Das Brandmal – Das ewige Lied - Emmy Hennings - E-Book

Das Brandmal – Das ewige Lied E-Book

Emmy Hennings

4,8

Beschreibung

Zwei literarische Wiederentdeckungen über Frauenschicksale Anfang der 20er-Jahre, die ein Jahrhundert später nichts von ihrer aufrüttelnden Wirkung eingebüßt haben. Nach Erscheinen ihres zweiten Romans »Das Brandmal" im Jahr 1920 galt Hennings als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Die radikale und selbstzerstörerische Aufrichtigkeit des Mädchens Dagny, das ruhelos durch die deutschen Städte zieht und sich zeitweise zur Prostitution gezwungen sieht, wurde mit den Romanen Hamsuns und Dostojewskijs sowie den »Bekenntnissen" von Augustinus und Rousseau verglichen. Auch heute liest sich der Roman als eindringliches Zeugnis eines bedrängten Lebens, das an Aktualität nichts verloren hat. Die 1923 erschienene Erzählung »Das ewige Lied" ist der Fiebermonolog einer Sterbenden, der in vielerlei Hinsicht an »Das Brandmal" anknüpft. Von der Literaturgeschichte nahezu vergessen, wird dieses Werk hier erstmals wieder aufgelegt. Der zweite Band der Kommentierten Studienausgabe enthält beide Texte nach dem Erstdruck ediert und von einem ausführlichen Stellenkommentar begleitet. Eine umfassende Rezensionssammlung dokumentiert die beeindruckende Wirkungsgeschichte, vor allem von »Das Brandmal". Im Nachwort werden die biografischen Hintergründe beider Werke sowie deren Rezeptionsgeschichte und literarische Bedeutung erstmals fundiert aufgearbeitet.

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EMMY HENNINGS Werke und Briefe

Kommentierte Studienausgabe

Herausgegeben im Auftrag

des Schweizerischen Literaturarchivs

und des Vereins zur Förderung

des Schweizerischen Literaturarchivs

EMMY HENNINGS

DAS BRANDMAL

DAS EWIGE LIED

Herausgegeben und kommentiert von

Nicola Behrmann und Christa Baumberger

Unter Mitarbeit von Simone Sumpf

Mit einem Nachwort von Nicola Behrmann

     WALLSTEIN VERLAG

© Wallstein Verlag, Göttingen 2017

www.wallstein-verlag.de

Schweizerisches Literaturarchiv

der Schweizerischen Nationalbibliothek, Bern

Gestaltung: Cornelia Feyll und Friedrich Forssman

Fotoporträts Emmy Hennings aus dem Nachlass Hennings (SLA)

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Ein Titeldatensatz für diese Publikation

ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.

ISBN (Print) 978-3-8353-3040-5

ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-4098-5

ISBN (E-Book, epub) 978-3-8353-4099-2

DAS BRANDMAL. Ein Tagebuch

DAS EWIGE LIED

Zu dieser Ausgabe

Abkürzungen und Siglen

Kommentar

Wirkungsgeschichte von Das Brandmal

Wirkungsgeschichte von Das ewige Lied

Die Straße schreiben: Emmy Hennings’ Das Brandmal und Das ewige Lied. Nachwort von Nicola Behrmann

Literaturverzeichnis

Dank

DAS BRANDMAL

Ein Tagebuch

ERSTER TEIL

Im Namen des Namenlosen will ich beginnen, obgleich ich mich so weit von ihm entfernt fühle. Gerade aus diesem Grunde: in seinem Namen. Das Namenlose ist die erste und letzte Ursache meines Daseins. Ich ahne es als die Ursache des Daseins aller Menschen. Das ist nur meine gläubige Vermutung, sonst nichts. Ich aber will über meine eigene Ursache sinnen, über mich, denn ich bin noch nicht über mich hinausgekommen.

Ich sehe ja immer nur mit meinen eigenen Augen. Ich darf mich nicht darüber täuschen und sagen, ich sähe mit den allgemeinen Augen. Ich glaube nicht, daß jemand seine persönlichen Augen bei Lebzeiten auswechseln kann.

Das Verlangen, alles umfassen zu wollen, ist eine Sucht, nur meine Sehnsucht, sonst nichts. In Wahrheit aber kann ich nichts mehr begreifen, nichts halten, nichts fassen. Es ist, als löse sich alles.

Wie lange doch hat es gedauert, bis ich dahin gekommen bin, mir eines Tages einzugestehen: ich bin ein ungeordneter Mensch.

Hat mich ein Fall, ein Zufall verführt zum Bekenntnis? Mein Gott ist kein Zufall. Die Ewigkeit kann ich nicht Zufall nennen. Und doch war mir, als sei der Zufall mein Schicksal geworden.

Der Zufall kann wohl kein Grund zu einer Umwälzung sein. Es gibt so viele Zufälle.

Ich bin eine Frau. Ich hebe die Kontrolle auf. Die Frage nach dem »Warum« und »Woher«.

Ich gestehe nur das »Wie«.

Wie war es?

Jeder Anlaß war mir ein Abgrund, ich bin nicht erst heute gefallen. Erst heute merke ich, daß ich immer gefallen bin. Jetzt aber, da ich unten bin, – vielleicht kann ich nicht tiefer kommen –, sehe ich: ich bin gefallen. Meine Geburt war der Fall eines Engels, der von Gott abfiel, und jetzt suche ich wieder …

Um die Gegenwart zu erhellen, gedenke ich der Vergangenheit. Die Erinnerung lebt in mir, nach Tagen, Monaten, Jahren, immer. So ist es und wird es sein. Die Tatsachen, wie man die sichtbaren Handlungen in der Welt nennt, sind belanglos geworden. Nur das geistige Erleben und Wiedererleben rollt weiter. Nur die empfindsame Illusion ist es. Denn wenn ich vollkommen erleben könnte, wäre ich da nicht bei der ersten Begegnung mit dem ersten Erlebnis geblieben? Zusammengebrochen? Das Leben hat mich wohl nur gestreift, berührt. Daß man das Leben überleben kann! Wie schmerzhaft und empfindsam bin ich jetzt stecken geblieben! Stecke ich im Leben? Was meine Augen gesehen haben, hat mir nicht so weh getan, als was mein Herz, oder was immer es sein mag, fühlt.

Bei der Erinnerung vertieft sich die Schuld. Wenn man aber in der Erinnerung so sehr lebt? Oh, wie kraß und grell bin ich! Ich habe mich in Versuchung gebracht. Ich suche. Ich will ja nur konstatieren. Wo habe ich gesucht?

Wo habe ich gesucht?

Nichts war begründet. Meine Reise von Münster nach Köln war nicht begründet. Und dennoch bin ich gefahren. Ich hatte plötzlich allen Grund verloren. Plötzlich? Ist es denn nicht gleichgültig, wo ich mich aufhalte? Hab’ ja in Köln ebensowenig Grund wie in Münster. Nein, hier noch viel weniger.

In Münster löste sich das Theaterensemble, bei dem ich engagiert war, auf. Achtzehn Schauspieler gingen ihrer Wege. Wohin sie gegangen sind, weiß ich nicht. Welchen Weg hätte ich wohl einschlagen sollen? Aber ich war gar nicht auf die Zukunft vorbereitet. Ich träume so viel.

Hab’ ja auch nicht daran gedacht, daß sich die Gesellschaft auflösen kann. Daß sich einmal würde alles auflösen können. Wer hat daran gedacht, daß einmal jeder seiner Wege gehen könnte! Hielten wir denn nicht zusammen? Jetzt bin ich unruhig und rastlos. Besessen und weiß nicht wovon.

Ich erinnere mich: in Münster glaubte ich nicht länger leben zu können. Hatte kein Geld. Das kann doch kein Grund sein, um nicht leben … ach was. Ich hatte nicht den geringsten Grund zur Annahme, daß ich in Köln würde besser leben können.

Ob es überhaupt nötig ist? Das ist es! Diese Frage liegt mehr wie nahe. Diese Frage lebt immer in mir. Dabei klopft mein Herz. Und lebe und muß das Leben suchen, und nicht den Tod. Wo habe ich denn gesucht?

Um sechs Uhr abends lief mein Zug in die Kölner Bahnhofshalle. Er hätte es ja gar nicht so eilig haben brauchen, mich abzuliefern, denn ich hatte ja Zeit, nur Zeit, sonst nichts. Mit der Zeit habe ich denn langsam durch die gewölbte Bahnhofshalle hindurch die Stadt Köln betreten.

Der Kölner Dom stand sicher; vergoldet in der Abendsonne ragten die Türme. So schön, als vergoldeten die hohen Türme den Himmel. Schönes floß ineinander, und ich verlangte einen Augenblick nichts anderes.

Ich betrat die Kirche, in der jeder willkommen ist. Wie dunkel war es hier und kühl. Am Eingang brachten mir die Opferstöcke zu Bewußtsein, daß ich nicht der einzige arme Mensch auf der Welt sei. Sind denn die Opferstöcke nicht die stille Aufforderung an die Reichen, nach Vermögen alles zu tun für die Armen?

Ich zählte meine zweiundvierzig Pfennige, kam in Verlegenheit und nach einigem Überlegen ließ ich das Geld wieder in meine Tasche gleiten. An mich habe ich gedacht. Mit einer Unterlassungssünde habe ich begonnen. Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß das Loch in meiner blauen Jackettasche durch eine Stecknadel genügend verhindert war, weiterzureißen, glaubte ich genug getan zu haben, um einem Verfall meiner selbst vorzubeugen. So leichtsinnig bin ich also.

