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Darmstadt als Residenz- und Hauptstadt von Hessen-Darmstadt, heute als Wissenschaftstadt und digitale Stadt, war schon immer ein besonderer Anziehungspunkt. Von jeher ein begehrliches Objekt kriegerischer Truppen wurde es zu einem Handelspunkt und Start und Ziel vieler Reisender. Von hier aus ließen sich die nahen Städte Frankfurt, Mainz, Wiesbaden in recht kurzer Zeit aufsuchen und Reisen in den Odenwald durchführen. Das vorliegende Buch enthält die Texte zweier Bücher, die eben die Reisen und Ausflüge in und um Darmstadt und den Odenwald beschreiben. Das Buch "Darmstadt, der Odenwald, die Bergstrasse und die Main-Neckar-Bahn" nennt sich selbst "Ein Handbuch für Reisende" und stammt aus dem Jahr 1846. Leider nennt das Buch keine Verfasser. "Führer durch den Odenwald und die Bergstrasse" aus dem Jahr 1906 von Dr. G. Windhaus ist wegen des Umfangs nicht ganz abgedruckt, sondern enthält nur den Teil über Darmstadt. Aus dem Unterschied der 60 Jahre, kann man anhand der Beschreibungen Darmstadts, die Stadtentwicklung kennenlernen. Für jeden Darmstadtbegeisterten und Historiker ein wunderbares Lesebuch.
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Seitenzahl: 197
Herausgeber
Erik Schreiber
Darmstadt
Handbuch für Reisende
Historisches Deutschland
Saphir im Stahl
e-book 148
Darmstadt - Handbuch für Reisende
Erscheinungstermin: 01.10.2023
© Saphir im Stahl
Verlag Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
www.saphir-im-stahl.de
Titelbild: Archiv Andromeda
Postkartenmotive (nur im Buch)
Lektorat: Peter Heller
Vertrieb: neobooks
Das Wappen dient als Bildzitat und ist kein hoheitsrechtlicher Verstoß.
Herausgeber
Erik Schreiber
Darmstadt
Handbuch für Reisende
Historisches Deutschland
Saphir im Stahl
Vorwort
Darmstadt als Residenz- und Hauptstadt von Hessen-Darmstadt, heute als Wissenschaftsstadt und digitale Stadt, war schon immer ein besonderer Anziehungspunkt. Von jeher ein begehrliches Objekt kriegerischer Truppen wurde es zu einem Handelspunkt und Start und Ziel vieler Reisender. Von hier aus ließen sich die nahen Städte Frankfurt, Mainz und Wiesbaden in kurzer Zeit aufsuchen und Reisen in den Odenwald durchführen. Das vorliegende Buch enthält die Texte zweier Bücher, die eben die Reisen und Ausflüge in und um Darmstadt und den Odenwald beschreiben. Das Buch „Darmstadt, der Odenwald, die Bergstraße und die Main-Neckar-Bahn“ nennt sich selbst „Ein Handbuch für Reisende“ und stammt aus dem Jahr 1846. Leider nennt das Buch keine Verfasser. „Führer durch den Odenwald und die Bergstraße“ aus dem Jahr 1906 von Dr. G. Windhaus ist wegen des Umfangs nicht ganz abge- druckt, sondern enthält nur den Teil über Darmstadt. Aus dem Unterschied der 60 Jahre, kann man anhand der Beschreibungen Darmstadts, die Stadtentwicklung kennenlernen. Für jeden Darmstadtbegeisterten und Historiker ein wunderbares Lesebuch.
Erik Schreiber
Inhaltsverzeichnis
DARMSTADT, der Odenwald, die Bergstrasse und die Main-Neckar-Eisenbahn
Führer durch den Odenwald und die Bergstrasse
DARMSTADT,
der Odenwald, die Bergstrasse
und
die Main-Neckar-Eisenbahn
Ein
Handbuch für Reisende.
Darmstadt, 1846.
