Blütenlese 2024 -  - E-Book

Blütenlese 2024 E-Book

0,0

Beschreibung

Blütenlese 2024, eine Kurzgeschichten-Anthologie mit 18 Kurzgeschichten aus der Feder von Raffaella Elia, Daniela Hauer, Margit Jahrstorfer, Paul Koglin, Julia Materna und Birgit Regge. Spannend, amüsant, fantastisch, ob Krimi oder Drama des Alltags, jede/jeder Autor/-in interpretiert das Genre der Kurzgeschichte auf ihre eigene einnehmende Art und Weise und zieht den Leser in ihren/seinen Bann ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 62

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Vorwort

Elia: Kommissar Bechtel

Hauer: Der Fall

Jahrstorfer: Ach, Charlie …

Koglin: Die Flut

Materna: Drachensteigen

Regge: Manor Castle

Elia: Die Wette

Hauer: Der Auftrag

Jahrstorfer: Oh Tannenbaum …

Koglin: Im Folterschacht

Materna: Fremde Männer

Regge: Waidmannsheil!

Elia: Jonas und der Hund

Hauer: 206

Jahrstorfer: Weihnachten wie immer?

Koglin: Minsch sinn

Materna: Sie leben unter uns

Regge: Weststrand

Autorenvorstellung

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie finden in diesem Buch 18 Texte, die im Rahmen der Literatur-Fernkurse „Kurzgeschichten – Von der Idee bis zur Publikation“ und „Kreatives Schreiben“ im 2. Halbjahr 2023 entstanden sind.

Sechs Autorinnen und Autoren präsentieren, wie vielfältig das Genre der Kurzgeschichte sein kann: spannend, amüsant, fantastisch … Ob Krimi oder Drama des Alltags, jede der hier versammelten Kurzgeschichten hat ihren eigenen Reiz.

Mit großer Freude habe ich als Herausgeber dieser Anthologie die einzelnen Geschichten zusammengestellt, verbunden mit dem Wunsch, dass alle Beteiligten dem Schreiben treu bleiben und weitere Kurzgeschichten verfassen.

Ich freue mich auf die Resultate!

Stolberg, Januar 2024

Thomas Opfermann

Kommissar Bechtel

Raffaella Elia

Kommissar Bechtel war auf dem Heimweg kurz beim Pussycat (einem Lokal im Rotlichtviertel) vorbeigefahren, um dem Barmann das ominöse Video zu zeigen. Das Goethe Gymnasium hatte ihn an diesem Morgen wegen eines Videos gerufen, auf dem nackte Hintern zu sehen waren, welches anonym an die Schule geschickt worden war. Im Hintergrund hatte der Kommissar das Lokal erkannt. Leider hatte der Barmann nichts gesehen, sondern dem Kommissar nur einen Bierdeckel mit Initialen gegeben: M.A.

Es war ein langer Tag gewesen und Kommissar Bechtel freute sich, heimzukommen. Leider musste er erst einen Parkplatz suchen und dabei regte er sich darüber auf, dass die geplante Erweiterung des naheliegenden Parkhauses noch nicht begonnen hatte. Außerdem hatte er Rückenschmerzen, weil das Chassis seines Sportwagens zu hart für den kaputten Straßenbelag seiner Stadt war.

In der Wohnung legte er alles ab und begann zu kochen. Er hatte Hunger und wusste, dass er beim Essen oft Klarheit über die laufenden Ermittlungen bekam.

In einer Pfanne briet er zwei Heringe kurz an und, als er sie zum Salat legen wollte, sah er eine Ameise auf der Arbeitsplatte. Er erschrak so sehr, dass er sich fast einen Finger an der heißen Pfanne verbrannt hätte. Er konnte Ameisen nicht leiden. Er lief einmal im Raum herum, um sich zu beruhigen, dann beseitige sie sie, richtete sich ein Brett mit zwei Scheiben Brot und setzte sich zum Essen hin. Dabei fiel ihm ein, dass sein Neffe ihm neulich etwas über dumme Streiche an seiner Schule (dem Goethe Gymnasium) erzählt hatte. Das war es! Er würde ihn am nächsten Tag dazu befragen. Jetzt konnte er in Ruhe sein Abendessen genießen.

Der Fall

Daniela Hauer

Er wollte schreien, aber er schaffte es nicht. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Seine Füße baumelten über dem Abgrund, und seine Arme fühlten sich an, als würden Sie im nächsten Moment absterben. Es geht nicht mehr. Es ist aus. Ich falle!

Wie viele Gedanken und Geistesblitze können in einem solchen Moment durch das zarte Netz aus Synapsen schnellen? All die Erfahrungen von Geborgenheit, die Stimmen, das stetige auf & ab – alles bis hierher gut gegangen.

Die Fallgeschwindigkeit fühlte sich übernatürlich an, er wusste nicht was und wie ihm geschieht.

