Christian Morgenstern - Gesammelte Werke - Christian Morgenstern - E-Book

Christian Morgenstern - Gesammelte Werke E-Book

Christian Morgenstern

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Beschreibung

Und er kommt zu dem Ergebnis: "Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil", so schließt er messerscharf, "nicht sein kann, was nicht sein darf." Diese bekannten Zeilen stammen von Christian Morgenstern, einem der größten Lyriker der deutschen Sprache. Er war ein Großer in der Meisterschaft der "kleinen" Literaturformen: Gedichte, Epigramme und Aphorismen waren seine Stärke. Lesen Sie hier die größte digitale Auswahl seiner Werke. *** mit alphabetischem Index *** Und dann schüttelst du mit Einem dich des Schauders wieder frei, wendest wieder dich zu Deinem, und der Zauber ist vorbei. 1. Auflage (Überarbeitete Fassung) Umfang: 1449 Buchseiten bzw. 691 Normseiten Null Papier Verlag

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Christian Morgenstern

Gesammelte Werke

Christian Morgenstern

Gesammelte Werke

 

Zusammengestellt von Jürgen Schulze

Überarbeitung, Umschlaggestaltung: Null Papier Verlag

1. Auflage, ISBN 978-3-95418-793-5

Umfang: 691 Normseiten bzw. 1449 Buchseiten

 

www.null-papier.de/morgenstern

 

 

 

Inhaltsangabe

VORWORT DES VERLEGERS

CHRISTIAN MORGENSTERN

LYRIK

STUFEN – AUTOBIOGRAPHISCHES

INDEX

DAS WEITERE VERLAGSPROGRAMM

Vorwort des Verlegers

Als Ein-Mann-Verleger investiere ich in die Qualität meiner Veröffentlichungen und nicht in Werbung. Wenn Sie mich unterstützen möchten, schaffen Sie es am besten durch eine positive Bewertung. Und wenn es mal etwas zu kritisieren gibt, dann schreiben Sie mir doch bitte direkt, so erhalten Sie am schnellsten eine Reaktion.

Ihr

Jürgen Schulze, [email protected]

Immer bestens informiert:

null-papier.de/newsletter

Christian Morgenstern

Christian Otto Josef Wolfgang Morgenstern kommt am 6. Mai 1871 in München als Sohn des Landschaftsmalers Carl Morgenstern und dessen Frau Charlotte (geb. Schertel) zur Welt.

Die Mutter stirbt, als der Sohn 10 Jahre alt ist, an Tuberkulose. Als Kind genießt er nur unregelmäßigen Schulunterricht und kommt später in ein Landshuter Internat, das für Körperstrafen und Schikanen bekannt war.

Mit 18 Jahren lernt er auf dem Magdalenen-Gymnasium die Künstler Friedrich Kayssler und Fritz Beblo kennen, es entwickeln sich lebenslange, enge Freundschaften.

Der Vater wünscht für seinen Sohn eine Offizierskarriere, daher muss Morgenstern kurzzeitig eine Militärschule besuchen, verlässt diese jedoch, um ein Studium der Nationalökonomie beginnen zu können. Aber auch diese Ausbildung bricht er wieder ab.

Parallel zu seinen vergeblichen Studienbemühungen publiziert er mit Freunden die kulturkritische Zeitschrift »Deutscher Geist«.

1893 erkrankt Morgenstern so wie Jahre zuvor seine Mutter an Tuberkulose. Obwohl geheilt, wird er doch für den Rest seines Lebens unter den Folgeerscheinungen leiden. Im Jahre 1894 zieht Morgenstern nach Berlin, hier schreibt er regelmäßig Literatur- und Kulturkritiken für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, u.a. für »Tägliche Rundschau«, »Freie Bühne«, »Neue Deutsche Rundschau« und »Der Kunstwart«.

1895 veröffentlicht Morgenstern seinen ersten Gedichtband: »In Phantas Schloß. Ein Zyklus humoristisch-phantastischer Dichtungen«. Aufgrund seiner literarischen Ambitionen kommt es nun vollständig zum Bruch mit dem Vater. Trotzdem sollen zeit seines Lebens noch weitere 14 Bände mit Lyrik ihren Weg an die Öffentlichkeit finden.

Bekannt ist dem Publikum bis heute größtenteils seine leichte, humoristische Lyrik, obwohl Morgenstern selbst seiner »ernsten« Poesie mindestens ebenso viel Bedeutung zumisst.

Ab 1897 arbeitet Morgenstern auch als Übersetzer und Herausgeber von August Strindberg und Henrik Ibsen. 1905 veröffentlicht er die Gedichtbände »Galgenlieder« und »Melancholie«. Diese Werke zeigen Morgensterns Doppelbegabung zu ernster aber auch humoristischer, bis ins Groteske gehender Poesie.

Während weiterer krankheitsbedingter Schwächephasen findet er zum Glauben und zur Religion. Diese Überlegungen schlagen sich in der Gedichtsammlung »Einkehr« (1910) nieder. Morgenstern schließt sich dem engeren Kreis der anthroposophischen Gesellschaft um Rudolf Steiner an. 1910 heiratet er Margareta Gosebruch, die er zwei Jahre zuvor während eines weiteren Sanatoriumaufenthaltes kennenlernt. Die Ehe bleibt kinderlos.

Am 31. März 1914 stirbt Morgenstern im tirolischen Meran an den Spätfolgen seiner Krankheit. Bis 1921 werden weitere seiner Werke posthum veröffentlicht: »Palma Kunkel« (1916), »Der Gingganz« (1919) und der satirische Kommentar »Über die Galgenlieder« (1921).

Und er kommt zu dem Ergebnis:»Nur ein Traum war das Erlebnis.Weil«, so schließt er messerscharf,»nicht sein kann, was nicht sein darf.«

(»Die unmögliche Tatsache«)

Lyrik

Quellen

In Phanta’s SchlossErstdruck: Berlin (Richard Taendler) 1895. Ausgabe letzter Hand.

Auf vielen WegenBerlin (Schuster & Loeffler) 1911

Ich und die WeltBerlin (Schuster & Loeffler) 1898, 1911

GalgenliederBerlin (B.Cassirer) 1905, 1914

PalmströmBerlin (B.Cassirer) 1910, 1914

MelencoliaBerlin (Cassirer) 1906

Wir fanden einen Pfad(posthum): München (Piper & Co.) 1914

Und aber ründet sich ein KranzS. Fischer, Berlin, 1902

Ein SommerS. Fischer, Berlin 1900

Dem Geiste Friedrich Nietzsches

Sei’s gegeben, wie’s mich packte,mocht es oft auch in vertrackteBildungen zusammenschießen!Kritisiert es streng und scharf, –doch wenn ich Euch raten darf:Habt auch Unschuld zum Genießen!

Prolog

Längst Gesagtes wieder sagen,hab ich endlich gründlich satt.Neue Sterne! Neues Wagen!Fahre wohl, du alte Stadt,drin mit dürren Binsendächernalte Traumbaracken stehn,draus kokett mit schwarzen Fächernmeine Wunden Abschied wehn.Kirchturm mit dem Tränenzwiebel,als vielsagendem Symbol,Holperpflaster, Dämmergiebel,Wehmutskneipen, fahret wohl!

Hoch in einsam-heitren Stillengründ ich mir ein eignes Heim,ganz nach eignem Witz und Willen,ohne Balken, Brett und Leim.Rings um Sonnenstrahlgerüstewallend Nebeltuch gespannt,auf die All-gewölbten Brüstekühner Gipfel hingebannt.Schlafgemach –: mit Sterngoldscheibchender Tapete Blau besprengt,und darin als LeuchterweibchenFrau Selene aufgehängt.

Längst Gesagtes wieder sagen,Ach! ich hab es gründlich satt.Phanta’s Rosse vor den Wagen!Fackeln in die alte Stadt!Wie die Häuser lichterlohen,wie es kracht und raucht und stürzt!Auf, mein Herz! Empor zum frohenÄther, tänzergleich geschürzt!Schönheit-Sonnensegen, Freiheit-Odem, goldfruchtschwere Kraft,ist die heilige Kräftedreiheit,die aus Nichts das Ewige schafft.

Auffahrt

Blutroter Dampf . .Rossegestampf . .»Keine Szenen gemacht!Es harrenund scharrendie Rosse der Nacht.«

Ein lautloser Schatte,über Wiese und Matteempor durch den Tann,das Geistergespann . .Auf hartem Granitder fliegende Huf . .Fallender Wasseranhebender Ruf . .Kältendes Hauchen . .Wir tauchenin neblige Dämpfe . .Donnernde Kämpfestürzender Wogenum uns.

Da hinaufder Hufe Horn!In die staubende Schwemme,hoch über den Zornsich sträubender Kämmeempor, empor!

Aus klaffenden Wundenspeit der Bergsein Blut gegen euch.Mit Wellenhundenfällt euch ander Haß der Höhewider das Tal.Aber ihr fliegt,blutbespritzt,unbesiegt,empor, empor.

Vor euch noch Farbenverzuckenden Lebens,auf grünlichem Grauverrötender Schaum;hinter euchSchwarz und Silber,die Farben des Todes.Ein Schleier,an eure Mähnen geknüpft,schlepptgeisterhaft nach.

Wie ein Busentuchzieht ihr hinauf ihnüber des Bergszerrissene Brust.

Müde sprang sichder Sturzbach.Nur mit den Lippenwehrt er sich noch.Und baldwird er zum Kindund hängt sich selberspielend an eure Schweife.

Weiter! weiter!

Da!Winkende Gipfelim Sicheldämmer!Langsamer trabendie Rosse der Nacht.Heilige Sternegrüßen mich traut.Ewige Weitenatmen mich an.Langsamer trabendie Rosse der Nacht,gehen,zögern,stehen still.

