Cover me 1: In deiner Deckung - L.A. Witt - E-Book

Cover me 1: In deiner Deckung E-Book

L.A. Witt

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Beschreibung

Als der Rettungssanitäter Nick Swain zu einem Tatort gerufen wird, gerät seine Welt aus den Fugen. Während er die Verletzten versorgt, wird sein eigenes Leben bedroht. Und am Ende wird er sogar des Rassismus bezichtigt, da er einer schwarzen Frau mit einer Schussverletzung nicht mehr das Leben retten kann. In dieser Situation ist Detective Andrew Carmichael der einzige Rettungsanker und bald landen die beiden zusammen im Bett. Doch obwohl Andrew versucht, Nick zu beschützen, ist dort draußen noch immer jemand, der Nick tot sehen will. 1. Teil der dreibändigen Reihe

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L. A. Witt

Cover me –

In deiner Deckung

Band 1

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2017

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Cover me, 2014

Erschienen bei Carnal Passions (ein Imprint von Champagne Books)

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

©  javiindy – fotolia.com

© cleanfotos – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-098-0

ISBN 978-3-96089-099-7 (epub)

Inhalt:

Als der Rettungssanitäter Nick Swain zu einem Tatort gerufen wird, gerät seine Welt aus den Fugen. Während er die Verletzten versorgt, wird sein eigenes Leben bedroht. Und am Ende wird er sogar des Rassismus bezichtigt, da er einer schwarzen Frau mit einer Schussverletzung nicht mehr das Leben retten kann.

In dieser Situation ist Detective Andrew Carmichael der einzige Rettungsanker und bald landen die beiden zusammen im Bett. Doch obwohl Andrew versucht, Nick zu beschützen, ist dort draußen noch immer jemand, der Nick tot sehen will.

1. Teil der dreibändigen Reihe:

Cover me

Trust me

Widmung

Für alle, die mir geholfen haben dieses Buch zu verwirklichen, sei es als Betaleser oder weil sie mir ihr Faktenwissen zur Verfügung gestellt haben:

Eddie, Mike, Kelley, Sue, Ruth, Dionne, Carleta & Kyle.

Kapitel 1

„Weißt du, wenn du weiterhin so dasitzt, wirst du dir eines Tages noch die Beine brechen.“ Leon nahm seine Hand vom Lenkrad und gestikulierte in Richtung meiner Füße, die auf der Ablage an der Beifahrerseite des Krankenwagens lagen.

„Nur, wenn du einen Unfall baust.“ Ich sah von dem Klemmbrett in meinem Schoß auf. „Obwohl, so wie du fährst, würde mich das nicht überraschen.“

„Hey, hör auf meinen Fahrstil zu kritisieren. Und wenn du dir solche Sorgen machst, dass ich einen Unfall baue, dann nimm deine verdammten Füße da runter.“

„Ich mache mir keine Sorgen.“ Ich unterschrieb meinen Bericht und blätterte zur nächsten Seite weiter. „Außerdem, wenn du einen Unfall baust und ich mir die Beine breche, dann hast du alles was es braucht, um sie wieder zusammenzuflicken.“ Mit meinem Stift deutete ich in den rückwärtigen Teil des Wagens.

„Wenn du dir deine Beine brichst, weil du sie da oben gelassen hast, werde ich dich leiden lassen.“

„Wenn du weiter auf meine Beine anstatt auf die Straße schaust, dann muss ich Zoe vielleicht erzählen, dass ich dich auf meine Seite gezogen habe.“

Er warf mir einen entsetzten Blick zu. „Denk nicht einmal daran, du Hurensohn!“

„Dann hör auf, meine – hey! Die Straße! Pass auf die verdammte Straße auf!“

Leon sah auf und riss das Lenkrad gerade noch rechtzeitig herum, bevor wir aus der Kurve drifteten. „Siehst du? Siehst du? Wenn ich jetzt einen Unfall gebaut hätte …“

„Wären meine Beine in Ordnung gewesen und ich hätte sie benutzt, um dir in den Arsch zu treten.“ Ich sah ihn böse an und wandte mich dann wieder meinem Bericht zu.

„Ja, ja, ja.“ Er hielt den Krankenwagen an einer Kreuzung an und streckte seine Arme, während er darauf wartete, dass die Ampel wieder grün wurde. „Mann, in dreißig Minuten ist Abendessen.“

„In dreißig Minuten?“ Ich lachte. „Es ist noch nicht einmal fünf Uhr. Außerdem, hast du nicht etwas gegessen bevor wir die Station verlassen haben?“

Leon schnaufte schwer. „Ja, Nick.“ Er warf mir einen bösen Blick zu. „Und ich konnte nicht zu Ende essen, weil wir die Station verlassen mussten.“

„Verdammt sollen sie sein, diese rücksichtlosen Leute.“ Ich seufzte dramatisch und presste die Rückseite meiner Hand gegen meine Stirn. „Verletzen sich und halten dich vom Essen ab.“

Er wollte gerade zu einer scharfen Antwort ansetzen, als unser Funkgerät zum Leben erwachte.

„Code Eins, Code Eins. Schießerei bei Jackson und Vierzehnte. Mehrere Verletzte. Alle Einheiten zum Tatort.“

Wir waren nur ein paar Blocks entfernt. Leon und ich tauschten einen Blick und er nickte knapp.

Ich nahm das Funkgerät. „Zentrale, hier ist Siebenundzwanzig Alpha. Wir sind auf dem Weg zu Jackson und Vierzehnte, Ende.“

Leon gab auf der Kreuzung Gas, während er die Lichter und die Sirene anstellte. Ich ließ mein Klemmbrett und meine Füße auf den Boden fallen. Nur Gott wusste, wie es vor Ort aussehen würde, aber ich hatte kaum Zweifel, dass wir dort eine Menge Blut finden würden, darum zog ich mir schon einmal Gummihandschuhe über.

„Geschäftige Nacht in Masontown heute, nicht wahr?“, fragte er.

Ich antwortete nicht. Wir waren in dieser Nacht schon einmal in der Gegend gewesen, aber das war nicht ungewöhnlich. Wegen jener Menschen, die so betrunken waren, dass sie nicht mehr wussten, wie sie für sich selbst sorgen mussten und jenen, die zu arm waren, um auf sich aufpassen zu können, war Masontown bestens mit blinkenden roten Lichtern vertraut. Sex und Drogen waren die Haupterzeugnisse dieser Gegend. Das hier war nicht die erste Schießerei, zu der wir gerufen wurden und ich bezweifelte, dass es die Letzte sein würde.

Während Schilder, Autos und Gebäude an uns vorbeirauschten, verfiel ich in Autopilot. Meine Ausbildung übernahm das Steuer und drängte alle Emotionen, zusammen mit jedweden Gedanken, die meiner Aufgabe hinderlich sein könnten, zurück. Es handelte sich nicht um Apathie, kam ihr aber nahe – etwas, das mir half, ruhig und konzentriert zu bleiben, damit ich meine Arbeit tun konnte.

Schon nach wenigen Minuten kamen wir an. Eine kleine Menge hatte sich versammelt, aber außer unserem eigenen Licht, das sich in Autos und Fenstern spiegelte, sahen wir keine Warnlichter.

„Denkst du, es ist sicher?“, fragte Leon. „Oder warten wir auf die Polizei?“

Ich inspizierte die Umgebung. Wenn keine Polizei anwesend war, stand es uns frei, entweder anzufangen oder zu warten. In diesem Fall schien niemand eine Waffe zu haben, darum war es wahrscheinlich sicher für uns, auszusteigen. Das, und eine Schießerei bedeutete in der Regel schwere Verletzungen, die nicht lange warten konnten.

„So sicher wie es nur sein kann.“ Ich löste meinen Gurt. „Lass uns gehen.“ Ich ging in den rückwärtigen Teil des Krankenwagens, holte mir die Erste-Hilfe-Tasche und trat hinaus. Blut war auf dem Gehweg, Panik in der Luft und vier Leute am Boden. Niemand sonst schien verletzt zu sein, aber die Verwundeten waren im Moment in der Überzahl. Während ich die Szene sichtete, verfluchte ich innerlich die Budgetkürzungen, derentwegen nur zwei, anstatt drei oder vier Personen, einen Krankenwagen besetzten.

Gerade im Moment könnte ich ein paar mehr Hände dringend brauchen, ihr verdammten Erbsenzähler.

Ich ging von Patient zu Patient und beurteilte die Wunden und Lebenszeichen so schnell ich konnte. Eine Situation wie diese wirkte sich immer seltsam auf den Zeitfluss aus, oder zumindest mein Gefühl dafür. Ich bewegte mich in Zeitlupe, während alle um mich herum sich zu schnell bewegten und nicht einmal sie konnten mit dem Maschinengewehrfeuer der tickenden Uhr mithalten.

Ein Mann hatte offensichtlich Schmerzen. Blut trat zwischen seinen Fingern hervor, wo er seinen Oberarm hielt. Aber er war ansprechbar und nicht in unmittelbarer Gefahr.

Der andere Mann lag auf dem Boden, nur halb bei Bewusstsein und blutverschmiert. Seine Lebenszeichen waren halbwegs stabil, aber er blutete heftig und sein Zustand konnte sich jeden Moment verschlechtern. Ein paar Meter entfernt lag eine Frau mit einem blutgetränkten Oberteil, die sich wand und stöhnte. Sie hielt sich an der Hand eines Zuschauers fest, der einen zusammengefalteten Stofffetzen auf ihre Brust drückte. Sie blutete stark und ihre Atmung kam keuchend.