Ach, das wunderbar hohe Gewölbe der Kirche, und ich trage meine Not durch jedes Heiligtum hindurch, wie mein Leib mich nie verläßt.

Sorglich arrangierte ich mein graues Kleid, indem ich das gelöste Saumband vollkommen abriß. Weil ich nicht wußte, was ich damit beginnen sollte, legte ich es bei den Steinstufen, die zum Altare des heiligen Aloysius führen, nieder.

Vor dem Schutzheiligen der Jugend habe ich dann gekniet. Er trägt ein sauberes, weißes Spitzenkittelchen und ein solides schwarzes Unterkleid, bei dem man den Stoff nicht gespart hat. Angesichts des Heiligen ist mir mein grauer Rock so eng und voller Flecke erschienen. Solche Vergleiche hätte ich wohl nicht anstellen dürfen. Aber ich hatte nichts anderes mehr, an das ich mich klammern konnte, als einen Vergleich.

Mir war traurig zumut. Ich erhob mich nicht. Ich wollte auf den Knien liegen bleiben. Ich sah zum Heiligen hinauf, versuchte mich zu sammeln, um ihm ein Anliegen vorzutragen; denn das hat man doch immer.

Ich glaube, es wurde eine Art Anrede an das Schicksal, und weil ich gar nicht wußte, wo dieses war, ob es das überhaupt gab, war es ja auch gleichgültig, vor wem ich kniete. Ich hab’ einfach gesagt:

»O Macht, die du bist

Weiß nicht wo,

Sieh auf mich,

Unbekannte Macht.«

Ach, wie nebensächlich sind die Worte! Ich wollte eigentlich gar nichts sagen. Ich wartete vielmehr darauf, daß zu mir etwas gesagt würde. Auf eine Antwort wartete ich, aber nichts regte sich, gar nichts.

Es geschah kein Wunder. Meine Verlassenheit war dieselbe wie zuvor. Dann dachte ich, ich könnte es vielleicht auf eine andere Art versuchen. Und sann nach. Ich werde es ja auf jede Weise versuchen.

Ich dachte doch so lange nach. Dabei wurde mein Herz schwerer von Minute zu Minute, und mir fiel auf, daß es so still in der Kirche war.

Es war so still. Ich war die einzige Unruhe in einer stummen Welt. Das konnte ich nicht länger ertragen. Worte, die von selbst sprachen, fielen von meinen Lippen, als wäre ein Gefäß überfüllt und Tropfen fallen auf die Erde.

Ich hörte mich sprechen, und meine Stimme klang mir fremd, als gehöre sie nicht mir. Ich hörte immer denselben Satz wiederholen: »Es handelt sich diesmal nicht um das Glück, lieber Gott, es wäre zuviel verlangt. Es handelt sich nicht um das Glück, lieber Gott, nicht mehr um das Glück. Es handelt sich …« – um was? Um was denn? Als wäre es notwendig, daß ich mir selbst zu Hilfe komme, versuchte ich angestrengt nachzudenken, um was es sich handeln könne. Ich habe darüber nachgedacht im Kölner Dom. Ich denke auch heute darüber nach auf der Straße, auf der Post, im Zimmer, auf den Bänken und in den Warteräumen, überall, überall.

So sehr hab’ ich ja noch nie nachgedacht. Es ist doch seltsam: es handelt sich jetzt nicht mehr um das Glück. Das scheine ich jetzt zu wissen, – aber das wußte ich doch auch schon im Dom. Oh, mir scheint, ich werfe alles durcheinander! Gott läßt wohl nicht mit sich handeln, darum handelt … Oh, ich müßte schon mehr in der Ordnung bleiben.

Daß ich das nicht bin, ist eben mein Fehler. Ich erinnere mich: Es handelte sich nicht um das Glück. Es handelte sich um, ach, ich hab’ es noch nicht sagen können, scheint mir.

Im Dom hallten die Schritte der wenigen Beter an mir vorüber. Das Sonnenlicht, das durch die bunten Scheiben fiel, verlor seine Leuchtkraft, und immer noch hatte ich keine Antwort erhalten. In den verschwiegenen Winkeln der Kirche wurden die Schatten weich und blau. Ich wurde um so betrübter, je mehr sie sich vertieften.

Alle Heiligen waren unter Dach und Fach. Für die gibt es keine Hotelrechnungen, ging es mir durch den Kopf.

Ich wandte mich wieder an den heiligen Aloysius und sagte ihm:

»Heiliger Aloysius, du hast es gut. Du kannst deine Kleider schonen. Du brauchst kein Brot. Du darfst auf einem Sockel stehen. Du brauchst nicht von Penzig bei Görlitz nach Kremmen zu gehen. Durch den Sonnenbrand, die Landstraße entlang. Rein bleiben deine Füße. Denk’ an mich. Sieh mich an. Meine Füße sind verwandert und müde. Irgendwo muß man doch immer hingehen. Ich muß nämlich immer gehen, weil ich mich nicht auf einen Sockel stellen kann. Das ist vielleicht nicht der Grund, heiliger Aloysius. Du wirst den Grund wissen, sonst würdest du wohl nicht hier stehen. Hab’ Mitleid mit mir, weil ich immer soviel gehen muß. Hab’ Erbarmen mit mir, weil ich ein Mensch sein muß. Das ist sehr schwer. Es lenkt so leicht ab vom ewigen Gott. Das Leben muß täglich erworben werden, das hört ja gar nicht auf. Lieber Heiliger, ich bin auf den Gedanken gekommen und frage dich: ist wohl das Leben die Ablenkung von Gott? Wenn wir nur nicht bestimmt sind, von Gott abgelenkt zu werden. Ach, wenn ich der Sterblichkeit verfallen sein sollte! Es ist furchtbar und schwer. Du kannst es mir glauben. Ich will dich ja nicht kränken, aber ich glaube, es ist schwerer, immer auf der Landstraße gehen zu müssen und fürchten, von Gott abgelenkt zu werden, als hier still auf dem Sockel zu stehen. Du hast ja alles erreicht. War’s dir denn auch so schwer, dann sprich. Die Straße ist unvergleichlich heiß. Wir sind im Juli, heiliger Aloysius. Die Kirche ist kühl … ach … Wo werde ich sein im August? Wie weit werde ich dann gegangen sein? Vorüber und hindurch. Daß es aber auch immer weitergeht. Es geht nämlich immer weiter, ob man will oder nicht. Und ich will gar nicht mehr. Das ist es eben. Ja.

Heiliger Aloysius, ich kenne deine Vergangenheit. Ich kenne deine Geschichte. Mir ist, als könne ich sie begreifen, als verstünde ich sie, auch wenn ich nicht auf dem Sockel stehe. Beschützer der Jugend, kannst du meine Vergangenheit begreifen, und die Gegenwart? Wenn die Gegenwart vor dir kniet und dir all ihre Not sagt, kannst du sie dann begreifen? Wird wohl so gebetet? Hilf mir, hilf …«

Ich hab’ ja nicht alles gesagt. Die Form des Gebetes ist mir fremd, aber doch stand alles, was in mir ist, in mir geschrieben. Hat er denn nicht lesen können? Ich bin wohl nicht deutlich genug gewesen. Ich war unklar, ach, ich weiß nicht …

Ich weiß nur, daß der Heilige unberührt oben stehen geblieben ist mit seinem todweißen Gesicht. Aber was will ich denn? Er kann ja auch nicht herabkommen. Aber mir schwebte so etwas vor. Ich fühlte mich so unglücklich, daß ich mich nicht einen Augenblick gewundert hätte, wenn er persönlich lebendig herabgestiegen wäre zu mir, um mich zu trösten, damit ich leichter weitergehen kann. Es ist wohl so bestimmt gewesen, daß sich an diesem Tage nichts zu mir herabneigen sollte. Und es wäre doch so nötig gewesen.

In einer bangen Ahnung verließ ich die Kirche und schlenderte ziellos in den Straßen. Solange die Sonne schien. Ich wollte die liebe Sonne ausnützen, solange sie noch einige Strahlen zu verschenken hatte. Aber der Sonne ist es doch gleichgültig, wer von ihrer Wärme profitiert. Sie scheint über Böse und Gute. Sie macht nicht den geringsten Unterschied, die göttliche Sonne. Wie ist sie freigebig und umsonst! Das ist ein glückliches Wunder. Mir ist, als hafteten immer einige Sonnenspuren an mir. Ich will einmal tagelang über nichts anderes nachdenken, als über die Sonne. Wenn ich an die Sonne denke, vergesse ich meine Geschichte und sage, was alle Welt weiß. Aber es kann nicht oft genug gesagt werden: die Sonne ist schön und gut. Vielleicht wird um der Sonne willen einmal alles gut.

Ich erinnere mich. Ich stehe auf dem Domplatz und die Uhr schlägt siebenmal. Die Nacht wird bald kommen, und eine jähe Woge der Unruhe überflutet mich, verebbt aber wieder, weil ich die Menschen sanft und mit Betermienen die Stufen des Doms hinan- und hinabsteigen sehe.

Im Spiegel eines Schokoladenautomaten sehe ich, daß das künstliche Feldblumengewinde meinen schwarzen Schiffonhut bedeutend verschönt. Ich bereite mich auf die Zukunft vor.

Noch unter dem Angelusläuten betrete ich ein Café, das die »Ewige Lampe« heißt. Ich lasse mich auf ein rotes Plüschsofa nieder.