W. Ollweiler’s Buch- und Kunsthandlung
Seit der Eröffnung der Main-Neckar-Eisenbahn wird Darmstadt mit seinen Umgebungen, der Odenwald und die Bergstrasse häufiger als je von dem reisenden Publikum besucht. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die beliebtesten Gegenden und Touren, die hierbei zu berühren sind, kurz zu beschreiben und hoffen, somit dem gebildeten Reisenden kein unwillkommenes Handbuch zu geben. Es kam uns nicht in den Sinn, ein umfassendes und erschöpfendes Werk zu liefern, weshalb wir z. B. Frankfurt als den einen Anfangspunkt der Bahn nicht beschrieben, indem ja über diese denkwürdige Stadt schon so Vieles und Gehaltvolles erschienen ist. Ebenso wollten wir nicht überall neu sein, sondern benutzten geeignete Schilderung früherer Werke für unsern Zweck. Am wenigsten dachten wir daran, für einen besonderen Stand - etwa den Kaufmann, Gelehrten, Gewerbsmann u. s. w. - das zusammenzustellen, was ihn allein an diesen Orten interessirt: wir haben Reisende von Bildung überhaupt als Leser vorausgesetzt. Wenn gerade Darmstadt als Anfangspunkt unsrer Wanderungen angenommen und ausführlicher als Mannheim und Heidelberg beschrieben wird, so mag sich dies daraus erklären, dass über die beiden letztem Städte ebenfalls weit mehr Schriften bekannt sind, als über das freundliche Darmstadt.
Darmstadt
Darmstadt, die Hauptstadt des Grossherzogthums Hessen und Residenz des Grossherzogs von Hessen und bei Rhein, Sitz der Regierung und der höchsten Behörden des Landes, liegt unterm 49°, 52' nördl. Breite, und 26°, 19' östl. Länge von Ferro, in einer Ebene zwischen dem Rhein und dem Odenwald. Die schönsten Ansichten der Stadt hat man von der Ludwigs- und Rosenhöhe, dem Ludwigsmonument, dem Thurm der Stadtkirche und der Kuppel der katholischen Kirche. Im Innern ist Darmstadt freundlich, mit breiten und luftigen Strassen, zumal im neuern Theile der Stadt; in der Altstadt sucht man überall die nöthigen Erweiterungen und Verschönerungen noch anzubringen. Der Boden, im Stadtgebiet durch Fleiss und Kunst veredelt, ruht im Osten auf Granit, im Nordosten lehnt sich Porphyr an, Mandelstein und Sandstein kommt hier ebenfalls vor. Die Fernsicht ist sowohl in der Stadt , als von den begränzenden Höhen nicht unbedeutend. Nahe bei Bessungen schon bemerkt man nach Westen hin den in gerader Richtung etwa 3 Stunden entfernten Rhein, weiterhin den Donnersberg, 16 Stunden weit. Von der Ludwigshöhe aus wird der Rhein an vielen Stellen erblickt. An den Neckar bei Ladenburg rechnet man 11, an den Main bei Frankfurt 6 Stunden. Südlich erhebt sich die Bergstrasse, aus welcher besonders der Melibokus mit seinem Thurm hervorragt, im Osten schliessen tiefdunkle Buchenwälder die Aussicht, im Norden der blaue Taunus. - Die Scheide zwischen der Alt- und Neustadt machen das Grossherzogliche Schloss , der Markt und der Paradeplatz. Betrachten wir vom Schloss ausgehend die Neustadt, so zieht zuerst die Rheinstrasse, über 1000 Schritt lang, unsere Aufmerksamkeit an; sie trägt das Ludwigsmonument auf dem Louisenplatz und führt bis zum Rheinthor, vor welchem rechts der neue Bahnhof. Die Häuser dieser Hauptstrasse sind gross, geräumig gebaut und im untern Theile der Strasse meistentheils mit Gärten versehen. In ihr befinden sich die Gasthöfe: zur Traube am Louisenplatz, Darmstädterhof, Hotel Köhler nahe am Rheinthor; ausserdem die ersten Buch- und Kunsthandlungen vom Schloss an: Ollweiler, Diehl, Pabst am Louisenplatz, Junghaus, Lange und die schönsten Kaufläden. Kleinere Seitenstrassen laufen in sie, worunter die noch im Bau begriffene Georgsstrasse. Senkrecht auf die Rheinstrasse stösst die mehr als 600 Schritt lange Neckarstrasse mit schöner Aussicht auf die Bergstrasse und die Burgruine Frankenstein, die den Hintergrund bildet. Auch die Neckarstrasse ist sehr gut gebaut, sie enthält am Eck der Rheinstrasse das Haus der vereinigten Gesellschaft, dann das Kriegsministerium und am Neckarthor die neue Cavalleriekaserne mit dem gegenüber gelegenen schönen, von Platanen eingefassten, Marien-Platz. - ln der Nähe des Ludwigsmonuments zeigt sich rechts die nach dem Mathildenplatz und Mainthor führende Louisenstrasse. An den Mathildenplatz stösst das neue Collegiengebäude, 1827 von Moller erbaut, im Süden; westlich der grossherzogliche Marstall, 1810 - 1812 von Mittermeyer gebaut, mit grossen Hofräumen, Remisen und Reitbahnen; im Osten des Platzes die grossherzogliche Münze, 1831 von Heger gebaut. Nahe vor dem Mainthor ist ein Eingang in das Bosquet, sowie der Weg nach der Windmühle und Arheilgen. Schöne Anlagen verbinden die Promenade vor diesem Thore mit der am Bahnhof und gehen von danach dem Neckarthor. - Links vom Monument zeigt sich in höherer Lage der Wilhelminenplatz mit der katholischen Kirche; man geht links durch die Wilhelminenstrasse von dem Palais an der Buchhandlung von Leske, der Artilleriekaserne und einigen schönen Häusern entlang, bei der Artilleriekaserne öffnet sich rechts die Elisabethenstrasse, die zur Neckarstrasse führt, links zeigt sich der Ludwigsplatz. An den Wilhelminenplatz stösst das Polizeigebäude mit dem Stadtgerichtslokal, gegenüber der grossherzogliche Garten; nach Westen führen hier die anmuthige Hügel- und Sandstrasse zum Marienplatz und Neckarthor.
