Darkblade Circle -THE GENTLEMEN LEAGUE- - Janina B. Jackles - E-Book
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Darkblade Circle -THE GENTLEMEN LEAGUE- E-Book

Janina B. Jackles

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Beschreibung

"Dieser Mann ist eine Sünde. Und ich will sündigen - hundertfach." Was, wenn dir dein eigenes Schicksal zum Verhängnis wird? Erlebe den Auftakt der GENTLEMEN LEAGUE. Mitreißend, dramatisch, spannend, emotional und spicy - der erste Band der Debütreihe von Janina B. Jackles: DARKBLADE CIRCLE - Rette mich aus der Dunkelheit. URIEL Ich kehre nach Boston zurück, um den Platz in der Dynastie einzunehmen. Ich bin der fucking Thronfolger meines Vaters. Doch dieses kleine, langweilige Kleinstadtmädchen könnte alles zerstören – Du bist es, die mich vernichten könnte, Yuna Reynolds. Doch ich werde dir immer einen Schritt voraus sein. Mein Herz wird mich umbringen, wenn ich deine Nähe weiter ertragen muss. Doch die Nähe zu dir, schürt meinen Hass nur noch mehr, dir nicht entrinnen zu können. Halte dich von mir fern, oder ich werde dich darum betteln lassen, um endlich vor mir fliehen zu dürfen, kleiner Silbermond. YUNA Als ich dir begegne, habe ich alles verloren. Hinter deiner eisernen Rüstung erkenne ich das Funkeln deiner Augen, die mich bis in deine finstere Seele blicken lassen. Doch schon kurz, nachdem du mich gehalten und mir neuen Mut gegeben hast, lässt du mich los und stößt mich von der Klippe. Willst du mich umbringen, Uriel Salvert? Aber lass dir eins gesagt sein: Silbermonde steigen immer wieder in den Himmel. Ihre Leuchtkraft ist der Dunkelheit erhaben. - - -ACHTUNG! - - - Hierbei handelt es sich um eine Dark New Adult Romance. Triggerwarnungen im Buch beachten. Leseempfehlung ab 18 Jahren.

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Seitenzahl: 386

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Darkblade Circle-THE GENTLEMEN LEAGUE-

Band 1Rette mich aus der Dunkelheit

Janina B. Jackles

 

 

 

 

 

 

 

 

Dark New Adult Romance

 

 

 

 

© Copyright 2024 by Janina B. Jackles

Originalauflage 2024

Coverdesign: KreationswunderIllustration: Canva Magic Media, KI-generiert Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

ISBN Softcover: 978-3-384-39870-3

ISBN E-Book: 978-3-384-39871-0

Weitere Informationen unter:Instagram: @janinabjackles.autorin

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland. 

 

 

Für alle gebrochenen Herzen,die nie aufgehört haben, das Licht in sich selbstzu suchen. Bitte, gib niemals auf, zu tun, was Du immer tun wolltest.

 

 

 

 

 

 

PLAYLIST

 

 

The Kid Laroi – Nights Like This

Hozier – Work Song

Emeline – Cinderella’s Dead

Jurrivh – First Love

Tommee Profitt, Fleurie – Chasing Cars

George Kallis – The Rain

Caleb Arredondo – Echo Sax End

Calum Scott – Flaws

Arctic Monkeys – I Wanna Be Yours

Flora Cash, Nikodem Milewski – You’re Somebody Else

Christina Perri – I Believe

Two Feet – I Feel Like I’m Drowning

Lana Del Ray – Art Deco

Sleeping At Last – Mercury (instrumental)

Hans Zimmer – Cornfield Chase

Ely Eira – This Is The Beginning

Rhodes – The Love I Give

 

 

 

PROLOG

 

 

URIEL

 

I

ch blicke auf die Stadt hinunter, als wäre ich ihr verdammter König. Doch ich bin es nicht. Zumindest noch nicht. Nicht von New York.

Ich bin der Thronanwärter der Dynastie meines Vaters. Ich weiß, dass ich ein König sein werde – in Boston.

Schon seit Jahren bin ich ein wandelnder Reisender, weil mein Vater Erwartungen an mich stellt, die ich erfüllen möchte. Denn ich will diesen verdammten Thron nicht durch eine Blutlinie geschenkt bekommen. Nein. Ich verdiene es, sein Vermächtnis weiterzuführen. Genau das habe ich mir durch verschiedene Studiengänge quer durch die Staaten hart erarbeitet.

Ich bin ein König. Dessen bin ich mir bewusst, als mein Blick von der Rooftopbar über die Skyline von New York wandert, während ich in einem großzügig gepolsterten Sessel sitze und mich entspannt zurücklehne. Doch nur für einen Augenblick erlaube ich mir diese Gelassenheit, bevor sich meine Muskeln wieder dazu bereit machen, wozu ich ausgebildet wurde – bereit, um dafür zu kämpfen, was mir zusteht.

Nachdem ich vor einem Jahr mein letztes Studium in Wirtschaft mit Bestleistung abgeschlossen habe, durfte ich immer noch nicht zurück nach Boston. Es wurde mir verwehrt, heimzukehren. Obwohl ich wütend auf meinen Vater war, dass er mich nicht zurückkehren ließ, so hatte ich hier doch eine Aufgabe – und sogar eine äußerst wichtige, für die ich fast neun Monate gearbeitet und recherchiert habe. Heute wird sich zeigen, ob sich all meine Mühe gelohnt hat – all die Scharadespiele, die mich dazu zwingen, dieses Doppelleben zu führen, auf der Jagd nach einem miesen Wichser, dem ich am liebsten später den Schwanz abschneiden möchte.

Dieser Gedanke gefällt mir sogar so sehr, dass ich mir diese Option aufhebe – vielleicht würde ich ihn langsam kastrieren, noch bevor ich ihn töte. Eine innere Zufriedenheit breitet sich in mir aus, bei dem Gedanken daran, wie seine Schreie mein Mark durchdringen werden, wenn dieser erbärmliche Armleuchter um sein Leben betteln wird, während sein Blut meine Klinge benetzt und er langsam dahinsiecht. Ein Gedanke, der mir inneren Frieden gibt und die innere Nervosität in mir bezüglich meiner Mission vertreibt.

Wenn ich heute erfolgreich bin, diesen Wichser zur Strecke bringe und Informationen über den Kopf bekomme, kann ich endlich nach Hause.

Plötzlich wedelt eine Hand vor meinem Gesicht, die durch das Sonnenlicht einen Schatten auf mich wirft und mich aus meinen Gedanken reißt. Ich blinzle mehrfach mit meinen Augen und blicke in die Richtung, aus der die Hand mir entgegen streckt. Es ist Lucas – mein Studienkollege und mittlerweile langjähriger Freund, der mir mit seinem Surferboy-Lächeln entgegen strahlt, während seine Augen hinter seiner Spiegelsonnenbrille verdeckt werden.

»Erde an Uriel! Steckst du mit deinen Gedanken noch in der Kleinen von gestern Nacht? Scheint ja ein wilder Ritt gewesen zu sein!«

Ich antworte ihm nur mit einem Schmunzeln.

Er ist nicht nur ein Freund, sondern auch Teil meines Teams, den ich für diese Operation gewinnen konnte. Ich weiß, dass er seine Frage nicht ernst meint. Er ist ein Eingeweihter. Und obwohl Lucas ein schwanzgesteuerter Wichser ist, weiß er, wie wichtig mir dieser Auftrag ist. Seine Erfüllung wird mir die Anerkennung bei meinem Vater bringen, um innerhalb der Gesellschaft als Oberhaupt anerkannt und respektiert zu werden.