Der Kellner kommt elegant auf mich zu; wie mir scheint, mit etwas strenger Miene. Da ziehe ich meinen Rock länger über die Beine. Ich glaube, der Kellner hat etwas an meinen gelben Strümpfen auszusetzen. Aber gelb und graublau passen doch gut zusammen.

Entgegenkommenderweise sind meine Haare von der gleichen gelben Farbe wie meine Strümpfe. Wie ungeschickt, daß der Kellner nicht glauben will, was er doch mit leibhaftigen Augen sieht. Vielleicht gerade darum glaubt er nicht.

»Wünschen Sie Souper?«

… Soupé? Der hat doch eine Oper geschrieben … Wie der Kellner auf meine Beine starrt …

»In diesen gelben Strümpfen hab’ ich doch die »Jungfrau von Orleans« gespielt. Ich habe Frankreich erlöst in Gelsenkirchen!«

Der Kellner lächelt, gezwungen zustimmend. Er glaubt wohl nicht recht, daß ich die Jungfrau bin, wenn ich auch nicht danach aussehe.

Jetzt glaubt er, ich werde meine Bestellung machen, aber ich schweige. Sehe geradeaus. Da wird er ein wenig ungeduldig:

»Also, bitte, wünschen Sie Souper?«

Warum er wohl wünscht, daß ich Soupé wünschen soll? Ich werde meine Wünsche schon selbst formulieren, selbst wenn ich keinen Pfennig mehr in der Tasche habe.

»Nicht Soupé, Kaffee wünsche ich.«

Ich spiele nachlässig mit der Speisekarte und habe soeben in vornehm müdem Salondamenton gesprochen.

Der Kellner fegt, die schnuddelige Serviette unterm Arm, durch das ihm vertraute Lokal … »Nicht Soupé, Kaffee wünsche ich« … Diesen Ton hätte ich verwenden können als Athenais im »Hüttenbesitzer«, wenn wir nicht Pleite gemacht hätten. Wenn wir uns nicht aufgelöst hätten. Dann hätte ich mich von der Kindlich-Naiven ins Fach der raffinierten Salondame geschwungen. Das heißt: wenn wir uns nicht aufgelöst hätten, in die Luft, in den Äther, in die Sonne … Das sind mir Stufen …

Von der Leiter der Illusionen heruntergefallen, bemerke ich: der Kaffee ist ja so grau und kalt! Was ist das für ein Pech, wenn man einen vernünftigen Gedanken machen muß, und man bekommt solch einen verdrießlichen Kaffee. Machen läßt sich nicht, was man nicht hat. Kein Gedanke.

Ich hole mir Zeitungen, obgleich es mir nicht leicht fällt, denn ich muß an vielen gedeckten Tischen vorbei, an denen essende Menschen sitzen. Die wundern sich über mich. Ich nehme sämtliche Kölner Zeitungen an mich, ich nehme sogar den »Düsseldorfer Anzeiger«. Ich sehe, man wundert sich über mich. Ob man mir denn ansieht, daß ich fremd bin in Köln? Aber das wäre doch kein Grund, sich zu wundern.

Da ich Schauspielerin bin, kann ich mich benehmen, wie ich will. Und ich halte es für gut, ein gelehrtes Gesicht zu ziehen. Nichts einfacher als das. Ich kräusle die Stirn. Schon dadurch, daß ich Zeitungen hole, ist meine Gelehrsamkeit genügend betont.

Ich lese schon im Gehen, als könne ich mich nicht früh genug unterrichten lassen. Man soll von mir denken, daß mich nichts anderes interessiert als die Politik.

Ich stoße gegen einen Stuhl, aber das ist mir gerade recht. Jemand lacht, und ich begehe die Ungeschicklichkeit, in die lachende Richtung zu sehen. Da sitzt eine Dame in knallgrüner Bluse. Die lacht über mich. Wenn sie wüßte, daß sie ohne Grund lacht, würde sie vielleicht nicht lachen. Wenn sie wüßte, wie sie mich durch ihr Lachen quält, würde es sich vielleicht für sie nicht lohnen, zu lachen. Ob das Lachen überhaupt ein Vergnügen ist? Ich glaube, ich bin nicht dumm genug, um lachen zu können. Wenn ich so gescheit geworden bin, daß ich weiß, um was es sich auf der Welt handelt, werde ich vielleicht wieder lachen können.

Die Frau lacht weiter, aber ich darf sie natürlich auch nicht ansehen und über das Lachen nachdenken. Ich studiere den Wohnungsanzeiger. Ach, die vielen möblierten Zimmer, die einen immer daran erinnern, daß man sich irgendwo hinzutragen hat! Im Bett landen, diese Aufenthaltsstation wiederholt sich beinahe täglich. Ich möchte eine Ausnahme machen, und singe ganz leise: »Morgenrot, Morgenrot, leuchtest mir zu frühem Tod …«

Aber das nützt mir wenig und ich präge mir die Straßennamen der Stadt Köln ein, damit sie mir nicht gar so fremd klingen …

»Möbliertes Zimmer, Klavierbenützung, Familienanschluß« … Das wird wohl niemanden verführen. Mir ist schon beklommen, wenn ich es nur lese. Da bekümmere ich mich lieber um den Ernst des Lebens. Das ist der Arbeitsnachweis.

»Gut empfohlene, intelligente Mädchen finden Beschäftigung.« So leichtsinnig ist noch niemand gewesen, mich zu empfehlen.

»Stütze der Hausfrau …« –: wo ich mich nicht einmal selbst habe halten können.

»Drei gelernte Weißnäherinnen, die firm in Manschetthemden sind …« Ach, ich bin weder das eine, noch das andere.

Aber hier: »Mädchen, das Liebe zu Kindern hat, am Herde nicht unbewandert ist und die Schneiderei versteht.« Mir ist ganz dumm im Kopf. Es werden Kontraste verlangt. In Gedanken versuche ich scheinbar Unvereinbares möglich zu machen, und nach einer Viertelstunde habe ich entdeckt, daß es keine Kontraste gibt. Bin am Herd bewandert und mit der Kolonialwarenbranche vertraut, nachdem ich mir große Mühe gegeben habe, eine flinke Sacknäherin zu werden. Das alles aber strengt mich sehr an. Ich versetze mich in eine Zigarettenfabrik und drehe sitzend eine Marke, die ich bisher nur geraucht habe, aber ich werde das auch nie wieder tun. Ich richte ja einen unglaublichen Schaden an. Lieber will ich meine Hände von der Arbeit lassen.

Der Arbeitsnachweis ist doch sehr wichtig zu lesen, man entdeckt seine eigenen Unfähigkeiten.

Die Uhr ist schon halb acht, und ich frage mich, wovon ich bisher gelebt habe. Man lebt doch nicht vom Nichtstun. Oh, wie ich mich anschreie! Wer bekommt, nur dafür, daß er lebt, Essen und Trinken? Vielleicht handelt es sich, wenigstens vorläufig, um eine Erwerbsmöglichkeit? Vielleicht hätte ich das dem heiligen Aloysius sagen sollen. Aber er hätte mir doch nicht sagen können, wie man ein Manschetthemd zusammenlegt, und wie man das höllische Feuer eines Plättofens leicht erträgt.

Der Kellner legt die »Fliegenden Blätter« und die »Elegante Welt« neben mir auf den Stuhl.

»Wünschen Sie noch einen Kaffee?«

»Nein, danke, das heißt … bringen Sie mir doch lieber noch einen Kaffee.«

Wenn dieser nächste Kaffee mir nicht hilft, hilft mir gar nichts mehr.

Wovon bin ich doch nur so erschöpft? Ob man als Plätterin Vorschuß bekommt? Aber doch nicht abends, ein Viertel vor acht, und nicht, bevor man wenigstens ein Taschentuch geplättet hat. Warum wohl alle meine Fragen so brennend sind?

»Herr Ober, wissen Sie, wann die Schneiderinnen Schluß machen? Ich meine, wann die Werkstätten geschlossen werden?«

»Die ›Wiener Werkstätten‹?«

»Die Kölner meinte ich. Nun ja, es können auch die Wiener sein. Um welche Zeit ungefähr mögen die Wiener Werkstätten geschlossen werden?«

»Bedaure sehr, ich bin leider schlecht unterrichtet. Aber ich denke, so um sechs oder sieben Uhr herum.«

»Danke recht sehr.«

»Oh, bitte.«

Geht.

… Ob der Kellner mich wohl für melancholisch hält, weil er mir die »Fliegenden Blätter« hingelegt hat? Der Kellner ist doch ein lieber Mensch. Jetzt steht er vor dem Büfett. Spricht mit der Büfettdame. Die schenkt ein Glas Bier ein. Der Kellner und die Büfettdame sehen mich an. Ich lächle ihnen zu. Haben die beiden nicht zurückgelächelt? Genau kann ich es nicht sagen, aber es kommt mir so vor.

Während ich mir die Bilder der »Eleganten Welt« ansehe, überlege ich mir, ob ich nicht ans Büfett gehen soll und mich der Dame und dem Kellner anvertraue. Ich werde ihnen dann alles sagen und mit ihnen besprechen, zu welcher Beschäftigung ich wohl am tauglichsten bin.

Aber es handelt sich nicht nur um eine Beschäftigung; mit mir ist ja alles in Unordnung … Vielleicht kann ich mit dem Kellner besser sprechen, als mit dem heiligen Aloysius.

