Beamte - Was die Adeligen von heute wirklich verdienen - Torsten Ermel - E-Book

Beamte - Was die Adeligen von heute wirklich verdienen E-Book

Torsten Ermel

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Beschreibung

Beamte genießen zahlreiche Privilegien, von denen "normale" Arbeitnehmer nur träumen können. Sei es beim Ruhestandsgehalt, bei der Altersteilzeit, Gesundheitsvorsorge, bei Lohn- und Einkommenssteuer oder dem Eltern- und Kindergeld. Torsten Ermel rechnet die Privilegien der Beamten in absolute Zahlen und Euro um und kommt dabei zu einem frappierenden Ergebnis: Im Vergleich zu einem Arbeitnehmer mit vergleichbarem Aufgabenfeld, für den die üblichen Regelungen gelten, verdient ein Beamter effektiv rund das Doppelte. Doch sind diese Vergünstigungen wirklich gerechtfertigt? Ermel liefert mit seinem Buch alles, was eine ausgewogene und längst überfällige Debatte zu diesem Thema braucht: das sachkundige Wissen, den historischen Hintergrund sowie zahlreiche konkrete Änderungsvorschläge. Ein Buch für Staatsdiener und ihre Kritiker - eben alle, die wissen wollen, was Beamte wirklich verdienen.

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Torsten Ermel

Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen

Torsten Ermel

Beamte –Was die Adeligen von heute wirklich verdienen

Tectum

Torsten Ermel:

Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen

© Tectum Verlag Marburg, 2016

ISBN: 978-3-8288-6375-0

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter der ISBN 978-3-8288-3656-3 im Tectum Verlag erschienen.)

Umschlagabbildungen: Stempel © UteHil |www.istockphoto.com, Mann mit Kaffeetasse © Jason York |www.istockphoto.com

Karikaturen im Innenteil: Jules Stauber (1920–2008) – S. 3, 47, 120, Peter Ohrenschall (geb. 1929) – S. 5, Hermann Kaubisch (1917–2005) – S. 15, 159, 209, Jupp Wolter (1917–1993) (Künstler), Haus der Geschichte, Bonn – S. 53, 237. Wir danken den Rechte­inhabern für die Genehmigung des Abdrucks.

Alle Rechte vorbehalten

Besuchen Sie uns im Internet

www.tectum-verlag.de

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Tiere sind gleich,

aber manche sind gleicher

GEORGE ORWELL, FARM DER TIERE

Inhalt

Vorwort

ERSTER TEIL

Alimentation, Nominal-, Schatten- und Effektiveinkommen

Familie, Krankheit und Tod

Familienzuschläge

Ehegattenzuschlag

(Kein) Kindergeld

Kinderzuschlag

Berechnung des Schatteneinkommens

Krankenversicherung und Beihilfe

Undurchsichtige Subventionen

Krankenversicherungsprämien

Kostenlose Heilfürsorge

Bessere Leistungen der Beihilfe

Sonderbeitrag für Zahnersatz

Vorfinanzierung der Krankheitskosten

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Kürzung der Beihilfe

Voller Beitragssatz für Betriebsrentner

Kosten der Beihilfe für den Steuerzahler

Berechnung des Schatteneinkommens

Pflegeversicherung

Einführung und Beitragsentwicklung

Zusatzbeitrag für Kinderlose

Zusätzliche Altersversorgung durch Pflege

Sterbegeld

Sterbegeld und Sterbevierteljahr

Sterbegeld bei tödlichen Dienst-/Arbeitsunfällen

Berechnung des Schatteneinkommens

Berufs-, Erwerbs- und Dienstunfähigkeit

Gesetzliche Unfallversicherung bei Arbeitnehmern

Unfallfürsorge bei Beamten

Nicht berufsbedingte Unfälle und Krankheiten bei Arbeitnehmern

Nicht dienstbedingte Unfälle und Krankheiten bei Beamten

Private Berufsunfähigkeitsversicherung

Berechnung des Schatteneinkommens

Riesterrente und Riesterfaktor

Die Riesterrente

Höhere Zulage für Beamte

Der »Riesterfaktor«

Altersversorgung

Die gesetzliche Rente

Entwicklung

Die Höhe der gesetzlichen Rente

Die Renten­anpassungsformel

Der »Eckrentner«

Der Eckrentner(40)

Beitragsbemessungsgrenze und Höchstrente

Der Nachhaltigkeitsfaktor

Hinzuverdienstgrenzen

Die Pension

Berechnung der Pension

Die Mindestpension

Der »Eckbeamte«

Sonderzahlung

Hinzuverdienstgrenzen

Altersgrenzen

Regelaltersgrenze

Antragsaltersgrenze

Besondere Altersgrenzen

Hochschulausbildungszeiten

Kindererziehungszeiten

Wehr- und Zivildienst

Das Rentenurteil des Bundesverfassungsgerichtes

Das Urteil vom 6. März 2002

Scheingewinnbesteuerung

Doppelbesteuerung

Furchtbare Juristen

Rentenkürzungen

Rentenreform 2001

Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz 2004

Alterseinkünftegesetz 2005

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung

Die Auswirkungen

Pensionskürzungen

Versorgungsreformgesetz 1998

Versorgungsänderungsgesetz 2001

Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz 2005

Beteiligung der Pensionäre an den Pflegekosten

Auswirkungen

Vergleich Rente / Pension

Gesetze pro domo

Rentner erster und zweiter Klasse?

