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mehrbuch-Weltliteratur! eBooks, die nie in Vergessenheit geraten sollten. Das Buch der Lieder umfasst mit Gedichten zwischen 1817 und 1826 Heines Frühwerk. Stattdessen befassen sich 142 der 237 Gedichte mit unglücklicher Liebe. Als Erklärung dafür werden Heines Gefühle zu seiner Cousine Amalie und später zu deren sieben Jahre jüngeren Schwester, beides Töchter Salomon Heines, genannt. #lestmalbittemehrbuch
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Seitenzahl: 149
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Buch der Lieder
Heinrich Heine
Vorrede zur dritten Auflage
Das ist der alte Mährchenwald! Es duftet die Lindenblüte! Der wunderbare Mondenglanz Bezaubert mein Gemüte.
Ich ging fürbaß, und wie ich ging, Erklang es in der Höhe. Das ist die Nachtigall, sie singt Von Lieb' und Liebeswehe.
Sie singt von Lieb' und Liebesweh, Von Tränen und von Lachen, Sie jubelt so traurig, sie schluchzet so froh, vergessene Träume erwachen. —
Ich ging fürbaß, und wie ich ging, Da sah ich vor mir liegen, Auf freiem Platz, ein großes Schloß, Die Giebel hoch aufstiegen.
Verschlossene Fenster, überall Ein Schweigen und ein Trauern; Es schien als wohne der stille Tod In diesen öden Mauern.
Dort vor dem Tor lag eine Sphinx, Ein Zwitter von Schrecken und Lüsten, Der Leib und die Tatzen wie ein Löw, Ein Weib an Haupt und Brüsten.
Ein schönes Weib! Der weiße Blick, Er sprach von wildem Begehren. Die stummen Lippen wölbten sich Und lächelten stilles Gewähren.
Die Nachtigall, sie sang so süß — Ich konnt nicht widerstehen — Und als ich küßte das holde Gesicht, Da war's um mich geschehen.
Lebendig ward das Marmorbild, Der Stein begann zu ächzen — Sie trank meiner Küsse lodernde Glut, Mit Dürsten und mit Lechzen.
Sie trank mir fast den Odem aus — Und endlich, wollustheischend, Umschlang sie mich, meinen armen Leib Mit den Löwentatzen zerfleischend.
Entzückende Marter und wonniges Weh! Der Schmerz wie die Lust unermeßlich! Derweilen des Mundes Kuß mich beglückt, Verwunden die Tatzen mich gräßlich.
Die Nachtigall sang: "O schöne Sphinx! O Liebe! was soll es bedeuten, Daß du vermischest mit Todesqual All deine Seligkeiten?
"O schöne Sphinx! O löse mir Das Rätsel, das wunderbare! Ich hab' darüber nachgedacht Schon manche tausend Jahre."
Das hätte ich alles sehr gut in guter Prosa sagen können … Wenn man aber die alten Gedichte wieder durchliest, um ihnen, behufs eines erneuerten Abdrucks, einige Nachfeile zu erteilen, dann überschleicht einen unversehens die klingelnde Gewohnheit des Reims und Silbenfans, und siehe! es sind Verse womit ich diese dritte Auflage des Buchs der Lieder eröffne. O Phöbus Apollo! sind diese Verse schlecht, so wirst du mir gern verzeihen … Denn du bist ein allwissender Gott, und du weißt sehr gut, warum ich mich seit so vielen Jahren nicht mehr vorzugsweise mit Maß und Gleichklang der Wörter beschäftigen konnte … Du weißt warum die Flamme, die einst in brillanten Feuerwerkspielen die Welt ergötzte, plötzlich zu weit ernsteren Bränden verwendet werden mußte … Du weißt warum sie jetzt in schweigender Glut mein Herz verzehrt … Du verstehst mich, großer schöner Gott, der du ebenfalls die goldene Leier zuweilen vertauschtest mit dem starken Bogen und den tödlichen Pfeilen … Erinnerst du dich auch noch des Marsyas, den du lebendig geschunden? Es ist schon lange her, und ein ähnliches Beispiel tät wieder Not … Du lächelst, o mein ewiger Vater! Geschrieben zu Paris den 20. Februar 1839. Heinrich Heine.
Junge Leiden 1817-1821
Traumbilder
Mir träumte einst von wildem Liebesglühn, Von hübschen Locken, Myrten und Resede, Von süßen Lippen und von bittrer Rede, Von düstrer Lieder düstern Melodien.
