der beiden Frauen würde sich an einem Sklaven die Hände schmutzig machen, gut zahlender Kunde hin oder her.
Rafi entledigte sich des Oberteils, schmiß es auf den Boden und überließ den Rest ihren Angestellten. Thorsten hatte nur Augen für ihren wogenden Busen, an dem noch alles echt war. Er seufzte schwer. Es war ein Fehler gewesen, Lea zu heiraten. Er hätte doch bei Rafi bleiben sollen.
Die Tür des Spannerzimmers flog auf.
»Was willst du?« fragte Rafaela mit saurer Miene. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und starke Sorgenfalten gruben sich in ihr verhärmtes Gesicht.
»Bitte, Rafi« – Wollner nickte an ihr vorbei ins Vorzimmer – »können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«
Sie drehte sich um und stolzierte auf hohen Lederstiefeln und in einen Bademantel gehüllt zu einem freien Zimmer.
»Weiß Lea, daß du hier bist?« fragte sie.
»Ja. Der General meinte …«
»Ach, der alte Haudegen lebt also immer noch. Soll Jamie Bondi wieder mal die Welt retten?«
»Du warst nicht nur die Beste deines Jahrgangs, sondern die beste Ermittlerin im operativen Dienst, die wir je hatten. Das hat sich herumgesprochen.«
»Ja, leider«, lachte sie sarkastisch auf »Und? Geht es dir gut? Euch gut? Was macht Lea?«
»Rafi – bitte!«
»Du bist ein elendiges verlogenes Schwein, Thorsten. Das mit uns beiden hätte wirklich etwas werden können. Du hattest echt noch Ideale. Damals. Aber dann hast du dieses brave Hausmütterchen von Lea geheiratet, damit dich ihr Vater die LKA-Karriereleiter hochhievte.«
»Du vergißt, daß ich Lea liebe.«
»Ha! Das hast du mir damals ebenfalls geschworen, mehr als einmal. Weißt du noch?«
Thorsten schwieg betroffen. Sie hatte recht. In allen Punkten der Anklage. Und psychologisch war sie ihm ohnehin überlegen. Geiselnahme, Entführung, Verhöre – sie war in allen Gesprächstaktiken geschult worden. Irgendwelche Tricks würden bei ihr nicht verfangen, und er war ohnehin längst zum Schreibtischtäter mutiert. Weitab von der Front steckte er seit langem im Verwaltungsdickicht fest.
»Willst du etwas trinken?« Rafi schlug einen versöhnlichen Ton an.
»Ein Kaffee wäre nicht schlecht.«
»Schwarz mit viel Zucker?«
»Hm.«
»Du hast dich kaum verändert. Nur ein bißchen zugenommen.«
»Sport ist Mord.«
»Schreibtischarbeit ist Mord.«
Sie öffnete eine verdeckte Tür und erschien kurz darauf mit zwei Tassen Kaffee.
»Thorsten, wenn du mich zurück in den aktiven Dienst holen willst, bist du vergebens gekommen. Du kennst meine Antwort.«
Er nickte. Es war kein Bußgang nach Canossa, den ihm der General aufgebürdet hatte, es war eine Mission Impossible. Verglichen mit den Ochsentouren durch die LKA-Verwaltungsmühlen, hoffte er bei Rafi auf eine angenehmere Unterhaltung. Es blieb bei der stillen Hoffnung, Rafi zeigte sich unerbittlich.
»Schau, Rafaela, das mit Joachim war ein Versehen gewesen. Das hat die interne Untersuchung ergeben, und alle Beteiligten haben unisono bestätigt, daß dich keine Schuld trifft. Joachim ist ein Hitzkopf gewesen. Anstatt vor dem Zugriff zu verschwinden, hatte er den Helden spielen wollen. Er zog eine Waffe, er war nicht als Polizist zu erkennen, und es war dunkel. Was hättest du machen sollen? Du bist unschuldig.«
Rafi schoß aus ihrem Stuhl hoch.
»Ich habe ihn erschossen, Thorsten. Ich!« Sie tippte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf ihre Brust. »Bei einem Einsatz. Ich habe ihm eine Kugel in den Körper gejagt, und er ist in meinen Armen gestorben. Und du erzählst mir was von Unschuld. Ich habe abgedrückt. Ich, verdammt, ich und sonst niemand. Wer zur Hölle soll denn sonst schuld sein? Ich habe Albträume, ich träume von Jogi und daß er lebt, ich wache nachts schweißgebadet auf. Es fehlt nicht viel, und ich würde Jogi freiwillig folgen.«
»Gehst du noch …?«
»Zu diesem Polizeipsycho? Der macht Jogi auch nicht wieder lebendig.«
»Aber er kann dir helfen. Vieles kann man heute therapieren. Du mußt Geduld haben.«
Er stand auf und wollte sie in den Arm nehmen, sie trösten, ihr Halt geben. Mit einer schnellen Bewegung riß sie seine Waffe aus dem Holster. Die Arme angewinkelt, legte sie an und entleerte das Magazin in wenigen Sekunden. Die Schüsse hallten wie vorwurfsvolle Donnerschläge in seinem Kopf. Tot-tot-tot. Jo-gi-ist-tot.