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Dieses Buch ist in einfacher Sprache geschrieben. Bei der Übersetzung in einfache Sprache folgen wir weitgehend der Norm DIN 8581-1. Das Buch eignet sich für Leserinnen und Leser, die eine eingeschränkte Lesefähigkeit haben (LRS), Deutsch als Zweitsprache lernen, mit komplexen Texten Schwierigkeiten haben oder einfach ein Buch in kompakter, lesefreundlicher Form genießen wollen. Der Hofrat Maximilian Reutlinger ist von seinem inzwischen toten Bruder schwer enttäuscht worden. Nun verstößt er auch dessen sechsjährigen Sohn Max, weil dieser mit einem Stein spielt. Dieser Stein soll sein Herz darstellen. Im weiteren Verlauf der Erzählung veranstaltet der Hofrat Reutlinger eines seiner berühmten Feste, bei denen sich die Gäste nur im Stile der 1760er Jahre ankleiden dürfen. Beim Fest nimmt die Geschichte ihren Lauf.
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Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
Impressum
Jeder Reisende, der sich dem kleinen Städtchen G. von Süden nähert, bemerkt rechts von der Straße ein auffälliges Landhaus. Dieses Haus schaut aus dunklem Gestrüpp hervor. Rund um das Haus liegt ein großer Garten, der sich weit ins Tal erstreckt. Wenn du dort vorbeikommst, nimm dir Zeit, steige aus dem Wagen aus und lass dir Haus und Garten zeigen. Sag einfach, dass du den Hofrat Reutlinger gut gekannt hast. Er ist der ehemalige Besitzer.
Das Landhaus ist außen mit bunten, altmodischen Ornamenten verziert. Die Wandgemälde magst du vielleicht geschmacklos finden. Doch bei genauerer Betrachtung spürst du einen besonderen Geist, der von diesen bemalten Steinen ausgeht. Mit einem leichten Schauder betrittst du die große Vorhalle. Die Wände sind mit grellen Dekorationen bemalt, die Menschen, Tiere, Blumen und Früchte darstellen.
Im Saal, der sich über zwei Stockwerke erstreckt, hangen viele Gemälde. Du wirst das Gefühl bekommen, dass der Künstler die Formen perfekt beherrscht hat. Ich empfehle dir, die kleinen Zimmer im zweiten Stock zu besuchen. Von ihren Fenstern aus kannst du in den Saal hinunterschauen. Die Verzierungen sind einfach, aber du findest ungewöhnliche Inschriften in verschiedenen Sprachen.
Danach wirst du wahrscheinlich in den Garten gehen wollen, der im alten französischen Stil mit breiten Wegen und hohen Hecken angelegt ist. Große Gartenräume sind mit Statuen und Brunnen geschmückt. Am Ende des Gartens steht ein dunkler Busch, der die Form eines Herzens hat. In seiner Mitte steht ein Pavillon aus dunklem Marmor. Auch er ist in Herzform gebaut. Dort findest du einen dunkelroten Stein mit der Inschrift: "Es ruht!"
Die alte Dame fragt: „Wie kommen Sie, lieber Hofrat, auf die Idee, hier ein Grabmal für Ihr Herz zu bauen?“
Der alte Herr antwortet: „Reden wir nicht darüber. Nennen Sie es ein krankes Spiel eines verletzten Gemüts. Aber wenn mich tiefe Unzufriedenheit erfasst, finde ich hier Trost. Mein Blut hat diesen Stein rot gefärbt. Er ist kalt und wird die Hitze in meinem Herzen kühlen.“
Die alte Dame blickt traurig auf den Stein und weint.
Der alte Herr nimmt ihre Hand. Seine Augen leuchten jugendlich, während er sich an eine Zeit voller Liebe erinnert.
„Julie, auch Sie haben mein Herz schwer verletzt“, sagt er mit erstickter Stimme.
Die alte Dame antwortet sanft: „Beschuldigen Sie nicht mich, Maximilian. Ihr starrer Sinn und Ihre Visionen haben Sie von mir weggetrieben. Das hat mich dazu gebracht, einen anderen zu wählen. Sie haben gewusst, wie sehr ich Sie liebe, doch Ihre Selbstquälerei hat mich erschöpft.“
Der alte Herr unterbricht die Dame und lässt ihre Hand los. „Sie haben recht, ich muss alleine bleiben. Kein Herz darf mir nahekommen, denn alles, was aus Freundschaft oder Liebe kommt, bleibt wirkungslos gegenüber meinem steinernen Herzen.“
Die Dame antwortet traurig: „Wie bitter und ungerecht sind Sie gegen sich selbst und andere, Maximilian! Sie sind doch bekannt als großzügiger Helfer und standhafter Verteidiger von Recht und Gerechtigkeit. Warum sehen Sie überall Unheil und Misstrauen?“
Der alte Herr spricht mit weicher Stimme. Er hat Tränen in den Augen: „Ich liebe aufrichtig, aber diese Liebe zerreißt mein Herz. Das Schicksal hat mir eine Last gegeben, die mich schützt, aber auch quält.