Bettgeflüster - Carole Mortimer - E-Book

Bettgeflüster E-Book

Carole Mortimer

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Beschreibung

Harriet findet es unmöglich, was der aparte Banker Quinn McBride über ihren Freund behauptet! Und als er sie dann auch noch küsst, müsste sie eigentlich mit einer schallenden Ohrfeige darauf reagieren. Doch was macht sie? Sie genießt den Kuss, wie nichts je zu zuvor …

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Seitenzahl: 195

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IMPRESSUM

Bettgeflüster erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© by Caroline Mortimer Originaltitel: „To Have a Husband” erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1499 - 2003 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Karin Weiss

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733777944

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

„Was muss ich tun, um eine große, schöne und dunkelhaarige Frau kennenzulernen?“

Das ist eine seltsame Bemerkung, dachte Harriet verblüfft. Nachdem sie den ganzen Nachmittag in dem kleinen Zelt verbracht hatte, hatte sie sich gefreut, endlich etwas Zeit für einen Tee zu haben. Doch dieser attraktive Fremde irritierte sie so sehr, dass sie sich vor lauter Nervosität die heiße Flüssigkeit über die Hand schüttete.

„Sie sind doch die Gypsy Rosa, oder?“, fragte er spöttisch, als sie nicht antwortete.

Du liebe Zeit, natürlich spiele ich hier die Wahrsagerin, dachte sie und betrachtete ihr Outfit. Normalerweise trug sie keine knöchellangen geblümten Röcke und viel zu tief ausgeschnittene weiße Blusen. Auch ihr Make-up war sonst viel dezenter. Sie hatte die Lippen grellrot geschminkt und die Nägel in demselben Rot lackiert. Ihr Haar war unter einem roten Schal verborgen, und an ihren Ohren baumelten goldene Creolen.

Glücklicherweise verbreitete die kleine Lampe nur ein gedämpftes Licht in dem engen Zelt, in dem es viel zu heiß war an diesem verregneten Nachmittag im Juni. Harriet hoffte, dass niemand sie in der Verkleidung erkannte.

Auf den Sommerfesten in den Jahren zuvor hatte ihre Schwester Andie immer die Gypsy Rosa gespielt. Doch an diesem Morgen war Andie mit einer Grippe aufgewacht und hatte Harriet gebeten, für sie einzuspringen. Da offenbar alle Dorfbewohner mit anderen Aufgaben voll ausgelastet waren, hatte Harriet widerstrebend eingewilligt.

Harriet war sich ganz sicher, dass sie den Mann noch nie gesehen hatte. Er war attraktiv, groß und dunkelhaarig, und er schien muskulös zu sein.

„Setzen Sie sich doch.“ Sie wies auf den Sessel ihr gegenüber. Dann stellte sie den Becher neben sich ins Gras und wischte sich unter dem kleinen Tisch verstohlen die Hand, über die sie sich den Tee geschüttet hatte, an ihrem Rock ab.

Nachdem der Fremde sich hingesetzt hatte, konnte sie erkennen, dass er hellgraue oder hellblaue Augen hatte. Seine Gesichtszüge wirkten streng, sein Kinn energisch. Sein eleganter dunkler Anzug und das weiße Hemd ließen darauf schließen, dass er nicht vorgehabt hatte, an diesem Nachmittag auf ein Dorffest zu gehen.

„Es hat wieder angefangen zu regen“, stellte er fest und zog leicht verächtlich die Augenbrauen hoch.

Ah ja, sonst wäre er sicher nicht zu mir ins Zelt gekommen, sagte sie sich leicht belustigt. Der Mann war wenigstens ehrlich.

„Am Eingang des Zeltes steht, was Sie tun müssen, damit ich Ihnen die Zukunft voraussage“, beantwortete sie schließlich seine erste Frage. „Es kostet ein Pfund.“

Der Mann holte eine Münze aus der Tasche und legte sie mitten auf den Tisch.

„Reichen Sie sie mir bitte“, forderte sie ihn auf.

Er zog die Augenbrauen noch höher und reichte ihr das Geld. Sie nahm es an, legte es wieder auf den Tisch und umfasste seine Hand. Dann drehte sie sie um und betrachtete sie.