Die zweite Frau lag bewegungslos in einer schnell größer werdenden Blutlache. Der Mann, der neben ihr kniete, schrie abwechselnd sie an, aufzuwachen und mich, ihr zu helfen. Ihre Lebenszeichen waren schlecht und fielen mit jeder Sekunde ab und wenn sie das einzige Opfer gewesen wäre, hätte ich ihr auf der Stelle geholfen. Aber mit mehr Verwundeten als Sanitätern war sie schon zu weit hinüber. Ich hatte eine bessere Chance, die anderen drei zu retten, darum mussten schwierige Entscheidungen getroffen werden.

Mit einem Blick auf Leon deutete ich auf die bewusstlose Frau und den blutenden, fluchenden Mann. „Sie ist Code Schwarz. Er ist Grün.“ Dann zeigte ich auf den halbbewusstlosen Mann und die stöhnende Frau. „Die anderen beiden sind Rot. Du übernimmst ihn, ich kümmere mich um sie.“

Leon nickte und wir fingen mit unserer Arbeit an.

„Hey! Hey!“, schrie der Mann neben der sterbenden Frau, als wir beide an ihr vorbeigingen. „Sie braucht Hilfe!“

„Wir tun alles, was in unserer Macht steht“, sagte ich. „Verstärkung ist auf dem Weg.“

„Sie wird sterben!“, schrie er. „Sie lassen sie sterben, nur weil sie schwarz ist?“

Ich knirschte mit den Zähnen. Ich hatte nicht die Zeit ihm zu erklären, was ‚Code Schwarz‘ bedeutete und dass es nichts mit der Hautfarbe zu tun hatte. Obwohl ich mit ihm fühlte und ganz bestimmt auch mit der Frau auf dem Boden, war einfach nicht genug Zeit. So wie ihre Lebenszeichen in den Keller rauschten und aufgrund der Menge an Blut, die sie verloren hatte, konnte man wahrscheinlich ohnehin nicht viel für sie tun, selbst wenn ich genügend Helfer gehabt hätte.

Ich kniete mich neben die andere Frau und sah zu dem Mann an ihrer Seite. Ihr Ehemann, wie ich aufgrund des goldenen Rings an seiner blutverschmierten Hand annahm und der Art, wie er ihre Hand mit seiner anderen festhielt.

„Wie heißt sie?“, fragte ich.

Er öffnete seinen Mund um zu antworten und zögerte.

„Ihr Name?“, fragte ich. Vielleicht war meine Annahme nicht korrekt. Vielleicht war er nicht ihr –

„Chelsea. Chelsea Wayland.“

„Chelsea? Kannst du mich hören?“ Ich berührte ihre Schulter. „Chelsea, ich heiße Nick. Ich bin hier, um zu helfen. Kannst du mich hören?“ Sie stöhnte, was genauso gut eine Reaktion auf den Schmerz als auch auf meine Stimme sein konnte.

Ihr Ehemann sah über seine Schulter und dann wieder zu mir. „Sagen Sie mir, dass Verstärkung auf dem Weg ist.“

„Auf dem Weg.“

Kommt schon, Jungs, wo seid ihr?

Nach Masontown zu kommen, kam bei dichtem Verkehr einem Albtraum gleich und unglücklicherweise waren wir mitten im Stoßverkehr. Jede Einheit der Stadt steckte vermutlich auf der verdammten zweispurigen Brücke fest.

Chelsea versuchte, zuckend und keuchend einzuatmen. Ihre Lippen verloren schnell an Farbe.

„Ihre Atmung hat sich verschlechtert“, sagte er. „Als sie noch reden konnte, sagte sie, ihre Brust täte weh, aber ich nahm an, sie meinte die Stichwunde.“

„Stichwunde?“ Ich sah auf. „Ich dachte, das hier wäre eine Schießerei gewesen.“

„Das war es.“ Er nickte in Richtung der anderen Frau. „Aber sie hatte ein Messer.“

Ich konnte gerade noch einen Kommentar darüber zurückhalten, wie sinnlos es war, ein Messer zu einer Schießerei mitzubringen. Galgenhumor mochte mir in solchen Situationen helfen meinen Verstand nicht zu verlieren, aber dasselbe galt in der Regel nicht für einen Ehemann, der Druck auf den blutenden Brustkorb seiner Ehefrau ausübte.

„Wir müssen ihr das Oberteil ausziehen“, sagte ich. Mit Hilfe ihres Ehemannes schnitt ich es auf. Zu meiner Überraschung erschien unter dem Oberteil eine kugelsichere Weste. In einer weniger dringlichen Situation hätte ich mich vielleicht gefragt, in was ich da hineingeraten war, aber die Weste war mit zu viel Blut getränkt, als dass ich mich darüber wundern konnte, warum sie überhaupt eine trug. Wir lösten die Riemen an der Seite und entfernten die Weste.

Jetzt da die Weste weg war, konnte ich mir die Wunde ansehen. Es handelte sich um einen tiefen Schnitt, der stark blutete, aber das war mehr oder weniger unter Kontrolle. Ihre Atmung bereitete mir mehr Sorgen. Die Weste wegzunehmen hatte ihr das Atmen nicht erleichtert und die Farbe ihrer Lippen wurde immer blasser.

„Chelsea, kannst du mich hören?“ Wieder konnte ich nicht sagen, ob sie auf den Schmerz oder meine Stimme reagierte. Ich nahm ihre freie Hand. „Wenn du mich hören kannst, drück meine Hand zweimal.“

Sie antwortete mit zweimal Drücken, wobei der zweite Druck schwächer war als der erste. Ich presste das Stethoskop an ihre Brust und sie zuckte schwach zusammen.

„Chelsea, kannst du tief einatmen?“

Sie versuchte es, zog aber sofort eine Grimasse. Ihre Brust hob sich kaum. Je länger ich ihre Lebenszeichen aufnahm, umso offensichtlicher wurde alles und es sah nicht gut aus. Ihr Herz raste, ihr Blutdruck fiel und das schwache, schnelle Atmen wurde schlimmer.

„Ich bin gleich wieder da.“ Ich lief zum Krankenwagen und ignorierte die wütenden, panischen Schreie des Mannes neben der Frau mit dem Code Schwarz. Ich verfluchte den Verkehr, der die Verstärkung so gefährlich lange aufhielt, packte ein paar Gegenstände aus dem Wagen und eilte zurück an Chelseas Seite. Dort stülpte ich ihr eine Sauerstoffmaske über das Gesicht und öffnete den Hebel am Tank.

Ihr Ehemann hob die Augenbrauen. „Wie schlimm ist es?“

„Ihre Lungen sind kollabiert.“

„Jesus“, flüsterte er.

Es war nicht ganz so einfach, aber ich hatte keine Zeit ihm genau zu erklären, dass sie einen Spannungspneumothorax hatte und dass sie eine Pleurapunktion benötigte, um die Luft abzulassen, die sich in ihrem Brustkorb ansammelte. Es war nicht das erste Mal, dass ich so etwas an einem Unfallort machte und ich erwartete eine Flut an Fragen, wie schlimm es war und ob sie sterben würde. Aber er sagte nichts. Tatsächlich erschien er ziemlich ruhig, wenn man die Umstände in Betracht zog.

Während ich mich wieder neben sie kniete, deutete ich auf zwei Zuschauer. Ich sagte zu ihnen und Chelseas Ehemann: „Haltet sie fest. Versucht, sie so ruhig wie möglich zu halten.“

„Ich denke nicht, dass sie irgendwohin gehen wird“, sagte ihr Ehemann durch zusammengebissene Zähne.

„Nein, aber das hier wird ihr nicht gefallen.“ Als ich die große Nadel aus der Packung zog, hielt er den Atem an. „Schauen Sie nicht hin. Schauen Sie in eine andere Richtung. Vertrauen Sie mir.“ Als ich die Nadel in die Vertiefung zwischen ihren Rippen presste, räusperte er sich und schaute weg. Wenigstens bestand er nicht darauf, zuzusehen. Leon und ich hatten auch ohne einen ohnmächtigen Ehemann schon genügend Sorgen.

Gerade, als ich die Nadel in ihre Haut drücken wollte, presste sich etwas Kaltes und Festes an den Ansatz meines Schädels. Meine Hände und mein Atem stockten. Ich sah nur mit den Augen zu Chelseas Ehemann. Er starrte an mir vorbei, die Lippen geöffnet, die Augen weit.

„Geh von ihr weg“, verlangte eine schwankende Stimme hinter mir. Etwas ächzte und selbst mit meiner beschränkten Erfahrung mit Waffen erkannte ich den drohenden Ton eines Bolzens, der zurückgezogen wurde. „Geh verdammt noch mal weg von ihr.“

„Jesse, hör auf.“ Chelseas Ehemann klang noch immer erstaunlich ruhig, aber eine Andeutung von Unsicherheit in seinem Ton schickte Eis durch meine Adern. „Hör mir zu, Jesse. Leg die Waffe weg.“

„Nein, nein, er tut ihr weh.“ Die Stimme war jetzt beinahe hysterisch und die Mündung der Waffe zuckte an meiner Haut. Ich schluckte schwer. Es war nicht nur das Metall an meiner Haut, das mir Sorgen machte. Es war mehr die Art, wie das Metall zitterte. Eine bebende Hand mit einer geladenen Waffe an meinem Kopf war nicht unbedingt eine angenehme Situation.