Hinter der katholischen Kirche zieht die in den letzten Jahren gebaute Fortsetzung der Wilhelminenstrasse mit nur einer Reihe geschmackvoller Häuser an dem von Riedeselschen Gute vorüber nach dem, kaum ¼ Stunde entfernten Pfarrdorf Bessungen, das von Fremden häufig als eine Vorstadt Darmstadts bezeichnet wird. Vor dem Thore steht der Palast des Prinzen Karl. Von hier hat man in einigen Minuten den schönen Garten und das Landhaus des Prinzen Emil erreicht, das westlich an die zur Bergstrasse führende Chaussee gränzt. Die Karlsstrasse führt von einem kleinen Platz am Ende der Wilhelminensstrasse nach dem Bessungerthor zurück. Auf dem Wege dahin bemerkt man nahe bei dem letztem Thor das Gymnasialgebäude, ehemals Waisenhaus, hinter demselben das Real- und Gewerbschulhaus, von Harres und Jordan aufgeführt. In bescheidener Nähe stellt sich das alte Pädagogium, jetzt ein städtisches Schulhaus dar; gegenüber die Stadtkapelle, ein evangel. Gotteshaus, auf dem alten Kirchhof der Stadt - der neue im Jahr 1828 eröffnete ist 10 Minuten entfernt, von wo der Weg durch Gärten nach dem kleinen und weiter dem grossen Woog sich zieht. Durch das Bessungerthor gelangen wir in die Schulstrasse, sodann rechts nach der evangelischen Hauptkirche mit dem höchsten Thurm (200') der Stadt. - Unter den Strassen der Altstadt ist die Alexanderstrasse, ehemals Birngarten, die vom Schloss und Theaterplatz aus nach dem Ballonplatz und Jägerthor sich massig erhebt, eine der bedeutendsten, sie steht mit der nach dem Sporerthor führenden grossen Arheilgerstrasse in Verbindung. Nahe dem Ballonplatz ist die Infanteriekaserne, am Jägerthor das Militärlazareth und vor dem Thore links die Kleinkinderschule, in der Dieburgerstrasse ein Schulhaus für Militärkinder und schöne neue Wohnungen, die nach dem Garten, des Erbgrossherzogs, weiter links nach dem Carlshof, rechts nach der Fasanerie leiten. Unbedeutendere Strassen gehen vom Markt aus durch die Altstadt. Sämmtliche Strassen sind in 7 Distrikte getheilt, deren jeder mit einem Buchstaben bezeichnet ist und mit Nr. 1 anfängt. Ausser den genannten Plätzen ist noch der Paradeplatz vor dem Schlosse, nördlich vom Exercierhaus und östlich vom Theaterplatze begränzt, der Marktplatz mit dem Rathhaus, der weisse Thurmplatz an dem weissen Thurm, der Theaterplatz vor dem Hoftheater mit einem Eingang in das Bosquet zu nennen. Der Exercierplatz hingegen liegt vor der Stadt, nahe dem Bahnhof und der Eisenbahn, in südwestlicher Richtung zwischen der Stadt und dem Tannenwald. -
Der Reisende hat nun auf kurzer Wanderung schon die Hauptgebäude gesehen; wir wollen sie aber mit wenigen Bemerkungen hier zusammen aufzählen:
1) das Grossherzogliche Schloss. Es besteht aus einigen Gebäuden, die nicht zu gleicher Zeit errichtet wurden. Nur die Hauptseite, unter Landgraf Ernst Ludwig 1717 gebaut, ist vollendet, nicht einmal die Hälfte des Ganzen. Eine Inschrift nach dem Markte zu sagt, dass Ernst Ludwig dies Schloss an die Stelle eines Andern, durch Feuerswuth verzehrten, gebaut habe. Wegen des zu kostspieligen Planes wurde nur nach der Westseite noch die Hälfte angeschlossen; es hat 4 Pavillons und sollte 8 erhalten. Ein Anbau, vom Bosquet aus zu sehen, wurde 1786 vorgenommen. Dort ist die Wohnung des Erbgrossherzogs. Im Schlosse befinden sich die Museen, Hofbibliothek, Bildergalerie, Antikensaal, Naturaliensammlung u. s. w. Der Glockenbau, sowie der Bau des Schlosses, in welchem die Schlosskirche, sind beide älter.