Wirkungsgleiche Übernahme?

Hinzuverdienstgrenzen

Beitragsbemessungsgrenze

Hinterbliebenenversorgung

Arbeitnehmer und Rentner

Beamte und Pensionäre

Berechnung des Schatteneinkommens

Exkurs: Umlageverfahren und Kapitaldeckung

Betriebsrente

Berechnung des Schatteneinkommens

Arbeitslosenversicherung

Zur Beitragspflicht

Die Höhe der Arbeitslosigkeit

Die Kosten der Arbeitslosigkeit

kw-Stellen

Berechnung des Schatteneinkommens

Einkommensbesteuerung

Lohn- und Einkommensteuer

Keine Steuer auf das Schatteneinkommen

Sonderausgaben

Außergewöhnliche Belastungen

Versorgungsfreibetrag

Arbeitnehmer-Pauschbetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag

Doppelbesteuerung

Berechnung des Schatteneinkommens

Progression und Progressionsvorbehalt

Progressionsvorteil für Beamte

Notwendige Konsequenzen

Sonstige Privilegien

Das Zulageunwesen

Allgemeine Stellenzulage

Stellen-, Amts- und Funktionszulagen

Leistungsprämien und Leistungszulagen

Erschwerniszulagen

Siebtes Besoldungsänderungsgesetz

Berechnung des Schatteneinkommens

Altersteilzeit

Die vorschüssige Auszahlung

Kalte Einkommenserhöhungen

Beitragserhöhungen

Leistungskürzungen

Steigende Lebenserwartung

Sonstige soziale Wohltaten

Bruttoeinkommen als Verdienstgrenze

Nettoeinkommen als Bemessungsgrundlage

ZWEITER TEIL

Vorbemerkungen

Bundesbesoldungsordnung A (Bund)

Die Schattentabellen

Was verdienen die Deutschen?

Sind Beamte kostengünstiger als Arbeitnehmer?

Qualifikationsvergleich

Nominaler Einkommensrückstand von Beamten?

Auszubildende und Beamtenanwärter

Akademiker und höherer Dienst

Mittlere Reife und mittlerer Dienst

Beamte und Quasibeamte

Fazit

Versetzungen

Die Lage im Osten

DRITTER TEIL

»Entscheidend ist, was hinten rauskommt« (Helmut Kohl)

Öffentliche Meinungsbildung

Die Gewerkschaften

Die Kirchen

Legislative und Exekutive

Die dritte Gewalt

Die vierte Gewalt

Die fünfte Gewalt

Ein Vorschlag zur Reform der Sozialversicherung

Wer arbeitet, ist der Dumme

Befreiung von den Sozialabgaben

Das bisherige System des Sonderausgabenabzugs

Der Reformvorschlag

Schwarzarbeit

Abstandsgebot und Mindestlöhne

Mini-Jobs

Scheinselbstständigkeit

Finanzierung

Kalte Einkommenssenkung für Beamte

Zusammenfassender Forderungskatalog

NACHWORT

Vorwort

Das Image von Beamten in der Bevölkerung könnte besser sein: Sie gelten als schwerfällig und zu teuer. Der Unmut über die Beamten ist dabei aber oft geprägt von Unkenntnis über die tatsächlichen Verhältnisse. Dieses Buch möchte deshalb den Leser in die Lage versetzen, sich ein realistisches Bild über die finanzielle Situation von Beamten im Verhältnis zu Arbeitnehmern machen zu können. Auf diese Weise soll zum Abbau von Vorurteilen beigetragen werden.

Verdienen Beamte zu viel? Das kommt darauf an, welchen Maßstab man anlegt. Im Vergleich zu Schlagersängern etwa oder Spitzensportlern verdienen Beamte nicht zu viel, sondern zu wenig. Doch der Vergleich mit Stars und Sternchen führt nicht weiter. Sinnvoll kann die Frage nur beantwortet werden, wenn als Vergleichsmaßstab »normale« Arbeitnehmer herangezogen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass das Netto-Einkommensniveau der privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmer Bezugsmaßstab für die Angemessenheit der Beamtenbesoldung ist (2 BvR 1387/02). Der Begriff Besoldung ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen, er umfasst sämtliche Alimentations- und Fürsorgeleistungen.

Maßgebliche Bestimmungsfaktoren für die Angemessenheit der Alimentierung von Beamten sind die Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildungen für Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden (2 BvR 556/04; 2 BvR 1715/03).

Es leuchtet unmittelbar ein, dass Beamte so viel verdienen sollen, wie sie es für vergleichbare Tätigkeiten auch außerhalb des öffentlichen Dienstes könnten. Aber wie sieht die Realität aus? Wie viel verdienen Beamte effektiv? Hält die Praxis das, was das Grundgesetz verspricht? Diese Fragen werden auf den folgenden Seiten auf der Grundlage der Lebenswirklichkeit geprüft und beantwortet. Es handelt sich dabei um die aktualisisierte und überarbeitete Fassung des Buches »Faktor 2 – Was Beamte wirklich verdienen«, Diamant-Verlag, Bielefeld 2009.

