Club der roten Dichter:innen -  - E-Book

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Beschreibung

Das Projekt "Club der roten Dichter" ist eine seit 2021 wöchentlich stattfindende Schreibwerkstatt für Jugendliche und junge Erwachsene, in der wir uns mit der Literatur politisch Verfolgter auseinandersetzen. Besondere Beachtung finden dabei Werke jüdischer Autor*innen oder Texte, die der Bücherverbrennung zum Opfer fielen. Wir lesen und interpretieren diese und lassen uns von ihnen zu eigenen literarischen Werken wie zum Beispiel Gedichten, Poetry Slam Beiträgen oder Filmen inspirieren. Das Projekt wird unter der Leitung der Medienpädagogin Claudia Brüggemann vom STATTwerke e.V. durchgeführt und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben!

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Seitenzahl: 46

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Inhalt

Vorwort

Der Club der roten Dichter:innen

Helene Berndt

Claudia Brüggemann

Clara Ehrke

Ronja Fischer

Lea Sophie Gottschalk

Sophie Kamann

Rike Kisten

Angelina Lange

Melissa Neumann

Juliane Vogler

Julia Waldhauer

Der Club der roten Dichter:innen und seine Freund:innen

Projektdokumentation

Schlusswort

Vorwort

Schwarz ist die Hoffnung

Ein Buch muss die Axt sein, die die Zeit zerteilt, die das Jetzt vom Morgen spaltet, die ihren silbernen Kopf in unsern Kopf rammt und alle Distanz daraus verbannt. Die uns die Füße wegschlägt, uns indes nicht zu Fall bringt – wir heben ab, fliegen mit Augäpfeln und Herzkirschen und Fingern über Papier. Wir sind nicht mehr hier. Wir sind nicht mehr außen. Wir sind mittendrin. Wir bluten die Tinte. Denn Schwarz ist die Hoffnung. Die Hoffnung ist tot. Tod ist Poesie. Poesie ist Vergessen. Und Vergessen ist Schwarz. Schwarz tropft der Saft vergossener Stunden aus unsrer Feder. Wir zerfließen, gießen Geschichten in Bücher. Denn Bücher teilen die Menschen in Träumer und Täter. Bücher sind Jetzt und nicht später. Ein Buch kann ein Schatz sein, ein Buch muss die Axt sein für den Unterschied, für Ignoranz, für das Gebirge aus Zweifeln in uns, für den Ring um unsre Güte, für Ich-Ich-Ich, für dich und mich, für Hinz gegen Kunz, für die Härte unseres Tuns, für das gefrorene Meer in uns.

Claudia Brüggemann

Der Club der roten Dichter:innen

Das Projekt "Club der roten Dichter:innen" ist eine seit 2021 wöchentlich stattfindende Schreibwerkstatt für (junge) Erwachsene von 12 bis 120 Jahren, in der wir uns mit der Literatur politisch Verfolgter auseinandersetzen. Besondere Beachtung finden dabei Werke jüdischer Autor*innen oder Texte, die der Bücherverbrennung zum Opfer fielen. Wir lesen und interpretieren diese und lassen uns von ihnen zu eigenen literarischen Werken wie Gedichten, Poetry Slam Beiträgen oder Filmen inspirieren.

Das Projekt wird unter der Leitung der Medienpädagogin Claudia Brüggemann vom STATTwerke e.V. durchgeführt und gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

Unsere Schreibwerkstatt findet jeden Donnerstag um 16.00 Uhr online und in Präsenz im JIM Kyritz (Marktplatz 10) statt. Interessierte Autor:innen sind herzlich eingeladen, mitzumachen. Weitere Infos: [email protected] und unter jim-stattwerke.de

Texte, die mit einem Kamerasymbol gekennzeichnet sind, wurden als Film umgesetzt und können unter

vimeo.com/clubderrotendichter

angesehen werden. Der nebenstehende QR-Code führt direkt zu den Filmen.

Helene Berndt

Dich verloren

Du warst immer da.

Für mich.

Sowie ich für dich.

Haben zusammen gelacht und geweint.

