Belinda Sheriff - Sandra Sommer - E-Book

Belinda Sheriff E-Book

Sandra Sommer

4,9

Beschreibung

Der zehnjährige Leo Schulze ist ein einsames, mutloses und frustriertes Einzelkind. Er hat keine Freunde und keine Hobbies. Sein Leben ist langweilig, auch in den Ferien. Normalerweise! Dieses Jahr ist da auf einmal Belinda Sheriff. Sie ist ein waschechtes Cowgirl, hat ihr Pferd ´Betty Lou´ mitgebracht und benimmt sich äußerst seltsam. Leos Eltern finden sie fürchterlich, aber die beiden freunden sich trotzdem an und erleben allerhand Geschichten. Als Leo zum x-ten Mal die Gaunereien des verhassten Nachbarsjungen ausbaden muss, platzt Belinda der Kragen und die beiden nehmen sich vor, es ihm und seiner Bande heimzuzahlen. Natürlich mit Erfolg! Auch für Leo persönlich, der endlich merkt, was in ihm steckt …

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Seitenzahl: 70

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für

Juli und Silas

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

1

In unserem Dorf ist es ziemlich grau. Es fahren viele Autos durch die engen Straßen. Meistens ist es laut. Immer sind Leute unterwegs.

Die Häuser haben nur ganz kleine Vorgärten. Einige Leute bringen es sogar fertig, diese mit Kies aufzufüllen, anstatt sie zu bepflanzen. Darüber könnte ich mich unglaublich aufregen.

Die alte Frau Trapper von schräg gegenüber, die hat schöne Pflanzen in ihrem Garten. Auf einer kleinen Rasenfläche steht sogar ein Baum. Und unter diesem Baum stand an irgendeinem Tag in den Ferien auf einmal ein Pferd.

Ich rieb mir die Augen, als ich das Tier durch unser Küchenfenster entdeckte. Weil ich eben erst aufgestanden war, dachte ich, ich sei noch nicht ganz wach. Vielleicht träumte ich ja noch ein bisschen. Aber ich konnte so viel reiben, wie ich wollte. Das Pferd blieb dort stehen, mit einem Strick an den Baum gebunden. Es war braun –weiß gescheckt und die dunkelbraune Mähne war zum Teil zu dünnen Zöpfen geflochten.

„Mama!“, rief ich. „Mama, komm schnell!“

Als niemand antwortete, fiel mir ein, dass meine Eltern um diese Zeit ja beide schon bei der Arbeit sein mussten. Also zog ich mir schnell was an, um der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Als ich aber draußen ankam, war das Pferd weg.

„Das gibt´s doch nicht!“, dachte ich. Verwirrt stand ich da und starrte auf den Rasen. War ich vielleicht verrückt geworden?

„Das kommt davon.“, sagte ich zu mir selber. Die ganzen Ferien über hatte ich Langeweile. Das war immer so. Ich war halt ein langweiliger Typ. Darum interessierte sich auch niemand besonders für mich. Aber das war auch egal, weil ich mich auch nicht besonders für andere interessierte. Außer natürlich für Anna! Anna war das schönste Mädchen in meiner Klasse. Wahrscheinlich war sie sogar das schönste Mädchen der Welt. Sie hatte diese süße Stubsnase und wunderschönes, blondgelocktes Haar. Bei jeder ihrer Bewegungen wippte es sanft mit. Natürlich interessierte sich auch Anna nicht für mich, aber ich war schon glücklich, wenn ich sie nur ansehen konnte. Wenn doch nur die blöden Ferien endlich vorbei wären.

„Hee, Schulze!“, rief da jemand von hinten und riss mich damit aus meinen Gedanken.

„Haste ein Gespenst gesehen, oder warum guckst du so dämlich?“

Oh nein. Das war Tom von gegenüber. Ich hasste diesen Kerl. Er war bestimmt schon fünfzehn, ging aber immer noch in die sechste Klasse. Er kam sich trotzdem ganz toll vor. Sein großer, schlaksiger Körper steckte meistens in dreckigen Klamotten. Die schmierigen, schwarzen Haare waren fest nach hinten gegelt. Tom war auch zu erwachsenen Leuten rotzfrech und machte ständig Ärger. Außerdem nannte er mich immer beim Nachnamen. Das hasste ich auch. Naja und ehrlich gesagt, hatte ich auch Angst vor ihm.

Also sagte ich lieber gar nichts und ging zurück zu unserem Haus. Erst langsam, dann schneller und dann rannte ich und schlug die Tür hinter mir zu.

Als mein Herz nicht mehr raste, fing ich an, den Tisch abzuräumen. Ich putze mir die Zähne und kämmte dann die Haare. Nach einer Weile sah ich wieder zufällig durchs Fenster, da stand dort doch tatsächlich schon wieder dieses Pferd.

„Spinn ich?“, dachte ich und flitzte so schnell ich konnte wieder zu Frau Trappers Vorgarten. Vor dem kleinen Bretterzaun hielt ich an und sah mich um. Es war niemand weiter zu sehen. Doch! Da wackelte die Gardine hinter dem Fenster. Vielleicht wurde ich auch beobachtet? Das wäre natürlich peinlich. Womöglich machte jemand einen dämlichen Scherz mit mir und machte sich über mich lustig. Ich bemühte mich, möglichst unbeeindruckt wieder in unserem Haus zu verschwinden, um dann, wie der Blitz zum Küchenfenster zu stürzen. Diesmal war das Pferd noch da und ich würde jetzt hier sitzen bleiben, bis ich herausfand, was es damit auf sich hatte. Ich holte mir Salzstangen und ein Glas Limonade und machte es mir auf meinem Beobachtungsposten am Küchenfenster bequem.