Im ersten Teil wird der Begriff des Schatteneinkommens erläutert, und es werden die wesentlichen Beamtenprivilegien im Einzelnen beschrieben und im Vergleich zur Situation der Arbeitnehmer dargestellt. Den Schwerpunkt bildet dabei die Altersversorgung. Darüber hinaus wird auch auf die Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung eingegangen, auf die Besteuerung, das Kindergeld und andere soziale Leistungen, das Zulagewesen und auf den Auszahlungstermin der Besoldung. Jeweils zum Schluss eines Kapitels wird erläutert, wie sich die dargestellten Privilegien auf die effektive Höhe des Beamteneinkommens auswirken.

Das Kernstück bildet dann der zweite Teil: Ausgehend von der offiziellen Besoldungstabelle für die Bundesbeamten ab dem 1. März 2015 werden die Schatteneinkommen und die Effektiveinkommen für die Besoldungsgruppen A2 bis A16 im Einzelnen dargestellt. Die Berechnungen bauen dabei auf den im ersten Teil gefundenen Ergebnissen auf. Im Anschluss an die Schattentabellen werden die gefundenen Beamteneinkommen mit den deutschen Durchschnittseinkommen verglichen. Es wird gefragt, ob die hohen Schatteneinkommen vielleicht deshalb gerechtfertigt sind, weil die Nominaleinkommen der Beamten entsprechend niedrig sind oder weil sie den angeblichen Nachteil gegenüber Arbeitnehmern haben, dass sie von ihrem Dienstherren an eine andere Dienststelle versetzt werden dürfen. Schließlich wird noch auf die Frage eingegangen, ob die Beschäftigung von Beamten danach teurer oder kostengünstiger ist als die Beschäftigung von Arbeitnehmern. In einem gesonderten Kapitel wird auf die Situation in den neuen Ländern eingegangen.

Der dritte Teil reflektiert die gefundenen Ergebnisse. Die anfangs aufgeworfene Frage, ob die Beamteneinkommen »angemessen« sind im Vergleich zu den Arbeitnehmereinkommen, kann beantwortet und der entscheidende Systemfehler benannt werden. Es wird untersucht, warum im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung die Beamtenprivilegien so selten thematisiert werden. Und schließlich wird ein Reformvorschlag unterbreitet, dessen Umsetzung sogar dann zu mehr Gerechtigkeit führt, wenn der Beamtenstatus ansonsten unangetastet bleibt. In einem Katalog werden dann noch einmal die notwendigen Veränderungen zusammengestellt.

Alle Zahlenangaben beziehen sich, wenn nichts anderes gesagt ist, auf die alten Bundesländer und auf Bundesbeamte.

Trotz aller Ungerechtigkeiten und Absurditäten, von denen Sie lesen werden, ist Beamtenbashing nicht der Zweck dieses Buches. Denn: Es geht nicht um Neid – es geht um Gerechtigkeit.

ERSTER TEIL

Alimentation, Nominal-, Schatten- und Effektiveinkommen

Arbeitnehmer erhalten für ihre Arbeitsleistung Lohn oder Gehalt. Beamte werden dagegen alimentiert. Sie werden nicht für ihre Arbeit bezahlt, sondern dafür, dass sie unserem Gemeinwesen »mit vollem persönlichen Einsatz« dienen. Die Höhe ihrer Alimentation muss »amtsangemessen« sein. Das Recht auf Alimentation ist durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt. Danach ist die Alimentation nach den »hergebrachten Grundsätzen« des Berufsbeamtentums zu regeln.

Die Alimentationsleistungen bestehen vorwiegend in sozialer Absicherung des Beamten in jeder Lebenslage. Diese soziale Sicherheit ist aber eben auch Geld wert. Man kann ihren Wert in Euro und in Prozent von der Besoldung ausdrücken.

In den Schattentabellen des zweiten Teils werden deshalb die Begriffe Nominal-, Schatten- und Effektiveinkommen unterschieden. Bei dem Nominaleinkommen handelt es sich um die »nackte« Besoldung, die der Beamte aufgrund seiner Einstufung erhält.

Tatsächlich verdient er jedoch wesentlich mehr. Denn zahlreiche Einkommensbestandteile werden offiziell gar nicht ausgewiesen. Es handelt sich dabei um die Leistungen für die soziale Sicherheit des Beamten und seiner Familie, die Alimentationsleistungen. Diese Einkommensbestandteile werden deshalb als Schatteneinkommen bezeichnet und in den Schattentabellen zu dem Nominaleinkommen addiert.

Es ergibt sich das Effektiveinkommen als Summe aus Nominal- und Schatteneinkommen. In welcher Weise die einzelnen Alimentationsleistungen in die Ermittlung des Schatteneinkommens einfließen, das ist jeweils am Schluss der einzelnen Kapitel des ersten Teils erläutert.