Sie hatte keine Ahnung vom Handlesen, doch im Lauf des Nachmittags hatte sie die Erfahrung gemacht, dass die Hände sehr viel über einen Menschen aussagten. Die sehr gepflegte Hand des Fremden ließ darauf schließen, dass er nicht körperlich arbeitete. Er schien nicht verheiratet zu sein, denn er trug keinen Ehering. Andererseits konnte sie sich vorstellen, dass er es grundsätzlich ablehnte, sich durch irgendwelche Äußerlichkeit einengen zu lassen.

Jetzt musste sie versuchen herauszufinden, was er von Beruf war. Nach dem eleganten Anzug und dem Seidenhemd zu urteilen, hatte er viel Geld. Er hatte das sichere, selbstbewusste und gewandte Auftreten eines außerordentlich erfolgreichen Geschäftsmannes. Was er auf dem Sommerfest dieses kleinen Ortes machte, war ihr ein Rätsel.

Oder gab es dafür eine ganz einfache Erklärung? Harriet hatte eine Idee. Sie beugte sich über seine Hand und runzelte die Stirn, als wäre ihr etwas aufgefallen. „Sie werden jemandem begegnen, sehr bald sogar“, sagte sie leise.

„Dieser großen, schönen Frau?“, fragte er spöttisch.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es scheint ein Mann zu sein, den Sie noch nicht kennen“, fuhr sie fort und spürte, wie angespannt er plötzlich war.

„Und?“, wollte er wissen.

Ja, und was jetzt? überlegte sie. Sie hatte eine bestimmte Vorstellung, wer dieser Mann sein könnte. Aus seiner Reaktion schloss sie, dass sie vielleicht recht hatte. Sie hörte den Regen auf das Zelt prasseln und hatte auf einmal das Gefühl, es würde nur noch sie beide, diesen Mann und sie, geben. Die ganze Welt da draußen schien unendlich weit weg zu sein. Irgendwie verstand sie sich selbst nicht mehr.

In dem Moment wurde die Zeltklappe zurückgeschlagen, und eine junge Frau, die wie eine nasse Katze aussah mit dem roten Haar, das ihr am Kopf klebte, stand im Eingang.

Sie warf dem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu. „Da sind Sie ja. Ich habe Sie überall gesucht.“

Der Mann entzog Harriet langsam die Hand und stand auf. „Okay, jetzt haben Sie mich gefunden“, antwortete er ruhig und sah die Frau kühl an.

Die Frau nickte. „Ich wollte Sie ins Haus bringen.“ Sie deutete auf den Regenschirm in ihrer Hand, den sie offenbar vergessen hatte aufzuspannen, sonst wäre sie nicht so nass geworden. „Natürlich nur, wenn Sie hier fertig sind“, fügte sie verächtlich hinzu.

Der Mann blickte Harriet belustigt an. Seine Augen waren aquamarinblau, wie sie jetzt bei Tageslicht erkennen konnte. „Ja, ich glaube, wir sind fertig“, erklärte er.

Dabei hatten wir gerade erst angefangen, dachte sie mit leichtem Bedauern. Doch da sie ihm sonst nichts hätte sagen können und nur improvisiert hätte, war sie ganz froh, dass sie unterbrochen worden waren.

Sie stand auf und reichte ihm die Münze. „Nehmen Sie sie wieder mit. Ich habe Ihnen ja nichts über Ihre Zukunft gesagt.“

Er neigte den Kopf, als wollte er ihr zustimmen, machte jedoch keine Anstalten, das Geld zurückzunehmen. „Behalten Sie es. Es ist für einen guten Zweck bestimmt.“

Harriet war überrascht, dass er es wusste. „Danke.“ Sie legte die Münze zu dem anderen Geld, das sie an diesem Nachmittag eingenommen hatte.

„Wir können gehen“, wandte der Mann sich an die junge Frau mit dem roten Haar, die ihre Ungeduld kaum verbergen konnte. Sie spannte den Schirm auf und ließ den Mann vor sich her aus dem Zelt gehen.