Chelsea stöhnte und rang nach Luft. Jeder Atemzug bereitete ihr mehr Mühe als der davor und ihre Lippen wurden blau unter dem durchsichtigen Plastik der Maske. Waffe an meinem Kopf oder nicht, sie brauchte diese Nadel in ihrem Brustkorb. Ich zwang meine Hände nicht zu zittern und presste die Nadel in ihre Haut, aber die Mündung der Waffe drückte noch härter in meinen Kopf. Ein Zucken. Ein Zucken, mehr brauchte es nicht. Oh verdammt.

„Jesse.“ Chelseas Ehemann sah ihn an, während er versuchte, sie ruhig zu halten. „Er versucht ihr zu helfen.“

„Er tut ihr weh, Mark.“ Die Stimme von Jesse wurde schriller. „Mark, Mark, er tut ihr weh. Mach, dass er aufhört ihr wehzutun!“

„Nein, tut er nicht“, sagte der Ehemann – Mark. „Er hilft ihr. Leg die Waffe weg.“

Chelsea versuchte, einzuatmen, keuchte schwer und wand sich auf dem Gehweg. Die Zyanose wurde immer schlimmer und sie konnte nicht mehr länger warten. Ich hoffte sehr, dass ich nicht gerade mein eigenes Todesurteil unterschrieben hatte, als ich mich auf die Nadel lehnte und sie zwischen ihre Rippen presste. Sie stieß einen schwachen Schrei aus, schlug um sich, so weit es die drei Männer, die sie festhielten erlaubten und eine halbe Sekunde später zischte Luft aus der Nadel.

Für einen Moment hielt ich den Atem an, in Erwartung einer Kugel durch meinen Kopf, nachdem ich mich so plötzlich bewegt und Chelsea sich so gewehrt hatte.

Als die Kugel nicht kam, versuchte ich mich weiter auf Chelsea zu konzentrieren. Ich deutete auf meine Tasche.

„Reichen Sie mir den Kunststoffschlauch“, sagte ich zu Mark. Meine Stimme zitterte mehr, als ich es erwartet hatte und ich schauderte. Beinahe wäre es mir gelungen, die Panik zu ignorieren, doch dann hörte ich sie in meiner Stimme. Ich werde sterben. Ich werde sterben. Ich schob diese Gedanken von mir und zwang mich, mich zu konzentrieren. Er reichte mir den Plastikschlauch, auf den ich gezeigt hatte und als er sich über sie beugte, ging sein Blick über meine Schulter zu dem Wahnsinnigen.

Ich arbeitete so schnell ich konnte, um den Schlauch in ihren Brustkorb zu bekommen. Je schneller ich war, umso eher konnte ich sie in den Krankenwagen und von hier wegbringen. Ich konnte auch so tun, als würden meine Hände nicht zittern und vielleicht, ja vielleicht, konnte ich die Waffe ignorieren, die immer noch gegen meinen Schädel gepresst wurde. Die Waffe, die jedes Mal zuckte, wenn Chelsea sich bewegte oder einen Laut von sich gab.

„Er tut ihr weh“, sagte Jesse. „Mach, dass er aufhört ihr wehzutun.“

„Jesse, er hilft ihr.“ Marks Stimme wurde ruhiger und sanfter, als ob er Jesses Hysterie damit kontern wollte. „Wenn du ihn tötest, tötest du auch sie.“

Die Waffe zuckte. Dann noch einmal. Nach einer Sekunde verschwand sie von meinem Kopf und ich atmete aus. Als ich den Schlauch einführte und die Nadel herauszog, bekam Chelsea wieder ein wenig Farbe. Sei murmelte und stöhnte, als sie schwach versuchte, dem Schmerz zu entkommen, den ich ihr zweifellos zufügte.

Ich presste meine Zähne aufeinander, damit sie nicht klapperten und bemühte mich, mich auf Chelsea zu konzentrieren. Da der Schlauch die Luft aus ihrem Brustkorb ableitete, hatte ihre Lunge Platz, sich wieder auszudehnen, aber sie musste dringend ins Krankenhaus. Ich musste sie von hier wegbekommen. Ich musste selbst von hier verschwinden. Fort von diesem bewaffneten Idioten.

Da Chelseas Zustand sich leicht verbessert hatte und die Waffe weg war, wurde ich mir meiner Umgebung wieder bewusst. Eine Menge hatte sich versammelt. Der Begleiter, der als schwarz eingestuften Frau, war jetzt mehr als hysterisch. In der Ferne klangen Sirenen in der Luft, die aus allen Richtungen auf uns zukamen. Endlich Verstärkung. Dennoch betete ich, dass keine blauen Lichter dabei waren. Obwohl die Waffe gesenkt war, wusste ich nicht, wie verrückt Jesse wirklich war. Etwas sagte mir, dass, wenn er die Polizei sah und in Panik geriet, es aus mit mir wäre.

Chelsea wimmerte und versuchte, von mir wegzukommen, aber die drei Männer hielten sie fest. Das Wimmern wurde zu einem Schrei und ich nahm Bewegung hinter mir wahr. Ich zuckte zusammen und erwartete, die Mündung der Waffe wieder an meinem Kopf zu spüren.

Auf einmal bewegte Mark sich und die Bewegung kam zum Stillstand. Mehrere Zuschauer atmeten heftig ein und die Luft um mich herum kam in Bewegung, als sie alle einen Schritt zurücktraten.

„Leg sie weg“, knurrte er. Mein Blick flog nach oben und ich atmete schwer ein. Er hatte jetzt seine eigene Waffe gezogen und zielte an mir vorbei. Seine Hände waren alarmierend ruhig und in seinen Augen stand kalte, mörderische Wut. Langsam stand er auf, seine Augen und Waffe immer noch auf meinen unsichtbaren Angreifer gerichtet. „Jesse, wenn du diese Waffe noch einmal hebst, wirst du nicht lange genug leben, um sie an seinen Kopf zu halten. Leg. Sie. Weg.“

Dann hörte ich wieder Schlurfen. Mehr Keuchen, mehr Bewegung, mehr oh Gott, wo ist diese Waffe?

„Jesse, du Hurensohn!“ Mark sprang über Chelsea und an mir vorbei.

Um uns herum hielten Krankenwägen mit kreischenden Sirenen und grollenden Motoren. Meine Sinne waren nur auf die leiser werdenden Schritte gerichtet. Ich erwartete Schüsse, aber keine kamen und schließlich verklangen die Schritte und es blieb nur das Rumpeln der Dieselmotoren und das Murmeln von Panik und Verwirrung in der Luft. Ein heftiger Schauder lief mein Rückgrat hinab und Erleichterung zwang die Luft aus meinen Lungen.

Eine Hand berührte meinen Arm, ich zuckte zusammen und wäre beinahe umgefallen, bevor ich aufsah und Leon erkannte.

„Was zur Hölle ist hier passiert?“, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf und deutete auf Chelsea. „Wir müssen sie von hier wegbringen.“

Er drehte den Kopf, widersprach aber nicht. Da die Polizei jetzt vor Ort war und weitere Feuerwehrmänner und Sanitäter sich um die anderen Opfer kümmerten, luden Leon und ich Chelsea auf eine Krankenbahre und rollten sie über den Gehweg zum Krankenwagen.

Kurz bevor wir ihn erreichten, kam eine Hand aus der Menge, packte mich am Arm und brachte mich beinahe zu Fall. Ich balancierte mich aus und fand mich Angesicht zu Angesicht mit dem verstörten Begleiter der Frau, die ich als schwarz eingestuft hatte.

„Du rassistischer Hurensohn“, knurrte er. „Warum hast du ihr nicht geholfen?“ Hinter ihm lag die Frau zwischen zwei knienden Feuerwehrmännern, von denen einer ihr ein Tuch über den Kopf zog.

„Du hast sie getötet! Du hast sie verdammt noch mal getötet!“ Er griff nach meinem Hals, aber ich wehrte seine Hand mit meinem Ellbogen ab. Ich zuckte zusammen, als eine andere Hand meine Schulter berührte, auch wenn ich, bevor ich schaute, schon wusste, dass es wieder Leon war.

„Komm schon“, sagte er. „Wir müssen sie hier wegbringen.“ Ich drehte mich um und folgte ihm und der Bahre zum Krankenwagen.

„Du verdammter Rassist!“, schrie der Mann mir nach. „Ich werde dich umbringen! Hörst du mich? Ich werde dich verdammt noch mal umbringen!“ Ich sah ihn über meine Schulter an und der eisige Hass in seinen Augen schickte einen Schauder meinen Rücken hinab.

Er fuhr fort mich anzuschreien, warnte mich immer und immer wieder, dass er mich jagen und töten würde. Die Polizisten brachten ihn außer Sicht und ich konzentrierte mich wieder auf meine Patientin, versuchte, mich auf die Bedrohung ihres Lebens zu fokussieren, anstatt meines eigenen. Leon schloss die Türen hinter Chelsea und mir.

Einen Moment später setzte er sich auf den Fahrersitz. Die Reifen unter uns quietschten und wir verließen den Unfallort. Als Masontown und seine blinkenden Lichter hinter uns verblassten, war ich froh wie nie zuvor, dass Leon zu schnell fuhr.

Kapitel 2

Im Krankenhaus übergaben wir Chelsea den Ärzten in der Notaufnahme. Nachdem ich ihnen eine kurze Zusammenfassung ihres Zustandes gegeben hatte, hielt ich den Atem an und sah zu, wie sie weggefahren wurde. Panik machte sich langsam in mir breit, ein Chor von „Nein, nein, komm zurück“, hallte durch meinen Kopf als die Leute aus der Notaufnahme meinen Rettungsanker einzogen und außer Reichweite brachten. Ich konnte mich nicht länger auf ihre Verletzungen konzentrieren. Weil ich sie nicht länger überwachen und behandeln musste und das Adrenalin fehlte, das ich ausschüttete, wenn ich einen Patienten hatte, konnte ich mich an nichts mehr festklammern.

Dann schlossen sich die Türen. Chelsea war fort. Mein Anker war weg. Mein Autopilot schaltete sich ab und die Welt brach unter mir zusammen. Ich hörte mich stöhnen, als meine Knie nachgaben. Eine Sekunde später schickte eine Hand zwischen meinen Schultern Panik durch meinen Körper. Ich zuckte zurück und stolperte, bevor jemand meinen Arm ergriff.

„Hey, hey, langsam.“ Leons Stimme klang weit entfernt. Er führte mich zu einem Stuhl und ich sank hinein. Ich stützte meine Ellbogen auf meine Knie und vergrub mein Gesicht in meinen zitternden Händen. Ich atmete so langsam und gleichmäßig wie möglich und zwang mich, mich nicht zu übergeben. Oder ohnmächtig zu werden. Oder beides. Leichter gesagt als getan, wo mich doch ein vages Pulsieren an der Schädelbasis mit jedem Herzschlag daran erinnerte, wo die Waffe gewesen war.

„Alles in Ordnung, Mann?“, fragte Leon.

„Ich weiß es nicht.“ Meine Stimme zitterte so schlimm wie meine Hände. „Verdammt, ich kann …“ Ich schluckte hart und befahl mir selbst, mich nicht zu übergeben. Je länger ich die Panik in meiner Stimme hörte, umso panischer wurde ich. Es war vorbei, aber in meinem Kopf hatte es gerade erst begonnen.

„Atme, Junge.“ Er drückte meine Schulter. „Jesus, was ist da draußen passiert?“

Ich erschauderte. „Das weiß ich verdammt noch mal nicht.“ Alles, was passiert war, überfiel mein Bewusstsein wie brennende Schrapnelle und landete in unvorhersehbaren Mustern ohne Ordnung. Kaltes Metall an meinem Kopf. Gebrüllte Drohungen. Die Andeutung von Blau auf Chelseas Lippen. Die aufkeimende Hysterie in Jesses Stimme. Die Waffe, die in Händen zitterte, die sie nicht ruhig halten, geschweige denn den Abzug kontrollieren konnten. Sekunde um Sekunde, in denen ich eine Kugel und Dunkelheit erwartete. Je mehr ich versuchte, die Sache zu verstehen, umso mehr verwandelte sich alles in ein Kaleidoskop aus Chaos und Furcht. Je mehr ich es im sicheren Rückblick analysierte, umso weniger konnte ich glauben, dass ich es überlebt hatte. Vielleicht handelte es sich um eine verspätete Reaktion, aber die Furcht, die sich jetzt durch meine Adern fraß war so frisch, als würde ich immer noch auf dem Gehweg knien und meine Hinrichtung erwarten.

„Nick?“ Leons Stimme holte mich zurück in eine Gegenwart, die ich eigentlich nicht hätte erleben sollen.

Ich fuhr mit einer zitternden Hand durch meine Haare. „Verdammt …“

Leon drückte wieder meine Schulter. „Hör zu, du bleibst genau hier. Ich parke den Wagen und rufe das Hauptquartier an, um ihnen zu sagen, dass du den Rest der Nacht nicht weitermachst.“

Der Workaholic in mir wollte protestieren, aber es machte keinen Sinn. Ich wusste ebenso gut wie Leon, dass ich nicht in der Lage war, heute Nacht noch auf Notrufe zu reagieren, darum nickte ich einfach nur und lauschte seinen Schritten, als er wegging.

Alleine mit meinen Gedanken erlebte ich jede Sekunde immer und immer wieder. All die Panik und Furcht, die ich vor Ort hatte ignorieren können, kamen mit Macht zurück. Mein Magen drehte sich um und meine Hände zitterten, mein Herz hämmerte, als jede Erinnerung sich immer wieder abspielte. Immer und immer und immer wieder.

„Geht es Ihnen gut?“

Ich hätte ihn vielleicht als besorgten Passanten eingestuft und mit einer Geste weitergeschickt, aber die Stimme klang gerade vertraut genug, um mich zögern zu lassen. Ich sah auf und blinzelte ein paar Mal, als der Raum sich um mich drehte.

Nach einer Sekunde erkannte ich Mark. Unter seiner halbgeschlossenen Lederjacke trug er jetzt ein sauberes Hemd anstelle des blutverschmierten, das er am Unfallort angehabt hatte. Das Fehlen von Blut an seinen Kleidern brachte mir die Unmengen davon auf meinen eigenen Kleidern zu Bewusstsein. Ich ignorierte die Gänsehaut unter dem immer noch feuchten Stoff und nickte langsam. „Ja, mir geht es gut.“

Er legte den Kopf zur Seite und verengte die Augen ein wenig, als ob er mich durchschauen würde und deutete dann auf den Stuhl neben mir. „Kann ich?“

„Ja, ja, klar.“

Er setzte sich. „Wie geht es ihr?“

„Sie war stabil, als wir hier angekommen sind.“ Ich rieb mir die Stirn. „Die Leute aus der Notaufnahme sollten bald mehr wissen.“

„Gott sei Dank.“ Er sah sich im Wartezimmer um. „Ihr Ehemann ist noch nicht da.“

„Moment. Ihr Ehemann?“, fragte ich. „Ich dachte, Sie wären ihr Ehemann.“

„Nein, ich bin ihr Partner.“ Er zögerte. „Wir sind einander nicht ordentlich vorgestellt worden, was?“ Er streckte seine Hand aus. „Detective Andrew Carmichael.“

Ich schüttelte seine Hand. „Nick Swain.“

„Ich muss schon sagen, Macy hatte verdammtes Glück, dass du heute aufgetaucht bist.“

„Macy?“

Er machte eine entschuldigende Geste. „Tut mir leid. Chelsea war ihr Name als verdeckte Ermittlerin. Ihr richtiger Name ist Macy. Detective Macy Lombardi. Jedenfalls hatte sie großes Glück, dass du da warst.“

Für einen langen Moment sagte ich nichts und starrte nur auf das ausgetretene weiße Linoleum zu meinen Füßen. Jeder von uns, jedes Mitglied meines Teams, hätte die Person an Macys Seite sein können. Es hätte Leon sein können. Der Gedanke, dass jemand anderes aus unserer Abteilung am anderen Ende der Waffe hätte sein können, ließ mich würgen. Ich war dieses Jahr schon auf zwei Beerdigungen für getötete Feuerwehrmänner gewesen. Mit etwas Pech und schlechtem Timing hätte einer meiner Freunde der Nächste sein können. Ich hätte der Nächste sein können. Ich hätte –

Ich schüttelte meinen Kopf und rieb mir die Augen. „Sag mir, dass du ihn erwischt hast.“

Andrew seufzte. „Das würde ich, aber ich lüge in der Regel nicht.“

„Verdammt“, flüsterte ich.

„Ich habe es versucht.“ Er lachte bitter. „Ich werde wohl zu alt, um Verdächtige zu verfolgen.“ Für einen Moment sagte er nichts, dann fuhr er fort. „Ich will ehrlich mit dir sein, Nick. Ich mache das schon eine ganze Weile und habe schon ziemlich viel verrückten Scheiß gesehen. Aber ich habe noch nie jemanden das tun sehen, was du heute getan hast. Vor allem nicht mit so einem kühlen Kopf.“

„Du hast auch einen kühlen Kopf bewahrt.“

„Ja.“ Er warf mir einen weiteren Blick zu. „Aber ich hatte keine Waffe an meinem.“

Ich versuchte, abwehrend mit den Schultern zu zucken, aber erschauderte stattdessen.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“, fragte er.

„Es wird schon gehen. Es war einfach alles ziemlich heftig.“

Obwohl er nicht vollkommen überzeugt aussah, drang er nicht weiter in mich. Er sagte einfach nur „Gut.“

Ich kaute auf meiner Lippe. „Wer war er?“

„Sein Name ist Jesse Kendall.“

„Ich hatte den Eindruck, dass er nicht unbedingt stabil ist?“

Andrew hustete und lachte gleichzeitig. „Ja, so könnte man es ausdrücken.“

Die Erinnerung, wie die Waffe an meiner Haut zuckte, ließ mich wieder schaudern. „Wie instabil ist er genau?“

„Jesse ist ein verrücktes Arschloch. Ganz ohne Zweifel.“ Andrew seufzte. „Wenn er high ist, ist er ein gestörter, paranoider Hurensohn. Wenn er klar ist, ist er ein gestörtes, paranoides verdammtes Genie. Ich glaube nicht, dass schon ein Sicherheitssystem erfunden ist, das ihn abhält und wenn ich dadurch nicht meine Tarnung aufgegeben hätte, hätte ich ihn schon mehrere Dutzend Male für seine Autodiebstähle verhaften können.“

„Hast du eine Ahnung, warum er mich töten wollte?“

„Ich denke nicht, dass er das wollte.“

Ich sah Andrew an. „Die Waffe an meinem Kopf war also …?“

Er fuhr sich mit einer Hand durch sein dunkles Haar und seufzte. „Schau, Jesse ist auf Crack. Wie ich schon sagte, ist er paranoid. Er hat Wahnvorstellungen.“ Andrew machte eine Pause. „Und er hat mehr als nur eine kleine Obsession für Macy.“

„Nichts davon hilft mir, mich besser zu fühlen.“

„Der Punkt ist, er dachte, du würdest Macy wehtun. In seinem verrückten, mit Crack benebeltem Hirn dachte er, er würde sie beschützen.“

„Denkst du, er hätte mich wirklich getötet?“

Jetzt war es an Andrew, auf den Boden zu starren und sein Schweigen schickte unsichtbare Skorpione mein Rückgrat entlang.

„Verdammte Scheiße.“ Ich schloss meine Augen. Ohne darüber nachzudenken, rieb ich meinen Hinterkopf und richtete dadurch meinen Fokus auf die Stelle, an die Jesse die Waffe gehalten hatte. Schaudernd legte ich meine Hände an meine Schläfen und versuchte, nicht zu kotzen.

„Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?“

Aus Gründen, die ich nicht verstehen konnte, erwartete ich irgendwie, dass er seine Hand auf meine Schulter legen würde, so wie Leon es getan hatte. Aus Gründen, die ich sehr wohl verstand, erwischte ich mich dabei, dass ich mir das wünschte. Jesus, Nick, du kennst den Kerl nicht einmal. Das hatte aber nichts mit Andrew zu tun. Nach allem, was passiert war, musste ich ein wenig Spannung abbauen, relaxen und, gesund oder nicht, ich kannte eine praktisch narrensichere Methode, um das zu erreichen.

Andrew war ein warmer Körper in meiner unmittelbaren Reichweite. Und außerdem heiß. Anfang vierzig, schätzte ich und verdammt durchtrainiert. Ja, eindeutig gutaussehend.

Gutaussehend, aber verheiratet, wenn der Ring an seinem Finger irgendetwas zu bedeuten hatte. Und heterosexuell. Nicht zu vergessen ein völlig Fremder.

„Nick?“

Ich schaute auf. „Entschuldigung?“

„Ich habe gefragt, ob du eine Tasse Kaffee möchtest.“

„Nein, nein, danke.“ Ich zitterte schon ohne Koffein genug.

„Ich werde mir einen holen. Ich bin gleich wieder da.“

Nachdem er gegangen war und meinen Atem mit sich genommen hatte – verdammt, Nick, hör auf damit – schloss ich meine Augen und fuhr fort, meine Schläfen zu reiben. Ich versuchte, nicht über Jesse nachzudenken. Oder Andrew. Oder das ungute Gefühl in meinem Magen. Oder Andrew.

Oberflächlich betrachtet mochte es extrem und gefühllos erscheinen, nach einem harten Einsatz geil zu sein, aber das war es wirklich nicht. Mich machten das Leid und das Chaos und der Stress nicht an. Ich brauchte nur etwas, um damit klarzukommen, und die Nacht durchzuvögeln erschien mir gesünder, als mich zu betrinken.

Jeder in dieser Art Job brauchte etwas, um Dampf abzulassen. Sie erzählten uns immer wieder, wie wichtig es war, gesunde Möglichkeiten zu finden, die weder Drogen noch Schmerz beinhalteten, aber selbst jene, die uns das predigten, pflegten ihre Laster. Einige der Jungs tranken. Einige rauchten Kette. Andere wieder fuhren einfach zu schnell. Ich vögelte. Ich wusste, dass ich nicht der Einzige war, nicht, nachdem zwei Frauen von Feuerwehrmännern ihre Kinder an aufeinanderfolgenden Tagen bekamen, beinahe exakt neun Monate, nachdem wir zu einem Schulbus gerufen worden waren, der sich überschlagen hatte.

Schade, dass mein Ex vor ein paar Wochen ausgezogen war. Obwohl der Stress in meinem Job letztendlich zu unserer Trennung geführt hatte, würde wohl selbst David zugegeben haben, dass der Stress auch mit ein Grund gewesen war, warum wir es zusammen ausgehalten hatten. Den besten Sex hatten wir immer gehabt, wenn ich von einer besonders schlimmen Schicht nach Hause gekommen war. Nach einer Nacht wie dieser wäre der Sex wahrscheinlich –

„Geht es dir gut?“ Diesmal war es Leons Stimme.

Ich sah auf. „Ja. Wird schon werden.“ Irgendwann.

„Der Chief sagt, dass du den Rest der Nacht freinehmen kannst. Er wird dich aber wohl irgendwann morgen anrufen.“

„Daran zweifle ich nicht.“

„Er hat auch gesagt, dass du hier warten sollst bis die Beamten hier sind, um dich zu befragen. Sie sind jetzt auf dem Weg.“

Ich stöhnte. In meinem Job war ich an den endlosen Papierkram, die Aussagen, Unterschriften und all die verschiedenen Ausfertigungen eines Dokuments gewöhnt. Aber heute Nacht wollte ich einfach nur nach Hause gehen. Auf meiner Uniform war Blut, von dem ich so weit wie möglich wegkommen wollte und ich hatte Bilder in meinem Kopf, die ich in einem, oder sieben, Gläsern Crown Royal ertränken musste. Das Letzte, was ich tun wollte, war, hierzubleiben und jedes winzige Detail mit einem Streifenbeamten durchzugehen.

„Wunderbar“, sagte ich. „Genau das hat mir noch gefehlt.“

Andrew kam mit einem Styroporbecher zurück. Seine Augen flogen zwischen uns hin und her.

Ich deutete auf Leon. „Das ist Leon Fuller, mein Partner. Leon, das ist Andrew Carmichael.“

Sie schüttelten sich die Hände und Andrew sagte: „Schön, dich kennenzulernen.“

„Ganz meinerseits.“ Leon sah mich an. „Ich muss den Krankenwagen wieder zur Station bringen. Soll ich zurückkommen und dich nach Hause fahren?“

„Ich kann dich nach Hause fahren, wenn es nötig sein sollte“, bot Andrew an.

„Es würde dir nichts ausmachen?“, fragte ich.

Er lächelte. „Nick, du hast das Leben meiner Partnerin gerettet, unter Umständen, bei denen andere Leute zusammengebrochen wären. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“

Ich schenkte ihm die beste Imitation eines Lächelns, die ich fertigbrachte. „Wenn es dir keine zu großen Umstände macht, ja. Danke.“

„Nicht im Geringsten.“

Zu Leon sagte ich: „Lass mich erst noch meine Klamotten aus dem Wagen holen. Ich muss diese Uniform loswerden.“ Ich sah in dem Moment zu Andrew hinüber, als ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte, über sein Gesicht huschte. Erheiterung? Ein frecher Kommentar, den er gerade noch zurückgehalten hatte? Was immer es war, er räusperte sich und senkte den Blick, aber nicht, bevor ich nicht die Andeutung von Röte auf seinen Wangen gesehen hatte.

Wunschdenken, sagte ich mir.

Ohne abzuwarten, ob Andrew mich noch einmal ansehen würde, folgte ich Leon nach draußen zum Krankenwagen. Wir beide hatten eine Zweitgarnitur für Fälle wie diesen. Obwohl keiner von uns beiden besonders empfindlich war, glaubte ich nicht, dass es irgendjemandem gefiel, mit all den Substanzen, auf der Kleidung herumzulaufen, die Teil dieses Jobs waren.

Leon schlug mir auf die Schulter. „Pass auf dich auf, Mann. Du rufst mich an, wenn du etwas brauchst, verstanden?“

„Werde ich machen.“ Ich zeigte ihm ein hoffentlich beruhigendes Lächeln, drehte mich dann um und ging zurück in den Notfallbereich. Ich betrat die Toiletten neben dem Wartezimmer, da ich mich genauso gut dort umziehen konnte. Das, und außerdem minimierte es die Zahl an bereits erschöpften, besorgten Menschen, die mich mit Blut auf meinem Hemd herumlaufen sahen.

Während ich mich umzog, wanderten meine Gedanken zurück zu Andrew. Ob ich ihn jetzt hätte ansehen sollen oder nicht, ich hatte es getan und er war umwerfend. Es gab Cops, die fit und heiß blieben und es gab Cops mit großen Bäuchen die über ihre Gürtel quollen oder zwischen Hosenträgern hingen. Andrew gehörte eindeutig zur ersten Gruppe und es hätte mich nicht im Geringsten überrascht, wenn dieser flache Bauch und die breiten Schultern solide und gut definiert wären. Er war kein Dummkopf und er war auch nicht wie ein Tanker gebaut, so wie einige der Jungs in meinem Department, aber soweit ich sehen konnte, war er gut in Form.

Die Falten in seinem Gesicht, zusammen mit den Andeutungen von Silber in seinem Haar und Bartschatten, legten den Verdacht nahe, dass er Ende dreißig war. Vielleicht Anfang vierzig. Jedenfalls ein paar Jahre älter als ich und es stand ihm gut. Seine Frau hatte echt Glück gehabt.

Ich schüttelte den Kopf, während ich meine Uniform in eine Plastiktüte steckte. Ich wusste, warum ich ihn angesehen hatte, warum ich nicht aufhören konnte, an ihn zu denken. Gutaussehend oder nicht, er war da. Er war da und ich war in der Stimmung, den ersten mehr oder weniger attraktiven Mann oder eine attraktive Frau aufzureißen. Ich war nicht der Typ, der mit jemandem gleich ins Bett sprang, aber meine Adern fühlten sich immer noch kalt an, jetzt wo das Adrenalin daraus verschwunden war, meine Brust war immer noch eng und mein Magen ein Knoten und ich musste Dampf ablassen.

Ich trat aus der Toilettenkabine, ließ den Sack zu Boden fallen und stellte das Wasser so heiß, wie es nur ging. Dampf stieg auf und vernebelte die untere Hälfte des Spiegels, aber das Wasser fühlte sich lauwarm an, verglichen mit der Hitze, nach der meine beinahe gefühllose Haut verlangte. Während es über meine Hände lief, schaute ich in den Spiegel und hoffte, dass mich nur das fluoreszierende Licht so blass erscheinen ließ.

Ich sah meinem Spiegelbild ohne zu zucken in die Augen. Ich hatte schon vor langer Zeit mein Bedürfnis nach sexueller Entspannung nach einem Ereignis wie diesem akzeptiert, darum fand ich in meinen Augen keine Scham. Sex brachte meinen Puls zum Rasen, was bedeutete, dass mein Herz noch schlug, was bedeutete, dass ich noch am Leben war. Mein Tag heute kam einem Herzinfarkt gleich und Sex war mein Defibrillator.

Wäre Andrew Single, schwul und willig gewesen, hätte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Das war er aber nicht, also würde ich dem Crown Royal eine Aufgabe überlassen, die eigentlich nach wildem, primitiven Sex schrie.

Ich sah mein Spiegelbild böse an. Crown würde ungefähr so effektiv sein wie Ibuprofen anstelle einer Vollnarkose. Aber wenn ich nicht einen willigen Partner für die Nacht fand, würde es ausreichen müssen.

„Na schön“, flüsterte ich meinem Spiegelbild zu, „darum werde ich mich wohl selbst kümmern müssen.“

Die Tür zu den Toiletten öffnete sich, ließ mich zusammenzucken und scharf einatmen. Jemand, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, der Straßenkleidung trug und so erschöpft aussah, wie ich mich fühlte, betrat den Raum. Er ging in eine der Kabinen, ohne mich noch einmal anzuschauen.

Das könnte Jesse sein.

Was, wenn er es ist?

Wie hat er mich finden können?

Wie würde ich es wissen, wenn er mich fand?

Ich atmete tief ein. Wo immer auch Jesse sich befand, ich bezweifelte, dass er hier war. Andrew war ganz in der Nähe und hätte dem kleinen Arsch seine Rechte verlesen, bevor er auch nur die Hand an die Tür zu den Toiletten gelegt hätte. Nein, das war nicht Jesse. Oder?

Mein Gott, ich verliere den Verstand.

Ich warf mir selbst noch einen letzten Blick zu und fragte mich zum tausendsten Mal, wie ich das alles verkraften sollte. Dann verließ ich die Toiletten, um Andrew zu finden und auf die Ankunft der anderen Beamten zu warten.

Kapitel 3

Der Notfallbereich war praktisch leer. Als die Beamten ankamen, suchten wir uns eine stille Ecke in dem großen Wartebereich. Nachdem ich meine Aussage gemacht, sie unterschrieben und ein Dutzend Mal dieselben Fragen beantwortet hatte, waren sie mit mir fertig.

Andrew wartete vor dem Haupteingang. Er drehte seine Schlüssel um den Finger. „Kann es losgehen?“

„Meinetwegen kann es schon seit Stunden losgehen. Wie geht es Chelsea – ah, Macy?“

Andrew deutete in das Krankenhaus. „Sie wird es schaffen. Ihr Ehemann ist jetzt bei ihr.“

„Gut. Dann lass uns von hier verschwinden.“

Schweigend gingen wir zum Parkplatz. Die kühle Nachtluft war, wie immer, mit dem allgegenwärtigen Gestank von Autos und Müll behaftet, aber es war die frischeste Luft, die ich seit Stunden geatmet hatte. Sie roch nicht nach Blut oder Schweiß oder Furcht. Sie kühlte die Dämpfe von medizinischem Alkohol in meiner Nase und nahm den schwachen, aber hartnäckigen Geruch nach Waffenöl mit sich.

Die vertrauten Grenzen des Krankenwagens und des Krankenhauses zu verlassen half mir auch, einen klaren Kopf zu bekommen. Als ich meinen Sicherheitsgurt einschnappen ließ und die Plastiktüte zu meinen Füßen abstellte, begann der Rest der Welt wieder zu existieren. Der Planet drehte sich wieder, die Stadt machte weiter und als ich wieder in die Tretmühle der Zeit zurückkehrte, ging mein Leben da weiter, wo ich meine Füße auf der Ablage des Krankenwagens abgelegt hatte.

Die Blutflecke auf meiner Uniform würden sich auswaschen, um Platz zu machen für die der nächsten Person. Mehr Mahlzeiten würden in der Küche der Station kalt werden und ich würde mit immer wieder anderen Patienten ins Krankenhaus zurückkehren. Ich würde Berichte ausfüllen und meinen kurzen, aber nervigen Weg in die Arbeit ertragen. Ich musste auch noch in der Wäscherei Sachen abholen. Die Rechnungen neben meinem alternden Laptop mussten immer noch bezahlt werden.

Und mein verdammtes Auto stand immer noch vor der Station, die eine hundertachtzig Grad Drehung und mehrere Kilometer von dort entfernt war, wo ich Andrew gerade gesagt hatte er sollte einbiegen, um mich zurück zu meinem Apartment zu fahren.

Ich dachte darüber nach, ihn zur Station fahren zu lassen, entschied dann aber, dass mein Auto warten konnte. Es würde morgen immer noch da sein und ich konnte mit dem Bus fahren oder mich von einem der Jungs abholen lassen. Außerdem war ich wahrscheinlich sowieso nicht in der Lage zu fahren, darum sagte ich nichts, als Andrew die Hauptstraße entlangfuhr, die uns zu mir bringen würde.

Nicht, dass es eine gute Idee war, ihn in die Nähe meines Apartments zu bringen. Es war wirklich gut, dass er hetero und verheiratet war. Bei meiner Laune würde ich wohl jemanden in Stücke reißen.

„Wie geht es dir?“, fragte er aus heiterem Himmel. Er schaute zu mir herüber, die Augenbrauen hochgezogen und von den Straßenlampen, die an uns vorbeisausten, erleuchtet.

Es wird mir bessergehen, sobald ich ordentlich Sex hatte. Ich räusperte mich, dankbar, dass er meine Gedanken nicht hören konnte. „Ich hatte schon bessere Tage. Aber ich denke, ich werde es schaffen.“

Ein Hauch von Belustigung zog seinen Mundwinkel nach oben, aber er ließ nicht zu, dass sein nächster Atemzug das Lachen zum Leben erweckte, bevor er wieder ernst wurde. „Ich bin neugierig. Was genau ist mit Macy passiert? Wie schlimm war es?“

Ich atmete tief ein. „Sie hatte einen sogenannten Spannungspneumothorax. Vereinfacht gesagt, hat das Messer ihre Lunge punktiert und die Luft ist von dort in ihren Brustraum gedrungen. Als sich der Brustraum mit Luft füllte, hat er ihre Lunge zusammengedrückt und ihr keinen Raum gelassen, sich wieder zu füllen.“

Andrew schnitt eine Grimasse. „Die Nadel in ihrer Brust war …?“

„Hat die Luft abgelassen.“

„Wunderbar“, sagte er und schauderte. „Wie viel Zeit hatte sie noch, bevor sie bleibende Schäden davongetragen hätte? Oder, du weißt schon …“ Er schluckte schwer. „Sie gestorben wäre?“

„In ihrem Fall ist es schwer zu sagen. Jedenfalls hätte es nicht lange gedauert. Andernfalls hätte ich es niemals riskiert, das auf der Straße zu machen. Wenn ich gedacht hätte, dass ich genügend Zeit gehabt hätte, sie zum Krankenhaus zu bringen, hätte ich ihr bis dahin nur Sauerstoff gegeben und sie dann dem Notfallpersonal überlassen.“

„Verdammt“, hauchte er.

„Ich nehme an, ihr zwei steht euch nahe?“

Er nickte. „Wir sind schon seit Jahren Partner.“ Kaum hörbar fügte er hinzu: „Wenn du jemandem so lange den Rücken deckst und der andere dasselbe bei dir tut, kommt man sich sehr nahe.“

Wir schwiegen ein paar Minuten. Als wir uns meiner Adresse näherten, dachte ich an unser Gespräch im Krankenhaus.