Mir kommt der Gedanke, Simon schon seit Jahren nicht mehr Dad genannt zu haben, weil ich mich nicht mehr als sein Sohn fühle. Stattdessen bin ich ein Soldat, der sich den Platz an der Spitze erkämpft hat. Diese Mission erfülle ich nicht für Simon, nein. Sie dient allein mir.

»Entspann dich, Bro. Wir haben wirklich alles durchdacht.« Ich sehe aus meinem Augenwinkel, wie Lucas an seinem Bierglas nippt. Sein Adamsapfel hüpft, als er die golden schäumende Flüssigkeit hinunter schluckt, während er den Kopf genussvoll in den Nacken legt. So, als gäbe es in diesem Moment nichts besseres, als den herben Biergeschmack auf seiner Zunge.

Er streckt seinen Arm aus, um mir sein Glas in die Hand zu drücken.

»Nimm einen Schluck. Du glaubst nicht, wie entspannt sich das anfühlt.«

Meine Güte. Dieser Typ kann nerven. Am liebsten würde ich ihm eine runter hauen oder ihm gleich eine Kugel in den Kopf jagen. Dumm nur, dass er mein Freund ist, oder gut für ihn. Wie auch immer.

»Trink dein Bier selbst, Lucas. Ich brauche einen klaren Kopf. Ich komme danach noch auf einen Drink vorbei, sofern wir erfolgreich sein werden. Vergeig deinen Part nur nicht, Leighfield. Sonst werde ich nicht nur einen Mann heute Abend töten.«

Ihm einen stechenden, bedrohlichen Blick zuwerfend, grinst er süffisant, fast siegessicher, weil er davon ausgeht, dass ich ihm ohnehin niemals den Gar ausmachen würde. Allein seine schmierige Surfervisage mit diesem protzigen Grinsen nervt mich so sehr, dass ich einen tiefen Atemzug nehmen muss und meine Fäuste balle, um meine ansteigende Wut hinunterzuschlucken.

»Leck mich, Leighfield. Es ist auch für dich ein Job, den ich dir mehr als nur gut bezahle. Also tu zum Teufel nochmal das, was ich dir sage.«

Ich lehne mich mit dem Oberkörper nach vorn, um meine Ellenbogen auf die Knie abzustützen, nur um dann meine Hände aneinander zu reiben.

Lucas hat eine verdammt große Fresse und tut alles, um mich zu provozieren. Meine Lust, ihm gründlich die Visage zu polieren, bis er mich wie eine kleine Schlampe anbettelt, endlich aufzuhören, wächst stetig.

Er hebt entschuldigend die Hände. »Okay, Bro. War’n Witz! War nur ein Witz! «

»Ein absolut unangebrachter Witz, Arschgesicht«, kontere ich.

Indem ich meine Muskeln anspanne und mich dynamisch und kraftvoll bewege, stehe ich aus dem Stuhl unter mir auf.

»Wir treffen uns am Flughafen, wenn ich mit diesem Mistkerl fertig bin. Sorg dafür, dass die Maschine nicht abhebt, bevor ich nicht persönlich das Startsignal erteilt habe«, befehle ich ihm, bevor mein Blick zu meiner Armbanduhr gleitet. Es ist halb vier. Der Pilot wartet ab fünf mit der Maschine auf dem Rollfeld. Die Scharfschützen sind instruiert. Lucas wird mit einem Transporter dafür sorgen, dass die Frauen diese Stadt in einem Stück verlassen werden. Wir sind so gut vorbereitet, wie es nur geht. Der Rest hängt allein von mir ab.

Für einen letzten Moment genieße ich die New Yorker Frühlingsbrise, die mir sanft durch mein haselnussbraunes Haar fährt und lasse meinen Blick dabei über die Skyline und durch die Location wandern. All die kunstvoll arrangierten Gräser hier auf der Dachterrasse, in Verbindung mit den farbigen Surfbrettern, hinterlassen beinahe den Eindruck, als wären wir direkt an der Küste, statt in New York City.

Lucas hatte sich mit dieser Bar, in der wir uns befinden, seinen Lebenstraum erfüllt. Auch wenn ich es nie begreifen konnte, wie ein studierter Wirtschaftsingenieur sich eine Bar kauft, die er zwar leitet, hier aber nie auch nur einen Finger krümmt und sich als Personenschützer selbständig gemacht hat. Seltsamer Werdegang. Aber er macht einen außerordentlich guten Job. Auch wenn er es noch nie hinbekommen hat, diesen nüchtern anzutreten. Als müsste er seine aufsteigende Angst in Bier ertränken. Aber er ist immer der Mann, der loyal an meiner Seite steht, auf den ich mich verlassen kann.

»Die Drinks heute Abend gehen definitiv auf deine Rechnung, Bro.«

»Nur wenn du einen guten Job machst, Leighfield. Andernfalls habe ich keinen Freund mehr, dem ich irgendwelche Drinks hinstellen könnte.«

»Deine Ware wird wohl behütet bei Daddy ankommen. Ich verspreche es dir«, beteuert er. Ich hasse es, wenn er so spricht.

»Aber wenn wir nicht bis neun sternhagelvoll sind und was zum Ficken gefunden haben, erschieße ich mich selbst, Salvert.«

Würde Lucas nicht. Egal wie groß sein Mundwerk ist, er ist eine kleine Mimose, auch wenn er das natürlich nie zugeben würde, weil er bei den Weibern ja einen Ruf zu verlieren hat – was für ein schwanzgesteuerter Wichser.

Gerade als ich mich zum Gehen wenden will, nachdem Lucas endlich sein Bierglas geleert hat, richte ich meinen grauen Anzug und werfe mir das Sakko über, welches ich, zuvor zusammengefaltet über den Sessel gelegt habe. Folglich drängt sich ein warmer weicher Körper neben mich. Nein, nicht nur neben mich, sondern eng an mich heran. Eine zarte Hand legt sich um meine Taille. »Hey Jungs, wollen wir zusammen etwas trinken?« Es ist eine Frau mit platinblonden Haaren und wahnsinnig dunklen, künstlichen Wimpern. Ihre rot geschminkten Lippen betteln geradezu darum, einen Schwanz zu lutschen.

Ihre aufdringliche Geste fuckt mich ab, dass ich ihr einen vernichtenden Blick zuwerfen muss. Sie ist allerdings so viel kleiner als ich, dass sie meine Mimik nicht erkennt, weil sie zu Lucas sieht, der sich gerade seine Pilotensonnenbrille vom Nasenrücken schiebt und bis über beide Ohren grinst.

»Hi Lisa, Sunshine! Klar, trinken wir etwas zusammen!«

Lucas ist verzückt voller Freude, schon am Nachmittag eine Lady klarmachen zu können, das sehe ich an seinen Lippen, die sich zu einem aufreizenden Lächeln formen. Es ist die gleiche Regung seiner Gesichtsmuskeln, die er immer macht, wenn er dabei ist, eine Frau aufzureißen. Ich schiebe Lisa sanft von mir und trete einen Schritt von ihr zurück, denn ich brauche unbedingt etwas Freiraum.