Oje, dachte Harriet und sah hinter den beiden her, wie sie über den nassen Rasen auf das Haus zuliefen. Aus dem Benehmen ihrer Schwester Danie schloss sie, dass sie sich an diesem Nachmittag nicht zum ersten Mal über den Mann geärgert hatte.

Und das war kein gutes Omen für das Meeting, das gleich stattfinden sollte.

Es wurde Zeit für Harriet, sich umzuziehen und wieder sie selbst zu sein. Sie hatte lange genug die Gypsy Rosa gespielt.

1. KAPITEL

Quinn saß im Sessel und trommelte mit den Fingern ungeduldig auf die Lehne. Er war es leid, auf den Gastgeber zu warten. Gleich nach seiner Landung mit dem Hubschrauber auf dem gepflegten Rasen hinter dem beeindruckenden Herrenhaus hatte man ihn informiert, dass Jerome Summer aufgehalten worden sei und wahrscheinlich erst im Lauf des Nachmittags zurückkommen würde.

Quinn ärgerte sich über die unbestimmte Zeitangabe. Jerome oder Rome Summer, wie er genannt wurde, war natürlich ein viel beschäftigter Mann. Deshalb fand das Meeting auch an einem Samstag statt. Aber Quinns Zeit war genauso kostbar, und er hatte nicht vorgehabt, sie auf einem Dorffest zu verschwenden.

Er konnte sich nicht erinnern, jemals so einen langweiligen Nachmittag verbracht zu haben. Nur die Wahrsagerin hatte ihm gefallen. Es hätte interessant werden können. Doch ehe sie sich überhaupt richtig hatten unterhalten können, waren sie von dieser rothaarigen jungen Frau, die er insgeheim mit einer Hexe verglich, gestört worden.

Und jetzt saß er schon fünfzehn Minuten im Wohnzimmer des Herrenhauses, und Jerome Summer war immer noch nicht aufgetaucht. Dafür hatte man ihm wenigstens Tee und Sandwiches serviert.

Ich warte noch fünf Minuten, nahm er sich vor. Dann würde er sich nach London zurückfliegen lassen. Natürlich wäre damit das Problem, das er mit Jerome Summer hatte besprechen wollen, nicht gelöst. Doch Quinn hatte keine Lust mehr, sich noch länger so behandeln zu lassen, als könnte man mit ihm machen, was man wollte.

In dem Moment wurde die Tür hinter ihm geöffnet. „Ah, mein lieber Mr McBride, es tut mir leid, dass Sie warten mussten!“, ertönte eine männliche Stimme.

Jerome Summer kam herein. Quinn kannte ihn von den Fotos in den verschiedenen Zeitschriften, die Jeromes Verlag herausbrachte. Außerdem wurde er ab und zu auf den Wirtschaftsseiten der Tageszeitungen abgebildet und zitiert, wenn er wieder einmal ein Geschäft erfolgreich abgeschlossen hatte. Er war groß und hatte blondes Haar. Obwohl er ungefähr Mitte fünfzig war, wirkte er sehr jugendlich. Der Mann strahlte Kraft und Stärke aus und besaß Charisma.

Er lächelte freundlich, während Quinn langsam aufstand. „Tut mir leid, es gab Probleme hier auf dem Gut“, entschuldigte Rome sich noch einmal und reichte Quinn die Hand.

Quinn verhandelte nie mit einem Gegner, ohne sich zuvor über ihn zu erkundigen. Deshalb wusste er, dass Jerome Summer das riesige Landgut vor etwa zwanzig Jahren gekauft hatte, zu dem das Haus, ein Wildpark und beinah die Hälfte der Cottages im Dorf gehörten. Er war seit mehreren Jahren Witwer und lebte mit seinen drei Töchtern in dem Herrenhaus.

Jerome Summer war ein Selfmademan. Als jüngster Sohn eines Landarztes hatte er in dreißig Jahren ein Firmenimperium aufgebaut und war jetzt, mit vierundfünfzig, einer der reichsten und mächtigsten Männer Englands. Entsprechend selbstbewusst und sicher trat er auch auf.