Jetzt schlägt die Uhr acht. Meine Füße sind so heiß geworden. Den zweiten Kaffee habe ich getrunken. Wohnungs- und Arbeitsanzeiger habe ich gelesen. Keinen vernünftigen Gedanken habe ich fassen können. Kellner und Büfettdame sehen so beschäftigt aus, sehen gar nicht mehr nach mir hin.

Da werde ich sehr traurig. Wenn wenigstens die Dame in der grünen Bluse noch einmal lachen wollte. Aber sie ist schon fort, und ich habe nicht einmal bemerkt, wie sie gegangen ist.

Das Lokal ist leer geworden. Die Leute sind wohl alle nach Haus gegangen. Mich haben sie natürlich hier sitzen lassen. Es ist eigentlich gar nicht so natürlich.

Je länger ich lebe, desto komplizierter gestaltet sich mein Leben.

Ich habe zwei Tassen Kaffee getrunken. Das ist nicht das schlimmste, daß ich den Kaffee getrunken habe, aber daß ich ihn nicht zahlen kann. Wenn jeder umsonst Kaffee trinken wollte, was dann?

Wenn ich es mit einer Ohnmacht versuchen würde? Aber es wird wenig begreiflich wirken, wenn ich sitzend ohnmächtig werde. Außerdem habe ich den Kellner und die Büfettdame angelächelt. Wenn man lächelt, wird man doch nicht ohnmächtig. Kann ich wohl ohnmächtig werden, weil ich die »Elegante Welt« angesehen habe? Ich muß übrigens um zwölf Uhr aus der Ohnmacht wieder erwacht sein, denn um zwölf Uhr wird das Lokal geschlossen. Hoffentlich kommen dann Kellner und Büfettdame nicht auf den unglückseligen Gedanken, mich mit aller Gewalt aus meiner Ohnmacht erwecken zu wollen. Dann muß der Kaffee bezahlt werden, womöglich der Baldrian, den man mir ins Gesicht spritzen wird, der Äther, den ich einatmen muß, das Geschirr, das der Kellner in der Aufregung fallen lassen wird … Nein, es ist nichts mit der Ohnmacht.

Ich bin schon sehr müde. Hunger habe ich auch. Wie, wenn ich mir ein illustriertes Brötchen bestellen würde? Das könnte ich langsam essen und mir mit dem Messer die Pulsadern aufschneiden; nachher natürlich, nach dem Essen.

Ich habe seit gestern abend nichts gegessen. Es trifft sich also gerade gut mit dem Sterben, nein, mit dem Essen. Es paßt plötzlich alles so gut zusammen, finde ich.

Eigentlich könnte ich mir ein garniertes Schnitzel bestellen. Freilich. Zugestanden. Wenn ich mir aber ein Beefsteak bestelle, muß ich unwiderruflich sterben. Unweigerlich. Dann will ich so tief in die Pulsadern schneiden, daß das Leben nicht mehr aufzuhalten ist.

Bei Beefsteak kann man sich auch ein besonders scharfes Messer ausbitten. Aber dann bin ich auch verpflichtet, ordentlich zu sterben. Aber das muß ich ja schon bei dem lumpigsten illustrierten Brötchen. Lumpigsten! Lieber Gott, hilf mir doch vermeiden, daß ich üppig werde! Du siehst meine Gedanken über das heilige Brot. Verzeih mir, aber es kostet achtzig Pfennige. Ich hab’ ja gar keine Aussichten. Gar nichts. Wenn ich wenigstens Haltung hätte! Wenn man mir glauben könnte, daß ich den Kaffee später bezahlen will. Aber ich glaube ja selbst nicht daran. Wir sind mitten in der Saison. Wie soll ich zu einem Engagement kommen? Wenn man mir glauben könnte, ohne daß ich glaube! Aber das kann ich nicht erwarten.

Schon in Münster hat man mir nicht glauben wollen. Meine Wirtin hat mir gesagt: »Schauen Sie nur, daß Sie weiterkommen. Ich glaube Ihnen alles andere, nur nicht, daß ich von Ihnen Geld bekomme.« Ach, die hätte mir alles andere auch nicht geglaubt. Das glaube ich. Und ich war gerade im Begriff, ihr zwei Mark zu geben, suchte nach einer passenden Form. Das hätte ich nicht tun sollen. Beim Geldgeben ist das überflüssig. »Ja, gehen Sie nur in Gottes Namen,« hat sie gesagt. »Was? die Bühnenkleider wollen Sie dalassen? Ich verzichte auf den Schwindel. Machen Sie nur, daß Sie weiterkommen. Das Zimmer ist schon vermietet …«

Meine Wirtin hat es so eilig mit mir gehabt. Sie hat mich nicht einmal anhören wollen. Dann bin ich eben gefahren.

Das Leben ist doch sehr merkwürdig. Ich kann mich nicht daran gewöhnen. Es wird gut sein, sich alles abzugewöhnen. Da kommt mir das Beefsteak wie gerufen. Spätestens sieben Minuten nach dem Essen werde ich sterben. Wenn ich länger warte, wird es auffallen. Der Kellner wird den Tisch abräumen, das Messer mitnehmen und aus ist’s mit dem Sterben. Und diese Qual fängt von neuem an.

»Herr Ober, ein illustriertes Brot!« rufe ich. Ich bin ganz heiser. »Ich hab’ es eilig, Herr Ober. Ich fahre mit dem Nachtzug nach Düsseldorf. Sagen Sie das bitte in der Küche.«

»Jawohl.«

Der Uhrzeiger in der »Ewigen Lampe« geht verhältnismäßig schnell. Es ist schon zehn Minuten nach acht.

Der Kellner bringt ein Kursbuch. Um Gottes willen, auch das noch: »Es fährt kein Zug mehr nach Düsseldorf, Fräulein.«

Ich nehme das Kursbuch an mich. Ich bin in nervöser Aufregung, aber ich blättre das Kursbuch durch. Ich weiß genau, daß ich im Kursbuch nicht Bescheid weiß. Das Buch hat mich immer in Verwirrung gebracht. Jetzt gelingt es mir zum erstenmal in meinem Leben, mich zurechtzufinden. Ich kann die Linie Paris –Lyon – Mediterranée verfolgen.

»Erlauben Sie, darf ich einmal für Sie nachsehen?« Der Kellner sucht im Buch, obgleich er gerufen wird. Er ist besorgt um mich. Er nimmt sich meiner an.

»Oh, bitte, lassen Sie doch. Ich wollte nämlich gar nicht nach Düsseldorf, will gar nicht. Nehmen Sie es mir nicht übel … ich meinte nur so. Ich bitte, sehen Sie doch nicht länger nach. Nein wirklich, es ist gleichgültig geworden. Ich habe zufällig Hunger und wollte schnell zu einem Brötchen kommen. Aber ich könnte ja auch später im Hotel essen.«

»Aber nein, es ist im Augenblick fertig.«

Geht.

Vor Scham möchte ich weinen, aber ich nehme mich zusammen. Im ganzen Lokal, sogar in der Küche kennt man mich. Man weiß, daß ich Hunger habe. Ach, meine Schande wird sich noch vergrößern! Nach meinem Tode wird der Kellner meine Rechnung zahlen, und für seine Güte wird er enttäuscht. Aber dieser Kellner ist der letzte Mensch, der von mir beleidigt werden wird.

Ich bestelle ein Glas Bier. Lebe in geregelten Verhältnissen. Die kleinen Senfgurken schmecken so pikant, und ich mag noch gar nicht an den Tod denken. Der Tod ist ein lockerer, unsicherer Begriff geworden … Ich kann den Tod nicht begreifen, aber das ist ja auch nicht nötig. Ich werde schon erfahren, wie es sein wird. Jetzt esse ich erst andächtig. Es schmeckt sehr gut. Eigentlich bin ich müde … Aber das macht ja auch nichts. Vielleicht kommt diese Müdigkeit vom Bier.

Wir wollen essen und sterben, heißt es irgendwo in der Bibel.

Wieviel der Kellner wohl bezahlen muß nach meinem Tode?

Aber das ist doch gar nicht wichtig. Wie lächerlich, daß ich noch rechnen will. Ich habe ja gar nichts mehr zu berechnen. Viel zu viel habe ich schon gerechnet. Ich spreche mir zu. Sowie man tot ist, wird nicht mehr gerechnet. Schon während der Agonie läßt das nach. Sterbend werden unbezahlte Rechnungen, um die man sich im Leben verzweifelt bemüht hat, sie zu zahlen, Bagatellen, und wunderbar vertieft sich der Glaube zur klarsten Erkenntnis: »Ich hätte ohnedies nicht zahlen können – jetzt zahle ich erst recht nicht.«

Lächelnd versinke ich in das kostenlose Reich. Was könnte ich mehr wollen? Ich trinke den Rest Bier und sage: Der Tod hebt alle Eide auf (siehe Schiller, »Kabale und Liebe«) … Jetzt kommt das letzte Stückchen Zervelatbrot. Mit liebender Langsamkeit soll es genossen werden!

»Herr Ober, noch einen Kognak bitte.«

Ich lächle. Bin schon jenseits. Ich darf lächeln, ohne Furcht, das Lächeln zu bereuen.

