Biester und Super-Biester - H.H. Munro (Saki) - E-Book

Biester und Super-Biester E-Book

H.H. Munro (SAKI)

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Beschreibung

Ausgewählte Kurzgeschichten aus dem Buch Biester und Super-Biester ('Beasts and Super-Beasts') von H.H. Munro (Saki), erschienen im Jahre 1914. Wie man vermuten könnte, geht es hier um wilde Tiere; dies ist aber nicht der Fall. Die 'Biester' sind menschlicher Natur - hinterhältig, gemein, zu bösen Scherzen aufgelegt. 19 Geschichten von insgesamt 36 aus dem Originalbuch. Sie sind über einen längeren Zeitraum als Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften erschienen, wie es damals so üblich war. Neben unterschiedlicher Qualität passen sie nicht alle so zusammen, als wären sie gleich mit der Absicht ein Buch zu schreiben verfasst worden - ein zusätzlicher Grund, das Volumen ein wenig einzuschränken. Auch der Titel verwirrt ein wenig. H-H- Munro hatte sich diesen als Parodie auf George Bernhard Shaws Werk 'Man and Superman' ausgedacht und ist auch da ein wenig 'großzügig' im Sinnzusammenhang. Es bleibt dennoch ein auf 'kleine Häppchen' verteiltes Lesevergnügen für zwischendurch.

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INHALT / Kapitel

Die Wölfin

Laura

Das Eberschwein

Brogue

Die Henne

Die offene Verandatür

Eine verdiente Pause

Der härteste Schlag

Die Fantasten

Das siebte Huhn

Der festgehaltene Ochse

Der perfekte Geschichtenerzähler

Eine besondere Art der Verteidigung

Schreibstreik

Namenstag

Die Rumpelkammer

Der Pelz

Ansichtssache

Im Originalbuch befinden sich insgesamt 36 Geschichten, von denen 19 ausgewählt wurden. Sie sind über einen längeren Zeitraum als Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften erschienen, wie es damals so üblich war. Neben der unterschiedlichen Qualität passen sie auch alle nicht so zusammen, als wären sie gleich mit der Absicht, ein Buch zu schreiben, verfasst worden – ein zusätzlicher Grund, das Volumen ein wenig einzuschränken.

DIE WÖLFIN

Leonard Bilsiter gehörte zu jenen Menschen, die diese Welt weder attraktiv noch interessant fanden und die ihren Ausgleich in einer 'unsichtbaren Welt' suchten, die ihrer eigenen Erfahrung oder Fantasie – oder Erfindung – entsprang.

Kinder tun dies mit Erfolg, aber Kinder begnügen sich damit, sich selbst zu überzeugen, und vulgarisieren ihre Überzeugungen nicht, indem sie versuchen, diese anderen als Wahrheit zu verkaufen. Die Überzeugungen von Leonard Bilsiter waren nur für 'wenige' bestimmt, d. h. für diejenigen, die ihm zuhören wollten.

Seine Beschäftigung mit dem Unheimlichen hätte ihn vielleicht nicht über die üblichen Plattitüden des Salonvisionärs hinausgebracht, wenn nicht der Zufall seinen Fundus an mystischen Überlieferungen verstärkt hätte. In Begleitung eines Freundes, der sich für ein Bergbauunternehmen im Ural interessierte, hatte er eine Reise durch Osteuropa unternommen, als der große russische Eisenbahnerstreik von einer bloßen Androhung zur Wirklichkeit wurde.

Der Ausbruch des Streiks erwischte ihn auf der Rückreise, irgendwo hinter Perm. Und während er einige Tage auf einem Bahnhof in einem Zustand völliger Passivität ausharren musste, machte er die Bekanntschaft eines Händlers für Geschirr und Metallwaren. Dieser vertrieb sich die Langeweile während des Aufenthalts damit, dass er seinen englischen Reisebegleiter ein diffuses Bild der Volkskunde vermittelte, das er von transbaikalischen Händlern und Einheimischen aufgeschnappt hatte.