Er konnte es sich erlauben, Quinn stundenlang warten zu lassen. Wahrscheinlich hatte auch er Erkundigungen über Quinn McBride eingezogen, der die Aktienmehrheit einer der größten und renommiertesten Londoner Banken besaß und Aufsichtsratsvorsitzender war.

„Wenigstens hat man Ihnen Tee serviert.“ Jerome Summer wies auf das Tablett auf dem Tisch. Dann nahm er sich die andere Tasse, die man ihm offenbar hingestellt hatte, und schenkte sich auch einen Tee ein.

„Er ist wahrscheinlich kalt“, erklärte Quinn.

„Glauben Sie mir, im Lauf der Jahre habe ich mich daran gewöhnt, Tee und Kaffee auch kalt zu trinken“, antwortete Jerome Summer lächelnd. Und wie um zu beweisen, dass es ihm völlig egal sei, trank er einen großen Schluck des lauwarmen Getränks.

Quinn wurde wieder ungeduldig. Er war hier, weil er mit dem Mann etwas Wichtiges besprechen wollte. Doch wenn Jerome Summer so tat, als wäre er, Quinn, nur zum Tee und zum Plaudern gekommen, könnte es schwierig werden, das Thema anzuschneiden, um das es ihm ging.

„Mr Summer …“

„Nennen Sie mich Rome“, unterbrach ihn der andere Mann und ließ sich in einen Sessel sinken. „Setzen Sie sich doch, mein Lieber. Es macht mich ganz nervös, wenn ich zu Ihnen aufblicken muss.“ Er lachte leise.

Quinn kniff die Augen zusammen. „Das bezweifle ich sehr, Rome. So etwas macht Sie nicht nervös“, erwiderte er. Er ließ sich nicht täuschen. Seit zehn Jahren leitete er die Bank und verfügte mit seinen neununddreißig Jahren über eine gute Menschenkenntnis.

Jerome Summer lächelte immer noch. „Vielleicht haben Sie recht“, sagte er leicht belustigt. „Aber tun Sie mir bitte trotzdem den Gefallen.“ Er wies auf den Sessel ihm gegenüber.

Dieser Mann ist es nicht gewöhnt, dass es jemand wagt, ihm eine Bitte abzuschlagen, dachte Quinn, während er sich hinsetzte. „Ich muss unbedingt mit Ihnen reden, Rome. Die Sache ist …“

„Können wir noch einige Minuten warten, Quinn?“, fragte Jerome. „Mein … Rechtsanwalt wird jeden Moment eintreffen.“

Quinn runzelte die Stirn und versteifte sich. „Hat Ihnen Ihre Sekretärin nicht mitgeteilt, dass ich Sie in einer rein persönlichen Angelegenheit sprechen will?“ Verdammt, dazu brauchen wir doch keinen Rechtsanwalt, fügte Quinn insgeheim hinzu.

„Natürlich hat sie mir das gesagt, mein Lieber. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, nur in Anwesenheit eines Rechtsanwalts zu verhandeln“, antwortete Jerome Summer hart. „Ich kann Ihnen versichern, dass Harrie absolut diskret ist“, fügte er hinzu. Dann beugte er sich vor und nahm sich eins der Sandwiches, die Quinn nicht angerührt hatte.

Quinns Miene wirkte grimmig. Es reichte ihm allmählich. Dieser Mann spielte offenbar Katz und Maus mit ihm. Das hatte er schon befürchtet, als man ihm vorgeschlagen hatte, er könne Jerome Summer am Wochenende privat treffen, wenn es so dringend sei. Jetzt wünschte Quinn, er wäre nicht so ungeduldig gewesen und hätte gewartet, bis der andere Mann Zeit für eine Unterredung in seinem Bürohaus in London gehabt hätte. Er gestand sich jedoch ein, dass weder er noch Corinne so viel Zeit hatten.

Bei so einem intelligenten und scharfsinnigen Gegner durfte er sich keinen Fehler erlauben, das war Quinn klar. Er atmete tief ein und entspannte sich. „In diesem Fall verschwenden Sie nur die Zeit Ihres Rechtsanwalts, das kann ich Ihnen versichern“, erwiderte er.