Leider passierte gar nichts mehr, bis meine Mutter nach Hause kam.

„Leo, pack deine Tasche, du musst gleich zum Training!“, rief sie schon von Weitem.

Ach ja, Mist! Das Fußballtraining! Hatte ich fast vergessen und außerdem fand ich das blöd. In der Mannschaft waren fast nur Leute aus meiner Schule. Die spielten auch auf dem Schulhof zusammen und nach der Schule auf dem Bolzplatz. Ich war nicht gut im Fußball. Eigentlich konnte ich es gar nicht. Deshalb ließen die anderen mich auch nie mitspielen. Natürlich hielten sie auch nicht viel davon, dass ich in ihrer Mannschaft spielte. Ich selber fand die Idee ja auch blöd, aber meine Eltern meinten, das wäre sicher gut für mich und meine soziale Entwicklung. Was auch immer das war. In Wirklichkeit war das Einzige, was ich beim Training lernte, die Einsicht, dass ich weder Fußball, noch sonst irgendeinen Sport jemals beherrschen würde. Aber da ich sowieso nichts Anderes zu tun hatte und keinen Ärger mit meinen Eltern wollte, ging ich halt hin.

„Ich bringe dich mit dem Auto. Ich muss sowieso in die Stadt.“, meinte meine Mutter und verschwand im Bad.

Meine Tasche war schnell gepackt und so wartete ich vor dem Haus auf sie. Ich saß auf dem Bordstein. Etwas Wind kam auf und blies einzelne kleine Wolken vor die Sonne. Ich versuchte sie solange zu verfolgen, bis sie über unser Haus hinweg gezogen waren. Ich musste mich etwas verrenken, um den Wolken nachzusehen. Also legte ich mich lang auf den Rücken. So lag ich also auf dem Bürgersteig, als ausgerechnet Anna mit ihrer Mutter vorbeikam.

„Mein Gott, Kind! Geht´s dir nicht gut?“, fragte Annas Mutter erschrocken und beugte sich zu mir herunter.

„Was? Äh, doch! Klar! Alles ok!“, stammelte ich und schämte mich zu Tode.

„Also sowas!“, schimpfte Annas Mutter. „Damit macht man keine Scherze. Ich dachte, dir wäre was passiert.

Unverschämt!“. Damit lief sie weiter und zog Anna hinter sich her, die sich ein Kichern nicht verkneifen konnte.

Na das war ja wieder super! Aber ich war ja leider daran gewöhnt, in jeden Fettnapf zu treten. Da konnte ich mich auch über solche Peinlichkeiten nicht mehr großartig aufregen. Ich setzte mich wieder auf und hasste mich halt dafür, dass ich so ein Versager war.

Nach einer Weile polterte meine Mutter eilig die Treppe herunter und schlug die Haustür hinter sich zu.

“Was ist das denn?“, rief sie schrill als sie das Pferd bei Frau Trapper entdeckte. „Wo kommt denn der Gaul her?“

Ich zuckte die Schultern. Jetzt standen wir beide vor dem Bretterzaun und starrten das Pferd an.

„Das ist Betty Lou und sie gehört zu mir!“, hörten wir jemanden sagen und drehten uns um. Ein Mädchen kam auf uns zu. Es musste so neun, vielleicht zehn Jahre alt gewesen sein. Also ungefähr so alt wie ich es war. Sie trug eine seltsame Hose, zum Teil aus Leder und an den Beinen baumelten lederne Fransen.

Dazu klapperten abgewetzte Stiefel an ihren Füßen und ein Cowboyhut hing ihr tief im Gesicht. Darunter lächelte sie freundlich, sodass wir eine lustige, große Lücke zwischen den Schneidezähnen blitzen sahen. Darin wiederum steckte ein Grashalm, an dem sie schmatzend kaute und dabei sagte sie mit einem komischen Akzent: „Hi, ich bin Belinda Sheriff! Ich wohne jetzt ne Zeit bei meiner Oma.“ „Hi!“, sagte meine Mutter und drückte mich in ihr Auto. Hastig stieg sie vorne ein und fuhr los.

„Was war das denn für eine Verrückte? Hoffentlich bleibt sie nicht zu lange hier.“, meinte meine Mutter unterwegs, aber ich ärgerte mich, dass ich kein Wort über die Lippen gebracht hatte. Bestimmt hielt Belinda mich jetzt auch für einen blöden Langeweiler, wie Anna und die Jungs in der Schule.

2

Am nächsten Tag schlief ich bis zum späten Vormittag und als ich wieder allein beim Frühstück saß, sah ich, wie Belinda mit einem großen Eimer aus der Haustür kam und ihr Pferd Betty Lou tränkte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, lief schnell aus dem Haus und ging auf sie zu.

„Hi!“, sagte ich. Mehr fiel mir nicht ein. Nie fiel mir in solchen Momenten etwas ein. Ich hasste das!

„Du bist Schulze.“ Belinda lächelte wieder freundlich. „Das habe ich schon mitbekommen.“

„Eigentlich heiße ich Leo. Leo Schulze.“