Verblichen und verweht sind längst die Träume, Verweht ist gar mein liebstes Traumgebild! Geblieben ist mir nur, was glutenwild Ich einst gegossen hab in weiche Reime.
Du bliebst, verwaistes Lied! Verweh jetzt auch, Und such das Traumbild, das mir längst entschwunden, Und grüß es mir, wenn du es aufgefunden — Dem luftgen Schatten send ich luftgen Hauch.
Ein Traum, gar seltsam schauerlich, Ergötzte und erschreckte mich. Noch schwebt mir vor mach grausig Bild, Und in dem Herzen wogt es wild.
Das war ein Garten, wunderschön, Da wollte ich lustig mich ergehn; Viel schöne Blumen sahn mich an, Ich hatte meine Freude dran.
Es zwitscherten die Vögelein Viel muntre Liebesmelodein; Die Sonne rot, von Gold umstrahlt, Die Blumen lustig bunt bemalt.
Viel Balsamduft aus Kräutern rinnt, Die Lüfte wehen lieb und lind; Und alles schimmert, alles lacht, Und zeigt mir freundlich seine Pracht.
Inmitten in dem Blumenland Ein klarer Marmorbrunnen stand; Da schaut ich eine schöne Maid, Die emsig wusch ein weißes Kleid.
Die Wänglein süß, die Äuglein mild, Ein blondgelocktes Heilgenbild; Und wie ich schau, die Maid ich fand So fremd und doch so wohlbekannt.
Die schöne Maid, die sputet sich, Sie summt ein Lied gar wunderlich; "Rinne, rinne, Wässerlein, Wasche mir das Linnen rein."
Ich ging und nahete mich ihr, Und flüsterte: O sage mir, Du wunderschöne, süße Maid, Für wen ist dieses weiße Kleid?
Da sprach sie schnell: "Sei bald bereit, Ich wasche dir dein Totenkleid!" Und als sie dies gesprochen kaum, Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. —
Und fortgezaubert stand ich bald In einem düstern, wilden Wald. Die Bäume ragten himmelan; Ich stand erstaunt und sann und sann.
Und horch! Welch dumpfer Widerhall! Wie ferner Äxtenschläge Schall; Ich eil durch Busch und Wildnis fort, Und komm an einen freien Ort.
Inmitten in dem grünen Raum, Da stand ein großer Eichenbaum; Und sieh! mein Mägdlein wundersam Haut mit dem Beil den Eichenstamm.
Und Schlag auf Schlag, und sonder Weil, Summt sie ein Lied und schwingt das Beil: "Eisen blink, Eisen blank, Zimmre hurtig Eichenschrank."
Ich ging und nahete mich ihr, Und flüsterte: O sage mir, Du wundersüßes Mägdelein, Wem zimmerst du den Eichenschrein?
Da sprach sie schnell: "Die Zeit ist karg, Ich zimmre deinen Totensarg!" Und als sie dies gesprochen kaum, Zerfloß das ganze Bild, wie Schaum. —
Es lag so bleich, es lag so weit Ringsum nur kahle, kahle Heid; Ich wußte nicht, wie mir geschah, Und heimlich schaudernd stand ich da.
Und nun ich eben fürder schweif, Gewahr ich einen weißen Streif; Ich eilt drauf zu, und eilt und stand, Und sieh! die schöne Maid ich fand.
Auf weiter Heid stand weiße Maid, Grub tief die Erd mit Grabescheit. Kaum wagt ich noch sie anzuschaun, Sie war so schön und doch ein Graun.
Die schöne Maid, die sputet sich, Sie summt ein Lied gar wunderlich: "Spaten, Spaten, scharf und breit, Schaufle Grube tief und weit."
Ich ging und nahete mich ihr, Und flüsterte: O sage mir, Du wunderschöne, süße Maid, Was diese Grube hier bedeut't?
Da sprach sie schnell: "Sei still, ich hab Geschaufelt dir ein kühles Grab." Und als so sprach die schöne Maid, Da öffnet sich die Grube weit;
Und als ich in die Grube schaut, Ein kalter Schauer mich durchgraut; Und in die dunkle Grabesnacht Stürzt ich hinein — und bin erwacht.