Rome Summer zuckte die Schultern. „Das macht nichts“, antwortete er freundlich.

In dem Moment wurde die Tür hinter Quinn geöffnet. Rome stand mit strahlender Miene auf und durchquerte den Raum.

„Es tut mir leid, dass ich mich verspätet habe. Ich bin aufgehalten worden“, ertönte eine weibliche Stimme.

Eine Frau, dachte Quinn und stand auch auf. Und dann erblickte er die schönste Frau, der er jemals begegnet war.

Sie hatte langes, gelocktes schwarzes Haar. Ihre großen grünen Augen wurden von dichten schwarzen Wimpern umrahmt, und ihre Haut war so fein wie Magnolienblüten. Er musste selbst lächeln über den Vergleich, der ihm spontan eingefallen war. Sie hatte wunderschön geschwungene Lippen, auf die sie rotes Lipgloss aufgetragen hatte. Ihre Hände waren schlank und feingliedrig und die Fingernägel perfekt lackiert. Sie war groß und schlank, trug ein elegantes graues Kostüm und eine weiße Seidenbluse, und der knielange Rock betonte ihre langen Beine.

Verwundert sah Quinn zu, wie Rome Summer die Hände dieser Frau nahm und die Frau auf die Wange küsste. Plötzlich begriff er alles und zog die Augenbrauen hoch. Offenbar hatte Rome Summer auch ein Privatleben. Warum auch nicht? Er war seit mindestens zehn Jahren verwitwet und immer noch ein attraktiver Mann. Quinn wünschte nur, Romes Freundin – sie musste seine Freundin sein, auch wenn sie mindestens dreißig Jahre jünger war als er – wäre erst nach dem Meeting gekommen. Es gefiel ihm nicht, dass er das Problem nicht mit Rome unter vier Augen besprechen konnte.

Rome legte der Frau den Arm um die Schulter und dirigierte sie lächelnd durch das Zimmer. „Ich möchte dir Quinn McBride vorstellen, Liebling.“

Die Frau ist nicht nur ungemein schön, sie bewegt sich auch noch traumhaft geschmeidig, dachte Quinn leicht verächtlich. Ihm war klar, dass für Rome Summer nur das Beste gut genug war, deshalb war es kein Wunder, dass auch seine Partnerin absolut perfekt wirkte.

„Mr McBride“, begrüßte ihn die Frau mit ihrer heiseren Stimme und blieb vor ihm stehen.

Er betrachtete ihre schlanken Hände und nahm den dezenten Duft ihres Parfüms wahr. Irgendwie kam es ihm bekannt vor, doch momentan hatte er keine Zeit zu überlegen, woher.

Eines wusste er jedoch genau: Er hatte die Frau noch nie zuvor gesehen, denn es war völlig unmöglich, so eine Frau zu vergessen.

Er nahm ihre Hand und verspürte plötzlich ein seltsames Kribbeln. Geht es ihr genauso? fragte er sich. Sie erwiderte seinen Blick jedoch kühl und gelassen.

Sie ist schön, aber kalt wie Eis, stellte Quinn insgeheim fest und versuchte, seine viel zu heftige Reaktion auf diese Frau zu ignorieren. Er wandte sich an Rome Summer. „Ich muss heute Abend unbedingt noch nach London zurückfliegen“, erklärte er bestimmt.

„Kein Problem“, antwortete Rome und bedeutete Quinn mit einer Handbewegung, sich wieder zu setzen. „Schießen Sie los“, forderte er ihn freundlich auf, nachdem er sich neben die junge Frau aufs Sofa gesetzt hatte.

Quinn warf ihr einen fragenden Blick zu. Okay, am Wochenende erlaubte Rome sich offenbar, ein Privatleben zu haben. Aber er konnte nicht davon ausgehen, dass er, Quinn, bereit war, die Angelegenheit in Anwesenheit von Rome Summers Freundin zu besprechen.

„Wie ich bereits erklärt habe, geht es um etwas sehr Persönliches“, begann er angespannt.

„Ich habe Ihnen doch versichert, dass Harrie alles streng vertraulich behandeln wird.“ Rome blickte Quinn herausfordernd an.

In seiner jahrelangen Tätigkeit als Banker hatte Quinn gelernt, sich perfekt zu beherrschen und sich nie eine Blöße zu geben. Deshalb merkte man ihm seine Verblüffung nicht an.

Harrie! schoss es ihm durch den Kopf. Die Frau, die Rome Summer offenbar sehr gut kannte, war der Rechtsanwalt, von dem er gesprochen hatte. Warum hatte er nicht erwähnt, dass es eine Rechtsanwältin war? Quinn betrachtete die Frau mit ganz anderen Augen. Sie sah in dem eleganten Kostüm und der Bluse aus wie eine Karrierefrau, und sie strahlte Kompetenz und Selbstbewusstsein aus. Wie auch immer ihre Beziehung zu dem älteren Mann sein mochte, sie war momentan vor allem seine juristische Beraterin. Wahrscheinlich ist sie sogar eine sehr gute, dachte Quinn, obwohl er nicht hätte erklären können, wie er zu der Einschätzung kam.

„Ja, das glaube ich Ihnen. Dennoch möchte ich wiederholen, dass es sich um eine sehr private Angelegenheit handelt, bei der die Anwesenheit eines Rechtsanwalts nicht erforderlich ist“, entgegnete er hart.

Es gefiel ihm nicht, dass er die Situation nicht beherrschte. Er war auf Rome Summers guten Willen angewiesen. Jedenfalls würde er seine Bitte nicht in Anwesenheit einer dritten Person vortragen, schon gar nicht im Beisein dieser Rechtsanwältin, die offenbar zugleich Rome Summers Geliebte war.

„Quinn – ich darf Sie doch so nennen, oder?“ Harrie sah ihn an und zog fragend eine Augenbraue hoch.

Er nickte kurz. Eine förmliche Anrede wäre in dieser Situation vielleicht angebrachter gewesen, aber andererseits lag ihm viel daran, die Atmosphäre etwas aufzulockern.

Sie lächelte und zeigte dabei ihre wunderschönen weißen Zähne. „Okay, Quinn, wäre es nicht am besten, Sie erzählten Rome, was Ihr Problem ist, ohne auf mich zu achten? Tun Sie so, als wäre ich gar nicht da“, schlug sie freundlich vor.

Du liebe Zeit, so eine ungemein attraktive Frau kann man doch nicht ignorieren, dachte er. „Wieso glauben Sie, dass ich ein Problem habe, Harrie?“ Er sah sie herausfordernd an.

Sie blinzelte kurz, und Quinn war sich sicher, dass er sie irritiert hatte. Doch die kurze Befriedigung darüber verschwand rasch wieder. Es gab wirklich ein Problem, auch wenn es ihn nicht unmittelbar betraf. Weiß etwa Rome Summer schon ganz genau, warum ich hier bin? überlegte er. Es würde ihn nicht überraschen.

Harrie zuckte die Schultern. „Hatten Sie nicht Romes Sekretärin gegenüber so etwas erwähnt, als Sie den Termin vereinbart haben?“

Er erinnerte sich daran, wie bereitwillig ihm Romes Sekretärin am Tag zuvor geholfen hatte. Es stimmte, er hatte es erwähnt, sonst hätte er niemals so kurzfristig einen Termin bekommen. Dann musste er lächeln, als ihm bewusst wurde, dass die schöne Harrie seiner Frage geschickt ausgewichen war.

Was für ein arroganter Kerl, dachte Harrie. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern sah Quinn McBride kühl und gelassen an.

Als sie hereingekommen war, hatte er sie ungeniert von oben bis unten gemustert und sie wahrscheinlich für Romes Freundin gehalten. Natürlich hatte er sich bemüht, seine Überraschung zu verbergen, als Rome wie nebenbei erwähnt hatte, dass sie seine Rechtsanwältin sei. Sekundenlang war Quinn schockiert gewesen, das hatte ihr sein Blick verraten. Er hatte sich jedoch rasch wieder gefangen und seine Meinung über sie revidiert.