Leonard kehrte in seine Heimat zurück und erzählte mit vielen Worten von seinen Erlebnissen während des russischen Streiks. Über die dunklen Geheimnisse, die er unter dem bezeichnenden Titel 'sibirische Magie' erzählte, hielt er sich jedoch sehr bedeckt.

Diese Zurückhaltung verflüchtigte sich jedoch sehr schnell – so etwa nach ein oder zwei Wochen – unter dem Einfluss eines völligen Desinteresses seiner Mitmenschen für seine anderweitigen Erlebnisse. Leonhard begann nun, deutlichere Andeutungen über die enormen Kräfte zu machen, die diese neue esoterische Kraft – um seine eigene Beschreibung zu verwenden – den wenigen Eingeweihten verlieh, die mit ihr umzugehen wussten.

Seine Tante Cecilia Hoops, die wilde Geschichten vielleicht mehr liebte als die Wahrheit, machte so lautstark Werbung für ihn, wie man es sich nur wünschen konnte.

Sie erzählte, wie er vor ihren Augen einen Markkürbis in eine hölzerne Taube verwandelt hatte. Diese Geschichte, die eigentlich als Manifestation für seinen Besitz übernatürlicher Kräfte gedacht war, wurde in manchen Kreisen eher mitleidig als Manifestation ihrer ausufernden Fantasie angesehen, auch wegen des 'Respekts', den man Mrs. Hoops in dieser Hinsicht entgegenbrachte,

Wie geteilt die Meinungen über Leonards Status als Wundermacher oder Scharlatan auch sein mochten, er kam auf jeden Fall mit dem Ruf zu Mary Hamptons Hausparty, in dem einen oder dem anderen dieser Bereiche eine herausragende Stellung einzunehmen, und er hatte auch keine Angst davor, die Öffentlichkeit zu suchen, die ihm zuteilwerden würde.

In allen Gesprächen, an denen er und seine Tante teilnahmen, spielten esoterische Kräfte und ungewöhnliche Mächte eine große Rolle, und seine eigenen Leistungen – vergangene und mögliche – waren stets Gegenstand geheimnisvoller Andeutungen.

»Ich wünschte, Sie würden mich in einen Wolf verwandeln, Mr. Bilsiter«, sagte seine Gastgeberin beim Mittagessen am Tag nach seiner Ankunft.

»Meine liebe Mary«, sagte ihr Mann, Colonel Hampton, »ich wusste nicht, dass du ein Verlangen in dieser Richtung hast.«

»Ich meine natürlich eine Wölfin«, fuhr Mrs. Hampton fort, »es würde wohl zu viel Verwirrung stiften, wenn man gleichzeitig die Spezies und das Geschlecht wechselt.«

»Ich glaube nicht, dass man bei solch einem Thema scherzen sollte«, sagte Leonard.

»Ich scherze nicht, ich meine es ganz ernst, das versichere ich Ihnen. Tun Sie es aber nicht heute, denn wir haben nur acht verfügbare Bridge-Spieler, und das würde einen unserer Tische sprengen. Morgen werden wir eine größere Gruppe sein. Morgen Abend, nach dem Essen – «

»Bei unserem derzeitigen, doch recht mangelhaften Verständnis dieser verborgenen Kräfte sollte man sich ihnen eher mit Demut als mit Spott nähern«, bemerkte Leonard mit einer solchen Strenge, dass das Thema sofort vom Tisch war.

Clovis Sangrail war während der Diskussion über die Möglichkeiten sibirischer Magie ungewöhnlich schweigsam gewesen, aber nach dem Mittagessen folgte er Lord Pabham in die größere Abgeschiedenheit des Billardzimmers und stellte ihm eine dringende Frage.