Alles liegt nunflorumwoben.Schlaf umschmiegt nunUnten, Oben.Nur die fernenFälle toben.Leise Geisterhändetragenmich vom Wagenin des SchlummersTraumgelände.

Aller Notdurft,alles Kummersganz befreit,fühle ich ein höhres Seinmich durchweben.Wird die tiefe Einsamkeitmir auf alles Antwort geben?

Im Traum

Wer möcht am trägen Stoffe kleben,dem Fittich ward zu Weltenflug!Ich lobe mir den süßen Trug,das heitre Spiel mit Welt und Leben.In tausend Buntgewande steck ich,was geistig, leiblich mich umschwebt;in jedem Ding mich selbst entdeck ich:nur der lebt Sich, der also lebt.

Mir ist, ich sei emporgestürmtüber stürzende Wasserfälle.Mir engt’s die Brust, um mich getürmtahn ich schützende Nebelwälle.Aus dumpfen Regionen,aus Welten von Zwergen,trieb’s mich fort,ob auf ragenden Bergenein besserer Ortdem Freien, zu wohnen.

Es weht mir um die Stirneein Hauch wie von Frauengewand . .Folgte zum steilen Firnemir wer aus dem Unterland?Es beugt sich zu mir niederein liebes, schönes Gesicht . .Glaubst Du, ich kenne Dich nicht,Sängerin meiner Lieder?Du bist ja, wo ich bin,mein bester Kamerade!Bei Dir trifft mich kein Schade,meine Herzenskönigin!

»Du flohest aus Finsternissen,mühsamen Mutes,ich weiß es.Du hast zerrissenDein Herz, Dein heißes,und bei dem Leuchten Deines Blutesbist Du den dunklen Pfadweiter getreten,bis Du mich fandestund mit tiefen Gebetenmich an Dich bandest,daß ich Dich liebgewann,dem ringenden Mannein treuer Kamerad.

Du brachst uralte Kettenund kamst heute Nachtin mein Reich.Ich will Dich bettenan meiner Brustwarm und weich,in TräumeprachtDeine Seele verzücken:der ganzen WeltAußen und Innensei Deinem Sinnenpreisgestellt.Magst sie schmückenmit lachender Lust,magst sie tausendfachdeuten und taufen,mit Berg und Wald,mit Wiese und Bach,mit Wolken und Winden,mit SternenhaufenDein Spiel treiben,Deinen Spaß finden;brauchst nicht zu bleibenan einem Ort;magst die Weltbis zu Ende laufen;denn Hier oder Dort,wo Du auch seist,wo sich das Himmelszeltüber die Erde spannt:das sei Deinem GeistPhanta’s Schloß genannt.«

Schneller strömt des Blutes Fluß,Wonne mich durchschauert,auf meinen Lippen dauertsekundenlang Dein süßer Kuß.Nun nimm mich ganz, und tragemein Fragen mit Geduld!Für alles, was ich nun sage,trägst Du fortan die Schuld.

Phanta’s Schloß

Die Augenlider schlag ich auf.Ich hab so groß und schön geträumt,daß noch mein Blick in seinem Laufals wie ein müder Wandrer säumt.Schon werden fern im gelben Ostdie Sonnenrosse aufgezäumt.Von ihren Mähnen fließen Feuer,und Feuer stiebt von ihrem Huf.Hinab zur Ebne kriecht der Frost.Und von der Berge Hochgemäuerertönt der Aare Morgenruf.

Nun wach ich ganz. Vor meiner Schauerwölbt azurn sich ein Palast.Es bleicht der Felsenfliesen Grauund lädt den Purpur sich zu Gast.Des Quellgeäders dumpfes Blauverblitzt in heitren Silberglast.Und langsam taucht aus fahler Nachtder Ebnen bunte Teppichpracht.

All dies mein Lehn aus Phanta’s Hand!Ein König ich ob Meer und Land,ob Wolkenraum, ob Firmament!Ein Gott, des Reich nicht Grenze kennt.Dies alles mein! Wohin ich schreite,begrüßt mich dienend die Natur:ein Nymphenheer gebiert die Fluraus ihrem Schoß mir zum Geleite;und Götter steigen aus der Weitedes Alls herab auf meine Spur.

Das mächtigste, das feinste Klingenentlauscht dem Erdenrund mein Ohr.Es hört die Meere donnernd springenden felsgekränzten Strand empor,es hört der Menschenstimmen Chorund hört der Vögel helles Singen,der Quellen schüchternen Tenor,der Wälder Baß, der Glocken Schwingen.

Das ist das große Tafelliedin Phanta’s Schloß, die Mittagsweise.Vom Fugenwerk der Sphären-Kreisezwar freilich nur ein kleinstes Glied.

Erst wenn mit breiten Nebelstreifendes Abends Hand die Welt verhängtund meiner Sinne maßlos Schweifenin engere Bezirke zwängt –wenn sich die Dämmerungen schürzenzum wallenden Gewand der Nachtund aus der Himmel KraterschachtLegionen Strahlenströme stürzen –wenn die Gefilde heilig stumm,und alles Sein ein tiefer Friede –dann erst erbebt vom Weltenliede,vom Sphärenklang mein Heiligtum.

Auf Silberwellen kommt gegangenunsagbar süße Harmonie,in eine Weise eingefangen,unendlichfache Melodie.Dem scheidet irdisches Verlangen,der solcher Schönheit bog das Knie.Ein Tänzer, wiegt sich, ohne Bangen,sein Geist in seliger Eurythmie.

Oh seltsam Schloß! bald kuppelprächtiggewölbt aus klarem Ätherblau;bald ein aus Quadern, nebelnächtig,um Bergeshaupt getürmter Bau;bald ein von Silberampeldämmerdes Monds durchwobnes Schlafgemach;und bald ein Dom, von dessen Dachdurch bleiche Weihrauch-WolkenlämmerSternmuster funkeln, tausendfach!

Das stille Haupt in Phanta’s Schoße,erwart ich träumend Mitternacht: –da hat der Sturm mit rauhem Stoßedie Kuppelfenster zugekracht.Kristallner Hagel glitzert nieder,die Wolken falten sich zum Zelt.Und Geisterhand entrückt mich wiederhinüber in des Schlummers Welt.

Sonnenaufgang

Wer dich einmal sahvom Söller des Hochgebirgs,am Saum der Landeemporsteigen,aus schwarzem Waldschoßemporgeboren,oder purpurnen Meerendich leicht entwiegend –wer dich einmal sahdie bräutliche Erdeaufküssenaus Morgenträumen,bis sie, von deiner SchwüreFlammenodemheiß errötend,dir entgegenblühte,in der zitternden Scham,in dem ahnenden Jubeljungfräulicher Liebe –der breitet die Armenach dir aus,dem lösest die Seele duin Seufzertiefer Ergriffenheit,oh, der betet dich an,wenn beten heißt:zu deiner lebenschaffendenGlutenliebeein Ja und Amen jauchzenwenn beten heißt:in den Ätherwellen des Allsbewußt mitschwingen,eins mit der Ewigkeit,leibvergessen, zeitlos,in sich der Ewigkeitflutende Akkorde –wenn beten heißt:stumm werdenin Dankesarmut,wortlossich segnen lassen,nur Empfangender,nur Geliebter . . .Wer dich einmal sahvom Söller des Hochgebirgs!

Wolkenspiele

I.

Eine große schwarze Katzeschleicht über den Himmel.Zuweilenkrümmt sie sich zornig auf.Dann wiederstreckt sie sich lang,lauernd,sprungharrend.Ob ihr die Sonne wohl,die fern im Westlangsam sich fortstiehlt,ein bunter Vogel dünkt?Ein purpurner Kolibri,oder garein schimmernder Papagei?Lüstern dehnt sie sichlang und länger,und Phosphorgeleuchtzuckt breitüber das dunkle Fellder gierzitternden Katze.

II.

Es ist, als hätte die Köchindes großen Pan– und warum sollte der große Pankeine Köchin haben?Eine Leibnymphe,die ihm in Kraternund Gletschertöpfenköstliche Bissen brätund ihm des WintersGeysir-Pünschesorglich kredenzt? –Als hätte diese Köchineine Schüssel mit Rotkohlan die Messingwanddes Abendhimmels geschleudert.Vielleicht im Zorn,weil ihn der große Pannicht essen wollte . . .

III.

Wäsche ist heute wohl,große Wäsche,droben im Himmelreich.Denn seht nur, seht!wie viele Hemdlein,Höslein, Röcklein,und zierliche Strümpfleindie gute Schaffnerinüber die blaue Himmelswiesezum Trocknen breitet.Die kleinen Nixen,Gnomen, Elben,Engelchen, Teufelchen,oder wie sie ihr Vater nennt,liegen wohl alle nunin ihren Bettchen,bis ans Kinndie Decken gezogen,und sehnlich lugend,ob denn die Alteihren einzigen Staat,ihre weißen Kleidchen,nicht baldihnen wiederbringe.Die aber legternst und bedächtigein Stück nach dem andernnoch auf den Rasen.

IV.

Wie sie Ballet tanzen,die losen Panstöchter!Sie machen Phoebusden Abschied schwer,daß er den Trab seiner Hengstezum Schritt verzögert.Schmiegsam, wiegsamwerfen und wiegendie rosigen Schleier siezierlich sich zu,schürzen sie hoch empor,neigen sie tief hinab,drehn sich die wehendeSeide ums Haupt.

Und Phoebus Apollo!Bezaubert vergißt erdes heiligen Amts,springt vom Gefährtund treibt das Gespann,den Rest der Reiseallein zu vollenden.Er selber,gehüllt in den grauen Mantelder Dämmrung,eilt voll Sehnsuchtzurück zu denlieblichen, lockendenTänzerinnen.