Uns gut verstanden und missverstanden.

Wir waren beide stark und klein.

Haben das getan das uns vor ein paar Jahren

unmöglich erschien.

Wir waren wie Pech und Schwefel.

Doch wir vergaßen, dass dies Säuren sind.

Ich hab dich lieb.

Aber du mich auch?

Bin ich ersetzbar oder

die Nummer, die du im Notfall anrufst?

Du hast mir nichts von deinen neuen Freunden

oder deinem Freund erzählt.

Mir kommt es so vor als würdest

du nicht wollen, dass ich in deine andere Welt mitkomme.

Du bist so weit weg.

Und ich. Ich habe solche Angst!

Wir kennen uns schon seit irgendwann.

Ich will dich nicht verlieren aber

wenn du mir aus dem Weg gehst?

Was bleibt dann?

Schlüssel

Mein Kopf ist leer. Nein, er ist voll.

Nein leer. Nein voll.

ODER?

Ich weiß es nicht.

Da ist alles und nichts.

ALLES: Alles, außer Wurzeln und die französische Revolution.

Alles, das was ich nie ausspreche.

Niemandem sagen kann.

Dieser Käfig für den ich den Schlüssel nicht hab.

Mir geht es doch gut oder?

In diesem goldenen Käfig ohne diesen goldenen Schlüssel dazu.

Doch dieser Käfig ist auch das Nichts.

Nichts: Ich sehe nichts versuche durch die Gitterstäbe zu schauen.

Aber ich kann es nichts erkennen.

Es ist alles so verschwommen.

Als halte man mir eine Scherbe vor die Augen.

Ich will hier raus!

Will sagen was ich denke!

Meine eigene Meinung haben!

Einfach ich sein!

Doch wo ist der Schlüssel?

Vulkan

Berg aus Asche und Stein.

Flüssig. Fest.

Mit Lava.

Verschluckte Doppelhaushälfte.

Bergraben in Stein.

Kein Leben möglich.

Tod.

Aus Tod leben.

Grünspross.

Pflänzchen.

Fotosynthese.

Bäumchen.

Baum.

Er brodelt.

Rauchsäule im Himmel.

Ausbruch.

Er schreit.

Erich Kästner: Die Wälder schweigen

„Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden

Und tauscht bei ihnen seine Seele um.“

Claudia Brüggemann

Kopf macht Körper

(in Erinnerung an Hilde Domin)

An der gleichen Stelle, an der

Mein Körper halsaufwärts in die

Wolken übergeht, stürzt er

Sich rechtsseitig zu Grunde,

Wo er dumpf nach Leben schnappt.

Doch alles Leben klemmt in

Den Kiemen meiner linken

Herzkammer, Hort meines Worts.

Dies Wörterpochen. Meine

Hand nimmt das Pochen in die Hand.

Einerseits, sagt man, lässt sich

Mit einem Temporallappen

Schlecht aufwischen. Andererseits

Hat man schon Fische fliegen sehn.

Unter deinen Gräten

Unter deinen Gräten schlägt ein Herz,

Grad so groß wie meine Vernunft,

Grad so klar wie Doppelkorn.

Ich wünsche und weine und wünsche,

Dich unstetes Untier fassen zu können.

Dein Schwarm zu sein.

Meinen Atem in deine Kiemen zu legen.

Unter deinen Schuppen zu schlafen.

Doch alles aufwärts deines Kopfes

Hängt mir unter den Füßen.

Da hat sich der Himmel in einen

Spiegel gelegt. Blank und kühl

Wie Küchenkacheln.

Und setz ich einen Fuß auf

Diesen – deinen Himmel –

Zerspringt er in Scherben.

Auf deiner Welt kann ich nicht gehen.

Zischen Angelsehnen, Algen und Blei

Muss ich ersaufen.

In meinen Lungen liegt ein Pool.

Schampus, Chlor, Pisse.

Unter meinen Schuppen wohnt ein Schmerz.

Und unter deinen Gräten schlägt

Vielleicht ein Herz.

Grad so groß wie meine Hoffnung.