„Erzähl mir mehr über Jesse“, sagte ich. „Du sagtest, er ist verrückt, drogenabhängig und ein Genie?“

Nickend stieß Andrew einen langen Seufzer aus. „Ehrlich gesagt, wenn er nicht cracksüchtig wäre, wäre er eine echte Nervensäge. Er ist wie Houdini, wenn es darum geht, Sicherheitssysteme zu knacken. Du kannst ihn nicht drinnen halten, aber auch nicht draußen. Glücklicherweise ist er in der Regel zu zugedröhnt und verwirrt, um sich seine Schuhe zu binden.“

„Hervorragend.“ Ich stöhnte. „Sollte ich mir um ihn Sorgen machen? Denkst du, er wird hinter mir her sein?“

Andrew schüttelte den Kopf. „Nein, ich denke nicht, dass er so etwas tun würde. Er ist ein Gauner, aber kein Killer. Das, und er ist verrückt. Er hat schon Glück, wenn er sich an heute überhaupt erinnert.“

„Gut zu wissen.“ Ich rieb mir den Nacken und seufzte. „Einer weniger, der mich tot sehen will.“

Andrew sah mich an. „Was meinst du mit ‚einer weniger‘?“

„Das Mädchen, das am Unfallort gestorben ist. Ihr Freund oder Ehemann war nicht gerade glücklich, als ich sie als Code Schwarz eingestuft habe.“

Seine Brauen zogen sich zusammen und er schwieg für einen Moment. Dann atmete er ein und nickte einmal, als ihm alles klar wurde. „Richtig. Shawn Foster.“

„Du kennst ihn?“

Wieder nickte Andrew. „Er ist Teil der Organisation, gegen die wir ermittelt haben.“

„In welcher Hinsicht?“

„Er und einige andere wunderbare Bewohner dieser Gegend arbeiten für einen bestimmten Dealer und hinter dem sind wir her. Shawns Chef ist besonders gut darin, seine Spuren zu verwischen, darum versuchen wir schon seit Monaten, sowohl den Drogen- als auch den Prostitutionsring hochzunehmen. Shawn ist ein Dealer, der nachts als Zuhälter arbeitet.

„Ein Zuhälter und Drogendealer. Wie nett.“

„Ja.“ Andrew schaute böse. „Er ist ein Hitzkopf mit der Tendenz, die beiden Produkte, die er eigentlich verkaufen sollte, selbst zu konsumieren.“

„Er ist also –“ Ich zeigte nach links. „Bieg hier ein.“

„Dieser Parkplatz?“

„Ja.“

Er setzte den Blinker, bog ein und parkte auf einem Besucherplatz.

Ich öffnete meinen Gurt, stieg aber noch nicht aus. Mit einem schweren Schlucken sah ich Andrew an. „Er ist also gefährlich?“

Obwohl er nicht länger auf die Straße achten musste, sagte er weder etwas, noch schaute er mich an. Ich legte den Daumen an mein Kinn und suchte in seinem Gesicht nach Dingen, die er in den Schatten, welche die Straßenlampen warfen, nicht verbergen konnte. Ob es daran lag, dass es einfach nichts zu finden gab oder Andrew einfach nur ein hervorragendes Pokerface hatte, konnte ich nicht sagen, aber sein Gesichtsausdruck verriet nichts.

„Wenn du etwas über diesen Typen weißt …“

Andrews Blick blieb auf das Lenkrad fixiert. Dann schaute er aus dem Fenster an der Fahrertür. Nach einem Moment konzentrierte er sich darauf, ein imaginäres Staubkorn von der Ablage zu wischen.

„Andrew?“

Er atmete tief ein und drehte sich mir zu. „Hör zu, es kann sein, dass er vollkommen harmlos ist. Wie ich schon sagte, der Mann ist ein Hitzkopf. Es ist gut möglich, dass er nur herumgeschrien hat, weil er wegen Jennifer aufgewühlt war.“

Ich schloss die Augen und zuckte zusammen. Jennifer. Ein Name für das Gesicht unter dem Tuch. Jemanden als Code Schwarz einzustufen war in meinem Job ein notwendiges Übel, aber es fiel mir nie leicht und manchmal konnte ich nur bei Verstand bleiben, wenn ich mich distanzierte. Mich davon überzeugte, dass die Person nur ein namenloses Gesicht war. Ein unglücklicher Kollateralschaden. Eine Nummer und ein Zettel auf einem Tisch im Leichenschauhaus.

Aber ihr Name war Jennifer.

„Nick? Alles in Ordnung?“

Ich hätte nie gedacht, dass es mich krank machen würde, diese Frage zu hören. Ich rieb meinen Nasenrücken mit zwei Fingern und sagte: „Ja. Sei ehrlich …“ Ich beobachtete ihn genau. „Da ich mir um Jesse, den Cracksüchtigen, keine Sorgen machen muss, sollte ich mir um Shawn, den Hitzkopf Sorgen machen?“

„Ich weiß es wirklich nicht.“ Andrew starrte wieder auf die Ablage. „Ich werde dich nicht anlügen. Der Mann ist instabil, er ist unberechenbar und bekannt dafür, gewalttätig zu werden. Er war schon wegen Tätlichkeiten und Körperverletzung im Gefängnis, erst vor kurzem wegen Jennifer. Wir sind ihm schon seit einer Weile auf der Spur, aber er kommt nur in Situationen wie heute nahe genug, wenn wir es uns nicht erlauben können, unsere Tarnung aufzugeben. Für ihn gibt es einen Haftbefehl wegen Überfalls mit Todesfolge und nur Gott weiß was noch.“

Mein Magen drehte sich um. Mir wurden auf einmal all die Verstecke im Schatten auf diesem vertrauten Parkplatz bewusst. Die dunklen Räume zwischen den Autos und die Orte, an die die Straßenleuchten nicht ganz heranreichten. Die weiten Flächen Gehweg, wo man von unsichtbaren Augen beobachtet werden konnte. Während ich in Andrews Auto saß und die Zurechnungsfähigkeit von jemandem beurteilte, der gedroht hatte mich zu töten, wurde mir meine eigene Verletzlichkeit immer mehr bewusst.

Obwohl ich normalerweise keine Fremden in mein Apartment einlud, konnte ich den Gedanken, noch länger hier draußen zu sein, keine Sekunde mehr ertragen. Das, und außerdem war Andrew ein Cop. Er hatte mir keinen Grund gegeben, ihm nicht zu trauen und wenn er Jesse nicht so gut beruhigt hätte, wäre ich jetzt tot. Wenn ich ihm nicht trauen konnte, konnte ich niemandem auf der Welt trauen.

Und auch wenn ich unbedingt jemanden finden wollte, der mir half diese wahnsinnige Spannung abzubauen, blieb es doch eine Tatsache, dass alleine zu sein mich nervös machte und er hier war. Sexuelle Frustration war ein Preis, den ich gerne für das Gefühl der Sicherheit bezahlen wollte.

Ich hielt inne bevor ich nach der Tür griff. „Ähm, möchtest du eine Tasse Kaffee?“

Er zögerte für eine Sekunde, zuckte dann mit den Schultern und löste seinen Gurt. „Warum nicht?“

Erleichterung und eine ganz andere Art von Nervosität wuschen über mich hinweg. Reiß dich zusammen, Swain.

Ich versuchte, mein Nervenflattern auf dem Weg über den Parkplatz zu ignorieren. Unsere gummibesohlten Schritte erzeugten nicht ein, sondern zwei Echos, was sich anhörte, als würde ein weiteres Paar Füße nicht ganz im Einklang mit uns gehen. Ich hatte lange genug hier gelebt, um mir der bizarren Akustik bewusst zu sein. Aber heute Nacht konnte ich nicht anders, als ein paar Mal über die Schulter zu schauen. Es half nicht, dass Andrew dasselbe tat.

Er ist einfach nicht daran gewohnt, wie sich dieser Parkplatz anhört, redete ich mir selbst ein. Niemand sonst ist hier. Zudem wusste ich genau, dass, wenn jemand hier wäre, die Schritte dieser Person ebenso hallen würden. Wenn drei Leute über den Parkplatz gingen, hörte sich das wie eine verdammte Armee an.

Dennoch konnte ich mich nicht entspannen, bis ich die Tür geöffnet hatte und ins Gebäude getreten war, das unheimliche Echo zurücklassend. Auf dem Weg die Stufen hinauf ging Andrew hinter mir. Die Haare in meinem Nacken standen zu Berge und meine Sinne konzentrierten sich darauf, wo genau er war und wie nahe er mir kam. Es hatte mich vorher nie gestört, aber jetzt gefiel mir die Idee nicht, dass jemand sich hinter mir befand. Jemand in der Nähe, aber nicht in meinem Blickfeld.

Es ist Andrew. Nicht Shawn. Ich atmete tief ein. Reiß dich verdammt noch mal zusammen, Swain.

Als wir uns der Eingangstür näherten, zog ich meine Schlüssel heraus und beschäftigte meine zitternden Hände damit, den richtigen zu finden. An der Tür angekommen hielten wir beide an. Obwohl ich ihn nicht anschaute, wusste ich genau, wo er sich befand, genau, wie weit hinter mir und zu meiner Rechten er stand. Niemals zuvor in meinem Leben war mir die Nähe einer anderen Person so bewusst gewesen.

Während ich den Schlüssel ins Loch steckte und drehte, fragte ich mich, wie lange diese nervige Über-Wahrnehmung noch anhalten würde.

In meinem Apartment schaltete ich das Licht an und trat zur Seite, bevor ich Andrew mit einer Geste bat, einzutreten. Ich schloss die Tür und hakte die Kette ein, ein Vorgang, der ebenso Gewohnheit wie Entschuldigung dafür war, ihn vorgehen zu lassen. Von mir weg.

