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Achtung, Chilli ist los ... Und das mitten im ohnehin schon komplizierten Alltag des 11-jährigen Jelko. Als hätte der nicht schon genug um die Ohren mit seiner etwas überfürsorglichen Mutter, dem Schulrabauken Bert Branco und einem Streit mit seiner besten Freundin Lotte, springt ihm eines Tages aus einem Schuhkarton ein felliges Etwas mit knallrotem, buschigem Schwanz und großen Kulleraugen entgegen. Es hat einen schier unstillbaren Appetit auf Senfbrötchen und schon nach kurzer Zeit will Jelko es am liebsten wieder los werden. Doch Chilli ist gekommen, um zu bleiben und so stellt das etwas durchgeknallte Feuerfrettchen das Leben des Jungen gehörig auf den Kopf. Zum Glück ist das nicht nur chaotisch und anstrengend, sondern - wie Jelko feststellt - letztlich doch auch ganz schön cool ...
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Seitenzahl: 100
© 2019 Schneiderbuch.digital
verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH,
Alte Jakobstraße 83, 10179 Berlin
Alle Rechte vorbehalten
Titelbild und Innenillustrationen: Zapf
Umschlaggestaltung: Designomicon | Anke Koopmann, München
Satz: Achim Münster, Overath
eBook: PPP Pre Print Partner GmbH & Co. KG, www.PPP.eu
ISBN 978-3-505-14242-0
www.schneiderbuch.de
Einige Tage zuvor ...
Am Ende eines sehr langen Schulgangs, inmitten von Schultaschen, Rucksäcken und leeren Sportbeuteln, stand ein Junge und starrte an die leicht angeschmutzte Decke.
Eigentlich hätte er jetzt bei seinen Klassenkameraden in der Turnhalle sein müssen. Schließlich hatte es längst geklingelt. Außerdem hatte er sich den ganzen Vormittag auf die Doppelstunde Sport gefreut. Herr Plinke-Pollhuber hatte nämlich angekündigt, dass sie an diesem Tag Basketball spielen würden.
Doch jetzt, wo es endlich so weit war, da waren auf einmal seine Turnschuhe nicht mehr da!
FUTSCHIKATO!!!
Wobei, DA waren sie schon noch. Nur nicht mehr in seinem Turnbeutel, wo er sie am Morgen hineingestopft hatte. Zusammen mit der blau-weißen Turnhose und dem quietschgelben T-Shirt mit dem Wildwest-Emblem auf der Brust.
Jedenfalls waren sie nicht komplett von der Bildfläche verschwunden. Sie befanden sich einfach nur außerhalb seiner Reichweite. Genauer gesagt: Die Turnschuhe klebten an der Decke!
Quasi so, als hätte jemand die Sohlen mit SUPERKLEBER bestrichen und die Schuhe dann mit einem gezielten Wurf – ZOSCH – dorthin befördert.
»Bert Branco!«, fluchte der Junge leise vor sich hin. »Du oberdoofe Arschkrampe! Irgendwann kriegst du alles zurück. Oh ja, das wünsche ich mir … irgendwann …«
Jemand huschte hinter ihm den Gang entlang. So nah, dass er einen leichten Luftzug an den Waden spürte. Doch als er herumfuhr – völlig sicher, gleich in Berts schadenfroh grinsendes Blödgesicht zu glotzen –, war da niemand.
Nur er, der Turnbeutel und die Schuhe an der Decke.
Der Junge bin übrigens ich – Jelko Pudelund. Aber der PUDEL in meinem Nachnamen ist wahrhaftig nicht mein einziges Problem!
Salamipizza
Heute ist mein Glückstag. Okay, mal abgesehen von den sechs Schulstunden, in denen ich mich mal wieder mit Doofbacke Bert Branco herumärgern musste. Aber nun liegt ein langes Wochenende vor mir – und eins ohne Hausaufgaben noch dazu.
Wenn das kein Grund zum Jubeln ist!!!
Als ich aus dem senffarbenen Schulgebäude geschlendert komme, werde ich schon freudestrahlend erwartet.
»Jelko!«
»Mama?«
»Ich hole dich ab!«
»Das sehe ich!«
»Freust du dich?«
Im Prinzip schon. Nur dass gerade in diesem Moment Stinkotter Bert zusammen mit Knalltüte Lukas vorbeikommen muss und die beiden nichts Besseres zu tun haben, als leise im Duett zu kläffen (wegen des Pudels in meinem Nachnamen und so). Das finde ich natürlich nicht so prickelnd.
»Was ist denn mit den Jungs los?«, will meine Mutter prompt von mir wissen. »Bellen die etwa?«
Ich winke wild ab. »Quatsch, Mama, bestimmt nicht. Die unterhalten sich. Sind … ähm … heiser. Im Stimmbruch …«
Meine Mutter bleibt skeptisch. »Hm … Stimmbruch?«
Verflixt und zugetackert! Wenn sie kapiert, dass die sich über mich lustig machen, dann knöpft sie sich die beiden auf der Stelle vor, und dann … wird alles noch schlimmer. Viel, viel schlimmer.