2) Das Palais des Grossherzogs, 1803 und 1804 erbaut, an der Südseite des Louisenplatzes bildet mit Marstall, Remisen und einem schönen Garten, eine von der Louisen-, Wilhelminen - und Elisabethenstrasse umschlossene Insel.
3) Das Ständehaus, früher Palais des Landgrafen Christian, mit einem grossen halbrunden Sitzungssaal mit Gallerien. Im Jahr 1838 hatten die Stände des Grossherzogthums in diesem Hause die erste Sitzung.
4) das Palais des Prinzen Carl, auf Bessunger Boden, in der Wilhelminenstrasse, 1835 - 1836 von Moller gebaut.
5) Das Collegiengebäude; das ältere, mit der Vorderseite gegen den Louisenplatz gerichtet, erbaute Schuknecht 1777 - 1780; das Neuere wendet sich gegen den Louisenplatz.
6) Das Exercierhaus oder Zeughaus an der Nordseite des Paradeplatzes, wurde von Schuknecht 1771 gebaut. Sein Dach, ein sogenanntes Hängewerk, das man abheben kann, gilt als grosses Kunstwerk.
7) Das Hoftheater, auf einer ehemals zum Bosquet gehörigen Stelle dem Schlosse gegenüber wurde 1818 angefangen und unter Mollers Leitung im folgenden Jahre fertig. Der Raum ist auf 2000 Personen berechnet. Das Dach, im italiänischen Style erbaut, gewährt eine gute Aussicht. Das Portal bilden sechs prächtige, korinthische Säulen. Vier Logenreihen heben sich geschmackvoll über einander, die Bühne ist sehr tief und durch einen unter der Leitung von I. C. Loos ausgeführten Löschapparat lässt sich der Gefahr eines grossen Brandes leicht begegnen. Die Maschinerie der Bühne ist vorzüglich. Das hinter demselben gelegene alte Opernhaus, unter Ernst Ludwig errichtet, wird nur selten noch zu Concerten, als Tableausaal u. s. w. verwendet.
8) Die Kasernen liegen getrennt; die Infanteriekaserne am Ballonplatz wurde 1829 von Heger gebaut, auch das unfern gelegene Militärlazareth ist sein Werk.
9) Die evangelische Hauptkirche, deren Schiff noch aus dem Anfange des 15. Jahrh. stammt, hat neuerdings durch eine geschmackvolle Restauration im Innern sehr gewonnen und der Stadtbaumeister Jordan sich Verdienste um dies Gebäude erworben.
10) Die katholische Kirche, eine von 1822 - 1827 durch Moller erbaute Rotunde, ruht auf 28 korinthischen Säulen und erhält durch eine Kuppel von 134 Fuss Durchmesser ihr Licht.
11) Das Gymnasium links vor dem Bessungerthor ist das 1748 - 1750 erbaute Waisenhaus. Seit 1832 ist es als Pädagogium eingerichtet.
12) Die Real- und Gewerbschule ist sehr schön gebaut, geräumig und im Stande, selbst grossem Vereinen Raum zu wissenschaftlichen Versammlungen zu gewähren. Das Laboratorium ist vom Hauptgebäude getrennt. Unter den übrigen Gebäuden sind das Gebäude der vereinigten Gesellschaft, die Freimaurerloge (1816 von Moller gebaut), das Arresthaus u. A. nicht zu übersehen. Der weisse Thurm unfern der Südwestseite des Schlosses war sonst Stadtmauerthurm. Er ist rund, ziemlich hoch und hat eine Uhr. -
Das Ludwigsmonument, mit der Statue 157 Fuss hoch, ist nach dem Plane von Moller ausgeführt. Das Standbild wurde von Schwanthaler in München modellirt, von Stieglmaier dasselbst in Erz gegossen. Eine Wendeltreppe führt hinauf, die Aussicht ist sehr belohnend. Ueber das Monument empfehlen wir dem Reisenden 1) Ludwig I. im Andenken seines dankbaren Volkes (bei W. Ollweiler, 2) Dilthey, die Ludwigssäule als architektonisches Kunstwerk, eine Abhandlung, womit der Verfasser 1845 die Philologenversammlung begrüsste.
