Daphnis - Samuel Gessner - E-Book

Daphnis E-Book

Samuel Gessner

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Beschreibung

Die alte, immer wieder neue Geschichte von Daphnis. Die Schreibweise ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, sie stammt von 1762 und ist höchst poetisch, wie es dem Inhalt des Romans geziemt.

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Veröffentlichungsjahr: 2013

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Samuel Gessner

Daphnis

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Samuel Gessner - Daphnis

Salomon Geßner

 

Daphnis

 

 

Zürich bei Orell, Geßner, u. Comp. 1762

 

 

[email protected]

Vorwort

Me juvat in Gremio doctæ legisse puellæ     Auribus & puris Scripta probasse mea. Hæc ubi contigerint, Populi confusa valeto     Fabula, nam Dominâ Judice tutus ero. Propert. Lib. II.

 

Mein Herr!

Wie, Sie kœnnen izt in der Stadt bleiben, izt da der Fryhling kommt? Wollen Sie nicht sehen, wie die Bæume blyhen, und wie die Wiesen sich schmyken? Kommen Sie doch zu uns auf das Land; Sie werden den Fryhling sehen, und mich. Wenn Sie nun nicht kommen, so werd ich recht bœse auf Sie; ich bin es so schon halb. Die Frau N. hat mir gesagt, Sie haben einen Daphnis geschrieben; und ich, mein Geheimniß-reicher Herr! ich muß davon nichts wissen. Sie haben doch gesehen, daß mir Ihr leztes Lied recht sehr wol gefallen hat; ich sing es immer. Verzweifelt! (sagt die Frau von * * *) Sie singen doch immer das gleiche, wie die Amsel des Herrn B. Lezthin sang ichs beym Mond-Schein in der Wiese, und war recht froh dabey. Da hub die Nachtigall an, und da mußt ich doch schweigen, so gern ich mich selbst singen hœre. Kommen Sie den kynftigen Donnerstag gewiß, ich will Sie auf den Abend in der Laube erwarten; aber bringen Sie den Daphnis mit, oder ich bin mein Lebtag nicht mehr

Ihre Freundin.

 

Mademoiselle!

Wer kœnnte Ihnen auf solche Drohungen nicht gehorchen? Hier haben Sie den Daphnis, und zwar gedrukt; und die Beantwortung Ihres Briefs ist so gar eine Zueignungs-Schrift. Wem hætte ich ihn anders zueignen kœnnen, als Ihnen? da mir an Ihrem Beyfall das meiste gelegen ist, und ich (ich muß es nur sagen) Ihnen allein zu danken habe, wenn Sie die Liebe nach der Natur geschildert finden. Ja wann ich an die Phillis dachte, dann dacht ich an Sie, und ich war dann Daphnis, ein glyklicher Einfall fyr mich, den kleinen Roman zu schreiben; es war immer ein angenehmer Traum, der mir Ihre Abwesenheit zuweilen ertræglich machte. Welch ein angenehmes Entzyken, mich so wachend mit Ihnen in Træume zu verlieren!

Aber die Frau N. muß doch geschwazt haben. Ich hab sie recht sehr ersucht, ihnen nichts zu sagen. Ich hætte nicht længer ein Geheimniß daraus gemacht; ich hætt' es ihnen gelesen, und nicht gesagt, daß ich Verfasser bin, bis ich ihr freyes Urtheil gewußt hætte; und so hætte ich dann das Urtheil aller Kenner gewußt.

Uebermorgen, welch Entzyken! ybermorgen werd ich bey Ihnen in der Laube seyn, und Sie und den Fryhling sehen. Aber vergessen Sie ja nicht, daß eine Zueignungs-Schrift wenigstens hundert Kysse werth ist. Leben Sie wol! Ich bin – – –

Daphnis - Erstes Buch

Auf dem Fluß Neæthus, der bey den Clibanischen Bergen entspringt, und schnell durch Fluhren unter grynen Gewœlben vorbeyrauscht, und styrmisch Land und Bæume dahinreißt, haben die Hirten eine kleine Insel den Nymphen geheiligt, beschattet von hohen Fichten und Wachholder-Bæumen. Mitten auf der Insel stehet ein Fels mit der Hœle der Nymphen; denn ihre Bilder stehen in selbiger kynstlich in Linden-Holz geschnitten mit ihren Urnen, und mit Schilf-Krænzen ums Haupt. Man sieht diese Gœttinen da mit grynem Haupt-Haar unter den Bæumen wandeln, oder am Ufer leicht daherschwimmen, und dann auf Felsen sich trucknen, und an der Sonne schlummern. Die Wellen spielen da sanft mit den beschæumten Wurzeln der Sarbachen und der Weiden, die rings ums Ufer stehen, und tœnen lieblich wie Lieder.

So oft der junge Fryhling kœmmt, so oft kommen die Hirten mit ihren Mædchen von beyden Ufern, und bringen den Nymphen Blythen von den Bæumen, die yber den Fluß sich wœlben, und Blumen, die an dem Wasser aufblyhen, und bitten die Nymphen, daß sie den Wellen befehlen, daß sie nicht mehr ihr Ufer verschlingen, und Feld und Bæume dahinreissen.

Einst schwamm in einem frohen Lenzen eine ganze Flotte von Nachen von beyden Ufern her, der Insel zu. Auf jedem Nache dekte ein grynes Gewœlb, von wolriechendem Gestræuch und Blumen, die Hirten und die Mædchen, die in selbigem freudig daherfuhren; eine Kette von Blumen schlængelte sich an hohen Stangen, bis an die Spize herauf, wo Bænder und Krænze hoch in der Luft flatterten. Sie fuhren daher, unter dem lieblichen Getœne der Flœten und des Gesanges, und landeten an der Insel. Truppen von Jynglingen und Mædchen stiegen ans Gestad, Mædchen, deren Reiz die Gœttinnen neidisch machte; jedes entzog dem andern die Blike der Gœtter, die aus dem Olymp auf die Wolken heruntergestiegen waren, und die Gœttinnen einsam gelassen hatten. Denn die Schœnheit entzykte hier durch mannigfaltigen Reiz. Einige entzykten durch die schlanke Længe des Leibes, andre durch die Weisse der Stirne und des wallenden Busens; hier entzykte ein ernstes Gesicht wie der Gœttin der Jagd, dort ein Læcheln wie der Venus, hier die reifende Jugend wie die Rose, wann sie aus der Knospe sich drængt, dort die vollen Jahre der Jugend wie die offene Rose. Sie næherten sich Paar bey Paar, traten in die heilige Grotte, und gossen ihre Kœrbchen voll Blumen vor die Fysse der Nymphen hin, und umwanden sie mit Ketten von Blumen, und schmykten sie mit Krænzen. Da trat die junge Phillis hervor, ihre Blumen und Krænze zu bringen; sie war schœn wie die Huld-Gœttinnen, Freude und Unschuld reizten im kleinen Gesicht und in jeder Geberde, ihr braunes Auge læchelte schychtern um sie her, ein unyberwindliches Læcheln, sieghaft wie die Liebe selbst. so steht die junge Rose, die schœnste unter den andern Blumen, die aus dem Gras um sie her aufwachsen; die Biene schwærmt zweifelnd umher, sie winken umsonst, denn sie sieht die Rose, und sucht nicht mehr.