»Vielleicht später. Erst die Arbeit, Leighfield.«

»Du bist so ein Spielverderber, Boss.« Lucas schnauft und erhebt sich aus seiner entspannten Lage. »Ja ja. Erst der Job, und dann der Blowjob.« Lucas zieht sich die schwarze Lederjacke über sein weißes Shirt, während wir im Begriff sind, seine Bar zu verlassen.

»Du kannst die Kleine auch später noch ficken, mein Freund«, sage ich erst, als Lisa außer Hörweite ist.

»Wir werden die Kleine später noch ficken«, korrigiert er mich und legt mir eine Hand auf meine Schulter, als sich die Türen des Fahrstuhls gerade mit einem Ping öffnen.

Wir fahren mit dem Aufzug in die Tiefgarage.

Mein schwarzer Camaro lässt die Scheinwerfer kurz aufleuchten, als ich den Knopf auf meinem Schlüssel drücke, gleich nachdem sich die Türen wieder geöffnet hatten und sich uns eine ebene Betonfläche mit gelb gekennzeichneten Parktaschen darbietet. Zahlreiche teure Autos parken hier in den Reihen hinter meinem Wagen.

Meine Schritte hallen durch die Garage, als ich mein Auto erreiche, dass direkt neben Lucas schwarzen Sportwagen parkt.

»Du hast deine Waffe und Munition?« Ich muss sichergehen, dass er wirklich vorbereitet ist. Davon hängt alles ab.

Indem er mit seiner Hand auf die Lederjacke klopft, weiß ich, dass er alles hat, was nötig ist. Nur hoffe ich für seinen Kopf, dass es auch wirklich so ist.

Wir verabschieden uns in einer kurzen Geste. Lucas geht einige Parkplätze weiter, wo ein Transporter steht, der eigentlich eigens für seine Bar genutzt wird und für meine Missionen – falls dies erforderlich ist, so wie heute. Glücklicherweise hat der Transporter keine Reklamebeschriftungen.

Nachdem ich in meinen Camaro eingestiegen bin, starte ich geräuschvoll den Motor, dessen Klang die ganze Tiefgarage mit einem tiefen Brummen erfüllt. Es ist alles vorbereitet. Ich gehe mehrmals den Plan in meinem Kopf durch. Mein Team ist bestens instruiert und wartet auf mein Signal.

Ich fahre etwa eine halbe Stunde und sehe den Transporter im Rückspiegel in meinem Schatten fahren, bevor ich den Laden dieses Wichsers erreiche. Ich parke ein paar Meter fernab, aber immer noch nah genug, um die riesige, leuchtende Tafel über seiner abgewetzten Eingangstür zu erkennen. Magic Moby Dick. So nennt Henry Minnigan diesen billigen Schuppen. Allein der Gedanke daran, was im Inneren dieses Puffs passiert, lässt mich würgen.

Aus meinem Handschuhfach hole ich die Smith & Wesson heraus, die ich in meinem Schulterholster unter meinem Sakko verstecke. Nachdem ich ausgestiegen bin und einen silbernen Aktenkoffer aus meinem Kofferraum entnehme, verschließe ich den Wagen. Schnellen Schrittes betrete ich Henrys Etablissement. Ich checke noch einmal mein iPhone. In unsere Messengergruppe sende ich eine »1«.

Wir haben eindeutige Codes ausgemacht, damit jeder weiß, was zu tun ist. Dieser war das Signal dafür, dass sich alle bereit machen. Ich betrete das Bordell.

Die von Graffitis beschmierte, schwere Holztür knarzt, als ich sie öffne. Indem ich meine Füße über die Schwelle setze, schallt das Läuten einer Glocke durch den Raum, die eindeutig meine Ankunft signalisiert, wie sie es immer tut. Mir strömt eine schwere, stickige Luft aus abgestandenen Pheromonen, Drogen und Zigarettenqualm entgegen, die mich wie eine Wolke einhüllt und vermuten lässt, dass hier ewig nicht mehr gelüftet wurde. Weil niemand auch nur erahnen soll, was hier wirklich vor sich geht.

Ich nehme seitlich von mir einen Schatten wahr, der sich mir schnell nähert.

»Marcus, mein Freund.« Es ist Henry, der sich die Hände reibt und mich freudig in Empfang nimmt - weil er weiß, dass er heute ein großes Geschäft abschließen wird. Oder er denkt es zumindest. Henry ist ein sportlicher Glatzkopf mit schwarzen Bartstoppeln Anfang vierzig – ein echtes Muskelpaket, so scheint es zumindest. Würde er ein bisschen zielgerichteter trainieren und nicht nur zum einzigen Zweck, seinen Körper massig wirken zu lassen, hätte er vielleicht sogar eine Chance gegen mich. Er schlägt zur Begrüßung kraftvoll seine Hände mehrmals auf meine Schultern. »Ich hoffe du hast dich gut vorbereitet. Die kleinen Biester sind noch ganz wild«, erwidert er.

Ich grinse ihm entgegen, so, als könnte ich es gar nicht mehr erwarten. »Hast du mir ein paar Spritzen deiner Zaubertinktur vorbereitet?«

»Vierundzwanzig, damit solltest du die Kleinen erst einmal zahm bekommen, wenn du mehr brauchst, weißt du ja, wo du mich findest.«

Henry zwinkert mir zu, während er sich in seinem lässigen schwarzen Look auf dem Bartresen abstützt. Ich nutze den Moment, um meine Umgebung abzuchecken – es scheint keiner hier zu sein. Es ist ruhig, doch das ist nicht ungewöhnlich. Wann immer ich hier war, war nur leises Stöhnen aus den hinteren Zimmern zu hören oder quiekendes Wimmern, dass von loungiger Musik im Hintergrund überdeckt werden sollte. Dieser ganze Schuppen ist total klischeehaft in dunklem Rot gehalten und Möbeln mit Lackbezug. Wenigstens bei der Innengestaltung hätte sich Henry Mühe geben können, um den Schuppen nicht allzu billig wirken zu lassen.

Da es erst vier Uhr nachmittags ist, ist es noch längst nicht die Tageszeit, zu der sein Geschäft startet. Die ersten Kunden kommen immer erst am Abend. Sie alle gehören einer Art Club an, deren Mitglieder natürlich auch eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen müssen, um hier ein und ausgehen zu dürfen, was sich Henry in unverschämt hohen Beträgen bezahlen lässt. Doch dieser Mitgliedsbeitrag reicht nur dafür, dass sie hier her kommen können, um sich einen Drink zu genehmigen. Wollen sie eins von seinen Mädchen benutzen, nimmt Henry dafür nochmals fast einen Goldbarren. Im Gegenzug dürfen sie den Mädchen wirklich ausnahmslos antun, was sie wollen. Diese Typen befriedigen ihre widerwärtigsten, kranksten Fantasien an diesen unschuldigen, traumatisierten jungen Frauen, die von Henry stetig unter eine Mischung harter Drogen gesetzt werden, nur damit sie nicht zu laut schreien, wenn einer der Bastarde von Kunden sie fickt. All die Arschlöcher, die hier freiwillig Mitglied dieses abartigen Clubs sind, sollte ich genauso qualvoll töten, wie ich Henry erledigen werde.

Ich möchte mich übergeben und ihm direkt auf seine Designerschuhe kotzen. Aber ich muss das hier zu Ende bringen. Ich will, dass dieser Albtraum für die Frauen endet.

Henry leitet mich und führt mich in sein Büro am Ende des Flurs, von dem zahlreiche rot beleuchtete Zimmer abgehen, die spärlich von einem Vorhang aus vielen Fäden verhüllt werden.

