Das Neue Amerika - Frank Queisser - E-Book

Das Neue Amerika E-Book

Frank Queißer

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Beschreibung

Endlich ist er da! DAS NEUE AMERIKA setzt lückenlos an das erste alternative Ende des erfolgreichen Politkrimis "Operation Grüner Kobold" an. Wir schreiben den 2. November 2025, der Tag, an dem die Welt fast unterging! Die American White Natives, eine rechtsradikale Gruppe, hatten mit ihrem Plan Erfolg und stürzten die USA durch einen verheerenden Atomkrieg mit China in Chaos und Anarchie. Das Weltbild änderte sich schlagartig, doch aus der Asche der einst stolzen Nation erwacht ein Neues Amerika. Das "NAPD - New American Police Departement", eine von Präsident Warren aufgestellte Miliz, gelingt es allmählich, die verbliebenen großen Städte und noch bewohnbaren Gebiete unter ihre Kontrolle zu bekommen. Brooklyn, eine junge afroamerikanische Frau, versucht unterdessen sich in den Wirren der neuen Nation zurechtzufinden. Da ihre alte Heimat New York vollständig zerstört wurde und inmitten einer "heißen Zone" liegt, führt sie der Weg in die neue Hauptstadt Indianapolis - doch die Chance auf ein besseres Leben entpuppt sich bald als Albtraum...

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Was bisher geschah ...

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Epilog

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wenn Sie unseren Roman ,Operation Grüner Kobold' gelesen haben, dann wissen Sie, dass es dort eine Schlüsselentscheidung gab, aus der zwei unterschiedliche Enden entstanden sind.

,Das Neue Amerika' ist die spannende Fortsetzung dieser Geschichte.

Auch wenn Sie den Vorgänger-Roman nicht gelesen haben, können Sie direkt ins Geschehen einsteigen.

Dazu bieten wir Ihnen eine kurze Zusammenfassung an! Ansonsten beginnt die eigentliche Geschichte ab Seite 12.

Wir, das Autoren-Team, wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und spannende Unterhaltung!

Heather L. Brooks

Frank Queißer

Was bisher geschah ...

Einer weißen rechtsradikalen Gruppe in den USA war es gelungen, drei Atomsprengköpfe aus Nordkorea zu kaufen, mit dem Ziel, das Land ins Chaos zu stürzen und aus der Asche ein neues Amerika zu formen.

Präsidentin Kelly Benson reagierte sofort und stellte eilig eine neue Einheit zusammen. Stan Winters, Leiter der Bedrohungsanalyse im Pentagon, Special Agent Keira Miller vom FBI sowie der französische Geheimagent Stéphane Dubois, bekamen von ihr den Auftrag, die Atombomben zu finden und so die Anschläge zu verhindern.

Ein Verkehrsunfall unweit der Kleinstadt Ruthdale in West Virginia führte dazu, dass eine der Bomben vorzeitig explodierte.

Geschockt von dem verheerenden Ausmaß der Verwüstung und einer nie da gewesenen Anzahl an Toten und Verletzten durch einen Terroranschlag, beharrten die Generäle im Beraterstab der Präsidentin auf einen schnellen und kompromisslosen Gegenschlag. Benson befahl daraufhin einen konventionellen Angriff auf die Interkontinentalraketen Nordkoreas.

Während die Bomber sich unaufhaltsam ihrem Ziel näherten, gelang es der Taskforce, die anderen Atombomben zu finden und rechtzeitig zu entschärfen.

Die unmittelbare Gefahr schien gebannt, doch in Nordkorea überschlugen sich unterdessen die Ereignisse.

Sung-Dae, der heilige Führer des Landes, wurde von seiner Schwester ermordet, und es gelang ihr, die Macht an sich zu reißen. In einer weltweit übertragenen Ansprache deutete die neue Führerin des Landes in einer verschlüsselten Botschaft an, sich dem Westen zu öffnen.

Präsidentin Benson stand vor einem Dilemma! Sollten die Bomber angreifen, würde sie jede Chance auf einen dauerhaften Frieden mit Nordkorea zunichtemachen.

Außerdem gab es eine große Wahrscheinlichkeit, dass seine Schutzmacht China zurückschlagen würde. Kurz bevor die amerikanischen Bomber den feindlichen Luftraum erreichten, befahl sie gegen den Willen ihrer Generäle, die Mission abzubrechen.

Für den Augenblick war die Welt dem Abgrund entkommen, doch die Ruhe währte nicht lange. Nur wenige Stunden später kam es zu einem Zwischenfall im südchinesischen Meer. Ein amerikanischer Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse, der bei den Spratly-Inseln ein Routine-Manöver fuhr, wurde von einem chinesischen Raketenschnellboot angegriffen und schwer beschädigt.

Es gelang der Besatzung jedoch, das Feuer zu erwidern und den Angreifer zu versenken. Captain Winters, der sich schon in der vorherigen Krise als guter Berater und tatkräftiger Mitarbeiter erwiesen hatte, wurde von Präsidentin Benson in das Weiße Haus berufen.

Derweil verschärfte sich die Lage weiter!

Geheimdienstberichte deckten auf, dass China im Begriff war, Angriffsraketen auf den Spratly-Inseln zu installieren. Satellitenbilder zeigten deutlich, dass

Frachtschiffe mit entsprechender Ladung auf dem Weg in das Krisengebiet waren.

Die siebte Flotte der US-Navy erhielt die Anweisung, eine Blockade zu errichten und die Schiffe abzufangen.

Kurz bevor die chinesische Armada im Begriff war, die von Präsidentin Benson gesetzte Linie zu durchbrechen, fragte sie Captain Winters erneut um Rat. Aufgrund bisheriger Erkenntnisse riet er zur Stürmung der Frachter.

In dem Augenblick, als die Operation anlief und sich die amerikanischen Zerstörer näherten, brach die Hölle los.

Ein Überraschungsangriff der gegnerischen Luftwaffe zerstörte einen großen Teil der siebten Flotte oder machte diese kampfunfähig.

Benson hatte keine andere Wahl und befahl einen konventionellen Vergeltungsangriff, der sich auf die Flugplätze bezog, von denen aus die feindlichen Maschinen gestartet waren. Von diesem Augenblick an schaukelte sich der Konflikt immer weiter hoch, und China setzte eine taktische Nuklearwaffe gegen den Rest der siebten Flotte ein, die dadurch vollständig vernichtet wurde.

Im Zuge der ,Tit for Tat Strategie', wählte der amerikanische Generalstab ein ähnliches Ziel aus. Der ganze Stolz der chinesischen Marine, der neue Flugzeugträger Typ 003, wurde kurze Zeit später ebenfalls mit einer taktischen Nuklearwaffe versenkt.

Sämtliche Kommunikationsversuche zwischen China und den USA scheiterten, und am 2. November 2025 begann die bisher letzte große Schlacht in der Geschichte der Menschheit!

Rund dreihundert atomare Explosionen in den USA, hauptsächlich an der Ostküste und im Mittleren Westen, sorgten für ein neues Weltbild.

Der unmittelbare Gegenschlag wischte China von der Landkarte!

Kapitel 1

Meredith Johnson schloss ihr dickes kleines Notizbuch, ließ den Kugelschreiber einmal entschlossen klicken und verstaute beides in ihrer Umhängetasche. Dann griff sie zur Kaffeetasse und leerte sie in einem Zug.

Durch das Schreiben hatte die attraktive Frau mit dem nugatbraunem Teint ihr Getränk vergessen und dies war mittlerweile kalt geworden. Kurz verzog sie das Gesicht, als auch schon die Kellnerin vor ihr stand.

»Möchten Sie noch etwas frischen Kaffee?«, fragte die Frau mit der Lockenwicklerfrisur freundlich.

Meredith überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf.

»Danke lieber nicht. Bei dem Wasserrauschen muss ich sonst zu oft auf die Toilette.«

Die Bedienung lachte herzhaft auf.

»Ja, das verstehe ich gut.«

»Aber vielleicht haben Sie einen Schokoriegel oder einen anderen Snack für mich?«, fragte die New Yorkerin schmunzelnd.

»Na klar! Kommen Sie rüber an die Kasse. Dort ist ein Ständer, an dem Sie sich bedienen können. Ich bringe nur schnell die Kanne weg und kassiere dann.«

Als sich die Touristin durch das Warenangebot stöberte, begann das ohrenbetäubende Gekreische von Sirenen.

Verwirrt und ungläubig sahen sich die Gäste des Diners um, doch niemand konnte sich den Alarm erklären.

»Merkwürdig. Für heute wurde gar keine Übung angekündigt!«, rief die Kellnerin Meredith entgegen, die nur mit den Schultern zuckte.

»In New York haben wir neuerdings öfter solche unangekündigten Probealarme!«, brüllte sie zurück.

Einige der Anwesenden hielten sich krampfhaft die Ohren zu, um dem höllischen Lärm zu entkommen.

Die Frauen beobachteten, wie die Kinder einer kleinen Familie anfingen zu weinen und konnten das gut verstehen. Als Meredith Blick wieder zurück auf die Bedienung fiel, sah sie, wie die Frau entsetzt und leichenblass auf einen Fernseher starrte, der in einer Ecke über dem Tresen angebracht war.

Auf dem Bildschirm erschienen in schneller Abfolge Warnhinweise, die hektisch blinkten.

»Notfallwarnsystem! Dies ist keine Übung! Die Regierung der Vereinigten Staaten hat eine Notstandsbenachrichtigung herausgegeben! Die Vereinigten Staaten sind einem nuklearen Angriff ausgesetzt! Das North American Aerospace Defense Command (NORAD) hat den Start mehrerer Raketen in Richtung Festland der Vereinigten Staaten festgestellt! Bitte suchen Sie unverzüglich einen Schutzraum auf oder ergreifen Sie geeignete Maßnahmen!«

Nach kurzzeitiger Regungslosigkeit brach in dem Diner das absolute Chaos aus.

Die Gäste warfen beim Aufstehen achtlos die Stühle um, schnappten sich ihre Kinder und rannten panisch aus dem Lokal.

Für den Augenblick begriff die New Yorkerin nicht, was das alles zu bedeuten hatte und sah die Frau auf der anderen Seite des Tresens verblüfft an. Diese starrte zurück, schüttelte sich kurz und rannte dann los.

»Schnell! Kommen Sie mit!«, schrie sie dabei, riss die Glastüre auf und stürzte hinaus.

Die junge Frau reagierte sofort und folgte ihr, ohne nachzudenken. Beinahe verloren sie sich in der chaotisch hin und her laufenden Menschenmasse, doch die Bedienung nahm sie kurz entschlossen an die Hand und zog so fest, dass Meredith ein schmerzhaftes Knacken im Schultergelenk spürte.

»Laufen Sie, wenn Sie das hier überleben wollen!«, brüllte ihr die Bedienung über das panische Geschrei hinweg zu.

Die Geschäftsfrau rannte wie noch nie zuvor in ihrem Leben und war zutiefst dankbar für das neue Paar Sneakers.

Kapitel 2

2. November 2025, Washington D. C.

»Lebt sie noch, Steve? Da ist so viel Blut!«

»Woher soll ich das wissen, Mia? Ich bin kein verdammter Arzt.«

Die junge Frau, die sich ängstlich hinter ihrem Freund versteckte, stieß ihn an.

»Dann schau nach!«

Der Australier rollte genervt mit den Augen und stellte seinen großen Rucksack ab. Anschließend näherte er sich vorsichtig dem halb verschütteten Opfer, das vor ihm in den Trümmern lag. Es herrschte ein unheimliches Dämmerlicht in der kleinen U-Bahn-Station und der Mann nutzte die Lampe seines Handys, um mehr erkennen können.

Der Kopf der Frau war staubig und verschmiert, denn aus einer Risswunde an ihrer rechten Wange quoll eine Menge Blut quer über das Gesicht.

Steve legte seine Finger an ihre Halsschlagader und hielt dabei die Luft an.

»Ich fühle etwas. Ja, sie hat Puls!«, rief er überrascht.

Mias Blick fiel auf eine Pistole, die neben der Verletzten auf dem Boden lag.

»Sie hat eine Waffe bei sich!«, keuchte sie erschrocken.

Ihr Freund wich zurück.

»Meinst du, sie ist gefährlich?«

»Herrgott Mia! Habe ich Löcher in den Händen wie Jesus?«, fragte Steve prompt mit wütendem Unterton.

»Sie sieht nicht wie eine Bedrohung aus.«, antwortete er letztlich, nachdem er die Unbekannte erneut misstrauisch beäugt hatte.

»Vielleicht solltest du die Waffe an dich nehmen.«, schlug Mia vor.

»Versuchs nicht mal, Kleiner.«, stöhnte die Verletzte unvermittelt und öffnete schwerfällig die verklebten Augen.

Erschrocken wich das junge Paar einige Schritte zurück und beobachtete, wie sich das Opfer langsam von den Trümmern befreite.

Die Frau schien einige Sekunden zu benötigen, um zu realisieren, dass sie am Rande einer Treppe lag. Sie stand auf, wankte und stützte sich Schutz suchend gegen die Wand. Das Pärchen blieb wie angewurzelt stehen.

»Wer sind Sie und warum haben Sie eine Waffe?«, fragte Mia beherzt, versteckte sich aber weiterhin hinter ihrem Freund.

»Mist! Von wem ist denn all das Blut?«, entgegnete die Verletzte, ohne auf die Frage einzugehen.

Steve deutete wortlos auf ihr Gesicht. Die Frau, die dem Tod offenbar nur um Haaresbreite von der Schippe gesprungen war, fasste sich an ihre Risswunde, die sie bislang überhaupt nicht gespürt hatte.

»Scheiße!«, fluchte sie heftig, denn jetzt war der Schmerz, der bisher von den Massen an Adrenalin in ihrem Körper unterdrückt worden war, fühlbar.

»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte die Australierin mit erhobener Stimme, während Steve gleichzeitig versuchte, sich aus ihrer festen Umklammerung zu befreien.

Die Verletzte sah das Paar verwirrt an. In ihrem Kopf flitzten eine Unmenge von Informationen umher, die sie zu ordnen versuchte.

»Wissen Sie, wo Sie hier sind? Das ist eine U-Bahn-Station!«, erklärte der Mann, der seine Sprache endlich wiedergefunden hatte.

»Was du nichts sagst, Kleiner.«, antwortete die Frau sardonisch und wischte sich mit ihrem Ärmel den Dreck aus den Augen.

»Warten Sie, ich glaube, das wird Ihnen helfen.«, sagte er und griff in die Seitentasche seines Rucksacks.

Dort zog er eine kleine Flasche Wasser hervor.

»Bist du verrückt?«, zeterte seine Freundin aus dem Hintergrund.

»Mia, wenn sie gewollt hätte, wären wir schon längst tot!«

»Tot! Sie sind alle tot!«, antwortete die Verletzte, der schlagartig das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand.

»Komm, lass uns hier lieber ganz schnell abhauen!«, flehte Mia ihren Freund leise an, doch er blieb stehen, weil er bemerkte, dass die Frau vor Schwäche zu taumeln begann.

Kurz bevor sie das Gleichgewicht verlor und auf den Boden zu fallen drohte, griff der Australier beherzt zu.

»Was wollen Sie damit sagen?«, hakte er erneut nach.

»Ich hatte meinen Freund am Handy, als plötzlich die Sirenen heulten. Im nächsten Moment rannte ich um mein Leben. Unvermittelt brach die Verbindung ab. Die ganze Umgebung wurde in ein grelles Licht gehüllt und ich warf mich schützend auf den Boden. Als die Helligkeit nachließ, hetzte ich weiter und war gerade bei der U-Bahn Treppe angekommen, da wurde ich in die Luft geschleudert.«

Der Australier hielt die Verletzte mit aller Kraft auf den Beinen.

»Verdammt Mia, komm her und hilf mir gefälligst!«, forderte er aufgebracht.

Geschockt und mit leerem Blick starrte die verletzte Frau ihren Helfer an.

»Da vorn ist eine Bank. Ich bin Steve und das ist meine Freundin Mia. Wie ist Ihr Name?«, fragte er und half ihr, sich vorsichtig hinzusetzen.

»Stan!«

»Stan?«, wiederholte er perplex.

»Vielleicht hat sie eine schwere Gehirnerschütterung?«, flüsterte Mia.

»Ist das eine Abkürzung oder hatten Ihre Eltern Sinn für Humor?«

Steves Frage wirkte dabei eher komisch statt investigativ, und es gelang ihm damit, die Frau aus ihrer Lethargie zu holen.

»Nicht ich. Mein Freund!«, entgegnete sie und tastete erneut ihre blutende Wange ab.

»Lassen Sie das! Ich habe etwas, womit wir Ihre Wunde versorgen können.«

Kaum hatte der Australier diesen Satz beendet, rannte er zu den abgestellten Rucksäcken zurück und holte ein kleines Erste-Hilfe-Set.

Gerade als er beginnen wollte, sie zu verarzten, gab die Frau unerwartet doch noch eine Antwort.

»Miller! Ich heiße Keira Miller!«

Kapitel 3

2. November 2025, Niagara Falls

Zusammen mit der Kellnerin bahnte sich Meredith den Weg immer weiter in Richtung Innenstadt und schaute sich dabei hektisch um.

Die Angst um sie herum wuchs zu einer Panik heran.

Kinder weinten und ihre Mütter wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten.

Die New Yorkerin sah, wie eine der Frauen mutlos stehen blieb. Sie presste laut schluchzend ihr kleines Mädchen an sich, dessen zarte Ärmchen ihren Hals fest umklammerten, doch niemand nahm Notiz von den beiden! Auch die Bedienung lief an ihr vorbei und zog Meredith hinter sich her.

Einige Minuten später steuerten sie auf die lange und gebogene Häuserfront des Hard Rock Cafés zu, allerdings liefen sie nicht zu dem Haupteingang, sondern auf die Rückseite des Gebäudes.

Nur wenige Sekunden, nachdem die Kellnerin gegen die Hintertür gehämmert hatte, wurde diese aufgerissen.

»Gott sei Dank, Milli! Ich habe schon auf dich gewartet!«, rief eine erleichterte Stimme und eine mollige Mittfünfzigerin zog die beiden Frauen in das Haus.

»Gut, dass immer alles vorbereitet ist. Innocent, das ist eine Kundin, ist es okay, dass ich sie mitgebracht habe?«, schnaufte die Bedienung außer Atem.

Meredith sah das Zögern der Gastgeberin, doch diese nickte dann zustimmend.

»Na klar, Schätzchen, wir haben genug für alle! Dave ist gerade dabei, frisches Wasser hinunterzubringen.«

Mit diesen Worten drehte sie sich um und durchschritt einen großen, schummrigen Raum, in dem ordentlich angeordnete Tische und Stühle standen.

In der Dunkelheit erkannte die New Yorkerin schemenhaft eine Bühne. Dann trat ein Mann mit grauen langen Haaren und Vollbart aus einer erleuchteten Tür.

Meredith war mit einem Blick klar, dass er in der Woodstock Ära' hängen geblieben war.

»Kommt Mädchen, ab in den Keller! Milli, das hat alles zu lange gedauert. Bei den Übungen warst du wesentlich schneller!«, warf er der Serviererin vor und schob die Frauen eine Treppe hinunter.

»Wer bist du denn?«, fragte er die junge Schwarze überrascht, als sie vorbeiging.

»Meredith Johnson. Ich mache hier Urlaub.«, antwortete sie und versuchte dabei, ihren Atem zu beruhigen.

»Erzähl mir das später. Jetzt bringen wir uns erst mal vor den Russen in Sicherheit!«, befahl Dave mit wedelnden Händen.

»Woher will er wissen, dass es die Russen sind?«, hörte sie Milli flüstern.

»Bei Dave sind es immer die Russen.«, antwortete Innocent grinsend.

Als sie unten angekommen waren, standen die Frauen abwartend herum. Der Hippie schloss am oberen Ende der Treppe die Tür, hastete dann hinunter, schob Milli aus dem Weg und machte sich an einem alten Schrank zu schaffen.

Unterdessen sah sich Meredith neugierig um.

Sie standen in einem quadratischen, mit Metallregalen ausgestatteten Raum, der allem Anschein nach als Lager für das Hard Rock Café genutzt wurde. Unvermittelt ließ ein lautes, knirschendes Geräusch die junge Frau herumfahren.

Mit Erstaunen beobachtete sie, wie sich die Rückwand des Schrankes nach hinten öffnete und einen dunklen Tunnel freigab.

Ein kalter, muffiger Windhauch streifte die Frauen und Innocent zog schützend die Schultern in Richtung Ohren.

»Mir ist dieser Gang immer noch unheimlich.«, raunte sie Milli zu.

»Ja, wenn der sprechen könnte ...!«, begann diese die Antwort, ließ sie dann aber unvollendet.

»Was würde er denn erzählen?«, fragte Meredith vorsichtig, doch niemand antwortete.

»Ist hier ein Verbrechen passiert?«, hakte sie nach.

»Hier ist schon so einiges passiert. Schließlich sind wir an der kanadischen Grenze!«, erwiderte Dave und zog die Augenbrauen hoch.

»Los jetzt, Mädchen! Sollten die anderen noch kommen, wissen sie ja, was zu tun ist.«, forderte der Hippie die Frauen auf und schaltete dabei eine große, batteriebetriebene Handlampe ein.

»Wir tauchen jetzt erst mal ab!«

Der Boden knirschte unter ihren Füßen und zwischen den Steinen hatten sich kleine Pfützen gebildet. Alles war feucht und das Atmen fiel ihnen schwer.

Der Gang, der anfangs noch breit war, wurde immer schmaler. Seine Erbauer schienen den Kampf mit dem Erdreich aufgegeben zu haben, denn man konnte sich inzwischen nur noch gerade so hindurchzwängen.

»Warum sind wir nicht in dem Keller geblieben?«, fragte Meredith und wartete auf eine Antwort.

»Weil der Fenster hat.«, erklärte Innocent knapp.

»Das verstehe ich nicht.«

»Der Druck wird die Scheiben zerstören!«

»Was?«

Die New Yorkerin verstand die Welt nicht mehr.

»Mädchen, was glaubst du denn, was da draußen gerade passiert? Womöglich gehören wir zu den Wenigen, die überlebt haben.«, sagte Dave ruhig.

»Ich habe keinen Schimmer, was da draußen los ist. Als Milli losrannte und mir zurief, ich soll mitkommen, habe ich das getan. Ich will jetzt endlich wissen, was das alles zu bedeuten hat!«, stieß die junge Frau wütend hervor und blieb so abrupt stehen, dass Innocent gegen sie prallte.

»Entschuldige!«

»Jetzt lasst uns erst mal weitergehen. Es ist ja nicht mehr weit.«, beschwichtigte Milli die New Yorkerin, der dieser Gang immer mehr auf das Gemüt drückte.

Schweigend lief die Gruppe weiter und kam letztlich an eine Betonwand, in die man einen Durchgang gebrochen hatte. Dave sah sich vorsichtig in dem dahinterliegenden Raum um und winkte sie dann zu sich.

Die vier betraten einen fensterlosen Keller, der wesentlich geräumiger war als der des ,Hard Rock Cafés'.

Verängstigte Kindergesichter und die fragenden Blicke von Männern und Frauen erwarteten sie.

»Dave! Gut, dass Ihr da seid. Vincent hat es nicht geschafft und wir sind ohne ihn nach unten gegangen.«, erklärte ein Jugendlicher, den Meredith auf höchstens achtzehn Jahre schätzte.

»Ist schon in Ordnung, Brian. Er wird in einem anderen Bunker Unterschlupf gefunden haben. Sind sonst alle da?«

Wie auf Kommando nickten die Anwesenden gleichzeitig.

»Leute, wir haben alles Nötige, um hier unten sechs Wochen zu überleben! Bis dahin wird sich die Lage geklärt haben. Es gibt keinen Grund zur Sorge. Brian, hast du das Funkgerät überprüft?«

»Ja, wir haben schon Kontakt zur ,PU‘ aufgenommen.

Bis auf wenige sind alle in ihren Stützpunkten!«

»Wir haben damit gerechnet, dass es Opfer geben würde. Lasst uns abwarten und sehen, was geschieht.«, beruhigte Dave die Gruppe, setzte sich auf ein Feldbett und ein Mädchen von etwa vier Jahren krabbelte auf seinen Schoß.

»Was ist eine ,PU‘?«, fragte Meredith zögernd.

»Das ist die Prepper United, eine Organisation, die sich speziell auf Weltuntergangsszenarien vorbereitet.«, murmelte ihr Milli zu.

Zwischenzeitlich schmiegte das Kind sein Gesicht in die Halskuhle des Hippies und er strich ihr sanft über den Rücken.

Milli stieß ihren Gast an und die beiden suchten sich einen Sitzplatz.

»Das ist Meredith Johnson, eine Kundin aus dem Diner.«, erklärte die Kellnerin der Gemeinschaft.

»Hallo.«, begrüßte die junge Frau sie schüchtern, doch niemand antwortete ihr.

Nur einige nickten ihr zu.

Die New Yorkerin senkte den Blick auf ihre Schuhe und begann zu grübeln.

» Was soll das denn alles? War das eben ein neuer 11. September oder was?«

Diese Leute wollten sie offenbar nicht bei sich haben und Meredith war davon überzeugt, es wäre besser zu gehen.

»Milli, ich bin dir für deine Hilfe dankbar, aber ich muss jetzt zurück. Bestimmt macht man sich im Hotel schon Sorgen.«, flüsterte sie der Kellnerin zu und diese betrachtete sie mit ernstem Blick.

»Herzchen, du kannst nicht zurück! Vielleicht nie wieder! Das, was wir eben erlebt haben, war ein atomarer Angriff! Ich weiß nicht, wo und wie viele Bomben eingeschlagen sind und ich hoffe, dass Niagara Falls verschont wurde, doch wenn nicht, ist dort draußen kein normales Leben mehr möglich!«, raunte sie eindringlich.

Meredith wollte etwas erwidern, doch stattdessen starrte sie die Frau vor ihr erst verwirrt und dann fassungslos an.

»Wie meinst du das? Schlimmer als 9/11?«, hauchte sie mit brüchiger Stimme.

Milli legte ihren Arm um sie, denn Meredith fing an, haltlos zu zittern.

»Alles wird gut, Schätzchen. Das ist die Reaktion auf den Schock. Bei uns bist du sicher, denn wir sind schon lange auf diesen Tag vorbereitet.«

»Ich soll hierbleiben? Für immer?«

Meredith wurde wütend.

»Nein, nicht für immer. In der nächsten Zeit werden wir über das Netzwerk der Prepper United erfahren, wo wir noch leben können. Dann verlassen wir den Bunker und entscheiden, wie es weitergeht.«, erklärte die Kellnerin beruhigend.

»Aber ich bin doch nur im Urlaub hier. Mein Bruder wartet in New York auf mich. Wir haben eine erfolgreiche Firma zu führen. Ich kann nicht einfach wegbleiben!«, rief sie zornig und sprang heftig auf.

In diesem Augenblick erklang eine hohle Stimme aus dem Funkgerät.

»Achtung, Achtung! Wir haben multiple Einschläge an der Ostküste! Weitere Informationen folgen in Kürze.«

Alle Köpfe drehten sich in Richtung des Lautsprechers und lauschten der Stimme, die fortlaufend ihre Nachricht wiederholte.

»Lass mich sofort raus hier! Ich habe mit dem Schwachsinn nichts zu tun!«, fauchte Meredith Dave an, der seine erschrockene Tochter an sich drückte.

»Du machst meiner Kleinen Angst. Reiß dich gefälligst zusammen! Es gibt kein Zurück mehr. Die Welt, wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass dein Bruder tot ist. Wie Tausende andere auch! Solange es draußen den Fallout gibt, werden noch Millionen Menschen sterben. Wenn du mir nicht glaubst, geh zurück ins Hard Rock Café.

Wir werden dich nicht aufhalten!«

Der Hippie zeigte keinerlei Emotionen und Meredith erkannte in seinen Augen die grausame Wahrheit.

Übelkeit stieg in ihr hoch und ihre Beine wollten sie nicht mehr tragen.

Milli, die sich ebenfalls erhoben hatte, half ihr, sich wieder zu setzen.

»Komm her Schätzchen.«

Meredith lag an der Brust einer fremden Frau und weinte hemmungslos.

Das Verstehen in ihr wurde immer größer und erreichte den Punkt, an dem es nicht mehr zu ertragen war.

Auf wackeligen Beinen torkelte sie durch den Eingang in den Tunnel, lief einige Schritte und übergab sich mit solcher Heftigkeit, dass sie glaubte, sie würde sterben.

Kapitel 4

2. November 2025 – Washington D.C.

»Das wird erst einmal helfen und die Blutung stoppen!«

Unsicher betrachtete Steve sein Werk.

»Ich verstehe das immer noch nicht. Sie behaupten also, dass in Washington eine Atombombe explodiert ist?«, platzte es aus der schockierten Mia heraus.

»Ich fürchte ja.«, entgegnete Keira, die vorsichtig über das frisch geklebte Pflaster strich.

» Was machen wir denn jetzt? Wie kommen wir zurück nach Australien? Gibt es das überhaupt noch?«

Diese und viele weitere unausgesprochene Fragen gingen der Backpackerin in diesem Moment durch den Kopf.

Die FBI-Agentin legte beruhigend eine Hand auf den Oberschenkel der jungen Frau, die neben ihr saß.

»Ich war noch nie in Australien. Wie ist es da so?«

Keiras Versuch, das Paar von ihren Sorgen abzulenken, war nicht von Erfolg gekrönt.

»Das darf alles nicht wahr sein. Diese Vollidioten können doch nicht einfach so unsere Welt zerstören!«, schimpfte Steve vor sich hin, während er das Erste-Hilfe-Set in seinem Rucksack verstaute.

»Leute! Konzentriert euch! Wir stehen das gemeinsam durch!«, erwiderte die FBI-Agentin und stand entschlossen auf.

»Hier ist bestimmt alles radioaktiv verseucht!«, entfuhr es ihrem Helfer, der sich panisch umsah.

»So tief unter der Erde sind wir gut gegen die mögliche Strahlung abgeschirmt.«, entgegnete Keira überzeugt und fuhr mit ihrer Erklärung fort.

»Nicht nur Blei schützt uns, sondern auch Wasser, Beton und Gestein. Da Ihr bei der Explosion nicht an der Oberfläche gewesen seid, habt ihr nichts zu befürchten.«

Steve und Mia sahen sich an.

»Aber Sie waren doch oben!«

Seine Worte brachten die Agentin zum Nachdenken.

»Und woher wissen Sie das alles?«, hakte seine Freundin skeptisch nach.

»Leider habe ich mit Atombomben mehr Erfahrung, als mir lieb ist.«

Keira sah ihre überraschten Gesichter, doch sie machte keine Anstalten, diese Aussage zu erklären und konzentrierte sich stattdessen lieber auf die unmittelbaren Probleme, die jetzt vor ihnen lagen.

»Zuerst benötigen wir Wasser oder andere Getränke.

Nahrungsmittel und Taschenlampen wären ebenfalls nicht verkehrt. Wir müssen die Umgebung erkunden und alles Nützliche einsammeln.«

Keiras Blick fiel auf die großen Rucksäcke des Touristenpaares.

»Schmeißt alle Klamotten raus, die Ihr nicht benötigt, und schafft Platz für die wichtigen Sachen. Feuerzeug, Streichhölzer, Medikamente, Gaskocher. Das könnten unsere Lebensretter sein!«

Die FBI-Agentin erinnerte sich an ihr Überlebenstraining, das sie vor über zwei Jahren im Rahmen einer Weiterbildung absolviert hatte.

»Du hast die Frau gehört!«, stachelte Steve seine Freundin an und beide begannen umgehend damit, überflüssige Utensilien zu entfernen.

Keira versuchte sich derweil, in dem schummerigen Licht der Notbeleuchtung zu orientieren. Zu guter Letzt fiel ihre Aufmerksamkeit auf den großen Plan des U-Bahn-Netzes an einer Wand, die sie intensiv studierte.

Nachdem Steve und Mia ihren Besitz neu geordnet hatten, stellten sie sich zu der Agentin.

»Wir haben alles erledigt. Gibt es sonst noch etwas zu tun?«

»Wie gut kennt Ihr euch in der Metro von Washington aus?«, fragte Keira gedankenversunken.

»Wir sind ziemlich viel herumgekommen!«, erklärte Mia.

»Dann versucht euch jetzt genau zu erinnern. Wo habt Ihr Snackautomaten, Verkaufsstände oder Geschäfte gesehen? Seid Ihr an Türen mit der Aufschrift ,Nur für Personal“ vorbeigekommen?«

»Ja! Nur etwas weiter den Gang herunter ist am Ende des Gleises eine Tür.«

Steve deutete in die Dunkelheit, denn die dürftige Notbeleuchtung reichte nicht aus, um die hinteren Winkel der Station zu erkennen.

»Zeig sie mir!«, sagte Keira entschlossen und folgte dem jungen Australier, der den Weg mit der Lampe seines Handys ausleuchtete.

Die drei erreichten kurze Zeit später eine graue Stahltür, die zur Überraschung der Agentin halb geöffnet war.

»Vermutlich ist der Mitarbeiter geflohen, als der Alarm losging. Trotzdem sollten wir vorsichtig sein, denn vielleicht hatte jemand dieselbe Idee, wie wir.«, flüsterte sie mahnend ihren Begleitern zu.

Keiras wachsamer Blick glitt durch das kleine Büro und sofort bemerkte sie ein angefangenes Sixpack mit Wasser, das am Fuß des Schreibtisches stand.

»Sehr gut!«, kommentierte sie den Fund, den sie Mia übergab, während Steve eine große Taschenlampe aus der Schublade zog.

»Sie funktioniert!«, rief er erfreut und schnappte sich beiläufig eine faltbare Karte der Metro, die ebenfalls im Schreibtisch gelegen hatte.

»Wohin gehen wir denn jetzt?«, fragte seine Freundin in die Runde, nachdem sie die Flaschen im Rucksack verstaut hatte.

»Bei einem Angriff sind in Washington die sogenannten Primärziele das Weiße Haus, das Pentagon, die Andrews Air Force Base und die zivilen Flughäfen.«, antwortete Keira, ohne weiter darüber nachzudenken.

»Woher wissen Sie das alles?«, fragte Mia erstaunt.

»Mein Freund arbeitet für das Verteidigungsministerium. Da schnappt man so einiges auf. Der einzige Ort, an dem wir einigermaßen sicher sind und der mir sofort einfällt, ist das Medical Center in Bethesda. Es könnte außerhalb der Gefahrenbereiche liegen und stellt grundsätzlich keine unmittelbare Bedrohung für feindliche Truppen dar. Außerdem gibt es dort medizinische Betreuung. Allerdings hat die Sache auch einen oder zwei Haken.«

»War ja klar!«, seufzte Steve frustriert.

»Ehrlich gesagt, sind es sogar drei!«

Dem jungen Pärchen entglitten die Gesichtszüge.

»Erstens haben wir einen langen Fußweg durch die U-Bahn-Schächte vor uns. Wenn ich das richtig ausgerechnet habe, sind das mindestens zwanzig Meilen.

Zweitens könnte der direkte Weg durch Schutt und Geröll versperrt sein. Und als Letztes besteht die Möglichkeit, dass auch unser Zielort zerstört wurde oder zumindest durch potenziellen Fallout unerreichbar ist!«

Steve und Mia sahen sich fragend an.

»Welche Alternative haben wir denn?«

»Ich fürchte leider keine!«, gab Keira schulterzuckend zu.

Kapitel 5

Kapitel 6

25. November 2025, Bluemont, Virginia

Joe Martinez und Miles Brannigan patrouillierten gelangweilt durch die unterirdischen Tunnel und Gänge des Mount Weather Komplexes westlich von Washington.

Bei ihrer stündlichen Routine versuchten sich die beiden Soldaten von der herrschenden Tristesse in dem Bunker abzulenken.

»Alter, wie lange sitzen wir jetzt schon hier unten?«

»Dreiundzwanzig Tage.«

»Meine Fresse, das kommt mir viel länger vor.«, maulte Joe und runzelte die Stirn.

»Das Erste, dass man hier unten verliert, ist das Zeitgefühl.«, erwiderte sein Partner und las dabei die Werte seines Geigerzählers ab.

»Na? Was sagt das Scheißding?«

»Nichts, und das ist auch gut so!«, stellte der Soldat zufrieden fest.

»Manchmal glaube ich, es wäre alles einfacher, wenn wir draußen gewesen wären, als die Bomben fielen.«, murmelte Joe.

Miles sah seinen Kumpel herausfordernd an.

»Wieso?«

»Höchstwahrscheinlich wären wir ganz schnell verdampft, wohingegen wir uns jetzt qualvoll zu Tode langweilen.«

»Hey, ich glaube, du kriegst einen Bunkerkoller.«, entgegnete der Soldat lachend.

»Ach Scheiße, Miles! Jeden Tag laufen wir hier rum und spielen Babysitter für ein paar Politiker und hochrangige Militärs aus D. C.!«

»Könnte schlimmer sein.«, entgegnete sein Partner achselzuckend.

Joe blieb stehen.

»Ich kann mir im Moment nichts Schlimmeres vorstellen.«

»Wir könnten Dienst in der Abwasser- und Aufbereitungsanlage haben.«, entgegnete Miles und rümpfte die Nase.

»Scheiße! Du hast recht!«, platzte es lachend aus seinem Partner heraus.

»Die hatten da letzte Woche einen Rohrbruch. Einer von den Arbeitern hat seinen Schlafraum direkt bei mir um die Ecke und jedes Mal, wenn ich da vorbeikomme, stinkt es immer noch.«

»Ist ja widerlich.«

Als die beiden Männer in einen weiteren Tunnel abbogen, liefen sie fast in einen Offizier hinein, der ihnen entgegenkam.

»Entschuldigung, Sir! Wir haben Sie nicht kommen sehen.«, beschwichtigte Joe und nahm sofort eine salutierende Haltung ein.

»Alles in Ordnung, Männer. Es ist ja nichts passiert.«, entgegnete der Uniformträger freundlich, erwiderte den militärischen Gruß und ging seiner Wege.

Miles starrte seinen Kameraden an.

»Hast du nicht gerade noch über die Bewohner unseres Bunkers gelästert?«

»Was soll ich sagen? Ich bin halt ein Arschkriecher.«, flüsterte dieser mit schelmischem Blick.

Erneut brachen beide Männer in Gelächter aus und hielten dabei auf den Wohnbereich der VIPs zu.

»Alter, vielleicht sollte ich deinen Kopf schon mal mit Vaseline einreiben. Hier kann dir jetzt jederzeit ein Promi über den Weg laufen. Da kannst du dann sofort Anlauf nehmen und eintauchen!«, prustete Miles und rempelte seine Schulter freundschaftlich gegen den Partner.

Sekundenbruchteile später warf eine heftige Erschütterung die beiden Männer zu Boden.

» Was zum Teufel ...?«

Noch während sie versuchten, sich aufzurappeln, näherte sich unaufhaltsam ein bedrohliches Geräusch.

Joe und Miles starrten geschockt auf eine sich schnell nähernde Feuerwand, die schon einen Wimpernschlag später alles verschlang, was auf ihrem Weg lag.

Der infernale Lärm im Bunker, ausgelöst durch einen schrillen Alarmton, wollte partout nicht enden.

Hektisch rannten Menschen umher, brüllten schwer verständliche Kommandos oder suchten nach Orientierung.

Ein grau melierter und adrett gekleideter Mann, Mitte 50, saß derweil in seinem Büro und starrte abwartend an die Decke. Nachdem der Alarm schließlich verstummt war, atmete er tief durch.

»Na endlich!«

Nun lenkte der Mann seinen Fokus wieder auf die Papiere, die vor ihm auf seinem Schreibtisch lagen und aus einem Reflex heraus, griff er sich an die schmerzende Schläfe.

Er öffnete die Schublade, drückte sich eine Tablette aus einem Blister und spülte sie mit einem großen Schluck Brandy herunter.

Ein paar weitere Notizen später schloss er den Aktendeckel und lehnte sich zufrieden in seinem Sessel zurück.

Unvermittelt wurde seine Bürotür aufgerissen und ein Uniformierter trat schnellen Schrittes an ihn heran.

»Und, Ed? Wie ist es gelaufen?«, fragte der Anzugträger mit einem charismatischen Lächeln.

»Genau nach Plan. Die AWN hat mal wieder ganze Arbeit geleistet!«, entgegnete der Gast zufrieden.

»Großartig! Wer hätte gedacht, dass aus einer Horde Terroristen einmal eine neue Regierung entstehen kann!«

»Darauf trinke ich!«

Der Zivilist hob sein Glas und nahm einen weiteren Schluck.

»Nimm dir auch einen.«, forderte er dann den Offizier auf, der dankend zu dem kleinen Sideboard hinter dem Schreibtisch schlenderte und sich aus der edlen Kristallkaraffe ein bereitstehendes Glas befüllte.

Anschließend setzte er sich zu seinem Gastgeber und nach einem Augenblick der genießerischen Stille, warf er einen fragenden Blick auf die Akte.

»Ist es das, was ich denke?«

»Ja, mein Freund.«

Der Anzugträger überreichte ihm die Papphülle und der Offizier las konzentriert, Zeile für Zeile, den Text des Dossiers.

»Streng vertraulich! Büro des Vize-Präsidenten!

Direktive 88!«

Kapitel 7

2. Dezember 2025, Niagara Falls

Meredith beobachtete, wie Dave und Brian umständlich in die Schutzanzüge stiegen und einige der Männer halfen ihnen dabei. Bevor der Hippie seinen hehnähnlichen Kopfschutz überzog, gab ihm seine Frau einen zärtlichen Kuss.

Betty-Jane war erheblich jünger als ihr Mann und die kleine Rina war ihr erstes Kind. Dave hingegen, hatte schon zwei erwachsene Söhne, die ebenfalls der „Prepper United“ angehörten und mit denen er über Funk Kontakt hielt. Während die beiden wie Bewohner eines fremden Planeten die Treppe hinauf staksten, folgten ihnen alle Augenpaare. Was würde geschehen, wenn sie die Tür öffneten? Brian hielt einen Geigerzähler in der behandschuhten Hand und warf einen letzten Blick zurück. Dann nickte er seinem Begleiter zu und drückte entschlossen den Türgriff runter. Schnell gingen die beiden hindurch und ließen die Gruppe hoffnungsvoller Menschen zurück.

»Was meinst du, wird Dave sich an die abgesprochenen fünfzehn Minuten halten?«, fragte Meredith seine Frau.

Deren Blick hing weiterhin an der geschlossenen Tür.

Die New Yorkerin bemerkte das Glänzen von Tränen darin.

»Mein Mann ist sehr verantwortungsbewusst und würde uns zuliebe nie ein Risiko eingehen. Also ja, er wird sich daran halten!«, sagte sie selbstbewusst, doch für Meredith klang es so, als würde sie sich selbst Mut zusprechen.

Plötzlich tat ihr die junge Frau leid, die so verloren im Raum stand, und sie strich ihr tröstend über den Arm.

Betty-Janes Erstarrung löste sich und sie lächelte ihr dankbar zu. Innocent trat zu den beiden Frauen.

»Lasst uns das Mittagessen vorbereiten, denn einige der kleinen Monster bekommen schon schlechte Laune.«, schlug sie vor und ermöglichte es Daves Frau damit, sich von ihren Sorgen abzulenken.

Doch Meredith war ebenfalls unruhig.

Brian war zwischenzeitlich wie ein kleiner Bruder für sie geworden. Sie waren mittlerweile dreißig Tage hier und sie hatte ihn in ihr Herz geschlossen, wenn auch auf andere Art, als dieser sich erhoffte.

»Der Junge ist auf einer Farm aufgewachsen und ist zäher, als er aussieht. Entspann dich.«, sagte Milli, die ihre Gedanken erriet.

Meredith lächelte schief.

»Hör auf, die Leute zu analysieren. Das ist sehr unangenehm!«

»Das brauche ich gar nicht, denn deine Gedanken stehen dir ins Gesicht geschrieben. Die kann jeder sehen!«, entgegnete sie und griff nach einem Dosenöffner.

Da wurde die Tür aufgestoßen.

Brian stürzte gehetzt die Treppe hinab und riss sich dabei den Schutz vom Kopf.

»Das ist die Hölle da draußen! Schnell! Holt die Waffen, wir müssen uns verteidigen!«, brüllte er und zerrte am Reißverschluss des Strahlenanzugs.

Niemand reagierte, denn alle starrten ihn perplex an.

Am Treppenabsatz wurde die Tür von Dave leise geschlossen. Er hatte ebenfalls den Kopfschutz abgenommen und blieb abwartend stehen.

»Macht, was er sagt!«, befahl er gefasst und legte dann den Zeigefinger auf die Lippen.

Die Männer der Gruppe reagierten sofort, während die Mütter dafür sorgten, dass sich ihre Kinder still verhielten. Brian, der anfangs mitten in der Bewegung innegehalten hatte, befreite sich nun so geräuschlos, wie es ihm möglich war, aus dem Anzug.

»Was ist denn passiert?«, fragte Meredith flüsternd, doch er schüttelte nur mit dem Kopf.

Innerhalb kürzester Zeit wurden aus den Familienvätern bis an die Zähne bewaffnete Soldaten. Ihre Veränderung war so krass, dass es die New Yorkerin kaum glauben konnte, doch ihre entschlossenen Gesichter belehrten sie eines Besseren. Leise schlich Dave die Stufen hinunter und entledigte sich ebenfalls des behindernden Anzugs.

Brian hielt mittlerweile eine Schrotflinte in der Hand und hatte sich eine grüne Munitionsweste angelegt.

Sein Gesicht war vor Anspannung hart geworden und nur die zuckenden Kiefermuskeln verrieten seine Nervosität.

» Wie ist denn so etwas nur möglich? Wo ist der unbeholfene Junge, den ich kenne?«, fragte sich Meredith bei diesem Anblick verstört.

»Stell dich hinter mich. Ich werde dich beschützen!«, raunte er ihr zu.

Es klang so melodramatisch wie in einem kitschigen Film und beinahe hätte die junge Frau laut aufgelacht, wenn da nicht diese kalten Augen gewesen wären. Das Lachen blieb ihr im Hals stecken und nahm ihr fast den Atem.

»Das hier ist echt. Wir sind tatsächlich in Gefahr!«, schoss es ihr durch den Kopf und sie trat Schutz suchend einen Schritt hinter Brian.

Dave hatte das Licht auf ein Minimum gedimmt, so dass die Anwesenden wie stumme Schatten aussahen.

Es war nur das leise, saugende Geräusch eines Kindes zu hören, das am Daumen nuckelte.

Die Zeit verging, aber nichts geschah.

»Entspannt euch, doch haltet die Waffen griffbereit!«, forderte Dave die Männer schließlich auf.

Als sich Meredith auf ihr Feldbett setzte, fiel ihr auf, dass Milli einen Revolver in der Hand hielt und Innocent ein großes Jagdmesser, das sie in diesem Moment neben ihren Oberschenkel ablegte.

Sie warteten.

Die New Yorkerin begann jegliches Zeitgefühl zu verlieren und nach einer gefühlten Ewigkeit, schmerzten ihre Muskeln von der unnatürlichen Anspannung.

Dann endlich knipste Dave das Licht an.

»Ich denke, wir können nun wieder zur Tagesordnung übergehen.«, griente er erleichtert.

Es kam Bewegung in die Gruppe und jeder versuchte auf seine Art, die Angst abzuschütteln.

Nachdem sich die Stimmung normalisiert hatte, setzten sich die Erwachsenen zusammen.

»Erzählst du uns jetzt endlich, was die ganze Aufregung sollte?«, fauchte Betty-Jane ihren Mann an.

»Was meinst du mit ,Hölle'?«, fragte Meredith.

»Wir sind nicht weit gekommen, doch jetzt erst die guten Nachrichten. Der Fallout ist vorerst an uns vorbeigezogen. Die Strahlungswerte sind unbedenklich und oben leben noch Menschen.«, erklärte Dave.

»Das war es dann aber schon mit den guten Nachrichten!«, fuhr Brian dazwischen.

»Was soll das heißen? Wir können doch hier raus!«, sagte Milli mit gerunzelter Stirn.

»Können wir eben nicht! Da herrscht ein verdammter Bürgerkrieg!«, rief der junge Mann zutiefst aufgewühlt.

Dave warf ihm einen finsteren Blick zu.

»Brian und ich sind so weit gekommen, dass wir sehen konnten, dass die Rainbow-Bridge nach Kanada vom Militär geschlossen wurde. Sie schießen auf jeden, der sich ihr nähert, egal von welcher Seite! In den Straßen ziehen gewaltbereite Plünderer umher. Die Hotels sind teilweise abgebrannt. Es herrscht Lynchjustiz. Als wir uns weiter umsahen, beobachteten wir, wie ein Pärchen mit großen Rucksäcken von einer Bande aufgehalten wurde. Sie schlugen den Mann brutal zusammen und nahmen, was sie tragen konnten. Dann haben sie angefangen, die Frau zu vergewaltigen, und wir haben uns zurückgezogen.«

»Dabei sind wir auf einen Nachzügler der Plünderer gestoßen. Gott sei Dank hat Dave sofort reagiert und ihn weggepustet!«, triumphierte Brian mit funkelnden Augen.

»Ich habe es nicht gern gemacht, aber er hätte uns verraten.«, erwiderte dieser mit Blick auf die spielenden Kinder.

»Leider hat der Wichser laut aufgeschrien, als er getroffen wurde. Also haben wir die Beine in die Hand genommen und sind gerannt! Mit der ganzen Bande hätten wir es nicht aufnehmen können.«, schnaufte Brian und Dave nickte.

»Wir waren nicht sicher, ob uns jemand gefolgt ist.

Deshalb die Vorsichtsmaßnahmen.«, erklärte er.

»Ist ja alles noch mal gut gegangen.«, meinte Betty-Jane und sah ihren Mann mit liebevollem Blick an.

Für sie war er ihr Held, doch Meredith musste an die vergewaltigte Frau denken, die von den beiden zurückgelassen wurde.

Hatte es wirklich keine Chance gegeben, ihr zu helfen?

Lebte sie noch?

»Endlich ist es möglich, dieses Gefängnis, in dem ich sicher bin, zu verlassen! Doch die Freiheit da draußen könnte gleichzeitig meinen Tod bedeuten! Was soll ich also tun?«, fragte sich die junge Frau im Stillen.

Einige Tage später versuchten es die beiden Männer erneut und blieben dieses Mal länger an der Oberfläche.

Bei ihrer Rückkehr hatten sie jedoch lediglich frisches Wasser dabei.

»An Lebensmittel war nicht zu denken. Die Plünderer sind wie Heuschrecken über die Hotelküchen und Häuser hergefallen. Medikamente haben wir auch keine gefunden. Wir müssen mit dem auskommen, was da ist.«, erzählte Dave der Gruppe.

»Überall war es totenstill. Nicht eine Menschenseele war zu sehen oder zu hören. So etwas ist richtig unheimlich, das kann ich euch sagen.«

Brian schüttelte sich.

»Aber dann ist doch alles in Ordnung und wir können hier endlich raus!«, sagte die New Yorkerin begeistert und sah erwartungsvoll in die Runde.

»Das schon, aber sicher ist es auf keinen Fall! Sobald wir mit unseren Vorräten auftauchen, sind wir Beute für jeden, der etwas zu Essen sucht. Nach dem, was wir letztes Mal beobachtet haben, wird da nicht lange gefackelt.«, gab der Anführer zu bedenken.

In Meredith wuchs die Enttäuschung.

Sollte sie die sichere Umgebung verlassen und damit die Hilfe der anderen aufgeben? Sie war allein und Dave würde ihr keine der kostbaren Waffen mitgeben!

Brian beobachtete, wie seine Freundin die Lippen zusammenpresste und nachdachte.

»Wenn du unbedingt wegwillst, werde ich dich begleiten.«, sagte er mit ernstem Blick.

Meredith gesenkter Kopf schoss hoch und sie starrte ihn überrascht an.

»Bist du verrückt geworden?«, fragte Betty-Jane betroffen.

Die anderen wollten ihn davon abhalten, doch sein Entschluss stand fest!

»Seit Tagen hören wir über Funk den Aufruf der Regierung, nach Indianapolis zu kommen. Dort in den Sammellagern wird uns medizinische Hilfe, sichere Unterkunft und Essen geboten. Wir werden nicht ewig unter der Erde leben können. Irgendwann werden wir etwas tun müssen, warum also nicht jetzt, wo wir noch alle gesund und kräftig genug sind?«, wollte er wissen.

»Denk doch an die Kinder! Es ist Winter und der Schnee, der seit einigen Tagen fällt, würde uns nur langsam vorankommen lassen. Nein, wir harren so lange aus, bis das Wetter wieder besser wird.«, entschied Dave und die Gruppe stimmte ihm murmelnd zu.

»Okay, dann gehen Meredith und ich allein, und sobald wir Cleveland erreicht haben, schicken wir euch Hilfe.«

Für Brian war alles klar, aber für die New Yorkerin nicht.

»Ich bin dir ja zutiefst dankbar, doch ich weiß nicht, ob ich einen so langen Weg durch Schnee und Eis schaffe.

Ich komme aus der Großstadt und kenne die Natur nicht.«

»Hat man denn bei euch keinen Winter?«, entgegnete er lächelnd und sah dabei wieder so unglaublich jung aus, dass Meredith merkte, dass sie nicht nur an sich selbst, sondern auch an Brian zweifelte.

»Wir werden die nächsten zwei bis drei Tage das Wetter beobachten und wenn es stabil bleibt, dann ziehen wir los.«, stellte ihr Freund fest und stand auf, um sich einen Becher mit Wasser zu füllen.

Meredith sah ihm zerstreut nach, und als ihr Blick den von Innocent streifte, sah sie tiefe Traurigkeit darin.

»Na toll! Das macht mir das Gefühl der Schuld nicht gerade leichter«, dachte die junge Frau bitter.

Kapitel 8

5. Dezember 2025, Washington D. C.

Keira saß fröstelnd und gedankenverloren in dem Untersuchungsraum im dritten Stock des Bethesda Naval Medical Centers.

Ein weiterer plötzlicher Kälteschauer schüttelte die Agentin durch.

» Verdammt, was ist bloß los mit mir?«

Keira schaute auf ihren Arm, in dem man kurz nach ihrer Ankunft im Hospital einen Zugang gelegt hatte.

»Hoffentlich ist das australische Pärchen okay.«, betete sie innerlich, bevor sie eine Schwindelattacke überfiel.

Die Agentin versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch ihre Aufmerksamkeit driftete immer wieder zu den Ereignissen der vergangenen Tage ab.

» Zwanzig Meilen!«

Mit diesem Gedanken krallte sie sich fest an ihren Stuhl, um den andauernden Schwindel zu besiegen.

Diese Entfernung hatte sie zusammen mit ihren Begleitern durch die U-Bahn-Schächte Washingtons zurückgelegt.

»An guten Tagen schafft man die zwanzig Meilen in sieben bis acht Stunden!«

Der Schwindel ließ unvermittelt nach und Keiras verkrampfter Griff lockerte sich.

Während sie versuchte durchzuatmen, überrollte sie Übelkeit und schon im nächsten Moment hing sie mit ihrem Kopf über einer großen Metallschüssel, die ihr eine Schwester mitgegeben hatte.

»Machen Mia und Steve wohl gerade das Gleiche durch?«