»Haben Sie so etwas wie eine Wölfin in Ihrer Sammlung wilder Tiere? Eine Wölfin mit einem halbwegs guten Charakter?«

Lord Pabham überlegte. »Da ist Louisa«, sagte er, »ein ziemlich schönes Exemplar eines Timberwolfs. Ich habe sie vor zwei Jahren im Tausch gegen einige Polarfüchse bekommen. Die meisten meiner Tiere werden ziemlich zahm, noch bevor sie lange bei mir sind, und ich glaube sagen zu können, dass Louisa ein geradezu engelhaftes Temperament hat, was Wölfinnen angeht. Warum wollen Sie das wissen?«

»Ich habe mich gefragt, ob Sie sie mir Loisa für morgen Abend überlassen würden«, sagte Clovis mit der Unbekümmertheit einer Person, die sich einen Kragenknopf oder einen Tennisschläger ausleiht.

»Morgen Abend?«, fragte Lord Pabham.

»Ja, das sollte kein Problem sein. Wölfe sind nachtaktive Tiere, die späte Stunde wird ihr also nichts ausmachen«, sagte Clovis mit der Miene eines Mannes, der an alles gedacht hat. »Einer ihrer Diener«, fuhr er fort, »könnte sie nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Pabham-Park herbringen, und mit etwas Hilfe sollte es ihm gelingen, sie in dem Moment in den Wintergarten zu schmuggeln, wenn Mary Hampton gerade unbemerkt verschwindet.«

Lord Pabham starrte Clovis einen Moment lang verwirrt an, dann überzogen Lachfalten sein Gesicht: »Oh, das ist also Ihr Spiel, ja? Sie wollen auf eigene Faust ein wenig sibirische Magie praktizieren. Und ist Mrs. Hampton bereit, Ihre Mitverschwörerin zu sein?«

»Mary hat sich bereit erklärt, mir dabei zu helfen, wenn Sie für Louisas zahmes Gemüt garantieren.«

»Ich werde für Louisas Verhalten einstehen«, sagte Lord Pabham.

Am nächsten Tag hatte sich die Gesellschaft des Hauses durch weitere Gäste vergrößert, und Bilsiters Instinkt für Selbstdarstellung wurde durch die Stimulanz eines größeren Publikums entsprechend gefördert. Beim Abendessen sprach er ausführlich über unsichtbare Kräfte und unerprobte Mächte, und sein beeindruckender Redefluss hielt unvermindert an, während im Salon Kaffee serviert wurde, um den allgemeinen Umzug ins Kartenspiel-Zimmer vorzubereiten, und seine Tante sorgte dafür, dass man seinen Ausführungen mit großem Respekt folgte, aber ihre sensationslüsterne Seele sehnte sich nach etwas Dramatischerem als einer rein sprachlich vorgetragenen Demonstration: »Willst du nicht etwas tun, um sie von deinen Kräften zu überzeugen, Leonard«, flehte sie, »etwas in eine andere Form verwandeln? Er kann es, wenn er nur will«, teilte sie der 'staunenden' Gesellschaft mit.

»Oh bitte, bitte tun Sie das«, sagte Mavis Pellington leidenschaftlich, und fast alle Anwesenden schlossen sich ihrer Bitte an. Selbst diejenigen, die nicht überzeugt waren, zeigten sich durchaus bereit, sich von einer Vorführung von Amateurzauberei unterhalten zu lassen.

Leonard spürte, dass man nun etwas Handfestes von ihm erwartete: »Hat jemand von den Anwesenden«, fragte er, »ein Dreipennystück oder einen kleinen Gegenstand ohne besonderen Wert?«

»Sie wollen doch nicht etwa Münzen verschwinden lassen oder so etwas Primitives in dieser Art tun?«, sagte Clovis verächtlich.

