Das normale besondere Mädchen - Valerie Forster - E-Book

Das normale besondere Mädchen E-Book

Valerie Forster

4,6

Beschreibung

Wieso gehen wir nicht vorurteilsfrei auf Neues zu? Nehmen wir alle das Gleiche wahr? Können wir etwas Ungewohntes respektieren, selbst wenn wir es nicht verstehen? Warum achten wir unsere Umwelt so wenig? Diese Fragen beschäftigen Carlina während ihren Ausflügen in die Natur. Jana und die Tiere des Waldes geben die Antworten. Gefühlvoll verknüpft Valerie Forster philosophische Erkenntnisse und die Weisheit der Natur zu einer Geschichte. Ein wunderschönes Buchkunstwerk über Probleme und Chancen des Andersseins.

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Seitenzahl: 53

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Carlina ist ein besonderes Mädchen. Sie liebt die Natur, die Tiere und die Pflanzen mehr als alles andere. Deshalb wird sie immer wieder nicht richtig verstanden. Jetzt will sie endlich wissen, warum andere sie nicht akzeptieren können, wie sie ist. Auf einem ihrer vielen Ausflüge in den Wald begegnet sie Jana. Die alte Frau nimmt Carlina mit auf eine philosophische Reise in die Natur. Der Wolf, der Kuckuck, die Kreuzotter, die Silberdistel – alle gemeinsam beantworten sie Carlinas Fragen mit ihren eigenen Geschichten. Gefühlvoll schreibt Valerie Forster über Probleme und Chancen des Andersseins und über die Einzigartigkeit jeder Persönlichkeit. Geschickt verknüpft sie dabei philosophische Erkenntnisse mit der Weisheit der Natur.

Valerie Forster wurde 1985 am Bodensee geboren. Ihre Liebe zur Natur und zu den kleinen Dingen im Leben prägte sie von frühester Kindheit an. Zunächst arbeitete sie als Grafik-Designerin in der Werbebranche. Nach einer Auszeit entschied sie sich zu einem Fernstudium für Autoren und sie absolvierte weitere Fernstudien zu verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebieten und Philosophie. Die reiche Pracht und der Schutz unserer Umwelt sind Kernthemen ihres kreativen Wirkens. Mit ihrer eigenen künstlerischen Sprache sprengt sie Gattungsgrenzen, so gelingt ihr die Verknüpfung von kunstvollen Büchern und Kalendern, Lebenskunst und ihrer Liebe zur Natur. Ihre Fotografien und Illustrationen sind auch in Ausstellungen zu sehen. Bisher erschienen von ihr die Bücher »Der kleine GROSSE Wolf« und »Verirrt – Erzählung über ein Leben mit Hochsensibilität«.

Im großen und ganzen sind die Menschen gleich, aber im einzelnen wurden ihnen Unterschiede beigelegt, damit es Vielfalt und Besonderheiten gebe.

Henry David Thoreau

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Carlina

– Wahrnehmen und Empfinden

Jana

– Bekanntes und Ungewohntes

Das Eichhörnchen

– Zweifeln und Verstehen

Der Wolf

– Vorurteile und Erwartungen

Das Wildschwein

– Eigenständige Persönlichkeit

Der Zitronenfalter

– Die eigene Wirklichkeit

Der Kuckuck

– Das Eigene und das Fremde

Der Schwarzspecht

– Äußere und innere Sinneseindrücke

Die Kreuzotter

– Das Gute und das Böse

Die Sonnenblume

– Der eigene Platz auf der Welt

Der Igel

– Achtsamkeit und Respekt

Die Silberdistel

– Stärken und Schwächen

Epilog

Prolog

An einem sonnigen Samstagnachmittag saß Carlina mit ihren Eltern und den Nachbarn bei sich Zuhause auf der Terrasse. Es war ein richtig warmer Frühlingstag. Beim Essen begannen die Erwachsenen über die zunehmende Kriminalität zu diskutieren. Carlina lauschte dem Gespräch zunächst schweigend. Doch bald konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und erwähnte schließlich als Einzige die Verbrechen, die Menschen an der Natur begehen. Ihr Einwurf wurde allerdings schnell übergangen. Das machte sie noch wütender. Immer ging es den Erwachsenen nur um die Menschen, alles andere schien ihnen nichts wert zu sein.