Zügellos rasendie Rosse von dannen.Der Gott erschrickt:Dort entschwindetsein Wagen,und hier –haben die schelmischenTöchter des Pansich in waschende Mägdeverwandelt.Durch riesige Trögeziehen sie weiße,dampfende Linnenund hängen sie ringsauf Felsen und Bäumenzum Trockenen aufund legen sie weitgleich einem Schutzwallauf Wiesen und Felder.

Ratlos stehtder gefoppte Gott.Und leise kicherndie Blätter im Winde.

V.

Düstere Wolke,die du, ein Riesenfalter,um der abendrotglühenden Bergestarrende Tannenwie um die Staubfädenblutiger Lilien schwebst:Dein Dunkel redetvom Leid der Welt.

Welchen Tales Tränenhast du gesogen?Wie viel angstvoller Seufzerheißen Hauchtrankst du in dich?Düstere Wolke,wohinschüttest die Zährendu wieder aus?Schütte sie dochhinaus in die Ewigkeit!Denn wenn sie wiederzur Erde fallen,zeugen sie neueaus ihrem Samen.Nie dannbleiben der SterblichenAugen trocken.

Ach! da wirfst du sie schonin den Abgrund . . .Arme Erde,immer wieder aufs Neuegetauftin den eigenen Tränen!

VI.

Oh, oh!Zürnender Gott,schlage doch nichtDeine himmlische Harfeganz in Stücke!Dumpfe DonnerakkordereißtherrischDein Plektron.Zick, zackschnellendie springenden Saitenmit singendem Sausensilbergrellüber die Himmel hin.

Holst Du auch mancheder Flüchtlingewieder zurück,viele fallen dochgleißend zur Erde nieder,ragenden Riesen des Tannsum den stöhnenden Leibsich wirbelnd,oder in zischender Flutsich für ewigein Grab erkiesend.

Zürnender Gott!Wie lange:Da hast Du Dein Saitenspielkläglich zerbrochen,und kein Sterblicherdenkt mehr Deiner,des grollenden RhapsodenZeus-Odhin-Jehovah.

Sonnenuntergang

Am Untersaumdes Wolkenvorhangshängt der Sonnepurpurne Kugel.Langsam zieht ihndie goldene Lastzur Erde nieder,bis die bunten Faltendas rotaufzuckende Graudes Meeres berühren.

Ausgerollt istder gewaltige Vorhang.Der tiefblaue Grund,unten mit leuchtenden Farbenbreit gedeckt,bricht darüberin mächtiger Fläche hervor,karg mit verrötendenWolkenguirlanden durchranktund mit silbernen Sternchenglitzernd durchsät.Aus schimmernden Punktenschau ich das Bildeiner ruhenden Sphinxkunstvoll gestickt.

Eine Ankerkugel,liegt die Sonne im Meer.Das eintauchende Tuch,schwer von der Nässe,dehnt sich hinein in die Flut.Die Farben blassen,mählig verwaschen.Und bald strahltvom Himmel zur Erdenur nochder tiefe, satte Tonblauschwarzer Seide.

Homo Imperator

Gewandert bin ichauf andere Gipfel,deren Riesenfüße,das Meer, wie ein Hund,demütig leckt;an deren Knöchelnes wohl auch manchmalbellend hinaufspringt,den brauenden Nebeln nach,als seien diesewarme Dämpfe aus leckeren Schüsseln.

Wär ich der Mond,der Hunden verhaßte,ich hilfe herauf dirauf den Berg.Doch Ich bin der Mensch,lasse dich lächelndunten kläffenund übe an dirMeinen göttlichen Spott.Denn sieh,du armes, krauses Meer!was bist du dennohne Mich?

Ich gebe dir Namenund Rang und Bedeutung,wandle dich tausendfaltnach Meinem Gelüst.Meine Schönheit,Meinen Witzhauch Ich als Seele dir ein,werf Ich dir um als Kleid:und also geschmücktwogst du und wiegst du dichvor deinem König,ein trefflicher Tänzer,brausköpfiger Vasall!In Meine hohle Handzwing Ich hinein dichund schütte dich aus,einem Kometen,der grade vorbeischießtaufs eilige Haupt.Wie einen Becherfaß Ich dein Beckenund bringe dichals MorgentrunkMeinem Liebchen Phanta.

In dein graues Megärenhaargreift Mein lachender Übermutund hält es gegen die Sonne:Da wird es eitel Goldhaar und Seide.Und nun wieder nenn Ich dichJungfrau und Nymphe und Göttin,und deiner dämonischen Leidenschaftsing Ich ein Seemanns-Klagelied.Oder Ich deute den donnernden Prall dir ausals stöhnende Sehnsucht um Himmelsglück,als wühlenden Groll,als heulenden Haß:So redet Schwermut, flugohnmächtig,wenn sie der Krampf der Verzweiflungzu jagenden Fieberschauern schüttelt.

Aber du drohst:»Eitler Prahler,breite die Arme nur aus,und komm an mein nasses Herz!Dann wirst du kunden,wer größer und mächtiger,du oder ich!«

Drohe mir immer,doch wisse: Die Stunde,da du Mich sinnlosen Zornes verschlingst,tötet auch dich.Ein kaltes, totes Nichts,wertlos, namenlos,magst du dannin die Ewigkeit starren,entseelt,entgöttert.

Denn Ich, der Mensch,bin deine Seele,bin dein Herr und Gott,wie Ich des ganzen AllsSeele und Gottheit bin,Mit Mir vergehenNamen und Werte.Leer steht die Halle der Welt,schied Ich daraus.Gleich unermeßlichem Ätherfüllt Mein Geist den Raum:In Seinen Wellen alleinleuchtend, tönend,schwingt der unendliche Stoff.

Eine Harfe bin Ichin tausend Hauchen.Zertrümmere Mich:das Lied ist aus.

Kosmogonie

Ewiges Firmament,mit den feurigen Spielendeiner Gestirne,wie bist du entstanden?

Du blauer Sammet!Welch fleißige Göttinhat sich auf dirmit goldnen und silbernenKreuzstichmustern verewigt?

Wie! oder wärendie Sterne Perlen,tagesüberin Wolkenmuscheln gebettet:Aber des Nachtstuen die Schalen sich auf,und aus den schwarzen,angelspottenden Tiefen emporlachen und funkelndie schimmernden Schätzedes Meers Unendlichkeit?

Oft auch ist mir,ein mächtig gewölbterkristallener Spiegelsei dieser Himmel,und was wir staunendGestirne nennen,das seien Millionenandächtiger Augen,die strahlendin seinem Dunkel sich spiegeln.

Oder wölbteines Kerkers bläuliche Finsternisfeindlich sich über uns?Von ungezählten Gedankenpfeilendurchbohrt,die von empörter Sehneder suchende Menschengeistrings um sich gestreut:Das Licht der Erkenntnis aber,die Sonne der Freiheit,quillt leuchtenddurch die zerschossenen Wände.

Nein, nein! . .Mit spottenden Augenblinzt die Unendlichkeitauf den sterblichen Rätselrater . . .Und dennochrat ich das tiefe Geheimnis!Denn bei Phantaist nichts unmöglich.– – – – – – – – – – – – –

In der leeren, dröhnenden Halle des Allsrauschte der Gott der Finsternismit schwarzen, schleppenden Fittichengrollend dahin.So flügelschlug der düstere Dämonschon seit Aonen:An seiner Seele fraß das Nichts.Umsonst griffen die Prankenseines wühlenden Schaffenswahnsinnshinaus in die unsägliche Leere.

Vom eigenen Leibe mußte er nehmen,wollte er schaffen –:das hatte ihn jüngst quälend durchzuckt.Und nun rang und rang ergegen sich selber, der einsame Weltgeist,daß er sich selbst verstümmle.Bis sein Wollen, ein Löwe,in seiner Seele aufstandund ihm die Hand ans Auge zwang,daß sie es ausriß mit rasendem Ruck.Ströme Blutes schossen nach.Der brüllende Gott aber krampftein sinnloser Qual die Faust um das Auge,daß es zwischen den Fingernperlend herausquoll.Den glänzenden Tropfenregenrissen die fallenden Schleier des Blutsin wirrem Wirbeltanzehinab, hinaus in die eisigen Nächtedes unausgründlichen Raums.

Und die perlenbesäten blutigen Schleierkamen in ewigem Kreislauf wieder,schlangen erstickend sichum des flüchtenden Gottes Haupt,zerrten ihn mit sich,warfen ihn aus,ein regelloses, tobendes Chaos.Tiefer noch zürnte der gramvolle Gott.Nicht Schöpfer und Herrscher,Spielball war er geworden,weil er, vom Schmerz bewältigt,den heiligen Lebensstoff,statt ihn zu formen, zerstört.

Äonen hindurchtrug er die Marter der glühenden Schleier,litt er in seiner eigenen Hölle.Dann aber stand zum anderen Malesein Wollen, ein Löwe,in seiner Seele auf.Sieben Kreisläufe des Chaosrang er und rang er noch,und danngab er den Arm dem Wollen frei.Und er nahm sich auch nochdas andere Augeaus dem unsterblichen Gotteshauptund warf die blutüberströmte,unversehrte Kugelmitten hinein ins unendliche All.

Da stand sie, glühend,in unermeßlicher Purpurründung,und sammelte um sichdie tanzenden Blutnebel,daß sie, ein einziger Riesenringvon Flammenschleiern,um den gemeinsamen Kernsich wanden und kreisten.Der blinde Gott aber saßund lauschte dem Sausen der Glut.

Äonen kreiste der Ring:Dann zerriß er.Und um die glasigen Perlendes zerkrampften Augesballten sich Bälle kochenden Bluts,glühende, leuchtende Blutsonnen,und andere Bälle,die unter roten Dampfhüllenlangsam gerannen.Durch die Unendlichkeitschwangen sich zahllose Reigenzahlloser Weltenin tönender Ordnungum das geopferte, heile Auge.

