Bringt der Storch ein Baby für uns? - Friederike von Buchner - E-Book

Bringt der Storch ein Baby für uns? E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Toni hielt auf dem großen Hof vor Doktor Martin Englers Praxis. Außer Martins Geländewagen und dem Kleinwagen seiner Frau Katja parkte kein anderes Auto. Das ließ Toni hoffen, dass keine Patienten da waren und Martin Zeit hatte. Martin und Katja hatten Toni kommen sehen. Sie kamen aus dem Haus. »Grüß Gott, Toni«, rief ihm Martin entgegen. Toni begrüßte den Freund und gab Katja die Hand. »Ist jemand krank?«, fragte Martin. Toni lachte. »Mei, kannst du nie abschalten? Du bist immer Doktor, wie? Bist du zuerst Arzt und dann erst Freund? Glaubst du, ich besuche dich nur, wenn ich krank bin oder ich Medizin für Anna, Alois oder die Kinder brauche? Du bist mein Freund und nicht nur unser Doktor. Mein Freund warst du schon, bevor du Arzt wurdest.« Martin lächelte verlegen. »Ich bin eben immer um meine Patienten besorgt. Wenn sie dazu noch meine Freunde sind, bin ich besonders achtsam.«

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Toni der Hüttenwirt – 218–

Bringt der Storch ein Baby für uns?

Kleines Madl – großes Herz

Friederike von Buchner

Toni hielt auf dem großen Hof vor Doktor Martin Englers Praxis. Außer Martins Geländewagen und dem Kleinwagen seiner Frau Katja parkte kein anderes Auto. Das ließ Toni hoffen, dass keine Patienten da waren und Martin Zeit hatte.

Martin und Katja hatten Toni kommen sehen. Sie kamen aus dem Haus.

»Grüß Gott, Toni«, rief ihm Martin entgegen.

Toni begrüßte den Freund und gab Katja die Hand.

»Ist jemand krank?«, fragte Martin.

Toni lachte.

»Mei, kannst du nie abschalten? Du bist immer Doktor, wie? Bist du zuerst Arzt und dann erst Freund? Glaubst du, ich besuche dich nur, wenn ich krank bin oder ich Medizin für Anna, Alois oder die Kinder brauche? Du bist mein Freund und nicht nur unser Doktor. Mein Freund warst du schon, bevor du Arzt wurdest.«

Martin lächelte verlegen.

»Ich bin eben immer um meine Patienten besorgt. Wenn sie dazu noch meine Freunde sind, bin ich besonders achtsam.«

»Ich weiß, es war auch nicht so gemeint. Du bist schon richtig, Martin. Du bist ein guter Doktor.«

Martin und Katja baten Toni ins Haus.

»Ich habe Sebastian und Franziska zu meinen Eltern gebracht. Meine Schwester aus München ist dort zu Besuch. Basti und Franzi hängen an ihrer Tante und freuen sich immer, wenn sie kommt. Dann können sie auf die Kleinen aufpassen und fühlen sich als die Großen. Ich dachte, wenn ich zu der Tageszeit schon mal unten in Waldkogel bin, besuche ich euch kurz. Ich hatte gehofft, dass du die Patienten der Abendsprechstunde schon abgefertigt hast.«

»Richtig, der letzte Patient ist gegangen. Auf der kleinen Bettenstation beherbergen wir im Augenblick auch niemanden. Allen geht es gut. Das freut mich. Ich wollte mir mit Katja einen schönen Abend machen.«

»Dabei will ich euch nicht stören. Ich bleibe auch nicht lange«, sagte Toni.

»Schmarrn, du störst doch nicht. Es ist schön, ganz spontan mit einem Freund zusammenzusitzen. Magst du ein Bier?«

Toni nickte.

Katja holte drei Flaschen Bier aus dem Keller. Sie prosteten sich zu und tranken.

»Also, was ich dich noch fragen wollte, wie ist das jetzt mit unserer gemeinsamen Klettertour? Hat dich Wolfi schon angesprochen? Hast du eine Vertretung gefunden?«

Martin warf seiner Frau Blicke zu. Toni sah es und schaute die beiden verwundert an.