Familie, Krankheit und Tod

Familienzuschläge

Ehegattenzuschlag

Verheiratete Beamte werden, ebenso wie verheiratete Arbeitnehmer, steuerlich nicht nach der Grundtabelle veranlagt, sondern nach der günstigeren Splittingtabelle. Insoweit werden alle gleich behandelt. Verheiratete Beamte haben aber darüber hinaus ein Privileg: Den Ehegattenzuschlag. Ein verheirateter Beamter bekommt zusätzlich zu seiner Besoldung noch einen Zuschlag, einfach für das Verheiratetsein. Der Zuschlag ist nach dem Dienstgrad gestaffelt. Er beträgt im einfachen und mittleren Dienst 127 €, und im gehobenen und höheren Dienst 133 € im Monat. Diese Beträge sind dann aber noch zu versteuern.

Der Grund dafür ist, dass nicht nur der Beamte selbst alimentiert wird, sondern seine ganze Familie. Der verheiratete Beamte soll genauso gut dastehen wie der ledige. Auch derjenige Beamte, der einen armen Ehepartner versorgen muss, soll deshalb immer noch »amtsangemessen« leben können.

Nun wird allerdings gar nicht geprüft, ob der Ehepartner nicht vielleicht eine gute Partie ist und für sich selbst sorgen kann. Den Ehegattenzuschlag erhält jeder. Sogar dann, wenn beide Ehegatten verbeamtet sind, erhalten sie den Zuschlag, jeder allerdings nur zur Hälfte. Obwohl also beide Ehegatten schon durch ihre eigene Besoldung alimentiert werden, gibt es noch den Zuschlag, der in diesem Fall ja überhaupt nicht mehr begründet werden kann.

Im Laufe eines Beamtenlebens kommen auf diese Weise erhebliche Summen zusammen. Für einen mittleren Beamten, der im Monat 127 € erhält (bzw. 88 € als Pensionär), ergeben sich nach 40 Jahren aktiver Tätigkeit und 20 Jahren Ruhestand insgesamt 82.080 € (brutto). Ein durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer muss dafür fast zwei Jahre lang Vollzeit arbeiten.

Auch verwitwete Beamte bekommen weiterhin den Ehegattenzuschlag. Er soll sie wohl über den Tod des Partners hinwegtrösten (oder zur Bezahlung der Grabpflege dienen?). Ein Beamter, der beispielsweise schon mit 40 Jahren Witwer wird, bekommt bis zu seinem eigenen Dahinscheiden, 40 oder 50 Jahre später, Monat für Monat den Zuschlag. Sachlich ist das durch Nichts zu rechtfertigen.

Den Ehegattenzuschlag bekommen auch geschiedene Beamte, wenn sie unterhaltspflichtig sind. Wenn nun aber ein geschiedener Beamter wieder heiratet und die aktuelle und die ehemalige Ehepartnerin versorgen muss, bekommt er den Zuschlag nicht zweifach, sondern auch nur einmal. Das ist ein glatter Verstoß gegen das Alimentationsprinzip. Ein Beamter, der mehrfach verheiratet war, steht sich schlechter als ein Standhafter. Den Kinderzuschlag gibt es ja auch pro Kind. Den Ehegattenzuschlag gibt es jedoch nicht pro Frau, sondern nur einmal. Ebenso könnte man die Kinderzuschläge auf höchstens zwei begrenzen, der Rest ist dann Privatsache.

Auch ledige Beamte, die vor dem 1.1.1936 geboren wurden, erhalten aufgrund einer Übergangsregelung den Ehegattenzuschlag. Dieser Unsinn läuft zwar irgendwann aus, wird uns aber noch mindestens für die nächsten 20 Jahre belasten.

Das System ist in sich widersprüchlich, und es ist ungerecht gegenüber Nicht-Beamten. Dabei ließe sich Gerechtigkeit leicht herstellen: Entweder zahlt der Staat allen Bürgern diese Zuschläge. Oder die Grundbesoldung der Beamten wird so abgesenkt, dass sie im Endeffekt, mit den Zuschlägen, das gleiche Einkommen erzielen wie Nicht-Beamte.

(Kein) Kindergeld

In Deutschland ist das Existenzminimum von Kindern, ebenso wie das von Erwachsenen, steuerfrei. Der Freibetrag für Erwachsene beträgt 8.652 € pro Person (Grundfreibetrag), der Freibetrag pro Kind beträgt 7.248 €. Alternativ zum Kinderfreibetrag gibt es das Kindergeld in Höhe von 2.280 € im Jahr für das erste und zweite Kind, 2.352 € für das dritte Kind und 2.652 € ab dem vierten Kind. Das Finanzamt prüft bei der Einkommensteuerveranlagung, ob das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag günstiger ist. Bis zu einem persönlichen Steuersatz von 32 % ist das Kindergeld günstiger, bei höheren Steuersätzen der Kinderfreibetrag.

Das Kindergeld ist rein rechtlich gesehen eine Steuervergütung. Seine Aufgabe ist es, das Existenzminimum des Kindes steuerfrei zu stellen. Nur bei niedrigen und mittleren Einkommen, bei denen der Steuersatz unter 32 % liegt, ist das Kindergeld höher, als es eigentlich zur Freistellung des Existenzminimums erforderlich ist. Der überschießende Teil dient dann der Förderung der Familie. Bei höheren Einkommen, mit Steuersätzen über 32 %, gibt es keinen Förderanteil mehr. Es wird nur noch das Existenzminimum freigestellt.