Der blinde Gott aberlauschte dem Klang der Sphären,die seinen Preis jauchzten,den Preis des Schaffenden,und flog tastend mit seinenschwarzen, schleppenden Fittichendurch seine Schöpfung,ein Schrecken den Menschleinauf allen Gestimen,der große Lucifer.

Das Hohelied

Singen will ich den Hochgesang,den mit Sterngoldletternder heilige Geist der Erkenntnisin den schwarzen Riesenschiefermächtigen Firmamentsleuchtend gegraben,den jauchzenden Hochgesang,des Kehrreim von zahllosen Chörenvon Weltengeschlechtern das All durchtönt:Auf allen Sternen ist Liebe!

Siehe, ich maß auf dem Feuerfittichrascher Kometen die Bahnen der Ewigkeit,durch tausend Planetenreigenflog ich zitternden Geistes,spähte und lauschte hinabauf die kreisenden Bällemit überirdischen Sehnsuchtsinnen.Und entgegen schwoll mir allewigaus unzählbarer Lebenden Brüsten:Auf allen Sternen ist Liebe!

Sahst du je ein liebendes Paarsich vereinen zu seligem Kuß,sahst du je der Mutterlippestummes Segengebet des Kindesreinen Scheitel inbrünstig weihen,sahst du je die stille Flammeheiliger Freundschaft im Kusse brennen –oh dann sang auch deine Seele,stammelte schauernd die süße Gewißheit:Auf allen Sternen ist Liebe!

Trunken bin ich von diesem Liede,das aus der Harfe der Ewigkeit hallt.Oh meine Brüder auf wandelnden Welten,deren Sonnen purpurne Kränzeum die Muttersonne des Allsewigen Rhythmus’ Sturmschwung reißt,grüßen laßt euch durch Äonen!Tausendgestaltiger Sterblicher HymnenEin’ ich des Menschengeschlechts Dithyrambe.Auf allen Sternen ist Liebe!

Liebe! Liebe! durch die Unendlichkeitausgegossen, ein Strom erlösenden Lichts,in das Nichts, die Nacht der Herzendeine glühenden Wogen schlagend –hebend aus dem Dumpfen das Heilige –aus dem Chaos rettend und schaffend den Gott –Gottheit auf die Stirn dem Menschenprägend und ins schimmernde Aug ihmGottheit senkend – Liebe! Liebe!Auf allen Sternen ist Liebe!

Liebe! Liebe! bist du die Mutter auchaller Schmerzen, aller der Lebensqual,wer erträgt um dich nicht alles,stolzen Mutes, ein Held, ein Ringer!Heilig sprechen wir Haß und Leid und Schuld,denn wir lassen von dir nicht, oh Liebe!Träges Verschlummern lockt uns nicht,Leben und Tod soll ewig dauern,denn wir wollen dich ewig, oh Liebe!Auf allen Sternen ist Liebe!

Erden werden zu Eis erstarrenund ineinander stürzen,Sonnen die eigene Brut verschlingen,tausend Geschlechter und aber tausendwerden in Staub und Asche fallen:aber von Ewigkeit zu Ewigkeitbricht aus unzähliger Lebenden Brüstendreimal heilig und hehr das hohe Lied,dreimal heilig des Lebens Preisgesang:Auf allen Sternen ist Liebe!

Zwischen Weinen und Lachen

Zwischen Weinen und Lachenschwingt die Schaukel des Lebens.Zwischen Weinen und Lachenfliegt in ihr der Mensch.

Eine Mondgöttinund eine Sonnengöttinstoßen im Spiel siehinüber, herüber.In der Mitte gelagert:Die breite Zoneeintöniger Dämmerung.

Hält das Helioskindschelmisch die Schaukel an,übermütige Scherze,weiche Glückseligkeitdem Wiege-Gastins Herz jubelnd,dann färbt sich rosig,schwingt er zurück,das graue Zwielicht,und jauchzend schwört erdem goldigen Daseindankbare Treue.

Hat ihn die eisige Handder Selenetochter berührt,hat ihn ihr starres Aug,Tod und Vergänglichkeit redend,schauerlich angeglast,dann senkt er das Haupt,und der Frost seiner Seeleruft nach erlösenden Tränen.Aschfahl und freudlosnüchtert ihm nundas Dämmer entgegen.Wie dünkt ihm die Welt nunöde und schal.

Aber je höher die eine Göttindie Schaukel zu sich emporzieht –je höherschießt sie auch drüben empor.Höchstes Lachenund höchstes Weinen,eines SchaukelschwungsGipfel sind sie.

Wenn die Himmlischen endlichdes Spieles müde,dann wiegt sie sichlangsam aus.Und zuletztsteht sie stillund mit ihr das Herzdes, der in ihr saß.

Zwischen Weinen und Lachenschwingt die Schaukel des Lebens.Zwischen Weinen und Lachenfliegt in ihr der Mensch.

Im Tann

Gestern bin ich weit gestiegen,abwärts, aufwärts, kreuz und quer;und am Ende, gliederschwer,blieb im Tannenforst ich liegen.Weil’ ich gern in heitrer Buchensonnengrünem Feierlichte,lieber noch, wo Tann und Fichtekerzenstarr den Himmel suchen.

Aufrecht wird mir selbst die Seele,läuft mein Aug empor den Stamm:Wie ein Kriegsvolk, straff und stramm,stehn sie da, ohn Furcht und Fehle;ernst, in selbstgewollter Buße,nicht zur Rechten nicht zur Linken:wer der Sonne Kuß will trinken,hat im Dämmer keine Muße.

Denksam saß ich. Moose stach ichaus des Waldgrunds braunem Tuch.Und der frische Erdgeruchtat mir wohl, und heiter sprach ich:Wahrlich, ich vergleich euch Riesenunerbittlichen Gedanken,die sich ohne weichlich WankenHöhenluft der Wahrheit kiesen.

Philosophin Mutter Erdehat euch klar und schlicht gedacht,jeglichem zu Lehr und Acht,wie man teil des Lichtes werde.Stolz aus lauem Dämmer flüchten,Rast und Abweg herb verachten,nur das eine Ziel ertrachten –also muß der Geist sich züchten.

Lang noch an den schlanken Fichtensah ich auf mit ernstem Sinn.Erde! Große Meisterinbist du mir im Unterrichten!Besser als Folianten lehren,lehrst mich du, solang mein Leben.Unerschöpflich ist dein Geben,doch noch tiefer mein Verehren.

Der zertrümmerte Spiegel

Am Himmel steht ein Spiegel, riesengroß.Ein Wunderland, im klarsten Sonnenlichte,entwächst berückend dem kristallnen Schoß.Um bunter Tempel marmorne Gedichteergrünt geheimnisvoller Haine Kranz;der Seen Silber dunkle Kähne spalten,und wallender Gewänder heller Glanzverrät dem Auge wandelnde Gestalten.

Wohl kenn ich dich, du seliges Gefild! . .Doch was in heitrer Ruh erglänzt dort oben,ist mehr als dein getreues Spiegelbild,ist Irdisches zu Göttlichem erhoben.Du zeigst ein friedsam wolkenloses Glück,um das umsonst die Staubgebornen werben . . .Und doch! Auch du bist nur ein Schemenstück!Ein Hauch –: Du schläfst im Grund in tausend Scherben.

Ein Hauch! . . Von düstren Wolken löst ein Flugsich von der Felskluft Schautribünenstufen.Um meinen Gipfel streift ihr dumpfer Zug,als hätte sie mein fürchtend Herz gerufen.Hinunter weist beschwörend meine Hand,indes mein Aug nach oben bittet »Bleibe!«Umsonst! Ein Stoß zermalmt des Spiegels Rand,und donnernd bäumt sich die gewaltige Scheibe

und stürzt, von tausend Sprüngen überzackt,mit fürchterlichem Tosen in die Tiefen.Der Abgrund schreit, von wildem Graun gepackt.Blutüberströmt die Wolken talwärts triefen.Fahlgrüner Splitterregen spritzt umher,den Leib der Nacht zerschneidend und zerfleischend.Mordbrüllend wühlt der Sturm im Nebelmeerund heult in jede Höhle, wollustkreischend.

Der Berge Adern schwellen, brechen aufund schäumen graue Fülle ins Geklüfte.Ihr Flutsturz reißt verstreuter Scherben Haufunhemmbar mit in finstre Waldnachtgrüfte.Es wogt der Forsten nasses Kronenhaar,durchblendet von demantnem Pfeilgewimmel . .Doch um die Höhen wird es langsam klar,durch Tränen lächelt der beraubte Himmel.

Und bald verblitzt der letzten Scherbe Schein,zum Grund gefegt vom Sturm- und Wellentanze.Nur feiner Glasstaub deckt noch Baum und Steinund funkelt tausendfach im Sonnenglanze . . .Ich schau, ich sinne, hab der Zeit nicht acht –:Den Tag verscheuchte längst der Schattenriese.Und aus der Tiefe predigen durch die Nachtdie Fälle vom versunknen Paradiese.

Das Kreuz

Die gestürzten Engelschweben um den Berg.Mit weißen, bleiernen Riesenfittichenschleicht ihr Flug aus den Talen,daß er die Höhen der Erde auchtodeskältend überfinstere,daß im Schweigen der Nachtendlich das Leben sterbe.

Lebendige Flammenentrief ich dem Felszum Schutze.In goldenem Zornleuchtet das Berghaupt.Aber die heißeste Stirn,das glühendste Augist nicht lange gefeit,wo solcher Flügelgrabkalte Bahrtücherder Vernichtung eisige Schauerins Haupt schatten.

Und fahles Grauenwürgt mir die Kehleund reißt einen Schrei miraus der Brustund wirft ihn hinausin die Finsternisse . .Vom grauen Fittichgewölbefällt er ohnmächtigin mich zurück.

Im Schein der mühsamkämpfenden Lohetrete ich, halb von Sinnen,zum Rande des Abgrundsund breite, wie prüfend,die Arme aus.