»Ich finde es sehr unfreundlich von Ihnen, dass Sie meinen Vorschlag, mich in einen Wolf zu verwandeln, nicht annehmen«, sagte Mary Hampton, als sie in den Wintergarten ging, um ihren bunten Aras den üblichen Tribut von den Desserttellern zu bringen.

»Ich hatte Sie bereits vor der Gefahr gewarnt, diese Kräfte spöttisch zu behandeln«, sagte Leonard feierlich.

»Ich glaube nicht, dass Sie das können«, lachte Mary provozierend aus dem Wintergarten heraus, »ich fordere Sie heraus, es zu tun, wenn Sie es können. Ich fordere Sie heraus, mich in einen Wolf zu verwandeln.«

Während sie das sagte, verschwand sie rasch hinter einem Azaleenbusch.

»Mrs. Hampton – «, begann Leonard mit zunehmender Feierlichkeit, aber er kam nicht weiter ... ein kalter Lufthauch schien durch den Raum zu wehen, und gleichzeitig brachen die Aras in ohrenbetäubendes Geschrei aus.

»Was um alles in der Welt ist mit diesen verdammten Vögeln los, Mary?«, rief Oberst Hampton ...

... und im selben Moment riss ein noch durchdringenderer Schrei von Mavis Pellington die gesamte Gesellschaft von ihren Sitzen.

In unterschiedlichen Posen, die hilfloses Entsetzen oder instinktive Abwehr signalisierten, standen sie dem grauen, bösartig dreinblickenden Tier gegenüber, das sie aus einer Kulisse aus Farnen und Azaleen anstarrte.

Mrs. Hoops war die Erste, die sich von dem allgemeinen Chaos des Schreckens und der Verwirrung erholte: »Leonard«, rief sie ihrem Neffen schrill zu, »verwandle ihn sofort wieder in Mrs. Hampton! Er kann jeden Moment auf uns zu rennen. Bring das wieder in Ordnung!«

»Ich – ich weiß nicht, wie«, stammelte Leonard, der noch ängstlicher und entsetzter aussah als alle anderen.

»Was!«, rief Colonel Hampton, »Sie haben sich die abscheuliche Freiheit heraus genommen, meine Frau in einen Wolf zu verwandeln, und jetzt stehen Sie da und sagen, Sie können sie nicht wieder zurückverwandeln!«

Entspanntheit schien in diesem Moment nicht gerade Leonards Markenzeichen zu sein. »Ich versichere Ihnen, ich habe Mrs. Hampton nicht in einen Wolf verwandelt. Nichts läge mir ferner«, protestierte er.

»Und wo ist sie dann, und wie kommt dieses Tier in den Wintergarten?«, fragte der Oberst.

»Natürlich müssen wir Ihre Versicherung zur Kenntnis nehmen, dass Sie Mrs. Hampton nicht in einen Wolf verwandelt haben«, sagte Clovis höflich, »aber Sie werden mir zustimmen, dass der Anschein gegen Sie spricht.«

»Sollten wir nicht aufhören, uns gegenseitig Vorwürfe zu machen, während diese Bestie da steht und uns in Stücke reißen will?«, empörte sich Mavis.

»Lord Pabham, Sie kennen sich doch gut mit wilden Tieren aus«, bemerkte Oberst Hampton.

»Die wilden Tiere, die ich bisher besaß«, sagte Lord Pabham, »kamen alle mit einem Zertifikat von bekannten Händlern zu mir, oder sie entstammten meiner eigenen Zucht. Ich muss allerdings erwähnen, dass ich noch nie einem solchen Tier begegnet bin, das unbekümmert aus einem Azaleenbusch herausspaziert und unsere reizende und allseits beliebte Gastgeberin unbehelligt lassen würde.«

»Soweit man es nach den äußeren Merkmalen beurteilen kann«, fuhr er fort, »hat es das Aussehen eines ausgewachsenen Weibchens von der Sorte des nordamerikanischen Tiberwolfs, einer Unterart des gemeinen canis lupus.«

»Ich bitte Sie! Wen interessiert hier der lateinische Name«, rief Mavis, als das Tier ein oder zwei Schritte weiter in den Raum gekommen war. »Kann man es nicht mit etwas Essbarem weglocken und dort einsperren, wo es keinen Schaden anrichten kann?«

»Wenn das die verwandelte Mrs. Hampton ist, die gerade ein sehr gutes Abendessen hatte, dann glaube ich nicht, dass die Wölfin auf Essen reagiert«, sagte Clovis.