Das heißt, dass es ein eigentliches »Kindergeld« in Deutschland nicht gibt. Die Bezeichnung ist irreführend. Es handelt sich ganz überwiegend nur um eine Erstattung von zu viel gezahlten Steuern. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass das Existenzminimum von Kindern steuerfrei ist. Das ist keine besondere soziale Leistung des Staates. Bei der Berechnung der familienpolitischen Leistungen darf das »Kindergeld« deshalb nicht mitgerechnet werden.

Kinderzuschlag

Während der Normalbürger also nur zu viel gezahlte Steuern erstattet bekommt unter der irreführenden Bezeichnung Kindergeld, erhalten Beamte ein wirkliches Kindergeld, nämlich einen Zuschlag zu ihrer Besoldung, den Kinderzuschlag.

Der Kinderzuschlag beträgt 111 € für das erste und für das zweite Kind und 347 € für das dritte und jedes weitere Kind. Für Beamte im einfachen Dienst gibt es darüber hinaus noch zusätzliche Erhöhungsbeträge. Der Kinderzuschlag ist an das Kindergeld gekoppelt. Fällt das Kindergeld weg, fällt damit auch der Kinderzuschlag weg.

Mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 12. November 2008 wurden die Zuschläge für das dritte und jedes weitere Kind um 50 € erhöht. Zusammen mit den inzwischen eingetretenen jährlichen prozentualen Erhöhungen gab es daher damals 305 € statt 250 € (heute 347 €, vgl. o.).

Die Erhöhung um 50 € im Monat galt dabei ungewöhnlicherweise nicht seit Inkrafttreten des Gesetzes ab Januar 2009, sondern rückwirkend ab Januar 2007. Beamte mit drei und mehr Kindern erhielten die Differenz für zwei Jahre nachgezahlt.

Insgesamt erhält beispielsweise ein Beamter mit zwei Kindern einen monatlichen Zuschlag in Höhe von 222 €. Ein Beamter mit vier Kindern erhält einen Zuschlag in Höhe von 916 € im Monat (nur für die Kinder, ohne den Ehegattenzuschlag). Und diese Zuschläge werden nicht statt des regulären Kindergeldes gezahlt, sondern zusätzlich. Immerhin sind sie aber nicht steuerfrei, sondern müssen versteuert werden.

Für einen Beamten im mittleren Dienst mit drei Kindern summieren sich die Kinderzuschläge im Laufe von 25 Jahren auf 170.700 €. Zusammen mit dem oben bereits berechneten Ehegattenzuschlag von 82.080 € sind das insgesamt Familienzuschläge in Höhe von 252.780 €. Das entspricht für den Durchschnittsverdiener in Vollzeit der Arbeitsleistung von fünfeinhalb Jahren.

Die Frage muss erlaubt sein, weshalb die Steuer zahlenden Nicht-Beamten, Handwerker und Buchhalter und Hilfsarbeiter, den Beamten eigentlich so viel Geld schenken, für nichts? Denn einen legitimen Anspruch auf die Familienzuschläge scheint es nicht zu geben.

Der Grund dafür, dass Kinderzuschläge gezahlt werden, liegt in den »hergebrachten Grundsätzen« des Beamtentums, also wieder einmal im Alimentationsprinzip. Ein Beamter mit Kindern soll nicht schlechter leben als ein Beamter ohne Kinder. Wenn die Familie größer wird, soll dadurch der Lebensstandard nicht übermäßig sinken.

Der Grundgedanke hinter dem Kinderzuschlag ist also schon sehr sozial. Es ist aber durch nichts zu rechtfertigen, wenn der Staat diese soziale Leistung nur einem Teil der Bevölkerung gewährt, den Beamten, und nicht allen Bürgern. Deshalb muss gefordert werden, dass entweder alle Eltern den Kinderzuschlag erhalten, oder dass er auch für Beamte gestrichen wird.

Der Wächterrat hat dagegen zum Thema Kinderzuschläge für Beamte in seinem Urteil vom 24. November 1998 festgestellt, dass die Kinderzuschläge nicht als Privileg anzusehen sind (BVerfGE 99, 300). Urteilen Sie selbst!

Berechnung des Schatteneinkommens

Für den verheirateten Beamten mit drei Kindern werden in den Schattentabellen die Familienzuschläge angesetzt, die sie aufgrund ihrer Besoldungsstufe erhalten. Für verheiratete Beamte mit drei Kindern im mittleren Dienst sind das 707 € brutto, für diejenigen im gehobenen und höheren Dienst sind es 713 € brutto. Bei den einfachen Beamten werden die Familienzuschläge aufgrund der unterschiedlichen Erhöhungsbeträge für jede Besoldungsstufe individuell errechnet.

Allerdings handelt es sich bei den Familienzuschlägen um Bruttobeträge, in den Schattentabellen werden jedoch Nettowerte angesetzt. Deshalb wird die auf die Familienzuschläge entfallende Einkommensteuer jeweils individuell für jede Besoldungsstufe herausgerechnet. Somit ist sichergestellt, dass tatsächlich nur die Netto-Familienzuschläge in die Berechnungen einfließen.