Da zucken die Nebelgespenstergrausengepackt zusammen.Ihr schnürender Reigenlöst sich, zerstreut sich.In wildem Entsetzenrasen heulend die Sataneum den Gipfel.Ich aber erkenneauf der zitternden Wandihrer Flügelfluchtein mächtiges, schwarzes Kreuz.

Meines Körperskreuzförmiger Schattequält triumphierenddie Engel des Todeshinweg, hinab,zurück in ihr trauriges Reich.

Ich stehe noch lange,die Arme gebreitet,doch nicht mehr in Angstnoch als Wehr,nein! jetzt als Grußund heilige Ehrungden tausend lächelnden Lichtaugendes unsterblichen Alls.

Die Versuchung

Der alte, ehrwürdige Herrmit dem großen Bartwar heute bei mir.»Ich habe dich gestern gerettet!«sagte er freundlich.»Den Einfall, die Armezur Kreuzform zu strecken,hab ich dir gesteckt.«Ich schüttelte dankbardie biedere Rechte.Er aber drohte mirmit dem Finger:»Ein Schelm bleibst du doch!Ich traue dir nicht.Doch höre!«Und er kniff mir den Armund zeigte mir ringsdie Lande –:»Dies alles soll dein sein,wenn du hier hinfällstund mich anbetest.«Der Arme, er wußte nicht,daß Erde und Himmeldurch Phanta längst mein war.»Nun, willst du nicht?«rief er halb ängstlichhalb ärgerlich.Ich aber machte ihmschnell eine kalte Kompresseum die erhitzten Schläfenund führte ihn sorgsamden Berg hinunter.Auf halber Höhetraf ich den großen Pan.Er wollte geradeeine Windhosen-Orgel bauen.Doch ich entriß ihndem kühnen Projekteund stellte ihmseinen greisen Kollegen vor.»Alte Bekanntschaft!«, rief Panund zog die krumme Nasemißmutig noch krümmer.»Vielleicht hilft er dirbei der Windhosen-Orgel!«schlug ich begütigend vor.Das leuchtete ein.Arm in Armzogen die beiden ab.Ich aber stieg,ein freier, glückseliger Mensch,singend wieder emporauf meine herrlichen,klaren, einsamen Höhen.

Der Nachtwandler

Sanfter Mondsegen über den Landen.Schlafstumm Berge, Wälder, Tale.In den Hütten erstorben die Herde;an den Herden eingenickte Großmütter,zu deren Knieen offne Enkel-Mäulerchenunter verhängten Auglein atmen.Auf Daunen und Strohsackschnarchendes Laster, schnarchende Tugend.Wachend allein: Diebe, Dichter,Wächter der Nacht, und auf Gassen, in Gärtenund in verschwiegenen Kammernlispelnde Liebe.

Sanfter Mond! du segnest,weil du nichts andres kannst.Aber am Herzenzehren dir Neid und Groll,weil die Menschen dich also mißachten,daß sie zu Bett gehn, wenn du kommst.Ärgerlich ziehn sie die Vorhänge zu:und du stehst draußenund – segnest milde deine Verächter.

Sanfter Mond! manchmal auchlugen Herrschergelüste gefährlich vorunter deiner Demut.Dann rufst du in verträumte Gehirne:»Auf! auf!Ich bin die Sonne!Kommt: es ist Tag!«Und der blöden Schläferglaubt es dir mancherund steigt ernsthaftaus seinen Kissenund geht gravitätischüber die Dächer.Scheel sehen die Kater ihn an.Er aber wandelt und klettert,als hätt ihm sein Arztdie Alpen verschrieben.

Wie? Freundchen!Hätt ich dich heut gar ertappt?Mir dünkt, da untenkäm solch ein Wandler!Armer Fremdling,– besser: Hemdling –,wer bist du?Welchem Bette entflohst du?Opferlammmondlicher Lüsternheit,meilenweit mußt du gewandert sein!

Redet er nicht im Schlaf? horch!»Wer ich bin? . . .Eine lebendige Litfaß-SäuleEtikettiert von oben bis unten: –Staatsbürger,Gemeindemitglied,Protestant,Hausbesitzer,Ehemann,Familienvater,Vereinsvorstand,Reserveleutnant,Agrarier,Christlicher Germane,Antisemit,Deutschbündler,Sozialmonarchist,Bimetallist,Wagnerianer,Antinaturalist,Spiritist,Kneippianer,Temperenzler –«

»Wie!«, ruf ich,»und nie Mensch?«

Aber da reißtder Schläfer die Augen auf,und – »Mensch?«von verzerrten Lippen heulend,stürzt er,fehltretend,die Felswand hinab,von Zacke zu Zackeim Bogen geschleudert.

Ich aber,ich »Mörder«,muß unbändig lachen.Ich kann nicht anders –Gott helfe dem Armen!Amen!

Andre Zeiten, andre Drachen

Immer nicht an Mond und Sternemag ich meine Blicke hängen –:Ach man kann mit Mond und Sternen,Wolken, Felsen, Wäldern, Bächenallzuleichtlich kokettieren,hat man solch ein schelmisch Weibchenstets um sich wie Phanta Sia.

Darum senk ich heut bescheidenmeine Augen in die Tiefe.Hier und da ein Hüttenlichtlein;auch ein Feuer, dran sich Hirtennächtliche Kartoffeln braten –wenig sonst im dunklen Grunde.Doch! da drunten seh ich einegoldgeschuppte Schlange kriechen . . .

Hochromantisches Erspähnis!Kommst du wieder, trautes Gestern,da die Drachen mit den Kühenfriedlich auf den Almen grasten,wenn sie nicht grad Flammen speienoder Ritter fressen mußten –da der Lindwurm in den Engpaßseinen Boa-Hals hinabhingund mit grünem AugenaufschlagDame, Knapp und Maultier schmauste –kommst du wieder, trautes Gestern?

Eitle Frage! Dieses Schuppen-Ungetüm da drunten ist einganz modernes Fabelwesen,unersättlich zwar, wie jenealten Schlangen, doch auch wiederjenem braven Walfisch ähnlich,der dem Jonas nur auf Tageseinen Bauch zur Herberg anbot.

Feuerwurm, ich grüße froh dichvon den Stufen meines Schlosses!Denn ob mancher dich auch schmähe,als den Störer stiller Lande,und die gelben Humpeldrachen,die noch bliesen, noch nicht pfiffen,wiederwünschte, – ich bekenne,daß ich stolz bin, dich zu schauen.Höher schlägt mir oft das Herze,seh ich dich auf schmalen Pfadendeine Wucht in leichter Graziemit dem Flug der Vögel messenund mit Triumphatorposehallend durch die Nächte tragen.

Sinnbild bist du mir und GleichnisGeistessiegs ob Stoffesträgheit!Gleichnis bist du neuer Zeit mir,die, jahrtausendalter KräfteErbin, Sammlerin, sie spielendzwingt und formt, beherrscht und leitet!

Andre Zeiten, andre Drachen,andre Drachen, andre Märchen,andre Märchen, andre Mütter,andre Mütter, andre Jugend,andre Jugend, andre Männer –:Stark und stolz, gesund und fröhlich,leichten, kampfgeübten Geistes,überwinder aller Schwerheit,Sieger, Tänzer, Spötter, Götter!

Die Weide am Bache

Weißt du noch, Phanta,wie wir jüngsteine Nyade,eine der tausendGöttinnen der Nacht,bei ihrem Abendwerkbelauschten?

Einer Weidehalf sie, sorglichwie eine Mutter,ins Nachthemd,das sie zuvoraus den Nebel-Linnen des Bachskunstvoll gefertigt.Ungeschicktstreckte der Baum die Arme aus,hineinzukriechenins Schlafgewand.Da warf es die Nymphelächelnd ihm über den Kopf,zog es herab,strich es ihm glatt an den Leib,knöpfte an Hals und Händenes ordentlich zuund eilte weiter.

Die Weide aber,in ihrem Nachtkleid,sah ganz stolzempor zu Luna.Und Luna lächelte,und der Bach murmelte,und wir beide,wir fanden wieder einmaldie Welt sehr lustig.

Abenddämmerung

Eine runzelige Alte,schleicht die Abenddämmerung,gebückten Gangesdurchs Gefildund sammelt und sammeltdas letzte Lichtin ihre Schürze.

Vom Wiesenrain,von den Hüttendächern,von den Stämmen des Walds,nimmt sie es fort.Und dannhumpelt sie mühsamden Berg hinaufund sammelt und sammeltdie letzte Sonnein ihre Schürze.

Droben umschlingt ihrmit Halsen und Küssenihr Töchterchen Nachtden Nackenund greift begierigins ängstlich verschlosseneSchurztuch.

Als es sein Händchenwieder herauszieht,ist es schneeweiß,als wär es mit Mehlrings überpudert.

Und die Kleine,längst gewitzt,tupft mit demniedlichen Zeigefingerden ganzen Himmel vollund jauchzt laut aufin kindlicher Freude.Ganz unten abermacht sie einen großen,runden Tupfen –das ist der Mond.

Mütterchen Dämmerungsieht ihr mit mildemLächeln zu.Und dann geht eslangsamzu Bette.

Augustnacht

Stille, herrliche Sommernacht!Silberfischlein springen lustigin dem himmlischen Meer.Hochauf schnellendie zierlichen Leibchen sich,blitzschnellwieder verschwindend.Hinter grauen Wolkenklippengleißt es verdächtig.Da kauert arglistigder Mann im Mond –und fischt.Verstohlene, seideneAngelschnürewirft er hinabin die arglose Flut.Ach! und nunzappelt auch schonein armer Weißlingam Hakenund fliegtin weitem Bogenhinauf zu den grauen,häßlichen Klippen . . .mir ist,ich höre ein leises,behäbiges Lachen.