Ein Anfall von Schuld bahnte sich den Weg in meinen Magen, um sich dort mit meinem Unwohlsein und meiner Besorgnis zu vermischen. Der Mann hatte mir die Haut gerettet, ich hatte ihn in mein Apartment eingeladen und hatte keinen Grund anzunehmen, dass er eine Gefahr darstellte, dennoch wollte ich ihn weiter weg von mir haben? Vor allem, weil ich ihn gleichzeitig näher haben wollte, als es ihm wohl gefallen würde?

Jesse Kendalls Gehirn war ein vernünftigerer Ort als meiner, zumindest heute Nacht.

Im Wohnzimmer zog Andrew seine Jacke aus, wobei ein Schulterhalfter zum Vorschein kam. Obwohl ich kein großer Fan von Waffen war und erst vor kurzem eine zu enge Bekanntschaft mit einer gemacht hatte, fand ich den Gedanken, dass Andrew eine trug, seltsam beruhigend. Es war nicht so, dass ich Shawn oder Jesse an meiner Türschwelle erwartete. Dennoch beruhigte die Waffe einen Teil meiner irrationalen Nervosität.

Bevor ich zu lange auf Andrews breite Schultern starrte, bedeutete ich ihm, mir in die Küche zu folgen. „Dir macht es nichts aus, gewöhnlichen Kaffee aus dem Laden zu trinken, oder?“

Er lachte. „So lange es nicht der Scheiß ist, den sie auf dem Revier ausschenken.“

Ich grinste. „So schlimm?“

„Schlimmer.“

„Ich hoffe, dieser hier ist nicht so schlimm, aber ich verspreche nichts.“ Ich schaltete die Maschine an, überzeugte mich selbst, dass ich ihn nur hier haben wollte, um die Stille im Zaum zu halten und hob dann die Plastiktüte auf, die ich mitgenommen hatte. „Würdest du mich für eine Sekunde entschuldigen? Ich werde nur schnell meine Uniform in die Waschmaschine werfen.“

„Sicher, mach nur.“ Er lächelte. „Ich habe es nicht eilig.“

Gott sei Dank dafür, dachte ich, während ich die Küche verließ. Als ich das Ende des Flurs erreichte, wurde mir klar, dass es im Haus ein wenig warm für ein langärmeliges Shirt war, darum ging ich ins Schlafzimmer, um mich umzuziehen. Als die Waschmaschine lief, kehrte ich im T-Shirt in die Küche zurück.

Sobald ich mich im selben Raum wie er befand, half mir das T-Shirt nicht im Geringsten, kühl zu bleiben. Das würde ein langer Abend werden.

„Bitte entschuldige“, sagte ich. „Ich wollte es nur waschen, bevor die Flecken nicht mehr herausgehen.“

„Mach dir darüber keine –“ Er hielt inne, als er sich umdrehte. Obwohl ich nur sein Spiegelbild in der Fensterscheibe sah, schwöre ich, dass er zweimal hinschaute.

„Was?“, fragte ich.

Er räusperte sich und schüttelte den Kopf. „Nichts.“

Während ich den Kaffee einschenkte, schaute ich ihn immer wieder im Fenster an, in dem Versuch, ihn zu verstehen, aber sein Spiegelbild war unleserlich. Überzeugt, dass ich mir das alles nur eingebildet hatte, drehte ich mich um und reichte ihm eine der Kaffeetassen.

Wir lehnten an gegenüberliegenden Arbeitsplatten und tranken unseren Kaffee für den Moment schweigend.

„Erzähl mir mehr über Shawn“, verlangte ich.

Andrew kaute auf seiner Lippe. „Was willst du wissen?“

„Vor allem will ich wissen, ob ich über meine Schulter schauen muss.“

Er stellte seine Tasse auf die Arbeitsplatte. „Es wird wahrscheinlich nicht schaden, wenn du eine Weile besonders vorsichtig bist.“

Ich legte beide Hände auf der Suche nach Wärme um meine Kaffeetasse, aber ich fand nicht annähernd genug, um den Eiszapfen in meiner Brust zu schmelzen. Vielleicht hätte ich das langärmelige Shirt doch anlassen sollen. „Definiere ‚besonders vorsichtig‘ und ‚eine Weile‘.“

„Achte auf alles, was ungewöhnlich ist“, sagte er. „Zögere nicht mich anzurufen, wenn jemand dich nur schief anschaut. Nimm immer wieder unterschiedliche Routen von hier zur Arbeit und zurück. Solche Sachen.“

„Wunderbar.“ Ich schnaufte und schüttelte meinen Kopf. „Denkst du wirklich, er wird hinter mir her sein?“

„Das ist schwer zu sagen.“ Er nahm wieder seine Tasse und schloss seine Hände darum, wie ich es getan hatte. „Es wäre besser, für eine Weile nicht auf Notrufe aus dieser Gegend zu reagieren.“

Ich schauderte. „Ich kann Notrufe nicht einfach ignorieren.“

„Nein, das stimmt.“ Er sah mich scharf an. „Aber du kannst keinem Patienten helfen, wenn du tot bist.“

Mein Magen drehte sich heftig um und ich griff nach der Arbeitsplatte, als meine Knie unter mir nachgeben wollten.

„Nick, bist du …“

Ich hob eine Hand. „Mir geht es gut. Mehr Kaffee?“

Er schaute auf die Tasse in seiner Hand, dann nickte er und schob sie über die Platte. Nachdem ich uns beiden eine zweite Tasse eingeschenkt hatte, sprachen wir über andere Dinge als Shawn und Jesse und Macy und Jennifer. Sie blieben in meinem Hinterkopf, aber ich war erleichtert, das Thema fallen zu lassen und über alles zu reden, was mir gerade in den Sinn kam. Obwohl es seltsam erschien, über Autos, Jobs und darüber zu reden, ob die erste oder zweite Staffel von Rome besser war, ließ ich mich darauf ein. Es erschien mir einfacher.

Im angenehmen Licht meines Apartments, weit weg vom Irrsinn des Tages, gestattete ich mir auch ein paar weitere Blicke auf ihn. Und je öfter ich das tat, umso mehr verfluchte ich im Stillen den goldenen Ring an seinem Finger.

Selbst wenn ich heute nicht verzweifelt gewesen wäre, hätte ich ihn attraktiv gefunden. Der Mann war einfach zu sexy, um ignoriert zu werden. Dieses Lächeln, das immer nur gerade so asymmetrisch war, dass eine Spur Verschmitztheit in seinem Gesicht erschien. Lange Finger, die über die Kante seines mit Bartstoppeln bedeckten Kinns strichen, wenn er nachdachte. Die Blicke, die wir tauschten und die er gerade lange genug hielt, dass ich mich fragte –

Hör auf damit, Swain.

Ich versuchte, mich selbst daran zu erinnern, dass er ein Cop war. Er war nicht aus persönlichen Gründen hier, sondern wegen dem, was heute passiert war. Rein professionell. Er stellte wahrscheinlich nur sicher, dass es mir gut ging.

Obwohl ich das alles auf intellektueller Ebene begriff, vergaß ich es ständig, weil ich etwas brauchte, das ich selbst nicht tun konnte und Andrew Carmichael war umwerfend.

Hör auf. Hör verdammt noch mal auf.

Obwohl es vollkommen sinnlos war, sich auf den sexy Cop in meiner Küche zu konzentrieren, war es um einiges besser, als über die Waffe nachzudenken, die an meinen Kopf gehalten worden war.

„Weißt du, ich brauche etwas Stärkeres als Kaffee.“ Ich stellte meine Tasse in die Spüle. „Trinkst du Crown Royal?“

„Ich liebe Crown“, sagte er. „Aber wenn ich das mache, musst du es für ein paar Stunden mit mir aushalten.“

Oh, da kann ich mir Schlimmeres vorstellen. Ich lachte, während ich eine Flasche Coke aus dem Kühlschrank holte. „Bist du so ein Leichtgewicht?“

Er lächelte und zuckte andeutungsweise mit den Schultern. „Ich gehe nur gerne auf Nummer sicher.“

Ich holte die Flasche Crown hervor und öffnete sie. „Ist das ein ja oder ein nein?“

„Kommt darauf an, wie lange du mich hierhaben willst.“

Ich sah ihn an. Er hielt meinen Blick länger als erwartet. Dann hob sich sein Mundwinkel zu einem teuflischen Grinsen und ich fragte mich, ob ich derjenige gewesen war, der seinen Blick gehalten hatte.

Nein. Nein. Ich bilde mir das nur ein.

„Also.“ Ich sah über meine Schulter, während ich Eiswürfel in zwei Gläser fallen ließ. „Coke oder Crown und Coke?“

„Deine Entscheidung. Coke? Du kannst mich rausschmeißen, wann immer du willst. Crown?“ Seine Augen verengten sich ein wenig, gerade genug, um eine unausgesprochene Herausforderung zu implizieren. „Dann musst du es für ein oder zwei Stunden mit mir aushalten.“

Bevor ich meine eigenen Motive hinterfragen konnte, schenkte ich zwei Crown und Cokes ein.

Als ich ihm einen der Drinks reichte, strichen seine Finger über die meinen, als er seine Hand um das Glas legte. Die Art, wie seine Augen sich verengten, sagte mir, dass es Absicht war. Das plötzliche Räuspern und sein gesenkter Blick sagten das Gegenteil.

Oder vielleicht war ich derjenige gewesen, der seine Hand berührt hatte, hatte mich genau so bewegt, dass ich diesen Kontakt herstellen konnte, ohne dass es mir selbst bewusst war.

Ruhig, Nick. Er steht nicht auf der Karte.