»Leonard«, flehte Mrs. Hoops unter Tränen, »auch wenn du nichts damit zu tun hast, kannst du nicht deine großen Kräfte einsetzen, um dieses schreckliche Tier in etwas Harmloses zu verwandeln, bevor es uns alle beißt - in ein Kaninchen oder so etwas?«

»Ich nehme nicht an, dass Colonel Hampton daran interessiert ist, dass seine Frau nacheinander in eine Reihe seltsamer Tiere verwandelt wird, als ob wir ein Spiel mit ihr spielen würden«, warf Clovis ein.

»Ich verbiete es auf jeden Fall«, donnerte der Colonel.

»Die meisten Wölfe, mit denen ich zu tun hatte, hatten sich viel aus Zucker gemacht«, sagte Lord Pabham, »wenn Sie wollen, probiere ich die Wirkung an diesem Exemplar aus.«

Er nahm ein Stück Zucker von der Untertasse seines Kaffees und warf es der erwartungsvollen Louisa zu, die es aus der Luft schnappte.

Ein Aufatmen ging durch die Runde. Ein zuckerfressender Wolf, der zumindest schon die Papageien zerrissen haben könnte, hatte bereits einen Teil seines Schreckens verloren.

Die Seufzer vertieften sich in ein dankbares Aufatmen, als Lord Pabham das Tier mit einer vorgetäuschten Großzügigkeit von weiterem Zucker aus dem Zimmer lockte.

Sofort eilten alle in den Wintergarten, aber von Mrs. Hampton fehlte jede Spur. Die Teller mit den Leckereien für die Aras, die am Leben waren, standen noch da.

»Die Tür ist von innen verschlossen!«, rief Clovis, der den Schlüssel mit geschickten Fingern im Schloss bewegte, um es zu testen.

Alle Gesichter drehten sich zu Bilsiter hin.

»Wenn Sie meine Frau nicht in einen Wolf verwandelt haben«, sagte Colonel Hampton, »würden Sie mir dann freundlicherweise erklären, wohin sie verschwunden ist, da sie offensichtlich nicht durch eine verschlossene Tür gegangen sein kann?«

»Ich werde Sie nicht um eine Erklärung bitten, wie ein nordamerikanischer Timberwolf plötzlich im Wintergarten aufgetaucht ist, aber ich denke, ich habe ein gewisses Recht, zu erfahren, was mit Mrs. Hampton geschehen ist.«

Bilsiters erneutes Verneinen, dafür verantwortlich zu sein, wurde mit einem allgemeinen Gemurmel ungeduldigen Unglaubens quittiert.

»Ich weigere mich, noch weiterer unter diesem Dach zu bleiben«, erklärte Mavis Pellington. »Wenn unsere Gastgeberin wirklich ihrer menschlichen Gestalt beraubt wurde«, sagte Mrs. Hoops, »kann wohl keine der Damen der Gesellschaft hierbleiben. Ich lehne es strikt ab, von einem Wolf bewirtet zu werden!«

»Es ist eine Wölfin«, sagte Clovis beschwichtigend.

Die unter diesen ungewöhnlichen Umständen zu beachtende Etikette, mit einer Wölfin als Gastgeberin, wurde nicht weiter erörtert, da das plötzliche Erscheinen von Mary Hampton der Diskussion die Grundlage entzog.

»Jemand hat mich hypnotisiert«, sagte sie wütend. »Ich bin ausgerechnet in der Futterstation gelandet, wo Lord Pabham mich mit Zucker gefüttert hat. Ich hasse es, hypnotisiert zu werden, und außerdem hat mir der Arzt verboten, Zucker anzurühren.«

Man versuchte, ihr die Situation zu erklären, soweit es überhaupt etwas gab, das man als eine Erklärung bezeichnen konnte.

»Dann haben Sie mich wirklich in einen Wolf verwandelt, Mr. Bilsiter?«, rief sie aufgeregt aus.

Aber Leonard hatte bereits das Boot zerstört, mit dem er nun in ein Meer von Ruhm hätte treiben können. Er konnte nur hilflos den Kopf schütteln.

»Ich war es, ich habe mir diese Freiheit genommen«, sagte Clovis, »denn ich habe einige Jahre im Nordosten Russlands gelebt und bin mit der Magie dieser Region mehr als nur vertraut.«

»Man spricht nicht gern über diese seltsamen Kräfte, aber wenn man hört, wie viel Unsinn darüber verbreitet wird, ist man versucht zu zeigen, was die sibirische Magie in den Händen eines Menschen bewirken kann, der sie wirklich versteht, und ich konnte dieser Versuchung einfach nicht widerstehen«.

»Könnte ich jetzt bitte einen Brandy haben? Die Anstrengung hat mich ziemlich geschwächt.«

Wenn es in diesem Moment für Leonard Bilsiter möglich gewesen wäre, Clovis in eine Kakerlake zu verwandeln, um dann auf ihn zu treten, hätte er gerne beides getan.

LAURA

»Du stirbst doch nicht wirklich, oder?«, fragte Amanda.

»Der Arzt meint, dass ich noch bis Dienstag lebe«, sagte Laura.

»Aber heute ist Samstag. Ich meine das ernst«, keuchte Amanda.

»Ich weiß nicht, ob es ernst ist, aber es stimmt, das heute Samstag ist«, sagte Laura.

»Der Tod ist immer ernst«, sagte Amanda.

»Ich habe nie gesagt, dass ich ganz sterben werde. Ich werde wahrscheinlich aufhören, Laura zu sein, aber ich werde weiter etwas anderes sein. Eine Art von Tier nehme ich an. Weißt du, wenn man in dem Leben, das man gerade gelebt hat, nicht sehr gut war, wird man in einem niedrigeren Organismus wiedergeboren. Und ich war nicht sehr gut, wenn man mal darüber nachdenkt. Ich war kleinlich und gemein und rachsüchtig und all so etwas, wenn die Umstände es zu rechtfertigen schienen.«

»Die Umstände rechtfertigen so etwas nie«, sagte Amanda hastig.

»Wenn du mir die Bemerkung verzeihst«, sagte Laura, »Egbert ist ein Umstand, der so etwas rechtfertigen würde. Du bist mit ihm verheiratet, das ist etwas anderes; du hast geschworen, ihn zu lieben, zu ehren und zu ertragen, aber ich habe es nicht getan.«

»Ich weiß nicht, was an Egbert falsch sein soll«, protestierte Amanda.

»Oh, ich glaube, dass das Fehlverhalten auf meiner Seite lag«, gab Laura leidenschaftslos zu, »er war nur der mildernde Umstand. Er hat zum Beispiel ein kleines, zickiges Theater gemacht, als ich neulich mit den Collie-Welpen vom Bauernhof spazieren ging.«

»Sie haben die jungen Küken seiner gesprenkelten Sussex-Hühner gejagt und zwei brütende Hennen aus ihren Nestern vertrieben. Außerdem rannten sie über die ganzen Blumenbeete hinweg. Du weißt ja, wie sehr er an seinem Geflügel und seinem Garten hängt.«

»Wie auch immer. Jedenfalls hätte er nicht den ganzen Abend darüber reden sollen, um dann zu sagen: »Lassen wir das Thema«, gerade als ich anfing, die Diskussion zu genießen. Da kam eine meiner kleinen Racheaktionen ins Spiel«, fügte Laura mit einem unschuldigen Kichern hinzu. »Am Tag nach dem Vorfall mit den Welpen habe ich die gesamte Familie der gesprenkelten Sussex-Hühner in seinen Saatgut-Schuppen gebracht.«

»Wie konntest du nur machen?«, rief Amanda aus.

»Es war ganz einfach«, sagte Laura. »Sogar als zwei der Hühner so taten, als würden sie gerade Eier legen, habe ich mich davon abbringen lassen.«

»Und wir haben gedacht, es wäre nur ein Missgeschick gewesen!«, sagte Amanda.

»Siehst du«, fuhr Laura fort, »ich habe wirklich Grund zu der Annahme, dass meine nächste Inkarnation in einem niederen Organismus stattfinden wird. Ich werde eine Art von Tier sein. Andererseits war ich auf meine Art kein schlechter Mensch, also denke ich, dass ich ein nettes Tier sein werde, etwas Elegantes und Lebendiges, mit einer Vorliebe für Spaß. Vielleicht ein Otter.«

»Ich kann mir dich nicht als Otter vorstellen«, sagte Amanda.

»Dann kannst du dir mich wohl auch nicht als Engel vorstellen, wenn es so weit ist«, sagte Laura.

Amanda schwieg – sie konnte es wirklich nicht.

»Ich persönlich denke, dass ein Leben als Otter sehr angenehm wäre«, fuhr Laura fort. »Ich könnte das ganze Jahr über ich Lachs essen und hätte die Genugtuung, die Forellen in ihrem eigenen Element zu fangen, ohne stundenlang warten zu müssen, bis sie sich dazu herablassen, auf die Fliege zu gehen, die man vor ihnen ein einer Schnur vor die Nase hält. Und eine elegante, schlanke Figur hätte ich auch noch – «

»Denk an die Otterhunde«, unterbrach sie Amanda, »und wie schrecklich ist es, gejagt und gequält und schließlich zu Tode gezerrt zu werden!«

»Das ist ein ziemlicher Spaß, wenn die halbe Nachbarschaft zuschaut, und auf jeden Fall nicht schlimmer als dieses Leben von Samstag auf Dienstag, das ich noch habe, und wo man ganz langsam stirbt. Ich würde dann in etwas anderes übergehen. Wenn ich ein mäßig guter Otter gewesen war, würde ich wohl wieder eine menschliche Gestalt annehmen; wahrscheinlich etwas ziemlich Primitives – ein kleiner brauner, nackter nubischer Junge, könnte ich mir vorstellen.«

»Ich wünschte, du würdest ernst bleiben«, seufzte Amanda, »das solltest du wirklich, wenn du nur noch bis Dienstag zu leben hast.«

Doch, so wie es war, starb Laura schon am Montag.

»Das ist furchtbar ärgerlich«, beklagte sich Amanda bei Sir Lulworth Quayne, ihrem Schwiegeronkel. »Ich hatte für heute schon eine Menge Leute zum Golfen und Angeln eingeladen, und die Rhododendren sehen gerade so gut aus.«

»Laura war schon immer rücksichtslos«, sagte Sir Lulworth, »sie wurde während der Goodwood-Rennwochen geboren, gerade als einer der Vertreter im Haus weilte, der Babys hasste.«

»Sie hatte immer die verrücktesten Ideen«, sagte Amanda, »weißt du, ob es in ihrer Familie Geisteskrankheiten gab?«

»Geisteskrankheit? Nein, davon habe ich noch nie gehört. Ihr Vater wohnt zwar im verrückten West Kensington, aber ich glaube, er ist sonst ganz normal.«

»Sie hatte die Vorstellung, dass sie als Otter wiedergeboren wird«, sagte Amanda.