Mädchentränen

Die schönen, blauen Augen des Himmelshängen voll trüber Nebelschleier,und unter verstohlenen Schluchzernströmen graue Güsse zur Erde nieder.Auf traurigen Häuptern tragen die Bäumedas schwere Tränenweh, die Bächehetzen verstört sich talwärts, mürrischvermummt sich der Berg in weißer Wolle.

Und das alles?Weil mit allzuglühender Lippeder liebesrasende, ungestüme Sonnengottdes Morgenhimmels reine, kühle Mädchenunschuldbestürmt und die tief errötende Geliebtemit allzuversengenden Küssenin ihrer jungfraustillen Seelefassungslos aufgewühlt.Wie ein Krampf packte die Leidenschaftden überwältigten Herzensfrieden . . .Und all die verwirrten Gefühlelösten und schütteten sich ausin einem großen Weinen.

Mählig verebben die Seufzer.Versöhnlicher, weicher wird das Herz.Und schon sehe ich wieder ein halbes Lächeln,ein warmes Winkenundämmbar aufdrängender Liebein den schönen, blauen Augen.

Landregen

Auf der Erdesteht eine hohe, gewaltige,tausendsaitige Regenharfe.Und Phantagreift mit beidenHänden hineinund singt dazu –:Monoton,wie ein Indianerweib,immer dasselbe.Die Lider werden mirschwer und schwerer.Nach langem Halbschlaferwach ich wieder, –reibe verstört mirdie trägen Augen –:auf der Erdesteht eine hohe, gewaltige,tausendsaitige Regenharfe.

Der beleidigte Pan

Auf der Höhlungeines erstorbenen Kratersblies heute Pan,wie Schusterjungenauf Schlüsseln pfeifen.Er pfiff »die Welt« aus,dies sonderbare,zweideutige Stückeines Anonymus,das Tag für Taguns vorgespielt wirdund niemals endet.Oh pfeife doch minder,teuerer Waldgott!Halt Einkehr, Pan!Wer hieß Dich dennunter Menschen gehen? . .

Mondaufgang

In den Wipfeln des Walds,die starr und schwarzin den fahlen Dämmerhimmelgespenstern,hängt eine große,glänzende Seifenblase.

Langsam löst sie sichaus dem Geästund schwebt hinaufin den Äther.

Unten im Dickichtliegt Pan,im Mundeein langes Schilfrohr,dran noch der Schaumdes nahen Teichesverkrustet schillert.

Blasen blies er,der heitere Gott:die meisten aberplatzten ihm tückisch.

Nur einehielt sich tapferund flog hinausaus den Kronen.

Da treibt sie schimmernd,vom Winde getragen,über die Lande.Immer höher steigtdie zerbrechliche Kugel.

Pan aber blicktmit klopfendem Herzen –verhaltenen Atems –ihr nach.

Mondbilder

I.

Der Mond steht dawie ein alter van Dyck:ein rundes, gutmütigesHolländergesichtmit einer mächtigen,mühlsteinartigen,crêmefarbenenHalskrause.Ich möcht ihnwohl kaufen,den alten van Dyck!Aber ich fürchte,er ist im Privatbesitzdes Herrn Zebaoth.Ich mußte den Ablaßwieder in Schwang bringen!Vielleicht ließ er ihndafür mir ab . . .Hm.Hm.

II.

Eine goldene Sichelin bräunlichen Garben,liegt der Mondim bronzenen Gewölk.Mag da weitdie Schnitterin sein?Ich meine,die Schwaden bewegen sich –oh, ich errate alles!Ins Ährenversteckzog wohl ein Gottdie emsige Göttermaid, –irgend ein himmlischerSchwerenöter der Liebe,Jupiter-Don Juanoder Wodan-Faust . .In frohem Schreckließ sie die Sichel fallen . . .Oh, Ihr königlich freien,heiter genießenden,seligen Götter!

III.

Groß über schweigendenWäldern und Wassernlastet der Vollmond,eine Ägis,mit düsterem Goldscheinalles in reglosen Bannverstrickend.Die Windehalten den Atem.Die Wälder ducken sichscheu in sich selbst hinein.Das Auge des Seeswird stier und glasig –:als ob eine Ahnungdie Erde durchfröre,daß dieser Gorgoschildeinst ihren Leibzertrümmern werde . .Als ob eines Schreiessie schwanger läge,eines Schreies voll Grausen,Voll TodesentsetzenEssetai êmar!

IV.

Durch Abendwolken fliegt ein Bumerang,ein goldgelbes Bumerang.Und ich denke mir: Heda!Den hat ein Australneger-Engelaus den seligen Jagdgründendorthin geschleudert –vielleicht aus Versehen!?Der arme Nigger!Am Ende verwehrt ihm ein Cherub,über den himmlischen Zaun zu klettern,damit seine Waffeer wieder hole . . .Oh, lieber Cherub,ich bitte für den Nigger!Bedenke:es ist solch ein schönes,wertvolles,goldgelbes Bumerang!

Erster Schnee

Die in Wolkenkukuksheimzerreißen ihre Manuskripte,und in unzähligen,weißen Schnitzelchenflattert und fliegt esmir um die Schläfen.Die Unzufriednen!Nie noch bliebender Lieder sie froh,die im Lenzihnen knospeten,nie nochder dithyrambischen Chöre,die durch glühende Julinächtevon ihren Mundenwie Donner brachen.Immer wiederzerstören gleichmütig sie,was sie gedichtet:und in unzähligen,weißen Stückchenflattert esaus dem grauen Papierkorb,den sie schelmischzur Erde kehren.Große, redliche Geister!

Ich, der Erde armer Poet,versteh Euch.Wenn wir uns selbstgenügen wollen,ehrlich Schaffende wir,müssen wirunsren Gedanken wiederall die bunten Hüllen ausziehn.Ach! Alleinin der Maske des Wortswird unser Tiefstesdem Nächsten sichtbar!

Ihr Stolzen verschmäht es,den Wortewerken,die Ihr erschuft,Dauer zu leihen,und Ihr könnt es –denn Ihr seid Götter!Keiner von Euchwill Trost, will Erlösung,weiß von dem WahnsinnGlückes und Leides:in Euch selbstseid Ihr Euch ewig genug!

Aber wir Menschen,wir Selig-Unseligen,tief in gemeinsame Loseverstrickten,müssen einanderdie Herzen erschließen,müssen einanderfragen, belehren,trösten, befreien,stärken, erheitern,und zu all Demraten und planen,formen und bauen,rastlos, mühvoll,an dem Menschheitstempel»Kultur«.

Ich stehe stummin den wirbelnden Flockenund denke mit Schwermutmeines Stückwerks.Doch streue ich selbstnichts in den lustigen Tanz.Meine Werke, Ihr Götter,stürben wie roter Schnee,wollt ich sie opfern!Ich schrieb mit Herzblut . . .Homo sum.

Talfahrt

Die du im erstenjungfräulichen Schneedort am fallenden Hangahnungsvoll schläfst,talbrünstige Lawine!Wach auf!Und trage mich!wildestes Roß,wieder hinabin der Menschen Gefilde!. . . . . . . . . . . . .

Die zierliche Flockebewegt sich . . wächst . .Und stürmt immer tollervon Fels zu Fels . . .Ich springe ihr nachund fasse beherztin ihr weißes,wehendes Mähnenhaar,indessen Phantaden Renner lenkt,wie auf rollender Kugeldie Göttin des Glücks,hochaufgerichtetund furchtlos.. . . . . . . . . . . . .

Wir sind am Ziel.Vom Laufe ruhtim Bach des Talsdas Rößlein aus.Ich flieg auf weichenWiesenplan,und lächelndhilft mir Phanta auf.Und dann – zerbricht sieihren Stab.. . . . . . . . . . . . .

Epilog

Am Schreibtisch finde ich mich wieder,als wie aus krausem Traum erwacht . .:Vor mir ein Buch seltsamer Lieder,und um mich stille Mondesnacht.Ich schaue auf den kleinen Ort,aus dem mein Geist im Zorn geflohn: –Nachtwächter ruft sein Hirtenwortzu greiser Turmuhr biedrem Ton . .Wie knochige Philisterglatzenerglänzt des Pflasters holprig Beet . .Und auf den Giebeln weinen Katzenum ein versagtes tête-à-tête.

Euch also, winklige Gemäuer,durchschnarcht von edlen Atta Trolls,bewarf ich einst mit wildem Feueraus den Vulkanen meines Grolls!Ich sah in eurer Kleinlichkeitdie Welt, die in mir selbst ich trug:es war ein Stück Vergangenheit,das ich in eurem Bild zerschlug.Von oben hab ich lachen lernenauf euer enges Kreuz und Quer!Wer Kurzweil trieb mit Sonn und Sternen,dem seid ihr kein Memento mehr!In tiefentzückten Weihestundenfernab dem Staub der breiten Spur,hab ich mich wieder heimgefundenzum Mutterherzen der Natur!

In ihm ist alles groß und echt,von gut und böse unentweiht:Schönheit ist Kraft ihm, Kraft ihm Recht,sein Pulsschlag ist die Ewigkeit.Wen dieser Mutter Hände leitenvom Heut ins Ewige hinein,der lernt den Schritt des Siegers schreiten,und Mensch sein heißt ihm König sein!

Ich hebe Dir mein Herz empor

Ich hebe Dir mein Herz empor als rechte Gralesschale, das all sein Blut im Durst verlor nach Deinem reinen Mahle, o CHRIST!

O füll es neu bis an den Rand mit Deines Blutes Rosenbrand, daß: DEN fortan ich trage durch Erdennächt’ und -tage, DU bist!

Hymne

Wie in lauter Helligkeitfließen wir nach allen Seiten …Erdenbreiten, Erdenzeitenschwinden ewigkeitenweit …

Wie ein Atmen ganz im Lichtist es, wie ein schimmernd SchwebenHimmels-Licht – in Deinem Lebenlebten je wir, je wir – nicht?

