Blumen machen's auch nicht besser - Anne Jacobsson - E-Book

Blumen machen's auch nicht besser E-Book

Anne Jacobsson

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Beschreibung

Flora und Adrian beendeten erfolgreich ihr Studium und beabsichtigen sich eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Doch die momentan unvorhersehbaren wirtschaftlichen Zukunftsaussichten geben Flora zu denken und sie verabschiedet sich, von der einst angestrebten Selbstständigkeit als Landschaftsarchitektin. Stattdessen sattelt sie kurzerhand um und macht zusätzlich eine Ausbildung als Floristin. Nach erfolgreichem Abschluss eröffnet sie einen Blumenladen. Doch konnte sie nicht ahnen, dass ein Blumengeschäft nicht nur eine Verkaufsinsel ist, um wunderschöne Blumen an glückliche Kunden zu vertreiben. Nein, sie übernimmt vermehrt den Part eines Seelenberaters, doch diese unerwartete Teilhabe an persönlichen Schicksalen, geht ihr mitunter sehr nahe. Als eines Tages ein gewaltiger Betrug an Frauen durch Romance-Scammer, dem Liebesbetrug im Internet, ausgerechnet ihre Freundin Isa betrifft und weitere Täuschungen ihr enges Umfeld erschüttert, wird Floras Blumenoase kurzerhand der Mittelpunkt krimineller Recherchen. Die Angelegenheiten werden sprunghaft, pikanter und undurchsichtiger. Doch professionelle Hilfe kommt von Uwe, Floras Vermieter und ehemaliger Kriminalbeamter, der weitere sachkundige Unterstützung erhält. Die Straftäter werden schlussendlich nicht nur vor Ort verfolgt, denn es ist eine größere, grenzüberschreitende Aktion geboten. Werden sie diesen Kriminellen das Handwerk legen können?

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Anne Jacobsson

Blumen machen's auch nicht besser

Flora und Adrian beendeten ihr Studium. Sie sieht aber in ihrem Beruf keine Chance und eröffnet einen Blumenladen. Ihr Geschäft entwickelt sich nicht nur als Verkaufsinsel, es wird für sie zunehmend ein Seelenberater Job. Doch dabei bleibt es nicht, es werden unerwartet Betrügereien aufgedeckt.

Inhaltsverzeichnis

Unsere Familien

Ein Umzug und andere Schwierigkeiten

Neues Auto, neues Glück

Blumen und Lebensgeschichten

Romance-Scammer – Liebesbetrug im Internet

Leitern und Lampen

Ein Krimi im Blumenladen

Musikalische Liebeserklärungen

Istanbul

Ein Schuss – ein Baby

Die Gewissheit

Ein Abschied zum Nachdenken

Impressum

Scand Torg AB

Flora und Adrian beendeten erfolgreich ihr Studium und beabsichtigen sich eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Doch die momentan unvorhersehbaren wirtschaftlichen Zukunftsaussichten geben Flora zu denken und sie verabschiedet sich, von der einst angestrebten Selbstständigkeit als Landschaftsarchitektin. Stattdessen sattelt sie kurzerhand um und hängt eine Ausbildung als Floristin an. Nach erfolgreichem Abschluss eröffnet sie einen Blumenladen. Doch konnte sie nicht ahnen, dass ein Blumengeschäft nicht nur eine Verkaufsinsel ist, um wunderschöne Blumen an glückliche Kunden zu vertreiben. Nein, sie übernimmt vermehrt den Part eines Seelenberaters, doch diese unerwartete Teilhabe an persönlichen Schicksalen, geht ihr mitunter sehr nahe. Als eines Tages ein gewaltiger Betrug an Frauen durch Romance-Scammer, dem Liebesbetrug im Internet, ausgerechnet ihre Freundin Isa betrifft und weitere Täuschungen ihr enges Umfeld erschüttert, wird Floras Blumenoase kurzerhand der Mittelpunkt krimineller Recherchen. Die Angelegenheiten werden sprunghaft, pikanter und undurchsichtiger. Doch professionelle Hilfe kommt von Uwe, Floras Vermieter und ehemaliger Kriminalbeamter, der weitere sachkundige Unterstützung erhält. Die Straftäter werden schlussendlich nicht nur vor Ort verfolgt, denn es ist eine größere, grenzüberschreitende Aktion geboten. Werden sie diesen Kriminellen das Handwerk legen können?

Anne Jacobsson

Blumen machen’s auch nicht besser

ROMAN

Originalausgabe

Auflage Juli 2024

©2024 Scand Torg AB

All rights reserved

Lektorat: Michael Thomas

[email protected]

