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„Er sollte sie mit seinem Körper bedecken, sie halten und ausfüllen, sollte sie lieben, bis das Feuer und die grenzenlose Gier, die sie in sich spürte, erloschen.“ Die Psychologin Dr. Nora Jacobi berät die Polizei bei der Jagd nach einem gefährlichen Serienmörder. Ein Unbekannter verfolgt junge, attraktive Frauen, die er zunächst ausspioniert, um sie dann brutal zu ermorden. Ihnen gemeinsam ist: Sie alle waren früher schon einmal Stalking-Opfer! Während ihrer Ermittlungen wird Nora auf verstörende Weise mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Der Leiter der Sonderkommission ist ausgerechnet der Mann, der sie vor Jahren in einen Strudel der Leidenschaft riss. Nun gerät Nora erneut in den Sog ihrer erotischen Sehnsüchte, und auch die Angst holt sie wieder ein: Wer hinterlässt überall auf ihrem Weg blutrote Rosen und flüstert ihr nachts am Telefon mit gedämpfter Stimme Zärtlichkeiten ins Ohr? Für Nora beginnt ein Wettlauf mit der Zeit … Gefährliche Leidenschaft – berauschend und inspirierend zugleich! Jetzt als eBook: „Blutrote Rosen“ von Ria Wallmann. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 606
Über dieses Buch:
Die Psychologin Dr. Nora Jacobi berät die Polizei bei der Jagd nach einem gefährlichen Serienmörder. Ein Unbekannter verfolgt junge, attraktive Frauen, die er zunächst ausspioniert, um sie dann brutal zu ermorden. Ihnen gemeinsam ist: Sie alle waren früher schon einmal Stalking-Opfer! Während ihrer Ermittlungen wird Nora auf verstörende Weise mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Der Leiter der Sonderkommission ist ausgerechnet der Mann, der sie vor Jahren in einen Strudel der Leidenschaft riss. Nun gerät Nora erneut in den Sog ihrer erotischen Sehnsüchte, und auch die Angst holt sie wieder ein: Wer hinterlässt überall auf ihrem Weg blutrote Rosen und flüstert ihr nachts am Telefon mit gedämpfter Stimme Zärtlichkeiten ins Ohr? Für Nora beginnt ein Wettlauf mit der Zeit …
Gefährliche Leidenschaft – berauschend und inspirierend zugleich!
Über die Autorin:
Nach dem Germanistik- und Anglistikstudium arbeitete Ria Wallmann zunächst im Medien-, Kunst- und Marketingbereich. Seit fast 20 Jahren schreibt sie hauptberuflich, auch unter Pseudonym, Kurzgeschichten, Jugendbücher, Liebesromane und erotische Literatur.
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eBook-Lizenzausgabe Februar 2015
Copyright © der Originalausgabe 2007 MIRA® TASCHENBÜCHER, Cora Verlag GmbH & Co. KG, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Copyright © der Lizenzausgabe 2015 venusbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München
Titelbildabbildung: © dmitry_tsvetkov – Fotolia.com
ISBN 978-3-95885-102-3
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Ria Walmmann Blutrote Rosen
Thriller
PROLOG
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
13. KAPITEL
14. KAPITEL
15. KAPITEL
16. KAPITEL
17. KAPITEL
18. KAPITEL
19. KAPITEL
20. KAPITEL
21. KAPITEL
EPILOG
Lesetipps
FÜR MICHAEL
in Liebe
Ohne Dich würde Leonard wahrscheinlich ein völlig unmögliches Motorrad fahren, und ich hätte es beim Schreiben manchmal leichter, oft aber viel schwerer – Du weißt, warum.
Danke für alles!
Erst als sie in den Fahrstuhl trat, um hinauf in ihre kleine Wohnung im achten Stock zu fahren, bemerkte Nora, wie müde sie nach einem fast zehnstündigen Tag voller Vorlesungen, Seminare und Bibliotheksarbeit war. Ihr Rücken schmerzte, ihre Augen brannten, und sie fühlte über der Nasenwurzel jenen vertrauten Druck, der immer dann da war, wenn die Anspannung zu groß wurde.
Mit einem Seufzer lehnte sie sich gegen die rückwärtige Fahrstuhlwand und wartete, dass sich die Türen schlossen. Wie alles in dem heruntergekommenen Appartementkomplex, der hauptsächlich von Studenten bewohnt wurde, funktionierte der Aufzug nur an guten Tagen und vor allem niemals dann, wenn man mit schweren Einkäufen beladen nach Hause kam.
Fast war Nora erstaunt, als sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte, auch wenn er dies unter Mitleid erregendem Knarren und Quietschen tat. Zwischen der fünften und sechsten Etage flackerte die Neonbeleuchtung an der Decke heftig, und das leichte Ruckeln wurde von hier an von Geräuschen begleitet, die an den Schleudergang einer Waschmaschine erinnerten.
Nora nahm sich vor, fortan die acht Stockwerke grundsätzlich zu Fuß zu überwinden, was schließlich auch ihrer Kondition zugutekommen würde. Und vergaß diesen Vorsatz wie immer in dem Moment, in dem sie wider Erwarten heil landete und sich sogar ohne weitere Verzögerung die Türen öffneten.
Sie atmete tief durch, hängte sich den Gurt ihrer prall mit Büchern und Aufzeichnungen gefüllten Leinentasche über die Schulter und trat hinaus auf den langen, schmalen Flur.
Das Klappern ihrer Absätze auf dem Fliesenboden erschien ihr an diesem trüben, regnerischen Abend, an dem es ungewöhnlich still hinter den Wohnungstüren war, unheimlich. In Nora stieg die Vorstellung auf, ganz allein in dem riesigen Gebäude zu sein. Allein bis auf einen einzigen Menschen, der ihre Schritte belauschte.
Energisch schüttelte sie den Kopf und trat bewusst fester auf. Wenn sie schon derart merkwürdige Gedanken hatte, war sie offensichtlich noch müder, als ihr bewusst war. Also würde sie sich zuerst einen starken Kaffee kochen und sich dann sofort an den Schreibtisch setzen, damit sie spätestens um Mitternacht mit ihrer Arbeit fertig war und ausreichend Schlaf bekam. Drei oder vier Stunden würde sie mindestens brauchen, um das Referat auszuarbeiten, das sie am nächsten Vormittag halten musste und das bisher nur in der Rohfassung existierte, weil sie sich bei den Vorbereitungen auf das heutige Double-Binding-Seminar verzettelt hatte.
Als sie mit den Schuhspitzen fast die Blüten berührte, bemerkte sie den Rosenstrauß auf der abgetretenen Fußmatte vor ihrer Wohnungstür. Blutrote Rosen, mindestens zwanzig Stück, leuchteten im schwachen Licht, das durch das ungeputzte Flurfenster fiel.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie sich bückte und die Blumen aufhob, um nachzusehen, ob eine Karte zwischen den Blüten steckte. Obwohl sie natürlich wusste, wer den Strauß vor ihre Tür gelegt hatte.
Es gab keine Karte, was sie nicht weiter erstaunte. Leonard war ein Mann, der davon ausging, der Einzige für die Frau zu sein, der er sein Interesse schenkte. Sein Selbstbewusstsein hatte wenig mit Arroganz und viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen in sich und in sie.
Nora starrte in die dunkelroten Blüten wie in kleine Gesichter. Sie mochte Rosen nicht besonders, fand sie langweilig und beliebig. Dennoch ertappte sie sich dabei, wie sie ihr Gesicht in die Blüten tauchte wie in kühles, duftendes Wasser. Hastig riss sie den Kopf wieder hoch. Melodramatische Gesten, die an Filmstars der fünfziger Jahre erinnerten, waren eigentlich nicht ihr Ding.
Hastig schloss sie mit der freien Hand ihre Wohnungstür auf, während sie mit dem anderen Arm den dicken Strauß so weit wie möglich von ihrem Körper weghielt.
Leonard meldete sich schon nach dem ersten Klingeln an seinem Diensttelefon.
»Sie sind sehr schön, aber mich irritiert so was«, teilte sie ihm ohne jede Einleitung mit.