Im Allgemeinen herrscht hier ein geselliger Ton, man liebt kleinere und grössere heitere Zusammenkünfte und Promenaden. Die Gasthöfe und Wirthschaftslokale werden zu jeder Jahreszeit, besonders Abends fleissig; besucht, Fremde treffen stets Unterhaltung an.
Zu den beliebtesten Gasthöfen rechnet man: 1. die Traube; 2. Darmstädter Hof, 3. Hessischer Hof, 4. Hotel Köhler; 5. die alte Post: 6. der Prinz Carl; 7. der Prinz Emil; 8. die Krone; 9. der goldene Löwe; 10. der Bergsträßer Hof; 11. die Stadt Frankfurt; 12. Der wilde Mann. - Einige Restaurationen werden des bayerischen Biers wegen gelobt: in der Traube, Metzger. Die gesellschaftlichen Wintervergnügungen sind das Theater, die Dilettantenconcerte und die Bälle der verschiedenen Gesellschaften, sowie Abonnements-Bälle in den ersten dieser Gasthöfe. - Das Theater gibt nur in den Wintermonaten, gewöhnlich von October bis April, seine Vorstellungen, wobei Opern und Schauspiele wechseln. Unter den geschlossenen Gesellschaften ist:
1) die vereinigte Gesellschaft, seit 1817 bestehend, im Besitz eines grossen Gebäudes am Eck der Rhein - und Neckarstrasse. Ihr Lesekabinet ist das erste der Stadt und hält ausser den meisten deutschen Zeitschriften auch französische und englische Blätter, sowie wichtige Bücher und Broschüren, die ein Zeitinteresse betreffen, sehr schnell angeschafft werden. Die Gesellschaft zählt über 400 Mitglieder und ist seit Jahren mit dem Musikverein der Dilettanten verbunden, welcher während des Jahres 8 bis 10 Concerte in ihrem Lokal gibt, worin klassische Musik eine ausgezeichnete Pflege findet. Fremde bezahlen, wenn sie längere Zeit an dieser Gesellschaft Theil nehmen, monatlich 3 fl. 2) Die Casinogesellschaft, (gewöhnlich Clubb genannt) seit 1825, besteht im Frey’schen Hause und hat ausser den gewöhnlichen Spielen, auch auf Lectüre und gesellige Unterhaltung Rücksicht. Fremde zahlen monatlich 1 fl. Diese sowie die folgende Gesellschaft veranstaltet jetzt allein noch jährlich einen Maskenball. Ihre Mitglieder sind an 200. 3) Die Ressource, mit ähnlicher Tendenz und aus etwa 180 Mitgliedern bestehend, hat ihr Lokal im Schwab’schen Hause am weissen Thurmplatz. Die Mitglieder sind meist dem Künstler- und Kaufmannsstande angehörig. 4) Die Windmühlgesellschaft, seit 1839, hat ihr Lokal in der ehemaligen Windmühle vor dem Mainthor. Gesellige Unterhaltung, besonders in der angenehmen Jahreszeit verschönert den sonst einförmigen Weg dahin und den Aufenthalt daselbst. 5) Die Liedertafel hat musikalische Uebung und Abendunterhaltung zum Zwecke und wird wie 6) der Mozartverein, 7) der Liederkranz, 8) die Harmonie und 9) der Verein der Melomanen gern von Fremden besucht, die überhaupt zu den geselligen Kreisen leicht Zutritt und in denselben freundlichste Aufnahme finden. 10) Die Schützengesellschaft ist sehr zahlreich, hält oft Schiessbelustigungen und jährliche Hauptschiessen. Andere Gesellschaften trifft man bei gutem Wetter auf der Ludwigshöhe, dem Chausseehaus bei Bessungen, dem Carlshof u. s. w., sowie an den noch zu erwähnenden Vergnügungsörtern in der Nähe der Stadt an. Der Garten am Chausseehaus bei Bessungen nimmt an heitern Sommerabenden sehr zahlreiche Gesellschaft auf, die durch grössere musikalische Unterhaltungen der von Herz dirigirten Musiker zusammengeführt wird, -