Klövervägen 3

37692 Ringamåla – Svängsta

Sweden

ISBN 978-91-531-1143-6

Unsere Familien

Drei Jahre büffele ich bereits für mein Studium und da ich jede Semesterferien im Umkreis Freising bei der Firma Kobler-Landschaftsarchitektur arbeite, kommen mir Zweifel, ob das die richtige Wahl ist. Jetzt kurz vor meinem Abschluss hadere ich mit meiner damaligen Entscheidung. Es geht mir gar nicht um den Beruf an sich, sondern die Tatsache, dass bei der großen Anzahl Kunden, die von der Firma Kobler bedient werden, es häufig zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Nicht nur, dass die Planungen vielfach über den Haufen geworfen werden, obwohl man mindestens drei Sitzungen vorab hatte, sondern die Art und Weise wie geringschätzig die Kunden letztlich auf die Vorschläge und Ausarbeitungen reagieren. Früher, sagte mein Chef Andreas Kobler, waren die Kunden glücklich und froh, wenn wir ihnen drei Vorschläge unterbreiteten. Spätestens nach zwei Tagen wurde ein Angebot akzeptiert und wir konnten die Arbeiten ungehindert durchziehen. Heutzutage werden die Aufträge, nachdem alles bereits unterzeichnet wurde, kurzerhand geändert und wenn man ganz viel Pech hat storniert. Besonders unerfreulich sind Bestellungen der öffentlichen Hand, sprich Spielplätze, Parks oder Grünanlagen an öffentlichen Gebäuden. Wir arbeiten die Vorschläge aus, sitzen zusammen und haben mindestens drei weitere Besprechungen und wenn es dann auch dem letzten Sesselpupser gefällt wird der Vertrag abgezeichnet. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Auftrag so zustande kommt. Weit gefehlt, spätestens dann, wenn der erste Rechnungs-Abschlag fällig wird, geht es von vorn los. Plötzlich ist das Grün zu viel, die Gestaltung zu aufwändig, der Brunnen noch zu teuer und so weiter.

Ich habe mich während meines Studiums mehr auf Gartengestaltung gelegt, weil mir die Planung eines Gartens viel mehr Freude bereitet. Als ich noch am Beginn meiner Ausbildung war, gab es Hilfestellung, aber ich hatte mich rasch mit den baulichen und gestalterischen Möglichkeiten einer Anlage angefreundet und meiner Fantasie waren im Großen und Ganzen keine Grenzen gesetzt. Zumindest war es vor ein paar Jahren so. Die meisten Bauherren waren Privatleute und ihr Haus oder die Villa sollte mit einer passenden Gartengestaltung perfekt werden. Jeder einzelne Garten wurde von mir mit Herzblut geplant und ich scheute mich nicht eine Menge Stunden zu investieren, die sie nicht einmal in Rechnung gestellt bekamen. Ja, das war so, damals. Aber heute ist alles anders. Die Bauherren, falls es überhaupt noch jemand wagt ein Haus zu bauen, bei den Kosten und Auflagen, sind finanziell rasant erschöpft. Die Kostensteigerungen lassen ihnen wenig Möglichkeiten, den Garten professionell anlegen zu lassen. Für mich bedeutet dies, dass meine Idee mich selbstständig zu machen, so wie ich es geplant hatte, mehr und mehr mit Fragezeichen versehen ist. Eigentlich war meine Vorstellung perfekt überlegt. Meine Eltern besitzen eine große Gärtnerei und ich dachte, mit meinem Abschluss als Landschaftsarchitektin kann ich mich in dieses Business einbringen. So eine Art Win-win-Situation. Meinen Arbeitsplatz wollte ich in die Gärtnerei integrieren, um somit alle Pflanzen für die Gartengestaltung gleich vor Ort aussuchen und bestellen zu können. Ich sah schon das Firmenschild vor mir; Uli und Heidi Huber Gärtnerei–Flora Huber Landschaftsarchitektin. Perfekt geplant, aber jetzt, in diesem Jahr sehe ich nicht mehr so positiv auf mein Vorhaben der Selbstständigkeit. Es wird zu wenig gebaut und die, die bereits ein Haus besitzen, haben ihre Gartengestaltung längst abgeschlossen. Es kommt ziemlich selten vor, dass jemand sein Grundstück ungestalten möchte, höchstens dann, wenn er ein Bestandshaus kauft und ihm der Garten nicht gefällt. Selbst dann, legen die meisten Käufer selbst Hand an, um Geld zu sparen. Wenn ich länger darüber nachdenke, ist mein ehemaliger Plan längst Geschichte, aber was mache ich jetzt? Meine Gedanken sind schwerlich von diesem Thema wegzubekommen, schließlich geht es um meine Existenz. Wenngleich ich mit meinem Freund Adrian eine gute Partie machen würde, es erfreut mich trotzdem nicht. Eine gewisse Unabhängigkeit ist mir mehr als wichtig.