Beim Abräumen des Tisches trat ihr Vater auf einen Löwenzahn, einen viel zu kleinen, der nur mit Mühe seine mickrige Blüte über wenige gezackte Blättchen reckte. Als Carlina das sah, zuckte sie zusammen, und sie spürte einen heftigen Schmerz in ihrer Brust. Doch dann machte sie ihrem Ärger Luft.

»Aaahhhh …«, schrie sie auf.

»Was ist, was hast du denn?«, fragte ihr Vater erschrocken.

»Du stehst auf einem Löwenzahn.«

Er ging einen Schritt zur Seite.

»Sieh doch, wie tapfer er sich zwischen dem Pflaster hält und um wie viel kleiner er ist als seine Brüder und Schwestern auf den Wiesen, wie viel schwerer er es hat. Und du trampelst achtlos auf ihm herum.«

»Du immer mit deinen Pflanzen. Er braucht ja nicht auf der Terrasse zu wachsen, er sprengt sowieso nur das Pflaster. Und überhaupt, es gibt genug Löwenzahn, da kommt es auf diesen einen nicht an.« Nach diesen Worten packte der Vater das Pflänzchen mit zwei Fingern, riss es mit einem kleinen Ruck heraus und warf es auf den Kompost.

»Nur wenn ein Mensch umgebracht wird, interessiert es dich«, schrie Carlina außer sich. »Nur das findest du grausam. Alle anderen Lebewesen bedeuten dir nichts. Dabei geht es für jeden um Leben und Tod!« Sie drehte sich um und rannte davon in ihren Wald.

Carlina

Wahrnehmen und Empfinden

Carlina ging durch den Wald auf eine idyllische Lichtung zu. Der Zorn beherrschte ihre Gedanken. Wieso achten manche Menschen andere Wesen so wenig?, fragte sie sich. Es war eine Sache, dass ihr Vater auf den Löwenzahn getreten war. Das konnte passieren; für einen Großen war es nicht immer leicht, alle Kleinen wahrzunehmen. Dass es ihn allerdings überhaupt nicht berührte, die Blume herauszureißen und zu töten, war eine andere Sache. Carlina wusste, dass der Löwenzahn auf dem Kompost einen langsamen, qualvollen Tod sterben würde. Zuerst würde er in der Sonne vertrocknen, bis seine Blätter lahm und schrumpelig sein würden, seine Blüte würde kraftlos dazwischen liegen. Nie wieder würde er von einer Biene besucht und bestäubt werden oder gar eigene Samen verbreiten können. Ihrem Vater war das egal. Wie ungerecht, dass ein Großer einem Kleinen das Leben so leicht zur Hölle machen kann, dachte Carlina. Wäre dieser Löwenzahn irgendwo auf einer wilden Wiese gewachsen, wäre ihm dieses Schicksal erspart geblieben. Aber er war anders, er hatte sich einen eigenen Platz gesucht und nicht dort sein wollen, wo alle waren. Dies hatte ihn das Leben gekostet. Carlina trauerte um die Blume, weil sie sich ihr sehr ähnlich fühlte. Indem ihr Vater auf jemandem herumtrampelte, der sich von seinen Artgenossen unterschied, tat er auch ihr weh, denn auch sie empfand oft anders, als sie es bei einem Großteil der Menschen wahrnahm.

Carlina wusste, wie wichtig es war, wieder zur Ruhe zu kommen und sich nicht weiter aufzuregen, ansonsten wäre ihr ganzer Tag verdorben. Also konzentrierte sie sich auf die Umgebung und den jetzigen Augenblick. Staunend sah sie an den mächtigen Buchen und Tannen empor, die nur noch hier, im Nationalpark, so stattliche Bäume werden durften. Am Fuß einer Eiche blieb sie stehen und betrachtete ganz bewusst das dunkelgrüne Waldfrauenhaar, ein weitverbreitetes Moos. Es leuchtete ihr zwischen schrumpeligen Blättern und braunen Nadeln, die vom Vorjahr übrig geblieben waren, entgegen. Sie bückte sich und strich behutsam mit der Hand über die weichen Stämmchen des Mooses. Ei