»Herr Ober, das ist aber auch das letzte. Sie haben viel Mühe mit mir gehabt. Es ist aber auch das letzte.«

»O bitte …«

»Nein, sagen Sie nichts dagegen. Es ist so. Aber ich werde jetzt gleich gehen. Wirklich gehen.«

»Gnädiges Fräulein sind auf der Durchreise hier?«

»Ja, leider, leider …«

»Hübsche Stadt, Köln.«

Ach, wenn ich das doch empfinden könnte! »Ja, es mag hübsch sein. Gewiß, wahrscheinlich. Aber wenn die Zeit es gewissermaßen nicht erlaubt … nicht wahr? Ist halt so …«

»Sie mögen recht haben.«

Ach, er weiß nicht, wie sehr.

»Darf ich abräumen?«

»Um Himmels willen, nein! … Das heißt: warum nicht? … Aber nein … Lassen Sie bitte alles stehen wie es steht … ich werde wohl noch essen …«

»Bitte sehr.« Sieht mich an. Mitleidig, als wolle er sagen: So jung und schon verrückt … hm hm …

Ich habe Herzklopfen bekommen. Ein Glück, daß er den Tisch nicht abgeräumt hat. Das hätte mir noch gefehlt zu meinem Unglück.

Nun, und was ist jetzt? Mir scheint, ich bin so weit. Da geht mir ein Spruch durch den Kopf:

»Schön ist’s im Sommer, wenn’s warm ist,

Da geht man spazieren und tut’s auch,

Aber im Winter ist’s kalt

Und kommt auch so nicht dazu.«

Das habe ich nicht gedichtet. Das hat der König von Bayern getan. Er hätte auch meine Rechnung zahlen können. Statt dessen hat er überflüssige Kahnfarten gemacht. Er stand auch im unnötig weiten Pelzmantel auf dem Balkon, mit Herrn Wagner. Anstatt meine …

»Und kommt auch so nicht dazu …« Mein Gott, genügt dir denn nicht ein einfacher Selbstmordversuch? Das ist doch schon etwas. Nicht zu verachten.

Das Einfachste ist der Tod. Warum ist er mir so wenig geläufig? Ich hätte das Einfachste schon früher wählen sollen. Als Kind hätte ich mich vereinfachen sollen. Damals habe ich doch Schmiertran, für die Wasserstiefel meines Vaters bestimmt, essen können. Nur um den Schlägen des Lehrers zu entgehen. Ich wurde sehr krank, aber ich starb nicht. Ich bemerke das erst jetzt, daß ich nicht gestorben bin. Also schon damals war ich nicht gründlich. Wie mich das Messer schreckt …

»Satan, weiche von mir …« sage ich, und da kommt der Kellner.

»Bitte?«

»Ich habe Sie nicht gemeint. Pardon.«

Dann ist mir wieder ganz anders … »Breit’ aus die Flügel beide … Breit’ aus die Flügel beide … O Jesu …«

»Jeh, die Jessy! Ja grüß’ dich Gott! Sitzt da in Köln und läßt sich’s schmecken. Nein, so was!«

Da steht mein früherer Kollege vor mir, der Schauspieler Titus Maschke.

Er legt lässig die »Elegante Welt« auf den Tisch und nimmt mir gegenüber Platz. Sein schwarzer steifer Hut sitzt leicht im Nacken. Das naturkrause dunkle Haar steht starr und billig in die Stirn.

Ich lasse mir nicht viel Zeit, seine Blüten im Gesicht anzusehen. Über seine rötlich umrandeten unausgeschlafenen Augen denke ich nicht nach. Der blaue Ulster fällt mir auf und der Bambusstock mit der Silberkrücke. Das sind neue Sachen.

Während ich wünsche, daß er mich verlassen möge, sage ich:

»Du hast dich fein rausgemacht. Hast du ein Engagement?«

Er singt, halb in forciert leichtsinnigem Ton:

»Ich hab’ ein Verhältnis.«

»Zu was?«

»Frage! Man kann doch nur zu einer Frau ein Verhältnis haben. Die Kunst ist doch nebenbei.«

Es kommt mir vor, als wenn er ein Gespräch, das er anderswo begonnen, bei mir fortsetzen will. Ob er wohl die Lebenskunst meint?

»Mich interessiert das ›Nebenbei‹ viel mehr. Was meinst du denn für eine Kunst?«

»Ich meinte eigentlich die Komödie, das Theaterspielen, aber du kannst es auch auf alles andere beziehen, wenn es dir gefällt. Die Frau engagiert mich mehr, als alles andere in der Welt. Aber das kannst du als Frau wohl nicht genau verstehen. Bei dir wird es umgekehrt sein. Dir wird natürlich der Mann das größte Erlebnis sein.«

»Davon hab’ ich bis jetzt nichts bemerkt.«

»Das kommt dir nur so vor, aber wir wollen doch nicht gleich das Wichtigste besprechen. Du siehst so schrecklich nervös aus.«

»Das ist das Allerunwichtigste.«

»Aber du sprichst so rätselhaft. Wie kommst du überhaupt hierher, wenn man fragen darf. Was machst du hier? … Nun, was hast du denn?«

»Kein Geld hab’ ich.« Nachdem ich dies gesagt habe, verläßt mich eine Spannung, die ich schon lange in mir gehabt haben muß. Ich schlafe mit offenen Augen ein, tief und traumlos.

»Kannst du denn nicht zahlen?«

Ich kann nur den Kopf schütteln. Es ist, als ob meine Lippen mir nicht mehr gehorchen wollen, und ich weine, daß es mich schüttelt.

Titus hat natürlich alles bezahlt. Ich weiß gar nicht mehr, wie das ausgesehen hat. Kann mich nicht daran erinnern. Wenn er nicht gekommen wäre, – wie ich dann wohl das Lokal verlassen hätte? Ob mein Schutzengel ihn wohl geschickt hat? Das kann ich mir auch nicht denken, denn irgendwie ist durch Titus auch das ›Nachher‹ gekommen, und das hat doch gar nichts mit dem Schutzengel zu tun. Es ist sehr schwer, alles zu verfolgen.

Wir sind ans Rheinufer gegangen. Da haben wir auf einer Bank gesessen. Ich sah noch auf die Wellen. Eine Welle war wie die andere. Wenn eine Welle kam, verlor sich die andere. Jede Welle hatte dasselbe Rauschen wie die vergangene. Alle Wellen gleich und doch wechselnd.

Titus hat mir sein Taschentuch geliehen. Er hat es mir selber angeboten. Ich fühlte gar nicht, daß ich weinte.

An die Wellen erinnere ich mich immer, obgleich ich versuche, mich an das andere zu erinnern, was nachher kam. Die Wellen, sage ich mir, waren nicht das Wichtigste an diesem Abend. Das hat mir meine Vernunft schon oft gesagt, aber etwas anderes in mir will immer bei den Wellen bleiben.

Ich träumte noch von den Wellen, als mir Titus sagte, ich müsse die Sinne der Menschen in Schwingung versetzen. Das war in der Schildergasse. Hab’ doch aufmerksam zugehört. Er hat doch auch meine Rechnung bezahlt. Mir das Leben geschenkt.

Als wir über einen großen Platz gingen, sagte er mir, ich könne keine Knopflöcher nähen und damit Geld verdienen … Immer hörte ich die Wellen rauschen. Auch als er mir sagte, die Arbeit schände.

Was hat er mir doch für eine seltsame Predigt gehalten! Die Arbeit zerstöre die Persönlichkeit des Menschen, und von der Unmöglichkeit, auf intellektuelle Manier Manschetthemden zu bügeln. Da dachte ich auch wieder an den heiligen Aloysius … Zu seinen Füßen rauschten die Wellen. Und ich hatte die Vorstellung, als knie ich vor ihm auf den Wellen und sagte: »Es handelt sich nicht um das Glück, lieber Gott, es wäre zuviel verlangt …« und als antworte Titus wie ein Traum in die Wirklichkeit hinein: »Du mußt deine Eigenart so meisterhaft benutzen, wie der Violinvirtuose seine Geige.« Dann klang es weiter in mir: »Es handelt sich nicht um das Glück …«

Das hab’ ich schon oft gesagt. Ich sage alles, was in meinem Gedächtnis ist. Was nicht in meinem Gedächtnis ist, ist mir nicht widerfahren. Als wäre es nie gewesen. Hab’ ich nicht erlebt. Nicht die Kraft gehabt zu erleben.

Also war doch etwas?

Die Hauptsache ist ein Gespenst, das schnell aus den Wellen auftaucht und schnell verschwindet. Wieder auftaucht.

Ich will mir verbieten, von Wellen zu sprechen. Wo bin ich am Abend gelandet?

Landen. Das Endgültige. Das erinnert mich wieder an die Wellen und an das Meer.

Ich bin ja auch vom Meer gebürtig. Als sich mein Leben zu regen begann, sah meine Mutter die Küste von Madagaskar. Meine Mutter sah auf das grüne Meer und auf den tiefblauen südlichen Himmel und erwartete mich.

Das hat ihr wohl sehr gefallen und darum kam die Liebe zu den göttlichen Farben auch in mein Blut. Daher bin ich wohl verzaubert, wenn ich die Wellen sehe, und werde vergessen können, was am Abend war. Ich bin irgendwo gelandet. Natürlich. Ich glaube, ich habe das schon einmal gesagt.

Das Café Pütschenbach, wohin Titus mich gewiesen, erinnert mich an eine Bäckerstube. Kann nicht sagen, warum. Ich denke, man hat hinter Bäckerläden solche große mehlige Zimmer. Dort staubt weißgraues Mehl. Liegt auf allen Möbeln, genau wie im Café Pütschenbach.

Die Mädchen sahen auch mehlig aus. Selbst ihre Blusen schienen mir mehlbestaubt zu sein. Weiß nicht, woher das kommt. Ist ja auch gleichgültig. Es ist nur so seltsam, wenn ich es bedenke, und das tue ich ja. Ich bedenke alles sehr genau.

Verschiedene Zimmer gibt es im Café Pütschenbach, aber genau gesehen habe ich nur einen Raum. Wie war es doch rauchig und lärmend dort!

Das Café liegt im zweiten Stock, aus dem man gut drei Stöcke hätte machen können. Es sind lange, schmale Wendeltreppen, die von Gaslampen beleuchtet werden.

Der eine Gasstrumpf war zusammengefallen, und da war ein erschreckend klägliches Licht. Aber das ist ja gar nicht wichtig.

In dem niedrigen Cafézimmer, in dem ich saß, sehen die silbernen Kaffeekännchen so zerbäult aus, als hätte man sie früher an die Wand geworfen. Einmal muß das gewesen sein … Ich war nicht dabei. Die Kaffeekännchen sind schwarz angelaufen. Sie sind vielleicht gar nicht von Silber. Aber das ist ja auch gar nicht so wichtig.

Der Kellner hatte eine weiße Jacke an. Das heißt, sie war gar nicht mehr weiß, aber mir schien, als sei sie es am Morgen noch gewesen. Daß die Wahrheit zur Lüge werden kann!

Ach, mir scheint, ich werfe alles durcheinander. Aber der Kellner hatte doch so einen eigenartig intimen Gang, und sprach mit den Mädchen, als sei er mit allen verwandt. Seine Aufdringlichkeit war mir unsagbar widerwärtig. Er flüsterte einem der Mädchen etwas ins Ohr, und mir schien, als dringe der Hauch seines Mundes tief in die Seele des Mädchens ein.

Ich habe mir dann Kaffee bestellt, aber der Kellner hat meine Bestellung nicht ernst genommen, obgleich er sie gehört hat. Ich komme mir so verstaubt und schmutzig vor, als hätte ich mich seit Tagen nicht gewaschen. Das war und ist auch so, aber es braucht mir doch nicht so vorzukommen. Kaffee habe ich mir bestellt und zwei Eier im Glas. Mir ist, als sei schon viele Zeit vergangen, seitdem ich in der »Ewigen Lampe« war.

Die Verbindungstüren, die zum Nebenzimmer führen, sind weit geöffnet. Da drinnen wird Klavier gespielt. Aber das ist kein ehrliches Klavier. Es spielt von selbst. So etwas habe ich noch nie gesehen. Wenn man ein Geldstück irgendwo hineinwirft, spektakelt’s im Klavier, als säßen lärmende Poltergeister darin. Sowie die verstummen, läuft schnell jemand zum Klavier und steckt wieder Geld hinein. Dann fängt’s wieder an. Immer die »Donauwellen«. Das ist ein Rumor!

Man schleift Walzer auf faserigem Holzboden. Ich sehe enge und weite Herrenhosen, Beine, die sich drehen und zuvorkommende Kreise beschreiben. Starre und weite Röcke schwenken, rauschen und legen sich, fallen nach der schmelzenden Donaumelodie. Die wird durch viele Nebenläufe, Hackungen und krankhafte Klappergeräusche gestört, wie nahe und ferne Träume in mich eingehen.

Merkwürdig! Wenn man nicht die Lust zum Tanzen hat, wie grauenerregend erscheinen einem dann die grotesken Bewegungen.

Wie unheimlich ist mir die Seligkeit, mit der man selbstverständlich und verrückt singt:

»Du, du, du, du, du,

Du bist kühl und doch so heiß.

Du, du, du, du, du

Zauberst Flammen hervor aus dem Eis …«

Meinem Kopf, den ich lange Zeit in einer gedrehten Stellung gehalten, um in das Tanzzimmer zu sehen, muß ich jetzt mit den Händen eine andere Richtung geben. Ich rücke mir den Kopf zurecht. Der Hals tut mir weh, und ich lege meinen Zeigefinger an die Schlagader. Während ich das Klopfen meines Lebens fühle, sehen meine Augen geradeaus in den Raum, in dem ich mich befinde.

Sehe viele Menschen, junge Männer, alte Männer, besonders aber lauter bunte Stücke. Das sitzt alles auf Bänken, die an den Wänden stehen, hinter großen ungedeckten Tischen. Spöttisch fremde Augen sehen mich an und mustern mich neugierig. Darüber werde ich verlegen und sehe vor mich hin.

Was will ich denn eigentlich hier? Da steht mein Kaffee vor mir. Und die Eier im Glas sind auch da. Ist alles kalt geworden. Ich trinke den Kaffee, und da rieselt es mir über den Rücken.

Da sieht man mich schon wieder so herausfordernd an. Und alles singt:

»Du, du, du, du, du,

Du bist kühl und doch so heiß.

Du, du, du, du, du

Zauberst Flammen hervor aus dem Eis …«

Das geht wohl mich an. Ich fühle mich getroffen. Es ist, als erwarte man von mir, ich solle Flammen aus dem Eis hervorzaubern. Das ist gar nicht leicht und es sieht seltsam aus. Aber da ich bereit bin, mache ich es glaubhaft.

Ich strecke meine Hände aus und beschwöre das Nordlicht. Stehe in einem dünnen Kleide auf einer Eiswüste und meine Sehnsucht läßt Flammen wie kleine Herzen blühen. Aus dem starren Eise steigen sie langsam höher und immer höher und lassen sich dann nieder auf die Mädchen, die hier im Café Pütschenbach sitzen.

Ich muß wohl gelächelt haben, denn man lächelt mir zu. Ja, wirklich. Darüber freue ich mich immer so sehr, und ich nicke einen Gruß. Aber das ist natürlich zu viel gewesen, denn man lacht über mich. Es ist, als würde überall gekichert. Ach, wenn doch die arktische Nacht über mich käme und ich stünde allein, meilenweit allein auf einer Eiswüste! Wenn man allein ist, braucht man sich doch nur vor sich selber zu fürchten.

Warum hat man mich verspottet? Und habe ich nicht getan, was ich tun konnte? Ihr Mädchen, habt ihr es denn nicht gefühlt oder doch geahnt, daß ich im Geiste die Flammen in eure Herzen senkte? Habt ihr denn nichts gesehen?

Da singen sie nun, und wissen vielleicht nicht, daß es für mich ist:

»Du, du, du, du, du

Zauberst Flammen hervor aus dem Eis.«

Da werde ich müde. Aber ich will nicht weinen. Ich bin ja doch groß geworden und gewachsen. Daran zu glauben, fällt mir schwer. Und ich habe Sehnsucht, ein Kind zu sein. Ich möchte von einer fremden Frau durch eine Allee geführt werden. Von einer sehr fremden, unbegreiflichen Frau, die zugleich meine Mutter sein müßte. Aber daß sie meine Mutter ist, darf ich nur glauben und hoffen, nicht etwa wissen und behaupten. Sie führt mich an der Hand, und in der Allee stehen Holunderbäume, weil ich die so sehr liebe.

»Darf ich Ihnen eine Zigarette anbieten?«

Man kann gleichzeitig verschiedene Träume haben. Ich bin im Café Pütschenbach. Titus hat mir gesagt, daß ich hier jemanden finden würde, der sich meiner annimmt. Es scheint wohl nötig zu sein. Titus hat ja schon seine Freundin, die er beschützen muß.

Ich bin so sehr in die Gegenwart gestellt, daß ich die Zigarette annehme, die mir geboten wird.

»Danke sehr,« sage ich zu einem brennenden Streichholz. »Das Feuer ist eine gute Sache,« sage ich, »Feuer reinigt.«

»Sie meinen hoffentlich nicht das Fegefeuer, kleines Fräulein?«

Da sehe ich einen verwunschenen Hund mir gegenübersitzen, der seine Menschenähnlichkeit noch nicht eingebüßt hat.

Ich lächle und sage: »Es ist nicht meine Sache, streng zu sein.«

»Rauchen Sie gern, während Sie Eier essen?«

Das ist mir eine seltsame Unterhaltung, aber diese verzauberte Dogge kann wohl nicht anders sprechen. Sie hat so buschige Augenbrauen und spricht mit mir.

»Es kommt nicht so genau,« sage ich.

»Das habe ich auch schon gefunden,« sagt das Verzauberte, und es ist mit einem Male wieder ein Mensch. Das Gespräch hat wenig Sinn, wenn man so einig ist wie wir zwei es sind.

Er sieht mich aus dreieckigen Augen so bedeutsam an, als hätten wir gemeinsam eine Tiefe entdeckt. Das ist zwar Schwindel, aber ich spreche wie ein Automat: »Also da sieht man’s.«

Wenn ich »also« sage, ist das ein sicheres Zeichen, daß etwas sehr unsicher ist. Ich könnte dem Herrn jetzt erzählen, daß Pütschenbach ein unruhiges Lokal ist. Dagegen aber wird er nichts einzuwenden wissen. Und das ist nötig bei dieser Unterhaltung.

Was er für Schinn auf seinem Anzug hat. Er wird seine Haare zu sehr fetten. Das zu sagen, wäre indiskret … Er trägt eine gehäkelte Krawatte, die oft gezogen worden ist, lappig wie ein Strick. Er hat einen Klemmer an einer abgeschabten Seidenschnur über der Weste hängen. Die ist aus Baumwolle. Eingetrocknete Suppenflecke. Er wird in einem Restaurant speisen, in dem es keine Servietten gibt. Das ist keine Sünde, aber er könnte doch darauf achten, daß sein Kleid rein bleibt. Ob ich ihm das sage? Er beobachtet mich andauernd und erwartet, daß ich ihm etwas sage. Wenn man eine Bekanntschaft macht, ist es nicht zu vermeiden, daß man aufdringlich wird, andernfalls ist es ja gar keine Bekanntschaft. Er trägt eine Krawattennadel aus Messing. Die Nadel hat Hufeisenform. Ich suche weiter an ihm herum. Blinzle ihn so künstlich an. Sehe einen Schlangenring am Zeigefinger seiner rechten Hand. Seine Hände sehen faul und schlaff aus. Die Haut ist welk. Man könnte sie hochziehen. Aber das wäre doch keine Artigkeit … Wie intim bin ich doch mit ihm.

Der Herr lächelt. Er wartet darauf, daß ich spreche. Tu’ ich auch:

»Das wissen Sie wohl auch, daß Hufeisen Glück bringt?«

Der Herr greift an seine Krawattennadel, zupft die Weste herunter:

»Mein Glück liegt vollkommen in Ihrer Hand.«

Da wollte es wieder anfangen; der alte Ton: »Es handelt sich nicht um das Glück …« Wie mir dieser Satz nur so geläufig werden konnte.

Unbegreiflich. Sein Glück liegt in meiner Hand? Das ist ja gar kein Glück. Gehört mir nicht. Lügt mich an.

»Es ist mir recht, daß Sie sich nicht beim Wetter aufhalten. Auch das ist, scheint mir, eine optische Täuschung. Ihr Glück –: ist das nicht ein bißchen viel gesagt? Ich will Ihre Worte nicht gern bezweifeln. Verzeihen Sie, aber mit mir muß man geradeaus sprechen, sonst langweile ich mich. Es ist gut, wenn man weiß, woran man ist. Das ist auch für Sie wünschenswert. Seien Sie direkt.«

»Sie gehen aber rasch voran, Fräulein. Wenn ich sage ›Glück‹, habe ich vielleicht ein wenig übertrieben.«

»Warum übertreiben Sie denn?«

Er zuckt mit den Schultern: »Weil es sonst nicht wirkt. Man sagt doch viel, was man nicht so ernst meint. Sind Sie schon lange in Köln? Ich hab’ Sie noch nie gesehen.«

»Es wäre ja möglich, daß wir uns nie begegneten, und daß wir uns dennoch beide in einer Stadt befanden. Wir können wohl nicht behaupten, daß wir füreinander bestimmt sind. Übrigens bin ich erst heute angekommen.«

»So … so …«

Er beugt sein Gesicht zu mir: »Dann kann ich Ihnen nur sagen, Fräulein, – nehmen Sie es mir nicht übel, ich kenne Sie ja nicht, Sie kennen mich ja nicht –: trotzdem, lassen Sie sich’s im Vertrauen gesagt sein, das hier ist kein Milieu für Sie. Kommen Sie da heraus. Vielmehr, gehen Sie gar nicht erst hinein. Das ist nämlich solche Sache …«

»Wenn es für mich kein Milieu ist, dann ist es doch auch für Sie nichts, und für andere auch nicht. Wenn Sie eine Gefahr sehen, sind wir doch alle in Gefahr, Sie auch. Lachen Sie doch nicht darüber. Er ist mir wichtig. … Ich bin zufällig hier.«

»Gewiß, zufällig. Das sagt sich so. So fängt’s an. Sie sind wohl noch sehr unerfahren? Führen Sie das Leben schon lange?«

»Zweiundzwanzig Jahre.«

»So war’s nicht gemeint. Ich meine, ob Sie schon lange … Ach, es ist ja gleichgültig. Sagen Sie mir lieber, wo Sie wohnen. Das heißt, wenn ich fragen darf.«

»Ich wohne noch gar nicht. Ich habe kein Geld. Ich gestehe Ihnen, daß ich noch gar nicht weiß, wo ich hingehen werde … Ja, so ist es … Wollen Sie mir nicht sagen, genau bitte, weshalb Sie mich angesprochen haben? Vielleicht klingt Ihnen das komisch. Aber ich möchte gerne ordentlich sein. Ich habe nicht gerne sinnlose Bekanntschaften. Ich gestehe: ich bin so durcheinander, sehr. Wenn Sie mir helfen könnten, daß ich keine Ungeschicklichkeit begehe. Denken Sie nicht, daß ich Sie ausnützen will. Ich möchte Ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Es liegt an Ihnen, ob ich es gern tun werde. Wenn Sie mir helfen, werden auch Sie befriedigt sein, nicht wahr? Ich bin so in die Enge getrieben. Hören Sie, ich will gerne selbstlos sein, und dennoch bitte ich Sie, sich meiner anzunehmen. Was Sie mir tun, das tun Sie sich selber an. Nicht wahr, Sie achten sich doch wohl, oder? Entschuldigen Sie, daran darf niemand zweifeln. Ich will selbstlos sein, und doch nichts begehen, was gegen mein Selbst verstößt. Oh, ich bin so. Ich habe schon Erfahrungen gemacht. Damit blamiert man sich selbst, nicht wahr? Bitte antworten Sie nicht. Darf ich allein sprechen, ja? Meiner Ansicht nach muß jeder Mensch doch naturgemäß die Menschlichkeit besitzen. Wissen Sie, wie mir oft ist? Als wenn viele Menschen von ihrem eigentlichen Wesen gar keinen Gebrauch machten, als wenn sie sich selbst nicht leiden möchten.«

»Sie meinen wohl die andern? Sich selbst mögen die Menschen doch immer.«

»Nein, ich meine vor allem die Menschen sich selbst. Ich schäme mich über meine Erfahrung. Ich meine: daß ich es so sehe. Ich glaube, der Mensch liebt sich nicht. Nicht immer, will ich sagen. Der Mensch liebt nicht den Menschen in sich. Ich fühle mich so in die Enge getrieben. Was ist denn das nur? Entschuldigen Sie, wissen Sie es vielleicht? Ach, ich will gar nichts mehr sagen. Ich meinte auch nur so.«

»Ich verstehe Sie nicht.«

»Wenn Sie sich lieben, lieben Sie auch mich, meine ich.«

»Dann liebe ich Sie.«

Und dann sagt er nichts mehr. Er sieht mich nur an.

Da zieht sich etwas wie ein flackernder Schleier über seine Augen.

Ach, die trunkene Erregung ist mir so entsetzlich, weil ich sie nicht empfinden kann. Wie werde ich mich je wieder von diesem Grauen befreien können? Und ich hab’ mir immer so große Mühe gegeben, die Welt so zu sehen, wie ich es gerne möchte. Besonders wenn etwas anders war, als ich wünschte. Und gerade dieses Mal habe ich versagt. So gründlich habe ich versagt. Was besagt das wohl? Ich weiß es nicht.

Ich fühle nur ein Grauen in mir, von dem ich mich nicht befreien kann. Wie kann ich mich von der Furcht befreien?

Und als ich in der Nacht an meine Brust schlug, bemerkte ich, daß ich ein Geldstück in der Hand hielt … Fest umklammert, und das Geld war heiß und feucht. Ich stand auf der Straße unter einer Laterne und – sah.

Und als ich an meine Brust schlug, nur um zu sehen, ob ich mich ganz mitbekommen habe, fiel klimpernd das Geld zu meinen Füßen nieder. Das Geld rollte auf das Pflaster und dann in den Rinnstein.

Ich hob es auf, als sei es etwas Wertvolles, und ließ es in meine Tasche gleiten. Dann sah ich auf meine Hände, und ich war plötzlich gezwungen, meine Finger zu zählen.

In diesem Augenblick ging ein Mensch vorüber, blieb stehen, sah mich an, und ging langsam weiter. Ich sah mich nach ihm um. Der Mensch sah sich auch um und kam zögernd langsam auf mich zu.

Da ergriff mich ein mir unerklärliches Entsetzen, wie ich es bisher nie kannte. Glaubte er, ich habe einen Mord begangen. Er glaubte es vielleicht nur darum, weil ich meine Hände unter einer Laterne so aufmerksam betrachtet habe … Ich kann doch meine Hände betrachten, wenn ich will. Das kann mich nicht verdächtigt haben … wenigstens nicht besonders verdächtigt haben …

Durchdrungen von dem Gedanken, ich bin eines Mordes verdächtig, raste ich durch die Straßen, so schnell mich meine Füße tragen konnten.

Ach, ich weiß gar nicht, wie lange ich gelaufen bin. Ich muß sehr lange durch die Straßen gelaufen sein, denn ich war beim Dom angelangt, und war doch sehr weit vom Dome entfernt gewesen …

Bleibe endlich atemlos stehen. Ich horche. Niemand verfolgt mich. Bin ja auf der Straße wie zu Hause, und lege meinen Kopf an eine Wand.

Vom Dome schlägt es drei Uhr. Ach, drei! Das ist eine heilige Zahl. Ein Druck ist von mir gewichen, als hätte ich vieles überstanden. Mir ist, als wäre ich nach einer langen Folter entlassen. Ein unsagbar schmerzhaftes und doch süßes Glück, sich selber wieder überlassen sein, und irgendwo schlafen gehen können, und allein sein, ganz allein.

Man sagt, der Tag habe vierundzwanzig Stunden. Ich glaube nicht mehr daran. Der Tag muß viel mehr Stunden haben. Ich kann sie wohl nicht zählen, aber es müssen sehr viele Stunden sein, die mein Tag hat.

In der Nacht träumte mir, die Zeit würde jeden Morgen in einem Bureau gewogen, und es gab Zeitscheine. Jeder gab sein Paket Zeit ab. Der Name wurde drauf geschrieben und eine Quittung wurde ausgestellt.

Die Beamten waren sehr beschäftigt. Es gab so winzige Fetzen. Das waren Augenblicke, die schwer ins Gewicht fielen. Es waren scheinbar so flüchtige, leichte Augenblicke. Oft hatte ein einzelner Mensch sie verursacht, und gedankenlos brachte er sie, und doch wog solche kurze Spanne Zeit so unendlich schwer. Die Wage senkte sich tief herab, und mit der Wage das Schicksal vieler Menschen, in deren ahnungsloser Abwesenheit der Augenblick, den oft ein einziger Mensch durch einen gefährlichen Gedanken belebt hatte, zum Verhängnis wurde.

Ich sah das alles mit großer Bestürzung und dachte, es wäre doch gut, die Menschen durch Plakate auf diese Gefahr aufmerksam zu machen, damit sie verantwortungsvoller mit ihrer Zeit umgingen.

Von Verantwortung aber war hier wenig zu spüren. Die Beamten waren äußerst beschäftigt, und manche schienen mir schlecht geschult. Dabei war in dem verhältnismäßig kleinen Raum der Verkehr sehr lebhaft. Man drängte hin und her, und die Zeit wurde verschoben und verwirrt.

Denn die Zeit wurde in Form einer überaus empfindsamen Materie gebracht. Es war eine graue, zähe, schleimartige Masse, die gleichwohl weder feuchte, noch sichtbare Spuren hinterließ. Diese graue Masse war durchzogen von roten Blutfäden, und von blau und grün angeschwollenen Adern. Ein großer schwarzer Klumpen aber, von dem ich nur wußte, daß es ein Weltereignis war, ohne genau sagen zu können, worin es bestand, war in jeder Masse der Mittelpunkt. Sehr viele grünliche Adern sah ich, ich wußte, das sind die Ängste.

Die Zeit brachte man in Pappkartons, in Kisten, ausrangierten Kinderwagen, in Koffern, Aktenmappen, Zigarettenschachteln, in Kissenbezügen und Wäschekörben, sogar in Gewehrläufen. So viele Transportmöglichkeiten habe ich noch nie gesehen.

Ich mußte lange warten, bis ich an die Reihe kam, und die Luft wurde unerträglich schwül. Ich hatte die Zeit in meinen Mantel gehüllt und diesen notdürftig mit Stecknadeln zugesteckt, aber die Zeit fiel mir überall aus dem Mantel heraus, schlüpfte mir sogar bei den Handgelenken aus den Ärmeln.

Ich überlegte mir während des langen Wartens, wie ich es anstellen könne, meine Zeit der großen Mühe wegen nicht mehr schätzen zu lassen, verfiel aber zugleich in die Besorgnis, die Zeit könne mir zu Hause über den Kopf wachsen, weil sie doch sichtbar war und sich andauernd vermehrte. Würde nicht eine große Unordnung entstehen, so daß ich mich zuletzt selbst nicht mehr auskennen könnte?

Aber da ich ohnehin schrecklich viel Zeit gefaßt hatte, wandte ich mich an einen der Beamten, der, wie mir schien, die Zeit sehr gut zu schätzen und einzuordnen verstand. Ich sagte ihm alle meine Bedenken, und daß es beinahe über meine Kraft gehe, die Zeit zu tragen, er möchte doch ein Einsehen haben und es mir ein wenig erleichtern.

Er sah mich ernst und ruhig an, da begann ich zu stottern: »Ich habe keine Zeit, mich mit der Zeit aufzuhalten.« Verlegen stolperte ich über die Zeit, die mir überall im Wege lag.

Der Beamte sagte mir darauf kurz: »Wer seine Zeit nicht erfaßt, ist des Todes schuldig.«

Das genügte, und ich machte nicht mehr den allergeringsten Einwand; denn meiner Bequemlichkeit wegen wollte ich doch nicht mein Leben verwirken, und ich war tief beschämt.

Jetzt aber ist hellichter Tag, und die Zeit spinnt sich weiter in mir. Ich bin von Zeit umstellt … Heut früh war ich so ergriffen, daß ich ins Café gegangen bin, als könne ich der Zeit entfliehen. Aber sie ist mir gefolgt.

Dort habe ich ein Butterbrot bekommen und eine Tasse Kaffee dazu. Natürlich für Geld. Geld …

Ich möchte gerne wissen, ob das Geld das einzige sichtbare Zeichen meiner Verwahrlosung ist. Das Geld in meiner Tasche erschien mir sehr fragwürdig. Es kommt mir immer verdächtiger vor. Das Geld ist Blamage, das aufdringliche Zeichen der Schande. Ich putze mein Geld mit meinem Taschentuch, bevor ich es in harmlosere Hände gebe; damit es wenigstens äußerlich sauber ist. Das Geld ist immer falsch, aber doch eine wirksame, vorzügliche Täuschung. Es gibt ja gar kein echtes Geld, sage ich mir. Es wäre ein Zufall, wenn es damit einmal stimmen sollte. Was man eintauscht, ist doch etwas ganz anderes. Ich kann aber doch nicht allein so subjektiv schätzen.

Ich habe ein Butterbrot bekommen und eine Tasse Kaffee, und dafür lege ich mein irrsinniges Zehnmarkstück auf den Marmortisch.

Für dieses Zehnmarkstück wurde ich selbst auf den Tisch gelegt, es wurde mit mir bezahlt. Darum lege ich heute ein schillerndes Goldstück auf den Tisch. Und das soll ich sein? Wie kann man mich nur mit einem Goldstück vergleichen? Mich? Ich hab’ doch etwas Flirrendes in mir.

Der Kellner ahnt nichts. Weiß nicht, woher das Geld stammt, ahnt nicht, daß ich selbst das Zehnmarkstück bedeuten soll … Wie sehr ich mit dem Zehnmarkstück verbunden bin, wie meine ganze Person dahintersteckt!

Ich schweige und lüge und kläre den Kellner nicht auf. Geld, Zeit und Mensch, alles rollt, ist Kugel, und ich sorge für den Umlauf, für die Kreisung, und gebe vierzig Pfennige Trinkgeld. Solches Trinkgeld gilt als übertrieben und unanständig, ich weiß, aber ich habe die Kunst, einzuschätzen, verloren. Ob das vorübergehend ist?

Der Kellner denkt, ich habe mich geirrt. Aber als ich ihm ermunternd zulächle, verbeugt er sich. Ach, vor mir verbeugt er sich, sehr höflich und zugleich ein wenig befremdet. Schaut mich ein bißchen an, als wäre ich ein seltsamer Vogel.

Dann geht er sinnend, seine noch reine Serviette unterm Arm, in einen Sonnenstreifen hinein, eine meterbreite Lichtbahn, die sich über dem leeren Lokal ausbreitet. Da steht der arme Kellner in seinem abgeschabten Frack. Sein müdes, übernächtiges Gesicht ist offen und groß der Sonne zugewandt, die durch das hohe Fenster leuchtet … Das angenommene Kavaliersgesicht des Kellners verrät sich und wird kindlich und verträumt.

Gewiß, er stammt vom Lande. Ist in die Stadt gekommen, um Geld zu verdienen. Ist Kellner geworden, weil er sich nicht selber zu schätzen wußte. Seine Dienstwilligkeit wird von anderen berechnet und taxiert … Jetzt steht er auf der leuchtenden Lichtbahn, auf der die Seelen der Heiligen zum Himmel schweben. Armer, betrogener Ober. Ob er sich wohl ebenso tief verneigt hätte, wenn ich ihm nur fünf Pfennige gegeben hätte? Da hört wohl die Höflichkeit auf. Die Andacht wird bei einer Mark und achtzig beginnen. Ich hab’ mir seine Liebenswürdigkeit erkauft. Ein Strahl seines Wesens für vierzig Pfennige … Und ich vergleiche …

Ich bin ein gerupfter Vogel.

Besehe mir mein Handtäschchen. Neu gekauft. Eine Lederimitation. Gestärkte Pappleinwandwachstuchkopie. Künstlich gebräunt mit goldbronziertem Nickelbügel. Ein trügerischer Similistein als Verschluß. Eigentlich hält meine Tasche ein Druckknopf zusammen, der nicht funktioniert.

Hab’ mir alles genau angesehen. Vor einigen Tagen hätte ich mir diese Tasche noch nicht leisten können. In der Nacht kamen mir die neuen Möglichkeiten. Die habe ich mir selbst gewählt. Und das Geld, oder mich, entdeckt.

Ich oder das Geld? Was ist das für ein phantastischer, patentierter Schwindel.

Das aber denke ich nicht, um mich selbst dadurch zu verschleiern.

Die Umgebung fällt mir nicht zu meinem Troste ein. Durch keinerlei Beschönigung werde ich anders. Ich will nicht denken, die Fähigkeit zur Preisgabe habe so sehr in mir gelegen, daß ich sie natürlicherweise ausnützen mußte. Wäre dies der Fall, ich hätte nicht so viele Bedenken. Oh, wie verwirrt ich bin. Daß Notwendigkeit zur Sünde zwingen kann, will mir nicht einleuchten. Das Sprichwort »Not kennt kein Gebot« wurde nicht für mich gemacht. Das gilt bei mir nicht.