Adrian studiert Architektur in München und ist ebenfalls in diesem Jahr mit dem Studium fertig. Seine Eltern besitzen ein großes Sägewerk nähe Rosenheim. Diesem Sägewerk ist eine Baufirma angegliedert, die eigenen Holzhäuser fabriziert. Adrian möchte natürlich nach seinem Studium in die elterliche Firma einsteigen und sich als Juniorchef und Architekt in die Baufirma einbringen. Brigitte und Hannes Hartmann, seine Eltern, haben bereits vorgeplant und Adrian ein wunderschönes Haus auf ihr riesiges Grundstück gestellt. Sollte ich Adrian einmal heiraten, kann man sagen, ich lege mich in ein gemachtes Nest. Aber will ich das? Natürlich durfte ich die Gartengestaltung ausführen und mir wurden keinerlei Grenzen gesetzt, was Design und Pflanzen betrifft. Es ist eine prächtige Anlage geworden, denn Geld spielt bei den Hartmanns keine Rolle und genau das beschert mir einige Bauchschmerzen. Wenn ich an meine Freundin Isa denke, die sagte, was willst du eigentlich, so eine Partie findest du nie wieder, so bin ich trotzdem am Zweifeln. Klar liebe ich Adrian, wir sind seit drei Jahren zusammen; aber ich empfinde es, als kurios in sein Haus einzuziehen. Das Haus ist schnuckelig, keine Frage, aber ich hatte nicht die Möglichkeit mich bei der Planung einzubringen. Es wurde so gebaut, wie seine Eltern es wollten. Ich weiß nicht einmal, ob Adrian ein Mitbestimmungsrecht hatte, oder ob er ihnen freie Gestaltung ließ? Wenn ich ein Haus bauen würde, sähe es anders aus, nicht ganz so bieder etwas moderner und vor allen Dingen, wäre meine Küche viel, viel größer und praktischer eingerichtet.

Ja und nun stehe ich vor meiner Entscheidung. Selbstständigkeit als Landschaftsarchitektin, oder Ehefrau eines gut situierten Geschäftsmannes oder vielleicht beides? Ich weiß es nicht, aber eine Lösung sollte bis spätestens Herbst parat sein, denn dann habe ich meinen Abschluss in der Tasche und es müssen Tatsachen geschaffen werden. Vielleicht kommen mir bis dahin weitere Ideen, wie ich mein junges Leben gestalten kann. Abwarten, noch ist nicht aller Tage Abend.

Apropos Abend, Adrian will mich heute zum Essen ausführen. Da er in München studiert und ich in Freising, haben wir uns eine gemeinsame Wohnung in Garching gemietet. Sie liegt gewissermaßen für jeden auf halber Strecke zur Uni. Unsere Wohnung verfügt ungefähr über siebzig Quadratmeter und wenn unsere Eltern nicht einen Zuschuss gewähren würden, könnten wir uns diese Unterkunft gar nicht leisten. München und Umgebung hat unglaublich hohe Mieten und nicht erst in diesem Jahr, sondern bereits als wir mit unserem Studium begannen. Adrian und ich arbeiten jede Semesterferien, hatten noch nie einen längeren Urlaub zusammen und vermögen es trotzdem nicht, ohne Unterstützung, eine Wohnung bezahlen zu können. Alles Dinge, die mich zunehmend belasten. Wie kann ich mir eine Zukunft aufbauen, wenn ich von meinen Einnahmen nicht einmal das Notwendigste bezahlen kann? Ebendarum hadere ich mit meiner einst angestrebten Selbstständigkeit. Mein Freund hat die besseren Chancen, da er sofort in den Familienbetrieb einsteigt. Vor meinem Studium dachte ich ebenfalls, es ist eine gute Idee eine Ausbildung als Gärtnerin zu absolvieren, um dann im elterlichen Betrieb mitzuarbeiten. Jedoch hat mein Bruder Frank diesen Weg eingeschlagen und ich bin mir nicht sicher, ob eine Gärtnerei von unserer Größe drei Familien ernähren kann. Frank ist bereits seit zehn Jahren im Betrieb, verheiratet und hat einen dreijährigen Sohn, namens Benjamin. Seine Frau Nele arbeitet seit diesem Frühjahr wieder Teilzeit als Krankenschwester. Die Familie wohnt in einem Haus neben unserer Gärtnerei, welches früher das Haus der Großeltern mütterlicherseits war. Als meine Großeltern beide zu alt waren, um sich selbst versorgen zu können, gingen sie gemeinsam in eine Seniorenresidenz. Mein Großvater hatte sein ganzes Leben in der Gärtnerei gearbeitet und glücklicherweise sein Geld gut angelegt. Leider verstarb er vor drei Jahren und ein Jahr darauf ebenso meine Oma. Ich war sehr traurig, denn ich hatte eine wundervolle Beziehung zu ihnen. Die Eltern meines Vaters lebten in Österreich und bewohnten in Tirol ein kleines Haus direkt neben dem Skilift. Das war eine Gaudi, als wir noch Kinder waren. Jede Weihnachtsferien verbrachten wir bei ihnen. Opa Sepp und Oma Maria waren für uns Kinder immer die Schnee-Oma und der Schnee-Opa, denn es lag an den Feiertagen immer eine Menge Schnee. Frank und ich liefen jeden Tag der Ferien Ski. Wir beide waren super gut im Abfahrtslauf, kein Wunder, wenn der Lift vor der Haustür beginnt.

Bis vor wenigen Jahren fuhren meine Eltern noch jedes Weihnachten zu Besuch nach Tirol. Im Herbst vor zwei Jahren starben beide Großeltern an einer Lungenentzündung, erst Opa Sepp und drei Wochen später Oma Maria. Mein Vater vermutet, dass sie eine Erkältung verschleppt hatten und sich daraus eine Lungenentzündung entwickelte. Jedenfalls war es für uns ein sehr trauriges Weihnachtsfest. Das Haus der Großeltern überließ mein Vater seiner Schwester Hanna, die ebenfalls in Tirol wohnt. Hanna baute es ein wenig um und vermietet es nun an Feriengäste. Wir haben natürlich den Vortritt, falls wir dort Ferien machen möchten, aber bisher hatten Adrian und ich nie hinreichend Geld übrig, aber ich hoffe, es wird uns eines Tages einmal dorthin verschlagen. Momentan stehen andere, wichtigere Entscheidungen an und Urlaub ist nicht in der vordersten Reihe unserer Prioritäten Liste aufgeführt.

Adrian ist bereits zu Hause, als ich von der Uni eintreffe. »Hallo, mein Schatz du bist schon da? Hattest du heute keine Vorlesungen am Nachmittag?« »Hallo meine Kleine, nein hatte ich nicht. Der Professor ist krank. Wir wollen heute essen gehen, wie denkst du über Griechisch?« »Ja, warum nicht, ich mag das Essen sehr gern. Mein Magen knurrt sowieso schon seit zwei Stunden, ich hatte zuletzt am Morgen mein Frühstück.« »Oh, du Arme, dann machen wir uns gleich fertig, nicht dass du mir ein einziges Kilo verlierst, besonders nicht an meinen Lieblingsstellen.«, erwidert er und gibt mir einen Kuss. »Deine Lieblingsstellen werden nichts verlieren, erst kommt mein Po.«, erwidere ich lachend. Adrian hat glücklicherweise kein Faible für dünne Mädchen. Das ist für mich wie ein Sechser im Lotto, denn eine Model Figur hatte ich noch nie, aber trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich dick bin. Eben gut proportioniert. Er meint, eine Frau ist wie ein Haus, es sieht nur ästhetisch aus, wenn die Proportionen stimmen. Ja und damit habe ich kein Problem, mein Busen steht im Wohlverhalten zu meinem Po. Ergo stimmen die Proportionen. Ich kann es mir leisten Essen zu gehen, ohne Kalorien zu zählen, kann mir bestellen, was ich möchte, ohne in panisches Tierwohlverhalten zu verfallen und ich nehme mir heraus eine Pizza mit doppeltem Käsebelag zu ordern. Eine Maß Bier flößt mir keine Angst ein, womöglich nicht rechtzeitig die Toilette erreichen zu können und drei Stamperl Himbeergeist lassen mich keine schmutzigen Lieder singen. Alles in allem bin ich keinesfalls eine zickige Frau, bei der den Männern die Lust am Essen gehen vergeht. Nein, ich kann mit Fug und Recht behaupten eine bodenständige, gut gewachsene und trinkfeste Bayerin zu sein. Jahrelanges Training macht es möglich. Ach, und was sicherlich nicht ganz unerwähnt bleiben sollte, kochen und backen, wurden mir in die Wiege gelegt. Adrian meint, eine Frau wie dich lässt man nicht mehr von der Leine, was man möglicherweise nicht mehr sagen darf. Die Modepüppchen heutzutage haben nur drei Sorgen. Erstens, wie viel Silikon soll ich in meine Brüste spritzen lassen, wie lang und bunt soll mir das Nagelstudio meine Fingernägel designen und wie viel Filler brauchen meine Lippen, damit ich mit der Tussi bei Instagram mithalten kann. Ja und bei dem Thema bin ich raus. Busen ist genügend vorhanden, lange Fingernägel im Gartenbau sind äußerst unpraktisch und meine Lippen sind wohlgeformt und mit Instagram habe ich ohnehin nichts am Hut.

Meine Einstellung scheint offensichtlich nicht mehr in die heutige Zeit zu passen. Bei mir besteht eine TikTok-Challenge nicht daraus, möglichst total irres Zeug zu posten, wie auf Eisenbahnschienen zu verweilen, bis der Zug kommt, oder so viel Deo-Dosen-Gas zu inhalieren, bis man ohnmächtig wird, um natürlich genügend Follower zu bekommen. Nein, meine Herausforderung ist, auf einem überfluteten Grundstück, möglichst schnell und zielführend eine vernünftige Drainage legen zu lassen, um überhaupt eine Gartenanlage gestalten zu können. Das bringt mir sicher keinen Follower auf TikTok, aber einen sehr zufriedenen und glücklichen Kunden und ich setze damit nicht meine Gesundheit aufs Spiel. Diese Welt ist irre geworden, sagt mein Vater und ich pflichte ihm bei, obwohl ich leider selbst zu dieser Generation der neuen Irren gehöre. Was das einmal für Folgen in der Zukunft haben wird, vermag ich mir gar nicht auszumalen. Mit Adrian habe ich glücklicherweise einen ebenso urwüchsigen wie liebenswerten Bayern gefunden, der meinen Vorstellungen vom Leben vollkommen gerecht wird. Keine Unzulänglichkeit, keine Überheblichkeit und reichlich Gehirnschmalz, um menschlich und arbeitstechnisch dem Leben die Stirn bieten zu können. Adrian ist für mich der richtige Lebenspartner, denn ich liebe ihn und seine aufrichtige Art.

Die Prüfungen sind gelaufen. Ich hatte überhaupt keine Mühe, weder mündlich noch schriftlich. Froh bin ich schon, aber gleichzeitig unschlüssig. Gestern erhielt ich einen Anruf von meinem Chef Andreas Kobler, dessen Mitteilung mir mehr als zu denken gibt. Die ganze Studienzeit über hatte ich dort meinen wunderbaren Semesterjob und nun das. Herr Kobler teilte mir mit, dass er seine Firma zum Ende des Jahres schließen wird. Er meinte, es lohnt sich ganz einfach nicht mehr, da die Aufträge immer weniger werden und ihn der Frust über die Bürokratie zum Wahnsinn treibt. Die Abgaben wachsen ins Unermessliche und zu allem Überfluss bekommt man keinerlei Fachkräfte mehr. Sein ehemaliger Studienkollege Thomas ging nach seinem Abschluss in die USA und gründete dort seine Firma. Im sonnigen Florida, gibt es Menschen mit Geld, die ihre Gartenanlagen gestalten lassen und kommunale Auftraggeber, die gewillt sind, den öffentlichen Plätzen mit einem passenden Landschafts-Design Ausstrahlung zu verleihen, so zumindest berichtete es ihm sein Freund. Thomas, oder in den USA Tom genannt, bat ihn einmal zu Besuch zu kommen, denn er würde seine Firma gerne vergrößern und sucht einen vertrauenswürdigen Teilhaber. Daraufhin flog Herr Kobler für drei Wochen nach Florida und traf im Anschluss die Entscheidung, gemeinsam mit seiner Frau Anita, die Zelte in Deutschland abzubrechen und das Angebot in Florida anzunehmen. Als ich dieses Gespräch beendete, war mir klar, eine Selbstständigkeit als Landschaftsarchitekt nicht mehr in Erwägung zu ziehen. Aber was jetzt? Ich besprach gestern Abend meine Entscheidung mit Adrian, der es auf der einen Seite versteht, aber gleichzeitig wenig Enthusiasmus zeigte, da für ihn das Thema überhaupt nicht relevant ist. Für ihn liefen die Prüfungen ebenfalls perfekt und somit steht seinem Job im elterlichen Betrieb nichts mehr im Wege. Die ganze Nacht über grübelte ich darüber nach, was ich jetzt mit meinem Studienabschluss anfangen könnte. Klar, es wäre für mich kein Problem eine Bewerbung im Ausland in Erwägung zu ziehen, aber was wäre dann mit unserer Beziehung? Adrian ist fest verankert in Bayern und ein Auslandsjob ist für ihn keine Option. Seine Zukunft ist der Holzhaus-Bau und das Sägewerk. Er hat keine Geschwister und somit ist er eines Tages Alleinerbe. Er versteht nicht, warum ich mir so viel Gedanken mache, seiner Ansicht nach könnten wir sofort heiraten und zusammen in das neue Haus einziehen. Meine Aufgabe wäre es, Kinder zu bekommen und als treusorgende Ehefrau die Firma Familie am Laufen zu halten. Klar, genau deshalb habe ich studiert, um mich anschließend beim Windeln wechseln und Brei füttern austoben zu können. Diese Perspektive würde ich für die Zukunft sogar sehr schön finden, aber momentan möchte ich liebend gerne erst einmal berufliche Erfahrungen sammeln und meine Unabhängigkeit genießen. Adrian versteht meinen Standpunkt, wenn er ihn auch nicht unbedingt für gut befindet. Für ihn wäre die Option Kinder und Ehefrau weitaus angenehmer, denn schließlich möchte er Erben für die Firma, doch dieser Gedanke lässt mich erschauern. Ich liebe ihn und ganz sicher eines Tages auch heiraten, aber momentan ist diese Entscheidung eindeutig zu früh für mich.

Am Morgen bereite ich das Frühstück für uns zu und plane danach in die Gärtnerei zu meinen Eltern zu fahren. Adrian verbringt ohnehin den ganzen Tag im elterlichen Betrieb und beginnt bereits sein Büro einzurichten. Ein bisschen beneide ich ihn darum. Wie gerne hätte ich damit begonnen, meine Firma aufzubauen, aber es wird nicht funktionieren und ich brauche eine neue Perspektive.

Mein Vater steht gestikulierend mit einem Kunden in der Einfahrt und ich muss abbremsen, um sie nicht umzufahren. Sie gehen zur Seite und ich parke meinen Wagen neben ihnen. »Hallo Papa, guten Tag.«, sage ich und gehe sofort zu meiner Mutter in die Gärtnerei. »Papa scheint eine hitzige Debatte mit einem Kunde zu führen.«, bemerke ich und gebe meiner Mutter einen Kuss auf die Wange. »Guten Morgen, mein Schatz. Ja, das ist Herr Fuhrmann, er hat immer was zu meckern. Dieses Mal sind ihm scheinbar die Rosen nicht alle angegangen, die er gepflanzt hatte. Er ist ein schwieriger Kunde, niemals ist er mit irgendetwas zufrieden. Immer sind die anderen schuld, wenn die Pflanzen nicht so gedeihen, wie er es erhoffte, denn er ist ein besserwisserischer Beamter, der keinerlei grünen Daumen besitzt. Wahrscheinlich brennt ihm sogar das Wasser beim Eierkochen an.«, erwidert meine Mutter lachend. »Warum bist du hier? Möchtest du mir ein bisschen helfen, Flora?« »Eine gute Idee, denn ich bin ziemlich frustriert.« Meine Mutter hebt die Augenbrauen. »Dann schieß‘ mal los, wo brennt es denn?« Ich berichte ihr von der Firma Kobler, dass sie schließen werden und in die USA auswandern und von Adrian, der heute bereits seinen Job im elterlichen Betrieb aufnimmt und dass ich jetzt überhaupt nicht mehr von meiner Selbstständigkeit als Landschaftsarchitektin überzeugt bin. »Ich verstehe deine Bedenken, Flora. Eine Firma zu führen, ist in heutiger Zeit kein Zuckerschlecken. Glaube mir, es bringt eine Menge Arbeit mit sich und die administrativen Aufgaben werden ebenfalls zunehmend mehr. Was hast du denn stattdessen vor?« »Das ist gerade mein Problem, ich weiß es nicht.« »Was hältst du davon, wenn du heute Abend mit uns zu Abend isst und wir gemeinsam darüber nachdenken, was du machen könntest?« »Eine gute Idee, ich könnte ein wenig Trost gebrauchen, Mama.«

Beim Abendessen erkläre ich meine momentane Situation und verfalle in eine kleine Depression, die mein Vater sofort mit einer guten Flasche Sekt aus dem Kühlschrank beendet. »Meine Kleine, das Leben verläuft nicht immer wie am Schnürchen. Nur gut, dass es dir zu denken gibt, bevor du dich in deine Selbstständigkeit stürzt. Die Firma Kobler hat einen nicht ganz unerheblichen Teil daran, dich noch einmal mit diesem Thema tiefer gehend zu beschäftigen, denn wie du nun siehst, haben die letzten Jahren nicht viel Gutes für uns Klein– und Mittelständler bereitgehalten. Wie es jetzt mehr und mehr zutage kommt, lassen die vergangenen Jahre, mit der Pandemie und den daraus resultierenden Gewinneinbrüchen so manchen Unternehmer in die roten Zahlen rutschen. Aber das ist nicht der alleinige Grund, die zunehmenden Steuern, der Bürokratismus, der Mangel an Personal, als auch die gestiegenen Löhne lassen kaum noch Gewinne erwirtschaften, deshalb mein Rat, denke lieber zweimal mehr darüber nach, ob du dir das antun möchtest.« »Genau, Papa. Das ist mein Problem, ich habe einen Abschluss und anstatt glücklich darüber zu sein, endlich in mein Berufsleben starten zu können, muss ich mir Gedanken machen, ob ich von meinem Beruf überhaupt leben kann. Das ist schizophren, ich studiere jahrelang, um anschließend wieder ohne jegliche Perspektive dazustehen. Es raubt mir den Schlaf und ich habe keinerlei Idee, wie es weitergehen kann. Natürlich könnte ich es mir leicht machen. Ich heirate Adrian und gründe eine Familie. Prima, es ist sicher nicht die schlechteste Lösung, zumindest würde sie momentan meine Probleme lösen, aber macht mich diese Vorstellung glücklich? Nein, tut sie nicht. Ich fühle mich minderwertig, wenn ich nicht in der Lage bin, mich selbst versorgen zu können. Zumindest möchte ich eine gewisse Zeit lang mit meiner Ausbildung etwas anfangen können und mich nicht Hals über Kopf in eine Ehe stürzen. Versteht ihr das?« Meine Mutter schaut mich an und nickt. Sie versteht meine Sorgen. Papa dagegen hat eine andere Einstellung. »Adrian ist ein patenter junger Mann und kommt aus einer gut situierten Familie, wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich diese Option der Heirat nicht unbedingt verteufeln.« »Papa, das stimmt schon, nur ich möchte erst einmal eine Weile arbeiten und mein eigenes Geld verdienen.« »Flora, was würdest du davon halten, wenn du eine Floristen Ausbildung noch daran hängst? Mit deinem Abschluss kannst du als Quereinsteiger sicher eine abgekürzte Ausbildung absolvieren und eröffnest dann einen Blumenladen in Rosenheim. In diesem Fall kannst du mit wenig Kapital ein Geschäft eröffnen und wir unterstützen dich.«, gibt meine Mutter zum Besten. Ich schaue sie an und meine Augen strahlen. »Eine super Idee, Mama. Zumindest kann ich dann endlich einmal mit Geld verdienen beginnen, auch wenn es nicht unbedingt das ist, was ich geplant hatte. Aber es wäre ein Anfang und ein kleiner Laden würde mich ebenso glücklich machen. Morgen früh schaue ich im Internet, ob ich eine verkürzte Ausbildung bekommen kann und wenn das so ist, werde ich mich sofort bewerben. Ein Blumenladen wäre schön und gleichzeitig könnte ich zu Adrian ins Haus ziehen, das findet er sicher eine prima Idee. Danke Mama für deinen wunderbaren Vorschlag.« Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange und umarme sie. Papa schenkt den Sekt nach und wir drei sind bester Laune, nach all meinen Problemen, die ich an diesem Abend mitgebracht hatte.