Für die spätere Berechnung des Pensions-Zuschlags ist noch zu berücksichtigen, dass der Ehegattenzuschlag auch die Pension entsprechend erhöht. Die Kinderzuschläge erhöhen die Pension in der Regel nicht, weil sie zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand in den meisten Fällen nicht mehr gewährt werden.

Das Schatteneinkommen für die Pension bezieht sich deshalb auf die Bruttobesoldung zuzüglich des Brutto-Ehegattenzuschlags.

Krankenversicherung und Beihilfe

Undurchsichtige Subventionen

Die Krankheitskosten von Beamten werden zu 50 % bis 80 % als sogenannte Beihilfe vom Steuerzahler getragen. Lediglich gegen das Restrisiko in Höhe von 20 % bis 50 % der Krankheitskosten muss der Beamte sich privat versichern.

Gegen die Existenz von privaten Krankenversicherungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber es muss einen fairen Wettbewerb geben. Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Privaten nicht subventionieren. Die derzeitige Rechtslage benachteiligt die gesetzlich Krankenversicherten, das sind überwiegend Arbeitnehmer, deren Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt, jedoch mehrfach:

Erstens, weil Beamte sich, unabhängig vom Einkommen, privat versichern dürfen, und es in aller Regel dann auch tun, weil es günstiger für sie ist. Die Privatkassen verfügen damit über eine hohe Zahl zahlungskräftiger Mitglieder, die niemals arbeitslos werden und niemals Sozialfälle. Die Mühseligen und Beladenen müssen von den gesetzlichen Kassen durchgeschleppt werden. Wenn dagegen auch Beamte, die weniger als die Beitragsbemessungsgrenze verdienen, pflichtversichert in den gesetzlichen Kassen wären, könnten deren Beiträge, aufgrund der dann günstigeren Mitgliederstruktur, gesenkt werden.

Und zweitens knöpfen Ärzte Privatversicherten in der Regel das 2,3-fache dessen ab, was sie gesetzlich Versicherten berechnen. Die Behandlung Privatversicherter ist also teurer. Die Beihilfe jedoch, die 50 % bis 80 % der Krankheitskosten von Beamten übernimmt, wird aus Steuermitteln finanziert, und damit ganz überwiegend von den pflichtversicherten Arbeitnehmern. Arbeitnehmer werden hier im Vergleich zu Beamten also doppelt geschröpft. Wenn die ärztliche Behandlung eines Arbeitnehmers 100 € kostet, so kostet die gleiche Behandlung für den Beamten 230 €. Anders formuliert: Jedes Mal, wenn ein Beamter sich behandeln lässt, legt der Steuerzahler auf die Behandlungskosten noch einmal 130 % oben drauf.

Nochmals andersherum gerechnet: Die Krankheitskosten für Beamte, für den Steuerzahler, würden um 57 % sinken, wenn es die Beihilfe nicht gäbe und Ärzte auch für Beamte nur den einfachen Gebührensatz abrechnen dürften.

Wenn es erforderlich ist, Ärzte zu subventionieren, dann sollte das offen und transparent geschehen, durch direkte Einkommenszuschüsse, aber nicht klammheimlich über das Beihilferecht.

Solche undurchsichtigen Quersubventionierungen müssen abgeschafft werden. Deshalb ist zu fordern, dass erstens auch Beamte mit einem Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze gesetzlich pflichtversichert sind (das wäre auch kein Verstoß gegen die »hergebrachten Grundsätze« des Beamtentums und ohne Verfassungsänderung möglich), und dass die Beihilfe auch nur die Gebührensätze zahlt, die die gesetzlichen Krankenkassen für ihre Versicherten zahlen. Diese Maßnahmen wären einfach, unbürokratisch, gerecht und würden zu erheblichen Einsparungen führen.

Wie absurd diese Subventionierung ist, wird einem klar, wenn man sich auf ein Gedankenexperiment einlässt: Angenommen, Ärzte dürften bei Beamten, allgemein bei Privatpatienten, nicht den 2,3fachen Gebührensatz abrechnen, sondern nur den einfachen Satz wie bei Kassenpatienten – würde auch nur irgendjemand dieses als falsch empfinden, als einen Mangel, einen Fehler im System, den man beseitigen muss? Nein. Wer in einer solchen Situation vorschlagen würde, dass die Behandlungskosten für Beamte erhöht werden sollen, der würde bestenfalls ignoriert werden.

Und auch in der jetzigen Ist-Situation fordert ja niemand, dass der Gebührensatz für Privatversicherte vom 2,3fachen erhöht werden soll, auf das 2,7fache etwa oder auf das Vierfache. Solche Forderungen wären aus der Luft gegriffen und hätten keine Grundlage.

Warum aber sollte ausgerechnet der 2,3fache Satz der »richtige« sein? Dieser Satz ist historisch so gewachsen, das ist seine einzige Rechtfertigung. Aber alte Zöpfe kann man – und muss man dann auch – abschneiden, wenn sie für die Gesamtgesellschaft nur mit Nachteilen verbunden sind. Und die Subventionierung von Ärzten, Beamten und privaten Krankenkassen durch die Arbeitnehmer ist ein schwerwiegender Mangel in unserem Gesundheitssystem.