Mit dem Kiefer mahlend, fokussiere ich meinen Verstand und blicke auf seinen seinen kahlen Hinterkopf vor meinen Augen. Henry holt einen dicken Schlüsselbund aus seiner viel zu engen Hose, die wohl seine hohlen Muskeln betonen soll. Das Metall der Schlüssel gibt klirrende Geräusche von sich, während sie aneinander reiben, ehe er sein Büro endlich aufschließt und mir die Tür aufhält. Möglichst gelassen gehe ich hinein und platziere den silbernen Koffer aus meiner Hand direkt auf seinem Schreibtisch und vernehme, wie er die Tür hinter und wieder schließt - und auch verschließt. Die Innenseite der Tür ist mit Stahl verstärkt. Ich mustere das glänzende Metall. Er ist ebenso gut vorbereitet auf ungebetene Gäste. Aber er ist auch ein feiges Arschloch, das sich seinen Feinden nie selbst stellen würde.

Henry ist ein Mann, der seine Geschäfte gern ungestört und in aller Ruhe abschließt. Das macht es mir allerdings schon fast zu einfach. Vor neun Monaten habe ich ihn während meiner Recherche auf einer Yachtparty kennengelernt. Er führte mich damals schon sehr schnell in sein Business ein, weil er wahnsinnig neugierig war, als ich ihm erzählte, ein Bordell eröffnen zu wollen. Nachdem ich ihm einige Whiskeys und ein wenig Kokain verabreicht hatte - auf meine Kosten - ist er so redselig geworden, dass er mir seine allzu geniale Geschäftsidee auf einem goldenen Tablett präsentiert hat.

Nun ja, er hat sich als den Mittelsmann heraus gestellt, den ich brauche, um mein großes Ziel zu erreichen. Und nebenbei könnte ich einigen Frauen mehr aus dieser ganzen Scheiße helfen.

Und hier sind wir nun: ich, als Marcus, der versucht, sein Bordellbusiness aufzubauen und von seinem guten Freund Henry zwölf Frauen kauft, die er von diesen Arschlöchern hat.

Ich öffne mit einem Klacken den Koffer und präsentiere ihm mit einer ausladenden Handbewegung die Scheine. »Zwölf Millionen Dollar, mein Freund. Zähl gern nach, wenn du möchtest.«

Gierig leckt sich Henry die Lippen und das so lasziv, dass es mich ekelt, während seine Augen auf die Scheine fixiert sind. Er streichelt das Geld, als wäre es sein Baby. Er macht Anstalten, die Bündel zu entnehmen und blättert oberflächlich.

»Ich vertraue dir, mein Freund. Du betrügst mich nicht.«

Bingo. Good job, Uriel.

Das spielt mir in die Karten. Ich habe gehofft, dass ich eine Bindung zu Henry aufgebaut habe, die freundschaftlich genug ist, damit er mir wirklich vertraut.

Sollte ich ein bisschen Mitleid mit diesem Mistkerl haben, weil ich ihn gleich umbringe? Nein. Sicher nicht. Er ist ein frauenschändendes Arschloch.

Henry kehrt mir den Rücken zu und geht zu einer Anrichte, auf der, in einer Kristallkaraffe eine goldbraune Flüssigkeit schwimmt. Während er eines der daneben stehenden Gläser in seiner Hand schwenkt, sagt er: »Amigo, wir müssen darauf anstoßen! Du wirst mir danken, dass ich dich teilhaben lasse an meiner Geschäftsidee, wenn du die erste Milliarde erreicht hast, Marcus. « Er gießt dabei den Whiskey aus der Karaffe.

»Oh nein. Lass gut sein, Henry. Du weißt, die Geschäfte lassen nicht auf sich warten. Wir stoßen aber demnächst an, sobald ich mein Bordell eröffnet habe«, ich zwinkere ihm zu. »Du bekommst auch einen Sondertarif, versprochen. Und die Drinks gehen auf mich.« Ich setze ein Lächeln auf, das so echt wie möglich wirken muss, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Er zuckt die Schultern mit einem verständigen Checker-mäßigen Gesichtsausdruck und leert das Glas in einem Zug.

Gut, mach es mir nur noch leichter, Bastard. Ich hoffe, du genießt den letzten Drink in deinem verabscheuungswürdigen Leben.

Lässig lasse ich meine Hände in die Hosentaschen sinken.

»Na dann zeig mir mal diese zwölf Schönheiten, mein Freund«, fordere ich Henry auf, als wir uns synchron in Bewegung setzen. Hinter seinem Schreibtisch ist noch eine Tür, die in den Keller führt.

Es ist eine schwere Eisentür, die Henry aufschließt, um uns Zutritt zu verschaffen. Eine drohende Stille, die aus der Dunkelheit zu mir herauf eilt, versucht mich zu erdrücken. Mein neuronales System setzt sich in Alarmbereitschaft, um die Pistole aus meinem Halfter zu ziehen. Wenn ich könnte, würde ich dieses Schwein sofort erschießen. Er macht es mir so einfach. Aber vorher muss ich dafür sorgen, dass er mir Zugang zu allen Räumen verschafft, da an dem dicken Ring, der an seiner Hose mit einem Metallkettchen befestigt ist, einfach zu viele Schlüssel baumeln. Alle auszuprobieren, würde mich zu viel wertvolle Zeit kosten.

Derweil überkommt mich ein ungutes Bauchgefühl. Diese Mission ist zu einfach.

Wir steigen die klangvoll metallischen Treppenstufen herab in die Finsternis, wo Henry vor mir einen Schalter an der dunklen Wand drückt und der Keller folglich in spärliches, künstliches Licht getaucht wird. Ich setze mich in Bereitschaft, wann immer er mir gezeigt hat, wo die Frauen sind, meine Pistole zu ziehen.

Wieder nestelt er im Gehen vor mir an seinem Schlüsselbund und öffnet die Holztür. Meine Ohren vernehmen ein Wimmern aus vielen bunten Stimmfarben in unterschiedlichen Oktaven, als sich der Schlüssel geräuschvoll im Schloss dreht. Die Angst der Frauen erschüttert mich bis ins Mark.

»Der Seniore wird auch bald da sein. Er möchte dich unbedingt kennenlernen«, erwidert er, ohne dabei den Kopf zu mir zu wenden.

Scheiße. Was? Er hat dieses mexikanische Arschloch direkt hierher eingeladen? Fuck.

Darauf bin ich nicht vorbereitet.

Fuck.

Fuck.

Fuck.

Meine Gesichtszüge entgleisen spürbar und ich bin froh, dass Henry mir meine Entrüstung nicht ansehen kann, oder wie ich um Fassung ringe und drohe, aus meiner Rolle zu fallen.

»Oh, wie schön! Dann kann ich meine Geschäfte künftig direkt mit ihm abrechnen«, gebe ich gepresst von mir und verberge mühevoll die Spannung in meinem Kiefer. Noch nie ist es mir so schwer gefallen, mir einen freundlichen Gesichtsausdruck abzuringen, bis jetzt.

Ich habe Lust, ihm meine Faust in den Arsch zu rammen. Nicht nur, dass er diese mexikanischen Arschlöcher direkt hierher gelockt hat, ohne mich darüber zu informieren, sondern auch, dass er mir für die zwölf Frauen fast das Doppelte des üblichen Marktpreises abgenommen hat, nur um selbst auch noch mit daran zu verdienen. Das macht Henry zu einer genauso verabscheuungswürdigen Kreatur, wie die Mexikaner selbst.

Wieder konzentriere ich mich auf die Frauen. Ihr Wimmern weckt auch die Nutten von Henry, die hinter mir in ihren Zellen schmachten. Sie werden unruhig, soweit es ihnen in ihrem Drogensumpf überhaupt möglich ist.

»Haltet. Die. Schnauze. Ihr. Huren.« Er schreit bedrohlich in die Zelle der zwölf kreischenden Frauen – die nicht mehr als einen knappen Stringtanga und ein Achselhemd tragen, das ihre wogenden Titten hervorbringt. Sie alle sind vielfältig, unterschiedlicher Hautfarbe und Nationalitäten – entrissen aus ihrer Heimat, von ihrer Familie und ihrem sicheren Umfeld, hineingetrieben in einen scheinbar nie endenden Albtraum.

Ich werde dafür sorgen, dass ihr Leiden endet. Noch heute Abend.

»Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich Ihnen direkt eine erste starke Dosis verpasse, damit sie endlich die Schnauze halten.« Mit rollenden Augen dreht er sich um. Er wendet mir unachtsam den Rücken zu.

Das ist mein Moment.

Jetzt oder nie.

In einer schnellen Handbewegung greife ich in das Innere meines Sakkos und ziehe meine Smith & Wesson aus dem Holster. Ein klickendes Geräusch schallt durch das Kellergewölbe, als ich die Waffe entsichere. Erst jetzt scheint dieses Arschloch zu begreifen. Als er sich umdreht, blicke ich in sein erschrockenes, entrüstetes Gesicht, während er die Waffe in meiner Hand sieht. Derweil setze ich zwei zielgerichtete Schüsse in kürzester Zeit. Den Ersten in sein Bein. Den Zweiten in seine Schulter. Die Schüsse hallen durch alle Ecken des Gemäuers. Die Frauen in der Zelle hinter mir kreischen laut. Ich schließe die Tür zu ihrem Verlies, um zu verhindern, dass sie auf dumme Gedanken kommen oder meinen Plan durcheinander bringen.

Henry beginnt zu heulen wie eine kleine Göre, als er das Blut sieht, dass aus seinem Körper tritt.

Zugegeben, ich hatte vor, ihn langsam zu töten. Aber auf ein Massaker mit den Mexikanern bin ich nicht vorbereitet. So gern ich ihn kastrieren würde, muss ich mir meine Wut leider für die Mexikaner aufheben, sobald ich einen Plan habe, wie ich diese Arschlöcher vernichte.

»Scheiße, was -«, Henry führt seinen Satz, scheinbar vor Schmerzen, die ihn wie eine Welle überrollen, nicht zu Ende. Stattdessen weint er, wie ein kleines Mädchen, dem seine Puppe weggenommen wurde. Erbärmlicher Wichser. Er windet sich auf dem Boden und brüllt lauter, als es die zwölf Frauen eben noch zusammen getan haben.

»Gib mir den Schlüssel für die Hintertür.«

Er hört mich nicht. Oder will mich nicht hören. Fängt er auch noch an, seine Mommy zu rufen? Ich verdrehe scharf atmend die Augen und schüttele den Kopf. Für dieses Weichei empfinde ich nichts, als Verachtung.

Ich reiße den Schlüsselbund grob und kraftvoll von seiner Hose. Scheiße, denn das gehört eigentlich nicht zu meinem Plan, aber Henry wird es gerade nicht tun wollen.

Meinen Verstand splittend, gehe ich die Schritte zur Hintertür und lasse Henry dabei nicht aus den Augen, während ich den richtigen Schlüssel suche und einen nach dem anderen dafür probiere, bis sich der Richtige endlich drehen lässt.

Einen kurzen Moment der Ruhe gönne ich mir, um einen tiefen Atemzug zu nehmen und meine Gedanken zu sortieren. Schnellen Schrittes laufe ich wieder zu dem wimmernden Glatzkopf, dann zücke ich mein Handy, um meinem Team den nächsten Code »2« zu schicken, der ihnen bedeutet, sich Zugang zum Hintereingang zu verschaffen, um die Frauen hier raus zu holen.

Mein Job ist es, den Namen aus Henrys verfaulendem Körper noch heraus zu prügeln, bevor ich ihn endgültig umbringe.

Ich öffne mein Sakko und packe Henry an seinem T-Shirt-Kragen, um dieses hohle Muskelpaket zurück in sein Büro zu schleppen. Zugegeben: diesen Kerl die Treppe hoch zu schleifen, ist vielleicht nicht die beste Idee, aber ich brauche ein bisschen Ruhe, damit meine Männer die Frauen wegbringen können und ich einen Namen erfahren kann.

Der Glatzkopf schreit schmerzverzerrt, während er immerzu gegen das harte Metall der Treppenstufen knallt. Ich ignoriere seine mädchenhaften Schreie und werfe ihn, in seinem Büro angekommen, auf seinen ledernen Bürostuhl. Sein halb schlaffer, schmerzender Körper wehrt sich nicht. Aus einer Halterung an meiner Wade unter meiner Anzughose ziehe ich eine scharfe Klinge, die ich ihm mit einem harten Stoß durch seine Hand steche, um ihn so an diesen verfickten Stuhl zu binden. Vielleicht wäre dies nicht einmal nötig gewesen. Aber mein angespannter Körper verlangt nach einer Genugtuung.

Als ich um ihn herum gehe, schwenke ich die Waffe kunstvoll in meiner Hand. Blut läuft derweil aus seinem Mundwinkel. Scheiße, scheinbar habe ich doch nicht nur seine Schulter, sondern auch seinen oberen Lungenabschnitt getroffen. Was musste er auch so zappeln?

Ich verliere Zeit - kostbare Zeit, die ich nicht habe, da diese Mission hier, in Anbetracht der heranrollenden Umstände auch jeden Moment in einem Blutbad enden könnte.

Henry keucht und zittert. Seine Augen sind glasig. Ich sehe, wie das Leben langsam aus seinem Körper weicht, als er mit seinen grünen Iriden zu mir aufsieht. »Du dämlicher Bastard. Du wirst dafür bezahlen. Glaub nicht, dass du damit durchkommst«, keucht er.

Ich packe zu und verstärke den Druck auf die Klinge in seiner Hand, was ihn sofort wieder schreien lässt.

»Also erst einmal, mein ehrenwerter Freund«, spucke ich ihm entgegen. »Zuerst wirst du dafür bezahlen, dass du mich ausgenommen hast, wie eine Weihnachtsgans. Ich meine, zwölf Millionen, ist das dein verschissener Ernst?«

Ich lache. Diese Situation nimmt eine Form an, die ich in meiner Überlegenheit genieße. Jetzt bin ich ein verfickter König, der über das Leben dieses Arschgesichts richten wird.

»Also, Amigo. Du hast genau eine einzige Wahl – ein schneller oder ein langsamer und qualvoller Tod. Sag mir nur, wer dieses mexikanische Arschloch ist. Gib mir einen Namen, und ich werde dir schnell eine Kugel in den Kopf jagen. Wenn nicht, schneide ich deine Eier in Scheiben, bevor ich dir deinen Schwanz abreiße. Denk nicht, dass es mir keinen Spaß machen wird, dich quälend langsam zum Teufel zu jagen.« Meine Stimmlage ist dabei so tief, dass ihm sehr schnell deutlich wird, wie ernst es mir wirklich ist.

Henry blickt mir aber nur trotzig entgegen, mit einem letzten Funken des Widerstands in seinen Augen und verzieht seine Mundwinkel, um mir dann entgegen zu spucken. Die schleimig blutige Flüssigkeit, die dabei sein Maul verlässt, trifft jedoch nur mein Sakko.

Ich blicke auf den schmierigen Schleimpfropfen. Damit hat er eine Grenze überschritten, denn ich hasse es, wenn Abschaum wie er meinen Anzug ruiniert.

Knurrend atme ich aus. »Oh, das war ein schwerer Fehler, Amigo«, spucke ich ihm betont entgegen.

Kraftvoll ziehe ich das Messer aus seiner zitternden Hand kraftvoll heraus und steche erneut zu.

»Gib. Mir. Einen. Namen. Du. Arschloch.«, brülle ich ihm auffordernd entgegen, während ich ihn mit meiner Hand hart in die Rückenlehne seines Stuhls presse. Ich greife dabei in Feuchtigkeit, die ich direkt als Blut ausmache. Die rote Flüssigkeit benetzt nun auch noch den Saum meines Ärmels. Der schwere Geruch von Eisen schwängert die Luft.

Schön, den Anzug kann ich dann wohl wegwerfen. Verflucht.

Aus dem Keller höre ich derweil die Stimme einer meiner Scharfschützen, der gerade den Rückzug ankündigt. Viele Schritte sind zu hören, ehe die schwere Hintertür schallend ins Schloss fällt. Die Frauen scheinen zumindest in Sicherheit zu sein, fürs Erste.

Als mir Henry erneut nicht antworten möchte, schreie ich ihn noch einmal an. »Einen Namen, Arschloch!« Während ich mich über seinen sterbenden Körper lehne, um ihm noch einmal meine Macht zu demonstrieren, macht er sich scheinbar über mich lustig.

»Verreck doch in der Hölle, Wichser.« Er keucht, seine Stimme zittert, als würde er gleich an seinem Blut ersticken.

Genau in diesem Moment muss ich laut lachen und wende den Blick von ihm ab.

»Da bin ich schon, Minnigan. Keine Sorge«, erwidere ich und nehme Abstand von ihm, um dann meine Pistole auf seinen Schwanz zu richten.

Ich drücke ab. Der Schuss hallt durch das kleine Büro und durch meine Ohren.

Den Rückstoß abfangend beobachte ich, wie das Blut in Strömen aus seinem Schwanz fließt – oder aus dem Teil, wo sein Schwanz vor zwei Minuten noch war.

Henry schreit aus vollen Leibeskräften und windet sich auf dem Stuhl, als das Adrenalin durch seinen Körper pumpt und er vom berstenden Schmerz überrollt wird.

Die Fleischfetzen hängen blutend an seinem Unterkörper. Die Klänge seiner heulenden Laute sind Musik in meinen Ohren, bis sie vom Blut in seinen Lungenflügeln kläglich erstickt werden und in einem leisen, elenden Krächzen enden.

Wieder einer weniger.

Doch dann höre ich einen Schuss, der die Stahlauskleidung seiner Bürotür trifft.

Fuck.

In meiner Hosentasche vibriert mein Handy unaufhörlich. Um nun zu verstehen, dass ich mich verpissen muss, wenn ich nicht als Fischfutter enden will, brauche ich keinen Code mehr.

Meine Muskeln spannen sich an und erzittern bis ins Mark. Aber diesen Mistkerl kann ich nicht am Leben lassen.

Wieder Schüsse. Mehrere, die am inneren Stahl der Tür abgefangen werden.

Mein Körper ist in Alarmbereitschaft. Ich habe keine Zeit mehr.

Fuck!

»Fahr zur Hölle, Arschloch«, kommentiere ich, als ich noch einmal die Pistole auf seinen Schädel richte. Er grinst mir so dreckig entgegen, als ginge er davon aus, dass er gewinnen würde. Fuck off. Nein. Definitiv nicht.

Indem ich den letzten Schuss abfeuere, dessen Kugel punktgenau zwischen seinen Brauen landet und damit der letzte Lebensfunke aus seinen Augen weicht, bevor sein Körper erschlafft, werden auch die Schüsse von draußen aggressiver.

Jeden Augenblick könnten mich die Mexikaner erwischen und meinen Körper mit ihren Waffen durchlöchern.

Ich muss hier raus, so lange ich noch eine Chance habe, diesen Ort auf zwei Beinen zu verlassen, lebend.

Um keine Spuren zu hinterlassen, ergreife ich Minnigans Whiskeykaraffe von der Anrichte und schütte es über meine zwölf Millionen Blüten, ehe ich ein Feuerzeug aus meiner Hosentasche ziehe und den Papierhaufen in Brand stecke.

Das lodernde Feuer breitet sich knisternd über den Inhalt des Koffers aus und setzt alles in Brand, was ich mit in diesen verfluchten Laden gebracht habe. Die Hitze der Flammen lässt mich mit einigen Rückwärtsschritten Richtung Kellertür Abstand nehmen, während sich der Brand weitläufig ausbreitet, alles um sich herum in den Abgrund zieht und durch die Flammen in seiner Vollständigkeit vernichtet wird. Mein Innerstes wird dabei von Zufriedenheit erfüllt, während ich mich mit einem letzten, kontrollierenden Blick versichere, wie auch Henrys elender, blutverschmierter Körper von dem tosenden Feuer verschluckt wird.

Mission geglückt. Na ja. Halbwegs.

Ich renne zum Hinterausgang, noch während ich lautes Poltern und weitere, sekundenschnelle Schüsse an der Tür vernehme. Die Zellentüren stehen allesamt offen. Meine Männer haben nicht nur die zwölf Frauen retten können, sondern auch die fünfzehn Frauen, die Minnigan selbst für sein Geschäft missbraucht hat.

Ich habe es geschafft. Wir haben es geschafft.

Noch während ich mich verdrücke, drängt sich mir die Frage auf: Sind die Männer gekommen, um das Geld abzusahnen und Minnigan zu töten? Ich erinnere mich, wie mir Henry erzählt hat, dass sein Büro schallisoliert ist. Aber ob diese mexikanischen Arschlöcher meinen Schuss gehört haben, und deswegen auf die Tür geschossen haben? Anhand der Vielzahl der hintereinander folgenden Schüsse, schlussfolgere ich, dass es mehrere Männer sein mussten, die vor der Bürotür waren.

Meine Waffe verstecke ich wieder im Holster, als ich die Tür hinter mir schließe und in den Hinterhof trete. Wenn ich Minnigan nicht monatelang den treuen Freund vorgespielt hätte, so wüsste ich nicht, dass er hier eine geheime Tür versteckt hat, die mich in eine Seitenstraße neben dem Bordell heraustreten lässt, wo schon der schwarze Van auf mich wartet.

Ich greife an den rostigen Türgriff und stelle fest, wie sehr meine Hand zittert. Zum Nachdenken fehlt mir die Zeit, bevor wir wirklich noch Besuch bekommen. Ich schiebe die große, schwere Tür mit einem Schwung aus der Schulter heraus auf und steige ein. Alexander, der beste Scharfschütze meines Teams – ein Typ, der Vin Diesel zum Verwechseln ähnlich sieht, blickt mich aus seinen braunen Augen heraus an und dreht sein Handy mit aufleuchtendem Bildschirm in meine Richtung, nachdem ich mich gegenüber von ihm, im schwarzen Sitz platziert habe.