»Was habt ihr?«, fragte Toni erstaunt.

»Ich überlege gerade, inwieweit ich meine ärztliche Schweigepflicht verletze.«

Katja schüttelte den Kopf.

»Martin, mach dir nicht so viele Gedanken! Wolfi ist nicht krank. Er ist nicht als Patient zu dir gekommen, sondern als Freund, der Hilfe braucht.«

Martin trank einen Schluck Bier. Er überlegte kurz.

»Gut, Katja, du hast recht. Außerdem würde Wolfi mit Toni ebenso darüber geredet haben, wenn er Gelegenheit gehabt hätte. Wolfi ist mein Freund und er ist gleichzeitig mein Patient, wenn er ernsthaft krank werden würde. Gewarnt habe ich ihn. So kann das nicht weitergehen. Auf jeden Fall wird nichts aus unserer Klettertour, Toni. Ich habe Wolfi, als Freund und als Arzt, davon abgeraten zu klettern. Ich habe es ihm verboten. Ich habe mich als Freund geweigert, mit ihm in die Wand zu steigen.«

»Mei, was ist mit ihm?«, fragte Toni und schaute Martin sehr überrascht an. »Wolfi macht doch einen ganz fitten Eindruck. Er besuchte uns kürzlich auf der Berghütte. Da haben wir über die gemeinsame Klettertour gesprochen. Es wird auch Zeit, dass wir mal wieder zusammen etwas unternehmen. Ich habe mit Leonhard gesprochen. Er nimmt sich einen Tag frei und kommt mit.«

Martin trank wieder einen Schluck Bier. Er schüttelte den Kopf.

»Toni, würdest du jemanden auf den Gipfel des Engelsteigs klettern lassen, der völlig erschöpft ist? So erschöpft, dass er während eines Gesprächs mit dir einschläft?«

»Na, den würde ich nicht zu einer Bergtour aufbrechen lassen, auf keinen Fall. Das wüsste ich zu verhindern«, sagte Toni mit entschlossenem Unterton in der Stimme.

»Richtig! Wolfi ist so ein Fall. Du weißt, dass Chris in Urlaub ist?«

»Jeder in Waldkogel weiß das. Erst macht Chris Urlaub, anschließend geht sie auf Fortbildung. Überstunden will sie auch abbummeln. Deshalb hat Wolfi an den Wochenenden Bereitschaftsdienst und während der Woche freie Tage. Dann kann eine Vertretung kommen. Wolfi und ich dachten, das sei der perfekte Zeitpunkt für eine Tour. Denn ich muss an den Wochenenden auf der Berghütte anpacken, wenn die Bergtouristen in Scharen einfallen.«

»So ist es, Toni. Der Plan war nicht schlecht. Ich dachte, ich mache mittwochs die Praxis zu. Nun, das war bevor mir Wolfi sein Leid geklagt hatte.«

Toni zuckte mit den Schultern.

»Was ist los? Ich habe keine Ahnung, was passiert ist«, sagte er.

»Das ist schnell gesagt. Seit einer Woche wird Wolfi jede Nacht mehrmals aus dem Schlaf gerissen, weil sein Diensttelefon bimmelt. Das passiert bis zu zwanzig Mal, immer in Abständen, mal nach einer Stunde, mal gleich nach wenigen Minuten. Es beginnt kurz vor Mitternacht und endet morgens gegen halb acht Uhr. Du kannst dir vorstellen, wie es ist, wenn man so einem, ich möchte fast sagen, einem ›Telefonterror‹ ausgesetzt ist. An Schlaf ist da nicht zu denken, an erholsamen Tiefschlaf überhaupt nicht. Kein Mensch kommt auf die Dauer ohne Tiefschlafphasen aus. Wolfi wird jetzt schon die fünfte Nacht auf diese Weise geärgert. Das Telefon bimmelt. Er geht dran und meldet sich. Schließlich hat er ja Bereitschaft. Dann wird aufgelegt, entweder sofort oder nach einer halben Minute. Zu hören ist niemand. Es gibt sich niemand zu erkennen.«

Toni staunte. Er blickte abwechselnd zwischen Martin und Katja hin und her.