Unter den wissenschaftlichen Sammlungen und Anstalten nimmt die Grossh. Hofbibliothek im Schlosse die erste Stelle ein. Sie besitzt an 200000 Bände Druckschriften, mehrere Tausend Manuscripte, Dissertationen, Landkarten, Inkunabeln und äusserst seltene Werke, worunter über 300 in asiatischen Städten Calcutta, Bombay, Batavia, Macao u. s. w. gedruckt sind. Die Bibliothek ist (Samstag, Sonn- und Feiertag ausgenommen) täglich von 9 bis 12 und Nachmittags von 2 - 4 geöffnet. Gegen Scheine werden gewöhnliche Druckschriften ausgeliehen. Das alte Museum mit vielen Kunstschätzen, die sich hier nicht aufzählen lassen, die Waffensammlung, der Antiken-Saal bieten dem Reisenden Vieles, was der Beachtung würdig ist. Nähere Beschreibung der einzelnen Kunstwerke gibt ein besonderes Schriftchen von Dr. Walther, Sekretär an der Hofbibliothek. Die Gemäldegallerie, deren Bilder ebenfalls und zwar vom Inspektor Seeger beschrieben sind, enthält Meisterstücke von Raphael, Titian, Carlo Dolce u. s. w. und hat seit einigen Jahren auch angefangen, vortreffliche Bilder von deutschen Malern aus der Gegenwart, z. B. Schirmer, Steinbrück, Achenbach, Lukas, Seeger u. a. zu sammeln, wobei sich einige ausgezeichnete Landschaften befinden. - Das Naturalienkabinet ist sehr reich und durch die fortgesetzten Bemühungen des Inspectors Dr. Kaup seit einigen Jahren erst zu eigentlicher Bedeutung erhoben worden. Mit großem Interesse betrachtet der Freund der Natur namentlich die schätzbaren Ueberreste urweltlicher Thiere, z. B. des Dinotherium, die in sehr wenigen Sammlungen sich so zahlreich vorfinden. Die Säugethiere und Vögel sind zum Theil nach den höchst originellen Ansichten und Eintheilungen von Dr. Kaup geordnet, dessen System in England schon allgemein anerkannt wird. -
Auch der botanische Garten, desgleichen die Sammlungen der Gewerbschule, der Militärschule, des Zeughauses u. s. w. verdienen Aufmerksamkeit. Das Atelier von Scholl ist Fremden und Einheimischen immer geöffnet.
Buch- und Kunsthandlungen sind: 1) J. P. Diehl, 2) Jonghaus, 3) E. Kern, 4) Lange, 5) Leske, 6) Ollweiler, 7) Pabst, 8) Sanzio. Unter den Leihbibliotheken ist die von Ollweiler (an 30,000 Bände) die bedeutendste.
Das Unterrichtswesen erhält in höheren und niederen Schulen eine gedeihliche Pflege. Das Gymnasium zählt in 7 Klassen gegen 300 Schüler, worunter gewöhnlich mehrere Ausländer sind, Lehrgegenstände sind die an deutschen Gymnasien gewöhnlichen, eigen ist der Anstalt der alle 14 Tage Sonntags stattfindende Gottesdienst für sämmtliche Schüler evangelischer Konfession.
Die Anstalt hat eine Bibliothek, ein physikal. Kabinet. Die Real- und höhere Gewerbschule, zusammen aus ebenfalls 7 Klassen mit mehr als 300 Schülern, erfreut sich fortwährender Theilnahme auch des auswärtigen Publikums; Lehrgegenstände sind alle hierher zählenden in möglichster Vollständigkeit; für Chemie, Physik, Botanik, Maschinenkunde u. s. w. sind bereits Lehrer angestellt oder ist deren Anstellung zu erwarten. Ausserdem hat man etwa 30 städtische Schulen der verschiedenen Confessionen , sowie eine Militair-Schule zur Bildung von Offizieren und eine Freischule für Kinder von Militairs; unter den Privatanstalten die für Knaben: von Schmitz, Dr. Lucius, Krichten, Schwalbach; für Mädchen: Hofmann, Haas, Höfer. Institute für die reifere weibliche Jugend von Hoffmann und Jäger. - Der neu entstandene Turnverein trägt viel dazu bei, den, früher zu sehr vernachlässigten, Leibesübungen die gebührende Stelle bei der Erziehung der Jugend anzuweisen. Auch Erwachsene nehmen an den Turnübungen Theil.