Konnten fern von Dir verziehen,flohen Dich, verbannt, verdammtDoch in Deine Harmonienkehren heim, die Dir entstammt.

Überwinde!

Überwinde! Jede Stunde,die du siegreich überwindest,sei getrost, daß du im Pfundedeines neuen Lebens findest.

Jede Schmach und jede Schande,jeder Schmerz und jedes Leidenwird bei richtigem Verstandedeinen Aufstieg mehr entscheiden.

Ohne Erbschuld wirst du funkeln,abermals vor Enkeln rege,ungezähltem Volk im Dunkelnweist ein Sieger Sonnenwege.

Wer vom Ziel nicht weiß…

Wer vom Ziel nicht weiß,kann den Weg nicht haben,wird im selben Kreisall sein Leben traben;kommt am Ende hin,wo er hergerückt,hat der Menge Sinnnur noch mehr zerstückt.

Wer vom Ziel nichts kennt,kann’s doch heut erfahren;wenn es ihn nur brenntnach dem Göttlich-Wahren;wenn in Eitelkeiter nicht ganz versunkenund vom Wein der Zeitnicht bis oben trunken.

Denn zu fragen istnach den stillen Dingen,und zu wagen ist,will man Licht erringen:wer nicht suchen kann,wie nur je ein Freier,bleibt im Trugesbannsiebenfacher Schleier.

O gib mir Freuden

O gib mir Freuden, nicht mit dem verstrickt,was ich als niedres Ich in mir empfinde,gib solche Freuden mir zum Angebindewie Geist sie Geist, der Seele Seele schickt.

O nicht mehr dieser schalen Freuden Pein,die doch erkauft nur sind von fremden – Leiden!Schenk Herzen mir, die sich für DICH entscheiden,so wird auch meines wahrhaft fröhlich sein.

Die zur Wahrheit wandern

Die zur Wahrheit wandern,wandern allein,keiner kann dem andernWegbruder sein.

Eine Spanne gehn wir,scheint es, im Chor …bis zuletzt sich, sehn wir,jeder verlor.

Selbst der Liebste ringetirgendwo fern;doch wer’s ganz vollbringet,siegt sich zum Stern,

schafft, sein selbst Durchchrister,Neugottesgrund -und ihn grüßt GeschwisterEwiger Bund.

Geschöpf nicht mehr…

Geschöpf nicht mehr, Gebieter der Gedanken,des Willens Herr, nicht mehr in Willens Frone,der flutenden Empfindung Maß und Meister,

zu tief um an Verneinung zu erkranken,zu frei, als daß Verstocktheit in ihm wohne:So bindet sich ein Mensch ans Reich der Geister:

So findet er den Pfad zum Thron der Throne.

Da nimm

Da nimm. Das laß ich dir zurück, o Welt …Es stammt von dir. Es sei von neuem dein.Da, wo ich jetzo will hinaus, hinein,bin ich nicht mehr auf dich gestellt.Da gilt der blasse Geist allein,den ich mir formte über dirach, nur wie einen blassen Opferrauch, -da gilt nur noch der ach, so schwache Hauch,der von dem CHRISTUS lebt in mir.

Wie macht’ ich mich von DEINEM Zauber los

Wie macht’ ich mich von DEINEM Zauber losund tauchte wieder nieder in die Tiefeund stiege wieder in des Dunkels Schoß,wenn nicht auch dort DEIN selbes Wesen riefe,an dessen Geisterlicht ich hier mein Sein,als wie der Schmetterling am Licht, erlabe,doch ohne daß mir die vollkommne Gabezum Untergang wird und zur Todespein.

Wie könnte ich von solcher Stätte scheiden,wo jeder letzte Glückestraum erfüllt,verharrte nicht ein ungeheures Leiden,sogar von diesem Himmel nur – verhüllt.Und da mir dessen Stachel ist geblieben,wie könnt’ ich nun, als brennend von DIR gehn,um DICH in jener Welt noch mehr zu lieben,in der sie DICH, als Sonne, noch nicht sehn.

Von Liebe so von DIR hinabgezwungenvom Himmel auf die Erde, weiß ich doch:nur immer wieder von DIR selbst durchdrungen,ertrag’ ich freudig solcher Sendung Joch.DU mußtest DICH als Quell mir offenbaren,der unaufhörlich mir Erneuung bringt.Nun kann ich auch gleich DIR zur Hölle fahren,da mich DEIN Himmel ewiglich verjüngt.

Im Baum, du liebes Vöglein dort

Im Baum, du liebes Vöglein dort,was ist dein Lied, dein Lied im Grund?Dein kleines Lied ist Gotteswort,dein kleiner Kehlkopf Gottes Mund.

›Ich singe‹ singt noch nicht aus dir,es tönt die ewige Schöpfermachtnoch ungetrübt in reiner Prachtin dir, du kleine süße Zier.

Lucifer

»Ich will mein Licht vor eurem Licht verschließen,ich will euch nicht, ihr sollt mich nicht genießen,bevor ich nicht ein Eigenlicht geworden.

So bring ich wohl das Böse zur Erscheinung,als Geist der Sonderheit und der Verneinung,doch neue Welt erschafft mein Geisterorden.

Aus Widerspruch zum unbeirrten Wesen,aus Irr-tum soll ein Götterstamm genesen,der sich aus sich – und nicht aus euch – entscheidet.

Der nicht von Anbeginn in Wahrheit wandelt,der sich die Wahrheit leidend erst erhandelt,der sich die Wahrheit handelnd erst erleidet.«

Von zwei Rosen …

Von zwei Rosenduftet eineanders, als dieandre Rose.

Von zwei Engelnmag so eineranders, als derandre schön sein.

So in unzähl-baren zartenAndersheitenmag der Himmel,

mag des VatersGöttersöhne-reich seraphischabgestuft sein..

So wie ein Mensch, am trüben Tag, der Sonne vergißt …

So wie ein Mensch, am trüben Tag, der Sonne vergisst, –sie aber strahlt und leuchtet unaufhörlich, –so mag man Dein an trübem Tag vergessen,um wiederum und immer wiederumerschüttert, ja geblendet zu empfinden,wie unerschöpflich fort und fort und fortDein Sonnengeist uns dunklen Wandrern strahlt.

Nach der Lektüre des Helsingforsers Cyclus 1912

Zur Schönheit führt Dein Werk:denn Schönheit strömtzuletzt durch alle Offenbarung ein,die es uns gibt. Aus Menschen-Schmerzlichkeitenhinauf zu immer höhern Harmonienentbindest Du das schwindelnde Gefühl,bis es vereint

mit dem Zusammenklangunübersehbarer Verkünder Gottesund Seiner nie gefassten Herrlichkeitmitschwingt im Liebeslichtder Seligkeit …Aus Schönheit kommt,zur Schönheit führtDein Werk.

O Nacht …

O Nacht, du Sternenbronnen,ich bade Leib und Geistin deinen tausend Sonnen –O Nacht, die mich umfleußtmit Offenbarungswonnen,ergib mir, was du weißt!

O Nacht, du tiefer Bronnen…

Erblinden mag ich, sprach ich kühn …

Erblinden mag ich, sprach ich kühn, –mir bleibt nichts Neues mehr zu schauen! ..Da wandelt sich der Erde Grünzum odemraubend kühlen Grauen.

Ein Schleier fällt auf die so rechtgeliebten Wesen und Gelände,und zu der – Geister Lichtgeschlechterhebt – ein Blinder seine Hände…

Nun wohne du darin …

Nun wohne du darin,in diesem leeren Hause,aus dem der Welt Gebrauseherausfloh und dahin.

Was ist nun noch mein Sinn, –als daß auf eine Pauseich einzig deine Klause,mein Grund und Ursprung bin!

Die zur Wahrheit wandern …

Die zur Wahrheit wandern,wandern allein,keiner kann dem andernWegbruder sein.

Eine Spanne gehn wir,scheint es, im Chor …bis zuletzt sich, sehn wir,jeder verlor.

Selbst der Liebste ringetirgendwo fern;doch wer’s ganz vollbringet,siegt sich zum Stern,

schafft, sein selbst Durchchrister,Neugottesgrund –und ihn grüßt GeschwisterEwiger Bund.

Leis auf zarten Füßen naht es …

Leis auf zarten Füßen naht es,vor dem Schlafen wie ein Fächeln:Horch, o Seele, meines Rates,laß dir Glück und Tröstung lächeln –:

Die in Liebe dir verbunden,werden immer um dich bleiben,werden klein und große Rundentreugesellt mit dir beschreiben.

Und sie werden an dir bauen,unverwandt, wie du an ihnen, –und, erwacht zu Einem Schauen,werdet ihr wetteifernd dienen!

Evolution

Kaum daß sich, was sich einst von Dir getrennt,in seiner Sonderwesensart erkannt,begehrt zurück es in sein Element.

Es fühlt sich selbst und doch zugleich verbanntund sehnt sich heim in seines Ursprungs Schoß..Doch vor ihm steht noch ehern unverwandt

äonengroß sein menschheitliches Los!

Überwinde! Jede Stunde …

Überwinde! Jede Stunde,die du siegreich überwindest,sei getrost, daß du im Pfundedeines neuen Lebens findest.

Jede Schmach und jede Schande,jeder Schmerz und jedes Leidenwird bei richtigem Verstandedeinen Aufstieg mehr entscheiden.

Ohne Erbschuld wirst du funkeln,abermals vor Enkeln rege,ungezähltem Volk im Dunkelnweist ein Sieger Sonnenwege.

Sieh nicht, was andre tun …

I

Sieh nicht, was andre tun,der andern sind so viel,du kommst nur in ein Spiel,das nimmermehr wird ruhn.

Geh einfach Gottes Pfad,laß nichts sonst Führer sein,so gehst du recht und grad,und gingst du ganz allein.

II

Verlange nichts von irgendwem,laß jedermann sein Wesen,du bist von irgendwelcher Fehmzum Richter nicht erlesen.