Im nächtgen Traum hab ich mich selbst geschaut, In schwarzem Galafrack und seidner Weste, Manschetten an der Hand, als ging's zum Feste, Und vor mir stand mein Liebchen, süß und traut. Ich beugte mich und sagte: "Sind Sie Braut? Ei! ei! so gratulier ich, meine Beste!" Doch fast die Kehle mir zusammenpreßte Der langgezogne, vornehm kalte Laut. Und bittre Tränen plötzlich sich ergossen Aus Liebchens Augen, und in Tränenwogen Ist mir das holde Bildnis fast zerflossen. O süße Augen, fromme Liebessterne, Obschon ihr mir im Wachen oft gelogen, Und auch im Traum, glaub ich euch dennoch gerne.
Im Traum sah ich ein Männchen klein und putzig, Das ging auf Stelzen, Schritte ellenweit, Trug weiße Wäsche und ein feines Kleid, Inwendig aber war es grob und schmutzig. Inwendig war es jämmerlich, nichtsnutzig, Jedoch von außen voller Würdigkeit; Von der Courage sprach es lang und breit, Und tat sogar recht trutzig und recht stutzig. "Und weißt Du, wer das ist, Komm her und schau!" So sprach der Traumgott, und er zeigt' mir schlau Die Bilderflut in eines Spiegels Rahmen. Vor einem Altar stand das Männchen da, Mein Lieb daneben, beide sprachen: Ja! Und tausend Teufel riefen lachend: Amen!
Was treibt und tobt mein tolles Blut? Was flammt mein Herz in wilder Glut? Es kocht mein Blut und schäumt und gärt, Und grimme Wut mein Herz verzehrt.
Das Blut ist toll, und gärt und schäumt, Weil ich den bösen Traum geträumt; Es kam der finstre Sohn der Nacht, Und hat mich keuchend fortgebracht.
Er bracht mich in ein helles Haus, Wo Harfenklang und Saus und Braus Und Fackelglanz und Kerzenschein; Ich kam zum Saal, ich trat hinein.
Das war ein lustig Hochzeitfest; Zu Tafel saßen froh die Gäst. Und wie ich nach dem Brautpaar schaut — O weh! mein Liebchen war die Braut.
Das war mein Liebchen wunnesam, Ein fremder Mann war Bräutigam; Dicht hinterm Ehrenstuhl der Braut, Da blieb ich stehn, gab keinen Laut.
Es rauscht Musik — gar still stand ich; Der Freudenlärm betrübte mich. Die Braut, sie blickt so hochbeglückt, Der Bräutigam ihre Hände drückt.
Der Bräutigam füllt den Becher sein, Und trinkt daraus, und reicht gar fein Der Braut ihn hin; sie lächelt Dank — O weh! mein rotes Blut sie trank.
Die Braut ein hübsches Äpflein nahm, Und reicht es hin dem Bräutigam. Der nahm sein Messer, schnitt hinein — O weh! das war das Herze mein.
Sie äugeln süß, sie äugeln lang, Der Bräutigam kühn die Braut umschlang, Und küßt sie auf die Wangen rot — O weh! mich küßt der kalte Tod.
Wie Blei lag meine Zung im Mund, Daß ich kein Wörtlein sprechen kunt. Da rauscht es auf, der Tanz begann; Das schmucke Brautpaar tanzt voran.
Und wie ich stand so leichenstumm, Die Tänzer schweben flink herum; — Ein leises Wort der Bräutigam spricht, Die Braut wird rot, doch zürnt sie nicht. —
Im süßen Traum, bei stiller Nacht Da kam zu mir, mit Zaubermacht, Mit Zaubermacht, die Liebste mein, Sie kam zu mir ins Kämmerlein.
Ich schau sie an, das holde Bild! Ich schau sie an, sie lächelt mild, Und lächelt, bis das Herz mir schwoll, Und stürmisch kühn das Wort entquoll:
"Nimm hin, nimm alles was ich hab, Mein Liebstes tret ich gern dir ab, Dürft ich dafür dein Buhle sein, Von Mitternacht bis Hahnenschrein."
Da staunt' mich an gar seltsamlich, So lieb, so weh und inniglich, Und sprach zu mir die schöne Maid: O, gib mir deine Seligkeit!
"Mein Leben süß, mein junges Blut, Gäb ich, mit Freud und wohlgemut, Für dich, o Mädchen engelgleich — Doch nimmermehr das Himmelreich."
Wohl braust hervor mein rasches Wort, Doch blühet schöner immerfort, Und immer spricht die schöne Maid: O, gib mir deine Seligkeit!
Dumpf dröhnt dies Wort mir ins Gehör Und schleudert mir ein Glutenmeer Wohl in der Seele tiefsten Raum; Ich atme schwer, ich atme kaum. —
Das waren weiße Engelein, Umglänzt von goldnem Glorienschein; Nun aber stürmte wild herauf Ein greulich schwarzer Koboldhauf.
Die rangen mit den Engelein, Und drängten fort die Engelein; Und endlich auch die schwarze Schar In Nebelduft zerronnen war. —
Ich aber wollt in Lust vergehn, Ich hielt im Arm mein Liebchen schön; Sie schmiegt sich an mich wie ein Reh, Doch weint sie auch mit bitterm Weh.
Feins Liebchen weint; ich weiß warum, Und küßt ihr Rosenmündlein stumm. — "O still feins Lieb, die Tränenflut, Ergib dich meiner Liebesglut!"
"Ergib dich meiner Liebesglut —" Da plötzlich starrt zu Eis mein Blut; Laut bebet auf der Erde Grund, Und öffnet gähnend sich ein Schlund.
Und aus dem schwarzen Schlunde steigt Die schwarze Schar; — feins Lieb erbleicht! Aus meinen Armen schwand feins Lieb; Ich ganz alleine stehen blieb.
Da tanzt im Kreise wunderbar, Um mich herum, die schwarze Schar, Und drängt heran, erfaßt mich bald, Und gellend Hohngelächter schallt.
Und immer enger wird der Kreis, Und immer summt die Schauerweis: Du gabest hin die Seligkeit, Gehörst uns nun in Ewigkeit!
Nun hast du das Kaufgeld, nun zögerst du doch? Blutfinstrer Gesell, was zögerst du noch? Schon sitze ich harrend im Kämmerlein traut, Und Mitternacht naht schon — es fehlt nur die Braut.
Viel schauernde Lüftchen vom Kirchhofe wehn; — Ihr Lüftchen! habt ihr mein Bräutchen gesehn? Viel blasse Larven gestalten sich da, Umknicksen mich grinsend und nicken: O ja!
Pack aus, was bringst du für Botschafterei, Du schwarzer Schlingel in Feuerlivrei? "Die gnädige Herrschaft meldet sich an, Gleich kommt sie gefahren im Drachengespann."
Du lieb grau Männchen, was ist dein Begehr? Mein toter Magister, was treibt dich her? Er schaut mich mit schweigend trübseligem Blick, Und schüttelt das Haupt, und wandelt zurück.
Was winselt und wedelt der zottge Gesell? Was glimmert schwarz Katers Auge so hell? Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar? Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
Frau Amme, bleib heut mit dem Singsang zu Haus, Das Eiapopeia ist lange schon aus; Ich feire ja heute mein Hochzeitsfest — Da schau mal, dort kommen schon zierliche Gäst.
Da schau mal! Ihr Herren, das nenn ich galant! Ihr tragt, statt der Hüte, die Köpf in der Hand! Ihr Zappelbeinleutchen im Galgenornat, Der Wind ist still, was kommt ihr so spat?
Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon. Ach segne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn. Da zittert der Mund im weißen Gesicht: "In Ewigkeit Amen!" das Mütterchen spricht.
Zwölf winddürre Musiker schlendern herein; Blind Fiedelweib holpert wohl hintendrein. Da schleppt der Hanswurst, in buntscheckiger Jack, Den Totengräber huckepack.
Es tanzen zwölf Klosterjungfrauen herein; Die schielende Kupplerin führet den Reihn. Es folgen zwölf lüsterne Pfäffelein schon, Und pfeifen ein Schandlied im Kirchenton.
Herr Trödler, o schrei dir nicht blau das Gesicht, Im Fegfeuer nützt mir dein Pelzröckel nicht; Dort heizet man gratis jahraus, jahrein, Statt mit Holz, mit Fürsten- und Bettlergebein.
Die Blumenmädchen sind bucklicht und krumm, Und purzeln kopfüber im Zimmer herum. Ihr Eulengesichter mit Heuschreckenbein, Hei! laßt mir das Rippengeklapper nur sein!
Die sämtliche Höll ist los fürwahr, Und lärmet und schwärmet in wachsender Schar. Sogar der Verdammniswalzer erschallt — Still, still! nun kommt mein feins Liebchen auch bald.
Gesindel, sei still, oder trolle dich fort! Ich höre kaum selber mein leibliches Wort — Ei, rasselt nicht eben ein Wagen vor? Frau Köchin! wo bist du? Schnell öffne das Tor!
Willkommen, feins Liebchen, wie geht's dir, mein Schatz? Willkommen, Herr Pastor, ach nehmen Sie Platz! Herr Pastor mit Pferdefuß und Schwanz, Ich bin Eur Ehrwürden Diensteigener ganz!
Lieb Bräutchen, was stehst du so stumm und bleich? Der Herr Pastor schreitet zur Trauung sogleich; Wohl zahl ich ihm teure, blutteure Gebühr, Doch dich zu besitzen gilts Kinderspiel mir.
Knie nieder, süß Bräutchen, knie hin mir zur Seit! — Da kniet sie, da sinkt sie — o selige Freud! — Sie sinkt mir ans Herz, an die schwellende Brust, Ich halt sie umschlungen mit schauernder Lust.
Die Goldlockenwellen umspielen uns beid: An mein Herze pocht das Herze der Maid. Sie pochen wohl beide vor Lust und vor Weh, Und schweben hinauf in die Himmelshöh.
Die Herzlein schwimmen im Freudensee, Dort oben in Gottes heilger Höh; Doch auf den Häuptern, wie Grausen und Brand, Da hat die Hölle gelegt die Hand.
Das ist der finstre Sohn der Nacht, Der hier den segnenden Priester macht; Er murmelt die Formel aus blutigem Buch, Sein Beten ist Lästern, sein Segnen ist Fluch.
Und es krächzet und zischet und heulet toll, Wie Wogengebrause, wie Donnergroll; — Da blitzet auf einmal ein bläuliches Licht — "In Ewigkeit Amen!" das Mütterchen spricht.
Ich kam von meiner Herrin Haus Und wandelt in Wahnsinn und Mitternachtgraus. Und wie ich am Kirchhof vorübergehn will, Da winken die Gräber ernst und still.
Da winkts von des Spielmanns Leichenstein; Das war der flimmernde Mondesschein. Da lispelts: Lieb Bruder, ich komme gleich! Da steigts aus dem Grabe nebelbleich.
Der Spielmann war's, der entstiegen jetzt, Und hoch auf den Leichenstein sich setzt. In die Saiten der Zither greift er schnell, Und singt dabei recht hohl und grell:
Ei! kennt ihr noch das alte Lied, Das einst so wild die Brust durchglüht, Ihr Saiten dumpf und trübe? Die Engel, die nennen es Himmelsfreud, Die Teufel, die nennen es Höllenleid, Die Menschen, die nennen es: Liebe!
Kaum tönte des letzten Wortes Schall, Da taten sich auf die Gräber all; Viel Luftgestalten dringen hervor, Umschweben den Spielmann und schrillen im Chor:
Liebe! Liebe! deine Macht Hat uns hier zu Bett gebracht Und die Augen zugemacht — Ei, was rufst du in der Nacht?
So heult es verworren, und ächzet und girrt, Und brauset und sauset, und krächzet und klirrt; Und der tolle Schwarm den Spielmann umschweift, Und der Spielmann wild in die Saiten greift:
Bravo! bravo! immer toll! Seid willkommen! Habt vernommen, Daß mein Zauberwort erscholl! Liegt man doch jahraus, jahrein Mäuschenstill im Kämmerlein; Laßt uns heute lustig sein! Mit Vergunst — Seht erst zu, sind wir allein? — Narren waren wir im Leben Und mit toller Wut ergeben Einer tollen Liebesbrunst. Kurzweil kann uns heut nicht fehlen, Jeder soll hier treu erzählen, Was ihn weiland hergebracht, Wie gehetzt, Wie zerfetzt Ihn die tolle Liebesjagd.
Da hüpft aus dem Kreise, so leicht wie der Wind, Ein mageres Wesen, das summend beginnt:
Ich war ein Schneidergeselle Mit Nadel und mit Scher; Ich war so flink und schnelle Mit Nadel und mit Scher; Da kam die Meisterstochter Mit Nadel und mit Scher; Und hat mir ins Herz gestochen Mit Nadel und mit Scher.
Da lachten die Geister im lustigen Chor; Ein Zweiter trat still und ernst hervor:
Den Rinaldo Rinaldini, Schinderhanno, Orlandini,