Eiskalt. Grell. Hellwach.

Alarmiert schrie er aus Leibeskräften, die ihm zur Verfügung standen. Mehr als Ausdruck des Unfassbaren, des Unbekannten als aus Hoffnung. Es ging in rasantem Tempo weiter – neue Eindrücke verkörpert als Berührung an den Zehen. Seltsam.

Ruhe.

Das allererste Mal in seinem jungen Leben spürte er sein eigenes Körpergewicht, seine Haut berührte ein neues Medium. Und da: Haut auf Haut. Der Atem beruhigt sich.

Beides vereint: Geborgenheit und Fremde. Später wird aus allem Fremden unbändige Neugier entstehen. Seufzend schlief er in den Armen seiner Mutter ein. Die Hebamme drapierte erneut die Decken und dimmte das Licht.

Ach, Charlie …

Margit Jahrstorfer

„Charlie, mach, was und wie du willst, ich hab momentan keinen Kopf dafür.“ Beate setzte sich ächzend auf den Hocker neben dem Telefon.

„Bea, das geht nicht, was fällt dir ein, das Institut ruft dich heute noch an. Kommt nicht in Frage, dass du dich drückst und hinterher meckerst.“

„Charlie, bitte!“ Beate wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht. „Ich kann einfach nicht, es ist mir sowas von egal.“

„Verdammt nochmal, es kann dir doch nicht egal sein, wie, wo und wann unsere Mutter beerdigt wird!“

Beate hielt den Hörer vom Ohr weg, damit Charlies wütende Stimme nicht noch ihren Tinnitus verstärkte.

„Charlie, bitte, ich kann wirklich nicht“, schluchzte sie.

„Was ist denn plötzlich in dich gefahren? Über die Bestattungsformalitäten zu entscheiden ist doch Sache von uns Geschwistern gemeinsam! Ich mach das nicht alleine! Was ist los mit dir? Du heulst doch nicht wegen Mutter so heftig? Wir wussten es doch, in ihrem Alter, haben uns ruhig von ihr verabschiedet. Was ist los?“

„Ach, Bruderherz, hörst du mir auch richtig zu?“

„Ja klar doch, was sonst?“ Er klang irritiert.

„Also gut. Ich jammere nicht, sondern teile dir nur die Fakten mit.“ Beate atmete tief durch. „Mein gebrochenes Bein heilt nicht, ich laufe seit drei Monaten mit Krücken, habe elendigliche Schmerzen, schlafe sehr schlecht und seit ich aus der Reha zurück bin oben im Gästezimmer, da Theo mein Bett dem Hund überlassen hat, während ich weg war. Er will ihn dort haben, mich nicht. Heute Früh hat er mir mitgeteilt, dass er sich von mir trennt, weil er jemand anderen kennen gelernt hat. Ich soll ausziehen, er will das Haus, er schmeißt mich also raus. Wohin soll ich denn? Und jetzt noch das mit Mutter und die vielen Entscheidungen wegen der Beerdigung. Mein Chef macht auch Druck. Ich soll zum Gesundheitsamt, weil ihm der lange Krankenstand nicht passt. Ich bin fix und fertig und will mich nur noch verkriechen.“ Beates Stimme war leiser geworden, sie lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. „Bitte, Charlie!“ Sie hoffte, ihr Bruder würde wenigstens die Organisation der Beerdigung alleine übernehmen, ganz abgesehen von der Wohnungsauflösung.

Kurze Pause bei Charlie, dann: „Bea, bist du zu Hause?“

Typisch Charlie. „Na klar, du telefonierst ja auf dem Festnetz mit mir.“

„OK, dann bleib auch dort.“ Er legte auf.

Beate seufzte und blieb auf dem Hocker neben dem Telefon im Flur sitzen. Es war egal, wo im Haus sie sich aufhielt, sie konnte sowieso nichts tun. Wozu auch? Sie sollte ja gar nicht mehr hier sein, doch wohin? Wohin? Und Charlie war keine Hilfe, eher lästig. Wie immer, wenn es etwas zu entscheiden galt. Die Tränen flossen wieder.

Beate wusste nicht, wie lange sie so gesessen hatte, als die Haustürglocke anschlug. Egal. Nochmal. Egal. Dann meldete sich das Telefon. Charlies Handynummer.

„Mach schon die Tür auf!“

Er trug zwei große Koffer in den Flur. „Ich packe jetzt deine Sachen, du kommst mit zu uns. Du kannst nicht hier bei dem Dreckskerl Theo rumhängen. Ich hab schon Fabians Kanzlei angerufen, der wird das für dich übernehmen. Bei uns bekommst du deine Ruhe, wirst versorgt und die Sache mit Theo wird zu deinen Gunsten geregelt werden. Fabian kriegt das hin, das kannst du mir glauben.“

Die Flut

Paul Koglin

E