Tu still dein Werk und gib der Weltallein von deinem Frieden,und hab dein Sach auf nichts gestelltund niemanden hienieden.

O wie gerne lern ich Milde …

O wie gerne lern ich Milde,liebes Herz, von deinem Munde,folge dir in stillem Bundein geläuterte Gefilde!

Und wir schaun zurück zusammenauf die Welt, samt ihrem Schelten,und anstatt sie zu verdammen,lassen wir sie gehn und gelten.

Du Weisheit meines höhern Ich …

Du Weisheit meines höhern Ich,die über mir den Fittich spreitetund mich vom Anfang her geleitet,wie es am besten war für mich, –

Wenn Unmut oft mich anfocht: nun –Es war der Unmut eines Knaben!Des Mannes reife Blicke habendie Kraft, voll Dank auf Dir zu ruhn.

O gib mir Freuden, nicht mit dem verstrickt …

O gib mir Freuden, nicht mit dem verstrickt,was ich als niedres Ich in mir empfinde,gib solche Freuden mir zum Angebindewie Geist sie Geist, der Seele Seele schickt.

O nicht mehr dieser schalen Freuden Pein,die doch erkauft nur sind von fremden – Leiden!Schenk Herzen mir, die sich für dich entscheiden,so wird auch meines wahrhaft fröhlich sein.

Dein Wunsch war immer – fliegen …

Dein Wunsch war immer – fliegen!Nun naht dir die Erfüllung.

Du wirst den Raum besiegen,nach jener Weltenthüllung,die uns zu Freien machtevom Schlaf der blinden Runden.

Nun hast du, Mit-Erwachte,dein Schwingenkleid gefunden!

Stör’ nicht den Schlaf der liebsten Frau, mein Licht …

Stör’ nicht den Schlaf der liebsten Frau, mein Licht!Stör’ ihren zarten, zarten Schlummer nicht.

Wie ist sie ferne jetzt. Und doch so nah.Ein Flüstern – und sie wäre wieder da.

Sei still, mein Herz, sei stiller noch, mein Mund,mit Engeln redet wohl ihr Geist zur Stund.

An den andern

Ich hatte mich im Hochgebirg verstiegen.Die Felsenwelt um mich, sie war wohl schön;doch konnt ich keinen Ausgang mir ersiegen,noch einen Aufgang nach den lichten Höhn;

Da traf ich Dich, in ärgster Not: den Andern!Mit Dir vereint, gewann ich frischen Mut.Von neuem hob ich an, mit Dir, zu wandern,und siehe da: Das Schicksal war uns gut.

Wir fanden einen Pfad, der klar und einsamempor sich zog, bis, wo ein Tempel stand.Der Steig war steil, doch wagten wir’s gemeinsam …Und heut noch helfen wir uns, Hand in Hand.

Mag sein, wir stehn an unsres Lebens Endenoch unterm Ziel, – genug, der Weg ist klar!Daß wir uns trafen, war die große Wende,Aus zwei Verirrten ward ein wissend Paar.

O ihr kleinmütig Volk, die ihr vom Heute …

O ihr kleinmütig Volk, die ihr vom Heutenicht loskommt, die ihr meint: so ist es, war esund wird es sein, so lange Menschen leben –.

O würdet ihr doch andrer Hoffnung Beuteund lerntet wieder schauen Offenbaresund Hirn und Herz zu höchstem Ziel erheben!

Ich will aus allem nehmen, was mich nährt …

Ich will aus allem nehmen, was mich nährt,was übereinstimmt mit mir längst Vertrautem;so wird mir manches stille Glück gewährt.

In Eurer Weisheit fand ich manch geheimeBestätigung zu von mir selbst Geschautemund brachte sie zu meiner Art in Reime.

Es gibt so vieles Schöne, Gute, Wahre;wie bin ich dankbar, daß ich Mensch sein darfund immer Neues solcher Art erfahre!

Erfahre denn noch dies dazu: entferntbist du vom Ernst noch. Dein Gewissen warfdir noch nicht vor, daß Weisheit sich nur – lernt.

Mit solchem Blumenpflücken, Kränzchenwinden –was ist getan? sieh dir ins Angesichtund prüfe, ach, solch allzu lau Empfinden.

Du fühlst der Weisheit Weg noch nicht als – Pflicht.Und so: ob von Glühwürmchen oder Sternendir Licht zufließt – dir ist’s das gleiche Licht.

Dir sind die echten Tiefen, wahren Fernennoch stumm; sie, deren Siegel einzig bricht:ein tiefdemütig lebenlanges – Lernen.

Das ist der Ast in deinem Holz …

Das ist der Ast in deinem Holz,an dem der Hobel hängt und hängt:dein Stolz,der immer wieder dichin seine steifen Stiefel zwängt.

Du möchtest auf den Flügelschuhntiefinnerlichster Freiheit fliehn,doch ihnverdrießt so bitterlichkein ander unabhängig Tun.

Er hält dich fest: da stehst du starr:dürrknisternd-widerspenstig Holz:ein Stolz-verstotzter Stock, ein sichselbst widriger Hanswurst und Narr.

Du hast die Hand schon am Portal …

Du hast die Hand schon am Portalund tastest nach der Klinke Hand(denn noch erhellt sie dir kein Strahl).

Du wirst erst wach, wenn sie sie fand,sei’s dieses, sei’s das nächste Mal; –dann wirst du weiß stehn wie die Wand,

davor du lange dumpf geirrt;und wie ein Leichnam hinfällt, wirddein Leib hinfallen in den Sand.

Wer vom Ziel nicht weiß …

Wer vom Ziel nicht weiß,kann den Weg nicht haben,wird im selben Kreisall sein Leben traben;kommt am Ende hin,wo er hergerückt,hat der Menge Sinnnur noch mehr zerstückt.

Wer vom Ziel nichts kennt,kann’s doch heut erfahren;wenn es ihn nur brenntnach dem Göttlich-Wahren;wenn in Eitelkeiter nicht ganz versunkenund vom Wein der Zeitnicht bis oben trunken.

Denn zu fragen istnach den stillen Dingen,und zu wagen ist,will man Licht erringen:wer nicht suchen kann,wie nur je ein Freier,bleibt im Trugesbannsiebenfacher Schleier.

Was klagst du an …

Was klagst du andie böse Weltum das und dies?bist du ein Mann,der niemals Speltins Feuer blies?

Hat Haß und Harmund Wahn und Suchtdich nie verführt,daß blind dein Armder Flammen Fluchtnoch mehr geschürt?

Was dünkst du dichdes unteilhaft,was Weltbrand nährt!Zuerst zerbrichdie Leidenschaft,die dich noch schwärt.

In dich hineinnimm allen Zwist,der Welt sorg nit;je wie du reinvon Schlacke bist,wird sie es mit.

Das bloße Wollen einer großen Güte …

Das bloße Wollen einer großen Güteist ganz gewiß ein hohes Menschentrachten.Doch es erhebt sich erst zur vollen Blüte,

wenn Gnaden eines seherisch Erwachtenden Kosmos nachtentleitetem Gemüteals Geisterkunstwerk zum Bewußtsein brachten.

Dann wächst aus Riesenschöpfungsüberblicken,aus Aufschau zu verborgnen Bildnersphären,aus Selbstmiteinbezug in deren Stufen –

ein Mitgefühl mit dieser Welt Geschicken,das mehr als dunkle Herzenstriebe nähren,das höchste Götter mit ans Werk berufen.

Bedenke, Freund, was wir zusammen sprachen …

Bedenke, Freund, was wir zusammen sprachen.War’s wert, daß wir den Bann des Schweigens brachen,um solche Nichtigkeiten auszutauschen?

So schwätzen wohl zwei Vögel miteinander,derweil in unablässigem Gewanderdes Stromes strenge Wogen meerwärts rauschen.

Erwacht in dir nicht ein Gefühl der Leere,erwägst du, wie so auftut Jahre, Jahrenichts als Geschwätz aus dir sich und dem andern,

indessen nach der Gottheit Schoß und Meereder Geistesweisheit sternenspiegelklareGewässer ruhlos und gewaltig wandern?

An eine Freundin

Laß den Helden in deiner Seele nicht sterben!Welkst du hin wie die Blume, der Baum im Herbst, –höre nimmer doch auf, um den Kranz zu werben!

Alle andern Kränze bleiben zurücke,schwinden hin wie die Glieder, die sie bedecken …Dieser bleibt dir allein auf der großen Brücke –

hält dir droben die Geisterstirn noch umschlossen:und dereinst, wenn du wieder hinabgestiegen,wirst du gehn, wie von heiligem Schein umflossen.

Einen Freund über seinen Liebeskummer zu trösten

Wir müssen immer wieder uns begegnenund immer wieder durch einander leiden,bis eines Tages wir das alles segnen.

An diesem Tage wird das Leiden weichen,das Leiden wenigstens, das Blindheit zeugte,das uns wie blinden Wald im Sturme beugte.

Dann werden wir in neues Ziel und Lebenwie Flüsse in ein Meer zusammenfließen,und kein Getrenntsein wird uns mehr verdrießen.

Dann endlich wird das, … suchet nicht das Ihre’Wahrheit geworden sein in unsern Seelen.Und wie an Kraft wird’s uns an Glück nicht fehlen.

Der Kranke

Oft zu sterben wünscht ich mir …Und wie dankbar bin ich doch,daß ich leb und leide nochim gesetzten Nun und Hier.

Bleibt mir doch damit noch Zeit,abzubauen manch Gebrest,komm ich nimmer auch zum Rest,werd ich besser doch bereit.

Wenn ich jetzt nichtwirken kann,helf ich also doch dem Mir,das dereinst nach Nun und Hierwirken wird im Dort und Dann.

(an viele)

Ihr kennt sie, die Leidenschaft,die uns verbindet: