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Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: unbenotet, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Historisches Seminar), Veranstaltung: Proseminar Das 15. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Hus, der Protestant – Hus, der Tscheche – Hus, der Sozialist: in diesem Dreiklang fasst der Hus – Forscher Ferdinand Seibt die drei Bereiche zusammen, in denen Jan Hus im Verlauf der Geschichte eine Bedeutung erlangt hat. Über die reformatorische Leistung hinaus besitzt er eine große Bedeutung für das tschechische Volk und dessen nationales Bewusstsein, was nicht zuletzt dadurch ausgedrückt wird, dass Hussens Todestag zum nationalen Feiertag in der Tschechischen Republik erklärt wurde. Ging es Jan Hus ausschließlich um einen religiösen Wandel der vielkritisierten Struktur der Kirche am Übergang vom vierzehnten zum fünfzehnten Jahrhundert, oder standen wirklich darüber hinaus nationale Motive hinter seinem Handeln? Diese Fragestellung wird in dieser Arbeit anhand des Kuttenberger Dekrets erörtert, das aufgrund seines Inhaltes ein Potenzial zur Erlangung eines Status als symbolischer Akt der Aufwertung des tschechischen Volkes besitzt. Da eine entscheidende Mitwirkung Hussens am Erlass dieses Dekrets eine mögliche Erklärung für seine nationale Bedeutung darstellen würde, wird zunächst der Versuch unternommen, ebenjenen Grad der Beteiligung Hussens hieran zu ermitteln. Hieran anschließend wird das Augenmerk zurück auf Jan Hus und die Frage nach möglicherweise vorhandenen national gefärbten Denkstrukturen gerichtet. Anhand der überlieferten Quellen sowie unter Einbeziehung der gesellschaftlichen sowie theologischen und akademischen Spannungen seiner Zeit wird der Versuch unternommen, Hinweise auf nationales Denken oder auch das genaue Gegenteil wie beispielsweise klare Ablehnungen solchen Denkens bei Jan Hus zu ergründen und diese zu deuten. Abschließend werden die Resultate der Fragen nach dem Anteil Hussens am Entstehen des Kuttenberger Dekrets sowie des Ausmaßes der nationales Motive seines Handelns zusammengefügt, um seine Aktionen im Rahmen des Prager Universitätsstreites in die Gedankenwelt des böhmischen Reformators einzufügen.
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eine mögliche Erklärung für seine nationale Bedeutung darstellen würde, wird zunächst der Versuch unternommen, ebenjenen Grad der Beteiligung Hussens hieran zu ermitteln. Dies wird nicht möglich sein, ohne einige der weiteren beteiligten Personen zu betrachten und deren Anteil zu erfassen. Da vermutlich die Magister Jan von Jesnice und Hieronymus von Prag in erheblichem Maße zum Kuttenberger Dekret und dem gesamten Verlauf des vorangegangenen Universitätsstreites beigetragen haben, wird auch ihr Handeln einer Betrachtung unterzogen.
Hieran anschließend wird das Augenmerk zurück auf Jan Hus und die Frage nach möglicherweise vorhandenen national gefärbten Denkstrukturen gerichtet. Anhand der überlieferten Quellen sowie unter Einbeziehung der gesellschaftlichen sowie theologischen und akademischen Spannungen seiner Zeit wird der Versuch unternommen, Hinweise auf nationales Denken oder auch das genaue Gegenteil wie beispielsweise klare Ablehnungen solchen Denkens bei Jan Hus zu ergründen und diese zu deuten. Abschließend werden die Resultate der Fragen nach dem Anteil Hussens am Entstehen des Kuttenberger Dekrets sowie des Ausmaßes der nationales Motive seines Handelns zusammengefügt, um seine Aktionen im Rahmen des Prager Universitätsstreites in die Gedankenwelt des böhmischen Reformators einzufügen.
Bei der Rekonstruktion vor allem der späteren Lebensstationen Hussens ist seit mehr als einhundertfünfzig Jahren sehr viel Arbeit geleistet worden, die sich unter anderem in einigen erschienenen Biografien niederschlägt. Zusätzlich wurden eine große Anzahl von unterschiedlichen Aspekten des Wirkens von Jan Hus sowie der nachfolgenden hussitischen Bewegung in wissenschaftlichen Aufsätzen behandelt, auf die auch in dieser Fragestellung, die die nationalen Motive behandelt, zurückgegriffen werden kann. Da die einschlägigen Quellensammlungen zum Thema Jan Hus und Hussitismus für diese Arbeit nicht zur Verfügung standen, musste auf die Zitate in den Biografien und den Aufsätzen zurückgegriffen werden.
Das Kuttenberger Dekret vom 18. Januar 1409, mit dem der böhmische König Wenzel IV. das Stimmenverhältnis in den Gremien der Universität zu Prag, in denen zuvor de facto einer tschechischen Stimme drei deutsche gegenüberstanden, umkehrte, besitzt auf-grund dieses Inhaltes eine starke Symbolkraft für ein erstarkendes tschechisches Nationalbewusstsein und die Emanzipation gegenüber einer deutschen Übermacht. Als Begründung für seine Entscheidung führt Wenzel im Dekret die Ungerechtigkeit an, die durch die Stimmenübermacht der Deutschen für die Böhmen in ihrem eigenen Lande entstanden sei.5
5Hilsch, „Johannes Hus“, S. 97