Anstatt ich in überraschte Augen blicke, bedeutet mir Alexander, dass wir sogar mehr haben, als wir uns erhofft haben. Sein Lächeln spricht Gewissheit, fast, als hätten wir bereits gewonnen.

»Heute ist Zahltag, Boss«, spricht er mit tiefer Stimme.

Das Foto auf dem Bildschirm leuchtet mir entgegen. Obwohl ich die Augen zukneifen muss, um den Mann darauf zu erkennen, weil das Sonnenlicht mir die Sicht ruiniert, rutscht mir mein Herz beinahe in die Hose. Scheinbar konnte ich meine Gesichtsentgleisungen verbergen, denn Alexander lacht zufrieden auf.

»Er ist es«, noch einmal blicke ich auf das Foto. Obwohl er eine Sonnenbrille trägt, sind seine Gesichtszüge so einprägsam und markant, dass ich ihn unter Tausenden wiederfinden würde. Mein Verstand speichert haargenau seine Merkmale ab. Doch heute ist nicht der Tag dafür, diesem Wichser das Handwerk zu legen. Zumindest nicht, wenn ich nicht mein ganzes Team mit in den Tod schicken will. Dazu werde ich niemals bereit sein.

»Und nicht nur das, Boss. Wir haben mitbekommen, wie sie sich unterhalten haben-«, vernehme ich und fühle, wie Blut durch meine Ohren rauscht, sodass ich Alexander nicht einmal aussprechen lassen kann, als ich mit weit aufgerissenen Augen zu ihm aufschaue.

»Habt ihr einen Namen?« Denn das ist die einzige Information, die nennenswert wäre.

Alexanders Augen funkeln mich dunkel an. Sein Nicken, gepaart mit seinen zuckenden Mundwinkeln ist mir Bestätigung genug.

Das Böse hat endlich einen Namen.

Ich bin bereit, um endlich zum fucking König gekrönt zu werden.

KAPITEL 1

 

 

YUNA

 

»D

u siehst wunderschön aus, Mäuschen!« Moms Stimme dringt sanft in mein Ohr. Sie streicht mir anerkennend die Schultern und lächelt mir entgegen. »Ich bin so stolz auf dich, Yuna.«

»Danke, Mom. Ich freue mich auch - und auch auf Boston.«

Mom hat mich während meiner Collegezeit immer unterstützt, obwohl wir es nie leicht hatten und sie mich allein aufgezogen hat. Das College wäre mir ohne Stipendium nie möglich gewesen - das war mein großes Glück. Von meiner Mutter habe ich gelernt, dass es wichtig ist, gute schulische Leistungen zu erzielen - eigentlich sogar sehr gute. Ohne diese wäre mir das Stipendium am Hellfield verwehrt geblieben. Mein Volontariat bei Polly Barnes Publishings, das nächsten Monat in Boston startet, würde ich nie antreten, weil ich niemals die Chance dazu bekommen hätte. Niemals wäre ich in die engere Auswahl unter all den Bewerbern gekommen.

Es war schon immer mein Traum, Fuß in der Verlagswelt zu fassen. Mein Herz schlägt für die Literatur, für die tausend Welten, die in all den vielen Büchern erschaffen werden und es den Lesern ermöglichen, abertausende Leben zu führen, in verschiedenen Welten und Zeitzonen. Das ist es, was mich glücklich macht.

Aber es ist eine hart umkämpfte Branche und somit nicht leicht, dort seinen Platz zu finden. Dieser Gedanke lässt mich einen tiefen Atemzug nehmen. Ich kann wirklich stolz auf mich sein, es bis hierhin geschafft zu haben.

Mom so voller Ehrgefühl zu sehen, erfüllt mich mit Zufriedenheit, gleich wenn ich genau die Feuchtigkeit in ihren Augenwinkeln erkenne, während eine Träne in ihrem Wimpernkranz hängen bleibt. Ich weiß, dass sie traurig ist, weil ich in einigen Wochen ausziehen werde. Aber sie hat mir das Versprechen abgerungen, dass wir täglich telefonieren und ich sie regelmäßig besuche, oder sie mich in meinem Apartment in Boston nerven darf, wenn ich ihr zu lange wegbleibe. Es fällt ihr schwer, mich gehen zu lassen. Doch ich bin ihr dankbar, dass sie mich von Anfang an in meiner Entscheidung unterstützt hat und mir den Rücken frei hält, um mich selbst verwirklichen zu können. Sie als Mutter zu haben, ist ein Segen, weil sie alles tut und wie eine Löwin für mich kämpft.

Mom reicht mir meine Absolventenrobe. Nachdem ich noch einmal mein königsblaues Satin-Kleid zurechtgezupft und einen kontrollierenden Blick in den Spiegel geworfen habe, ziehe ich den dunklen Talar über. Sie streicht mir prüfend durch mein erdbeerblondes Haar und zwirbelt eine Locke zwischen ihren Fingern. Sie sieht zufrieden und glücklich aus.

»Schatz, diese Absolventenrobe steht dir wirklich hervorragend, aber wir müssen das Ganze noch etwas auf hübschen.« Sie lächelt, so wie sie es immer macht, wenn sie fast platzt, weil sie nicht der Typ dafür ist, Geheimnisse für sich behalten zu können. Ihre eisblauen Augen strahlen mir zu und bedeuten mir, dass sie noch etwas vorbereitet hat.

»Mom, ich hab doch das blaue Kleid darunter, die Robe tragen wir doch ohnehin nur für die Feier.«

Für mein Abschlusskleid habe ich gefühlt schon seit dem Beginn meines Studiums gespart. Trotzdem hat es nur für ein Secondhand-Modell von der Stange gereicht. Mir war es wichtiger, etwas Geld zur Seite zu legen, damit ich Mom ein wenig unterstützen kann. Ich bin alt genug, um mich selbst mit zu finanzieren. Meine Mutter, die seit jeher meine Heldin ist, hat während meiner gesamten Schulzeit schon zwei Jobs angenommen, damit wir über die Runden kommen konnten. Mit vierundzwanzig Jahren habe ich den Anspruch, meiner Mutter etwas zurückgeben zu wollen.

»Keine Widerrede, Yuna«, erwidert Mom mit kraftvoller Stimme, wendet sich um und geht zum Schrank. Mit gerunzelter Stirn sehe ich ihr hinterher. Sie will mir doch hoffentlich nicht noch ein buntes Tuch um den Hals binden?

Als sie wieder zu mir kommt, hält sie einen Karton in der Hand, der mit rotem Papier und einer weißen Schleife verpackt ist. »Ich weiß, dass ich dir niemals so viel ermöglichen konnte, wie andere Eltern. Aber ich liebe dich so sehr, Yuna. Ich hätte auch noch einen dritten und vierten Job angenommen, um dir dieses Geschenk zu deinem Abschluss zu überreichen.«, sagt sie, während sie mir mit einem breiten Lächeln und feuchten Augen das Paket übergibt. »Ich habe das College leider nie besucht, aber ich bin so stolz auf dich, dass du die Möglichkeit dazu hattest und nun sogar mit Bestnoten abgeschlossen hast. Du hast so hart dafür gearbeitet. Und schließlich will ich, dass du in Boston gut gekleidet bist, wenn du einen netten Mann triffst. « Ihre blauen Augen leuchten und sie zwinkert mir zu.