Kurze Denkpause am anderen Ende der Leitung, dann jenes tiefe, etwas atemlos klingende Lachen, das immer wieder auf geheimnisvolle Art ihre Bauchdecke in Schwingungen versetzte. »Wovon genau redest du? Von deinen Augen, deinen Beinen, deinen Brüsten? Hast du in den Spiegel gesehen? Es stimmt, das ist alles wunderschön. Was meinst du, wie sehr mich so was irritiert! Wie du mich irritierst!«
Nora fixierte mit zusammengekniffenen Augen einen Punkt an der Decke und bemühte sich, tief und gleichmäßig zu atmen. »Hör auf damit! Ich meine das mit den Rosen ernst. Erstens will ich nicht, dass du meinetwegen Geld zum Fenster hinauswirfst, und zweitens – irgendwie erschreckt es mich.« Sie hasste es, derart unpräzise Aussagen zu machen, konnte aber beim besten Willen nicht beschreiben, warum die Rosen, die so unerwartet vor ihrer Tür gelegen hatten, ein unbehagliches Gefühl in ihr auslösten. Es war nun mal einfach so.
»Was für Rosen? Ich habe kein Geld für Rosen ausgegeben, obwohl ich es gerne tun würde, um dir eine Freude zu machen.«
»Ich werde sie auf meinen Schreibtisch stellen, wenn ich heute Abend arbeite.« Falls auf dem Schreibtisch genug Platz für diesen bombastischen Strauß und für ihre Bücher war. »Aber tu das trotzdem nicht wieder.«
»Ich war es nicht. Und deshalb stellt sich mir momentan die dringende Frage, ob ich eifersüchtig auf einen Rosenkavalier in deinem Leben sein sollte.« Er hatte seine Stimme zu einem eindringlichen, zärtlichen Raunen gesenkt, das prompt Erinnerungen in ihr weckte, die ihre Magenwände zum Vibrieren brachten.
»Leugnen ist zwecklos!« Der leichte Ton misslang ihr gründlich, in ihrer Stimme war nichts als Sehnsucht.
»Ich habe in einer halben Stunde Feierabend. Dann komme ich auf dem kürzesten Weg zu dir, und wir diskutieren ausführlich über Rosen und alles, was dir sonst noch auf der Seele brennt.«
Sie wusste nicht, ob ihre Seele brannte, aber sie spürte nur zu deutlich das Brennen ihrer Haut, die sich nach seiner sehnte. Hilfe suchend wanderte Noras Blick hinüber zu ihrem Schreibtisch am Fenster, wo noch vom Vorabend die Unterlagen für das Referat lagen.
Ihr Schweigen hatte eine Sekunde zu lange gedauert. Sachte klickte es im Hörer. Leonard hatte aufgelegt. Er würde in spätestens einer Dreiviertelstunde vor ihrer Tür stehen. Natürlich konnte sie ihn noch einmal anrufen, um ihm zu sagen, dass sie an diesem Abend keine Zeit für ihn hatte. Sie konnte aber auch warten, bis er kam. Konnte ihn sehen und riechen, ihn küssen und schmecken und ihm danach sagen, dass er wegen des wichtigen Referats schon bald wieder gehen musste.
Leonard hatte genau acht Minuten vom Kommissariat bis zu ihrer Wohnung gebraucht. Als es klingelte, stand Nora, noch feucht von ihrer eiligen Dusche, in ein Handtuch gehüllt vor dem Kleiderschrank. Hastig riss sie eine Bluse vom Bügel, warf sie aber nach kurzem Zögern auf den Hocker neben dem Bett, rückte das Badelaken über ihrer Brust zurecht und ging barfuß zur Tür.
»Ich habe noch nicht mit dir gerechnet.« Mit dem Handrücken schob sie sich das feuchte Haar aus dem Gesicht und streifte seinen Mund vorsichtshalber nur mit einem kurzen Blick, bevor sie einen Punkt dicht neben seinem linken Ohr fixierte. »Immer wieder vergesse ich, dass du Motorrad fährst und dich zwischen allen Autos hindurchschlängeln kannst.«
»Vielleicht solltest du doch einmal mitfahren. Dann würdest du dich an meine Moto Guzzi erinnern.« Wie immer lud er sie ohne jeden Vorwurf in der Stimme ein, sich ihm und seinem Motorrad anzuvertrauen. Und wie immer schüttelte sie mehr unschlüssig als entschieden den Kopf.
»Das hat Zeit. Eines Tages wirst du es tun.« Er machte einen Schritt auf sie zu und hüllte sie in seinen Duft nach Leder und Benzin ein.
Eine kleine, atemlose Ewigkeit lang stand er einfach nur vor ihr und sah sie an. Dann legte er die Spitze seines Zeigefingers sachte auf ihr Schlüsselbein und tupfte dort einen Wassertropfen auf, der aus ihren Haaren gefallen war.
Nora wollte zurückweichen und ihm vorsorglich erklären, dass sie nur wenig Zeit für ihn hatte, eigentlich gar keine. Dass sie vernünftig sein und arbeiten musste. Dass sie keine Frau war, die wegen eines Mannes andere Dinge, die ihr wichtig waren, vernachlässigte oder gar vergaß.
Aber ihr Körper bewegte sich nicht von ihm fort, sondern auf ihn zu, ihre Arme schlangen sich um seinen Hals, ihr Mund suchte über dem lederduftenden Kragen der Jacke nach seiner Haut, die noch heißer war als ihre Lippen.
»Es ist gut, dass du Motorrad fährst ...«, flüsterte sie, weil die Worte für all die vernünftigen Dinge, die sie ihm hatte sagen wollen, aus ihrem Kopf verschwunden waren.
Mit einem Griff löste sie das Handtuch, ließ es zu Boden fallen und presste ihre feuchte Haut gegen das glatte, kühle Leder, durch das sie atemlos vor Erregung die Wärme seines Körpers spürte.
Als er seine Hände unter ihr langes, nasses Haar schob und ihren Nacken streichelte, verlor sie sich mit jeder sanften Bewegungen mehr und mehr in einem Meer aus Gefühlen. Sie spürte seine Zärtlichkeit nicht nur dort, wo er sie berührte, sondern als ein heftiges Prickeln, das über ihren ganzen Körper lief wie eine Ameisenarmee in Samtpantöffelchen. In ihren Kniekehlen spürte sie es und auf ihrem Bauch, an ihrem Rückgrat glitt es auf und ab – zitternd erwartete sie die nächste Welle der Erregung.
Ihr Kopf füllte sich mit rosigem Nebel. Für einen kurzen Moment versuchte sie den Gedanken festzuhalten, dass da etwas gewesen war, was sie ihm hatte sagen wollen, aber da lagen Leonards Lippen schon auf ihren, und sein Geschmack nach Pfefferminz und starkem Kaffee ließ sie endgültig ertrinken.
Ihr Mund war trocken, ihre Fingerspitzen kribbelten, ihre Haut brannte trotz der Kühle des Leders, gegen das sie sich immer enger presste und an dem sie sich nun rieb, erst sanft, dann heftiger.
»Ich hatte heute einen schweren Tag«, raunte Leonard unvermittelt in ihr Ohr.
Sie hob den Kopf und sah ihm verwirrt in die Augen. Wollte er jetzt etwa mit ihr über seinen Tag bei der Polizei sprechen? Sie wollte jetzt nicht reden, sie wollte fühlen, ihn fühlen!
»Verbrecherjagd?«, murmelte sie und ließ ihre Zunge über seine Kehle gleiten.
Er lachte leise und pustete dabei äußerst erregend in ihr Ohr. »Ich habe den ganzen Tag Akten gewälzt. Wie meistens. Das Schwierige war, dass ich dabei ununterbrochen daran denken musste, wie es ist, mit dir zu schlafen. Auf jeder Seite jeden Vernehmungsprotokolls stand so etwas wie Ich will dich, jetzt, sofort«
»Ich dich auch«, gelang es ihr mühsam hervorzustoßen, während ihre Hände sich ungeschickt an seiner Jacke zu schaffen machten. Sie wollte endlich seine Haut spüren!
Als er seine Hand zwischen ihre Schenkel schob, seine Fingerspitzen in ihre Feuchtigkeit tauchte und sie auf jene Art streichelte, die sie von Anfang an wahnsinnig gemacht hatte, stieß sie einen kleinen, hilflosen Schrei aus, den er mit heißen Lippen erstickte.
Plötzlich schienen seine Hände überall zu sein: auf ihrem Rücken, ihren Brüsten, den Innenseiten ihrer Arme und ihrer Schenkel, während sein Mund nun auf der weichen, empfindlichen Stelle unterhalb ihres Ohrs lag und ihr unverständliche Worte zuflüsterte, aus denen sie nur wieder und wieder hörte, wie sehr er sie wollte.
Sie verzehrte sich längst nach seinem Körper. All ihr Sein und Wollen kreiste um den einen Gedanken, mehr und immer mehr von ihm zu spüren. Ihr Mund glitt wie der einer Verdurstenden dorthin, wo im Schatten des Jackenkragens sein Duft noch intensiver war, wo sie mehr von ihm riechen und schmecken konnte.
Ihre Finger tasteten erneut nach dem Reißverschluss seiner Jacke, glitten ab, suchten vom unteren Bund aus den Weg zu seiner Haut.
»Lass mich das für dich machen«, flüsterte er und schob sie sanft von sich. Tief aus ihrer Kehle kam ein leiser, protestierender Ton, weil ihr Körper seinen schon in der Sekunde vermisste, in dem sie ihn nicht mehr spürte.
Das Geräusch, mit dem der Reißverschluss nach unten glitt, brachte auch die allerletzten Härchen auf ihrem Rücken dazu, sich aufzurichten.
Ihr Begehren schnürte ihr die Kehle zu, während sie mit hängenden Armen dastand und zusah, wie er sich die Jacke von den Schultern schob und sie achtlos neben das Handtuch auf den Boden fallen ließ. Mit einem entschlossenen Ruck zog er sich dann das schwarze T-Shirt über den Kopf. Nun trug er nur noch die enge schwarze Lederhose und die halbhohen Stiefel.
Noras Fingerspitzen brannten. Sie wollte seine Brust berühren, die sich heftig hob und senkte, wollte in die blonden Härchen pusten und ihre Lippen um die dunkelroten Brustwarzen schließen. Doch dann hatte sie keine Geduld mehr. Sie war nur noch wildes, grenzenloses Wollen und stürzte sich in seine Umarmung wie in ein tiefes Meer, atmete, fühlte und schmeckte ihn. Ihre Brust schmiegte sich an seine, und mit jedem Atemzug liefen winzige Stromstöße von den harten Spitzen ihrer Brüste bis in ihren Schoß.
Irgendwann nahm er ihre Hand und zog sie durch die offene Tür in ihr kleines Wohnzimmer.
Gleich darauf rieb sich die zarte Haut ihres Rückens am rauen Cordbezug der alten Couch, und sie blinzelte zu dem hohen, breitschultrigen Schatten hinauf, der zwischen ihr und dem schwindenden Tageslicht war, das gerade durchs Fenster fiel.
»Komm zu mir«, flehte sie. Er sollte sie mit seinem Körper bedecken, sie halten und ausfüllen, sollte sie lieben, bis das Feuer und die grenzenlose Gier, die sie in sich spürte, erloschen.
Leonard aber rührte sich nicht, stand nur da und sah auf sie herunter. »Du bist so schön«, flüsterte er rau.
Da spürte sie, wie unter seinem flackernden Blick die heiße Welle des Verlangens in ihrem Unterleib noch höher und wilder wurde. Heiße Flüssigkeit sickerte zwischen ihren zusammengepressten Schenkeln hindurch.
»Ich werde dich zudecken«, flüsterte Leonard, streckte den Arm aus und zog eine der Rosen aus der Vase, die sie mitten auf ihren Schreibtisch gestellt hatte.
Gebannt starrte sie ihm ins Gesicht, bewegungslos, obwohl alles in ihr danach schrie, ihn sofort zu sich herunterzuziehen.
Mit ernster, konzentrierter Miene hielt er die rote Blüte über ihren Körper. Für einen winzigen Moment sah sie eine silberne Perle in der Luft, dann zuckte sie unter dem Tropfen zusammen, der vom Rosenstiel knapp neben ihren Bauchnabel gefallen war.
Unter der Spur, die das Wasser auf ihre Haut zeichnete, zitterten sanft ihre Muskeln – und erstarrten, als da plötzlich auf ihrem Bauch eine andere Berührung war. Etwas, das kühl und samtweich war; etwas, das sie so leicht streifte, dass sie die Luft anhielt, um es besser wahrnehmen zu können. Etwas, dem ihr Körper sich instinktiv entgegenwölbte, weil sie mehr und mehr davon fühlen wollte. Es war die Rosenblüte, mit der Leonard sie streichelte.
Quälend langsam ließ er die Rose weiter an ihrem Körper hinabgleiten, zart über die feinen Härchen unter ihrem Bauch streichen und dann der Linie ihrer Schenkel bis zum Knie folgen.
Wie aus weiter Ferne hörte Nora sich stöhnen. Das kühle, samtweiche Gefühl war jetzt zwischen ihren Schamlippen und brachte sie zum Beben. Sie krallte die Nägel in den rauen Stoff der Lehne neben sich, wand sich unter der zarten und doch nachdrücklichen Berührung der weichen Blütenblätter, schob die Hüften zur Seite und folgte gleich darauf mit ihrem Körper gierig den Bewegungen der Rose.
Wieder und wieder strichen die kühlen Blätter über jenen pochenden Punkt, an dem sie so sehr die zarte, kitzelnde Kühle fühlen wollte.
Ihr Atem ging heftiger, ihr Stöhnen wurde lauter, als ihre Erregung plötzlich schwebend stockte. Die Rosenblüte war über ihr in der Luft und ließ sie nicht mehr fühlen, was sie so sehr fühlen wollte.
»Leonard«, flüsterte sie und wölbte ihm, längst ohne jede Scham, ihren Körper entgegen.
»Nora, ich liebe dich, Nora.« Er beugte sich vor, presste die Lippen fest auf ihren Mund und küsste sie so tief, dass sie die Welle schon erneut nahen fühlte. Doch er richtete sich wieder auf und zupfte mit einer ruhigen Bewegung ein rotes Blatt aus der Blüte.
»Schließe bitte die Augen, Nora.« Seine Stimme streichelte sie.
Nach kurzem Zögern tat sie, was er sich wünschte, blinzelte aber unter ihren Wimpern hindurch und sah ihn immer noch als Schatten über sich. Bis sie die samtige Kühle auf ihrem rechten Lid spürte und dort nur noch dunkles Rot wahrnahm. Sekunden später hatte er auch ihr anderes Auge mit einem Rosenblatt verschlossen. Mit zwei Blättern bedeckte er ihren Mund. Ein Blatt pflanzte er zärtlich in die kleine Kuhle, wo ihre Schlüsselbeinknochen zusammenstießen. Dann verlor sie den Überblick. Samtweich fühlte sie es auf ihren Brüsten, auf Bauch und Schenkeln. Ein- oder zweimal traf sie ein Tropfen von einem der Stiele. Und zwischendurch war immer wieder sein Mund auf ihrer Haut, heiß und feucht, ganz anders als die Blütenblätter und mindestens ebenso erregend.
Unter den duftigen Pflastern, die ihr Mund und Augen verschlossen, war Nora ihren Empfindungen noch stärker ausgeliefert als zuvor, ahnungslos wo und wie sie im nächsten Moment berührt werden würde.
Zart pustete Leonards Atem durch ihr Schamhaar, sachte strichen seine Fingerkuppen über ihre Schenkel, platzierten ein Blatt auf ihrem rechten Knie, bevor seine Lippen einen Kuss darüber hauchten. Dann war sein Mund auf ihrem Bauch, strich nach unten und wieder nach oben, umkreiste ihren Nabel, glitt abwärts, noch tiefer dieses Mal.
Seine Zunge war heißer als seine Lippen. Als sie sie fühlte, stieß Nora die Luft so heftig aus, dass eines der Blütenblätter von ihrem Mund in die Luft flog und sanft auf ihrer Brust landete. Sie aber spürte nur sich und den Mann, der sie so sehr in Erregung versetzte.
Mit langen, festen Strichen ließ Leonard seine Zunge zwischen ihren Schamlippen hindurch gleiten und schob sie dann sanft und zärtlich in sie hinein. Wieder und wieder, bis Nora spürte, wie alles in ihr weich und warm und weit wurde, wie es prickelte und strömte, wie sie sich in der einen Sekunde verlor und in der nächsten wiederfand, wie sie eins mit sich und eins mit allem um sich herum wurde, eins mit diesem Mann.
Sie wusste nicht, wie lange es gedauert hatte, bis sie wieder den rauen Stoff unter sich spürte und sich selber darauf, bis ihre Augen, von denen er zärtlich die Blütenblätter gepflückt hatte, wieder klar das Gesicht über sich erkennen konnten. Sie streckte die Arme nach Leonard aus, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn lange.
Seinen Mund noch auf ihren Lippen hob er sie von der Couch hoch in eine enge Umarmung und presste seinen Körper warm und fest an ihren. Durch die lederne Motorradhose spürte sie seine Erregung, und sofort stieg auch in ihr wieder die Welle hoch.
Nun war sie es, die ihn mit sich zog. Nach nebenan in ihr kleines Schlafzimmer, wo sie sich neben dem Bett vor ihm niederkniete, um den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen und ihn ihre Hände und ihren Mund, ihre Zärtlichkeit und ihr Verlangen spüren zu lassen.
»Du musst jetzt gehen«, sagte Nora zwei Stunden später. Sie lag auf dem Rücken in ihrem Bett, das eigentlich viel zu schmal für zwei war, und fühlte sich gleichzeitig erschöpft und voller Energie. Ihre Arme und Beine waren mit Leonards verschlungen, ihr Schweiß mischte sich auf ihrer Haut mit seinem, und tief in sich meinte sie ihn immer noch zu spüren.
Er hob den Kopf und sah sie von der Seite an. »Weißt du, dass wir in den drei Monaten, die wir jetzt zusammen sind, niemals eine ganze Nacht miteinander verbracht haben?«
»Ich muss noch arbeiten.« Wie ertappt biss sie sich auf die Unterlippe und drehte den Kopf ein winziges Stückchen zur Seite.
»Wovor hast du Angst?« Seine Fingerspitzen legten sich mit leichtem Druck auf den zarten Knochen ihres Schlüsselbeins.
»Vor einer schlechten Bewertung zum Beispiel?« Trotzig sah sie ihm in die Augen. »Ich muss morgen früh ein Referat halten.«
Der Gedanke, wie viel sie noch an ihrem Vortrag hatte tun wollen, machte sie unglücklich. Mittlerweile war es fast Mitternacht, und ihr Kopf fühlte sich leer und seltsam schwebend an wie ein mit Helium gefüllter Ballon.
Entschlossen nahm sie seine Hand von ihrem Körper. »Bitte, geh jetzt!«
Vom Bett aus sah sie ihm beim Anziehen zu. Seine Bewegungen waren knapp und sicher, und wenn er erneut zu ihr gekommen wäre, hätte sie ihm vielleicht ein weiteres Mal nicht widerstehen können. Doch er vermied es, auch nur in ihre Richtung zu schauen.
Zum Abschied beugte er sich nur kurz über sie, sah ihr prüfend in die Augen, legte für einen Moment die Fingerspitzen auf ihren Mund und ging dann wortlos aus dem Zimmer. Die Tür ließ er hinter sich offen.
Hungrig folgte Noras Blick ihm quer durch das kleine Wohnzimmer. Vor ihrem Schreibtisch blieb er stehen und betrachtete nachdenklich die wenigen Rosen, die noch übrig geblieben waren. Dann zog er sie aus der Vase und nahm sie mit.
Am nächsten Morgen, als Nora auf dem Weg in die Uni ihren Müll in den Container warf, sah sie zwischen all den grauen Müllbeuteln ein paar leuchtend rote Blütenblätter.
Sie verstand nicht, warum er ihr die wenigen Blumen, die von seinem Geschenk übrig geblieben waren, nicht gelassen hatte, aber es blieb ihr keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie war eigentlich schon zu spät dran, wenn sie sich vor ihrem Referat noch ein paar Minuten konzentrieren wollte.
16. Mai 1996
Seit Wochen habe ich keinen Tagebucheintrag gemacht. Zu viel Arbeit, zu wenig Ruhe, vielleicht auch zu viele Gefühle, für die es keine Worte gab. Es ist höchste Zeit, wieder klar zu denken und zu fühlen, nicht nur angesichts meiner bevorstehenden Diplomprüfung! Dennoch war die Entscheidung, mich von Leonard zu trennen, eine der schwersten meines Lebens, obwohl sie unumgänglich war.
Die Tatsache, dass ich eine schwache Leistung in meinem Referat in Statistik abgeliefert habe, weil ich am Abend vorher entgegen all meinen Vorsätzen Sex mit ihm hatte, der mich wie immer völlig durcheinanderbrachte, war nur der Auslöser, nicht der Grund für meine Entscheidung. Ich kann und will nicht mit einem Mann zusammen sein, dessen bloße Existenz mir mein Leben entgleiten lässt.
Als ich es ihm sagte, wollte er mich nicht verstehen. Alles, was er erwiderte, war, er könne mich nach all dem, was zwischen uns gewesen sei und noch sein könne, in seinem Herzen nicht loslassen. Heute nicht, morgen nicht, vielleicht niemals. Ein Gedanke, der mir Angst macht, weil auch er sich viel zu sehr von Gefühlen beherrschen lässt.
Schon in der Tür, drehte er sich noch einmal um und sagte etwas, was ich wohl nie vergessen werde (wofür ich ihn gern hassen würde, wenn ich nur könnte): »Wenn wir wirklich nie mehr in diesem Leben zusammenfinden, was ich einfach nicht glauben will und nicht glauben kann, werde ich noch mit 80, wenn ich auf einer Bank sitzen und in den Sonnenuntergang schauen werde, an das gemeinsame Leben denken, das wir nicht hatten.«
Die Rosen, die ich am nächsten und am übernächsten Tag vor meiner Tür fand, habe ich weggeworfen. Sein Atmen und sein Schweigen am Telefon ertrage ich immer nur für wenige Sekunden und lege dann auf Ich habe Angst, dass das niemals aufhört!
Dr. Nora Jacobi starrte ungeduldig auf das Förderband, auf dem nur noch einige wenige Koffer ihre Runden drehten. Die meisten Fluggäste der Maschine aus München hatten bereits mit ihrem Hab und Gut die Ankunftshalle verlassen.
Als ein neues Gepäckstück durch die von Kunststoffstreifen verhängte Öffnung auf das Band glitt, hob Nora aufmerksam den Kopf, um sofort darauf die Luft gleichzeitig durch Mund und Nase auszustoßen und die Fingerspitzen der rechten Hand gegen ihre Nasenwurzel zu pressen, wo es nachdrücklich zu pochen begonnen hatte. Wenn sie nicht innerhalb der nächsten Stunde eine Tasse starken Kaffee bekam, würde sich das Pochen zu einer handfesten Migräne auswachsen. Außerdem musste sie ihre Füße dringend aus den todschicken und sündhaft teuren, aber sehr unbequemen Pumps befreien, die sie sich extra für die Tagung geleistet hatte.
»Gehören Sie auch zu den Fluggästen, deren Koffer aus unerfindlichen Gründen immer als Allerletzter auf dem Band auftaucht?«
Als sie die tiefe Stimme direkt neben sich hörte, zuckte Nora zusammen. Dann erkannte sie den Mann, der aus einer imposanten Höhe von mindestens einen Meter neunzig auf sie heruntersah, und rang sich ein Lächeln ab. »Falls mein Gepäck überhaupt auftaucht. Ich fürchte jedes Mal das Schlimmste, und manchmal tritt es ein.«
»Dann haben wir ja noch etwas gemeinsam.«
Nora verkniff sich die Frage, was genau sie und Professor Cord Andersen außer ihrem Berufsfeld und einer unglücklichen Beziehung zu Koffern gemeinsam haben sollten. Immerhin war er eine international anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet der Schizophrenie-Forschung, während sie allenfalls in jenen Kreisen bekannt war, die mit sich mit dem erst vor kurzem ins Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit gerückten Phänomen des Stalkings beschäftigten. Der Kongress in München, auf dem sie einen Vortrag über ihre Erfahrungen mit der Behandlung von Tätern und Opfern gehalten hatte, war ihr erster Auftritt vor bedeutenden Wissenschaftlern gewesen, wenn man den einen oder anderen Aufsatz, den sie in Fachzeitschriften hatte veröffentlichen können, außer Acht ließ.
»Ich habe gar nicht bemerkt, dass Sie auch in der Maschine waren.« Nervös ließ sie ihren Blick hinüber zum Band und wieder zurück zu Andersen huschen.
»Ich bin praktisch in letzter Minute an Bord gegangen. Schade, dass wir uns nicht beim Boarding getroffen haben, ich hätte mich auf dem Flug gern mit Ihnen über Ihren interessanten Vortrag unterhalten.« Sein Lächeln erreichte seine grauen Augen nicht.
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