Ganze Kliniken, ganze Bäder leben vom Beihilferecht. Sie haben sich auf Beamte spezialisiert und bieten ihnen maßgeschneiderte, beihilfekonforme Programme an. Wenn es das Beihilferecht nicht mehr gibt, dann werden diese Kliniken und Bäder ernste Probleme bekommen, einige werden sterben. Aber wäre das ein Schade? Nein, das wäre es nicht. Denn es ist keine Aufgabe der Allgemeinheit, unwirtschaftliche Strukturen am Leben zu erhalten.

Krankenversicherungsprämien

Die Beihilfe für Beamte ist Ländersache. Die Regelungen unterscheiden sich deshalb von Bundesland zu Bundesland in den Details. In einigen Ländern sind die Vorschriften eher rigide, in anderen eher großzügig. Aber grundsätzlich gilt: Der Beamte als Beihilfeberechtigter selbst erhält 50 % seiner Krankheitskosten ersetzt, der Ehegatte in der Regel 70 %, die Kinder 80 %. Ab zwei Kindern erhöht sich der Beihilfesatz für den Beihilfeberechtigten selbst von 50 % auf 70 %. Der Beihilfesatz für Pensionäre beträgt 70 %.

Arbeitnehmer und Rentner zahlen dagegen inzwischen unter Berücksichtigung des individuellen Zusatzbeitrages der gesetzlichen Krankenkassen 53 % der Beiträge aus eigener Tasche; der Arbeitgeber zahlt 47 %.

Die prozentualen Anteile an den Krankheitskosten, die Arbeitnehmer und Rentner sowie Beamte und Pensionäre zu zahlen haben, unterscheiden sich stark. Diese Ungleichbehandlung lässt sich nicht rechtfertigen. Eine Harmonisierung ist dringend erforderlich.

Kostenlose Heilfürsorge

Im Bund und in den meisten Bundesländern erhalten Polizisten keine Beihilfe, sondern eine andere Unterstützung: die freie Heilfürsorge. Bei Soldaten heißt sie truppenärztliche Versorgung. Diese Unterstützungsleistungen im Krankheitsfall betragen nicht 50 oder 70 % wie bei der Beihilfe, sondern 100 %. Bei Berufskrankheiten und Dienstunfällen ist das nachvollziehbar; die 100 % werden aber auch gezahlt bei Unfällen und Krankheiten, die der Beamte im privaten Bereich erleidet. Sein Eigenanteil ist null.

Die kostenlose Heilfürsorge lässt sich ebenfalls nicht rechtfertigen. Sie muss abgeschafft werden. Möglich ist das: In Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin, Thüringen, Brandenburg und dem Saarland wurde die Heilfürsorge bereits gestrichen. Auch für Polizisten gelten dort nun die Beihilfevorschriften wie für alle Beamten. Für den Eigenanteil der Krankheitskosten, der von der Beihilfe nicht abgedeckt wird, müssen sie sich nun selbst privat versichern. Der Bund und die übrigen Bundesländer sind nun aufgefordert, diesen Beispielen zu folgen.

Bessere Leistungen der Beihilfe

Arbeitnehmer sind gesetzlich pflichtversichert, wenn sie weniger als 50.850 € im Jahr verdienen. Wer in einer gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert ist und mehr als diese 50.850 € (Beitragsbemessungsgrenze) verdient, darf dennoch erst in die private Krankenversicherung wechseln, wenn er länger als ein Jahr lang mehr als 56.250 € (Versicherungspflichtgrenze) verdient.

Für Beamte gelten diese Grenzen nicht. Beamte sind nicht verpflichtet, sich in einer gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Sie dürfen sich unabhängig von Einkommensgrenzen privat versichern. Sie dürfen sich aber auch gesetzlich versichern, wenn sie es denn wollen. Tatsächlich sind Beamte jedoch praktisch alle privat versichert. Das Wahlrecht, sich auch gesetzlich versichern zu dürfen, nimmt kaum jemand in Anspruch, denn die Beiträge in der privaten Versicherung sind durchweg günstiger und die Leistungen besser als in der gesetzlichen Versicherung.

50 % bis 80 % der Krankheitskosten von Beamten werden jedoch von der Beihilfe gezahlt, also vom Steuerzahler. Der Beamte muss nur noch das Restrisiko in Höhe von 20 % bis 50 % selbst absichern. Wenn der Beihilfesatz 50 % beträgt, entspricht das theoretisch dem Arbeitgeberanteil, den Arbeitnehmer zu ihrer Krankenversicherung bekommen. Allerdings beträgt der Beihilfesatz eben häufig gar nicht 50 %, sondern bis zu 80 %, bei der Heilfürsorge sogar 100 %. Und andererseits beträgt der Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung des Arbeitnehmers seit einiger Zeit tatsächlich nicht mehr 50 %, sondern nur noch etwa 47 %, da der individuelle Zusatzbeitrag der Krankenkassen alleine von den Arbeitnehmern getragen wird.