Ich schlief wie ein Baby, aber nur bis fünf Uhr morgens. Dann war ich wach und meine Gedanken beschäftigten sich nur noch mit dem Blumenladen und der Floristen Ausbildung. Adrian weiß noch nichts von meiner Idee und ich sage es ihm erst dann, wenn es mit der Ausbildung klappt.

Meine Internetrecherche war erfolgreich. Nachdem ich mich zwei Stunden mit der Ausbildung und möglicher Anerkennung bestehender Abschlüsse befasst hatte, komme ich zu dem Ergebnis, dass es mir möglich ist, in einem sechsmonatigen Kurs die nötige Qualifikation zu erlangen. Wunderbar, denn es wird mir absolut keine Mühe bereiten, zumal ich in der Gärtnerei alle Voraussetzungen zur Übung habe. Ich freue mich, diese Idee umsetzen zu können und rufe gleich bei der Ausbildungsstelle an. Nach einer weiteren halben Stunde und einem überaus angenehmen Gespräch, bin ich sicher, diesen Weg jetzt einzuschlagen. Mein Magen knurrt und endlich habe ich die Ruhe mir ein ausgiebiges Frühstück zu gönnen. Meine Eltern sind seit Stunden in der Gärtnerei und Adrian verbrachte die Nacht ohnehin in seinem neuen Haus. Wir verabreden uns für den Nachmittag und ich mache ihn sehr neugierig, als ich von einer gänzlich neuen beruflichen Perspektive am Telefon berichte. Adrian steht positiv meiner neuen Inspiration gegenüber und findet, dass ich es unbedingt angehen soll. »Ich bin wirklich erstaunt, wie schnell du dich für eine neue Perspektive begeistern kannst, Flora. Aber auch die Möglichkeit in Rosenheim ein Geschäft zu eröffnen und, dass wir zusammen in das Haus ziehen werden, finde ich sehr, sehr schön und darauf freue ich mich.« »Die Idee kam von meiner Mutter, denn in Anbetracht der momentanen ökonomisch miserablen Entwicklung halte ich einen Laden noch halbwegs für realisierbar. Natürlich kostest der Start Geld, aber mit der Gärtnerei im Rücken erscheint mir das Geschäftsrisiko minimiert.« »Natürlich ist ein Blumenladen einfacher zu realisieren, als ein Büro als Landschaftsarchitektin. Mit dem Blumenladen kannst du von Beginn an Einnahmen generieren, mit einem Büro benötigst du eine ziemlich lange Zeit, bis du die ersten Kunden für dich gewinnst, ich bin überzeugt, dass so der Start einfacher für dich sein wird. Falls es nichts wird, hast du mich ja noch als Stütze. Wir können heiraten, wenn du magst, wir müssen nicht warten, für mich wäre es ohnehin die allerschönste Lösung, mein Schatz.« »Adrian, natürlich könnten wir sofort heiraten, aber bitte, bitte gib mir noch Zeit, ich möchte mich wirklich gerne erst einmal mit meinem Geschäft beweisen, auch wenn ich dich liebe und mich auf unser Zusammenleben freue. Jetzt ziehen wir erst einmal in dein super Haus zusammen und ich werde mich schwer ins Zeug legen, um die Ausbildung als Floristin schnellstmöglich über die Bühne zu bringen.« Adrian lacht und nimmt mich in seinen Arm. Wir sitzen auf dem Sofa und trinken ein Glas Wein. Unsere Beziehung ist stressfrei und wir lieben uns, trotzdem möchte ich nichts überstürzen. Momentan bin ich wieder entspannt, da ich über meine neuen Zukunftsaussichten sehr glücklich bin. Ich küsse ihn und schaue ihn mit dem Blick an, der ganz und gar keine Zweifel daran lässt, wonach mir momentan zumute ist. »Schön, mein Schatz ich sehe du bist total entspannt, deine Bedenken sind verflogen und es fehlt dir lediglich ein wenig Liebe, habe ich recht?«, fragt er verschmitzt. »Oh ja, genau mein feinfühliger Mann, ich hätte große Lust auf Kuscheln.» ›Hier, oder im Bett?‹ »Egal!» Adrian küsst mich und beginnt mir die Bluse aufzuknöpfen. Mein Verlangen nach Sex mit ihm war seit Langem nicht mehr so groß wie jetzt. Das lag bestimmt an unserem Prüfungsstress, aber jetzt ist das Leben wieder sorgenfrei und ich kann endlich wieder abschalten. Ich merke, wie sehr mir seine Küsse und Streicheleinheiten wohltun und ergebe mich in seine liebevollen Hände. Seine behutsame Art mich zu stimulieren ist so grandios, dass ich ihn stoppen muss, sonst bin ich schneller fertig, als es uns lieb sein kann. Jetzt nehme ich die Führung lieber in die Hand oder wo auch immer, denn ich möchte, dass wir beide gleichzeitig in den heißen, sinnlichen Genuss des alles erfüllenden Rausches der Liebe kommen. Er stöhnt auf und ich lasse seinen vitalisierenden Finger wieder freies Spiel, bis wir beide zu einem entfesselnden Höhepunkt gelangen. »Oh, mein Liebling ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich es mich macht, mit dir zusammen zu sein.«, bemerkt er keuchend und ich bin unfähig zu antworten, so erschöpft bin ich von der Entladung meiner angestaunten Liebeslust. »Oh mein Gott, eine derart lange Zeit sollten wir nicht wieder warten, ich dachte schon, ich durchfliege die Schallmauer.«, erwidere ich, als ich endlich wieder Luft bekomme. »Die letzten Wochen hatten wir etwas viel um die Ohren, mein Schatz, da blieb wenig bis gar keine Zeit für unser Liebesleben, aber das wird sich bestimmt jetzt ändern, wenn wir beide in unserem schönen neuen Haus wohnen.« »Sicher, es sieht alles sehr zuversichtlich für uns aus und ich freue mich auf die Zukunft, Adrian.« Dieser Abend hat mir wieder einmal klargemacht, dass Adrian genau der richtige Mann für mich ist, trotzdem, die Hochzeit muss warten.