»Nach mehreren solchen Nächten ist Wolfi sehr erschöpft und in einem Zustand, der bedenklich ist. Er kam vorbei und wollte ein Mittel, damit er tagsüber nicht mehr müde ist. Dabei ist er hier am Tisch, dort wo du jetzt sitzt, Toni, eingeschlafen.«

»Was du nicht sagst? Das ist wirklich bedenklich.«

»Der Meinung bin ich auch. Deshalb habe ich ihm die Klettertour ausgeredet. Das ist viel zu gefährlich.«

»Da macht sich jemand einen Scherz«, sagte Toni. »Obwohl das weit über einen Scherz hinausgeht. Dass sich jemand so oft verwählt, kann ich mir nicht vorstellen und dazu noch jede Nacht.«

»Das können wir uns auch nicht vorstellen«, sagte Martin. »Da steckt eine Absicht dahinter.«

»Es wird keine Nummer angezeigt, vermute ich«, bemerkte Toni.

»Richtig, Toni! Es wird keine Nummer angezeigt.«

»Dann will ihn jemand ärgern. Doch wer?«

Martin zuckte die Achseln. Er wusste keine Antwort.

»Mei, Toni, die einzige Vermutung, die sich mir aufdrängt, ist die, dass es etwas mit seinem Beruf zu tun hat. Außerdem wird immer die Polizeinummer gewählt. Und Wolfi ist Polizist. Das ist ein Beruf, der auch unangenehme Seiten hat. Es kann ein Verkehrssünder sein, dem Wolfi den Führerschein abnehmen musste, weil er betrunken am Steuer saß. Der will sich vielleicht rächen. Eine Erklärung kann nur in Wolfis beruflicher Tätigkeit liegen. Trotzdem, wer tut so etwas? Der Mensch, der das tut, der muss nimmer richtig ticken. Der muss krank im Hirn sein«, schimpfte Martin aufgebracht.

Toni rieb sich das Kinn.

»Ich bedaure natürlich, dass unsere gemeinsame Klettertour ausfällt. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Du hast vollkommen recht. Es wäre viel zu gefährlich, mit Wolfi eine Seilschaft zu bilden. Er kann nicht nur sich in Gefahr bringen, sondern uns auch.«

»Das denke ich auch. Also müssen wir warten, bis der Spuk vorbei ist. Ich hoffe, dass derjenige, wer immer das macht, bald das Interesse daran verliert. Er muss wütend auf Wolfi sein, denke ich mir. Er will ihn ärgern. Doch irgendwann verfliegt jede Wut.«

Toni nippte an seinem Bier.

»Es muss doch herauszufinden sein, wer so etwas macht. Dahinter kann nur ein krankes Hirn stecken, darin stimme ich dir zu. Wer so etwas tut, der kann doch selbst nicht schlafen. Wenn ich mir vorstelle, es ist jemand aus Waldkogel, da läuft es mir kalt den Rücken hinunter.«

Doktor Martin Engler nickte.

»Seit Wolfi gestern hier war und mir sein Leid geklagt hat, grüble ich darüber nach. Irgendjemand muss große Freude daran haben, Wolfi zu ärgern. Technisch könnte es auch möglich sein, dass dahinter ein Computer steckt. Der ist vorprogrammiert, wählt die Nummer, wartet eine Weile und schaltet wieder ab. So geht das die ganze Nacht. Da hat einer viel kriminelle Energie, Toni.«

»In Computersachen kenne ich mich nicht aus. Aber denkbar ist es schon. Doch Wolfi muss doch dagegen vorgehen können. Gerade er muss doch etwas machen können als Polizist«, sagte Toni. »Außerdem, sollte jemand einen Computer programmiert haben, dann frage ich mich, wer das in Waldkogel sein könnte. Wer hat so viele Kenntnisse, dass er das zustande bringt?«

Martin schüttelte den Kopf.

»Darüber haben wir auch gesprochen. Es gibt einige jüngere Computerfreaks, die dazu in der Lage wären. Ich will keine Namen nennen, niemand verdächtigen. Wenn dem so ist, kann es nur ein fehlgegangener Spaß sein. Keiner von denen hat sich Wolfi zum Feind gemacht.«

»Spaß, sagst du? Das ist doch ein schlechter Scherz«, schimpfte Toni. »Der gehört geschnappt und verdroschen. Aber zuerst muss man ihn haben.«

Martin erzählte, dass er mit Wolfi über die Möglichkeit einer Fangschaltung gesprochen hatte.

»Doch dazu müsste Wolfi eine Anzeige gegen Unbekannt schreiben und eine Fangschaltung in München für sein Diensttelefon beantragen. Kannst du dir vorstellen, welches Aufsehen das geben würde? Wolfi will damit noch warten. Er hofft von Nacht zu Nacht, dass es aufhört. Einfach das Telefon abschalten, kann er nicht. Er muss immer in Bereitschaft sein.«

Toni war erschüttert.

»Da muss man doch etwas machen können, Martin. Das lässt mir keine Ruhe. Wir müssen Wolfi helfen.«

»Ab morgen früh hat er keinen Dienst. Da kommt für zwei Tage die Vertretung aus München. Die Vertretung nächtigt im Hotel ›Zum Ochsen‹, und das Telefon ist per Rufweiterschaltung direkt auf das Handy des Kollegen oder der Kollegin geschaltet. Warten wir ab, ob die Telefonanrufe dann aufhören. Darauf ist Wolfi auch gespannt. Dass jemand hier Vertretung macht, wissen nur die Waldkogeler und Kollegen in München.«

Toni hob die Hand.

»Ich habe eine Idee. Es könnte doch aus dem Kollegenkreis kommen. Was meinst du dazu? Jemand will Wolfi zermürben, damit er krank wird, den Dienst quittiert und er die Stelle in Waldkogel bekommt.«

»An eine solche Möglichkeit hat Wolfi auch schon gedacht. So etwas nennt man Mobbing. Mobbing gibt es fast überall, wo Menschen zusammen arbeiten. Doch diese Sache geht zu weit«, bekräftigte Martin. »Wenn während der Vertretung dieser Telefonterror weitergeht, dann ist es irgendein Irrer. Hört der Telefonterror beim Vertreter auf, dann ist bewiesen, dass sich das Geschehen nur gegen Wolfi richtet.«

Das sah Toni auch so. Er dachte nach. Toni war niemand, der einfach abwarten konnte. Er war ein Mensch, der Probleme und Fragen des Lebens sofort anpackte.

»Martin, wenn die Anrufe nicht aufhören, dann muss etwas geschehen. Diese ständigen Schlafunterbrechungen, das ist schon Folter, das ist Psychofolter. Wir müssen uns zusammentun und uns etwas einfallen lassen.«

»Wolfis Strategie ist, sich nichts anmerken zu lassen. Er tut einfach so, als sei nichts geschehen. Wenn er gemobbt wird, verliert der Mobber vielleicht das Interesse, wenn er sieht, er hat keinen Erfolg.«

Toni hielt das für eine gute Idee.

Es war alles gesagt. Toni, Martin und Katja war klar, dass sie sich mit ihren Überlegungen im Kreis drehten. Jetzt hieß es, Geduld aufzubringen. Es galt abzuwarten, ob die Telefonanrufe in den nächsten Nächten weitergingen, wenn die Vertretung aus München ihren Dienst machte.

Toni verabschiedete sich. Er entschloss sich dazu, kurz bei Wolfi vorbeizufahren und mit ihm zu reden.

Martin und Katja brachten Toni zu seinem Auto. Sie winkten ihm nach, als er davonfuhr.

»Toni kann sich auch keinen Reim darauf machen, Martin«, sagte Katja.

»Niemand hat dafür eine Erklärung. Es ist einfach gemein und niederträchtig, jemand so zu tyrannisieren, Katja. Das kann kein Zufall sein. Da steckt Absicht dahinter.«

»Es ist bestimmt kein Zufall, Martin«, pflichtete ihm Katja bei.

Sie gingen ins Haus zurück. Sie saßen noch bis Mitternacht zusammen und redeten. Aber eine Erklärung fanden sie nicht.

*

Es ging schon auf Mitternacht zu, als Sascha Hefner leise auf dem großen Hof seines Elternhauses parkte. Vorsichtig drückte er die Tür seines Autos zu.

Er sah an der Hauswand hinauf. Im Kinderzimmer ging kein Licht an. Er seufzte erleichtert. Seine kleine Tochter Julia war nicht aufgewacht.

Die Haustür ging auf. Seine Eltern standen im Türrahmen.

»Schön, dass da bist«, flüsterte seine Mutter.

Sascha drückte ihr einen Kuss auf die Wange und legte seinem Vater kurz die Hand auf die Schulter. Sie gingen hinein.

Erst als die Tür der großen Wohnküche geschlossen war, redeten sie in normaler Zimmerlautstärke.

»Julchen schläft?«, fragte Sascha.

»Ja, es war wie immer etwas schwierig, bis sie eingeschlafen war. Sie wollte unbedingt wach bleiben, bis du von der Arbeit kommst«, sagte Marlies, Saschas Mutter. »Des ist immer so, wenn du die späte Schicht hast. Ich habe eben noch einmal nach ihr gesehen. Sie schläft tief und fest. Wie war dein Tag? Hast du jetzt wirklich eine Woche frei? Willst du noch etwas essen?«

Sascha erzählte, dass er nach Dienstschluss mit Kollegen einen Imbiss genommen hatte. Er war nicht hungrig.

»War auch die nette Kollegin dabei?«, fragte sein Vater und blinzelte ihm zu.

»Vater, bitte! Hör mit den Anspielungen auf! Sie ist wirklich eine nette Kollegin. Aber zwischenmenschlich, im Sinne von Liebe, läuft da nix. Mei, man kann sich nicht auf Kommando verlieben!«

»Sie würde perfekt zu dir passen, Bub«, stieg Saschas Mutter in das Thema ein.

Vor einigen Wochen hatte Sascha seine Eltern gebeten, Julia zum Flughafen nach München zu bringen. Dort arbeitete er als Fluglotse. Er zeigte seiner Tochter seinen Arbeitsplatz. Dabei lernten seine Eltern Saschas Kollegin Petra kennen.

Julia strahlte Petra an. Die Fünfjährige interessierte sich mehr für sie, als für die Arbeit ihres Vaters. Petra hatte sich Julchens sehr lieb angenommen. Sie schien von dem kleinen Mädchen sehr angetan zu sein. Die Tage danach hatte Julia ihren Vater immer wieder gefragt, wann er Petra mit nach Waldkogel bringen würde.

»Sascha«, sagte Marlies, »Vera ist bereits einige Jahre tot. Willst du dich gar nicht nach einer Frau umsehen und einer Mutter für Julchen? Das Madl braucht eine junge Mutter. Ich als Großmutter kann sie nicht ersetzen. Dazu bin ich zu alt.«

Marlies Hefner war mal wieder bei ihren Lieblingsthema. Seit einiger Zeit ermunterte sie Sascha, sich wieder zu binden.

»Es steht schon in der Bibel, dass es net gut ist, wenn der Mensch allein ist.«

Sascha nahm die deutlichen Worte seiner Mutter mit Humor. Er wusste, dass sie es nur aus Sorge tat, um ihn und Julia.

»Mutter, ich weiß, was in der Bibel steht. Da steht eine Menge drin. Aber die Antwort auf meine Frage, die steht dort nicht drin«, sagte Sascha bitter.

Seine Eltern warfen sich Blicke zu. Sie verstanden ihn, der noch immer nach der Antwort suchte, warum es geschehen war.

Sascha holte sich ein Feierabendbier. Er nahm ein Bierglas aus dem Schrank.

»Leute, ich bin abgespannt und zu müde für ein Gespräch. Ich gehe rauf. Gute Nacht!«

Seine Eltern wünschten ihm ebenfalls eine gute Nacht.

Nachdem Sascha nach oben gegangen war, sahen sich seine Eltern an und zuckten beide ratlos mit den Schultern.

»Der Bub geht jedem Gespräch über das Thema Liebe aus dem Weg«, seufzte Marlies.