Mein Herz klopft vor Aufregung als ich das glatte Geschenkpapier mit meinen Händen ertaste. Das seidene Stoffband darum fühlt sich weich und edel an. Noch bevor ich die Schleife öffne, stammele ich vor mich hin: »Aber … Mom … ich … ich wollte nicht, dass … dass du dich in Unkosten stürzt, du arbeitest schon so viel … du musst mir nichts -«, unterbricht sie mich mit hoch gehaltener Hand und schüttelt den Kopf.

»Spar dir die Luft, Mäuschen. Gönn mir die Freude, dir endlich mal etwas zu schenken. Du hast es dir verdient.«

Mir steigen Tränen in die Augen. Ich wedle wild mit den Händen vor meinem Gesicht und fange gleichzeitig an zu lachen, weil ich mein Make-Up nicht versauen will. Obwohl ich mich bisher nie übermäßig geschminkt habe, habe ich mir für den heutigen Tag Mühe gegeben. Weil ich es mir selbst wert bin.

Mom bedeutet mir, das Paket endlich zu öffnen. Ich sehe ihr die Ungeduld deutlich an. Ihre Gestik schreit mir regelrecht entgegen … Mach schon, Yuna!

Beim Auspacken kann ich mich nicht zurückhalten. Nachdem ich die Schleife aufgezogen habe, reiße ich das Papier geräuschvoll auf. Als ich die Aufschrift auf dem Karton sehe… OH MEIN GOTT.

OH MEIN GOTT!

Ich schreie vor lauter Freude und meine Hände zittern, sodass ich den Karton fast fallen lasse. Ich sehe Mom an und sie nickt mir zustimmend entgegen. Nachdem ich den Deckel geöffnet habe, schreie ich noch einmal auf und ziehe scharf die Luft ein.

»Mom, das ist …«, schluchze ich. Tränen der Freude und Dankbarkeit steigen mir in die Augen und beginnen mein Gesicht zu fluten.

In dem Karton sind Schuhe. Nicht irgendwelche Schuhe, Es sind die Schuhe, von denen ich schon als Teenager geträumt habe. Cremefarbene Manolo Blahnik’s.

Ich fasse sie ganz vorsichtig an, weil ich genau weiß, wie sündhaft teuer diese Schuhe sind, für die ich Carrie Bradshaw in Sex and the City damals so beneidet habe.

Mit fünfzehn wollte ich diese Stilettos schon unbedingt. Doch dachte ich bisher, es würde immer ein Cinderellatraum bleiben. Cinderella würde mit diesen Schuhen in Los Angeles oder New York City leben, aber wohl nicht in einer Kleinstadt wie Clayton.

Mein Herz klopft ganz laut. Meine Wangen brennen und ich spüre, wie meine Mundwinkel weit auseinander ziehen und sich zu einem Grinsen formen. Mir wird ganz warm. Mein Inneres ist so von Liebe erfüllt, dass ich das Gefühl bekomme, heller zu leuchten wie der strahlendste Stern am Himmel. Ich kann nicht aufhören, zu grinsen.

»Mom, das geht doch nicht. Das ist doch viel zu -«

»Das ist absolut angebracht, Schatz«, unterbricht sie mich.

»Aber wie ... wie hast du das bezahlen können?« Ich drehe die Schuhe in alle Richtungen. »Ich meine, sie sind nagelneu. Die kosten ein Vermögen!« Ich bin immer noch hörbar geschockt von diesem wirklich wunderbaren, aber superteuren Geschenk.

»Lass das mal meine Sorge sein, Schatz. Verschuldet bin ich deswegen aber nicht, mach dir bitte keine Gedanken. Mister Salvert hat mir meine Überstunden ausgezahlt und ein bisschen was gespart hatte ich auch. Und bitte denk nicht im Traum daran, dass ich von meiner eigenen Tochter auch nur einen Penny annehme. Es ist meine Aufgabe, für dich zu sorgen, Mäuschen. Und die wird es auch immer bleiben, vergiss das bitte nie.« Mit warmer Stimme legt sie mir eine Hand auf die Schulter. Ihre Wärme durchfährt mich. Ich bin gerührt über all die Liebe, die sie mir entgegenbringt.

Halleluja. Ich bin fassungslos und freue mich zugleich unglaublich. Mom klatscht auffordernd in die Hände und reißt mich aus meinen Gedanken heraus. »Los! Zieh sie an. Wir müssen uns beeilen. Sonst kommen wir noch zu spät zur Zeremonie. Ich will mir doch nicht entgehen lassen, wie dir auf der Bühne dein Zeugnis überreicht wird. «

Vorsichtig, als wären die Schuhe zerbrechlich, stelle ich sie auf den Boden ab und schlüpfe hinein.

Kann man sich eigentlich besser fühlen, als in Heels, wie die von Carrie Bradshaw? Ich fühle mich plötzlich unbesiegbar, stark wie nie.

»Jetzt ist alles perfekt, Yuna.« Mom betrachtet mich stolz im Spiegel, nachdem sie mir noch vorsichtig den Hut aufgesetzt hat. Musternd streicht sie mir über meine Arme.

»Aber die Schuhe sollen dich auch daran erinnern, dass du immer wieder zurückkommen kannst, sollte in Boston etwas schief laufen. Ich liebe dich wirklich so sehr. Du bist das Allerbeste in meinem Leben, Schatz. Und trotzdem wünsche ich dir, dass du in Boston dein großes Glück findest. «

Wieder schluchze ich und eine Träne rollt mir über die Wange. Ich tupfe sie vorsichtig weg, nachdem Mom mir ein Taschentuch überreicht hat.

Der wasserfeste Mascara war definitiv eine gute Entscheidung. Die Wimperntusche ist zum Glück nicht verlaufen.

»Ich liebe dich, Mom. Danke. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll«, antworte ich mit zittriger Stimme und nehme sie in die Arme. Mit festem Griff umfasse ich sie und verweile mit ihr in dieser Position, während auch sie ihre Hände auf meinem Rücken ablegt. Sie streichelt mich beschützend. Es ist eine Geste, die mich beruhigt.

»Dank mir, indem du jetzt nicht anfängst zu weinen, Schatz. Du hast dir so viel Mühe mit deinem Make-Up gegeben.« Mom löst sich aus dieser Umarmung und zupft ein Taschentuch aus der Box, die auf der Kommode im Flur platziert ist und trocknet vorsichtig meine Wimpern.

»So, genug der Sentimentalitäten. Wir müssen los, um dein Zeugnis endlich abzuholen, sonst werde ich dich hier ja nie los«, lacht sie und steckt mich damit an.

»Ach Mom.« Ich betrachte sie eindringlich. Über die letzten Jahre hinweg sind wir beste Freundinnen geworden. Ich sehe eine unglaublich starke Frau vor mir und zolle ihr meinen größten Respekt dafür, was sie alles für mich getan hat und immer noch tut.

»Ich hab dich lieb«, ergänze ich und werfe noch einen Blick in den Spiegel – das blaue Kleid unter der dunklen Absolventenrobe und die cremefarbenen Manolo Blahniks – Stilettos, die das ganze Outfit zum Funkeln bringen.

Ich höre das metallische Geräusch von Moms Autoschlüssel, die sie vom Haken neben der Tür nimmt. Sie hält ihn nach oben und bedeutet mir, mitzukommen.

Selbstsicher laufe ich über das verschlissene Parkett in unserem Flur. Doch das klackernde Geräusch meiner Absätze verrät mir:

Yuna, du bist die Queen!