Ein Umzug und andere Schwierigkeiten

Die Ausbildung als Floristin ist für mich die richtige Entscheidung. Natürlich trauere ich meinem Abschluss als Landschaftsarchitektin nach, weil ich momentan nichts damit anfangen kann, aber ich habe bereits einige Ideen, wie ich möglicherweise eines Tages beide Berufe koordinieren könnte. Bis dahin steht jedoch erst einmal der Abschluss als Floristin an. Meine Eltern und mein Bruder unterstützen mich tatkräftig in allen anfallenden Fachfragen und praktischen Übungen, sodass ich die Prüfung beinahe jetzt schon ablegen könnte. Adrian und ich hatten unsere Wohnung in Garching bereits vor zwei Monaten gekündigt und das war eine Unglaubliche Geschichte.

Es war Montagmorgen. Ich telefonierte mit dem Vermieter und teilte ihm mit, dass wir demnächst ausziehen werden, da wir beide unser Studium beendet haben und in einem anderen Ort gemeinsam unser neues Haus beziehen werden. Der Vermieter war nicht erstaunt darüber, dass ein so junges Paar, gerade erst mit dem Studium fertig, bereits in ein Eigenheim ziehen kann.

»Ach joa Frau Huber sie hom es guad, so jung und scho im eigenen Haus, aba bei den Schwiegereltern ist des a koa Wunder. Wos meinen sie, wos etzad losgähd, wenn publik werd, dass de Wohnung frei werd? Mia beide wern uns voa Anfrong ned retten kinna. Dea Wohnungsmarkt do im Münchner Land is so guad wia inexistent. Kennen sie vielleicht oan, dea a Wohnung sucht, Frau Huber? Dannad dadad i dene den Vorzug gem, denn ordentliche Mieter, wia sie, wünsche i mia natürlich.«, bemerkt Herr Wolf und seufzt.

» Herr Wuif, i ko mi moi umhören bei meinen Freunden, aba a Garantie, dass sie ordentlich san, ko i damid ned abgem.«, erwidere ich und muss lachen.

»Na, scho recht, lassn sie es guad sei, ich schoit a Annonce, aber macha sie si af wos gefasst, es werd a Besichtigung ramasuri, schlimmer wie a Erdbeben.«

»Herr Wuif, bitte woatn sie no zwoa Dog, dannad san mia heraus und sie hom freie Bahn.« Ich bin mega froh, dass Herr Wolf die beiden Tage gewartet hatte. Als ich die letzte Kiste in mein Auto lud, es war gerade sieben Uhr in der Früh, standen mindestens schon fünfzig Leute in der Schlange vor unserer Wohnung. Das ist der Hammer, denke ich. So viel Menschen auf eine einzige Wohnung und die ist nicht einmal preiswert. Genau in diesem fürchterlichen Moment der Wahrheit, denn er zeigt, wie es tatsächlich auf unserem Wohnungsmarkt ausschaut, bin ich froh und glücklich unser gemeinsames Haus zu haben. Ich habe nicht gewusst, dass die Lage dermaßen katastrophal ist und empfinde das erste Mal in meinem jungen Leben, dass ich, beziehungsweise wir beide, privilegiert sind. Was kommt da wohl noch auf uns zu?

Adrian und ich sind beinahe fertig mit Einrichtung. Es fehlen noch diverse Kleinmöbel, natürlich mehr Geschirr und Küchengeräte. Wir hatten in unserer Wohnung in Garching nicht allzu viel Porzellan und die Küche war ebenfalls zu klein, um sie mit Geräten vollzustopfen. Jetzt haben wir mehr als genug Platz, wenngleich die Küche nicht, wie ich bereits sagte, ganz meinen Wünschen entspricht. Dennoch habe ich mich mit den Gegebenheiten arrangiert und erst recht, als ich sah, wie viele Menschen verzweifelt eine Wohnung suchen, jetzt bin ich heilfroh dieses Haus mit Adrian bewohnen zu können. Seine Eltern haben es natürlich finanziert, aber Adrian zahlt jeden Monat den Abtrag aus seinem Verdienst. Verglichen mit den üblichen Hauspreisen sind das, wie man so schön sagt Peanuts. Wenn man eine Firma hat, die Häuser herstellt, hat man natürlich viel weniger Kosten und kann es sich sogar als junges Paar leisten den Abtrag zu stemmen.

---ENDE DER LESEPROBE---