»Wo ist denn eigentlich Lotte?«
Puh, das war knapp. Gerade noch mal haarscharf an der Vollkatastrophe vorbeigeschlittert.
»Bei ihren Großeltern«, beeile ich mich zu sagen, während Bert und Lukas sich auf ihre Räder schwingen und abdüsen. Natürlich kläffend.
»Ach, dann war sie überhaupt nicht in der Schule?«, fragt meine Mutter verwundert.
»Nur die ersten beiden Stunden. Danach haben ihre Eltern sie abgeholt. Wegen irgendeiner großen Familienfeier oder so.«
»Aha-aha«, macht meine Mutter und zieht dabei die Augenbrauen bis unter den rund geföhnten Pony hoch. »Komisch, davon hat mir Lisa gar nichts erzählt.«
Lisa ist Lottes Mutter, und Lotte ist meine beste Freundin. Außerdem sind wir Ein-Haus-weiter-Nachbarn, und deshalb sind unsere Eltern auch irgendwie miteinander befreundet.
»Na ja, egal, man muss ja nicht alles über seine Nachbarn wissen«, findet sie und grinst. »Und nun zu uns, Jelko. Ich habe heute keine Lust zu kochen. Und da dachte ich mir, ich hole dich ab, und wir gehen zum Italiener. Gute Idee oder gute Idee?«
»Supergute Idee, Mama.« Ich stehe nämlich total auf Pizza. Am liebsten mit Salami, doppelt Käse und ohne Rand.
KNUTSCH! Meine Mutter verpasst mir einen Schmatzer auf die linke Wange, was mir ziemlich peinlich ist. Zum Glück lungert keiner meiner Mitschüler mehr vor der Schule herum. Dann hakt sie mich unter, und gemeinsam traben wir rüber zum Fahrradständer, wo ich mir mein Bike schnappe. Anschließend geht’s weiter in Richtung Ristorante Roma.
HMMM, LECKER-SCHMECKER!
Wir sind auch gar nicht mehr weit entfernt, ich meine schon, von köstlichem Pizzaduft umweht zu werden, da bleibt sie plötzlich stehen.
»Oh mein Gott, Jelko, schau dir DIIIE bitte mal an. Sind DIIIE nicht traumhaft schön?!«
Mein Blick schnellt nach rechts. Ich sehe meine Mutter mit der Nase an einem Schaufenster kleben. Mein Magen verkrampft sich. Schweißnasse Hände zerquetschen beinahe die Lenkergriffe.
SCHRECK, LASS NACH!!!
Doch es ist längst zu spät. Es ist schrecklich, die Höchststrafe, denn in drei … zwei … einer Sekunde wird sie sagen: »Jelko, es dauert nicht lange. Versprochen. Ich probiere sie nur schnell mal an.«
GRUMPF! Bye-bye, leckerste Pizza weit und breit. Hör auf zu knurren, dummer Magen. Bekommst sowieso nichts, denn wenn meine Mutter erst einmal einen Fuß in ein Schuhgeschäft gesetzt hat, dann dauert es lange. Sehr-sehr-sehr lange.
GRAUSIGLANGE … UNENDLICHLANGE … FÜRIMMERLANGE …
Ich weiß nicht, wie viele Stunden vergangen sind. Vielleicht sind es auch Tage, Wochen, Jahre. Auf jeden Fall hat mein Bauch das Knurren längst aufgegeben – da habe ich plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden.
LINS! GAFF! GUCK!
Mühsam rappele ich mich im Stuhl etwas auf und schaue mich um. Keiner da. Niemand zu sehen. Außer natürlich den drei Verkäuferinnen, die nicht aufhören, immer noch mehr Schuhkartons für meine Mutter herbeizuschleppen.
Okay, das ewige Warten, die schmerzliche Leere in meinem Magen, der Geruch von Leder- und Imprägnierspray, ich leide eindeutig unter WAHNVORSTELLUNGEN!
»Hey, du da!«
Wer war das? Ich starre auf das Regal vor mir. Gesundheitsschuhe mit Komfortsohlen steht auf einem weißen Schild. Und auch noch: Laufen wie auf Wolken.
UPS! Ist das ein Auge, das da zwischen den hässlichen Gesundheitsgurken hindurchlugt? Ja, ein Auge könnte schon hinkommen. Aber was macht ein einzelnes Auge in einem Schuhregal? Und außerdem, wo um alles in der Welt ist das zweite Auge abgeblieben? Die Nase, Mund, Ohren … das Gesicht?
OKIDOKI! Jetzt ist es eindeutig, ich habe mit absoluter Sicherheit zu viel von dem Lederspray eingeatmet. Hallo. Ein Auge im Schuhregal.