Auch jetzt war sein Urteil nicht gerade schmeichelhaft, wie sie sich eingestand. Er schien zu glauben, Rome würde das Geschäftliche mit dem Privaten vermischen. Andererseits spürte sie, dass er ihre Kompetenz nicht infrage stellte.

Wenn er Rome besser kennen würde, wäre ihm klar, dass er Geschäftliches und Privates stets auseinanderhielt. Manchmal verband er das eine mit dem anderen, doch er achtete stets darauf, dass es eine klare Trennung gab.

Rome hatte sie nach ihrer Ankunft informiert, dass an diesem Nachmittag ein Meeting mit dem Banker Quinn McBride stattfinden würde. Sie war jedoch genauso verblüfft gewesen wie Quinn, als sie erfuhr, dass sie daran teilnehmen sollte. Aber sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, denn sie wusste, dass Rome für alles, was er tat, einen guten Grund hatte.

Quinn McBride wandte sich schließlich ab und blickte den älteren Mann an. „Ich muss mich wohl mit der Situation abfinden“, stieß er hart hervor. „Ich möchte jedoch betonen, dass alles, was hier gesagt wird, streng vertraulich behandelt werden muss. Niemand darf etwas davon erfahren. Ich wiederhole, niemand!“

Harrie war empört. Natürlich würde sie alles vertraulich behandeln, immerhin war sie Rechtsanwältin!

„Darauf können Sie sich verlassen“, versicherte Rome ihm spöttisch und warf Harrie einen belustigten Blick zu.

Wenigstens einer, der Quinn McBrides Auftreten komisch findet, schoss es Harrie durch den Kopf. Sie fand es gar nicht komisch. Seit sie berufstätig war, hatte sie viele Männer wie ihn kennengelernt. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass sie nicht nur schön, sondern auch intelligent war. Normalerweise machte es ihr Spaß, solchen Männern zu beweisen, wie sehr sie sich täuschten. Doch dazu war die Atmosphäre momentan zu gespannt.

„Dem kann ich nur zustimmen“, sagte sie ruhig.

„Okay. Es geht um einen Ihrer Reporter, Rome, und um meine Schwester“, begann Quinn McBride mit finsterer Miene.

Harrie runzelte die Stirn. Sie glaubte nicht, dass Rome sich für die Privatangelegenheiten seiner Mitarbeiter beim Zeitungsverlag interessierte.

Sie schien recht zu haben, denn Rome antwortete: „Habe ich Sie richtig verstanden? Einer der Reporter, die für meine Zeitung schreiben, hat ein Verhältnis mit Ihrer Schwester, und Sie …?“

„Nein, natürlich nicht!“, unterbrach Quinn McBride ihn ärgerlich. „Darum geht es nicht. Meine Schwester ist mit einem Politiker verlobt. Aber dieser Reporter verfügt über gewisse Informationen, die die Vergangenheit meiner Schwester betreffen.“

„Und damit könnte er ihr schaden?“, fragte Rome. Es klang wie eine Feststellung.

Das war der Schlüssel zu Romes Erfolg. Er war freundlich und charmant, hatte aber auch einen scharfen Verstand und eine hervorragende Menschenkenntnis. Rome zu unterschätzen wäre ein fataler Fehler.

Diesen Fehler machte Quinn McBride nicht. So dumm war er bestimmt nicht. „Ja, er könnte ihr schaden“, antwortete er. „Unter normalen Umständen wäre es völlig unwichtig, doch …“

„Die Umstände sind nicht normal, stimmt’s?“, beendete Rome den Satz für ihn. „Ich vermute, Sie haben nur die eine Schwester, Quinn“, fügte er hinzu.

Das scheint er genau zu wissen, dachte Harrie und betrachtete Rome nachdenklich.

„Ja“, bestätigte Quinn hart. „Die Situation ist … zumindest heikel.“

„Ich verstehe Ihre Besorgnis, Quinn“, versicherte Rome ihm freundlich. „Aber ich weiß nicht, was ich für Sie tun kann. Zeitungen sind schließlich dazu da, Informationen zu verbreiten und die Wahrheit …“