Von Einfluss auf Wissenschaft , Literatur und Kunst sind folgende hier bestehende Vereine: der historische Verein, welcher die Förderung der Alterthumskunde und des Studiums der Landesgeschichte zum Zwecke hat, jährliche Versammlungen hält und für die Auffindung histor. Denkmäler u. s. w. thätig wirkt. Der geographische Verein beabsichtigt die Erdkunde und mit ihr verwandte Wissenschaften nach seinen Kräften zu fördern, hat monatliche Zusammenkünfte, Bibliothek und Landkartensammlung, ein statistisches Bureau und hält in den Wintermonaten populäre Vorlesungen, die von mehr als 400 Zuhörern besucht sind; in ähnlicher Weise bildete sich auch ein literarischer Verein. Der naturhistorische Verein entstand in unser letztern Zeit. Der Kunstverein hat Forderung der bildenden Kunst, sowie Erweckung und Verbreitung des Sinnes für dieselbe zum Zwecke. Er zählt mehre hundert Mitglieder, die gegen den Aktienbetrag von 5 fI. 24 kr. jährlich ein Vereinsblatt empfangen und bei der Verloosung angekaufter Gemälde u. s. w. mitbetheiligt sind. Dieser Verein bildet mit den gleichartigen zu Carlsruhe, Mainz, Mannheim, Strassburg den rheinischen Kunstverein, seit 1837. Jährlich wird eine grosse Bilderausstellung gehalten, kleinere für seine Mitglieder hält er bisweilen in seinem Lokal, dem Kametzkyschen Haus am Marktplatz. Der Gustav-Adolfs-Verein zählt gegen 10000 Mitglieder. Andere Vereine zu wohlthätigen Zwecken beschränken sich auf lokale Bedürfnisse und wirken das Gute in kleinerem Kreise. Dem Vereine zum Schutze der Singvögel dankt man, dass im Frühjahr und Sommer die Gärten um die Stadt und die Waldungen weit belebter sind, als sonst.
Folgende Zeitschriften und Blätter erscheinen hier: Allgemeine Kirchenzeitung seit 1822, begründet durch Dr. E. Zimmermann und jetzt von Dr. Karl Zimmermann und bis 1. Juli von Dr. Bretschneider redigirt. Verleger: Leske. - Allgemeine Schulzeitung, begründet von E. Zimmermann 1824, fortgesetzt durch K. Zimmermann. In gleichem Verlage. Beide Zeitschriften haben ihre Leser in ganz Europa. Die Sonntagsfeier, herausgegeben von K. Zimmermann. Eine Sammlung von Predigten, Reden u. s. w. der ersten jetzt lebenden Geistlichen der protest. Kirche. Der Bote des Gustav-Adolf- Vereins, herausgegeben von K. Zimmermann, bringt die interessantesten Mittheilungen über diesen sich stets weiter verbreitenden Verein. Zeitschrift für die landwirtschaftlichen Vereine des Grossherzogthums von Dr. Zeller. Neue Jahrbücher der Forstkunde von Wedekind. Das Vaterland, Zeitschrift für Unterhaltung, Literatur und öffentliches Leben, unter der verantwortlichen Redaction der Hofbuchhandlung von Jonghaus. Ferner die Verhandlungen des Gewerbvereins, die Allgemeine Militärzeitung, die Grossherzogl. Hessische Zeitung, (Redaction: Hofrath Pabst) Regierungsblatt, Hausfreund, ein Unterhaltungsblatt, dessen Redacteur, Verleger und Drucker: Jakoby. Darmstädter Frage- und Anzeigeblatt in der Wittich’schen Hofbuchdruckerei, u. a. m.
Unter den hier lebenden Gelehrten, Schriftstellern, Dichtern, Künstlern u. s. w. nennen wir, eine vollständigere Aufzählung derselben für später vorbehaltend: Baur, Gymnasiallehrer; Beck, Regierungsrath; Bopp, Hofgerichtsadvokat; Buchner, Justizrath; Dilthey, Oberstudienrath; Dräxler - Manfred; Duller; Eckhardt, Geheim Rath; Feder, geheim. Hofrath; Haas, Gymnasiallehrer; Ernst Emil Hoffmann; Jaup, Geh. Staatsrath; Kaup, Inspector; Knapp, Geh. Staatsrath; Külp, Gewerblehrer; Künzel, Gewerblehrer; Lauteschläger, Hofrath und Gymnasiallehrer; v. Linde, Geh. Staatsrath, Kanzler der Universität; Maurer, Hauptmann; MoIdenhauer, Gewerblehrer; Nodnaget, Freiprediger und Gymnasiallehrer; Palmer, Gymnasiallehrer; Pistor, Gymnasiallehrer; Schacht, Oberstudienrath, Director der höheren Gewerbschule ; Schleiermacher, Geh. Rath; Steppes, Hofgerichtsadvokat; Wagner, Gymnasiallehrer; v. Wedekind, Oberforstrath ; Zeller, Oekonomierath; Karl Zimmermann, Hofprediger. - Unter den Damen ist Louise von Plönnies, Gattin des Medizinalraths v. P. , bekannt durch gefühlvolle lyrische Gedichte und durch geschätzte Uebersetzungen aus dem Englischen, Flämischen und Französischen. Als Baukünstler: Möller, Hofbaudirector; Lerch, Oberbaurath. - Als Bildhauer: Scholl, Bildner der Schöflers-Statue zu Gernsheim, auch der Statuen Philipps des Grossmüthigen und Georg I. von Hessen. - Als Maler: Alberti, App, Backofen, Lukas, Schilbach; Seeger, Landschaftsmaler; Frisch, Thiermaler. - Als Kupferstecher: Felsing, Professor; Grünewald; Rauch, Hofkupferstecher; Susemihl; Pfnor, Hufkammersekretär, bekannt durch seine Holzschnitte und Verbesserungen der Schriftgiesserei. - Als Kupferdrucker: Heinrich Felsing. - Als Musiker und Componisten haben Namen: D. Anton, Cantor; Wilh. Mangold, Hofkapellmeister; Rinck, Hofcantor, berühmt durch Orgelcompositionen; Schlösser, Concertmeister; Spanier; Carl Mangold, Director des Dilettantenvereins. - Das in der Hofbuchdruckerei von E. Bekker erscheinende Adressbuch von Darmstadt gibt sichere Nachweisung über die Wohnungen sämmtlicher hier Ansässigen.
Unter den berühmten Gelehrten, die in Darmstadt geboren sind, aber hier nicht wohnen, haben am meisten Ruf: Freiherr von Liebig, Prof, zu Giessen, als Chemiker; Gervinus, Prof, in Heidelberg, als Literarhistoriker; Kriegk, Doctor in Frankfurt a. M., als Geograph und Bearbeiter der Schlosser’schen Weltgeschichte.
Einen höchst wohlthätigen Einfluss auf das praktische Leben üben aus:
Die Lokal-Sektion des Landes-Gewerb-Vereins ist im Besitz einer gewählten Bibliothek, hält wöchentlich regelmässige Sitzungen der Mitglieder, in welchen Vorträge über Gegenstände des Gewerbwesens gehalten, Anfragen beantwortet werden und hat sowie:
Der landwirtschaftliche Verein schon viel Gutes gewirkt. Beide Vereine geben ihre Verhandlungen im Druck heraus.
Der Gartenbauverein.
Die in Darmstadt bestehenden Wohlthätigkeits-Anstalten zerfallen 1) in Staatsanstalten, welche ihre Wirksamkeit auf das ganze Grossherzogthum ausdehnen, wie die Staats-Unterstützungskasse, der Kaufunger Stiftsfonds , die Militair-Wittwen- und Waisen-Commission, die Landes-Waisen-Anstalt, die Civil-Diener-Wittwen-Kasse, Forst-W.-K., geistliche W.-K., Schullehrer-W.K., die Brand-Assekuranz-Commission, Mililair-Vertretungs-Anstalt, das Militair-Lazareth, die landwirtschaftliche Vieh-Versicherungs-Anstalt. 2) Städtische Anstalten: die Armen-Anstalt, das Armenhaus, das Bürger-Hospital, die Armen-Arbeits-Anstalt, das allgemeine Krankenhaus, das Pfandhaus, die Sparkasse. 3) Privatanstalten: die Rentenanstalt, der Sterbekassen-Verein, der Ludwigs-Veteranenverein, der Prinz-Emil-Veteranenverein, die Ludwigs- u. Wilhelminenstiftung, die Ludwigs- u. Louisenstiftung, die 35r-Wittwenkasse, die Knaben- und die Mädchen-Arbeitsanstalt, die Kleinkinderschule, die Unterstützungskasse in Krankheitsfällen, die Stiftung zur jährlichen Ausstattung eines Brautpaares, der May‘sche und Kyritz’sche Stiftungsfonds u. v. A. Ausserdem haben viele fremde Gesellschaften für Lebensversicherung, Renten-Anstalten, Brand-, Vieh-, Hagelschaden-Versicherungen hier Agenturen errichtet.
Gute Kunststrassen, welche von Darmstadt an den Main bei Frankfurt und Offenbach, an den Rhein bei Mainz, Oppenheim, Gernsheim, an den Neckar bei Heidelberg und Mannheim, in den Odenwald führen, erleichtern die Verbindung mit aussen und bieten die Postanstalten , sowie die zahlreichen nach allen umliegenden Orten abgehenden Gesellschaftswagen, Fuhrleute, Boten zu Fuss und mit Wagen vielfache Gelegenheit zur Beförderung von Personen, Waaren und Briefen. - Die kölnische Dampfschifffahrts-Gesellschaft hat hier eine Agentur, von welcher Billete nach allen Stationen abgegeben, und die Reisenden in, mit den Dampfschiffen correspondirenden, Wagen befördert werden.