BLÖDSINN! GEHT JA GAR NICHT!!!
»Jelko, sag einmal, wie findest du die braunen Wildlederstiefel?«, will meine Mutter von mir wissen.
Ich antworte das, was ich schon bei den gelben Sneakers, den roten Pumps, den silbernen Sandaletten, den kuscheligen Hausschuhen und den beigen Stiefeletten gesagt habe: »Schick, Mama! Nimm die!«
Und sie erwidert: »Hm … ich weiß nicht. So ganz überzeugt bin ich noch nicht und außerdem …«
SEUFZ! Es ist sinnlos. Sie wird sich noch eine Ewigkeit lang nicht entscheiden. Und von mir wird irgendwann nur noch eine schlaffe Hülle übrig bleiben, die bei Ladenschluss beiseitegeräumt werden muss. Himmel und Hölle, wie konnte ich nur annehmen, heute sei mein Glückstag?!
»Hey, du da!«
Ich reibe mir die Augen, dann die Ohren, wieder die Augen, noch mal die Ohren.
Doch, es ist noch immer da!
Wo gibt’s denn so was?!
Nirgendwo! KLARO!
Ich schaue wieder weg, noch mal hin und plötzlich – WOW, sind es zwei große Glupschaugen, die mich geradewegs anstarren. Und dann – AA, AH, AAH, AHH, AAAH – sprechen die Augen, und zwar zu mir.
»Hey du, was guckst du so, hm?«
»I-i-ich?«, krächze ich.
»Guckt sonst noch jemand?«
»Wei-weiß nich.«
»Ich aber!«
»Öhm … was?«
»Wer guckt!«
»Ach so …«
HALLO!!! Unterhalte ich mich tatsächlich gerade mit zwei Glupschaugen im Gesundheitsschuhregal???
Wobei … wenn ich ganz genau hingucke, dann ist es ein Gesicht, das mich angafft, und es hockt auch nicht einfach so im Regal, es grinst breit.
Glupschaugen mit dunklem Rand drum herum, feuchte schwarze Nase und ein großes Maul mit sehr vielen weißen Zähnen.
HIIILFE! WAS IST DAS???
»Ich glaube, ich kann mich heute einfach nicht entscheiden«, höre ich meine Mutter wie aus weiter Ferne sagen. »Aber haben Sie vielleicht einen leeren Schuhkarton für uns? Mein Sohn braucht nämlich einen für den Kunstunterricht. Stimmt doch, Jelko?!«
Ich nicke mechanisch. Ohne darüber nachzudenken, dass ich das wohl besser nicht getan hätte. Aber wer kann denn auch ahnen, dass es kurz darauf im Schuhkarton rappelt?
Ich bestimmt nicht! Bin schließlich kein Hellseher.
GRMBL!
Käsefüße
»Das mit dem Pizzaessen holen wir nach, Jelko. Versprochen«, sagt meine Mutter. Wir haben gerade das Treppenhaus betreten. Ich mit leerem Magen, meine Mutter mit vier prall gefüllten Tragetaschen. Ich bin zu schwach, mich an jedes einzelne Geschäft zu erinnern, in das sie mich dann auch noch geschleppt hat. Fakt ist: statt lecker Pizza grausige Shoppingtour. WÜRG!
»Ja, ja«, brummele ich, als wir in der Wohnung sind, und verziehe mich in mein Zimmer.
Auf dem Schreibtisch liegt eine Tüte mit Salzstangen. Voll ist sie nicht mehr – eher fast leer. Aber besser als Fast-Pizza.
BÄH! Und wie es in dem Schuhladen gestunken hat! So eine Mischung aus Käsefüße und Lederspray. Kein Wunder, dass mir davon so schummrig wurde, dass ich Stimmen gehört und mir Glupschaugen eingebildet habe. Halluzinationen nennt man das. Wenn einer in der Wüste fiesen Durst hat, dann bildet er sich irgendwann ein, ’ne Wasserquelle zu sehen.
Pizza-Hunger-Halluzinationen! Logo!
GRAPSCH! Ich schnappe mir den Comicroman, den ich gestern Abend angefangen habe, und die Salzstangen und lasse mich auf mein Bett fallen.
Ich stehe total auf Comics. Ganz besonders auf Mister Bo. Ein echt cooler und verdammt starker Typ, der die schrägsten Abenteuer erlebt.
Neulich nachts habe ich geträumt, ich hätte mich mitten im Unterricht in Mister Bo verwandelt. Gerade in dem Moment, als Gurkenkopf Branco mir lauthals durch das ganze Klassenzimmer zugerufen hat: »Hey, Pudel, hol das Stöckchen …«
Statt wie sonst zum knallroten Feuermelder zu werden und mit gesenktem Kopf zu murmeln: »Echt lustig. Total …«, habe ich mich von meinem Platz erhoben, und –