Dazu kommt noch, dass die Beiträge zu den privaten Krankenversicherungen deutlich günstiger sind als diejenigen zu den gesetzlichen. Das liegt daran, dass die Mühseligen und Beladenen, diejenigen, die wirklich Geld kosten und wenig einzahlen, keine Chance haben, sich privat zu versichern. Sie »belasten« die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Mitglieder, die Arbeitnehmer. Diese »Problemfälle« werden also von den Nicht-Beamten mit durchgezogen. Die Beamten in der Privatversicherung sind fein raus. Es ist also ein handfester finanzieller Vorteil, privat versichert zu sein. Kosten, die eigentlich von der Allgemeinheit getragen werden müssten, werden nur von einem Teil der Bevölkerung bezahlt, eben von den Nicht-Beamten.

Für Arbeitnehmer und Rentner beträgt der Krankenkassenbeitragssatz ab Januar 2015 15,5 %, davon zahlt der Arbeitgeber bzw. die Rentenkasse 7,3 %. Ein Durchschnittsverdiener mit einem Bruttogehalt in Höhe von 3.500 € trägt damit eine Beitragslast von 543 €, davon zahlt 255 € der Arbeitgeber, sein Eigenanteil beträgt also 292 €. Beamte zahlen im Durchschnitt etwa 200 € für ihre private Krankenversicherung (Eigenanteil), der Rest wird von der Beihilfe gezahlt.

Und schließlich sind auch die Leistungen der Beihilfe und der entsprechenden beihilfekonformen Tarife der privaten Krankenversicherungen besser als diejenigen der gesetzlichen Krankenkassen:

Im ambulanten Bereich werden etwa die Kosten für Naturheilverfahren oder Heilpraktiker übernommen; im stationären Bereich kann man Chefarztbehandlung oder Ein- bzw. Zweibettzimmer beanspruchen; Arzneimittel erhält man ohne Rezeptgebühren (Zuzahlungen).

Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen in aller Regel nicht für Behandlungen im Ausland – die Beihilfe zahlt. Für Zahnersatz zahlen die gesetzlichen Krankenkassen nur noch geringe Festzuschüsse in Höhe von 50 % der »notwendigen« Leistungen. Auf den übrigen 50 % bleibt der gesetzlich Versicherte sitzen, wenn er keine Zusatzversicherung abgeschlossen hat. Beihilfe und beihilfekonformer Tarif in der privaten Krankenversicherung decken dagegen sämtliche Kosten ab.

Und diese besseren Leistungen werden eben zu 50 % bis 80 % vom Steuerzahler gezahlt, und das auch noch in der Regel mit dem 2,3fachen Gebührensatz.

Am Vernünftigsten ist es, die Beihilfe abzuschaffen, und auch Beamte gesetzlich zu versichern. Solange das aber politisch nicht durchsetzbar ist, sollte zumindest der Leistungskatalog der Beihilfe an denjenigen der gesetzlichen Krankenkassen angepasst werden. Es ist nicht einzusehen, weshalb gesetzlich Krankenversicherte teure Zusatzversicherungen abschließen müssen, wenn sie genauso gut versorgt werden möchten wie Beamte. Darüber hinaus sollte der Gebührensatz, den Ärzte für Beamte abrechnen dürfen, vom 2,3fachen auf das Einfache gesenkt werden – im Interesse des Steuerzahlers.

Sonderbeitrag für Zahnersatz

Ab dem 1. Juli 2005 wurde durch die Gesundheitsreform ein Sonderbeitrag für Zahnersatz für Arbeitnehmer (und Rentner) in Höhe von 0,9 % eingeführt. Dieser Sonderbeitrag wird nicht zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen, sondern alleine vom Arbeitnehmer. Damit wurde für Arbeitnehmer das Prinzip aufgegeben, dass die Beiträge zur Krankenversicherung je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden. Zusammen mit den Zuzahlungsregeln für Medikamente zahlten die Arbeitnehmer jetzt insgesamt sogar etwa 55 % ihrer Krankheitskosten und die Arbeitgeber etwa 45 %. Die Begründung dafür lautete, dass jeder seine Zahngesundheit selbst erhalten kann, durch gute Pflege und regelmäßige Zahnarztbesuche. Auf die Beihilfe wurde diese »Reform« nicht übertragen. Beamte erhalten nach wie vor 50 % bis 80 % ihrer Krankheitskosten vom Steuerzahler ersetzt.

Dieser Sonderbeitrag wurde zum 1. Januar 2015 zwar abgeschafft, dafür dürfen die gesetzlichen Krankenkassen aber einen individuellen Zusatzbeitrag erheben, der ebenfalls nur von den Arbeitnehmern getragen wird. Bei den meisten großen Krankenkassen betrug der Zusatzbeitrag ebenfalls 0,9 %. Hier hat das Kind nur einen anderen Namen bekommen. Ab Januar 2016 beträgt der Zusatzbeitrag bei den meisten Krankenkassen sogar 1,1 %.

Vorfinanzierung der Krankheitskosten

Ein Arbeitnehmer, der beispielsweise mit 20 Jahren beginnt, Krankenkassenbeiträge zu zahlen, und mit 30 Jahren das erste Mal den Arzt aufsucht, hat damit seine Krankheitskosten zehn Jahre lang vorfinanziert.

In der Lebensphase der aktiven Tätigkeit sind die Krankheitskosten eher gering. Die höchsten Kosten fallen im höheren Lebensalter an. Gleichzeitig werden dann, von den Rentnern, die niedrigsten Beiträge bezahlt.